Vorschau Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheits

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Lehrkraftausgabe
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Hygiene
Arbeitssicherheit
Gesundheitsschutz
und Umweltschutz
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Ein Handbuch für Medizinisches Praxispersonal
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Corinne Noth
Meggy Bieri
Medizinischer Lehrmittelverlag Bieri & Weder
Lehrkraftausgabe

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Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz
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Schülerausgabe: ISBN 978-3-9524361-4-1
Lehrkraftausgabe: ISBN 978-3-9524361-5-8
Medizinischer Lehrmittelverlag Bieri & Weder
Ausgabe 2015
Printed in Switzerland
www.myMPA.ch
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Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe

Impressum
Autoren
Corinne Noth
Meggy Bieri
ist Berufsschullehrerin an der Berufsschule für MPA in Luzern sowie kantonale
Prüfungsexpertin.
Iwan Reber
ist Illustrator und Cartoonist und leitet zusammen mit seiner Ehefrau die
Firma www.animus-grafik.ch.
Daniel Ledergerber
ist Marketing- und Kommunikationsspezialist für Angewandte Wissenschaft
und Bildung mit Berufsschullehrerdiplom.
Illustrationen
M
Layout
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Druck
P. Schmid + Co. AG
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Verlag
Bieri & Weder
Dank
Papiere und Drucksachen für Ärzte, 9122 Mogelsberg, Tel. 071 375 60 80,
Fax 071 375 60 81, www.schmid-mogelsberg.ch
Med. Lehrmittelverlag Bieri & Weder, 9444 Diepoldsau, www.mympa.ch
www.mympa.ch
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Herzlichen Dank an dieser Stelle an alle Personen, die uns in irgendeiner Weise bei der Arbeit zu diesem Lehrmittel unterstützen. Auch der Firma
B Braun Medical AG - herzlichen Dank!
Auf unserer Homepage bieten wir Lernenden wie Lehrpersonen
eine zusätzliche Dienstleistung an – dies als optimale Ergänzung
zum Lehrmittel.
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Bestellung
• Fragenkatalog inkl. Lösungsvorschläge zu allen Kapiteln im Lehrmittel
• Fragenkatalog zu fast allen Unterrichtsfächern (Röntgen, Italienisch,
Pharmakologie, Anatomie, Pathologie)
• E-Learningsystem für eine optimale Prüfungsvorbereitung resp.
Vorbereitung auf das Qualifikationsverfahren (QV, früher LAP)
www.mympa.ch: Hier finden Sie die Möglichkeit, Ihre Lehrmittel schnell und unkompliziert zu bestellen.
Alle Rechte vorbehalten.
Ohne Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet, das Lehrmittel oder Teile daraus in irgendeiner Weise zu reproduzieren.
Alle Rechte vorbehalten.
Ohne Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet, das Lehrmittel oder Teile daraus in irgendeiner Weise zu reproduzieren.
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
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Lehrkraftausgabe

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Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe

Vorwort
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Gesetzlich wird in Arztpraxen keine systematische (flächendeckende) Überwachung zur den
hygienischen Verhältnissen gefordert. Arztpraxen sind jedoch durch den Gesetzgeber aufgefordert, geltende gesetzliche Anforderungen an Hygiene und Arbeitsschutz umzusetzen. Das
Thema Hygiene wird von einer Vielzahl von Gesetzen, Verordnungen, Normen, Empfehlungen
und Informationen aus Fachkreisen begleitet. Dadurch wird die korrekte Anwendung und
Umsetzung der Vorgaben im Hygiene-Alltag nicht wirklich vereinfacht. Es ist ein Thema, das
in seiner Gesamtheit nicht immer durchschaubar und in der Praxis manchmal schwer umzusetzen ist.
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Richtig eingesetzte Hygienemassnahmen helfen jedoch, die Sicherheit für den Patienten und
den Anwender wesentlich zu erhöhen. Werden die geforderten Auflagen und Massnahmen
beachtet, lässt sich die Übertragung von pathogenen Mikroorganismen verhindern und das
Risiko einer nosokomialen Infektion minimieren.
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In diesem Lehrmittel haben wir das Thema Hygiene und Arbeitssicherheit lehr-, lern, schulund arztpraxistaugliche zusammengefasst. Als Basis dazu diente uns das Leitziel 1.5:
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz; aus dem Bildungsplan zur
Verordnung über die berufliche Grundbildung Medizinische Praxisassistentin / Medizinischer
Praxisassistent.
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Zur Gewichtung der einzelnen Bereiche sind wir von der Überlegung ausgegangen, dass:
• Themen, welche mit einer Marginalie (Randvermerk) hervorgehoben werden,
wichtig und somit prüfungsrelevant sind.
• informativer aber nicht prüfungsrelevanter Text in kleinerer Schrift in einer Infobox
dargestellt ist.
• die Angaben zu den «Normen» aufzeigen, dass zwar eine Regelung vorhanden ist,
die Normen aber nicht prüfungsrelevant sind.
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Mit diesem Lehrmittel sollen Lehrpersonen die Möglichkeit haben, den Unterricht individuell
sowie abwechslungsreich zu gestalten und Lernende sollen mit diesem Lehrmittel einen
Überblick zu den vernetzten, fächerübergreifenden, prüfungsrelevanten Themen erhalten.
Wir danken für das Vertrauen in uns und unser «Werk» und wünschen viel Spass und gutes
Gelingen bei der Umsetzung.
Das Autorenteam
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
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Lehrkraftausgabe

Inhaltsverzeichnis
Impressum.................................................................................................................................. 3
M
1Hygiene______________________________________________________________________________ 9
Definition................................................................................................................................... 9
Zeitgeschichte der Hygiene.......................................................................................................... 10
Prägende Persönlichkeiten in der Entwicklung der modernen Hygiene................................................. 15
Hygiene im Alltag...................................................................................................................... 20
Umwelthygiene.......................................................................................................................... 20
Hygiene am Arbeitsplatz............................................................................................................. 24
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2Infektionskrankheit___________________________________________________________________ 25
Grundbegriffe – Glossar............................................................................................................... 26
Mikrobiologie – LZ 1.5.1.2........................................................................................................... 30
Infektionswege.......................................................................................................................... 31
Bakterien.................................................................................................................................. 38
Viren ................................................................................................................................... 60
Pilze (Fungi, Mycetes)................................................................................................................ 78
Prionen92
Protozoen ................................................................................................................................ 95
Parasiten.................................................................................................................................. 97
Nosokomiale Infektion...............................................................................................................103
S
3 Vorgaben zur Einhaltung der Hygienemassnahmen aus infektionsprophylaktischer Sicht________ 105
Regulatorische Vorgaben, Qualitätsmanagement.............................................................................106
CIRS – Fehlermanagement..........................................................................................................110
Sentinella-Meldesystem..............................................................................................................111
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4Personalhygiene_____________________________________________________________________ 113
Allgemeine Körperhygiene..........................................................................................................113
Händehygiene..........................................................................................................................114
Desinfektion............................................................................................................................117
Haare ..................................................................................................................................118
Kleidung (Berufs- und Arbeitskleidung)........................................................................................118
Schutzausrüstung......................................................................................................................120
Handschuhe.............................................................................................................................126
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5Desinfektion________________________________________________________________________ 139
Definition................................................................................................................................139
Grundbegriffe – Glossar..............................................................................................................140
Desinfektionsverfahren..............................................................................................................142
Desinfektionsmittel...................................................................................................................144
Wirkstoffe................................................................................................................................147
Regulierung der Desinfektionsmittel in der Schweiz gemäss «Swissmedic»..........................................153
Hautdesinfektion .....................................................................................................................155
Schleimhaut und Wunddesinfektion.............................................................................................156
Händedesinfektion....................................................................................................................157
Flächendesinfektion .................................................................................................................160
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Lehrkraftausgabe

6 Aufbereitung wiederverwendbarer Medizinprodukte _______________________________________ 167
Gesetzliche Grundlagen..............................................................................................................167
Einstufung nach Risiken.............................................................................................................170
Räumlichkeiten.........................................................................................................................172
Wasser / Prozesschemikalien.......................................................................................................173
Manueller Reinigung- und Desinfektionsprozess.............................................................................178
Oberflächenveränderungen an Instrumenten..................................................................................179
Veränderungen an Gummi-Produkten............................................................................................183
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7 Betriebliche Praxishygiene unter dem Aspekt der Infektionsprävention______________________ 185
Wartezimmer / Garderobe..........................................................................................................186
Toiletten für Personal und Patienten............................................................................................187
Allgemeine Praxisräume und Voraussetzungen................................................................................188
Personalumkleideraum...............................................................................................................189
8Reinigung__________________________________________________________________________ 191
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9Sterilisation________________________________________________________________________ 201
Definition ...............................................................................................................................201
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Sterilisationsverfahren...............................................................................................................202
Qualitätsmanagement................................................................................................................208
Verpackung .............................................................................................................................209
Sterilisationsüberwachung..........................................................................................................221
Gerätekontrolle.........................................................................................................................224
Produktekontrollen....................................................................................................................226
Wartung des Sterilisators............................................................................................................231
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10 Umweltschutz und Entsorgung_________________________________________________________ 233
Umweltprobleme / Umweltverschmutzung.....................................................................................233
Abfälle ..................................................................................................................................234
Rechtliche Grundlagen...............................................................................................................235
Entsorgung von Abfällen aus medizinischen Einrichtungen..............................................................238
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11Qualitätsmagement__________________________________________________________________ 251
Hygieneplan.............................................................................................................................251
Gefahren.................................................................................................................................255
Vergiftungen............................................................................................................................267
Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge........................................................269
Sicherheitsorganisation..............................................................................................................270
Arbeitssicherheit ......................................................................................................................274
Kontamination mit biologischen Agentien (Blut, Körperflüssigkeiten)................................................275
Ionisierende Strahlen................................................................................................................285
Quecksilber .............................................................................................................................287
Zytostatika .............................................................................................................................289
Impfschutz für medizinisches Personal.........................................................................................292
Notfallorganisation – Massnahmen bei Ereignissen.........................................................................298
Ereignis mit Strom - Elektrounfälle .............................................................................................301
Ereignis mit Feuer ....................................................................................................................302
12 Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz________________________________________________ 305
Stress am Arbeitsplatz...............................................................................................................305
Lasten heben / tragen...............................................................................................................312
Ergonomie am Arbeitsplatz ........................................................................................................319
Qellen ..................................................................................................................................326
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Lehrkraftausgabe

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Lehrkraftausgabe
Hygiene
1
Hygiene
1.1
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Aus der antiken griechischen Mythologie stammt das Wort «Hygeia» oder «Hygieia».
Dieser entsprechend hatte Asklepios, der griechische Gott der Heilkunde, zwei Töchter:
Panakeia, Göttin der Medizin und der Zauberei sowie Hygeia, Göttin der Gesundheit.
Letztere war verantwortlich für die Erhaltung der Gesundheit und für die Verhütung von
Krankheiten. Von ihrem Namen stammt somit das Wort «Hygiene» ab.
Definition
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Das Wort Hygiene hat also einen griechischen Ursprung und bedeutet Gesundheit. Was
bedeutet gesund / Gesundheit?
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In der Verfassung der WHO (World Health Organization) wird die Gesundheit folgendermassen
definiert: «Die Gesundheit ist ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und
sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheiten oder Gebrechen.»
Die World Health Organization, WHO (deutsch Weltgesundheitsorganisation) ist eine Organisation der
Vereinten Nationen und wurde am 07. April 1948 gegründet. Der Generalsitz befindet sich in Genf. Es
bestehen sechs Regionalbüros mit Sitz in Europa, Asien, Naher Osten (Alexandria), Amerika, Südostasien
und Afrika. Sie ist die Koordinationsstelle der Vereinten Nationen für das internationale öffentliche
Gesundheitswesen.
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Aufgabe 1.1.1
Welche Aufgaben übernimmt die WHO, um der gesamten Bevölkerung einen bestmöglichen
Gesundheitszustand zu ermöglichen? Suchen Sie im Internet.
• weltweite Koordination zur Bekämpfung von übertragbaren Krankheiten
• Förderung globaler Impf- und Prophylaxeprogramme
• Erhebung und Auswertung weltweiter Gesundheitsdaten
• Entwicklungshilfe
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Definition
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Lehrkraftausgabe
Zeitgeschichte der Hygiene
Die Hygiene befasst sich somit mit der Gesundheitslehre und die Gesundheitslehre befasst
sich beispielsweise mit folgenden Fragestellungen:
•
•
•
•
•
Wie kann die Gesundheit (körperlich, seelisch, geistig und sozial) erhalten werden?
Welche Massnahmen helfen Krankheiten vorzubeugen?
Wie kann die Entstehung und Ausbreitung von Krankheiten verhindert werden?
Welche Umweltfaktoren wirken sich auf die Gesundheit des Menschen aus?
Durch welche Massnahmen kann das Wohlergehen gefördert werden?
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Zusammenfassend bedeutet Hygiene:
Massnahmen zu treffen, die zur Erhaltung und Förderung der Gesundheit dienen. Die
Hygiene beschäftigt sich mit prophylaktischen Massnahmen zur Vermeidung von Krankheiten, nicht aber mit deren Heilungsmöglichkeiten.
Zeitgeschichte der Hygiene
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1.2
Hygiene in den verschiedenen Zeitepochen
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Hygienische Weisungen hatten ursprünglich einen kulturreligiösen Hintergrund. Sie
bestanden einerseits aus Geboten (festgelegte Ruhetage, bestimmte Waschungen) und
andererseits aus Verboten (der Genuss von Schweinefleisch oder Alkohol wurde untersagt).
Aufgabe 1.2.1
Lesen Sie den folgenden Text und fassen Sie die beschriebenen Hygienestadien der verschiedenen Zeitepochen tabellarisch zusammen. Sie finden eine entsprechende Word-Vorlage auf
www.mympa.ch.
Hygiene in
verschiedenen
Epochen
Altertum
10
Hygiene
Hygienevorstellung und
persönliche Hygiene
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Beispiel
Einrichtungen /
Institutionen
Beispiele
Beispiele
Die Hygiene diente zur
Körperreinigung, Gesundheitsförderung und Sinnesfreuden
Gemeinschaftsbäder
Seuchen
Pest
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Lehrkraftausgabe
Hygiene
Altertum (12. bis 8. Jahrhundert v. Chr. bis ca. 600 n. Chr.)
Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper.
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Im Altertum herrschten hohe Hygienestandards. Noch heute findet man Ruinen von Aquädukten, Thermen, Kanalisationen und Latrinen aus der Zeit der Römer und Griechen, die dies
bezeugen.
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Die Hygiene diente zur Körperreinigung und Gesundheitsförderung aber auch zur Erfüllung von Sinnesfreuden.
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Der Begriff «Badekultur» war zeichnend für diese Epoche. In
öffentlichen Badehäusern wurden Gemeinschaftsbäder,
Schwitzbäder, Massagen und die Anwendung von wohlriechenden Crèmen zelebriert. Für die Zeit der geistigen und
physischen Wiederherstellung, der Entspannung und der
Unterhaltung wurden wahre Paläste errichtet. Durch den gemeinsamen Toilettengang wurde
diese Zeit eingeleitet. Man sass entspannt zusammen und sprach über die Geschäfte und
Allerlei. Anschliessend folgten Bäder und Massagen bei gleichzeitigen oder gefolgten
Lesungen, musikalischer Unterhaltung oder auch dem Vergnügen mit einer Sklavin. Abgerundet wurde alles durch eine ausgiebige Mahlzeit.
Trotz der hohen Standards starben im Jahre 430 vor Christus viele Menschen durch die Pest.
Die Übertragungswege waren nicht bekannt und es standen keine wirksamen Behandlungsmethoden zur Verfügung. Man war im Glauben, dass schlechte Ausdünstungen die Ursache für
Krankheiten waren. So versuchte man durch Räucherungen, Versprühen von z. B. Essig oder
Benetzung der Wunden mit Öl / Essig Genesung zu erlangen. Krankenhäuser standen noch
keine zur Verfügung. Vor allem in den Tempeln wurde nach Heilung gesucht.
Im alten Ägypten waren Methoden zur Keimabtötung, wie bei der Mumifizierung, bekannt.
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Zeitgeschichte der Hygiene
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Lehrkraftausgabe
Zeitgeschichte der Hygiene
Mittelalter (6. – 15. Jahrhundert)
Der eigenen Körper wird gereinigt, der Schmutz gehört auf die Strasse.
Im Mittelalter ging das Wissen der Griechen und der Römer verloren.
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In den Städten wurde viel Zeit in die Körperhygiene investiert.
In öffentlichen Bädern oder Schwitzbädern kamen die
Menschen zur Entspannung zusammen und konnten ihre sozialen Kontakte pflegen. Dabei spielte nicht die Körperpflege
sondern das persönliche Vergnügen eine besondere Rolle.
Gutes Essen, Musik und Frauen gehörten in die Badestuben.
Man parfümierte sich und putzte sich heraus.
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Weniger Achtung wurde der Hygiene auf der Strasse geschenkt. Oft wurden die Bedürfnisse
vor aller Augen auf der Strasse erledigt. Sämtliche Abfälle wie: Pflanzenreste, Schlachtabfälle, Schlachtblut, häuslicher Unrat oder Mist aus den Ställen wurden auf die Strassen
entsorgt. Der durch die Regenfälle verteilte Strassenschmutz und die damit verbundenen
Geruchsbelästigungen nahmen dadurch überhand an. Die Bäche und Flüsse dienten zur
Entsorgung.
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Auch das Mittelalter war geprägt von Seuchen. Noch immer starben unzählige Menschen an
Lepra oder der Pest. In zahlreichen Siechenstationen wurden die Kranken zum Schutz der
Stadtbevölkerung isoliert. Durch Räucherungen oder teils sogar Verbrennung ganzer Städte
versuchte man dieser Plagen Herr zu werden.
Die Bedingungen in den Krankenhäusern waren fürchterlich: mehrere Kranke lagen in einem
Bett, Operationen wurden von «Schneideärzten» (Handwerker, Henker) durchgeführt.
Die Sterblichkeitsrate war extrem hoch.
Renaissance (15. und 16. Jahrhunderts)
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Körper = Tabuthema
In der Renaissance kämpfte man noch immer mit der Pestepidemie und es kam zu neuen Krankheiten wie z. B. der Syphilis.
Zu dieser Zeit war eine Identifikation der Krankheitserreger
noch nicht möglich.
Es kam zum Bruch mit den vom Altertum herstammenden
Hygienevorstellungen. Die These, dass Wasser durch die Hautporen in den Körper eindringe und dabei Krankheiten übertragen würde, vermehrte sich. Folglich wurde das Waschen als
ungesund abgestempelt. Die Körperreinigung fand, wenn
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Hygiene
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Lehrkraftausgabe
Hygiene
überhaupt, auf trockenem Wege statt. Lediglich die nicht bedeckten Körperstellen wurden
mit einem sauberen, trockenen Tuch abgewischt. Man glaubte, dass durch eine dicke
Schmutzschicht die Hautporen verstopft werden und der Körper somit vor eindringenden
Krankheiten geschützt ist. Die Menschen überdeckten den Dreck und den Gestank mit Parfüm
und Schminke (Puder). Ein weisses Gewand, das schwarz geworden war, so glaubte man,
hatte den Schmutz angezogen und die Körperwäsche sei überflüssig. Waren die finanziellen
Mittel vorhanden, wurde häufig die Kleidung gewechselt. Weisse Wäsche und Wohlgeruch
waren der Inbegriff für Sauberkeit.
M
Von Ludwig XIV (1638 – 1715) heisst es, er habe während seines ganzen Lebens zwei Mal ein Vollbad
genommen. Im Gegenzug schwamm er in Puder, überdeckte sein fettendes Haar mit Perücken und
wechselte dreimal am Tag die Wäsche.
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18. Jahrhundert
S
Im 18. Jahrhundert wurden die ersten Gemeinschaftslatrinen
errichtet. Die Abfälle duften nicht mehr wie bis anhin auf die
Strasse entsorgt werden, sondern wurden mittels Karren
entsorgt.
*Hinweis: Einen Einblick in die hygienischen Verhältnisse des 18. Jahrhunderts gewährt das Buch «Das Parfum» von Patrick Süskind: ein Werk, in dem
die Gerüche die zentrale Rolle spielen.
Alles in die Kanalisation
Hygiene = Prophylaxe
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19. Jahrhundert
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Die Geburtsstunde der modernen Hygiene ist das 19. Jahrhundert. Die Stadtentwicklung schritt zügig voran. Der Ausbau von
Klärgruben wurde vorangetrieben. Jeder Neubau musste ein
Abflusssystem zur Abwasserableitung, welche schlussendlich in
der Kanalisation mündete, vorweisen. Die Abfallentsorgung
fand mehrheitlich über die Kanalisation statt. In dieser Zeit
wurden die ersten Wassertoiletten gebaut. Hygienemassnahmen wie das Händewaschen oder die tägliche Köperpflege
mit Wasser und Seife wurden eingeführt.
Einen grossen Beitrag zur Weiterentwicklung der Hygiene leistete die Wissenschaft. Durch sie
konnten altbewährte Überzeugungen überholt werden. Mikroorganismen konnten für das
Entstehen von Krankheiten ausgemacht werden. Durch das neu erworbene Wissen konnten
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Zeitgeschichte der Hygiene
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Lehrkraftausgabe
Zeitgeschichte der Hygiene
entsprechende Schutzmassnahmen abgeleitet werden. Körperpflege, Impfung, Quarantäne
und Bekämpfung ansteckender Krankheiten, sind prägende Begriffe für diese Zeit.
20. Jahrhundert
1907 wurde in Paris das internationale Büro für öffentliche Hygiene gegründet. Später
entwickelte sich daraus die WHO, die zum Ziel hatte, gemeinsam gegen die Infektionskrankheiten vorzugehen.
M
Seit Beginn des 20. Jahrhunderts integrierte sich die Hygiene in das alltägliche Leben der
Bevölkerung. Es wurde viel Aufklärung betrieben. Dadurch konnte das Hygienebewusstsein
gestärkt werden und folglich konnten viele Krankheiten präventiv bekämpft werden. In den
Schulen wurde der Hygieneunterricht eingeführt, wodurch alle sozialen Schichten erreicht
wurden. Die Wissenschaft schritt ebenfalls weiter voran.
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21. Jahrhundert
Das Wiederaufflammen ehemaliger Plagen wie Tuberkulose oder Ebola, die Entstehung neuer
Seuchen (SARS) und das Auftreten antibiotikaresistenter Keime beschäftigen uns in der
heutigen Zeit.
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Die Sitten zwischen den verschiedenen Kulturen unterscheiden sich noch heute mehr oder
weniger stark. Oft liegt der Grund in den unterschiedlichen Umweltbedingungen (z.  B. bedingt
durch Wassermangel). Bis in die heutige Zeit nehmen religiöse Reinheitsgebote und
-rituale eine grosse Rolle ein. Wie bei den Indern, die zur Reinigung von Sünden und zum
Erlangen der Absolution im Fluss Ganges baden, obwohl er zu den am stärksten verschmutzten
Flüssen der Welt zählt.
Labile politische Situationen, Kriege, Terroranschläge, Klimaveränderung und die zunehmende Umweltbelastung sind weitere Themen, die uns im 21. Jahrhundert beschäftigen.
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Résumé
Durch die Sanierung unserer Städte, Gesundheitserziehung, Impfstoffentwicklung und
Förderung der öffentlichen Gesundheit, Technik sowie Forschung konnte die Lebensqualität und -erwartung signifikant gesteigert werden. Lag die Lebenserwartung eines Römers
vor 2000 Jahren bei zirka 45 Jahren, liegt sie heute in der Schweiz bei über 80 Jahren.
Von der gewonnen Lebenserwartung sind ca. 1/6 der kurativen (heilenden) und 5/6 der
präventiven (vorbeugenden) Medizin zuzuschreiben. Dies führt zu einer Zunahme des
Anteils alter Menschen an der Gesamtbevölkerung. Dadurch müssen wir uns heute intensiver mit den durch die Alterskrankheiten bedingten Anforderungen beschäftigen.
Schlussendlich stellt sich auch die Frage, wie trotz des hohen Alters eine gute Lebensqualität sichergestellt und ein würdiges Sterben ermöglicht werden kann.
Es soll zum Ziel sein, die dazugewonnenen Lebensjahre mit Lebensqualität zu füllen.
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Hygiene
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Hygiene
1.3
Prägende Persönlichkeiten in der Entwicklung der
modernen Hygiene
Aufgabe 1.3.1
Ergänzen Sie den fehlenden Text. Suchen Sie dazu im Internet nach der genannten Persönlichkeit. Beschreiben Sie: Entdeckungen, Erfindungen, Arbeiten der genannten Person.
Erbauer seiner eigenen Mikroskope
M
Antony Van Leeuwenhoek
Holländer
1674: Beschrieb erstmals Bakterien, ohne deren wirkliche Bedeutung zu kennen, beschrieb Bazillen, Kokken
U
und Spirillen.
«animalculi» = winzig kleine Tierchen, kleine Insekten,
die man mit blossem Auge nicht sieht.
Sah 1668 als Erster die roten Blutkörperchen.
S
Beschrieb 1677 Samenzellen von Insekten und Menschen.
1774: Entdecker vom Chlor.
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Carl Wilhelm Scheele
Deutsch-schwedischer
Apotheker & Chemiker
Chlor wurde einige Jahre später in Verbindung mit
Wasser/Natronlösung zur Desinfektion verwendet (Eau
de Javel). Carl Wilhelm Scheele isolierte und untersuchte
viele chemische Verbindungen und trug zur Entdeckung
mehrerer Elemente bei, beispielsweise der des Sauer-
R
stoffs. (sowie Stickstoff, Barium,…)
Johann Peter Frank
1779 - 1819: Herausgeber des sechsbändigen Werkes
Deutscher Arzt
«System einer vollständigen medicinischen Polizey».
Er gilt als Pionier in der Sozialmedizin und im öffentlichen Gesundheitsdienst sowie als Gründer der Hygiene
als universitäres Fach.
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Prägende Persönlichkeiten in der Entwicklung der modernen Hygiene
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Lehrkraftausgabe
Prägende Persönlichkeiten in der Entwicklung der modernen Hygiene
Edward Jenner
Edward Jenner
Englischer Landarzt
1796:
Impfprinzip: 23 Kinder wurde mit Kuhpockenerreger
(= ähnliche Krankheit wie Pocken mit gutartigem Verlauf)
geimpft. Der Impfstoff wurde als «Vakzin» bezeichnet,
wovon später der Begriff «Vakzination» = Impfung abgeleitet wurde.
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Jean Lugol
Französischer Arzt
U
Ignaz Semmelweis
Ignaz Semmelweis
Ungarisch-österreichischer Arzt
1829:
Hersteller und Anwender von Jod-Lösung als Antiseptikum.
1846/1847:
Begründer der Händehygiene und –desinfektion
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Retter der Mütter – Erkennung von Krankheitsursachen und ihrer Bekämpfung durch Asepsis:
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Ignaz Semmelwies war Assistenzarzt in der Wiener Klinik für Geburtshilfe. Die Klinik wurde in zwei Abteilungen gegliedert: eine wurde von Ärzten und Medizinstudenten, die sich dem gesamten Patientenspektrum
(Geburten, Operationen, Leichensektionen) widmeten, geleitet. Für die anderer Abteilung waren
ausschliesslich Hebammen zuständig. Die «Ärzteabteilung» hatte denklich mehr Todesfälle durch das
Kindbettfieber zu verzeichnen. Durch Untersuchungen an den Wöchnerinnen wollte Ignaz Semmelweis dieser
Tatsache auf den Grund gehen. Allerdings stiegen die Todesfälle in seiner Abteilung trotzdem weiter an. Als
ein Gerichtsmediziner, nach einer während der Leichensektion zugeführten Schnittverletzung, einige Tage
später an einer Sepsis verstarb, glaube er, die Ursache der hohen Sterblichkeitsrate gefunden zu haben:
Mediziner führten Obduktionen durch und mit ungewaschenen Händen untersuchten sie zwischendurch die
Gebärenden. So wurde infektiöses Material von den Leichen auf die Patienten übertragen. Die Hebammen
hingegen kamen nicht mit den Leichen in Berührung. Daraufhin wies Semmelweis die Studenten an, sich
nach einer Leichensektion die Hände mit Chlorkalk zu desinfizieren. Der Erfolg stellt sich schnell ein und die
Anzahl Todesfälle konnte minimiert werden. Als auf einen Schlag eine grosse Anzahl Wöchnerinnen
verstarben, erkannte er, dass die Gefahr einer Infektion nicht nur von Leichen sondern auch von lebenden
Personen her kam. Er konnte erklären, wie eine Infektion zu Stande kommt. (Übertragung der Erreger über
die Hände). So ordnete er an, sich vor jeder Untersuchung die Hände zu desinfizieren. Durch diese Massnahme wurde die Sterblichkeitsrate drastisch gesenkt. Die Rate lag sogar geringfügig unter jener der
Hebammenabteilung.
16
Hygiene
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Hygiene
Die konsequente Händedesinfektion wurde jedoch trotz des sichtlichen Erfolges nicht weiter angewandt.
Die «Sauberkeit» wurde für nicht nötig empfunden und viele Ärzte wollten nicht einsehen, dass oft sie
selbst die Infektionen verursachten. Es folgten Anfeindungen und Intrigen der Berufskollegen. Semmelweis
siedelte daraufhin erbost nach Pest (heute Budapest) über, wo heute die nach ihm benannte SemmelweisUniversität steht. Er verfasste viele Schriften, jedoch ohne nennenswerten Anklang. 1865 starb er in Wien
in einer Irrenanstalt an einer Blutvergiftung, jener Krankheit, die er bekämpft hatte.
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Semmelweis Entdeckung wurde erst nach seinem Tod anerkannt, als 1867 Joseph Lister die Desinfektion
während Operationen einführte.
Vor allem in englischen Sprachraum gibt es heute noch den nach dem ungarischen Arzt benannten Begriff
«Semmelweis-Reflex»: Dabei wird eine wissenschaftliche Entdeckung ohne ausreichende Überprüfung
unmittelbar abgelehnt und der Urheber bestraft.
1879:
Gründer des Institutes für Hygiene in München (LMU).
Adolf Neubauer
Initiator der Trennung von septischen und aseptischen
Operationen.
1886:
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Max von Pettenkofer
Bayrischer Arzt & Pharmazeut
Adolf Neubauer
Curt Schimmelbusch
Deutscher Mediziner &
Pathologe
1889:
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Eröffnung einer Klink mit abwaschbaren OP-Wänden.
führte Behälter ein, in denen das Sterilgut bis zur
Verwendung gelagert wurde (Schimmelbuschtrommeln).
Äthernarkose durch eine Drahtgeflechtsmaske
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Claude Bernard
Französischer Physiologe
1865: Er nahm nichts für selbstverständlich, widerlege viele
traditionelle Lehrmeinungen und verliess sich auf Tierversuche.
Entdeckte die Funktion von Bauchspeicheldrüse und Leber
bei den Verdauungsvorgängen.
«Der Keim ist nicht, das Millieu ist alles.»
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Prägende Persönlichkeiten in der Entwicklung der modernen Hygiene
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Lehrkraftausgabe
Prägende Persönlichkeiten in der Entwicklung der modernen Hygiene
Joseph Lister
Britischer Mediziner
1867: Führte die Antisepsis in die Chirurgie ein: Desinfektion von Wunden mit Karbolsäure (erst über Vernebelung, dann mit getränkten Wundverbänden).
M
Robert Koch
Deutscher Mediziner und
Mikrobiologe
1876: Entdeckte den Erreger des Milzbrandes mit Hilfe von
Nährböden.
1882: Entdeckung des Tuberkelbazillus
1905:
Nobelpreis für Medizin
Entdeckte Erreger von Gonorrhoe (Tripper), Cholera,
U
Meningitis, Pest und Syphilis
Louis Pasteur:
Französischer
Naturwissenschaftler
1879: Erkannte das Wirkprinzip des Impfstoffes mit
E
T
Louis Pasteur
S
1891 wurde er Direktor am Institut für Infektionskrankheiten in Berlin, das für ihn errichtet worden
war und später den Namen Robert Koch-Institut (RKI) erhielt.
Das RKI besteht noch heute und fungiert unter dem Leitsatz «Gesundheit schützen, Risiken erforschen» (Leitbild Robert Koch-Institut). Es ist eine zentrale Bundeseinrichtung und beschäftigt sich
mit der öffentlichen Gesundheit. Es setzt sich mit Infektionskrankheiten und nicht übertragbaren
Krankheiten auseinander und nimmt eine zentrale Überwachungs- und Forschungsfunktion für
Deutschland ein. In der Schweiz ist die «Swiss Medic» eine ähnliche Institution.
Hilfe von abgeschwächten Erregern.
1885:
• Erste Tollwutimpfung am Menschen
• Pasteurisierung
• Entdeckung der Strepto-, Pneumo- und Staphylokokken
R
Pasteurisation:
Louis Pasteur wurde gebeten zu untersuchen weshalb das Bier durch eine offensichtliche Geschmacksveränderung ungeniessbar wurde. Er konnte aufzeigen, dass Bakterien für diesen Verderbnisprozess
verantwortlich sind. Es gelang ihm, diese Schädlinge durch Hitze abzutöten und er wandte dieses
Verfahren für die Milchherstellung an. Diese Voraussetzung um die Haltbarkeit von Lebensmitteln zu
gewährleisten wird seither als Pasteurisierung bezeichnet.
Charles Chamberland
18
Hygiene
1880: Erfand den erster Druckdampf-Sterilisator. Jahre
darauf wurde von Friedrich Trendelenburg der Dampfsterilisator in den Operations-Sälen eingeführt.
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Hygiene
Alexander Fleming
Schottischer Bakteriologe
1928: Entdeckte die antibiotische Wirkung des Penizil-
Alexander Fleming
lins (hochwirksames, keimtötendes Mittel), welches
jedoch erst 10 Jahre später als Antibiotikum eingesetzt
wurde. Entdeckte das Lysozym, ein Enzym, das starke
antibakterielle Eigenschaften aufweist und in verschiedenen Körpersekreten wie Tränen und Speichel vorkommt.
M
Penicillin – durch Zufall entdeckt
U
Im Jahre 1928 beimpfte Fleming vor seinen Sommerferien eine Agarplatte mit Staphylokokken. Nach seiner
Rückkehr entdeckte er, dass auf dem Nährboden ein Schimmelpilz gewachsen war. Dort wo sich der Pilz
befand, gingen die Bakterien ein und im unmittelbaren Umfeld fand kein Wachstum statt. Fleming nannte
dieses Stoffwechselprodukt des Schimmelpilzes, das die Bakterien abtötete, Penicillin. Er untersuchte den
neu gefunden Stoff und erkannte, dass Penicillin lediglich grampositive nicht aber gramnegative Bakterien
eliminiert und dass es für menschliche Zellen ungefährlich ist. Entgegen all diesen Fakten fand er in der
Öffentlichkeit wenig Anklang. Ihm gelang es nicht, aus dem Pilz eine Essenz zur Medikamentenherstellung
zu gewinnen und so gab er weitere Versuche auf. Zehn Jahre später stiessen Howard Florey, Norman Heatley
und Ernst Chain (Wissenschaftler) auf Flemmings Untersuchungen. Es gelang ihnen, das Penicillin zu
isolieren, zu reinigen und in grösseren Mengen zu produzieren. Sie untersuchten seine therapeutische
Wirkung erst an Tieren und später an Menschen. So wurde im Februar 1941 der erste Patient mit Penicillin
behandelt. Ein Jahr später wurde die industrielle Herstellung lanciert. Es galt als Wundermittel im 2. Weltkrieg. Allerdings war die Herstellung nicht ausreichend und es wurde lediglich für die Streitkräfte eingesetzt. Auf Grund der Knappheit war es üblich, den Urin von Penicillinpatienten zu sammeln und das Antibiotikum daraus zurückzugewinnen. Ab 1944 erfolgte dann die grosstechnische Produktion und er war für die
gesamte Bevölkerung zugänglich.
E
T
S
Als Entdecker des Penicillins gilt Alexander Flemming. Doch bereits in früheren Zeitabschnitten wurde der
Schimmelpilz zur Heilung angewandt. Die Nubier tranken Bier, das antibakteriell wirkte. Bei den Alten
Ägypter wurden Entzündungen mit Heilgetränken aus Getreidegebräu behandelt. In der Antike und im
Mittelalter wurden zur Prophylaxe schimmlige Lappen auf Operationswunden aufgetragen. Der Wirkstoff
wurde jedoch nicht erkannt. Im 19. Jahrhundert konnte erstmals der Zusammenhang zwischen Schimmelpilzen und Bakterienwachstum aufgezeigt werden. So zu Beispiel behandelte Joseph Lister einen Abszess
mit einem Schimmelpilz. Doch diese Ergebnisse wurden nicht veröffentlicht oder fanden keine Resonanz.
1930-er Jahren:
R
René Dubos
Französischamerikanischer
Mikrobiologe
Pionier der Antibiotikaforschung (Isolation von antimik-
robiellen Substanzen) aus Bodenbakterien.
1939 isolierte er die antimikrobioelle Substanz Tyrothricin
und zeigte, dass es die Fähigkeit besass, bestimme bakterielle Infektionen zu heilen. Es wurde jedoch nicht als Antibiotikum eingesetzt, da es toxische Nebenwirkungen hatte.
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Prägende Persönlichkeiten in der Entwicklung der modernen Hygiene
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Lehrkraftausgabe
Hygiene im Alltag
1.4
Hygiene im Alltag
Alltägliche Hygienefragen treffen wir im persönlichen Bereich (Körperpflege, Haushalt, etc.)
aber auch in Unternehmungen und öffentlichen Einrichtungen an.
Die Hygiene kann in etliche Gruppen unterteilt werden.
U
HYGIENE
M
Umwelt
Luft
Wasser
Boden
persönliche
Körperpflege
Haushalt
Psychohygiene
soziale
Kommunikationsfähigkeit
Beziehungsfähigkeit
Kontaktfähigkeit
S
Arbeitsplatz
E
T
Umwelthygiene
Personal
Betriebshygiene
Umwelthygiene
R
Die Umwelthygiene befasst sich mit chemischen, mikrobiologischen und physikalischen
Einflüssen auf die menschliche Gesundheit. In den Fokus fallen Themengebiete wie Luft,
Abfälle, Wasser, Wetter, Klima, Nahrungsmittel oder Strahlung. Diese Aspekte können sich
positiv oder negativ auf die Menschheit niederschlagen. In der Umwelthygiene werden
Zusammenhänge ermittelt und analysiert, damit positive Auswirkungen gefördert werden und
nachteilige verhindert oder verbessert werden.
Für eine Vielzahl der schädigenden Einflüsse sind wir Menschen selbst verantwortlich:
• Elektromagnetische Strahlung der Mobiltelefone
• Luftschadstoffe von Industrie oder Verkehr
• Verunreinigung vom Erdgut durch industrielle Abfälle
• usw.
Vermehrt nehmen die auf uns schädlich wirkenden Umwelteinflüsse eine dominante (überlegene) Rolle ein. In diesem Zusammenhang sprechen wir von Umweltverschmutzung.
Für uns Lebewesen nehmen durch zunehmende Technisierung, zunehmendem Brenn- und
Rohstoffverbrauch und der daraus vermehrten Abfallproduktion die gesundheitsschädigenden
20
Hygiene
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Hygiene
Substanzen überhand. Durch den Anstieg der Bevölkerungszahl wird der Energie- und
Rohstoffbedarf weiter anwachsen, was wiederum die Schadstoffbelastung intensiviert.
Um das ökologische Gleichgewicht der Erde langfristig, für unsere kommenden Generationen,
zu gewährleisten, müssen Massnahmen getroffen werden, wie z. B.:
• Einsetzen von erneuerbaren Ressourcen (Solar-,Wind- und Wasserkraft)
• Reduktion der Schadstoffemission
• Regenerationsfähigkeit erneuerbarer Naturgüter (Wälder, Fischbestände) fördern
Luft
U
M
Auch wenn sich der Erfolg nicht unverzüglich sichtbar einstellt, sollte jedes Individuum
seinen Teil dazu beitragen und auch auf politischer Ebene müssen entsprechende Richtlinien
und Massnahmen geregelt werden.
Nur so ist es langfristig möglich, die oben genannte negative Entwicklung zu verhindern
respektive zu verlangsamen.
Die Verschmutzung der Luft wirkt sich sowohl auf die menschliche Gesundheit (z .B. bodennahes Ozon) als auch auf die Umwelt (Versauerung) aus.
S
E
T
Der grösste Teil der Verschmutzung wird durch das menschliche Tun verursacht. Durch Energienutzung im Eigenheim, in der Industrie, im Verkehr und in der Landwirtschaft produzieren
wir Emissionen. Die Partikel aus den Verbrennungsvorgängen werden in der Atmosphäre zu
Säuren umgewandelt, welche als «Saurer Regen» das Erdreich versauern. Was wiederum
schädlich für viele Kulturpflanzen ist.
Ozon verhält sich vielfältig. Ozon in der Stratosphäre schützt uns Menschen vor der gefährlichen Ultraviolettstrahlung der Sonne. Auf der Erdoberfläche, hat zu viel Ozon in der Atemluft
eine schädliche Auswirkung auf uns.
R
Durch eine gesetzlich geregelte Herabsetzung der Obergrenze für die Schadstoffbelastung
und eine Senkung der Emissionshöchstmengen wird gegen die Luftverschmutzung vorgegangen.
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Hygiene im Alltag
21
Lehrkraftausgabe
Hygiene im Alltag
Treibhauseffekt:
Durch die Aktivitäten der Menschen werden vermehrt Treibhausgase in die Atmosphäre
geleitet. Ein grösserer Teil der Strahlen wird von der Atmosphäre absorbiert und erneut
auf die Erde zurück gestrahlt. Dadurch heizt sich die Luft in Bodennähe zusätzlich zum
natürlichen Treibhauseffekt auf. Das lebenswichtige Glasdach wird so zu einer lebensgefährlichen Falle.
1
2
T
4
Erde
Atmosphäre
E
T
kurzwellige Sonnenstrahlung erwärmt die Erdoberfläche
Die Erdoberfläche gibt langwellige Infrarotstrahlung ab.
Die Treibhausgase (T) nehmen einen Teil der Infrarotstrahlung auf und geben ihrerseits Infrarotstrahlung ab.
Ein Teil der von den Treibhausgasen ausgesendete Strahlung gelangt an die Erdoberfläche zurück. Dies
führt zu einer Erwärmung der Erdoberfläche.
R
Wasser
T
T
S
1
2
3
4
3
T
U
M
Sonne
Sauberes Wasser ist die Basis des Lebens. Das Wasser wird weltweit durch die Industrie, die
Landwirtschaft, durch Privathaushalte und Gemeinden verschmutzt.
Die Industrie verunreinigt das Wasser, indem sie giftige Produktionsnebenstoffe direkt in die
Gewässer einleitet. Vielfach werden anfallende Giftstoffe nicht fachgerecht entsorgt und
gelangen indirekt ins Grundwasser. Des Weiteren führen Unfälle (z .B. Tankerunfälle) dazu,
dass grosse Mengen problematischer Stoffe in unser Ökosystem gelangen.
Durch die Überdüngung in der Landwirtschaft oder der unbedachte Gebrauch von Kunstdünger, Pflanzen- und Insektengiften wird das Wasser belastet.
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Hygiene
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Hygiene
Durch den übermässigen Einsatz von Reinigungsmitteln tragen die Privathaushalt ebenfalls
ihren Anteil zur Verunreinigung bei. Die fehlerhafte Entsorgung von Farben, Verdünnungsmittel, Altbatterien, alter Medikamente oder Altöl steuert weiter dazu bei.
In vielen Gemeinden ist bei starken Regenfällen die Kapazität der Kläranlagen ausgeschöpft
und grosse Mengen ungereinigtes Wasser gelangt in die Natur.
Letztendlich ist auch das Regenwasser belastet: sich in der Luft befindliche Giftstoffe werden
durch den Regen auf die Erde befördert.
M
Jedermann sollte Massnahmen treffen, um eine negative Einwirkung auf die Gewässer zu
vermeiden. In der Schweiz regelt das Gewässerschutzgesetz (GSchG) den sicheren Umgang
mit ober- und unterirdischen Gewässer. Ein Verstoss kann dabei mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe geahndet werden.
U
Boden
Die «Gesundheit» des Bodens ist für die Menschheit von wichtiger Bedeutung. Sie steht in
engem Zusammenhang mit der Wasser- und Lufthygiene. Bereits in der Luft wird der feuchte
Niederschlag mit Schadstoffen akkumuliert (angereichert). Trifft er auf den Erdboden nimmt
er weitere, dort abgelagerte (Schad-) Stoffe auf. Das Wasser versickert im Boden und die
schädlichen Stoffe werden zum Teil im Erdgut zurückgehalten.
S
E
T
Doch auch hier spiegelt sich ein Wiederspruch in unserem Verhalten: Einerseits leiten wir
Menschen eine Vielzahl von Abfallstoffen in den Boden, andererseits entnehmen wir ihm
unser Trinkwasser, ernähren uns von Pflanzen, die auf ihm gedeihen oder wir konsumieren
das Fleisch der Tiere, die diese Pflanzen fressenden.
Aufgabe 1.4.1
Halten Sie fest, welche konkreten Massnahmen Sie zum Schutz der Umwelt treffen können.
Diskutieren Sie ihre Ideen im Plenum.
• Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel
• Anschaffung energiesparender Geräte (Energieklasse A / AA)
• Einkauf saisonaler Produkte (Gemüse, Früchte)
R
• Abfalltrennung
• zu Fuss statt mit dem Auto für kleinere Strecken
• Einsatz von Energiesparlampen
• duschen statt baden
• beim Zähneputzen Wasser nicht laufen lassen, etc.
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Hygiene im Alltag
23
Lehrkraftausgabe
Hygiene am Arbeitsplatz
Hygiene am Arbeitsplatz
1.5
Hygiene am Arbeitsplatz
Die Schwerpunkte der Hygienevorschriften am Arbeitsplatz werden je nach Berufsfeld unterschiedlich stark gewichtet. Die grundsätzlichen Regeln sind überall die gleichen. Nur gelten
zum Beispiel im Gastgewerbe zum Teil strengere Regeln als für jemanden der im Büro
arbeitet.
M
Im Allgemeinen lässt sich die Arbeitsplatzhygiene aufteilen in die Personal- und Betriebshygiene. Jedoch spielen am Arbeitsplatz die Bereiche der persönlichen Hygiene, der Sozial- und
Umwelthygiene ebenfalls eine dominante Rolle.
U
Personalhygiene
Sie regelt wichtige Punkte wie:
• Kleidung
• Hände
• Tragen von Schutzausrüstung
• Haare
• allgemeine Körperhygiene
S
Betriebshygiene
Sie regelt Massnahmen, die im Zusammenhang mit dem Gebäude und der Räumlichkeiten
stehen.
E
T
Hygiene am medizinischen Arbeitsplatz
Wichtige Eckpfeiler der Hygiene in medizinischen Einrichtungen sind Arbeitssicherheit,
Gesundheitsschutz, Strahlenschutz und Umweltschutz. Folgende Punkte werden dabei geregelt:
Verhütung von Infektionskrankheiten (Eigenschutz- und Fremdschutz)
Schutz vor Innenraumbelastungen (Strahlen, gefährliche Stoffe, Allergien)
umweltgerechte Abfallentsorgung
Gestaltung eines behaglichen, gesundheitsfördernden Arbeitsplatzes
Festigung des physischen, psychischen und sozialen Wohlergehens
R
•
•
•
•
•
Auf die relevanten Punkte der Hygiene in der Arztpraxis wird in später folgenden Kapiteln
eingegangen.
24
Hygiene
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Infektionskrankheit
2
Infektionskrankheit
U
M
R
E
T
S
In der Umgangssprache wird eine Infektionskrankheit auch als «Infekt» oder «ansteckende
Krankheit» bezeichnet. Hervorgerufen werden Krankheiten durch Pathogene = Krankheitserreger. Achtung: Eine Erkrankung ist nicht automatisch einer Infektion gleichzustellen, da
nicht jede Infektion notwendigerweise zu einer Erkrankung führt.
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Hygiene am Arbeitsplatz
25
Lehrkraftausgabe
Grundbegriffe – Glossar
Das Wort Infektion stammt vom lateinischen Wort «inficere» ab und bedeutet «anstecken»
«vergiften» oder wörtlich «hineintun». In der Umgangssprache spricht man von «Ansteckung». Damit bezeichnet man das aktive oder passive Eindringen, Verbleiben und
Vermehren von
• pathogenen Lebewesen z. B. Bakterien, Pilze, Parasiten oder
• pathogenen Molekülen z. B. Viren und Prionen
M
in einem Organismus.
*Hinweis: Beachten Sie hierzu auch die Unterlagen zum Richtziel «1.4.3 Medizinische Grundlagen, Krankheitslehre/
Pathologie»
U
Grundbegriffe – Glossar
2.1
Grundbegriffe – Glossar
E
T
S
Aufgabe 2.1.1
a) Suchen Sie nach den fehlenden Begriffen und schreiben Sie Ihre persönliche Definition
dazu.
b) Vergleichen Sie die Definitionen innerhalb der Klasse.
c) Lernen Sie die Begriffe und Definitionen indem Sie sich gegenseitig abfragen.
*Hinweis: Sie finden eine Memory-Vorlage auf www.mympa.ch, Hygiene
Anthroponose
Ist ein Sammelbegriff für Infektionserkrankungen mit Erregern,
deren einziger natürliche Wirt der Mensch ist.
DNS = DNA
Desoxyribonukleinsäure = DNS
R
Deoxyribonucleic acid = DNA (englisch)
Träger der Erbinformation, welcher in allen Lebewesen und in
bestimmten Virentypen vorkommt
Eukaryoten eukaryotisch
Sammelbegriff: Bezeichnet zelluläre Lebewesen, die einen Zellkern besitzen
Gen
Als Gen wird der Träger von Erbinformation bezeichnet, der sich
in jeder Zelle befindet. Ein Gen beschreibt einen Abschnitt auf
der DNA.
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Infektionskrankheit
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Infektionskrankheit
Genom
Erbgut eines Lebewesens oder eines Virus
iatrogene Infektion
Eine Infektion, welche man sich durch ärztliche Massnahmen
zugezogen hat.
Infektionskrankheit
Eine Ansteckung mit entsprechenden Symptomen (Krankheitszeichen)
Infektiosität
Die Infektiosität beschreibt wie schnell ein Krankheitserreger,
nach Übertragung, seinen Wirt infizieren kann.
M
Inkubationszeit
Der Zeitraum zwischen der Aufnahme der Erreger = Ansteckung
bis zum Auftreten der ersten Symptome.
invasiv
U
Als invasiv werden alle diagnostischen und therapeutischen
Handlungen mit instrumentellem Eindringen in den Körper
bezeichnet (die Haut / Schleimhaut wird dabei verletzt). Dazu
gehören in der Arztpraxis Tätigkeiten wie: Blutentnahme, Injektionen, Infusionen, kleinchirurgische Eingriffe etc.
(mikrobielle)
Kontamination
Wird auch als «Anschmutzung» bezeichnet und bedeutet, dass
S
Flächen, Materialien, Gegenstände beabsichtigt oder versehentlich mit Erreger wie: Bakterien, Viren, Hefe- und Schimmelpilze,
Protozoen oder deren Toxine und anderen Nebenprodukten
Krankheit
E
T
behaftet sind.
Als Krankheit bezeichnet man die Funktionsstörung eines
Organes, des gesamten Organismus oder der Psyche.
Reaktionszeit, Verzögerungszeit oder Verweilzeit ist der Zeitraum
zwischen einer Aktion und dem Eintreten einer verzögerten
Reaktion.
Somit bezeichnet die Latenzzeit im medizinischen Umgang die
Zeit zwischen der Ansteckung und dem Beginn der Infektiosität
= Einwirken auf den (Wirt / Wirtzelle).
Beispiel: Wenn ein Virus eine Zelle befällt, wird die Zelle (Wirtzelle) zur Virusfabrik umfunktioniert. Dabei wird die Virus-DNA in
die Wirt-DNA integriert. Die Zellen «umprogramierten» Zellen
vermehren sich.
Mutualismus / mutualistische Symbiose
Eine Beziehung zwischen zwei unterschiedlichen Arten =
Symbiose, aus der beide Partner einen Nutzen haben = mutualistisch
R
Latenzzeit
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Grundbegriffe – Glossar
27
Lehrkraftausgabe
Grundbegriffe – Glossar
Nosokomiale
Infektion
Man nennt sie auch Krankenhausinfektion.
Sie bezeichnet eine Infektion eines Patienten in einem Krankenhaus oder einer Pflegeeinrichtung, die zum Zeitpunkt der
Aufnahme nicht vorhanden war. Dazu gehören Infektionen, die
Patienten im Krankenhaus erwerben (die nach ca. 48 Std. ausbrechen), jedoch erst nach der Entlassung in Erscheinung treten
sowie berufsbedingte Infektionen bei Mitarbeitern der Einrichtung.
Nukleoid
Als Nukleoid bezeichnet man das Genom der Prokaryoten,
welches nicht von einer Kernmembran umgebene ist.
M
Als Nukleus wird der Zellkern der Eukaryoten bezeichnet, welcher
neben der DNA auch RNA und diverse Proteine enthält.
Parasitismus /
Schmarotzertum
Parasitismus ist die ausbeuterische Beziehung zwischen zwei
unterschiedlichen Arten. Ein Partner (= Parasit / Schmarotzer)
lebt auf Kosten des anderen (= Wirt). Der Wirt wird dabei geschädigt. In der Regel tötet der Parasit den Wirt nicht, da er von ihm
abhängig ist.
U
Nukleus
Pathogene
Sind Krankheitserreger, die in einem Organismus gesundheitsschädliche Störungen verursachen.
S
Pathogenität
Ist die Fähigkeit eines Erregers, eine Krankheit bei einem
bestimmten Wirt auszulösen.
Prokaryoten prokaryotisch
Sammelbegriff: Bezeichnet zelluläre Lebewesen, die keinen
E
T
Zellkern besitzen
Prophylaxe
RNS = RNA
Vorbeugung / vorbeugender Schutz
Ribonukleinsäure = RNS
Ribonucleic acid = RNA (englisch)
Substanz für die Umsetzung der Erbinformation. Sie spielt eine
R
wichtige Rolle bei der «Proteinbiosynthese» - sie liefern die
Bauanleitung der Proteine.
Serotyp / Serotypen
Untergruppen von Mikroorganismen (z. B. Bakterien, Viren)
Superinfektion
Von einer Superinfektion spricht man in der Medizin, wenn
bereits ein viraler Infekt vorliegt und ein neuer nun bakterieller
Infekt das gleiche Organsystem befällt.
Symbiose
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Infektionskrankheit
Das Zusammenleben zweier oder mehrere unterschiedlicher Arten,
wobei alle (Wirt und Gast) daraus einen Nutzen ziehen.
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Lehrkraftausgabe
Infektionskrankheit
Toxine
Organische oder synthetische Giftstoffe
Toxischer Schock
Das Toxische Schocksyndrom (TSS) ist ein schweres Kreislauf- und
Organversagen. Hervorgerufen durch Bakterientoxine.
Vektor / Vektoren
Als Vektor wird ein Organismus bezeichnet, der einen pathogenen
von einem Wirtsorganismus zu einem anderen transportiert.
Virulenz
Damit wird die Infektionskraft bzw. der Ausprägungsgrad der
krankmachenden Eigenschaft eines Erregers bezeichnet. Das
heisst die Schwere des Schädigungsmusters bei einer Erkrankung.
M
Wirt
Als Wirt bezeichnet man einen Organismus, der zusätzlich einen
oder mehrere andere Organismen mit Ressourcen versorgt. In
der Regel ist der Wirt das grössere Lebewesen.
U
Zoonosen
Sind Infektionskrankheiten, die von Tier zu Mensch und von
Mensch zu Tier übertragen werden können.
Ein gehäuftes Auftreten einer Infektionskrankheit kann mit folgenden Begriffen näher
beschrieben werden:
S
Wird oft auch als Seuche genannt.
Als Epidemie bezeichnet man ein gehäuftes Auftreten einer
Krankheit, die zeitlich und örtlich begrenztes vorkommt.
Endemie
Zeitlich unbegrenztes (Dauerdurchseuchung), örtlich begrenztes
Vorkommen einer Krankheit. Z. B. durch Zecken übertragene
FSME oder Malaria
Pandemie
Zeitlich und örtlich unbegrenztes Vorkommen einer Krankheit.
Z. B. Grippepandemien oder AIDS
Inzidenz
Zahl der Neuerkrankungen/-infektionen
Letalität
Anteil der Erkrankten / Infizierten, die an diesem Leiden
versterben.
Morbidität
Zahl, der in einem bestimmten Zeitraum an einer bestimmten
Krankheit leidenden Personen.
Mortalität
R
E
T
Epidemie
Zahl, der in einem bestimmten Zeitraum an einer Krankheit /
Infektion Verstorbenen. Achtung: Dieser Begriff wird oft mit der
Letalität verwechselt.
Prävalenz
Zahl der Erkrankten / Infizierten an einem bestimmten Stichtag
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Grundbegriffe – Glossar
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Lehrkraftausgabe
Mikrobiologie – LZ 1.5.1.2
Mikrobiologie
LZ 1.5.1.2
2.2
Mikrobiologie – LZ 1.5.1.2
Die Mikrobiologie ist ein Teilgebiet der Biologie. Bei der Mikrobiologie handelt es sich um die
Wissenschaft und Lehre von den Mikroorganismen = Einzeller oder Wenigzeller, sie gelten als
die kleinsten und einfachsten aller bekannten Lebewesen und sind mit blossem Auge nicht
erkennbar. Als Einzeller unterscheiden sie sich von den Pflanzen, Tieren und Menschen, deren
Zellen unter natürlichen Bedingungen nur im Verband mit dem vielzelligen Organismus
lebensfähig sind.
M
Aufgabe 2.2.1
a) Welche Mikroorganismen kennen Sie bereits? Zählen Sie diese auf.
• Bakterien
U
• Viren
• Pilze
• Prionen
• Mikro-Algen (ein- bis wenigzellige Algen)
S
• Protozoen
E
T
b) Diese werden in zwei Kategorien eingeteilt. Ordnen Sie zu.
• pathogene Lebewesen: Bakterien, Pilze, Parasiten, Algen
• pathogene Moleküle: Viren und Prionen
R
30
Infektionskrankheit
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Infektionskrankheit
2.3
Infektionswege
Infektionswege
Infektionsweg
Bewegungsprofil eines pathogenen Erregers
Infektionsquelle
M
• Ursprung = Ort, an dem Erreger leben, sich vermehren, von wo sie sich ausbreiten
• Mögliche Quellen = Menschen, Tiere, Umwelt: Gegenstände, Substanzen, Umgebung
• Infekt.-typen
• Infekt.-verlauf
•Primärinfektion
•Sekundärinfektion / Superinfektion
• Reinfektion
Infektionstypen
•Transiente
Infektion
•Persistierende
Infektion
Herkunft der
Erreger
U
Art der Erregerkontakte
•Kontakt-/
Schmirinfektion
•Tröpfchen
•Aerogene
Infektion
•Umwelt
•Vektoren
Infektionsverlauf:
•foudroyan
•akut
•subakut
•chronisch
•latent
•rezidivierend
Empfänger
Eintrittspforte
• Enterale Infektion
• Parenterale
Infektion
• Ein gesunder Mensch: Er verfügt über Abwehrmechanismen
• Ein Infektion gefährdeter Mensch z. B. mit:
>chronischer Grunderkrankung,
z. B. Diabetes mellitus
>Störungen des Immunsystems
>schlechtem Ernährungszustand
>Tumorerkrankung
>momentaner Strahlentherapie
>mit Alkoholkrankheit
>aktueller Antibiotikumbehandlung
>unter immunsuppressiver Therapie z. B. Zytostatika
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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R
E
T
S
•Endogene
Infektion
•Exogene
Infektion:
>direkte
Infektion
>indirekte
Infektion
Übertragungswege
Infektionswege
31
Lehrkraftausgabe
Infektionswege
M
Infektionsquellen
•Menschen
Man spricht von einer Anthroponose, wenn für pathogene Erreger der Mensch der
einzig natürliche Wirt ist. Dies ist zum Beispiel der Fall bei: Keuchhusten, Masern.
• Tiere
Man spricht von einer Zoonose, bei Infektionskrankheiten die von Tier zu Mensch
und von Mensch zu Tier übertragen werden. Dies ist zum Beispiel Fall bei: FSME
(Zecken), Toxoplasma gondii (Katzen), Salmonellen (Nutztiere).
•Umwelt
> Erde – zum Beispiel bei: Clostridium tetani
> Wasser – zum Beispiel bei: Vibrio cholerae
> Gegenstände
U
Art der Erregerkontakte
• Primärinfektion = Erstkontakt mit dem Erreger
• Sekundärinfektion / Superinfektion = der bereits infizierte Körper wird mit einem
weiteren Krankheitserreger infiziert. Oft wird die Erstinfektion durch Viren ausgelöst. Weitere Bakterien oder Viren lösen dann im geschwächten Körper eine
Sekundärinfektion aus.
• Reinfektion = Zweitinfektion
S
R
E
T
Infektionstypen
• Transiente Infektion = Hit-and-run-Mechanismus (englisch: zuschlagen und
wegrennen). Bei einer transienten Infektion ist es als so, dass der Wirt den eingedrungenen Viren nur für eine sehr kurze Zeit für die Vermehrung zur Verfügung steht
und meistens auch nur einmal vom demselben Virusstamm infiziert werden kann.
Erkrankungen durch transiente Infektionen verlaufen meist akut und selbstlimitierend, da die Wirtzelle entweder vom Virus selbst oder vom körpereigenen Immunsystem «zerstört» wird.
Auf diese Art verlaufen z. B. Erkrankungen wie: Masern, Mumps, Röteln, Hepatitis
A, Tollwut, Ebola usw.
•Persistente Infektion = Infect and Persist (englisch: infect and persist = infizieren
und verbleiben). Bei der persistenten Infektion besitzen die eingedrungenen Viren
die Fähigkeit, sich in ihrem Wirt zu halten. Dabei entwickelt der Wirt eine Immuntoleranz gegenüber dem Virus und somit betrachtet das körpereigene Immunsystem
das eingedrungene Virus als Teil des Körpers. Die Erkrankungen durch persistente
Infektionen verlaufen meist chronisch und oft entwickelt sich nach jahrelanger
Latenzzeit (Reaktionszeit) eine Sekundärleiden (Folgeerkrankung). Auf diese Art
verlaufen z. B. Erkrankungen wie: Herpes, Hepatitis B, AIDS.
32
Infektionskrankheit
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Infektionskrankheit
Infektionsverlauf
• foudroyant: sehr schneller Beginn mit schwerstem oft tödlichem Verlauf
• akut:
schnell zum Ausbruch kommend
• subakut:
mässig schneller Beginn, weniger heftige Symptome als akut
• chronisch:
langsamer Beginn mit andauerndem Verlauf
• latent:
symptomlose Phasen über längere Zeiträume
• rezidivierend: wiederkehrende Infektionen
U
M
Herkunft der Erreger
• Endogene Infektion
• Exogene Infektion
• Direkte Infektion = Erregerübertragung von Mensch zu Mensch ohne Zwischenwirt
• Indirekte Infektion = Erregerübertragung mittels Vektoren (einem Erreger): Zecken
und blutsaugende Insekten, Wasser, Nahrung, kontaminierte Gegenstände
Aufgabe 2.3.1
a) Suchen Sie nach der Definition der fehlenden Begriffe im Internet oder in Ihren Schulbüchern.
b) Schreiben Sie (falls möglich) ein Beispiel als Erklärung dazu.
Endogener Infekt
S
Infektionsweg
Erreger sind bereits im Körper vorhanden. Diese gelangen
E
T
nun dahin, wo sie nicht hin sollen.
Beispiel: Das Gleichgewicht der Residentflora (körpereigenen Flora) im Mund oder in der Vagina wird gestört.
Die Erreger stammen aus der Umgebung und gelangen in den
Körper.
R
Exogener Infekt
Zu den exogenen Infektionen zählen zum Beispiel: die
Tröpfcheninfektion, die Schmierinfektion, die Ansteckung
über Körperflüssigkeiten, die Ansteckung über blutsaugende
Insekten oder Zecken.
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Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Infektionswege
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Lehrkraftausgabe
Infektionswege
Übertragungweg
•Kontaktinfektion
>> Schmierinfektion
•Tröpfcheninfektion
• Luft = aerogen
• Umwelt = kontaminierte Nahrungsmittel
•Vektoren
M
Aufgabe 2.3.2
a) Suchen Sie nach der Definition der fehlenden Begriffe im Internet oder in Ihren Schulbüchern.
b) Schreiben Sie (falls möglich) ein Beispiel als Erklärung dazu.
U
Übertragungswege
Kontaktinfektion
Schmierinfektion
Hierbei handelt es sich um die Übertragung von Krankheitserregern
durch Berührung eines Lebewesens (Mensch / Tier) oder eines durch
Speichel, Urin oder Stuhl kontaminierten Gegenstandes.
S
Aufgabe 2.3.3
Womit kann ein Gegenstand kontaminiert sein? Zählen Sie die
verschiedenen Körperflüssigkeiten auf:
E
T
• Blut
•Urin
• Sperma
•Lusttropfen
• Scheidenflüssigkeit •Darmsekret
• Wundflüssigkeit
•Speichel
•
• Schweiss
Muttermilch •
R
•Tränen
Liquor (Gehirn- und Rückenmarksflüssigkeit)
Durch Berührung werden Mikroorganismen von kontaminierten
Gegenständen abgestreift, gelangen dadurch auf die Haut oder
Schleimhaut des Wirtsorganismus (Menschen) und werden von ihm
inkorporiert (eingegliedert, aufgenommen).
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Infektionskrankheit
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Lehrkraftausgabe
Infektionskrankheit
Übertragungswege
Wiederum wird unterschieden in:
M
• direkte Kontaktinfektion = Berührung eines infizierten Menschen
resp. Tieres. Zum Beispiel erfolgt eine direkte Kontamination
beim Händeschütteln, bei einer Wundversorgung, bei sexuellem
Kontakt.
• indirekte Kontaktinfektion = Berührung oder Benutzung von
kontaminierten Gegenständen. Zum Beispiel bei der gemeinsamen Benutzung eines Trinkglases oder durch Trinken resp.
Essen von verunreinigtem Wasser / Essen = Schmierinfektion.
U
Die Schmierinfektion ist in der Regel ein Problem mangelnder
Hygiene. Meist werden die Keime dabei über verschmutzte Hände
auf eine Oberfläche übertragen.
Beispiele von Schmierinfektionen mit Beteiligung von Bakte-
S
rien: Escherichia coli und Salmonellen (Darmbakterien) sowie
Streptokokken und Staphylokokken (Wundbakterien)
Beispiele von Schmierinfektionen mit Beteiligung von Viren:
Adenoviren, Noroviren und Rotaviren (Darmviren)
E
T
Beispiele von sexuell übertragbaren Krankheiten:
Hepatitis B und C (HBV / HCV), HIV, Gonorrhoe
Tröpfchen­
infektion
R
Durch Tröpfchenbildung beim Sprechen, Niesen, Husten, Spucken
etc. können Krankheitserreger direkt über die Luft verbreitet werden.
Die infektiösen Tröpfchen gelangen über die Schleimhäute (meist)
der oberen Atemwege in den Atemtrakt und vermehren sich dort.
Bei den Tröpfchen handelt es sich um Partikel, welche einen Durchmesser von mehr als 5 µm aufweisen. Diese sinken durch ihre Grösse
relativ rasch zu Boden und werden nur bis zu einer Distanz von einem
bis zwei Meter übertragen. Vor einer Übertragung durch Tröpfchen
kann man sich schützen, indem man entweder genügend Abstand zur
infizierten Person hält oder einen Mundschutz trägt.
Beispiele von Krankheiten, die über eine Tröpfcheninfektion
übertragen werden: Keuchhusten, Mumps, Röteln,
Haemophilus influenzae Typ b, Grippe
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Infektionswege
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Lehrkraftausgabe
Infektionswege
Übertragungswege
Aerogene
Infektion
M
Umwelt
Bei der aerogenen Infektion handelt es sich um die Freisetzung von
kleinsten Tröpfchenkernen (weniger als 5µm Durchmesser), durch
eine Nies- oder Hustenvorgang. Aufgrund ihrer geringen Grösse
können sie lange Zeit in der Luft schweben und somit auch grössere
Stecken zurücklegen. Im Vergleich zur Tröpfcheninfektion, dringen
die Aerosole in den tieferen Respirationstrakt ein. Zum Schutz
werden spezielle Atemschutzmasken (FFP 2, FFP 3) getragen.
Beispiele: Tuberkulose, SARS, Cryptococcus neoformans, Aspergillose, allenfalls möglich bei: Varizellen und Masern
U
Umweltquellen wie Wasser Erde können ein Reservoir für Erreger sein.
Beispiele:
• Clostridium tetani in der Erde (Wundstarrkrampf)
• Legionellen im Wasser (schwere Pneumonie)
• Pseudomonas aeruginosa in feuchten Milleus (Pneumonie,
Harnwegsinfekte, Wundinfektionen)
Über den Stich oder Biss des infizierten Tieres, können Patho-
S
Vektoren
gene auf den Menschen übertragen werden.
Beispiele für dies Art von Infektion sind: Malaria wird durch den
E
T
Stich resp. den Speichel der weiblichen Anopheles Mücke übertragen, FSME und Lyme Borreliose wird durch Zecken übertragen.
Durch den Biss eines Fuchses / von Fledermäusen kann Tollwut
übertragen werden.
> Perkutane Infektion
> Permuköse Infektion
> Inhalationsinfektion
> Urogenitale Infektion
> Genitale Infektion
> Intrauterine Infektion
> transmissive Infektion
> hämatogen
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Infektionskrankheit
R
Eintrittspforte
• Enterale Infektion
• Parenterale Infektion:
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Lehrkraftausgabe
Infektionskrankheit
Aufgabe 2.3.4
a) Suchen Sie nach der Definition der fehlenden Begriffe im Internet oder in Ihren Schulbüchern.
b) Schreiben Sie (falls möglich) ein Beispiel als Erklärung dazu.
Eintrittspforte
Die Krankheitserreger dringen über den Magen-Darm-Trakt in
den Organismus ein = fäkal-oral.
Parenterale Infektion
Unter Umgehung des Magen-Darm-Traktes. Im medizinischen
Sprachgebrauch ist parenteral gleichbedeutend mit «direkt ins
Blut».
•Permuköse Infektion
Die Erreger gelangen über die Schleimhäute in den Orga-
M
Enterale Infektion
nismus.
U
•Inhalationsinfektion
Die Erreger gelangen über die Atemwege in den Organismus.
•Urogenitale Infektion
Die Erreger gelangen über den Harntrakt in den Orga-
•Genitale Infektion
S
nismus.
Die Erreger gelangen über die Geschlechtsorgane in den
Organismus.
Die Erreger gelangen während der Schwangerschaft in den
•Transmissive
Infektion
Die Erreger gelangen über Insektenstiche oder -Bisse in
•hämatogen
Die Erreger gelangen durch Vektoren über die Blutwege in
E
T
•Intrauterine
Infektion
Körper des ungeborenen Kindes.
den Organismus
den Körper
R
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Infektionswege
37
Lehrkraftausgabe
Bakterien
2.4
Bakterien
Escherichia coli
(E. coli)
Streptococcus
pyogenes
Clostridium tetani
Staphylococcus
aureus
M
Definition Bakterien
U
Definition Bakterien / das Bakterium
(griechisch bakterion: Stäbchen) sind einzellige Organismen, die keinen «echten» Zellkern
besitzen. Das Erbgut der Bakterien ist in einem Nukleoid organisiert, welches ohne Membranbegrenzung im Zytoplasma liegt. Somit gehören sie zum Stamm der Prokaryoten. Bakterien
werden entsprechend der Struktur ihrer Zellwände in grampositive und gramnegative Bakterien unterteilt. Die Zellwand der grampositiven Bakterien kann aus über 50 Schichten
(Murein) bestehen. Die Zellwand der gramnegativen Bakterien hingegen ist lediglich ein bis
dreilagig.
S
*Hinweis: Beachten sie dazu das Thema «Gram-Färbung» in der Labordiagnostik!
E
T
Bakterien haben die Erde erobert. Sie kommen in unvorstellbar grosser Zahl in fast allen
Lebensräumen vor: im Erdboden, im Wasser, in oder auf allen Arten von Lebewesen. Man geht
davon aus, dass Bakterien die ersten Lebewesen auf der Erde waren. Es gibt sie schon seit
mehr als 3.5 Milliarden Jahre.
R
Obwohl sie winzig klein sind, haben einige Bakterien unglaubliche Eigenschaften, unter
anderem können sie extrem schnell schwimmen, sich sehr gut orientieren, unter extremen
Bedingungen überleben oder sogar leuchten. Sie sind temperaturunabhängig, das heisst, sie
haben sich hier auf der Erde auf die unterschiedlichsten Temperaturen eingestellt: es gibt
kälteliebende und hitzeliebende Bakterien und je nach Lebensraum können sie mit oder ohne
Sauerstoff leben.
Wie bereits erwähnt ist auch der Mensch aussen wie innen besiedelt mit Bakterien. An und
in jedem Menschen leben ca. 100 Trillionen (= 100‘000‘000‘000‘000‘000) Bakterien, das
ergibt in etwa ein Gewicht von 2 kg. Auf jedem Quadratzentimeter der menschlichen Haut
leben ca. 100‘000 Bakterien.
38
Infektionskrankheit
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Lehrkraftausgabe
Infektionskrankheit
Aufgabe 2.4.1
Beschriften Sie den Aufbau einer Bakterienzelle.
U
M
S
*Hinweis:
1. Ein Video über den Aufbau einer Tier-, Pflanzen- und Bakterienzelle finden Sie hier.
https://www.planet-wissen.de/natur_technik/mikroorganismen/bakterien/av_bakterien_
kompakt3.jsp
E
T
2. Die schriftlichen Detail-Informationen über den Zellaufbau von Tier-, Pflanzen- und Bakterienzelle finden Sie hier.
https://www.planet-wissen.de/natur_technik/mikroorganismen/bakterien/zelltypen.jsp
R
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Bakterien
39
Lehrkraftausgabe
Bakterien
Grösse
Bakterien sind mit 0,5 bis 10 μm (Mikrometer) extrem klein.
Lebensraum
Eine Vielzahl von Bakterien bevorzugen ein Milieu mit einem pH-Wert von 6 bis 9, für andere
ist ein pH-Wert von 7 optimal und der Laktobazillus zum Beispiel benötigen ein Lebensraum
mit pH-Wert 4.
Vermehrung
U
M
Vermehrung
R
E
T
S
Wenn die Lebensbedingungen gut sind, benötigen Bakterien in einer neuen Umgebung nur
eine kurze Anpassungszeit und fangen dann sofort mit Zellteilung an (1 Mutterzelle ergibt 2
Tochterzellen). Dabei bilden sie häufig grosse Zellketten und/oder Zellkolonien.
• Es erfolgt eine ungeschlechtliche Vermehrung
• Das Temperaturoptimum zur Vermehrung der medizinisch relevanten Bakterien liegt
meist um 36 – 43° C
• Unter optimalen Wachstumsbedingungen teilen sich gewisse Bakterien alle 20
Minuten (Escherichia coli). Das bedeutet, dass aus einer Zelle nach 20 Minuten 2
Zellen entstanden sind, nach 40 Minuten 4 Zellen, nach 60 Minuten 8 Zellen usw.
40
Infektionskrankheit
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Lehrkraftausgabe
Infektionskrankheit
Einige Bakterien bilden Sporen. Sporen sind sehr widerstandsfähige und in dieser Form
inaktive «Familienmitglieder», die auch unter ungünstigen Lebensbedingungen (Klimaveränderungen, Trockenheit, Alkohol, knappen Nahrungsvorräten) nahezu unbegrenzt überleben
und keimfähig bleiben können. In dieser Art sichern sie das Überleben von Bakterien über
eine sehr lange Zeit. Kommen Sporen, z. B. über Staub, in ein günstiges Milieu (Umfeld),
können sie wieder aktiv werden und sich vermehren. Eine offene Wunde zum Beispiel bietet
den Sporen einen idealen Nährboden um wieder aktiv werden zu können.
U
M
Aussehen / Differenzierung
Bakterien kommen in verschiedenen äusseren Formen vor. Fünf davon sind hier aufgeführt:
• stäbchenförmige, sogenannte Bazillen = Bacillus (z. B. Escherichia)
• kugelförmig, sogenannte Kokken (z. B. Micrococcus)
• gebogene, sogenannte Vibrionen (z. B. Vibrio cholerae, der Erreger der Cholera)
• schraubenförmig, sogenannte Spirillen oder Spirochäten
Aufgabe 2.4.2
Zeichnen Sie hier die verschiedenen Bakterienformen ein. Recherchieren Sie dazu in anderen
Lehrmitteln oder im Internet.
R
E
T
S
1. Bazillen
2. Kokken
3. Vibrionen
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4. Spirillen
5. Spirochäten
Bakterien
41
Lehrkraftausgabe
Bakterien
Bei den Bakterien gibt es keine rein «männlichen» respektive «weiblichen» Formen und
dennoch lassen sie sich nach unterschiedlichen Kriterien differenzieren, z. B. hinsichtlich
der
• Stoffwechseltypen
• Milieubedingungen
• Energieversorgung
Hier wird unterschieden nach:
>> Obligate Aerobier = aerobe Bakterien
Man nennt sie häufig auch Enterobakterien. Sie benötigen zum Leben elementaren
Sauerstoff (O2) ohne ihn sterben sie ab.
>> Obligate Anaerobier = anaerobe Bakterien
Diese Art von Bakterien brauchen zum Überleben keinen Sauerstoff.
U
M
Obligate Aerobier
Fakultativ anaerobe
Bakterien
>> Fakultativ anaerobe Bakterien können sowohl unter aeroben als auch unter
anaeroben Bedingungen leben. Ihr Stoffwechsel funktioniert sowohl mit, wie
auch ohne Sauerstoff.
S
>> Aerotolerant = Die Bakterien benötigen den Sauerstoff nicht für ihren Stoffwechsel, können aber trotz seiner Anwesenheit überleben.
E
T
• Ernährungsversorgung
Hier wird unterschieden nach:
>> autotrophen Bakterien: Sie können ohne organische Fremdsubstanzen leben
und beziehen ihre Energie aus dem Sonnenlicht (= photoautotroph)
>> heterotrophen Bakterien: Sie ernähren sich von organischer Substanz. Viele
dieser Arten können auch ohne Sauerstoff existieren (= anärobe Bakterien).
R
42
Infektionskrankheit
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Lehrkraftausgabe
Infektionskrankheit
Lebenswichtige Bakterien
Oftmals gehen wir von der falschen Vorstellung aus, dass Bakterien für uns und unsere
Umwelt schädlich sind und uns krank machen. Das ist jedoch eine gänzlich falsche Meinung.
M
Nur die wenigsten der rund 6‘000 bekannten Bakterienarten sind Krankheitserreger. Bakterien sind für uns Menschen lebenserhaltend und für die ökologischen Prozesse auf unserer
Erde unentbehrlich. Sie sorgen als Verarbeiter dafür, dass z. B. Stickstoff, Kohlenstoff und
andere wichtige Elemente, nach deren Absterben in den Organismen, in mineralischer Form
wieder an die Stoffkreisläufe zurückgegeben werden. Manche Bakterien bilden in unserem
Körper sogar eine Symbiose (enge Zusammenarbeit) mit dem Organismus.
Bakterien können somit weiter unterschieden werden in:
Symbiotische Bakterien
• Pathogene Bakterien: Besitzen eine stärkere Virulenz und verursachen unabhängig
vom Krankheitszustand des Wirts Infektionen.
Patogene Bakterien
U
• Symbiotische Bakterien: Bakterien sind zum Beispiel Bestandteil der normalen
Hautflora des Menschen (residente Hautflora). Diese Bakterien sind normalerweise
harmlos für den Menschen bzw. üben vielmehr eine bedeutende Schutzfunktion aus,
indem sie die Besiedelung mit pathogenen Mikroorganismen verhindern. Manche
symbiotischen Bakterien können jedoch Infektionen verursachen, wenn der natürliche Wirtsorganismus geschwächt ist oder wenn die Bakterien in das Gewebe des
Wirts eingebracht werden.
E
T
S
Aufgabe 2.4.3
Sie finden auf der Homepage www.mympa.ch, unter Hygiene, das Arbeitsblatt «Residente
Flora». Downloaden Sie sich dieses und beschreiben Sie, wo überall eine residente Flora zu
finden ist.
R
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Bakterien
43
Lehrkraftausgabe
Bakterien
Aufgabe 2.4.4
a)Erklären Sie mit eigenen Worten wo und wie gute Bakterien im menschlichen Körper
wirken. Recherchieren Sie dazu im Internet sowie in Ihren Schulbüchern.
b) Schauen Sie sich das Video an oder suchen Sie anderweitig nach Beispielen, die aufzeigen,
warum Bakterien für Mensch, Tier und Natur existenziell sind.
Wo und wie werden gute Bakterien bei der Nahrungsmittelherstellung eingesetzt?
https://www.planet-wissen.de/natur_technik/mikroorganismen/bakterien/av_bakterien_
nuetzlich.jsp
M
Wo wirken «gute» Bakterien im menschlichen Körper?
• Die transiente Hautflora
Die Hautflora mit den verschiedenen Bakterien schützt die Haut vor einer Besiedlung
U
mit krankmachenden Keimen. Diese Bakerien ernähren sich von Hautschuppen,
spalten Fette und bakterienabtötende Fettsäuren auf, die das Wachstum von
weiteren Bakterien vermindern. Feuchte Hautregionen werden von den Bakterien
S
bevorzugt:
> Leistenbeugen
> Achselhöhlen und
E
T
> Zwischenräume zwischen Zehen und Fingern
bieten den meisten Bakterien ein besseres Milieu als trockene oder verhornte
Hautstellen. Ein Großteil der «Haut-Bakterien», sitzt in den Haarfollikeln. Dort sind
sie gut geschützt vor Ausseneinflüssen und haben hervorragende Wachstumsbedingungen.
Typische Bakterien der Hautflora sind bestimmte Staphylo- und Peptostreptokokken
R
sowie Coryne- und Propionibakterien - zuviel von diesen verursacht übrigens Akne.
• Im Verdauungssystem
Indem sie z. B. in der Darmflora wichtige Vitamine und Mineralstoffe aus dem
Verdauungsbrei für die Aufnahme in den Blutkreislauf bereitstellen.
Zu diesen zählen z. B. Proteus vulgaris und Escherichia coli
44
Infektionskrankheit
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Lehrkraftausgabe
Infektionskrankheit
Wo wirken «gute» Bakterien im menschlichen Körper?
• Im Mund
Normalerweise wird der Mund durch eine Mikroorganismengemeinschaft durch
hunderte von Bakterienarten und Hefen besiedelt. Diese Mundflora hat zum grössten
Teil die Aufgabe einer Schutzfunktion, um Krankheitserreger, die sich in der Mundhöhle einnisten könnten, abzuwehren.
M
• Im Vaginalbereich
Döderlein-Bakterien (Laktobazillen) halten bei geschlechtsreifen Frauen den
pH-Wert des Scheidenmilieus aufrecht. Laktobazillen produzieren Milchsäure aus
U
Glykogen. Das so entstehende saure Milieu sorgt dafür, dass sich von aussen in die
Scheide eindringende Keime (Bakterien und Pilze) nicht vermehren können.
Wo wirken «gute» Bakterien im menschlichen Körper?
S
Um den ökologischen Kreislauf zu schliessen:
Die im Erdboden zahlreich vorkommenden Bakterien zersetzen Abfälle oder
Pflanzen- und Tierüberreste. So wandeln sie giftige oder unnütze Stoffe in Nähr-
E
T
stoffe um.
Um den ökologischen Kreislaufes zu unterstützen:
Es gibt Bakterien, die Öl zersetzen können. Diese Bakterien können dazu genutzt
werden, Öl, das z. B. bei einer Ölpest in das Meer ausgetreten ist, schneller abzubauen.
R
In Kläranlagen zur Aufbereitung des Abwassers:
Die Wasserreinigung ist kein einzelner Schritt, sondern ein Prozess, der aus
verschiedenen Teilschritten besteht. Mit Hilfe von Bakterien werden schädliche
Substanzen in unschädliche umgewandelt. Ein Beispiel ist die sogenannte «Denitrifikation»: Bakterien wandeln Stichstoffverbindungen wie z. B. Ammonium
(NH4+) über die Zwischenstufen Nitrit (NO2-) (durch die Bakterienart Nitrosomonas) und Nitrat (NO3-) (durch die Bakterienart Nitrobakter) in unschädlichen
molekularen Stickstoff (N2) um, welcher danach in die Atmosphäre entweicht.
*Hinweis: Beachten Sie dazu im Laborordner das Kapitel «Urinlabor: Urinstix»
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Bakterien
45
Lehrkraftausgabe
Bakterien
Wo werden «gute» Bakterien in der Nahrungsmittelherstellung eingesetzt?
• Bei der Herstellung von Joghurt und Käse, unter Mithilfe des Lactobacillus
• Bei der Herstellung von Essig, mit Hilfe von Essigsäurebakterien (Acetobacteraceae)
• Bei der Herstellung von Kaffee, Tee, Kakao erfolgt die Fermentierung
(Gärung) mit Hilfe von Bakterien
M
Wie werden «gute» Bakterien in der Pharmaindustrie eingesetzt?
• Bei der Herstellung von Insulin
Mit einer gentechnischen Verfahrensweise können Bakterien zum Insulinlieferanten werden.
U
Pathogene Bakterien
E
T
S
• Bei der Herstellung von Präbiotika
Medikamente, die Bakterien oder Pilze enthalten, welche die Aktivität bestimmter
gutartiger Bakterien fördern. Zum Beispiel:
>> Für den Aufbau der Darmflora (Laktoferment )
>> Bei Erkrankung resp. Stärkung der oberen Atemwege
>> Für das Aufrechterhalten des pH-Wertes im Vaginalbereich (Döderlein-Bakterien)
Pathogene Bakterien
R
Es gibt Bakterienarten, die beim Menschen Krankheiten auslösen. Sie haben sich auf den
Befall bestimmter Gewebe, Organe und Körperhohlräume spezialisiert.
46
Infektionskrankheit
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Lehrkraftausgabe
Infektionskrankheit
Das Immunsystem kann diese krankmachenden Bakterien in der Regel abtöten, bevor wir
überhaupt etwas spüren. Erst wenn wir grosse Mengen von krankheitserregenden Bakterien
ausgesetzt sind oder unser Immunsystem geschwächt ist, bemerken wir die Reaktion unseres
Körpers, z. B. in Form von Fieber, Durchfall, Übelkeit, Kopfschmerzen oder Schüttelfrost.
Unser Immunsystem läuft dann auf Hochtouren und wird dann meistens im Verlauf von Tagen
oder Wochen mit den angreifenden Bakterien fertig.
U
M
Behandlungsmöglichkeiten
Wenn unser Immunsystem die Bakterien nicht effektiv bekämpfen kann, ist unter Umständen
Antibiotikum
eine medikamentöse Therapie mit einem Antibiotikum (Plural: Antibiotika) indiziert.
Antibiotika beeinflussen und greifen Strukturen der Bakterien, wie zum Beispiel die Zellwand,
an und können so zum Absterben der Bakterien führen. Weil die Zellwand von Bakterien
anders aufgebaut ist als die Zellmembran der Körperzellen, greifen Antibiotika nur Bakterien
an und keine Körperzellen. Manche Antibiotika töten die Bakterien gar nicht ab, sondern
hindern sie lediglich an der Vermehrung. Allerdings sind Bakterien eigenständige Zellen, die
sich auf veränderte Umweltbedingungen einstellen und daher Antibiotikaresistenzen entwickeln können. Bei der Behandlung mit Antibiotika muss immer auch beachtet werden, dass
nicht nur pathogene (krankmachende) Bakterien, sondern auch mutualistische (nützliche)
Bakterien durch das Medikament gestört bzw. getötet werden können.
S
Bakteriellen Infekten vorbeugen – Prophylaxe
Prophylaxe
R
E
T
1. Beachten eines guten Allgemeinzustandes (AZ) durch gesunde Lebensführung
• Auf eine ausgewogene, vitaminreiche Ernährung und eine genügende Flüssigkeitszufuhr achten.
• Auf genügend Sonnenlicht achten oder allenfalls ersatzweise Vitamin D
zuführen.
• Regelmässige körperliche Betätigungen einplanen
• Regelmässig frische Luft zuführen.
• Auf genügend Schlaf achten.
• Vor allem ältere Menschen sollen sich genügend warm halten, auf warme Füsse
achten und sich vor Zugluft schützen.
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Bakterien
47
Lehrkraftausgabe
Bakterien
U
M
2.Im Alltag die allgemein bekannte Hygienemassnahmen beachten und konsequent anwenden
• Regelmässiges, gründliches Händewaschen mit Seife ist eine der besten Vorbeugemassnahmen, um sich vor Infektionskrankheiten zu schützen: sofort beim Nachhause kommen, vor Arbeitsbeginn und bei Arbeitsende, vor den Mahlzeiten
respektive Zwischenmahlzeiten, zwingend nach jedem Toilettengang.
• Gute Hautpflege: Keine zu aggressive Seifen (Duschmittel) verwenden und die Haut
nicht austrocknen lassen, indem regelmässig, eine schnell einziehende Handcreme
(Lotion) angewendet wird.
• Gute Wundpflege: Schnittwunden, Risse, Schrunden desinfizieren und mit einem
Salbenverband gut abdecken.
• Vor allem in der «Erkältungszeit» sind Menschenansammlungen und die Nähe zu
Menschen mit akuten Atemwegserkrankungen zu meiden.
• Konsequent in die Ellenbeuge Husten oder Niesen.
• Auf eine gute Küchenhygiene und auf ein sauberes Zubereiten von Mahlzeiten
achten.
• Bei der Essenszubereitung nur frische Produkte verwenden. Früchte, Gemüse, Salate
vor dem Rohverzehr gründlich waschen.
• Im Kühlschrank Fleischwaren und Gemüse voneinander getrennt lagern.
• Eierspeisen nur über kurze Zeit und im Kühlschrank aufbewahren.
• Beachten der Wasserqualität. Vor allem in den Ferien ist im Umgang mit «Frischwasser» Vorsicht geboten: trinken direkt ab dem Wasserhahnen, Zähneputzen,
erfrischen mit Eiswürfeln oder Wasser-Glaces, essen von rohem Gemüse oder
Salaten.
• Mit entsprechender Kleidung die Haut vor Insektenstichen und Zecken schützen.
• Bei neuen sexuellen Beziehungen einen geeigneten Schutz, z. B. Kondom,
E
T
S
verwenden.
R
3. Im Arbeitsalltag die Hygienevorschriften beachten und konsequent umsetzen
• Die Vorschriften zur Handhygiene kennen und anwenden
• Einen praxiseigenen Hygieneplan erstellen und danach arbeiten.
• Bewusstes und kontrolliertes Tragen von Handschuhen.
• Arbeitskleidung tragen
• Bei Assistenzarbeiten (Untersuchen, Eingriffen, Therapien) eine Schutzbrille und
einen Mundschutz tragen.
• Bei Epidemien oder Pandemien (Grippewelle) wird über den ganzen Arbeitstag
einen Mundschutz getragen. Dabei müssen das korrekte Tragen und die Tragzeit
unbedingt beachtet werden.
• Qualitätsmanagement: Eine regelmässige Kontrolle aller Hygienemassnahmen durch
die dafür verantwortliche Praxismitarbeitenden.
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Infektionskrankheit
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Lehrkraftausgabe
Infektionskrankheit
4. Bakteriellen Infekten vorbeugen
• Mit Schutzimpfungen können bakterielle Erkrankungen wie zum Beispiel: Tetanus,
Diphterie, Pneumokokken (Kleinkinder und ab dem 60-igsten Altersjahr) vermieden
oder zumindest den Krankheitsverlauf deutlich abgemildert werden.
• Abschirmen mit Antibiotika. Vor gewissen medizinischen Eingriffen werden Antibiotika vorbeugend eingesetzt. Zum Beispiel in der Zahnmedizin oder der Herzchirurgie
• Die wohl wichtigste Massnahme in der heutigen Zeit ist das Erhalten der Wirkung
von Antibiotika und somit einer Antibiotika-Resistenz vorzubeugen.
M
U
Aufgabe 2.4.5
Beantworten Sie folgende zwei Fragen.
a) Was bedeutet Antibiotikaresistenz?
b) Mit welchen Massnahen soll einer Antibiotikaresistenz vorgebeugt werden?
Nennen Sie die Punkte, welche das BAG vorschlägt und erklären Sie die Punkte kurz.
c) Ein Entwurf zur «Strategie gegen Anbitiotikaresistenz» vom BAG (Bundesamt für Gesundheit) liegt seit dem 15.12.14 vor. Details dazu können Sie ab dieser Homepage entnehmen.
S
a) Bakterien entwickeln ständig neue Strategien, um den Angriffen von Antibiotika zu
entgehen. Sie passen sich an, verändern sich und werden somit widerstandsfähig
gegenüber von Antibiotika. Das heisst, die Wirkung von Antibiotika wird abge-
E
T
schwächt oder ganz zu neutralisieren.
b) Sensibilisierung der Bevölkerung / Patienten
• Klare Rahmenbedingungen bezüglich des Einsatzes von Antibiotika werden
geschaffen. Das bedeutet, sowohl in der Humanmedizin, wie auch in der Veterinär-
• Überwachung der Handlungsfelder (Gesetze / Verkauf / Einsatz)
R
medizin und der Landwirtschaft regeln Gesetzte den Einsatz von Antibiotika.
• Prävention: Damit ist gemeint, Infektionskrankheiten generell besser vorzubeugen.
• Sachgerechter = zielgerechter und korrekter Einsatz von Antibiotika in der Humanund der Veterinärmedizin sowie in der Landwirtschaft.
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Bakterien
49
Lehrkraftausgabe
Bakterien
>
Je häufiger Antibiotika eingesetzt werden, desto grösser ist die Gefahr, dass
sich die Bakterien dem Antibiotika entsprechend anpassen. Somit verliert das
Antibiotika seine Wirkung.
>
Auf eine zu geringe Dosierung und/oder einen vorzeitiger Therapieabbruch
reagieren Bakterien auf dieselbe Weise, sie passen sich dem Medikament an.
> Falsche Behandlungsmassnahmen vermeiden. Bei z. B. virale Infekten
M
(Schnupfen, Grippe) ist eine Behandlung mit Antibiotika erstens wirkungslos
und zweitens Antibiotikaresistenz fördernd.
• Kooperation = gute Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten und Betroffenen.
U
• Investieren in die Forschung und Entwicklung von neuen Antibiotika.
•Resistenzbekämpfung
LZ 1.5.1.2
S
Zeichen einer bakteriellen
Infektion
Pathogene Bakterien: Typen und Folgeerkrankungen
Zeichen einer bakteriellen Infektion sind: Die Symptome sind je nach Bakterienart und
dem Ort des Befalles unterschiedlich. Es treten allgemeine Entzündungsreaktionen wie
Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen oder Abgeschlagenheit auf. Lokal kann sich eine
Infektion durch Eiterbildung bemerkbar machen.
E
T
Eiter (Pus) ist das Ergebnis einer Entzündung, welche als Reaktion auf einen bakteriellen
Infekt entsteht. Eiter setzt sich zusammen aus:
R
• Bakterien, meistens handelt es sich hierbei um die kugeligen Familienmitglieder,
die es praktisch überall in der Natur gibt, sich sehr schnell vermehren und entsprechend gefürchtet werden: die Streptokokken und durch das Darmbakterium Escherichia coli.
• abgestorbene Zellen und
• Leukozyten
Aus einer von Bakterien verursachten Infektion (Wundentzündung), kann eine Sepsis
(Blutvergiftung) entstehen.
Wundinfektionen
50
Infektionskrankheit
Bei Wundinfektionen sind meistens verschiedene Bakterien zusammen aktiv. Die beteiligten
Bakterienarten beeinflussen den Charakter des Eiters:
• Viskosität (dünn- bis dickflüssig)
• Farbe (von blassgelb über grün bin hin zu blaugrün)
•Geruch
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Lehrkraftausgabe
Infektionskrankheit
Aus einer von Bakterien verursachten Infektion (Wundentzündung), kann eine Sepsis (Blutvergiftung) entstehen.
Sepsis
M
Aufgabe 2.4.6
a) Lesen und bearbeiten Sie den nachfolgenden Text
b) Fassen Sie die hier beschriebenen Bakterientypen tabellarisch zusammen. Sie finden
hierzu eine entsprechende Word-Vorlage auf www.mympa.ch
c) Ergänzen Sie Ihr Tabelle mit Bildern. Fügen Sie möglichst zu jedem Bakterium ein entsprechendes Bild ein.
Beispiel
Bakterieller
Erreger
Nachweis im
Mikroskop
Morphologie
U
Clostridium
tetani
Erkrankungen
Beispiele
Stäbchen
Bild
grampositiv
E
T
S
Erreger des
Wundstarrkrampfes
(Tetanus). Die
resistenten
Sporen des
Bakteriums
kommen vorwiegend in der
(Garten-) Erde,
im Strassenstaub
etc.
Färbeverhalten
Bakterien-Typen
Erkrankung(en)
R
Folgende Bakterien-Typen sind beschrieben.
Ziel: Sie wissen für welche Erkrankung(en) das entsprechende Bakterium verantwortlich ist.
• Proteus vulgaris
•Clostridien:
>> Clostridium tetani
>> Clostridium perfringens
• Staphylokokkus aureus
• MRSA = Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus
• Escherichia coli
• Salmonella enteritidis
>> Salmonella typhi / Salmonella Paratyphi
• Clostridium botulinum
• Streptococcus pyogenes
• Helicobacter pylori
• Borrelia burgdorferi
• Bordetella pertussis
•Pneumokokken
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Bakterien
51
Lehrkraftausgabe
Bakterien
Wundinfektionen
Proteus vulgaris
Proteus sind stäbchenförmige, gramnegative, Zellen mit Geisseln. Sie haben einen Durchmesser von 0,4 - 0,8 µm und sind unterschiedlich lang. Das Bakterium Proteus vulgaris fühlt
sich besonders wohl in der Erde oder auch in menschlichem Stuhl. Gelangt Proteus vulgaris in
eine Wunde, so fängt es sofort an, Körperzellen zu zersetzen. Dabei entstehen faule, stinkende Gase. Das Körpergewebe sieht schmierig und jauchig aus.
M
U
Clostridien
Die gefährlichsten anäroben Bakterien sind die Clostridien. Clostridien sind stäbchenförmige,
grampositive, sporenbildende Bakterien. Die Sporen der Clostridien sind hitzeresistent und
können in siedendem Wasser viele Stunden, einige bei 110 °C etwa eine Stunde, überleben.
Wenn ihre Sporen aktiv werden, bilden sie gefährliche Toxine (Gifte). Zu den Clostridien
gehören die bekannten Erreger:
E
T
S
• Clostridium tetani
C. tetani ist der Erreger des Wundstarrkrampfes (Tetanus). Die resistenten Sporen
des Bakteriums kommen vorwiegend in der (Garten-) Erde, im Strassenstaub und
Holz sowie in Ausscheidungen von Rindern vor.
Offene Wunden können schnell mit dem Bakterium infiziert werden und so zur
Tetanuserkrankung führen. Tetanus, auch Wundstarrkrampf genannt, ist eine häufig
tödlich verlaufende Infektionskrankheit, da durch die Toxine der C. tetani die
muskelsteuernden Nervenzellen geschädigt werden kommt es zu den typischen
Muskelkrämpfen.
Prophylaxe: Aufgrund der konsequenten Durchimpfung der Bevölkerung ist die
Erkrankung heutzutage bei uns sehr selten, in Entwicklungsländern aber bedeutend
R
• Clostridium perfringens
C. perfringens ist ein anärobes Bakterium, welches das kurzzeitige Aussetzen in
sauerstoffreicher Atmosphäre jedoch problemlos überlebt. C. perfringens können im
Boden (anärobe Zonen), in Wasser, Staub und Lebensmitteln, aber auch im Darm
von Mensch und Tier nachgewiesen werden.
C. perfringens zählt mit weiteren Clostridien zur Gruppe der gasbrandbildenden
Bakterien und ist der häufigste Erreger des Gasbrands. Der durch Clostridium perfringens verursachte Gasbrand gilt als schwerste Form der Wundinfektion. Die Infektion
entwickelt sich meistens nach Verletzungen bei Gartenarbeit, Tätigkeiten im landwirtschaftlichen Bereich oder nach Bissverletzungen sowie nach Amputationen. Die
Inkubationszeit beträgt ca. 2 Tagen. Das Infektionsgebiet kennzeichnet sich durch
Schwellung und bräunlich-livide (blaue) Verfärbung. Bei der Palpation kann eventuell ein «Knistern» festgestellt werden. Aus der infizierten Wunde entleert sich
meist ein stinkendes, seröses Wundsekret. Erfolgt keine schnelle Behandlung, kann
es zu einem «toxischen Schock» kommen.
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Infektionskrankheit
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Infektionskrankheit
Staphylokokkus aureus
Staphylococcus aureus kommt fast überall in der Natur vor: beim Menschen auf der Haut, auf
der Mundschleimhaut und in den oberen Atemwegen, auf der Haut und der Schleimhaut von
warmblütigen Tieren, in Nahrungsmitteln und in Gewässern.
M
Der Staphylococcus aureus löst bei Menschen und Tieren meistens keine Krankheitssymptome
aus. Trifft das Bakterium jedoch auf ein günstiges Milieu oder auf ein schwaches Immunsystem des Wirts, nutzt es die Gelegenheit und breitet sich aus. Es kommt beim Menschen zu
Krankheitssymptomen wie: zu Hautentzündungen (Furunkel), Muskelerkrankungen, Angina,
in ungünstigen Fällen auch zu lebensbedrohlichen Erkrankungen wie Lungenentzündung,
Endokarditis (Entzündung am Herzen), toxisches Schocksyndrom (TSS) und Sepsis.
U
Wichtig zu wissen: Die Schleimhautflora im Nasen-Rachen-Raum und somit auch die umgebende Hautflora sind nicht selten mit pathogenen Erreger umgeben. Zum Beispiel sind 20 –
40 % der Erwachsenen im Nasenvorhof mit Staphylococcus aureus und 20 % im Oropharynx
mit Streptococus pyogenes besiedelt, ohne dass irgendwelche Symptome vorhanden sind.
S
Abstriche von Staphylococcus aureus erscheinen mikroskopisch als haufenförmig gelagerte
grampositive Kokken.
Magen-Darminfektionen
E
T
MRSA = Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus
Als MRSA (gleichbedeutend wie ORSA) bezeichnet man Staphylococcus-aureus-Stämme, die
gegen alle bisher marktverfügbaren Antibiotika (z. B. Penicillin) resistent sind. In Kliniken
und Pflegeeinrichtungen spielen MRSA als Verursacher von nosokomialen Infektionen eine
wichtige Rolle
R
Escheria coli
Das Bakterium Escherichia coli (Kolibakterium) ist ein gramnegatives, säurebildendes, stäbchenförmiges Bakterium mit Geisseln. Es gehört zum Stamm der Enterobakterien und kommt
in der Darmflora von Mensch und Tier vor. Mit weniger als einem Prozent macht das Escherichia coli im Verhältnis zu den anderen Bakterien der Darmflora einen geringen Anteil aus.
Es kann jedoch auch zum Krankheitserreger werden. Gelangen E.-coli-Bakterien aus dem
eigenen Darm in andere Körperbereiche, kann es zu Infektionen kommen: Eine falsche
Toilettenhygiene etwa kann insbesondere bei Frauen eine Harnwegsinfektion auslösen.
*Hinweis: detaillierte Informationen dazu finden Sie im nächsten Kapitel «Harnwegsinfektionen»!
Bestimmte E.-coli-Stämme produzieren zudem Toxine, die beim Menschen zu Durchfallerkrankungen führen, wenn sie oral (z. B. durch fäkal kontaminierte Nahrung) aufgenommen
werden.
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Bakterien
53
Lehrkraftausgabe
Bakterien
In der Trinkwasser- und Lebensmittelkontrolle dient die Anzahl von E.-coli-Bakterien als
Hinweis auf fäkale Verunreinigungen. Man spricht bei Escherichia coli deshalb auch von einem
Indikatorkeim.
U
M
Salmonella enteritidis
Salmonellen sind gramnegative Stäbchen und gehören zu den obligat pathogenen Enterobakterien. Somit kommt es bei einer Infektion mit Salmonella enteritidis immer zu einer
Erkrankung - im Gegensatz zu manchen E. coli-Arten. Eine Ansteckung mit der Bakterienart
Salmonella enteritidis führt zu einer Infektion des Dünndarms. In der medizinischen Terminologie spricht man von einer Salmonellen-Gastroenteritis. Diese äussert sich durch einen
plötzlich einsetzenden Brech-Durchfall, oft begleitet mit leichtem Fieber. Meist halten die
Symptome mehrere Tage lang an. Mehr Beschwerden zeigen Patient, welche sich mit Salmonella typhi (Typhus) oder Salmonella paratyphi (Paratyphus) anstecken. Der Beginn der
Krankheit ist schleichend: mit Fieber, Kopf-, Glieder- und Bauchschmerzen, Mattigkeit,
Verstopfung sowie Gewichtsabnahme. In den ersten drei Wochen steigt das Fieber, in der
vierten Woche erreicht die Körpertemperatur wieder den normalen Wert. Typisch für diese
Salmonellen-Erkrankungen sind ausserdem folgende Anzeichen:
Gelb-grau belegte Zunge
Bradykardie (Langsamer Herzschlag)
Geschwollene Milz
Hautausschlag auf dem Bauch (Roseolen)
S
•
•
•
•
•
Erbsenbreiartiger Stuhl und Verstopfung im Wechsel
E
T
Abwehrstarke Menschen können sich auch unbemerkt mit Salmonellen anstecken. Sie bleiben
dann entweder beschwerdefrei oder verspüren nur leichte Symptome wie geringe Verdauungsprobleme. Man spricht in diesem Fall von einer stillen Infektion.
Staphylokokkus aureus
Besonders häufig findet man diese grampositiven Kokken auf eiweissreichen Nahrungsmitteln
wie Milchprodukte, Speiseeis, Konditoreiwaren.
R
Die Symptome bei einer oralen «Vergiftung» mit Staphylokokkus aureus sind ähnlich der einer
Salmonellenvergiftung. In der Regel brechen die Krankheitssymptome nach Genuss von
kontaminierten Nahrungsmitteln, nach ca. 3 - 6 Stunden aus, schneller als bei einer Salmonellenansteckung. Normalerweise tritt im Gegensatz zur Salmonellenvergiftung auch kein
Fieber auf. Die Beschwerden klingen auch rascher als bei einer Salmonellenvergiftung wieder
ab. Normalerweis 3 - 5 Stunden nach Symptomausbruch, spätestens nach einem Tag.
Clostridium botulinum
Clostridium botulinum ist ein anärobes, grampositives, sporenbildendes Bakterium, das ein
starkes Neurotoxin, das Botulinumtoxin, produziert.
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Infektionskrankheit
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Lehrkraftausgabe
Infektionskrankheit
Die Lebensmittelvergiftungen durch Clostridium botulinum Bakterien sind die seltensten aber
tödlichsten. Das Bakterium selbst kann nur unter Luftabschluss (anärob) existieren. Clostridium botulinum ist wie Clostridium tetani ein so genanntes Bodenbakterium. Der Erreger
kommt in einer Vielzahl von Typen und Stämmen vor. Die Sporen von Clostridium botulinum
sind sehr widerstandsfähig und hitzebeständig. Sie können daher in unzureichend erhitzten
Lebensmitteln überleben – vor allem in Konserven. Eine Reaktivierung der Sporen ist auch
nach Jahrzehnten noch möglich. Heutzutage ist es bei gekauften Lebensmitteln normalerweise nicht mehr zu finden. Da Konserven ausreichend sterilisiert werden, so dass eventuell
vorhandene Sporen des Bakteriums abgetötet werden.
M
U
Die vom Clostridium botulinum ausgeschiedenen Toxine = Neurotoxine (auch bekannt als
Botox = BTX-A ) gehören zu den potentesten aller bekannten Toxinen.
Bei der oralen Aufnahme von Clostridium botulinum aus kontaminierter Konserven kann zu
einer schweren Nahrungsmittelvergiftung, dem so genannten Botulismus kommen. Dabei
zeigen sich die gleichen tödlichen Symptome wie bei einer Tetanus-Erkrankung.
S
Helicobacter pylori
Helicobacter pylori ist ein gramnegatives, begeisseltes Stäbchenbakterium, welches den
menschlichen Magen besiedelt. Erworben wird das Bakterium meist im Kindesalter durch eine
oral—oral oder fäkal–orale Infektion. Europaweit sind ca. 40 % der Bevölkerung mit dem
Bakterium infiziert, aber nicht jeder der befallenen erkrankt daran und hat Beschwerden!
E
T
Das Bakterium bildet zum Schutz vor der aggressiven Magensäure ein Enzym (Urease),
welches den Harnstoff in ein basisches Ammoniak umwandelt. Dadurch wird das saure MagenMilieu neutralisiert und der Keim kann überleben. Das Ammoniak, und weitere vom Bakterium
gebildete Toxine, schädigen die Magenschleimhaut und können eine Gastritis (Magenschleimhautentzündung) hervorrufen.
R
Wegen den Entzündungsprozessen produzieren die Magen-Schleimhautzellen vermehrt
Magensäure, was schlussendlich zu einem Ulcus (Magengeschwür) führen kann. Die überproduziere Magensäure kann ebenfalls die Schleimhaut des Zwölffingerdarmes angreifen und dort
ein Geschwür hervorrufen. Eine chronische Schädigung der Magenschleimhaut kann im
schlimmsten Fall zu einem Magenkarzinom führen.
Nicht jede Infektion mit dem H. pylori ruft jedoch Beschwerden hervor!
Im akuten Stadium finden sich typische Magen-Darm-Beschwerden wie: Übelkeit, Erbrechen
und Schmerzen in der Magengegend.
Diagnostisch lässt sich eine Infektion nachweisen durch:
• Einen Bluttest
• Einen Stuhltest
• Einen Atemtest
• Eine Endoskopie mit Biopsie
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Bakterien
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Lehrkraftausgabe
Bakterien
Bei einer akuten Magenschleimhautentzündung wird der Patient mit der sogenannten Eradikationstherapie (auch Tripeltherapie genannt) behandelt. Sie setzt sich zusammen aus zwei
Antibiotika und einem Protonenpumpenhemmer.
M
Borrelia burgdorferi
Borrelien burgdorferi sind begeisselte, schraubenförmige (Spirochäten) und gramnegative
Bakterien. Sie werden durch einen Zeckenstich auf den Menschen übertragen und führen zur
Lyme-Borreliose. Eine Erkrankung äussert sich oft, aber nicht zwingend, durch einen lokalen
Hautausschlag um die Einstichstelle (sogenanntes Erythema migrans oder auch Wanderröte).
Der Ausschlag dehnt sich wären Tagen bis Wochen ring- oder flächenförmig aus und
verschwindet von alleine wieder. Was aber nicht bedeutet, dass der Patient geheilt ist!
U
Wird die Borreliose nicht behandelt, können die Erreger Gewebe oder Organe wie: Gelenke,
Nerven, Hirnhäute, Herz, Augen oder Haut befallen. Was sich nach Monaten durch grippeähnliche Symptome bemerkbar machen kann. Nach weiteren Monaten oder Jahren kann sich eine
Lyme-Arthritis einstellen. Hierbei handelt es sich um eine schubweise oder chronisch
verlaufende Gelenksentzündung.
S
Eine Diagnose kann mittels eines klinischen Krankheitsbildes (Hautausschlag) oder laborchemisch gesichert werden.
Harnwegsinfektionen = HWI
R
E
T
Zur Behandlung wird eine Antibiotika-Therapie eingesetzt. Mit der Therapie sollte so schnell
als möglich begonnen werden, damit sich die Erreger nicht auf andere Organe ausbreiten
können.
Gegen die Lyme-Borreliose steht kein Impfstoff zur Verfügung!
Prophylaxe: Beim Aufenthalt im Wald, in Parkanlagen oder Gärten sollten möglichst
geschlossene Schuhe sowie lange, glatte und helle Hosen getragen werden. Zur Vorbeugung
eines Stiches sind im Handel Sprays erhältlich, welche Zecken fernhalten. Nach dem Besuch
eines Risikogebietes wird der Körper auf einen möglichen Zeckenbefall untersucht und
gegebenen Falls die Zecke schnellstmöglich entfernt.
Blasenentzündung
Schuld an einer akuten Zystitis sind Bakterien, welche die sterile Blase besiedeln. Meist ist
das gramnegative, stäbchenförmige, uropathogene Bakterium Escherichia coli Verursacher des
Infektes. In der Regel handelt es sich um einen Infekt der über die Harnröhre erfolgt. Man
spricht in diesem Fall von einer aufsteigenden Infektion.
Zu den Risikofaktoren, die zu einem HWI führen können, gehören: die genetische Veranlagung, Geschlechtsverkehr, eine verzögerte Blasenentleerung nach dem Geschlechtsverkehr,
seltene (wenige) Blasenentleerungen durch den Tag, die Verwendung von Diaphragmen resp.
56
Infektionskrankheit
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Lehrkraftausgabe
Infektionskrankheit
Spermiziden oder Katheter sowie anatomische Besonderheiten respektive Grundkrankheiten
wie: Immunschwäche, Diabetes mellitus, Harnsteine, Östrogenmangel oder Schwangerschaft.
Bei Frauen zählen akute, «unkomplizierte» Blasenentzündungen zu den häufigsten Infektionskrankheiten. Als «unkompliziert» respektive «einfach» werden Blasenentzündungen
bezeichnet, wenn der Harntrakt funktionell und strukturell normal ist und keine Grundkrankheiten vorliegen, welche die Infektion begünstigen.
M
Bei einer akuten Zystitis kommt es zu Symptomen wie:
• Häufige, schmerzhafte und erschwerte Harnentleerung
• Starker Harndrang
• Unterbauchschmerzen: Schmerzen oberhalb des Schambeins
• Trüber, übelriechender, evtl. blutiger Urin
U
Im Urin sind Bakterien und Leukozyten nachweisbar. Meist verläuft eine «einfache» Zystitis
ohne Fieber und ohne Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes. In diesem Fall wird
empfohlen, viel Flüssigkeit zu sich zu nehmen (mindestens 2 Liter täglich), um die Wasserausscheidung zu erhöhen und so die Bakterien auszuwaschen. Die Infektion heilt so innerhalb von Tagen bis Wochen auch spontan ohne Behandlung ab. Etwa 20 % der Frauen, die
einmal eine Blasenentzündung hatten, können innert einiger Monate wieder an einer
erkranken.
S
Vorsicht: Gilt nicht für Patienten mit Herzschwäche - grosse Trinkmengen können bei ihnen
Atemnot auslösen.
E
T
Steigt der Infekt weiter auf, das heisst, die Bakterien gelangen über die Harnleiter ins
Nierenbecken, kommt es zu einer Pyelonephritis (Nierenbeckenentzündung).
Eine Nierenbeckenentzündung kann unterschiedlich verlaufen. Klassische Anzeichen für eine
unkomplizierte akute Pyelonephritis sind:
R
• Plötzliches schweres Krankheitsgefühl
•Appetitlosigkeit
• Fieber mit evtl. Schüttelfrost
• Schmerzen in der Nierengegend (Flanken) einseitig oder beidseitig
• Starker Harndrang
• Häufige, schmerzhafte und erschwerte Harnentleerung
Die chronische Pyelonephritis verläuft schubweise und über eine lange Zeit ohne Symptome
verlaufen. Nach einiger Zeit ist jedoch bei einer chronischen Nierenbeckenentzündung die
Nierenfunktion beeinträchtigt, was im Extremfall bis hin zur Niereninsuffizienz reichen kann.
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Bakterien
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Lehrkraftausgabe
Bakterien
Möglichen Anzeichen für eine chronische Pyelonephritis sind:
• Stark reduzierter Allgemeinzustand
•Rückenschmerzen
•Magen-Darm-Beschwerden
•Gewichtsabnahme
•Anämie
•Bluthochdruck
M
Infektionen der oberen Luftwege (Respirationssystems)
U
Streptococcus pyogenes
Das grampositive Bakterium Streptococcus pyogenes (A-Streptokokken*) wird vor allem durch
Tröpfcheninfektion oder Schmierinfektion übertragen.
A-Streptokokken sind häufig als Bestandteil der Rachenschleimhaut zu finden, ohne dass sie
zwangsläufig zu Erkrankungen führen müssen: Gemäss Schätzungen sind circa 10 bis 20
Prozent aller Kinder Keimträger. Sie tragen das Streptococcus pyogenes als Teil ihrer Haut- und
Schleimhautflora und können die Erreger übertragen, ohne dass bei ihnen selbst zur Erkrankung kommt.
S
* Als A-Streptokokken bezeichnet man grampositive, unbewegliche Kettenkokken, die anaerob wachsen.
E
T
A-Streptokokken können durch verletzte Haut und Schleimhaut in den Körper eintreten. Nach
einer Inkubationszeit von etwa ein bis drei Tagen können verschiedene Krankheiten
auftreten:
•Hautinfektionen
• Rachenentzündung (Pharyngitis)
• Nasennebenhöhlenentzündung (Sinusitis)
• Mittelohrentzündung (Otitis media)
• Mandelentzündung (Tonsillitis)
•Scharlach
• Blutvergiftung (Sepsis)
R
Bordetella pertussis
Keuchhusten (Pertussis) ist eine hochansteckende und zum Teil tödlich endende Infektionskrankheit der Atemwege. Verursacht wird der Keuchhusten von Bakterien der Gattung
Bordetella pertussis. Die gramnegativen Stäbchen werden über die Luft übertragen (Tröpfcheninfektion) und gelangen so auf die Schleimhäute des Rachens und der Bronchien.
Die Inkubationszeit beträgt eine bis drei Wochen. Die Krankheit selbst kann Wochen bis
Monate andauern. Neugeborene und Säuglinge sind besonders gefährdet. Mädchen werden
häufiger befallen, als Jungen. Die meisten Todesfälle, die auf den Keuchhusten zurückgehen,
betreffen Erkrankungen im ersten Lebensjahr.
Eine überstandene Erkrankung führt nicht zu einer lebenslangen Immunität. Sie kann jedoch
zwischen 10 bis 20 Jahre anhalten. Daher erkranken Kinder häufiger an Keuchhusten.
58
Infektionskrankheit
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Lehrkraftausgabe
Infektionskrankheit
U
M
Charakteristisch für eine Pertussis-Infektion sind die typischen Hustenanfälle. Die Erkrankung beginnt jedoch meist untypisch mit Niesen, Schnupfen und Heiserkeit. Zudem können
leichtes Fieber und eine Rötung der Bindehäute auftreten. Dieses Stadium wird Stadium
catarrhale genannt und dauert etwa 1 bis 2 Wochen an.
Erst nach 2 Wochen treten die typischen Hustenanfälle auf. An das Stadium catarrhale
schliesst sich das Stadium convulsivum an. Die Hustenattachen äussert sich in 15 bis 20
heftigen «stakkatoartigen» Hustenstössen und schliessen mit einem hörbaren keuchenden
Einatmen ab. Die Hustenanfälle wiederholen sich, bis ein zäher glasiger Schleim herausgewürgt wird. Nicht selten kann es dabei auch zu Erbrechen kommen.
Atemnot bis hin zu Erstickungsanfällen lösen grosse Angst aus.
Beachtet werden sollte, dass bei älteren Kindern, und auch bei Erwachsenen Infektionen mit
den verwandten Bakterium Bordetella parapertussis oder Bordetella bronchiseptica
vorkommen. Die Infektionen verlaufen ähnlich. Die Symptome sind aber nicht so schwer. Oft
zeigt sich auch nicht das typische Krankheitsbild, sondern ein chronischer Husten.
R
E
T
S
Pneumokokken
Pneumokokken Streptococcus pneumoniae sind grampositive Bakterien, besiedeln den NasenRachen-Raum und können verschiedene Erkrankungen verursachen. Dazu gehören Otitis
media (Mittelohrentzündung), Pneumonie (Lungenentzündung), Sepsis (Blutvergiftung) und
Meningitis (Hirnhautentzündung).
Die Übertragung von Mensch zu Mensch verläuft über Tröpfcheninfektion. Zum Ausbruch der
Krankheit kann es, teilweise auch lange nach der eigentlichen Ansteckung, kommen, wenn
die Immunabwehr vermindert ist.
In der Schweiz kommt es pro Jahr zu etwa 1000 schweren Pneumokokken-Erkrankungen,
meist Lungenentzündungen, seltener Blutvergiftungen oder Hirnhautentzündungen. Sie
treten in den Wintermonaten häufiger auf als im Sommer. Hauptsächlich betroffen sind
Kinder unter zwei Jahren, bei denen ein Pneumokokken-Infekt die häufigste Ursache für eine
akute bakterielle Hirnhautentzündungen darstellt sowie Personen über 65 Jahren. Insgesamt
sterben jährlich gegen 100 Erkrankte, von denen rund 80 % über 65 Jahren alt sind.
Zur Vorbeugung gegen schwere Pneumokokken-Erkrankungen steht eine Impfung zur Verfügung. Sie wird Risikopersonen z. B. nach Splenektomie (operative Entfernung der Milz), mit
Immunschwäche, mit chronischer Herz-, Lungen- oder Nierenerkrankung, mit Leberzirrhose,
mit Innenohrimplantat etc. und, als ergänzende Impfung, allen gesunden Kindern unter fünf
Jahren empfohlen.
*Hinweis für Interessierte: Mehr Information zur Pneumokokken-Infektion finden Sie über diese Homepage!
http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/00682/00684/01097/?lang=de
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Bakterien
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Lehrkraftausgabe
Viren
2.5
HI-Virus
Viren
Epstein Barr Virus
Influenza Virus
Hepatits Virus
M
1883 setzte der deutsche Forscher Adolf Mayer den Grundstein für die Entdeckung der Viren. Adolf Mayer
untersuchte eine Krankheit an der Tabakpflanze. Er vermutete, dass Bakterien das Leiden der Pflanzen
verursachten.
U
1935 gelang es dem US-Amerikaner Wendell M. Stanley nach mehr als 50 Jahren weltweiter, anstrengender Suche, das infektiöse Partikel, das Tabakmosaikvirus, zu isolieren.
1898 beschrieben die beiden deutschen Wissenschaftler Friedrich Loeffler (Mediziner, Hygieniker und
Bakteriologe) und Paul Frosch (Bakteriologe und Virologe) als Erste einen Virus, den Erreger der Maulund Klauenseuche.
S
E
T
Ob Aids, Sars oder Schweinegrippe – Viruskrankheiten machen den Menschen Angst.
Viren sind darauf programmiert, ihr Erbgut in Zellen von Mensch, Tier, Pflanzen oder Bakterien einzuschleusen, damit sie sich vermehren können. Kann das Lebewesen (der Körper) die
Eindringlinge abwehren, suchen sich die Viren einen neuen Wirt. Viren mutieren und verändern sich stetig. Lebewesen können darauf reagieren, indem sie neue Abwehrmechanismen
entwickeln – die Viren jedoch werden immer einen Schritt voraus sein!
*Hinweis für Interessierte: Mehr Information zu den Viren finden Sie über diese Homepage!
https://www.planet-wissen.de/natur_technik/mikroorganismen/viren/index.jsp
Definition Viren / das Virus
R
Definition Viren /
das Virus
Viren (lat. Gift, Schleim, Gestank) sind Zellparasiten die einfach aufgebaut sind. Sie bestehen
aus einem Genom, welches je nach Virustyp aus einer doppelsträngigen oder einer einzelsträngigen Nukleinsäure in Form von DNA oder RNA besteht und mit einem Mantel aus
verschiedenen Proteinen, einem Kapsid umhüllt sind. Manche Viren besitzen zusätzlich noch
eine Hülle aus einer Lipiddoppelmembran.
Viren besitzen keinen eigenen Stoffwechsel. Daher ist umstritten, ob Viren zu den Lebewesen
zählen. Gemäss Definition können Lebewesen ohne fremde Hilfe überleben und fruchtbare
Nachkommen zeugen. Viren müssen Zellen befallen, ansonsten können sie sich nicht
vermehren. Viren sind somit auf die Lebensenergie anderer angewiesen.
60
Infektionskrankheit
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Lehrkraftausgabe
Infektionskrankheit
Aufgabe 2.5.1
a) Beschriften Sie den Aufbau eines Virus.
b) Wie funktionieren Viren? Schauen Sie sich dazu das Video auf oben genannter Homepage an.
U
M
E
T
S
R
Grösse
Viren sind zwischen 10 bis 350 nm (Nanometer) klein.
Viren sind somit kleiner als die kleinsten zellulären Mikroorganismen, das bedeute, dass
Bakterien ca. 100-mal grösser als Viren sind.
Als Vergleich: Zu den grössten Vieren zählen die Pockenviren (Poxviridae), sie können bei
ihrer rechteckigen bis ovalen Form eine Größe von 200 bis 400 nm erreiche. Die Bakteriophagen befallen mit ihrer Grösse von ca. 200 nm sogar Bakterienzellen und die kleinsten
Viren, das Parvovirus, befällt Erythrozyten (Durchmesser: etwa 7,5 μm) von Menschen,
Säugetieren und Vögeln.
Lebensraum
Als Virion (Plural Viria, Virionen oder Virions) oder selten auch Viron wird ein einzelnes
Viruspartikel bezeichnet, das sich ausserhalb einer Zelle befindet.
Viren findet man beim Tier genauso wie beim Menschen. Auch Pflanzen, Pilze, Algen,
Parasiten, Bakterien*, überhaupt alle Arten von Lebewesen, lassen sich von Viren infizieren.
Ein davon ausgehende Krankheit ist dabei eher die Ausnahme. Manche Viren sind ständige
Begleiter ihrer Wirtsorganismen und bleiben dabei meist unbemerkt. Das friedliche Zusam-
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Lebensraum
Viren
61
Lehrkraftausgabe
Viren
menleben kann jedoch durch ein zweitweises Ungleichgewicht zwischen den vorhandenen
Viren und den Abwehrkräften des infizierten Organismus aus dem Gleichgewicht geraten.
Wie lange ein Virus ausserhalb seines Wirts, z. B. auf Oberflächen überleben kann, hängt von
der Virus-Art, der Temperatur und der Luftfeuchte ab. Erkältungsviren beispielsweise bleiben
auf glatten Oberflächen bis zu zwei Tage ansteckend. Das Norovirus hat eine extreme Widerstandskraft. Auf einem Teppich konnten Noroviren nachgewiesener Massen zwölf Tage überleben und zudem halten sie mühelos Temperaturen zwischen minus 20° und plus 60° C aus.
M
*Bakteriophagen, auch Phagen genannt, sind Viren, die sich ausschliesslich in Bakterien
vermehren können.
Vermehrung
U
Vermehrung
Damit eine Infektion beginnen kann, muss das Virus auf eine Zelle treffen, die:
1. empfänglich ist = das Eindringen des Virus erlaubt und
2. permissiv ist = die Virusvermehrung unterstützt
E
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S
Ziel eines Virus ist es, seine Erbinformation in die Wirtszelle zu übertragen und diese dazu zu
bringen, die eingeschleuste Erbinformation zu übernehmen und zu kopieren.
Ist also eine Körperzelle infiziert und das Erbgut durch das Virus verändert, fängt die Wirtzelle mit der Produktion vieler neuer Viren an. Diese verlassen die Wirtszelle auf verschiedenen Wegen, um an einer anderen Zelle anzudoggen, um sich so weiter zu vermehren. Auch
der befallene Organismus wird verlassen, um Wirtszellen anderer Individuen zu infizieren.
Unterlaufen den Körperzellen während der Virenproduktion «Fehler», dann können Viren
entstehen, die eine andere Oberflächenstruktur besitzen, als die ihrer Vorgänger. Man spricht
in diesem Fall von Mutationen. Manche Fehler stellen für die Virusvermehrung einen Nachteil
dar und die mutierten Viren können sich in der Viruspopulation nicht weiter halten. Manche
sind neutral und der Zufall entscheidet, ob sie bestehen bleiben. Einige Mutationen sind
sogar von Vorteil, weil sie das Virus besser an den Wirt anpassen.
R
Eine Virusinfektion lässt sich in sechs Phasen unterscheiden:
1. Adsorption, das Anheften des Virus an passende Proteine auf der Zelloberfläche der
Wirtszelle.
2. Penetration, das Eindringen des Virus durch die Zellmembran hindurch.
3. Uncoating, die Befreiung des Virus-Genoms von der schützenden Hülle und dem
Capsid.
4. Biosynthese, Ausführung der Instruktionen des Virus-Genoms durch die Wirtszelle,
damit neue Virusproteine und neue Virus-Genome entstehen.
5. Zusammenbau, das selbsttätige Zusammenfügen der Virusbestandteile zu neuen
Viruspartikeln.
6. Freisetzung, durch:
• Lyse = Auflösung der Zelle oder
• Knospung = das Ausschleusen von Viruspartikeln ohne Zellzerstörung
62
Infektionskrankheit
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Lehrkraftausgabe
Infektionskrankheit
Aus einem einzigen Viruspartikel können so in einem Zyklus von etwa 12 Stunden Tausende
von Nachkommen-Viren produziert werden.
Um die Gefahr einer Pandemie zu verringern, sind heute viele Viruskrankheiten meldepflichtig. Breitet sich eine Infektion seuchenartig aus, greifen die Schutzmechanismen
staatlicher Einrichtungen, die infizierte Person (Name, Vorname, Geburtsdatum, Wohnort)
muss beim Kantonsarzt oder beim Gesundheitsdepartement gemeldet werden.
U
M
Aufgabe 2.5.2
Beschriften Sie den Kreislauf: vom Viren-Befall über die Reproduktion bis hin zur Freisetzung
der neuen Viren.
R
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S
Virenattacken versetzen Körper in Alarmbereitschaft, das körpereigene Abwehrsystem wird
aktiv. Hat der Körper die Infektion überstanden, ist er künftig immun gegen diese Art von
Viren: Seine Abwehr hat Gedächtniszellen gebildet, die den Feind fortan wiedererkennen. Aus
diesem Grund erkrankt ein Mensch nur einmal in seinem Leben an Krankheiten wie Mumps
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Viren
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Lehrkraftausgabe
Viren
und Masern. Die Medizin nutzt diesen Mechanismus, in Form von Impfungen: Wird einem
Patienten ein Impfstoff mit abgeschwächte Viren injiziert, kann dieser so die eigenen
Abwehrkräfte entwickeln, ohne dass die Krankheit ausbricht = aktive Immunisierung. Infiziert sich der Geimpfte später mit dem richtigen Erreger, kann das Immunsystem unmittelbar
reagieren.
Aussehen /
Differenzierung
M
Aussehen / Differenzierung
Die genetische Information hat somit eine von zwei möglichen Formen und deshalb kann
man die Viren in
• DNA-Viren und
•RNA-Viren
einteilen.
U
Diese DNA- respektive RNA-Moleküle sind geschützt durch eine Proteinhülle. Wobei hier
zwischen den
• Viren mit einer doppelten Hülle (Lipidhülle und Kapsid) = behüllte Viren und
• Viren mit einer einfachen Hülle (Kapsid) = unbehüllte Viren unterschieden wird.
R
E
T
S
Behüllte Viren
Die Lipidhülle der «behüllten» Viren stammt von der Wirtszelle in die je nach Virus sogenannte Spikes eingebettet sind. Diese Hülle spielt einerseits eine grosse Rolle für die
Beständigkeit des Virus gegenüber Umwelteinflüssen und andererseits wird durch diese die
Entdeckung des Virus durch das Immunsystem erschwert.
Behüllte Viren rufen vorwiegend chronische oder latente (unsichtbare / unerkannte) Infektionskrankheiten hervor wie z. B. AIDS, chronische Hepatitis B, C, D oder Herpes. Diese Art
Viren sind jedoch labil (anfällig / schwach) und durch austrocknen oder chemische Substanzen wie z. B. Seife leicht zerstörbar. Deshalb werden umhüllte Viren meist durch Tröpfcheninfektion übertragen. Manche Viren können über diesen Weg eine zyklische Allgemein-
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Infektionskrankheit
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Lehrkraftausgabe
Infektionskrankheit
infektion erzeugen. Zum Beispiel Kinderkrankheiten wie: Masern, Mumps, Röteln, Drei-TageFieber, Windpocken.
M
Unbehüllte Viren
Bei «unbehüllten» Viren bildet das Kapsid die äusserste Schicht des Virus und ist damit für
die Anheftung und das Eindringen in die Wirtszelle verantwortlich.
Hüllenlose Viren sind sehr umweltstabil und resistent sowohl vor Austrocknung als auch
gegenüber Desinfektionsmittel. Hüllenlose Viren werden deshalb leicht per Kontaktinfektion
bzw. Schmierinfektion übertragen und infizieren den Darm. Durch unbehüllte Viren verursachte Infektionskrankheiten bleiben nicht chronisch.
Das Kapsid eines Virus kann entweder die Form
• eines Stäbchens (=helikale Form) z. B. Tabakmosaikvirus oder
• die Form des Ikosaeders (20-Flächer) z. B. Herpes Virus oder Bakteriophage
besitzen.
U
E
T
S
R
Retroviren:
Retroviren sind behüllte Viren, welche nur ein einstrangiges RNA-Genom haben. Wenn ein
Retrovirus die Wirtzelle befällt, schreibt das Virus mit Hilfe eines Enzyms seine RNA in DNAStränge um. Somit passt es sein Genom dem der Wirtszelle an. Die neu entstandene VirenDNA wird anschliessend in das Genom der Wirtszelle eingebaut. Das Virus hat die DNA der
Wirtszelle so verändert, dass diese neue Retroviren produziert. Die veränderte Wirts-DNA wird
bei der Zellteilung an die Tochterzelle weitergegeben. Zu den humanpathogenen Retroviren
zählt z. B. das HI-Virus.
Die starke Mutationsfreudigkeit der Retroviren erschwert die Therapiemöglichkeiten.
Gutartige Viren
Gutartige Viren
Zu Unrecht assoziieren wir das Wort «Virus» mit Negativem, Bösem, mit Krankheiten. Viren
können auch von Nutzen sein, etwa bei der Therapie von Krebspatienten oder Fische in der
Fischzucht respektive in der Meeresbiologie. Manche Viren befallen jene Bakterien, die etwa
Hummer besiedeln. Werden die Hummer mit den entsprechenden Viren geimpft, müssen die
Zuchttiere nicht mehr mit Antibiotika behandelt werden, die verabreichten Viren töten die
unerwünschten Bakterien ab. Andere Meeresviren schützen vor einer Algenplage.
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Viren
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Lehrkraftausgabe
Viren
Pathogene Viren
Da Viren keinen eigenen Stoffwechsel und auch keine Zellwand besitzen, sind Antibiotika bei
der Therapie von viralen Infekten machtlos. Somit beschränkt sich die Behandlung oftmals
auf eine Therapie, die zwar nicht die Viren selbst bekämpft, aber die Symptome der Krankheit
lindert. Den Rest muss die körpereigene Abwehr dann allein erledigen.
Virostatika
U
M
Behandlungsmöglichkeit
Allerdings gibt es Mittel, die Viren in ihrer Vermehrung hemmen. Virostatika sind Medikamente, die mit unterschiedlichen Mechanismen die Vermehrung von Viren hemmen. Virostatika haben unterschiedliche Angriffspunkte in den Vermehrungsstadien eines Virus. Manche
Medikamente verhindern das Andocken oder das Eindringen des Virus in die Wirtszelle.
Andere wiederum stören die Herstellung und Zusammensetzung des Erbguts oder der Hülle.
Virostatika werden auf Grund ihrer Nebenwirkungen nur dann eingesetzt, wenn das menschliche Immunsystem nicht in der Lage ist, den Virus alleine zu bekämpfen. Da die meisten
Viren mutieren können, kann es zu einer Resistenz der Viren gegenüber dem Virostatikum
kommen. Eine Ausnahme sind Medikamente, welche lokal, auf der Haut zur Anwendung
kommen, (wie z. B. bei «Fieberbläschen».
Leider ist das Medikament, das nur Viren und nicht körpereigene Zellen abtötet, noch nicht
«erfunden» worden.
S
Prophylaxe
Viralen Infekten vorbeugen – allgemeine Prophylaxe
E
T
Die allgemeinen prophylaktischen Massnahmen sind bereits im Kapitel der Bakterien
beschrieben!
1. Beachten eines guten Allgemeinzustandes (AZ) durch gesunde Lebensführung
2. Im Alltag die allgemein bekannte Hygienemassnahmen beachten und konsequent anwenden
3. Im Arbeitsalltag die Hygienevorschriften beachten und konsequent umsetzen
R
Viralen Infekten vorbeugen – Impfschutz
Mit Schutzimpfungen können virale Erkrankungen vermieden oder zumindest den Krankheitsverlauf deutlich abgemildert werden. Ein Impfstoff enthält entweder abgeschwächte Krankheitserreger = aktive Immunisierung oder nur harmlose Teile des Erregers = passive Immunisierung. Bei beiden Impfarten erkennt das Immunsystem die fremden Strukturen und bildet
Antikörper dagegen. Wenn nach der Impfung die gleiche Erregerart in den Körper gelangt,
kann der Eindringling in der Regel schnell unschädlich gemacht werden.
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Infektionskrankheit
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Lehrkraftausgabe
Infektionskrankheit
Vorsicht!
Die hier aufgeführten prophylaktischen Massnahmen zu den Noroviren, gelten genauso für
die, im selben Ausmass hoch ansteckenden, Rotaviren und Adenoviren!
Besondere Vorsichtsmassnahmen sind im Umgang mit Norovirus-infizierten Patienten zu
treffen.
Schon die unglaublich winzige Zahl von zehn bis 100 Erregern reicht, um einem Menschen
infizieren. Wer sich die Viren einfängt, wird binnen zwölf bis 18 Stunden krank und kann,
wenn er selbst längst wieder gesund ist, noch wochenlang Erreger ausscheiden.
M
Am grössten ist die Ansteckungsgefahr, wenn ein Familienmitglied am Norovirus erkrankt.
Kann der Betroffene für sich allein sorgen, sollten seine Angehörigen den Kontakt mit ihm
meiden. Nach Möglichkeit sollten ihm ein eigenes Bad und Zimmer zugestanden werden.
U
Kommt die erkrankte Person, beispielsweise ein Kind, nicht allein zurecht, sollte nur ein
Familienmitglied seine Betreuung übernehmen und bei der Pfleg Mundschutz und Handschuhe tragen. Das Risiko einer Ansteckung kann dadurch gesenkt werden. Wer den
Kranken pflegt sollte nicht zugleich das Essen für die Familie zubereiten. Die Gefahr, dass
winzige Erregermengen in die Speisen gelangen, ist sehr gross.
S
Kinder oder betagte Familienmitglieder sollten die erkrankte Person nicht besuchen. Sie
stecken sich besonders leicht an und eine Infektion kann für sie schwerwiegende Folgen
haben.
E
T
Wer selbst erkrankt ist oder einen Erkrankten versorgt, sollte seine Hände regelmässig
gründlich mit Seife waschen. Man sollte sich dabei ruhig Zeit nehmen. Ratsam ist, die
Hände mit Wegwerftüchern zu trocknen oder für jedes Familienmitglied ein eigenes
Händehandtuch bereit legen.
R
Alles, womit der Kranke oder seine Ausscheidungen in Berührung gekommen sind, muss
gründlich gereinigt werden. Dabei sollten Gummihandschuhe getragen und Wegwerftücher
verwendet werden. Auch Türklinken, Wasserhähne und Lichtschalter müssen einer gründlichen Reinigung unterzogen werden. Zur Reinigung reichen die im Handel erhältlichen
Putzmittel völlig aus, Desinfektionsmittel sind im Privathaushalt nicht unbedingt nötig.
Wer sie dennoch verwenden möchte, sollte darauf achten, dass sie auch speziell gegen
Viren wirken.
Noroviren können Temperaturen bis 60 Grad überstehen. Damit ist der 60-Grad-Waschgang
nicht hundertprozentig sicher, zumal längst nicht jede Waschmaschine diese Temperatur
tatsächlich erreicht. Sicherer ist, den Kochwaschgang zu benützen. Ist dies nicht möglich,
sollte die Wäsche des Erkrankten getrennt von anderen Textilien bei 60 Grad gewaschen
werden.
Achtung:
Achtung: Desinfektionsmittel sind kein Ersatz für das Händewaschen!
Forscher haben gezeigt, dass Wasser und Seife ein wirksamerer Schutz gegen Noroviren
sind, als die Desinfektion.
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Viren
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Lehrkraftausgabe
Viren
Pathogene Viren: Typen und Folgeerkrankungen
Aufgabe 2.5.3
a) Lesen und bearbeiten Sie den nachfolgenden Text
b) Fassen Sie die hier beschriebenen Virentypen tabellarisch zusammen. Sie finden hierzu
eine entsprechende Word-Vorlage auf www.mympa.ch
c) Ergänzen Sie Ihr Tabelle mit Bildern. Fügen Sie möglichst zu jedem Virus ein entsprechendes Bild ein.
M
Beispiel
Lokalisation, Übertragung
Erkrankungen
Beispiel
Noroviren
Magen-Darm-Trakt
Sie werden von
Person zu Person,
über die Luft, kontaminierte Gegenstände, Wasser und
Nahrungsmittel übertragen.
Magen-Darm-Erkrankung mit starken
Durchfällen und
schwallartigem,
heftigem Erbrechen.
U
Viraler Erreger
Bild
S
Folgende Bakterien-Typen sind beschrieben:
Ziel: Sie wissen für welche Erkrankung(en) das entsprechende Virus verantwortlich ist.
R
E
T
•Noroviren
•Rotaviren
•Rhinoviren,
•Coronaviren,
>> SARS-assoziierte-Coronaviren
•Adenoviren,
•Enteroviren
>> Polioviren
>> Coxsackie-Viren
•Influenza
•FSME-Virus
•HI-Virus
Magen-Darminfektionen
Meist verursacht durch eine Schmierinfektion befallen die Viren den Magen-Darm-Trakt. Als
Gastroenteritis (Magendarmentzündung) wird die Entzündung der Schleimhäute des Magens
und des Dünndarms bezeichnet, die üblicherweise mit Brechdurchfall einhergeht.
Sehr häufig sind bei Erwachsenen Noroviren und bei Kindern Rotaviren die Ursache einer
Magen-Darm-Grippe.
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Infektionskrankheit
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Lehrkraftausgabe
Infektionskrankheit
Noroviren
Noroviren sind RNA-Viren. Erstmals wurden sie 1972 entdeckt. Die Viren sind weit verbreitet
und schuld an einem Grossteil von akuten Magen-Darm-Infektionen bei Kindern 30 % und bis
zu 50 % bei Erwachsenen. Sie werden von Person zu Person, über die Luft, kontaminierte
Gegenstände, Wasser und Nahrungsmittel übertragen. Deshalb kommt es oft zu Epidemien in
Gemeinschaftseinrichtungen wie Heimen und Spitälern.
U
M
Noroviren haben eine Inkubationszeit von ca. 10 – 50 Stunden und verursachen ganz plötzlich eine akute Magen-Darm-Erkrankung. Die durch starke Durchfälle und – vor allem bei
Kindern – schwallartiges, heftiges Erbrechen gekennzeichnet ist. Beides führt in kurzer Zeit
zu einem erheblichen Flüssigkeitsverlust. In der Regel besteht ein ausgeprägtes Krankheitsgefühl mit Bauchschmerzen, Übelkeit, Kopfschmerzen, Muskelschmerzen und Mattigkeit. Die
Körpertemperatur kann leicht erhöht sein, meist kommt es jedoch nicht zu hohem Fieber. Die
Beschwerden dauern etwa 12 – 48 Stunden.
S
Rotaviren
Rotaviren sind RNA-Viren, die durch eine Schmierinfektion, fäkal-oral übertragen wird und
hochansteckend ist. Eine Infektion mit Rotaviren führt vorwiegend bei Kindern zu einer
Magen-Darm-Grippe mit Fieber, Erbrechen und schwerem Durchfall. Die Erkrankung ist sehr
häufig, kann über eine Woche anhalten und einen schweren Verlauf nehmen. Fast jedes Kind
macht die Erkrankung einmal durch und wird dagegen immun.
E
T
Enterovirus
Enteroviren sind unbehüllte RNA-Viren. Sie sind säurestabil und kommen weltweit bei
Menschen, Nagern, Schweinen, Rindern und verschiedenen Affenarten vor. Sie sind Krankheitserreger des Magen-Darm-Trakts.
Es gibt verschiedene Arten von Enteroviren, die eine Vielzahl von Krankheiten auslösen
können: Polioviren, Coxsackie-Viren, Echoviren, Hepatitis-A-Virus, Humane Enteroviren. Einige
dieser Viren befallen die Luftwege und führen zu grippeähnlichen Symptomen.
R
Infektion der oberen Luftwege (Respirationssystems)
Meist verursacht durch eine Tröpfcheninfektion befallen die Viren die Schleimhäute,
vermehren sich dort und zerstören dabei die oberste Zellschicht. Dadurch kommt es zum
Anschwellen der Schleimhaut, die Nase verstopft, der Hals schmerzt. Es entsteht eine
Entzündung (Rhinitis) wobei vermehrt Schleim gebildet wird und die Nase läuft. Kopf- und
Gliederschmerzen, auch Fieber können auftreten. Hat der Körper sich auf die Erkältungsviren
eingestellt, kann er sie gut bekämpfen. Nach einer Woche ist der Infekt meist ausgestanden.
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Viren
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Lehrkraftausgabe
Viren
M
Zu der Vielzahl von Virusarten, die grippale Infekte hervorrufen können, gehören zum
Beispiel die:
•Rhinoviren
•Coronaviren
>> SARS-assoziierte-Coronaviren
•Adenoviren
•Enteroviren
>> Polioviren
>> Coxsackie-Viren
•Influenza
U
Rhinovirus
Das Rhinovirus ist ein RNA-Virus. Die Inkubationszeit beträgt maximal vier Tage.
Rhinoviren findet man auf jedem Kontinent. Sie werden durch Tröpfcheninfektion oder
Schmierinfektion von Mensch zu Mensch übertragen.
S
Durch die zytolytischen (zellzerstörenden) Eigenschaften der Rhinoviren treten innerhalb von
48 h nach Infektion lokale Zerstörungen des Epithels im Nasen- und Rachenbereiche auf,
wobei es in der Regel nicht zu ausgeprägteren Nekrosen kommt. Bei immungeschwächten
Patienten kann das Virus in die tieferen Atemwege eindringen und zu einer Bronchitis oder
Bronchopneumonie führen.
E
T
Coronavirus
Das Coronaviren ist ein RNA-Viren, das sowohl Menschen wie auch Tiere infiziert. Die Familie
der Coronaviren ist in mehrere Unterfamilien und Gattungen aufgeteilt. Coronaviren treten
weltweit auf und werden meist über Tröpfcheninfektion übertragen. Zahlreiche Vertreter sind
unter Fledermäusen endemisch und gehen von ihnen als Zoonose auf andere Tierarten oder
auf den Menschen über.
Die Inkubationszeit ist abhängig vom jeweiligen Virustyp. Die Infektion führt häufig zu einer
Rhinitis, mit Husten, Kopfschmerzen und Fieber.
R
SARS-assoziiertes-Coronavirus[
Das Schwere Akute Respiratorische Syndrom, kurz SARS, ist eine durch Betacoronaviren
ausgelöste Infektionskrankheit, die sich unter dem klinischen Bild einer atypischen Lungenentzündung (atypische Pneumonie) präsentiert.
SARS wurde erstmals im November 2002 in der chinesischen Provinz Guangdong beobachtet.
Es wird angenommen, dass der Erreger beim Handel mit wildlebenden Tieren erstmals auf den
Menschen übertragen wurde. SARS kann jedoch auch von Mensch zu Mensch übertragen
werden. Es ist davon auszugehen, dass das SARS-assoziierte Corona-Virus oder ähnliche
Corona-Viren in verschiedenen wildlebenden Tieren Südostasiens weiterhin vorkommen.
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Infektionskrankheit
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Lehrkraftausgabe
Infektionskrankheit
Daher kann nicht ausgeschlossen werden, dass solche Viren eines Tages wieder vom Tier auf
den Menschen übertragen werden und eine neue Epidemie auslösen.
Adenovirus
Adenoviren sind DNA-haltige Viren mit weltweiter Verbreitung. Bisher wurden mehr als 80 Adenoviren klassifiziert, die zur Familie Adenoviridae gehören und wovon 47 humanpathogen sind.
M
Die Übertragung der Adenoviren erfolgt über Tröpfcheninfektion sowie fäkal-oral. Da sich die
Adenoviren nur schwer durch Desinfektionsmittel inaktivieren lassen, besteht immer die
Gefahr einer nosokomialen Infektion. Die Inkubationszeit beträgt fünf bis acht Tage.
U
Adenoviren verursachen hauptsächlich Erkrankungen der Atemwege. Die Symptome der
Atemwegserkrankung durch Adenoviren reichen von der einfachen Erkältung über die akute
Bronchitis bis zur Pneumonie. Bei Patienten mit geschwächtem Immunsystem besteht eine
besondere Anfälligkeit für ernsthafte Komplikationen. Abhängig vom jeweiligen Typ können
eine Reihe anderer Erkrankungen hervorgerufen werden, so beispielsweise Gastroenteritis,
Keratokonjunktivitis , Zystitis, Rhinitis, Pharyngitis oder Durchfälle.
S
Poliovirus
Das Poliovirus gehört zu den Enteroviren und ist somit ein unbehülltes RNA-Virus.
Polioviren sind Auslöser grippaler Infekte, unter Umständen mit ZNS-Beteiligung. Die
bekannteste von ihnen verursachte Krankheit ist die Poliomyelitis = Kinderlähmung.
E
T
Coxsackie-Virus
Das Coxsackie-Virus gehört ebenfalls zu den Enteroviren und ist somit ein unbehülltes RNAVirus. Coxsackie-Viren verursachen grippale Infekte, Angina oder Rhinitis (Schnupfen). Selten
treten Infektionen des ZNS, Respirationstrakts und Herzmuskels (Myokard) auf. Ausserdem
sind sie die Erreger der überwiegend bei Kindern auftretenden Hand-Fuss-Mundkrankheit.
Influenza
Influenzaviren gehören zur Familie Orthomyxoviridae, sind RNA-Viren und führen zur Influenza = echten Grippe. Es werden drei verschiedene Influenza-Typen unterschieden
R
Die Viren der Influenza sind hartnäckiger und rufen, im Gegensatz zu den «Schnupfen-Viren»
schwerwiegendere Symptome hervor. Typisch für die echte Grippe ist ein heftiger und plötzlicher Beginn, plötzliches hohes Fieber, starken Husten und massive Schwäche. Es dauert
länger, bis man sich vollständig erholt. Influenza kann auch tödlich enden. Da das Immunsystem durch den Virus-Infekt bereits geschwächt ist, kommt oftmals ein bakterieller Infekt
dazu = Sekundärinfekt. Dabei kann es zusätzlich z. B. zu einer bakteriellen Mandelentzündung, Lungenentzündung, Vereiterung der Nebenhöhlen oder Scharlach kommen.
Die Inkubationszeit von Influenza beträgt wenige Stunden bis drei Tage. Schon während
dieser Zeit (also sofort nach der Ansteckung mit dem Grippevirus, aber bevor die ersten
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Viren
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Lehrkraftausgabe
Viren
Grippe-Symptome auftreten) sind die Betroffenen ansteckend. Nach dem Ausbruch der Grippe
besteht die Ansteckungsgefahr dann noch etwa drei bis fünf Tage weiter.
*Hinweis für Interessierte: Mehr Information zu den Viren finden Sie über diese Homepage!
https://www.planet-wissen.de/natur_technik/mikroorganismen/viren/grippeviren.jsp
M
Aufgabe 2.5.4
Recherchieren Sie im Internet nach den drei Influenzatypen.
a) Wie werden die drei Typen bezeichnet?
b) Wie unterscheiden Sie sich bezüglich Krankheitsverlauf?
Typ
Verlauf / Klinik
Influenza-A-Viren
führen unter den Influenza-Viren zu den meisten Ster-
U
Pandemien auslösen und sind durch schwere Krankheitsverläufe gekennzeichnet.
können sich schnell verbreiten, sie rufen aber in der
S
Influenza-B-Viren
befällen. Sie können grosse Grippeepidemien bis hin zu
Regel nur leichte bis mittelschwere Erkrankungen
hervor.
E
T
Influenza-C-Viren
Verursacht meist keinen Infekt und wenn doch, dann
verläuft dieser in der Regel harmlos.
R
Die A- und B-Viren haben kleine «Spikes» aus Glykoproteinen an ihrer Oberfläche. Vor allem
eines dieser Proteine, das Hämagglutinin (HA), verändert sich andauernd. Zwar nur ganz
geringfügig, trotzdem sorgt es so für Mutationen des Virus. Gegen solch ein mutiertes Virus
ist die menschliche Abwehr oft machtlos. Deshalb muss sich das Immunsystem immer wieder
anpassen und auch die Impfstoffe müssen immer wieder überprüft und angepasst werden.
FSME-Virus
Der FSME-Erreger wird durch Zecken übertragen und führt beim Menschen zur FrühsommerMeningo-Enzephalitis (FSME). Die Erkrankung äussert sich erst durch grippeähnliche Symptome. In der Regel klingen die Symptome nach ca. fünf Tagen ab. Bei einer Minderheit der
Betroffenen kommt es nach einem symptomfreien Intervall zum Befall der Organe, hauptsächlich des zentralen Nervensystems (Meningitis, Enzephalitis, Myelitis). Zusätzlich zu den
allgemeinen Schutzmassnahmen vor Zeckenstichen existiert gegen die FSME eine Schutzimpfung.
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Infektionskrankheit
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Lehrkraftausgabe
Infektionskrankheit
Herpesvieren
Die Herpesviren sind «DNA-Viren», verfügen über einen Hüllenmembran und eine kubische
Form. Herpesviren haben einen ähnlichen strukturellen Aufbau und trotzdem rufen sie sehr
unterschiedliche Erkrankungen hervor. Eingeteilt werden die Herpesvieren in die drei
Gruppen: Alphavirinae, Betavirinae, Gammavirinae.
U
M
Alphavirinae
In diese Gruppe gehören:
•Das Herpes-simplex-Virus: Es verursacht kleine Bläschen im Gesicht, an Lippen,
Mundschleimhaut und Augen. Herpes simplex kann in den Nervenzellen respektive
in den Fortsätzen der Nervenzelle (Nervenaxonen) persistieren = verbleiben und zu
einem späteren Zeitpunkt reaktiviert werden.
•Das Varizella-Zoster-Virus verursacht Windpocken (Spitze Blattern, Wilde Blattern), ist sehr ansteckend und verbreitet sich durch Tröpfcheninfektion. Auch dieser
Virus kann in den Nervenzellen persistieren und z. B. bei einem abwehrgeschwächten Organismus als Gürtelrose (Herpes zoster) wieder ausbrechen.
E
T
S
Betavirinae
In diese Gruppe gehört unter anderem das Zytomegalie-Virus (CMV) = Humanes Herpesvirus
5 (HHV 5). Das CMV kommt auf der ganzen Welt vor und wird durch Tröpfcheninfektion oder
Schleimschmierinfektion übertragen. Die Übertragungsarten erfolgen: über Speichel, Blut,
Muttermilch, Samenflüssigkeit und Zervixsekret. Zudem ist eine Infektion über Blutkonserven
oder Gewebetransplantate möglich. Das Zytomegalievirus befällt vorwiegend die Epithlzellen
der Speicheldrüsen und bleibt nach der Infektion lebenslang im Körper nachweisbar.
R
Die Erstinfektion (Primärinfektion) mit CMV verläuft meist unauffällig, das heisst, ohne
Symptome, sofern das Immunsystem der Betroffene nicht geschwächt ist. Kommt es zur
Erkrankung, ähnelnd der Verlauf einer Mononukleose (dem Pfeifferschen Drüsenfieber), mit
Symptomen wie: Fieber und Lymphknotenschwellung, Kopf- und Gliederschmerzen. Selten
kommt es zur Leberentzündung (Hepatitis) und/oder Nervenentzündung. Für den immungeschwächten Patienten wie z. B. AIDS-, Leukämie-, Tumorpatienten oder Transplantierte,
kann die Erkrankung schwerwiegend verlaufen.
Gammavirinae
Dazu gehört unter anderem das Epstein-Barr-Virus = Humanes Herpesvirus 4 (HH4), ein
doppelsträngiges DNA-Virus. Das EBV ist der Erreger des Pfeifferschen Drüsenfiebers (infektiöse Mononukleose = IM).
Das EBV kommt auf der ganzen Welt vor und wird hauptsächlich bei engem Kontakt durch
Speichel übertragen. Bei Kleinkindern erfolgt die Übertragung als Schmierinfektion von den
Eltern, Geschwistern oder Spielkameraden, bei jungen Erwachsenen typischerweise durch
Küssen. Die Verbreitung des Virus ist entsprechend hoch: Mit dem Ende des 40. Lebensjahres
haben ca. 95 – 98 % aller Menschen eine Infektion mit EBV durchlebt. Wie alle Herpesviren
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Viren
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Lehrkraftausgabe
Viren
kann auch das Epstein-Barr-Virus nach einer Infektion lebenslang in infizierten Wirtszellen
überleben und reaktiviert werden.
U
M
Symptome
Bei einer EBV-Infektion kommt es nicht immer zu Symptomen. Vor allem bei Kindern verläuft
die Primärinfektion völlig unbemerkt. Mit dem Älterwerden nehmen die Symptome zu. Die
Schwere und Dauer der Erkrankung sind sehr unterschiedlich ausgeprägt. Die Krankheit
entwickelt sich meistens langsam und zeigt zunächst eher milde Symptome. Je weiter die
Krankheit fortschreitet, umso schwerwiegender werden bei vielen Patienten die Beschwerden.
Das Fieber steigt und kann 40 °C erreichen. Bei einem akuten Pfeifferschen Drüsenfieber
kommt es zudem zu geschwollenen Lymphknoten in der Hals-, Nacken-, Achsel- und Leistengegend, Kopfschmerzen, einer Mandelentzündung und einem allgemeinen Schwächegefühl.
Zudem können Nervosität, Schlafstörungen, erhöhte Leberwerte, eine vergrösserte Milz,
Depressionen, Muskel- und Gliederschmerzen, Angstgefühle und Bauchschmerzen auftreten.
Bei schwerwiegenderen Verläufen dauert insbesondere die Müdigkeit mehrere Monate lang
an. Bei chronischen Infektionen, bei denen das Virus phasenweise immer wieder aufflackert,
fühlen sich die Betroffenen jahrelang krank.
E
T
S
Hepatitis Viren
Es gibt fünf verschiedene Arten von Hepatitsviren, die mit den Buchstaben A bis E gekennzeichnet werden. Zwischen den Krankheiten, die durch diese fünf Virusarten ausgelöst
werden, gibt es grosse Unterschiede: bezüglich Übertragung, dem Krankheitsverlauf und der
Symptomatik. Eines aber haben die Hepatitisviren gemeinsam, sie befallen hauptsächlich die
Leber und verursachen dann eine Leberentzündung, eine sogenannte Hepatitis.
Hepatitis, wird im Volksmund auch Gelbsucht genannt und ist eine tückische Krankheit. Viele
Hepatitis-Infektionen verlaufen schleichend. Betroffene merken oft erst nach Jahren, dass
sie sich angesteckt haben. Doch dann ist die Leber häufig schon zerstört. Die akute Leberentzündung higegen kann plötzlich auftreten und rasch wieder verschwinden, oder aber
länger andauern und sich zu einer chronische Hepatitis entwickeln.
R
Symptome
Eine Hepatitis kann ganz unterschiedliche und unspezifische Symptome zeigen: Müdigkeit,
Leistungsschwäche, Appetitlosigkeit, Gelenkschmerzen, Unwohlsein, Übelkeit / Erbrechen,
Fieber, Gelbfärbung der Haut und Dunkelfärbung des Urins, Schmerzen im rechten Oberbauch
usw.
*Hinweis: Mehr Informationen zum Thema «Hepatitis» finden Sie hier!
http://www.planet-wissen.de/alltag_gesundheit/krankheiten/hepatitis/
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Infektionskrankheit
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Lehrkraftausgabe
Infektionskrankheit
Es werden fünf humanpathogene Viren unterschieden:
Hepatitis-BVirus
Hepatitis-CVirus
Hepatitis-DVirus
Hepatitis-EVirus
Das HAV ist ein
sehr hitzeresistentes Virus.
Das HBV ist ein
sehr widerstandsfähiges Virus.
Das HCV ist nicht
sehr widerstandsfähig und ist durch
Desinfektions- und
Lipidlösungsmittel
leicht zu inaktivieren.
Das HDV ist ein
inkomplettes RNAVirus. Eine HDVInfektion ist daher
nur bei gleichzeitiger HepatitisB-Virus-Infektion
möglich.
Das Hepatitis-EVirus ist weltweit
die wichtigste
Ursache für eine
enteral übertragene Non-A/NonB-Hepatitis.
Das HCV wird in
erster Linie durch
Blut übertragen,
selten erfolgt eine
sexuelle Übertragung.
Die Übertragungswege sind identisch mit jenen
des Hepatitis-BVirus. Das Virus
wird vor allem
durch Blut und
Blutprodukte
übertragen. Es ist
aber auch in
anderen Körperflüssigkeiten
nachweisbar, u. a.
in Sperma, Zervikalsekret, Tränenflüssigkeit und
Muttermilch.
Übertragung
erfolgt fäkal-oral.
M
Hepatitis-AVirus
Das HAV ist weit
verbreitet. Übertragung erfolgt
fäkal-oral.
U
Besonders
betroffen von der
HBV-Infektion
sind die Entwicklungsländer.
Etwa 5 bis 10%
der HBV-Infektionen verlaufen
chronisch.
Die HBV-Infektion
ist eine hoch
infektiöse Erkrankung, da sich sehr
hohe Viruskonzentrationen in minimalsten Blutspuren befinden.
Die Übertragung
geschieht heutzutage in den entwickelten Industriestaaten in den
meisten Fällen
durch ungeschützte Sexualkontakte oder bei
Drogengebrauch
durch verunreinigtes Drogenbesteck.
R
E
T
S
Die Hepatitis B
ist zurzeit die
wichtigste
Berufskrankheit
unter medizinisch
tätigem Personal.
Impfung
empfohlen!
Medizinischem
Personal wird die
hochwirksame
Impfung dringend
empfohlen!
Es gibt keine
Impfung!
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Wer gegen Hepatitis B geimpft ist,
ist damit gleichzeitig auch gegen
Hepatitis D
geschützt!
Ein Impfstoff
befindet sich in
klinischer Erprobung!
Viren
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Lehrkraftausgabe
Viren
HI-Virus
Das HI-Virus (humanes Immundefizienz-Virus) ist ein behülltes Virus und gehört zu den
Retroviren.
Das Virus ist gegenüber äusseren Einflüssen sehr empfindlich und daher im Vergleich zu
anderen Krankheiten schwerer übertragbar. Es wird weder beim Husten oder Niesen noch bei
Umarmungen oder beim Küssen übertragen.
M
Eine Übertragung des HI-Virus ist auf zwei Wege möglich:
• Eine infektiöse Körperflüssigkeit trifft auf entsprechende Schleimhäute oder direkt
in eine offene Wunde.
• Schleimhäute, welche HIV-aufnahmefähige und HIV-abgabefähige Zellen enthalten,
treffen aufeinander. Beispiel: Vaginalschleimhaut und Innenseite der Penisvorhaut
/ Darmschleimhaut
U
Zu den infektiösen Flüssigkeiten gehören:
• Blut (dazu gehört auch Menstruationsblut)
• Samenflüssigkeit, auch Präejakulat
•Scheidenflüssigkeit
• Flüssigkeiten auf Penis-, Darm- und Scheidenschleimhaut
•Muttermilch
S
E
T
HI-Viren befallen im Menschen die CD4-Lymphozyten (= Steuerzentrale des Immunsystems).
Die Viren integrieren ihre Erbinformationen in die Lymphozyten, stören ihre Funktion und
vermehren sich in ihnen. Die neu produzierten Viren befallen weitere CD4-Lymphozyten.
Durch das, teils fehlerhafte, Umschreiben der RNA in die DNA entstehen mutierte Viren. Kaum
hat sich unser Immunsystem auf den Virus eingestellt, hat dieser sich bereits wieder verändert und die vom Immunsystem hergestellten Antikörper sind wirkungslos. (Dies erschwert
die medikamentöse Therapie!) Die Zahl der Abwehrzellen (CD4-Lymphozyten) sinkt immer
tiefer, bis das Immunsystem nicht mehr ausreichend vor Infektionen schützen kann.
R
Die Infektion verläuft in verschiedenen Stadien. Von AIDS spricht man erst in der letzten
Phase. Zuvor wird ein Patient als HIV-positiv bezeichnet.
Akute HIV-Infektion / Primoinfektion
Nach einer Inkubationszeit von ca. drei bis sechs Wochen treten grippeähnliche Symptome
auf (Fieber, Müdigkeit, Hautausschläge, Lymphknotenvergrösserung, Rachenentzündung,
Muskel-, Kopf- und Gelenksschmerzen etc.). Nach wenigen Wochen klingt die akute Infektion
ab. Oft bleibt die HIV-Infektion unerkannt.
Während der Primoinfektion versucht das Immunsystem die HI-Viren zu bekämpfen. Der
Körper bildet Antikörper, welche nach drei bis zwölf Wochen im Blut nachweisbar sind.
76
Infektionskrankheit
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Infektionskrankheit
Latenzphase / symptomfreies Stadium
Sie dauert oft mehrere Jahre und beinhaltet keine gravierenden Symptome. Die Infizierten
fühlen sich gesund könne aber durchaus andere Personen anstecken. Es kommt zu einer
zunehmenden Abwehrschwäche (abfallende CD4 Lymphozyten).
M
Symptomatisches Stadium
Oft tritt anschliessend an die Latenzphase eine erste Erkrankung auf, welche auf ein mittelschwer geschwächtes Immunsystem zurückzuführen ist. Lymphknotenschwellungen und
Infektionskrankheiten (keine lebensbedrohlichen) treten auf. Diese Phase dauert Wochen bis
Jahre.
AIDS-Erkrankung
(Acquired Immuno Deficiency syndrome = «erworbenes Immunschwäche-Syndrom»
U
Durch den Immundefekt treten ganz bestimmte Krankheiten auf. Charakteristische Symptome
der AIDS-Erkrankung sind:
• Fieber, Nachtschweiss
• Husten, Atemnot
• Mundbrennen, Schluckbeschwerden
•Diarrhoe
• HIV-Kachexie-Syndrom (Kachexie = pathogener Gewichtsverlust)
•Hautveränderungen
•Nervenstörungen
E
T
S
Therapie / Prognose
Die Therapie zielt vorrangig darauf ab, den Ausbruch von AIDS so lange wie möglich hinauszuzögern. Dies erfolgt medikamentös durch eine sogenannte antiretrovirale Therapie.
Darunter versteht man eine Kombinationstherapie aus mindestens drei verschiedenen antiretroviralen Medikamenten, welche ein Leben lang eingenommen werden müssen. Bricht AIDS
einmal aus, müssen auch die Begleiterkrankungen (z. B. Pneumonie) behandelt werden.
R
In den Industrieländern hat sich durch neue Therapiemöglichkeiten die Lebenserwartung
deutlich erhöht. Die Phase der AIDS-Erkrankung lässt sich oft lange hinausschieben, aber
nicht verhindern. AIDS ist (noch) nicht heilbar!
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Viren
77
Lehrkraftausgabe
Pilze (Fungi, Mycetes)
Pilze (Fungi, Mycetes)
2.6
Pilze (Fungi, Mycetes)
Giesskannenschimmel
Hefepilz
Fadenpilz
Pinselschimmel
M
Pilze sind eukaryontische Lebewesen. Von den etwa 100`000 beschriebenen Pilzarten sind
beim Menschen nur etwa 180 krankheitserregend.
Definition
Definition
Grundsätzlich wird zwischen zwei Wachstumsformen unterschieden:
U
• Myzelpilz (Fadenpilzen) – alle Arten von Dermatophyten* und Schimmelpilzen
• Hefen (Sprosspilzen)
S
In der Medizin kann man hinsichtlich ihrer Morphologie grob drei Pilzformen unterscheiden:
E
T
• Sprosspilze (Hefen)
•Fadenpilze
• Dimorphe Pilze (kommen je nach Umweltbedingungen in der Faden- oder Sprosspilzform vor)
Bezüglich der Pilz-Infektionsarten wird nach dem DHS-Prinzip unterscheiden:
• D ermatophyten (Fadenpilze): Trichophyton, Microsporum
• H efen (Sprosspilze): Candida, Pityrosporum
• S chimmelpilze (Fadenpilze): Aspergillus
R
78
Infektionskrankheit
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Infektionskrankheit
Aufgabe 2.6.1
Beschriften Sie den Aufbau einer Pilzzelle
U
M
E
T
S
Lebensraum
Vermehrung durch Sporen bzw. Konidien
Die Fortpflanzung von Pilzen basiert auf der Bildung von Sporen. Pilze können sich ungeschlechtlich und geschlechtlich vermehren:
• anamorph = ungeschlechtlich: Eine Zelle verdoppeln ihr Erbmaterial und verteilen
es anschliessend auf zwei Zellen.
• telemorph = geschlechtlich: Zwei unterschiedliche Keimzellen (männlich u. weiblich) kommen zusammen und erzeugen eigenständige Nachkommen.
Vermehrung
R
Lebensraum / Risikofaktoren
Pilze sind ein natürlicher Bestandteil unserer Umwelt und in der Natur an der Zersetzung
organischen Stoffe beteiligt. Nebst den Bakterien leben auf der Haut des Menschen eine
Vielzahl von Pilzen, die ihm aber normalerweise nicht schaden. Sie siedeln in den oberen
Hautschichten und ernähren sich von abgestorbenen Hautzellen und von Schweiss. Einflüsse
wie Stress, ein geschwächtes Immunsystem, hormonale Umstellungen (z. B. Schwangerschaft), chronische Erkrankungen (z. B. Diabetes mellitus) oder die Einnahme von Antibiotika, können dazu führen, dass ansonsten harmlose Pilze Krankheiten auslösen, die die
Kopfhaut, die Scheide, den Magendarm-Trakt oder andere innere Organe befallen.
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Pilze (Fungi, Mycetes)
79
Lehrkraftausgabe
Pilze (Fungi, Mycetes)
Sporen, die bei der anamorphen Vermehrung entstehen, heissen Konidiosporen bzw. Konidien. Bei Spezies, von denen nur die anamorphe Form bekannt ist spricht man von Fungi
imperfecti. Dies trifft auf die meisten pathogenen Pilze zu.
Pilze, die sich telemorph fortpflanzen werden als Fungi perfecti bezeichnet.
Sprosswachstum
U
M
Myzelpilze
S
Aussehen / Differenzierung
E
T
Myzelpilze (Fadenpilze)
Fadenpilze bestehen aus fadenartigen Zellen, welche als Hyphen (Hyphe/Hyphen = Pilzzelle/
Pilzzellen) bezeichnet werden. Hyphen sind sich verzweigende, ineinander verschlungene
Zellfäden. Hyphen können septiert oder unseptiert sein. In der Mykologie sind septierte
Hyphen solche, die durch Querwände (Septen) unterteilt sind. Oft verschmelzen Hyphen von
Individuen derselben Art miteinander und erhöhen so den Verflechtungsgrad des Netzwerkes
noch stärker. Das gesamte Netzwerk nennt man Mycel oder Pilz-Kolonie.
a = Hyphe mit Verzweigungen
c = Mycel
R
80
Infektionskrankheit
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Infektionskrankheit
Hefen
Schimmelpilz
Schimmelpilze sind ein natürlicher Bestandteil unserer Umwelt und in der Natur sind sie ein
nützlicher Zersetzer von organischen Stoffen. Normalerweise sind sie harmlos. Als Schimmelpilze bezeichnet man eine heterogene Gruppe von Pilzen, welche ein Netzwerk von Hyphen
haben und daher als ein Organismus angesehen wird. Man spricht dabei auch von einer
Pilz-Kolonie oder von einem Myzel. Makroskopisch ist ein solches Schimmelpilz-Myzel oft
sichtbar als mehl- oder watteartiger, meist weisser, grünlicher, grauer oder andersfarbiger
Saum, der organische Substrate überzieht.
Schimmelpilz
U
M
Hefen = Sprosspilze
Die Zellen der Sprosspilze treten in ovaler Form als Blastospore auf. Ihre Vermehrung findet
durch Sprossung statt. Aus der Mutterzelle stülpt sich also ein Bereich der Zellwand aus. In
diese Knospe wandert eine Kopie des Zellkerns ein, um sich im weiteren Verlauf vollständig von
der Mutterzelle zu trennen. Unter günstigen Bedingungen können Sprosspilze Zellverbände
bilden, deren Einzelzellen jedoch nicht miteinander über Septen kommunizieren. Daher wird
eine solche Zellgemeinschaft in Analogie zu den Fadenpilzen als Pseudomyzel bezeichnet.
S
Wie gefährlich Mykotoxine = Aflatoxine (Pilzgifte) für Lebewesen sein können, wurde erstmals 1960 in
England deutlich, als ein aus Erdnüssen bestehendes Futtermittel für den Tod von fast 100.000 Zuchtputen
verantwortlich gemacht wurde. Erst nach diesem Vorfall beschäftigte sich auch die Humanmedizin mit den
Auswirkungen von Mykotoxine auf den menschlichen Organismus.
E
T
Lebensraum
Prinzipiell gilt: Schimmelpilze kommen überall dort vor, wo es feucht ist und organisches
Material vorhanden ist. Besonders gut gedeihen sie bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von
80 % und einer Temperatur von über 20° C.
Vermehrung
Zur Zeit der Forpflanzung sind Sporangien (Sporenträger) zu erkennen. Ihre Gestalt und ihr
Aussehen sind wichtige Unterscheidungsmerkmale zwischen den einzelnen Arten.
R
Abbildung 1:
Pinselschimmel = Penicillium
Abbildung 2:
Giesskannenschimmel = Aspergillus
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Pilze (Fungi, Mycetes)
81
Lehrkraftausgabe
Pilze (Fungi, Mycetes)
Die Vermehrungsphase dient der Bildung von Fortpflanzungszellen (Sporen). Ein Schimmelpilz kann innerhalb kurzer Zeit Millionen Sporen in die Luft abgeben. Es gibt männliche und
weibliche Sporen. Der sichtbare Schimmelpilz entsteht bei Lebensmitteln nur dann, wenn
eine männliche Spore, die ihr Fadengeflecht bereits in einem geeigneten Substrat (z. B. im
Gemüse, Obst, Brot, Aufstrich etc.) entwickelt hat, dort auf eine weibliche Spore trifft. Jetzt
kann daraus der sichtbare Schimmelpilz wachsen.
M
Sporen können in der Luft über weite Strecken schweben und mit dem Wind transportiert und
eingeatmet werden. Pilzsporen sind schwerer als Luft und sinken daher bei ruhiger Luft ab
und können so neue Substrate (Opfer) besiedeln. Schimmelpilzsporen können somit auf zwei
Arten Einfluss auf den menschlichen Körper nehmen:
U
• über die orale Aufnahme – Vergiftungen durch Mykotoxine, welche in der vegetativen Phase von den Hyphen gebildet werden
• über die inhalative Aufnahme - Allergien verursacht durch das Einatmen von Sporen
S
Wenn bereits geringe Konzentrationen an Schimmelpilzsporen über die Luft in die Atemwege
gelangen, werden beim Allergiker Substanzen freigesetzt, die zu einer übersteigerten
Abwehrreaktion = Allergie führen. Schimmelpilze können bei allergischen Personen zu
folgenden Krankheitssymptomen führen:
E
T
• Infektionen der oberen und der unteren Atemwege
•Husten
• Augenentzündungen (Augenjucken, Augentränen, gerötete und geschwollene
Augen)
• Im fortgeschrittenen Stadium: Asthma bronchiale
Der Schimmelbefall bleibt dem Auge vorerst verborgen. Im befallenen Lebensmittel aber
produzieren die Hyphen bereits Abbaustoffe respektive Giftstoffe, die Mykotoxine genannt
werden. Dabei gibt es Unzählige von unsichtbaren Toxinen, die für Menschen und Tiere
bereits in geringster Konzentration stark gesundheitsschädlich wirken. Mykotoxine können:
R
•
•
•
•
•
Krebs verursachen
das Zentralnervensystem schädigen
das Immunsystem schwächen
bei schwangeren Frauen Fehlbildungen beim ungeborenen Kind hervorrufen
Schäden an Leber, Herz und Nieren verursachen
Mykotoxine sind sehr stabil, das heisst, sie besitzen eine dicke Zellwand und sind so weder
durch starkes Erhitzen oder langes Kochen noch durch Einfrieren zerstörbar.
Schimmelsporen hingegen, nicht zu verwechseln mit den Bakteriensporen, stellen für die
Desinfektion keine Probleme dar.
82
Infektionskrankheit
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Lehrkraftausgabe
Infektionskrankheit
Gutartige Pilze
Gutartige Pilze
Aufgabe 2.6.2
Wo kommen Schimmelpilze in der Natur, Industrie und der Lebensmittelproduktion als Nützlinge vor?
• Waldboden oder Blumenerde
• Als Speisepilze: Steinpilz, Trüffel, Champignons, Pfifferlinge
M
• Hefe: als Backtreibmittel, in alkoholischen Getränken (Bier)
• Quorn (Myzel eines Schimmelpilzes) als Fleischersatz
• in Komposthaufen oder in Biotonnen
• als Edelschimmel auf Käse oder Salami
U
• Gewinnung und Herstellung von Arzneimitteln:
> Penicillin: Antibiotika, Breitspektrumantibiotika
> Griseofulvin: Antimykotikum, besitzt eine antibiotische Wirkung auf Dermatophyten
S
Mykosen
Mykosen
E
T
Weltweit zählen Mykosen zu den häufigsten Infektionskrankheiten.
Mykosen sind pilzbedingte Infektionskrankheiten wie zum Beispiel Fusspilz, Nagelpilz,
Scheidenpilz und Mundsoor. Die Infektionen können nach unterschiedlichen Kriterien eingeteilt werden. Wichtig ist die Abgrenzung oberflächlicher Hautmykosen, die bei allen
Menschen auftreten können, von der opportunistischen Pilzinfektion, die hauptsächlich bei
einem geschwächtem Immunsystem auftreten.
Pilzinfektionen werden nach verschiedenen Kriterien eingeteilt:
1. Endogene und Exogene Mykosen
Exogene (primäre) Mykosen werden durch
die Übertragung von Sporen pathogener Pilze
verursacht.
R
Endogene (opportunistische) Mykosen
entstehen, wenn das Gleichgewicht der natürlich auf und im Menschen vorkommenden
Pilze, z. B. durch Antibiotika oder ein
geschwächtes Immunsystem, verschoben wird.
2. Oberflächliche und systemische Mykosen
Oberflächliche Mykosen betreffen die Haut
und Schleimhäute, dazu zählen Dermatophytosen, Candidamykosen der Haut, des Mundes
und der Vagina sowie Pityriasis versicolor.
Endogene und Exogene
Mykosen
Bei systemischen Mykosen werden die
Sporen über das Blut verteilt und befallen
innere Organe. Systemische Mykosen werden
weiter in primäre (Pilzinfektion bei Gesunden)
und opportunistische Systemmykosen unterteilt.
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Oberflächliche und
systemische Mykosen
Pilze (Fungi, Mycetes)
83
Lehrkraftausgabe
Pilze (Fungi, Mycetes)
DHS-System
3. DHS-System nach Rieth
Es sind zahlreiche Pilze bekannt, die zu unterschiedlichen Krankheitsbildern führen können.
Medizinisch relevante Pilze werden unabhängig von ihrer mikrobiologischen Gattung in das
sog. DHS-System (Dermatophyten, Hefen und Schimmelpilze) eingeteilt:
Hefen
Schimmelpilze
Häufigkeit
70.5 %
24.4 %
5.1 %
Beispiele
Trichophyton
Mikrosporum
Epidermophyton
Candida
Cryptococcus
Malassezia
Aspergillus
Mucor
Fadenpilze
Führen zu oberflächlichen Pilzinfektionen
der Nägel, der Haut
und der Kopfhaut
Sprosspilze
Fadenpilze
Befallen vor allem die
Schleimhäute, aber
auch die Haut und die
inneren Organe
(systemische
Mykose).
Befallen vorwiegend
innere Organe, eher
seltener die Nägel
oder die Haut.
M
Dermatophyten
Eigenschaften
U
S
Übertragung
Hefepilze treten
vorwiegend bei
Personen mit Immunschwäche auf.
Schimmelpilze treten
nur bei Personen mit
Immunschwäche auf.
E
T
Übertragung
• Subkutane Mykosen
Die Pilze dieser Mykosen leben eigentlich im Boden oder auf absterbenden Pflanzen. Sie
können aber durch kleine Verletzungen der Haut in den Körper bzw. ins unter der Haut
liegende (subkutane) Bindegewebe eindringen. Dort siedeln sie und können sich weiter im
Körper ausbreiten. Subkutane Mykosen sind in tropischen und subtropischen Gebieten
verbreitet.
R
•Dermatophyten
Direkter Kontakt von Mensch zu Mensch oder Tier zu Mensch, Schmierinfektion via kontaminierte Gegenstände.
• Opportunistische Mykosen
Verschiebung des Gleichgewichts der körpereigenen Flora durch z. B. ein geschwächtes
Immunsystem.
84
Infektionskrankheit
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Lehrkraftausgabe
Infektionskrankheit
Diese Pilzerkrankungen betreffen vor allem die Haut und die Schleimhäute. Eine Erkrankung
entsteht dann, wenn bereits geschwächte Abwehrkräfte vorliegen. Opportunistische Mykosen
gehören zu den
endogenen
Infektionen.
Sie werden sowohl durch Hefen als auch durch Schimmelpilze verursacht.
> Erreger: z. B. Cryptococcus neoformans oder Schimmelpilze (Aspergillus, Mucor)
prädisponierend (begünstigend) wirken: • Behandlung mit Kortison-Präparaten
• Langandauernde Behandlung mit Antibiotika
• ____________________________________
• ____________________________________
M
U
• Systemische Pilzinfektionen
Entstehen meist durch das Einatmen von Sporen z. B. Aspergillen oder Cryptococcus
neoformans und betreffen daher als erstes die Lunge, bevor die Erreger via Blut oder
Lymphe im Körper verteilt werden und sich die Krankheit auf andere Organe ausdehnt.
S
Pilzinfektionen vorbeugen – allgemeine Prophylaxe
Prophylaxe
E
T
Einer Schwächung des Immunsystems vorbeugen durch:
• Genügend Schlaf
• Gesunde Ernährung, mit möglichst wenig Zucker- und Weizenprodukten
• Auf regelmässige körperliche Aktivität und frische Luft achten
• Hektik und Stress möglichst vermeiden
R
• Einer Schwächung des Immunsystems vorbeugen durch:
>> Genügend Schlaf
>> Gesunde Ernährung, mit möglichst wenig Zucker- und Weizenprodukten
>> Auf regelmässige körperliche Aktivität und frische Luft achten
>> Hektik und Stress möglichst vermeiden
• Auf eine gute allgemeine Hygiene achten: Gerade zur Vorbeugung von Haut-,
Fuss- und Nagelpilzen:
>> Regelmässig Waschen und Duschen mit einem milden, pH-neutralen Duschmittel
>> Auf sorgfältiges Abtrocknen, insbesondere auf die Sauberkeit und Trocknung der
Hautfalten achten
>> Bei Nagel- oder Fusspilz zuerst die Socken anziehen und danach die Unterhose.
So wird vermieden, dass die Pilze vom Fuss in die Leistengegend geschleppt
werden. Man spricht hier von einem «Fahrstuhleffekt».
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Pilze (Fungi, Mycetes)
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Lehrkraftausgabe
Pilze (Fungi, Mycetes)
M
• Auf die richtige Intim- und Toilettenhygiene achten:
>> Keine übermässige Intimhygiene
>> Keine agressiven oder parfümierten Seifen und Intimsprays verwenden.
>> Bei der Toilettenhygiene sollte zudem stets darauf geachtet werden, von vorne
nach hinten, keinesfalls umgekehrt, zu wischen.
>> Während der Periode keine luftdichten oder kunststoffbeschichteten Slipeinlagen verwenden.
>> Während der letzten Tage der Periode keine oder sehr kleine Tampons verwenden.
>> Keine eng anliegende, synthetische Kleidung und/oder Unterwäsche tragen.
>> Nach dem Baden die nassen Badesachen nicht am Körper trocknen lassen.
>> Unterwäsche täglich wechseln.
>> Mit Kondomen vor Pilzübertragungen schützen.
U
• Schimmelpilz vorbeugen:
>> Die Wohnung möglichst mit einer konstanten Temperatur von mindestens 20
Grad beheizen.
>> Ausreichend Lüften = 2-mal pro Tag für 10 Min.
>> Sofort lüften nach dem Kochen, Bügeln oder nach dem Duschen resp. Baden.
>> Die Luftfeuchtigkeit beachten, diese sollte 60 % nicht übersteigen.
>> Genügend Abstand (mind. 5 – 10 cm) zwischen Wand und Schränken resp.
Gardinen lassen.
>> Innentüren sollten zwischen unterschiedlich beheizten Räumen geschlossen
bleiben.
>> Klimaanlagen müssen regelmässig gewartet werden.
R
E
T
S
86
Infektionskrankheit
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Lehrkraftausgabe
Infektionskrankheit
Pathogene Pilze: Typen und Folgeerkrankungen
Pathogene Pilze
Nicht die Pilzinfektion ist die Ursache für ein geschwächtes Immunsystem – durch das
geschwächte Immunsystem kommt es zur Pilzinfektion!
M
Aufgabe 2.6.3
a) Lesen und bearbeiten Sie den nachfolgenden Text
b) Fassen Sie die hier beschriebenen Pilzerkrankungen tabellarisch zusammen. Sie finden
hierzu eine entsprechende Word-Vorlage auf www.mympa.ch
c) Ergänzen Sie Ihr Tabelle mit Bildern. Fügen Sie möglichst zu jeder Pilzart ein entsprechendes Bild ein.
Beispiel
U
Viraler Erreger
Lokalisation, Übertragung
Erkrankungen
Beispiel
Kutante Kandidose
Haut, Schleimhaut
Windel-Dermatitis
• Personen, die an
einer Zuckerkrankheit
leiden
• Personen, die HIVinfiziert sind usw.
S
Meist eine opportunistische Infektionen
Bild
Erkrankung(en)
E
T
Ziel: Sie wissen für welche Erkrankung(en) die entsprechende Pilzart verantwortlich ist
respektive Sie kennen die verschiedenen Pilzerkrankungen und können diese beschreiben.
R
Dermatophyten
Als Dermatophyten werden jene Fadenpilze bezeichnet, die eine spezifische Pilzinfektion der
Haut, die sogenannte Dermatophytose, auslösen. Es handelt sich um Parasiten, die sich in
den oberen Hautschichten einnisten und sich vom Hornstoff der abgestorbenen Hautzellen
ernähren. Die Folge ist eine Entzündungsreaktion der Haut, die je nach betroffenem Körperteil unterschiedliche Ausprägung hat.
Beispiele
• Tinea corporis = Hautmykose, kommt vor allem an den Füssen interdigital/plantar
(= Tinea pedis) vor
• Onychomykose (Tinea unguium) = Nagelpilz
• Tinea capitis = Haarmykose
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Pilze (Fungi, Mycetes)
87
Lehrkraftausgabe
Pilze (Fungi, Mycetes)
Es werden drei Aren von Dermatophyten unterschieden, welche eine Dermatophytose hervorrufen können. Bei den drei Arten handelt es ich um Fadenpilze (Hyphen).
•Trichophyton: befällt Haut, Nägel und Haare und kommt auch bei Haustieren vor.
•Microsporum: befällt Haut und Haare und kommt auch bei Haustieren vor.
• Epidermophyton floccosum: befällt Haut und Nägel.
Pathogene Hefepilze
M
U
Kutane Kandidose (Hefepilzerkrankungen)
Einige Hefenspezies können beim Menschen Krankheiten hervorrufen. Dabei handelt es sich
in der Regel um opportunistische Infektionen bei Patienten mit herabgesetzter Immunkompetenz. Hefepilze können im Prinzip alle Teile der Haut und der Schleimhäute befallen.
Besonders gut gedeiht der Pilz an feucht-warmen Stellen, etwa in Hautfalten (intertriginöse
Kandidose) oder im Genitalbereich (genitale Kandidose). Kandida-Infektionen sind oft als
endogene Infektionen zu betrachten.
S
Eher seltener entstehen Hefepilzinfektionen durch direkten Kontakt, zum Beispiel durch
Geschlechtsverkehr oder durch indirekten Kontakt, etwa beim Gebrauch eines gemeinsamen
Handtuchs übertragen werden.
Besonders betroffen von einer kutanen Kandidose sind:
E
T
• Kleinkinder mit einer Windel-Dermatitis
• Personen, die an Zuckerkrankheit oder einer anderen Stoffwechselkrankheit leiden
• Übergewichtige Personen (durch tiefere Hautfalten)
• Schwangere Frauen oder Frauen, die ein hormonelles Verhütungsmittel (z. B. Pille)
einnehmen
• Personen, die im Nassen arbeiten
• Personen, die HIV-infiziert sind oder andere Immundefekte haben
R
Zu den häufigsten Verursachern einer Kandidose zählen unter anderem:
• Cryptococcus neoformans
Cryptococcus neoformans kommen weltweit vor und ist der wichtigste Erreger einer
opportunistischen Infektion, die fast immer bei Patienten mit massiver Immunschwäche auftritt. Er wächst in der Erde und auf verschiedenen Gräser und Getreidearten. Der Pilz ist häufig im Kot verschiedener Vogelarten nachzuweisen. Unter
anderem auch im Kot von Stubenvögeln.
88
Infektionskrankheit
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Lehrkraftausgabe
Infektionskrankheit
Der Pilz dringt in Form von Staubpartikeln über die Atemwege in den menschlichen
Körper ein und kann bei Menschen mit einem geschwächten Immunsystem
(z. B. AIDS) zu Krankheiten führen wie:
>> Lungen-Mykosen
>> Haut-Mykosen
>> Meningo-Enzephalo-Mykose
>> Knochen-Mykosen
U
M
• Candida albicans
Candida albicans ist bei Warmblütern (Mensch und Tier) häufig auf der Haut, den
Schleimhäuten von Mund und Rachen und im Genitalbereich sowie im Verdauungstrakt zu finden – jedoch ohne Schaden zuzufügen. Gerät das Immunsystem des
Menschen jedoch aus dem Gleichgewicht und ist somit geschwächt, dann kommt es
zu einer Kandidose (Soor), die sich in einer Vielzahl von Krankheitssymptomen
äussern kann:
S
>> Allergien, Asthma
>> Verdauungsbeschwerden
>> Herzmuskelentzündung
>> Herz-Kreislauf-Beschwerden
>> Rheuma, Gicht, Arthritis
>> Sinusitis (Nasennebenhöhlenentzündung)
E
T
>> Gastritis
>> Migräne
>> Nierenprobleme
>> Müdigkeit, Stimmungsschwankungen etc.
Als Schmarotzer entzieht der Hefepilz Candida albicans seinem Wirt wichtige Nährstoffe, um
sich vermehren und ausbreiten zu können. Diese Nährstoffe fehlen dann dem Wirt-Organismus
und führen zu den mannigfaltigen Symptomen.
R
Auch Heisshunger-Attacken, besonders auf Süsses, sind oft auf den Candida albicans zurückzuführen, da dieser eine besonders Vorliebe für Zucker jeder Art und raffinierte Kohlenhydrate
hat. Diese ständigen Gelüste nach Süssem macht es vielen Betroffenen auch unmöglich
abzunehmen.
Der pathogene Candida Pilz breitet sich nicht nur unkontrolliert aus, sondern hat auch noch
die unangenehme Eigenschaft, seinen eroberten Bereich vehement zu verteidigen in dem er
schädliche Stoffwechselprodukte = Mykotoxinen freisetzt.
Diese Mykotoxine dienen dem Pilz gleich doppelt: Zum einen schwächen sie das Immunsystem des Wirt noch mehr und zum anderen halten sie damit ihre Konkurrenten, wie etwa
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Pilze (Fungi, Mycetes)
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Lehrkraftausgabe
Pilze (Fungi, Mycetes)
Bakterien oder Viren, fern. Dabei nützen die Hefepilze ihre Fähigkeit Alkohol zu produzieren
zu können und funktionier somit nach dem Prinzip der Desinfektionsmittel! Damit sichert
sich der Candida albicans seinen Lebensraum in unserem Körper.
M
Malassezia furfur
Malassezia gehört zu der Gattung der sogenannten Brandpilzen. Aufgrund der lipophilen
(fettliebenden) Eigenschaften des Pilzes, wächst er vor allem in der obersten Schicht der
Haut. Am wohlsten fühlen sich die Malassezia-Hefen auf der Kopfhaut und im Gesicht. Die
Besonderheit bei den Malassezia-Hefen ist, dass diese auf der Haut jedes Menschen und bei
einigen anderen Warmblütern (z. B. Hunden) vorhanden sind und somit grundsätzlich keine
schädliche Wirkung haben. Allerdings sind die Malassezia-Hefen schuld an einer Vielzahl von
Hauterkrankungen.
U
Gut vom Immunsystem geschützt, können die «Pilznester»
zu hyperkeratotischen Hautveränderungen (starker Verhornung) führen. Die Fähigkeit der Malassezia UV-Strahlung zu
absorbieren führt dazu, dass vom Pilz befallene Stellen nach
Sonneneinstrahlung keine Bräunung aufweisen und als
weisse, rundliche Flecken auffallen. Die Erkrankung durch
Malassezia-Hefen ist grundsätzlich nur ein kosmetisches
Problem für die betroffenen Personen.
E
T
S
Pathogene Schimmelpilze
R
Aspergillus
Aspergillus ist eine Gattung der Schimmelpilze. Aspergillus-Arten wachsen gerne auf natürlichen Materialien wie: Baumwollstoffen, auf Polstermöbeln und Schaumstoffmatratzen, Holz,
Papier und Tapeten. Auf Lebensmitteln wie: Früchten, Gemüse, in Mehl, Nüssen, Marmelade,
Brot, Heu und auch auf Tierkot. Im Badezimmer und in allen feuchten Ecken des Hauses
(z. B. Keller) sowie in feuchter Blumenerde besonders über Heizungen fühlen sie sich
besonders wohl.
Ihre Stoffwechselprodukte = Mykotoxine, können zu Lebensmittelvergiftungen führen. Bei
abwehrgeschwächten Menschen kann Aspergillus auch allergische Reaktionen auslösen oder
sogar Organe wie Lunge, Magen, Darm und das Nervensystem befallen.
Mucor
Mucor, auch Köpfchenschimmel genannt, gehört zur Gattung der Schimmelpilze. Es sind rund
40 Arten bekannt. Diese Art Schimmelpilz ernährt sich von totem organischem Material.
Mucor-Arten sind Verursacher der Mucormycosen. Durch Einatmen gelangt dieser Schimmelpilz in die Lunge, von wo er über das Blut zu anderen Organen gelangt. Später kann auch eine
Ausbreitung in das zentrale Nervensystem erfolgen. Eine Infektion findet im Regelfall nur bei
90
Infektionskrankheit
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Lehrkraftausgabe
Infektionskrankheit
stark abwehrgeschwächten Patienten (u. a. durch AIDS, Chemotherapie oder Knochenmarkstransplantation) statt, verläuft dort aber schnell fortschreitend und sehr häufig tödlich.
Behandlung
Antimykotika sind Arzneimittel zur Behandlung von Pilzinfektionen, wie etwa Fusspilz,
Nagelpilz oder Scheidenpilz. Antimykotika wirken:
Antimykotika
Aufgabe 2.6.4
Erklären Sie diese Begriffe
gegen Pilze wirkend
fungizid
pilztötend
fungistatisch
das Pilzwachstum hemmend
z. T. zusätzlich antibakteriell
gegen Bakterien wirkend
U
M
antimykotisch
Oberflächliche Mykosen werden wenn möglich äusserlich behandelt, in einigen Fällen ist aber
auch eine innerliche Behandlung notwendig.
E
T
S
Bei innerlichen Pilzinfektionen müssen in der Regel Antimykotika oral oder parenteral verabreicht werden. Zum Beispiel bei der Behandlung von Candida albicans. Nicht jedes Antimykotikum wirkt gegen jeden Pilz. Insbesondere, wenn das Medikament eingenommen werden
soll, sollte eine vorherige Bestimmung der Pilzart erfolgen. Das ist deshalb wichtig, weil die
Anwendung systemischer Antimykotika unter Umständen mit schwereren Nebenwirkungen
einhergehen kann.
Antimykotika sind Substanzen, die das Wachstum von Pilzen beeinflussen, indem sie in
unterschiedliche Mechanismen des Pilzwachtums eingreifen.
äussere (topische) Anwendung
Medikamente gelangen in den Blut-
•Salben
kreislauf:
•Tinkturen
•Tabletten
•Zäpfchen
•i. v. Injektionen
R
•Crème
innere (systemische) Anwendung
•Säfte
Wichtig:
Im Mittelpunkt der Darmpilz-Therapie steht immer die Ernährungsumstellung.
Eine systemische Anwendung von Antimykotika ist währender der Schwangerschaft und
Stillzeit, bei Allergien und Lebererkrankungen kontraindiziert.
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Pilze (Fungi, Mycetes)
91
Lehrkraftausgabe
Prionen
Prionen
2.7
Prionen
U
M
pathogene Prion-Form
PrPC
PrPC
S
Definition
normales Prion
E
T
Definition
Prionen stellen in ihrer Einfachheit alle bisher bekannten Krankheitserreger in den Schatten.
Sie besitzen weder Erbgut noch Stoffwechsel und können sich somit nicht selbst vermehren.
Bei Prionen handelt es sich um Proteine, die bei Mensch und Tier vorwiegend im Nervensystem vorkommen. Neben einer physiologischen Variante, gibt es die pathogene Variante
des Proteins. Hierbei handelt es sich nicht um Lebewesen, sondern um reine «infektiöse
Proteine» mit virusähnlichen Eigenschaften.
Grösse
Prionen besitzen eine Grösse von ca. 10-15 nm.
R
Prionen sind gegenüber Hitze (auch bei >100 °C), Chemikalien und vielen Desinfektionsmitteln resistent.
Funktion der physiologischen Variante
Prionen wurden erst 1982 entdeckt.
Die genaue Funktion der physiologisch vorkommenden Prionen ist noch nicht bekannt.
Forschungen gehen davon aus, dass diese Prionen die Funktion des Langzeitgedächtnisses
unterstützen, indem sie neuronale Verbindungen stabilisieren. Weitere, in Tierversuchen
92
Infektionskrankheit
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Infektionskrankheit
gewonnene Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass das körpereigene PrPc die hämatopoetischen Stammzellen (blutbildenden Stammzellen) vor Stress schützt und ihre Regenerationsfähigkeit erhält.
U
M
Funktion der pathogenen Variante
Infektiöse Prionen (PrPSc) unterscheiden sich von natürlich vorkommenden Formen lediglich
in ihrer Proteinfaltung. Sie sind in der Lage, normale Prionproteine (PrPc) in infektiöse
Prionen (PrPSc) umzuwandeln. Dies geschieht über eine Art Kettenreaktion: Durch die Anlagerung falsch gefalteter Prionproteine wird die Faltung körpereigener Prionproteine in eine
pathogene Form verändert, die wiederum weitere Proteine umformen kann.
E
T
S
Auftreten
R
Das Auftreten der Krankheit kann auf drei klassische und eine neue (variante) Arten
erfolgen, was unter allen Krankheiten einmalig ist:
1. Sporadisch: D. h. zufällig bzw. ohne erkennbare Ursache: Scheinbar normale Prionproteine
(PrPc) faltet sich «zufällig» in infektiöse Prionen (PrPSc ) um und löst dadurch die
Kettenreaktion aus. Mit steigendem Alter nimmt das Risiko, daran zu erkranken zu. Ein
Beispiel ist die klassische Form der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (sCJD).
2. Genetisch: Das Gen PRNP, welches das normale Prionprotein (PrPc) kodiert kann einen
Fehler enthalten, so dass ein für die Fehlfaltung anfälligeres Protein entsteht. Die Mutation wird auf die Kinder vererbt. Beispiele sind die familiäre Form der Creutzfeldt-JakobKrankheit (fCJD), das Gerstmann-Sträussler-Scheinker-Syndrom (GSS) und die fatale
familiäre Insomnie (FFI).
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Prionen
93
Lehrkraftausgabe
Prionen
U
M
3. Iagtrogen: durch Übertragung bzw. «Ansteckung» durch medizinische Eingriffe: Führt man
sich von aussen PrPSc zu, kann dies das eigene PrPc wiederum in PrPsc umwandeln. Eine
Ansteckung im alltäglichen Kontakt mit Patienten ist nicht möglich. Eine Übertragung
erfolgt, wenn stark PrPSc-haltiges Material, also z. B. Gehirn von kranken Tieren oder
Menschen direkt ins Gehirn gelangt (iCJD). So können z. B. im Rahmen von Operationen
am Gehirn, mit nicht ausreichend sterilisierten Instrumenten, versehentlich veränderte
Prionen ins Gehirn vom Gesunden gelangen.
Zur Inaktivierung solcher Erreger müssen qualitativ hochstehende Desinfektionsmittel
zum Einsatz kommen und die Sterilisation soll unter hohen Temperaturen erfolgen. (siehe
Kapitel Sterilisation, Prionen; Verordnung über die Prävention der Creutzfeldt-JakobKrankheit)
4. Neue Form (vCJD): Die Übertragung erfolgt durch den Verzehr von stark PrPSc-haltigem
Material. Ein Beispiel ist Kuru, eine Krankheit auf Papua-Neuguinea; Angehörige des
betroffenen Volksstamms assen bei kulturellen Riten das Gehirn von Verstorbenen und
nahmen damit hohe Mengen an PrPSc zu sich. Das bekannteste Beispiel ist aber sicherlich
BSE (Bovine spongiforme Enzephalopathie). Rinderbestandteile mit PrPsc wurden zu
Tiermehl verarbeitet und dieses verfüttert, wodurch sich immer mehr Kühe infizierten. In
geringerem Umfang könnten sich auch andere Tiere (Katzen, Zootiere) durch dieses Tiermehl infiziert haben. Schliesslich erkrankten besonders in Grossbritannien auch Menschen
aufgrund des Verzehrs von BSE-Kühen an einer neuen Form der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit.
E
T
S
BSE: Bovine Spongiforme Enzephalopathie (engl. «bovine spongiform encephalopathy»).
Rinderkrankheit, landläufig «Rinderwahnsinn» genannt. Schwammartige Hirnerkrankung, die
mit zentralnervösen Störungen einhergeht und tödlich endet. BSE trat 1985 erstmals in
Großbritannien auf und wird durch die infektiöse, fehlgefaltete Form eines körpereigenen
Proteins, dem Prion-Protein PrPSc, verursacht. Die Wissenschaft geht heute davon aus, dass
BSE auf den Menschen übertragbar ist und eine neue Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit
(vCJK) auslösen kann.
CJK
CJK: Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (engl. «Creutzfeldt Jakob Disease, CJD»). Die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit ist eine durch Prionen verursachte, schwammartige Hirnerkrankung
beim Menschen.
R
BSE
Die beiden deutschen Mediziner: Creutzfeldt und Jakob haben die Krankheit erstmals in den
20-er Jahren bei älteren Menschen mit Demenz so beschrieben: Neuronen verklumpen im
Gehirn, so dass dieses löchrig wird wie ein Schwamm.
Eine Heilung ist bislang unmöglich. CJK tritt in verschiedenen Formen auf (sporadisch,
vererblich, iatrogen = durch eine ärztliche Massnahme verursacht), ist sehr selten und lässt
94
Infektionskrankheit
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Infektionskrankheit
sich erst nach dem Tod mit Sicherheit diagnostizieren. Pro Jahr tritt weltweit ein Fall pro
eine Million Menschen auf.
Aufsehen erregt jedoch eine neue Variante der Krankheit (vCJK), die erstmals Mitte der 90er
Jahre in Grossbritannien auftrat und einen Zusammenhang mit BSE aufweist.
2.8
Protozoen
Protozoen
M
Protozoen werden auch als Urtiere beziehungsweise Urtierchen bezeichnet, wobei dies als
eine veraltete Bezeichnung gilt.
Definition
U
Definition
Protozoen (Einzahl: Protozoon) sind einzellige, eukaryonte, heterotrophe Organismen. Sie
gehören zu den einfachsten Organismen und werden dem Tierreich zugeordnet.
E
T
S
Lebensraum
Protozoen leben vorwiegend in feuchten Lebensräumen und können sich den unterschiedlichen Lebensbedingungen sehr gut anpassen.
Protozoen leben frei z. B. im Meer, im Süsswasser, Flüssen, Biotopen oder als Parasiten in
oder an anderen Tieren. Protozoen, die in Lebensräumen vorkommen, welche periodisch
austrocknen, können als Zysten überleben.
Vermehrung
Die Vermehrung von Protozoen kann geschlechtlich oder ungeschlechtlich erfolgen. Vermehrung auf ungeschlechtlichem Weg bedeutet: Zweiteilung oder Knospung. Vermehrung auf
geschlechtlichem Weg bedeutet: Vereinigung der Keimzellen bei der Befruchtung. Es gibt
ungefähr 20‘000 Protozoenarten.
Protozoen sind zwischen 1 μm und 300 μm gross.
R
Aussehen
Die Zellstruktur von Protozoen ähnelt den Zellen von Säugetieren. Protozoen besitzen
ebenfalls einen Zellkern, Mitochondrien und einen Golgi-Apparat. Zur Fortbewegung besitzen
viele Protozoen Geisseln , Wimpern oder sie sind Wurzelfüssler.
Morphologisch werden sie in vier Gruppen unterteilt:
• Geisseltierchen (Flagellaten): bewegen sich durch eine/mehrere Geisseln
• Sporentierchen (Sporozoen): bewegen sich gleitend oder schlängelnd fort
• Wimperntierchen (Ciliaten): bewegen sich durch Flimmerhärchen
• Wurzelfüsser (Rhizopoden): bewegen sich durch veränderliche Zellfortsätze fort
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Protozoen
95
Lehrkraftausgabe
Protozoen
Protozoonosen
Pathogene Protozoen können beim Menschen für zahlreiche Erkrankungen = Protozoonosen
verantwortlich sein.
Geisseltierchen
Trichomoniasis ist eine der häufigsten sexuell übertragenen Infektionen des Urogenitaltraktes. Sie wird durch Trichomonas vaginalis verursacht und führt bei der Frau zu einer
juckenden / brennenden Entzündung der Vaginalschleimhaut mit Ausfluss.
M
Sporentierchen
Sporentierchen sind Innenparasiten bei Tieren. Werden Sie auf Menschen übertragen, können
sie schwere Krankheiten verursachen. Zum Beispiel: Malaria oder Toxoplasmose
Malaria (auch Sumpffieber oder Wechselfieber genannt) ist eine der gefährlichsten und
häufigsten parasitären Tropenkrankheiten. Der Erreger, das Plasmodium falciparum, wird
durch den Stich respektive dem Speichel der weiblichen Anopheles Mücke übertragen.
U
E
T
S
Toxoplasmose: Ist eine parasitäre Infektionskrankheit, die vom Toxoplasma gondii verursacht
wird. Die Erregeraufnahme erfolgt entweder über Katzenkot oder nicht vollständig durchgekochtem Fleisch. Bei normalem Immunstatus verläuft sie in der Regel symptomlos und
unbemerkt. Grippeähnliche Beschwerden können auftreten.
Wenn sich Schwangere neu mit dem Parasiten anstecken, ist mit schweren Folgen für das
Kind und seine spätere Entwicklung zu rechnen. Deshalb sollten Schwangere einige Verhaltensregeln beachten, um eine Infektion möglichst zu vermeiden.
Wimperntierchen
Ciliaten sind im Plankton der Meere und des Süsswassers ein wichtiger Bestandteil der
Nahrungsketten. Ebenso kommen sie terrestrisch (irdisch) in feuchter Erde vor. Das
bekannteste von ihnen ist das Pantoffeltierchen.
R
Das einzige humanpathogene Wimperntierchen ist das Balantidium coli. Es führt beim
Menschen zur Balantidiose oder auch Balantidienruhr genannt. Der Parasit lebt in Dickdarm
von Schweinen, Affen und Ratten und wird über den Kot ausgeschieden. Der Mensch nimmt
den Erreger oral durch verunreinigte Nahrung auf. Klinisch äussert sich der Befall durch
blutig-schleimige Durchfälle, heftigen Unterleibsschmerzen und Übelkeit.
Wurzelfüsser
Amöben (Wechseltierchen)
Die wenigsten der Amöben sind humanpathogen, eine dieser humanpathogenen Amöben
stellt die Entamoeba histolytica dar, welche der Auslöser für die sogenannte Amöbenruhr ist.
Eine Infektionskrankheit die zu blutig-schleimigen Durchfällen oder einem Leberabszess
führen kann. Übertragen wird die Krankheit durch kontaminierte Lebensmittel, Trinkwasser
und anal-orale Sexualpraktiken.
96
Infektionskrankheit
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Infektionskrankheit
2.9
Giardien
Parasiten
Parasiten
Askariden
Milbe
Malaria Mücke
M
Parasiten leben in oder auf einem anderen Organismus (= Wirt). Sie ernähren sich vom Wirt
oder nutzen ihn zu Fortpflanzungszwecken.
Definition
U
Definition
Im Allgemeinen ist ein Parasit stark von seinem Wirt abhängig. Das heisst, je nach dem um
welche Parasitenart es sich handelt, ist dieser von verschiedenen Wirtfaktoren abhängig:
• Körpersubstanz
• Nahrungsangebot
• Sauerstoffbedarf
• Osmotik
• pH-Verhältnisse oder
• Wärmehaushalt.
S
E
T
Der Wirt wird dabei geschädigt, indem der Parasit seine Organfunktionen beeinträchtigt,
seine Zellen zerstört oder ihm Nährstoffe entzieht. In der Regel wird der Wirt nicht getötet
Übertragung
Parasiten werden meist von Tieren auf den Menschen übertragen. Weitere Infektionsquellen
sind Nahrungsmittel, die mit Eiern oder Kot verunreinigt sind.
Viele Parasiten schmarotzen während ihrer Entwicklung in verschiedenen Wirten. Man unterscheidet Zwischenwirte, dem Endwirt, dem Fehlwirt und Transportwirt, der auch als Sammelwirt bezeichnet wird.
R
Zwischenwirt
Als Zwischenwirt bezeichnet man einen Organismus, der die Larvenform oder das Jugendstadium eines Parasiten in seinen Körper aufnimmt und diese nach ihrer ungeschlechtlichen
Vermehrung und/oder Umwandlungen auf einen anderen Organismus überträgt.
Zwischenwirt
Zwischenwirte, die Parasiten z. B. durch Verletzung des Endwirtes übertragen, werden als
aktive Zwischenwirte bezeichnet (Blut saugende Insekten: Malariamücke). Passive Zwischenwirte übertragen die Erreger auf den Endwirt, wenn dieser die Zwischenwirte oder Teile von
ihnen mit der Nahrung aufnimmt (Fische, Schnecken).
Endwirt, Hauptwirt
Im Endwirt entwickeln sich die Parasiten in vermehrungsfähigen Stadien.
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Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Endwirt, Hauptwirt
Parasiten
97
Lehrkraftausgabe
Parasiten
Transport- oder Sammelwirte
Sie übertragen den Parasiten, dienen aber nicht der Vermehrung / Wandlung. Transport-/
Sammelwirte werden nicht in Mitleidenschaft gezogen.
Fehlwirt
Fehlwirt
Im Fehlwirt kann sich der Parasit nicht weiterentwickeln resp. aus ihm kann der Erreger nicht
vom Endwirt aufgenommen werden. Der Entwicklungszyklus wird hier unterbrochen.
Temporäre und stationäre
Parasiten
Auf Grund der Dauer der parasitischen Lebensphase unterscheidet man temporäre und stationäre Parasiten:
M
Transport- oder
Sammelwirte
U
Stationäre Parasiten
Bleiben einem Wirt treu. Ein Wirtswechsel findet nur bei engem Kontakt mit einem anderen
möglichen Wirtstier oder beim Tod des ursprünglichen Wirtes statt (Filzlaus mit hoher
Bindung an den Wirt, Floh mit bedingter Bindung).
S
Weiter kann man die stationären Parasiten in zwei Gruppen gliedern:
Periodische Parasiten leben nur in bestimmten Entwicklungsstadien parasitisch (Hakenwurm).
Permanente Parasiten haben kein freies (nichtparasitisches) Lebensstadium (Trichinella
spiralis).
Ektoparasiten
Ektoparasiten
Leben auf anderen Organismen. Sie dringen nur mit dem für die «Anzapfung» dienenden
Organ in ihren Wirtsorganismus ein, ernähren sich von Hautsubstanzen oder nehmen Blut
oder Gewebsflüssigkeit auf. (Stechmücken, Läuse oder Zecken). Ektoparasiten sind häufig
auch Krankheitsüberträger (Malaria oder Lyme-Borreliose).
Endoparasiten
Endoparasiten
Leben im Inneren ihres Wirtes. Sie besiedeln Hohlräume, Epithelien, das Blut oder auch das
Gewebe verschiedener Organe. (Würmer)
Infektionskrankheit
R
98
E
T
Temporäre Parasiten
Sie besuchen einen Wirt nur für begrenzte Zeit, z. B. zur Nahrungsaufnahme (Stechmücke).
Der Parasit kann sich sowohl als Ektoparasit auf dem Organismus als auch im Organismus als
Endoparasit aufhalten.
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Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Infektionskrankheit
Parasiten werden grundsätzlich in zwei Hauptgruppen unterteilt: in die Gruppe der Mikroparasiten und der Makroparasiten.
Mikroparasiten = Ein-/Wenigzeller
Makroparasiten = Vielzeller
Mikroparasiten vermehren sich im Wirt
Makroparasiten wachsen in der Regel im Wirt
Mikroparasiten und der
Makroparasiten
ohne sich zu vermehren
• Viren
Würmer (Helminthen)
• Bakterien
• Cestoda (Bandwurm):
M
• Protozoen
• Rinder-/Schweinebandwurm
• Flagellaten (Geisseltierchen)
• Fischbandwurm
• Sporozoen (Sporentierchen)
• Fuchs-/Hundebandwurm
• Ciliata (Wimperntierchen)
• Rhizopoden (Wurzelfüsser)
• Giardien (Giardia) werden traditionell zu den
• Nematoden (Fadenwürmer):
• Spulwurm (Ascaris)
• Hakenwurm (Ancylostomatidae)
U
Protozoen gezählt
• Oxyuren (Madenwürmer)
• Peitschenwurm (Trichuriasis)
Giardien sind Dünndarmparasiten. Sie kommen
• Trematoden (Saugwürmer):
• Pärchenegel (Schistosomen)
(Hunden), Amphibien, Reptilien und Vögeln
• Leberegel
S
weltweit bei einer Vielzahl von Säugetieren
vor. Um andere Lebewesen (u. a. auch
Menschen) zu befallen, umgeben sich jeweils
zwei Giardien mit einer schützenden Hülle und
die Hülle sind sie tage- bis wochenlang
geschützt, bevor sie vom neuen Wirt über
verschmutztes Wasser oder Nahrungsmittel
aufgenommen werden.
Giardien stellen ein Problem in der Trinkwasseraufbereitung dar, sie lassen sich weder
durch Chlor noch durch Ultraviolettstrahlung
• Flöhe
• Läuse
E
T
lassen sich über den Kot ausscheiden. Durch
Arthropoden (blutsaugende Ektoparasiten)
• Zecken
• Milben
• Fliegen
• Wanzen
• Mücken
Oberflächenwasser-Aufbereitung häufig Ultrafiltration eingesetzt, um sie abzufiltrieren.
Metatoen
R
komplett abtöten. Aus diesem Grund wird zur
Vielzellige Parasiten, zahlreiche Beispiele
finden sich im Tierreich.
*Hinweis: Mehr Information zu Malaria finden Sie über diese Homepage!
http://www.planet-wissen.de/alltag_gesundheit/krankheiten/malaria/
Video zu Maden- Spulwürmer
https://www.youtube.com/watch?v=cxTevv2SRHg
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Parasiten
99
Lehrkraftausgabe
Parasiten
Helminthen
Helminthen
Oxyuren (Madenwürmer)
Die Madenwurminfektion ist die häufigste Wurminfektion in den gemässigten Breiten.
Hauptsächlich tritt sie bei Kindern auf. Der ausgewachsene Wurm lebt im Darm des Wirtes
und ernährt sich von dessen Nahrungsbrei. In der Nacht kriechen die weiblichen Würmer auf
die Analhaut und legen dort die Eier ab. Dies führt zu einem Juckreiz. Durch das Kratzen
werden die Eier auf die Umgebung verteilt und über die Finger wieder oral aufgenommen.
M
U
Mögliche Übertragungswege:
• anal-orale Auto-Reinfektion
• Schmierinfektion durch kontaminierte Personen / Objekte
• Inhalation der Eiter (z.B. beim Schütteln der Bettwäsche)
• orale Aufnahme durch kontaminierte Nahrungsmittel / Trinkwasser
• die Eier auf der Analhaut können zu Larven schlüpfen und von dort aus zurück in
den Darm kriechen.
S
Diagnostik
Die Diagnose wird durch den mikroskopischen Nachweis der Eier gesichert. Hierzu wird am
Morgen über die Afteröffnung ein durchsichtiger Klebestreifen gelegt und wieder entfernt.
Dadurch werden die Eier fixiert und können nun mikroskopisch nachgewiesen werden.
R
E
T
Bandwürmer
Bandwürmer gehören zu den Endoparasiten.
Für menschliche Bandwurmerkrankungen sind verantwortlich:
•Schweinebandwurm
•Rinderbandwurm
•Fuchsbandwurm
•Hundebandwurm
• Schweine- und Rinderbandwurm
Beim Schweine- und Rinderbandwurm ist der Mensch der Endwirt des Entwicklungszyklus. Der
Mensch nimmt, z. B. über den Verzehr von rohem Muskelfleisch von Schweinen oder Rindern,
die Finnen = Larvenstadium des Bandwurmes auf. Rinder / Schweine sind somit der
Zwischenwirt. Im Darm entwickeln sich die Finnen zu ausgewachsenen Bandwürmern, welche
wiederum Eier produzieren, die vom Menschen über den Stuhl ausgeschieden werden. Eine
Infektion verläuft oft symptomlos. Seltener treten gastrointestinale Beschwerden wie Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Bauchkrämpfe etc. auf. Allerdings führt der Wurmbefall zum
Nährstoffentzug beim Wirt. Dies äussert sich durch Mangelerscheinungen und einem ungewollten Gewichtsverlust.
100
Infektionskrankheit
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Lehrkraftausgabe
Infektionskrankheit
Über den Verzehr von rohem Fleisch gelangen die Larven in den Darm des Endwirtes und entwickeln sich zu Würmern. Endwirt M
Die Larven lagern sich in den Muskeln als Finnen ab. Ausgewachsene Würmer befinden sich im Darm. U
Wurmeier werden über den Kot ausgeschieden. Zwischenwirt S
E
T
Fuchs- und Hundebandwurm
Träger des ausgewachsenen Wurmes ist der Fuchs / der Hund. Die Tiere scheiden über den
Kot Bandwurmeier aus. Der Mensch nimmt über verunreinigte Lebensmittel (z. B. Waldbeeren) diese Eier auf. Die Eier entwickeln sich im menschlichen Darm zu Larven (Finnen),
welche wiederum über die Blutbahn in die Leber und Lunge gelangen. Dort entwickeln sich
die Larven (Finnen) zu sogenannten Hydatiden (durch die Finne verursachtes Zystengebilde),
welche invasiv ins Gewebe einwachsen, und die Organfunktion stört.
R
Hier fungiert der Mensch als Fehlzwischenwirt, da sich in ihm keine Würmer bilden können
und er auch nicht vom Fuchs gefressen werden kann. Die Inkubationszeit beträgt Monate bis
mehrere Jahre.
Symptomatisch sind Infektionen, mit starken Oberbauchschmerzen, Müdigkeit, Schwäche
und je nach dem, einer Vergrösserung der Leber. Die Krankheit kann tödlich verlaufen.
Parasiten überlisten unser Immunsystem
Parasiten sind in hohem Masse spezialisierte Lebewesen. Das zeigt sich unter anderem
dadurch, wie sich Parasiten vor dem Immunsystem zu schützen wissen: Kleine Parasiten
können sich in den Zellen des Wirts verstecken und sind somit für Immunsystem unerreichbar.
Ein Bespiel dafür ist der Befall von Erythrozyten durch Plasmodien (z. B. bei Malaria). Eine
weitere Möglichkeit zur Überlistung der Abwehrmechanismen ist der Wechsel der Oberflä-
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Parasiten
101
Lehrkraftausgabe
Parasiten
chenstruktur. Sobald der Wirt eine Immunabwehr gegen den Parasiten aufgebaut hat, häutet
sich dieser und ist somit von den Antikörpern vorerst nicht erkennbar. Ein Beispiel dafür sind
die Trypanosomen. Trypanosomen kommen hauptsächlich in den Körperflüssigkeiten ihrer
Wirte vor, z. B. im Blut, in der Lymphe, im Liquor oder in der Herzbeutelflüssigkeit. Einige
Parasiten haben auch eine besonders dickes «Häutchen» gebildet und können damit immunologisch nicht erkannt werden.
Prophylaxe
Parasiteninfektionen vorbeugen – allgemeine Prophylaxe
Grundsätzlich sind immer dieselben grundlegenden Hygienemassnahmen zu beachten:
M
U
1. Beachten eines guten Allgemeinzustandes (AZ) durch gesunde Lebensführung.
2. Im Alltag die allgemein bekannte Hygienemassnahmen beachten und konsequent
anwenden.
3. Im Arbeitsalltag die Hygienevorschriften beachten und konsequent umsetzen.
4.Parasiteninfektionen vorbeugen durch artgerechte Tierhaltung speziell auf die
Tierrasse abgestimmter Hygienemassnahmen.
S
Es konnte nachgewiesen werden, dass sich bei Personen, die häufigen nahen Kontakt zu
Tieren haben, die physiologische Keimflora von Mensch und Tier mit der Zeit angleicht.
Somit haben fast nur noch akute Erkrankungen der Tiere eine infektiologische Bedeutung.
E
T
Aufgabe 2.9.1
Erarbeiten Sie eine Gegenüberstellung respektive eine Übersicht zu Bakterien, Viren, Pilzen,
Prionen, Parasiten. Sie finden hierzu eine entsprechende Word-Vorlage auf www.mympa.ch.
Beispiel
Genom
Zellkern
vorhanden
Vermehrung
Viren
Pilze
Prionen
Protozoen
Parasiten
R
Bakterien
Prominente
Beispiele
Umgang in der
Arztpraxis
102
Infektionskrankheit
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Infektionskrankheit
2.10 Nosokomiale Infektion
Nosokomiale Infektion
Als Nosokomialinfektion = Krankenhausinfektion werden alle Arten von Infektionserkrankungen
bezeichnet, die im Zusammenhang mit einem Klinikaufenthalt durch Mikroorganismen hervorgerufen
werden und zwar unabhängig davon, ob Symptome bestehen oder nicht. Nosokomiale Infektionen sind
ein grosses Sicherheitsproblem. Gemäss Schätzungen von Schweizer Infektiologen sterben jährlich ca.
2000 Menschen in der Schweiz an Spitalinfektionen.
Nosokomiale Erreger sind somit Erregern die zu Krankenhausinfektionen führen.
M
Vor allem für immungeschwächte Patienten besteht eine besonders grosse Gefahr, sich mit einem
nosokomialen Erreger zu infizieren. Für Besucher sowie für Ärzte und Pflegepersonalstellen stellen die
Krankenhauskeime gewöhnlich kein Risiko dar.
Aufgabe 2.10.1
U
Welche Patientengruppen zählen zu den immungeschwächte Patienten? Nennen Sie Beispiel.
• hohes Alter
• die Schwere der Grundkrankheit
•Mangelernährung
•Frühgeburten
E
T
S
• Einschränkung durch Immunabwehr
• Verlust der normalen Schutzmechanismen der Haut
Es werden zwei Typen von nosokomialen Infektionen unterschieden:
R
• Die endogene nosokomialen Infektion: Hierbei wechselt der bereits im PatientenKörper vorhandenen Erregers seinen Standort. (z. B. Beatmungspneumonie,
Gasbrand nach OP)
Etwa 70 – 80 % der NI sind endogen!
• Die exogene nosokomialen Infektion: Übertragung des Erregers von aussen auf
den «geschwächten» Patienten. Man spricht hier auch von einer Kreuzinfektion. Im
etwas weiteren Sinne wird mit einer Kreuzinfektion das gegenseitige Anstecken mit
unterschiedlichen Erkrankungen bezeichnet.
Etwa 20 – 30 % der NI sind exogen!
Im eigentlichen Sinne wird als Kreuzinfektion eine Infektionskette von einem
Infizierten auf einen anderen Wirt und von dort wieder zurück auf den ursprünglich
Infizierten beschrieben. Derartige Infektionsketten finden sich v. a. in medizinischen bzw. pflegerischen Einrichtungen (z. B. Krankenhäuser, Altenheime).
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Nosokomiale Infektion
103
Lehrkraftausgabe
Nosokomiale Infektion
Aufgabe 2.10.2
a) Welche Arten von Nosokomialinfektion sind bekannt? Nennen Sie diese.
b) In welchem Verhältnis kommen diese vor? Ordnen Sie nach der Grösse der Vorkommnisse.
• Harnweginf. (ca. 40%)
• Wundinf. (15 – 25 %)
• Atemwege (ca. 15 %)
• Haut und Schleimhäute (ca. 10 %)
M
• Sepsis (ca. 5 %)
U
Aufgabe 2.10.3
In welchem Ausmass verursachen Mikroorganismen eine nosokomiale Infektion? Suchen Sie
nach den entsprechenden %-Zahlen.
Viren
71 %
Bakterien
21 %
S
Pilze und Parasiten
8%
R
E
T
Nosokomiale Infektionen betreffen jedoch nicht nur Patienten, die stationär behandelt
werden, sondern auch Menschen, die im Bereich der stationären und ambulanten Pflege
versorgt werden. Häufig sind dies ältere Menschen, die durch pflegerische Massnahmen und
dem teils nicht sachgemässen Einsatz von Antibiotika unter zusätzlichen Infektionsrisiken
leiden. Bakterien, die eine Resistenz gegenüber gebräuchlichen Antibiotika entwickelt
haben, sind auch bei Bewohnern von Pflegeeinrichtungen inzwischen verbreitet. Es gilt also
sich der Aufgabe zu stellen und eine geeignete Balance zwischen der Wahrung des häuslichen
Lebensumfelds und dem Infektionsschutz zu finden.
104
Infektionskrankheit
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Vorgaben zur Einhaltung der Hygienemassnahmen aus infektionsprophylaktischer Sicht
3
Vorgaben zur Einhaltung
der Hygienemassnahmen
aus infektionsprophylaktischer Sicht
U
M
Normen
nationale
europäische
weltweite
DIN =
deutsche
Industrienorm
E
T
S
SN =
schweizer
Norm
BS =
British
Standard
EN =
europäische
Norm
ISO =
International
Standard
Organization
R
Europäische Normen sind für alle Mitgliederstaaten, also auch für die Schweiz verbindlich!
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Nosokomiale Infektion
105
Lehrkraftausgabe
Regulatorische Vorgaben, Qualitätsmanagement
Regulatorische Vorgaben,
Qualitätsmanagement
3.1
Regulatorische Vorgaben, Qualitätsmanagement
Hierarchie regulatorischer Vorgaben
Gesetz
Heilmittelgesetz (HMG)
M
Verordnungen
Medizinprodukteverordnung (MepV)
U
Normen,
Leitlinien
ISO, EN, SN
Leitlinien der SwissMedic
S
Normen
Der Begriff «Norm» wird auf der Homepage der Schweizerischen Normen-Vereinigung (SNV)
folgendermassen erklärt. Zitat ab www.snv.ch:
E
T
Gemäss Definition aus der «Norm SN EN 45020» ist eine Norm «… ein Dokument, das … für
die allgemeine und wiederkehrende Anwendung Regeln, Leitlinien oder Merkmale für die
Tätigkeiten oder deren Ergebnisse festlegt …»
*SN EN 45020 = Beschreibung der Normung und den damit zusammenhängenden Tätigkeiten und Allgemeine
Begriffe.
R
Eine Norm ist also ein Dokument, das die charakteristischen Eigenschaften und Merkmale
eines Produkts, eines Prozesses oder einer Dienstleistung beschreibt.
«… ein Dokument, das mit Konsens erstellt … wurde.»
Eine Norm ist damit nicht das Werk einer einzelnen Interessengruppe, die nur eigene Ziele
verfolgt, sondern eine Norm wird immer im Einvernehmen mit anderen erstellt.
«… ein Dokument, das von einer anerkannten Institution angenommen wurde.»
Eine Norm muss von einer Institution anerkannt werden, die über den Interessen des
Einzelnen steht. Somit ist gewährleistet, dass eine Norm auf ihre Tauglichkeit hin geprüft
und erst dann veröffentlicht wird.
*Hinweis: Details dazu finden Sie in der Broschüre «Kleines 1 x 1 der Normung» https://www.snv.ch/fileadmin/snv/
Normung/Dokumente/120509_SNV_WEB_1x1_Brosch_D.pdf
106
Vorgaben zur Einhaltung der Hygienemassnahmen aus infektionsprophylaktischer Sicht
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Vorgaben zur Einhaltung der Hygienemassnahmen aus infektionsprophylaktischer Sicht
Normen sind grundsätzlich keine Gesetze. Vielmehr dienen sie als Leitplanken und Vollzugshilfen zur Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben.
Das Heilmittelgesetz (Art. 3, Sorgfaltspflicht) besagt:
«dass die Anwender der Medizinprodukte alle Massnahmen treffen müssen, die dem Stand der
Wissenschaft und Technik entsprechen, um die Gesundheit von Mensch und Tier nicht zu
gefährden.»
M
Somit kann eine Norm im Schadensfall einen Gesetzescharakter annehmen. Wer die Normen
nicht befolgt, muss belegen können, dass er die gesetzlichen geforderten Sicherheitsziele im
gleichen Ausmass erfüllt hat.
U
Beweislastumkehr
Wer durch die ärztliche Behandlung einen gesundheitlichen Schaden erleidet, hat das
Recht den Beweis zu verlangen, dass an ihm nach besten Wissen und Gewissen, sowie
nach dem neusten Stand von Wissenschaft und Technik (Norm) invasiv Hand angelegt
wurde.
S
→ die Beweispflicht liegt somit beim Anwender (= Arztpraxis)
E
T
Bezeichnung von Normen
Jede Norm-Bezeichnung besteht aus einer Normennummer und einer alphanumerischen
Bezeichnung, die der Nummer vorangesetzt wird. Durch diese ist ersichtlich, woher die Norm
stammt und auf welcher Ebene sie anerkannt ist.
Bezeichnung von Normen
Schweizer Normen
Schweizer Normen
Schweizer Norm
R
-SN
-SN EN
Norm, die auf europäischer Ebene erarbeitet
und ins Schweizer Normenwerk aufgenommen wird.
-SN EN ISO
Europäische Norm, die auf einer internationalen Norm basiert und ins Schweizer
Normenwerk aufgenommen wird.
-SN ISO
Norm, die auf internationaler Ebne erarbeitet und ins Schweizer Normenwerk
aufgenommen wird.
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Regulatorische Vorgaben, Qualitätsmanagement
107
Lehrkraftausgabe
Regulatorische Vorgaben, Qualitätsmanagement
Normen im Wiederaufbereitungsprozess:
*Hinweis: Diese Tabelle dient lediglich zur Information!
Sterilisation
Reinigung,
Desinfektion
Chemische
Indikatoren
Biologische
Indikatoren
Verpackung
DIN EN ISO
14937
Anforderung an
Entwicklung,
Validierung und
Routine­kontrolle
aller Sterilisationsverfahren
DIN EN 13060
DIN EN ISO
15883-1
Allgemeine
Anforderun-gen
an RDGs
DIN EN 867-5
DIN EN ISO
11138-1
Allgemeine
Anforderungen
an Bio-Indikatoren
DIN EN ISO
11607-1 Verpackung von Medizinprodukten
DIN EN ISO
17665-1 -3
Dampf-Prozesse
DIN 58946-7
DIN EN ISO
15883-2
Anforderungen
an RDGs für
chirurg. Instrumente
DIN EN ISO
11140-1
Allgemeine
Anforderungen &
Klassifizierung
von ChemoIndikatoren
DIN EN ISO
11138-3
Bio-Indikatoren
für Dampfsterilisation
DIN EN ISO
11607-2
Validierungsanforderungen an
Prozesse der
Formgebung
DIN EN ISO
17664
Herstellerinfo
für wiederverwendbare Medizinprodukte
DIN EN ISO
15883-3 Anforderungen an
RDGs mit thermischer Desinfektion für Behälter
DIN EN ISO
11140-3
Prüfnorm für das
Testblatt im
BD-Wäschetest
DIN EN ISO
14161
Leitfaden für die
Auswahl &
Verwendung von
Bioindikatoren
E-DIN EN ISO/
PTS 16775
Richtlinien für
die Anwendung
von DIN EN ISO
11607-1 +2
DIN 58921
DIN EN ISO
15883-4 Anforderungen an
RDGs mit chemischer Desinfektion f. thermolabile Endoskope
DIN EN ISO
11140-4
Prüfnorm für
BD-Simulatoren
DIN EN ISO/TS
15883-5 RDGsPrüfanschmutzungen und
-verfahren
ISO 11140-5
DIN EN ISO
15883-6 Anforderungen und
Prüfverfahren
von RDGs mit
thermischer
Desinfektion für
nichtkritische
MPs
DIN EN ISO
15882
Leitfaden für die
Auswahl &
Verwendung von
Chemo-Indikatoren
Anforderungen
an Kleinsterilisatoren
Bauliche
Voraussetzungen und
Betriebsmittel
für Dampfsterilisatoren
U
M
Validierung
DIN EN 556 – 1
108
Vorgaben zur Einhaltung der Hygienemassnahmen aus infektionsprophylaktischer Sicht
DIN EN 868
Serie 2-10
Verpackung von
Sterilgütern
Prüfnorm für
US-BD-Ref.-Test
R
Definition: Sterilisationswahrscheinlichkeit
E
T
S
Validierung von
Medizinproduktesimulatoren
Chemo-Indikatorensysteme für
Dampfsterilisation (Prüfnorm
für Hohlkörpertest)
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Vorgaben zur Einhaltung der Hygienemassnahmen aus infektionsprophylaktischer Sicht
Validierung
Sterilisation
Reinigung,
Desinfektion
Chemische
Indikatoren
Biologische
Indikatoren
Verpackung
E-DIN EN ISO
Anforderungen
und Prüfverfahren von RDGs
mit chemischer
Desinfektion für
Bettgestelle,
Container, etc.
Sterilisiermittel
Desinfektionsmittel und
-Geräte
Aseptische
Herstellung
Begleitende Normen
DIN 58950-1
DIN EN ISO
14160
Flüssige chemische Sterilisiermittel für Medizinprodukte
DIN EN 1499
DIN EN ISO
13408-1
Allgemeine
Anforderungen
DIN EN 980
DIN EN ISO
13408-4
Reinigung vor
Ort
DIN EN 1041
DIN EN ISO
13408-5
Sterilisation vor
Ort
E DIN EN 15224
Dienstleistungen in der
Gesundheitsversorgung
Risikomanagement bei Medizinprodukten
DIN EN ISO
13408-6
Isolatorensysteme
DIN EN ISO
13485
MP-Qualitätsmanagementsystem
DIN EN 15986
M
Pharmazeutische Verfahren
Begriffe
DIN 58950-3
DIN EN 1500
Hygienische
Händedesinfektion
Kennzeichnung
von Medizinprodukten
Bereitstellung
von Informationen durch den
Hersteller von
MPs
DIN 12353
Aufbewahrung
von Testorganismen
DIN 58950-6
DIN EN 14476
Betrieb
Quantitativer
Suspensionsversuch zur
Bestimmung der
viruziden
Wirkung
DIN 58950-7
DIN 58949
Anforderungen
an die Betriebsmittel &
bauliche Anforderungen
Dampf-Desinfektionsapparate
EN ISO 14971
OP-Abdecktücher
DIN EN 13795
Operationsabdecktücher
Allg. Anforderungen
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
E DIN EN
15223-1
Aufschriften
von MPs
Symbol zur
Kennzeichnung
von MPs
R
Prüfungen
DIN EN ISO
11737-1 -2
Mikrobiologische
Methoden
E
T
S
Geräteanforderungen
U
DIN 58950-2
Hygienische
Händewaschung
DIN EN ISO
11139
Ausdrücke &
Definitionen
DIN 58953
Sterilgutversorgung – Begriffe,
Logistik
DIN EN ISO
10993-1 -17
Beurteilung von
MPs
Regulatorische Vorgaben, Qualitätsmanagement
109
Lehrkraftausgabe
CIRS – Fehlermanagement
Robert Koch-Institut
Eine zentrale Rolle bezüglich Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von Krankheiten, im
speziellen von Infektionskrankheiten, übernimmt das Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin.
Das RKI ist eine zentrale Überwachungs- und Forschungseinrichtung, welche bei der Entwicklung von Normen und Standards massgeblich mitwirkt.
Qualitätsmanagement
Qualitätsmanagement
Qualitätsmanagement bedeutet, die Qualität der Prozesse in einem Unternehmen (z. B. Arztpraxis) zu sichern, stetig anzupassen und zu verbessern.
M
Robert Koch-Institut
U
Die Qualitätssicherung im Bereich der Hygiene in der Arztpraxis wird durch klare Vorgaben
und definierte Verantwortlichkeiten erzielt. Ein zentraler Punkt spielt dabei die Dokumentation. Einerseits in Form von Prozessbeschreibungen (Arbeitsanweisung, Verfahrensanweisung, Handlungsablauf) und andererseits in Form der Organisationsstruktur = Organigramm,
Stellenbeschreibung. Ebenfalls übernimmt der Hygieneplan im Bereich der Infektionshygiene
eine wichtige Rolle.
*Hinweis: ausführliche Angaben zum QM siehe Praxisadministration, 1.4 Qualitätsmanagement in der Arztpraxis.
S
Kontrollen
Gesetzlich wird in Arztpraxen keine systematische (flächendeckende) Überwachung gefordert.
Gemäss Medizinprodukteverordnung, Art. 23 Abs. 2 erfolgen die Kontrollen:
E
T
• in Form von Stichproben (risikobasiert)
• aufgrund von Hinweisen Dritter / schwerwiegender Vorkommnisse
Der Vollzug der Kontrollen wird kantonal geregelt. Üblicherweise werden durch die Vollzugsbehörde (z. B. Kantonsapotheker) unangemeldete Inspektionen der Arztpraxen durchgeführt.
Die Behörde kann veranlassen, dass nicht konforme Gegebenheiten behoben und in Extremfällen, dass Praxen geschlossen werden müssen.
3.2
CIRS – Fehlermanagement
R
CIRS – Fehlermanagement
CIRS steht für «Critical Incident Reporting System» und ist ein sogenanntes Zwischenfallmeldesystem via Internet.
Ziel dieses oder ähnlicher Systeme ist es, dass die Systemnutzer in einer geschützten Umgebung über kritische Vorfälle berichten, aus den Fehlern anderer lernen und sich verbessern
können. Dabei wird nicht nach einem Schuldigen sondern nach der Ursache gesucht. Die
Systembenutzer können anonym Zwischenfälle oder Beinahe-Zwischenfälle aus ihrem
Arbeitsumfeld melden. Dem Melder werden daraufhin von Moderatoren oder Berufskollegen
Lösungsvorschläge unterbreitet.
110
Vorgaben zur Einhaltung der Hygienemassnahmen aus infektionsprophylaktischer Sicht
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Vorgaben zur Einhaltung der Hygienemassnahmen aus infektionsprophylaktischer Sicht
Dennoch soll auf ein praxisinternes Fehlermanagement nicht verzichtet werden. Zur fortlaufenden Optimierung von Prozessen und in Hinblick auf die Vermeidung von Fehlern ist ein
offener Umgang mit Fehlern notwendig. Das Thema Fehlermanagement sollte ein wiederkehrendes Traktandum an Teamsitzungen sein.
*Hinweis: ausführliche Angaben zum QM siehe Praxisadministration, 5.11. Meldeformular für Fehler- und Verbesserungsmanagement.
Sentinella-Meldesystem
Sentinella-Meldesystem
M
3.3
U
Das Sentinella-Meldesystem ist ein Projekt zwischen Hausärzten und dem Bundesamt für
Gesundheit (BAG). Es existiert bereits seit 1986. Die Teilnahme ist freiwillig. Durch die
Meldetätigkeit «nicht meldepflichtigen Krankheiten» von Allgemeinpraktikern, Internisten
und Pädiatern, werden wichtige Einblicke in das Krankheitsgeschehen der Bevölkerung
ermöglicht. Zudem wird damit die Bedeutung der Hausarztmedizin in der medizinischen
Grundversorgung unterstrichen.
E
T
S
Vorkommnisse, wie zum Beispiel übertragbare sowie nichtinfektiöse Krankheiten werden
mittels spezieller Formulare dem BAG zugestellt. Dabei wird jeder Patient, der den betreffenden Falldefinitionen entspricht, mit Angaben von Jahrgang und Geschlecht erfasst. Das
BAG analysiert und verarbeitet die eingegangenen Daten. Die aktuellen Ergebnisse werden
wöchentlich im «Bulletin» des BAG veröffentlicht. Des Weiteren werden detailliert Artikel in
Jahresberichten und wissenschaftlichen Zeitschriften publiziert.
Aufgabe 3.3.1
Welche Ziele verfolgt das Sentinella-Meldesystem?
Lesen Sie dazu die Systembeschreibung auf der Homepage des BAG durch und nennen Sie
mindestens drei Punkte.
http://www.bag.admin.ch/k_m_meldesystem/00733/00814/index.html?lang=de
• Übertragbare und andere akute Erkrankungen zu überwachen
• Forschung in der Hausarztmedizin zu ermöglichen
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
R
• Epidemiologische Daten zu erheben
Sentinella-Meldesystem
111
Lehrkraftausgabe
Sentinella-Meldesystem
U
M
R
E
T
S
112
Personalhygiene
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Personalhygiene
4
Personalhygiene
M
Kleidung
Hände
U
Schutzausrüstung
Haare
E
T
S
Körper
4.1
Allgemeine Körperhygiene
Allgemeine Körperhygiene
R
Da die MPA oftmals als erste mit dem Patient in Kontakt tritt, muss sie auf ein gepflegtes
Erscheinungsbild achten.
Für die Körperhygiene gelten die allgemeinen Empfehlungen zur Gesunderhaltung.
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Allgemeine Körperhygiene
113
Lehrkraftausgabe
Händehygiene
Händehygiene
4.2
Händehygiene
Die Hände sind unsere alltäglichen Werkzeuge. Um sich vor Verletzungen, Infektionen und
Hautkrankheiten zu schützen, müssen bei der manuellen Arbeit im Berufsalltag einige Punkte
beachtet werden.
Zudem spielen die Hände die wichtigste Rolle bei der Übertragung von Mikroorganismen,
daher gehört die Händehygiene zu den zentralen Massnahmen zur Vermeidung von Infektionskrankheiten.
U
M
E
T
S
114
Personalhygiene
Schmuck
Das Tragen von jeglichem Schmuck an Händen oder Unterarmen ist nicht adäquat (angemessen).
Folgende hygienische Aspekte sprechen gegen das Tragen von Hand-/Armschmuck:
• Unter Fingerringen, Armbändern und Ähnlichem findet nur ein ungenügender
Reinigungs- und Desinfektionserfolg statt.
• Unter Schmuckstücken wird die Kolonisation von gewissen Keimen erhöht. (Feuchtigkeit!)
• Reinigung- und Desinfektionsmittelrückstände können unter Schmuckstücken
anhaften und Hautirritationen auslösen.
• Es können Verletzungen am Patienten verursacht werden.
• Durch Schmuckstücke können die Handschuhe beschädigt werden.
R
Schmuck
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Personalhygiene
Reinigung der Hände
Reinigung der Hände
Beseitigung grober Verschmutzung, wobei gleichzeitig Keime abgeschwemmt werden. Zusätzlich können die Seifen die Lipidhüllen von
Mikroorganismen zerstören und diese somit unschädlich machen.
S
Wann:
U
M
Ziel:
bei sichtbarer Verschmutzung nach dem Besuch der Toilette.
E
T
Ein zu häufiges Händewaschen trocknet die Haut aus und somit wird die natürliche
Schutzbarriere durchbrochen. In erster Linie sollte die Hände-Desinfektion erfolgen.
R
Durchführung: Zum Waschen soll kaltes (lauwarmes) Wasser verwendet werden, da
warmes, gar heisses Wasser, die Haut entfettet und austrocknet.
Um den Säureschutzmantel der Haut aufrecht zu erhalten, muss die flüssige
Waschlotion alkali- und seifenfrei sein und einen hautneutralen pH-Wert
(ca. 5.5) aufweisen. Für empfindliche Haut empfiehlt sich der Gebrauch
einer farbstoff- und parfümfreien Lotion.
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Händehygiene
115
Lehrkraftausgabe
Händehygiene
M
1 Hände mit Wasser benetzen
U
2 Genügend Seife auftragen, um die
ganzen Oberflächen der Hände zu
bedecken
3 Die Handflächen aneinander reiben
S
4 Die rechte Handfläche über den linken
Handrücken reiben mit ineinander geflochtenenen Fingern – und umgekehrt
5 Die Handflächen mit ineinander geflochtenen Fingern aneinander reiben
7 Den linken Daumen rundum in der
geschlossenen rechten Hand reiben –
und umgekehrt
8 In kreisenden Bewegungen die geschlossenen Finger der rechten Hand
in der linken Handfläche reiben –
und umgekehrt
9 Die Hände gut mit Wasser abspülen
10 Die Hände gründlich mit einem
Einwegpapiertuch trocknen
11 Das Papiertuch benutzen, um
den Wasserhahn zu schliessen
12 Jetzt sind ihre Handflächen sauber – und
übertragen kaum gefährliche Keime
116
Personalhygiene
R
E
T
6 Bei geschlossener Hand die Fingerrücken über den Ballen der anderen
Hand reiben
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Personalhygiene
Seifenfehler:
Durch Seifenrückstände kann die Wirkung der nachfolgenden Desinfektion vermindert,
ausfallen oder komplett ausbleiben. Es kann zu einer Neutralisationsreaktion kommen, da
die anionischen* Seifenbestandteile durch die kationischen* Desinfektionsmittelwirkstoffe beeinträchtigen werden. Deshalb ist es wichtig, die Seife komplett abzuspülen!
*Anion = negatives Ion; *Kation = positiv geladenes Ion
Handpflege
Ziel:
Aufrechterhaltung der natürlichen Schutzbarriere der Haut. Die Pflegemittel
Wann:
dienen zur Rückfettung und Regeneration.
Bei längeren Pausen
Nach dem Arbeitsende
Handpflege
M
U
Aus hygienischen Gründen soll die Entnahme der Pflegemittel aus Spender erfolgen.
Pflegemittel in «Gemeinschaftsdosen» eignen sich nicht. Die Eigenschaften der Präparate
sind dem jeweiligen Hauttyp anzupassen. Grundsätzlich sind folgende Eigenschaften
erwünscht:
• Haut-pH-neutral
• farbstofffrei
• schnell einziehend ohne nachfetten / verkleben
Ziel:
E
T
S
Desinfektion
Reduktion von Mikroorgansimen, so dass über die Hände keine Infektion
mehr verursacht werden kann.
*Hinweis: Der exakte Ablauf wird im Thema «Desinfektion» abgehandelt.
Nägel
Nägel
R
Länge der Fingernägel
• Nägel sollen kurz und rund geschnitten werden.
Je länger die natürlichen aber auch künstlichen
Nägel sind, desto grösser ist die Gefahr der
Ansammlung von Keimen. Zudem erhöhen lange
Fingernägel das Risiko der Perforation von Handschuhen und das Risiko den Patienten zu
verletzen.
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Händehygiene
117
Lehrkraftausgabe
Haare
Nagellack
• Auf Nagellack sollte möglichst verzichtet werden. Abgesplitteter Lack fördert die
Kontamination. In den entstandenen Rillen können sich Keime gut einnisten.
Zudem wird oftmals, um den Lack zu schonen, die Händedesinfektion vernachlässigt. Wird nicht auf dessen Anwendung verzichtet, muss ein Nagellack gewählt
werden, deralkoholbeständig ist, damit er nicht vom Desinfektionsmittel angegriffen wird. Um das Intakt-Sein zu gewährleisten, muss der Nagellack alle zwei bis
drei Tage frisch aufgetragen.
M
Künstliche Fingernägel
• Auf das Tragen von Kunstnägeln ist zu verzichten. Sie können die Ansammlung von
Keimen begünstigen.
4.3
Haare
U
Haare
Kleidung
4.4
R
E
T
S
Die Verunreinigung der Kopfhaare erfolgt zur Mehrheit durch
die eigenen Hände.
Um dies zu vermeiden müssen einige Punkte beachten werden:
• Lange Haare (ab schulterlänge) müssen eng am Kopf
getragen werden (ein Zusammenbinden ist nicht ausreichend, da herunterhängendes Haar mit Untersuchungsmaterial in Kontakt kommen kann oder zu Belästigung
des Patienten führt.)
• nicht mit den Händen durch die Haare fahren
• Haare, die ins Gesicht fallen (lange Stirnfransen,
Strähnen oder Ähnliches) vermeiden
• Haare sauber und gepflegt halten
• Bartpflege
Kleidung (Berufs- und Arbeitskleidung)
Die Berufskleidung hat keine spezifische Schutzfunktion. Sie wird anstelle oder ergänzend
zur der Privatkleidung getragen.
In der Arztpraxis wird vielfach über der Privatkleidung ein Kittel oder eine Hängeschürze
getragen, um damit die private Kleidung zu schützen. Diese Massnahme dient allerding nur
dem Schutz vor «grober» Verunreinigung. Mikroorganismen können so über die Privatkleidung
problemlos vom Arbeitsplatz in das private Umfeld gelangen oder zu einer «Kreuzkontamination» führen.
118
Personalhygiene
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Personalhygiene
Beispiel einer «Kreuzkontamination»: Die Praxismitarbeiterin assistiert dem Arzt. Durch
Berührungspunkte der Arbeitskleidung mit dem Patienten werden z. B. die Ärmel oder die
Vorderseite der Arbeitskleidung kontaminiert. Schliesst die MPA ihre Arbeit am Patienten ab
und widmet sich dem nächsten, können Mikroorganismen übertragen und für den Patienten
gefährlich werden.
M
Grundsätzlich darf die Privatkleidung auch als Berufskleidung benutzt werden, sofern sie erst
bei Arbeitsbeginn an- und bei Ende wieder abgelegt wird. Unter diesen Umständen muss die
Kleidung so gewählt werden, dass sie einer thermischen (bei 95° C waschbar) Aufbereitung
Stand hält.
Damit die Berufskleidung ihren Zweck erfüllt, muss folgendes eingehalten werden:
•
•
•
•
•
•
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
R
•
E
T
•
S
•
Sie wird nur am Arbeitsplatz getragen.
Sie wird geschlossen getragen.
Die private Kleidung muss vollständig abgedeckt werden.
Privatkleidung und Berufskleidung müssen getrennt voneinander untergebracht
werden.
Am besten eignet sich Kleidung aus Baumwollstoff (sie ist bei hohen Temperaturen
waschbar und gut hautverträglich).
Die Kleidung wird regelmässig, je nach Tätigkeitsfeld täglich, gewechselt. Bei
sichtbarer Verschmutzung oder möglicher Kontamination muss sie sofort gewechselt
werden!
Die Hände müssen nach dem Kontakt mit kontaminierten Textilien sofort desinfiziert werden!
Es sind helle Farben sind zu wählen, da Verschmutzungen besser sichtbar sind.
Kleidung bei 95° C waschen
Wird die Aufbereitung der Kleidung durch den Betrieb ausgeführt, soll sie desinfizierend, das heisst bei 95° C und mit einem speziellen (desinfizierenden) Waschmittel gewaschen werden.
Die gewaschene Kleidung muss kontaminationsgeschützt transportiert und aufbewahrt werden.
Das Praxisschuhwerk wird nur innerhalb der Arztpraxis getragen.
Dabei muss beachtet werden, dass es sich um rutschfeste, geschlossene, flüssigkeitsabweisende und desinfizierbare Schuhe handelt.
U
•
•
•
•
Kleidung (Berufs- und Arbeitskleidung)
119
Lehrkraftausgabe
Schutzausrüstung
Muss medizinisches Personal weisse Kleidung tragen?
Als der Übertragungsweg von Keimen noch nicht bekannt war, trugen die Ärzte lange schwarze Gehröcke.
Erst Ende des 19. Jahrhunderts, wurde erkannt, dass sich Keime nebst in der Luft auch an Händen
befinden können. Ausserdem wurde die Abtötung von Erregern durch Hitze entdeckt. Da jedoch die
schwarzen Röcke durch heisses Waschen auszufärben drohten, begannen die Ärzte weisse Kittel zu
tragen. Diese konnte man ohne Bedenken bei hohen Temperaturen waschen und somit die Keime eliminieren. Überdies steht die Farbe Weiss in unseren Kulturkreisen für Reinheit, Verlässlichkeit und Vollkommenheit.
M
Zwischenzeitlich können auch farbige Stoffe ohne auszufärben heiss gewaschen werden. Vor allem in
Spitälern trifft man immer häufiger farbige Arbeitskleidung an. In Arztpraxen ist mehrheitlich der
«weisse Kittel» erhalten geblieben.
Schutzausrüstung
4.5
Schutzausrüstung
U
Die Schutzkleidung wird ergänzend zur Berufskleidung beim Umgang mit erhöhtem Gefahrenpotenzial getragen.
Ziel:
S
Die Kontamination der Berufskleidung wird vermieden. Dadurch wird die
Keimverschleppung verhindert.
Schutz vor infektiösen Patienten resp. infektiösem Material
Schutz vor gefährlichen Stoffen, wie Chemikalien oder Zytostatika
Schutz für immungeschwächte Patienten
R
E
T
Je nach Gefahrengrad gehört zur Schutzkleidung:
• Mundschutz oder Atemschutzmaske
• Handschuhe
• Augenschutz
• Schutzkittel / Schürze
• Überschuhe
• Kopfhaube
120
Personalhygiene
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Personalhygiene
PSA – persönliche Schutzausrüstung
Sie enthält sämtliche Ausrüstungen, die eine Person vor gesundheitsgefährdenden Einflüssen schützt. Durch sie
können Unfälle und Berufskrankheiten vermieden werden!
Die PSA wird in Kategorie I, II und III unterteilt, wobei Kategorie III den höchsten Schutzgrad besitzt.
Kategorie
Schutz
II
III
vor geringfügigen Risiken
vor mittleren Risiken
vor tödlichen Gefahren, vor
irreversiblen Gesundheitsschäden
M
I
U
Alle PSA entsprechen den Mindestanforderungen der Richtlinie 89/686/EWG. Für die PSA der
Kategorie I sind keine Prüfungen vorgesehen. Die PSA der Kategorien II und III* müssen
ordnungsgemäss geprüft werden und die Konformitätserklärungen sowie die Prüfberichte
müssen vorliegen. Zudem sind die Produkte aus diesen beiden Kategorien entsprechend
gekennzeichnet und mit Gebrauchsanweisungen versehen.
*Eine detaillierte Erklärung dazu finden Sie in diesem Kapitel beim Thema Einmalhandschuhe!
E
T
S
Entsprechende rechtliche Bestimmungen zur PSA finden sich:
• Im Unfallversicherungsgesetz (UVG), Art. 82 und Arbeitsgesetz (ArG), Art. 6
• In der Verordnung über die Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten
(VUV), insbesondere Art. 5, 11 (Abs. 1), 38 und 90
• In der Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz (ArGV3), Art. 20 und 27
• In Richtlinie 89/686/EWG
Mund-Nasen-Maske
R
Mund-Nasen Maske DIN EN 14683
(medizinischer Mund-Nasen-Schutz / Operations-Maske)
Das Tragen eines Mundschutzes kann die Keimausbreitung
prägnant reduzieren. Primär verringert sie die Erregerzahl, die
durch den Anwender in die Umgebung abgeatmet wird
(= Patientenschutz). Zudem schütz sie den Träger, wenn auch
in begrenztem Masse, vor dem Einatmen grosser Tröpfchen
(= Personalschutz). Zusätzlich schützt sie den Träger vor Flüssigkeitsspritzern.
Die Mund-Nasen-Maske bietet keinen perfekten Schutz!
• Da der Atemstrom nicht komplett gefiltert wird und v. a. an den Seiten zusätzliche
Luft zirkulieren kann.
• Da die Filterporen zu grosse Durchmesser aufweisen, und somit kleinere Partikel
nicht zurückgehalten werden.
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Schutzausrüstung
121
Lehrkraftausgabe
Schutzausrüstung
DIN EN 14683
Mit der Norm DIN EN 14683 werden folgende drei Eigenschafen überprüft und bewertet:
• Bakterielle Filterwirksamkeit (BFE)
• Druckdifferenz zur Messung des Atemwiderstandes
• Spritzerfestigkeitsdruck
Die Norm sieht vier Leistungstypen vor:
Typ IR
Typ II
Typ IIR
bakterielle
Filterleistung
> 95%
> 95%
> 98%
> 98%
Atemwiderstand
< 29 Pa
< 49 Pa
< 29 Pa
< 49 Pa
Spritzwiderstand
--
ja
--
ja
M
Typ I
*PA = Pascal, ist eine abgeleitete SI-Einheit des Drucks sowie der mechanischen Spannung.
U
Mund-Nasen-Masken sind Medizinprodukte und sind in der Schweiz dem Heilmittelgesetz
unterstellt.
E
T
S
In medizinischen Einrichtungen wird vorwiegend vom Typ II und Typ IIR Gebrauch
gemacht.
Aufgabe 4.5.1
In welchen Situationen soll die medizinische Praxisassistentin einen Mundschutz tragen?
• Einsatz von Mund-Nasen-Masken:
• bei invasiven Eingriffen z. B. Operationen, Gelenkspunktionen etc.
• bei aseptischen Tätigkeiten
R
• in Situationen, wo eine Freisetzung einer Tröpfcheninfektion (z. B. erkältungsähnlichen Erkrankungen) des Personals möglich ist, zum Schutz des
Patienten
• bei der Versorgung von Patienten, mit einer infektiösen Erkrankung zum
Eigenschutz
• Korrekte Anwendung:
• durchfeuchtete Masken wechseln (nach ca. 2 – 3 Stunden)
• kein Ab- und wieder Anlegen → Keimverschleppung durch die Hände!
• Mund und Nase müssen vollständig bedeckt sein
• Maske muss ans Gesicht angepasst werden können
122
Personalhygiene
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Personalhygiene
• trocken lagern
• falls vorhanden, Verfalldatum beachten
M
•Merkmale:
• Bindebänder zur Befestigung am Kopf oder Ohrbänder, die um die Ohrmuschel
geschlungen werden
• Nasenbügel aus elastischem Metall zur optimalen Anpassung an die Nase
• aus Vlies oder Papier
• ein- oder mehrlagig
• Einmalgebrauchsartikel
Je exakter der Mundschutz an die individuellen Gesichtszüge angepasst werden kann, desto höher ist
seine Wirksamkeit!
Atemschutzmaske DIN EN 149
(partikelfiltrierende Halbmasken, FFP = filtering face piece)
U
Atemschutzmaske
DIN EN 149
S
Bietet eine Mund-Nasen-Masken keinen der Situation entsprechenden geeigneten Schutz,
wird eine Atemschutzmaske getragen. Sie bietet Schutz vor kleinsten Partikeln (bis zu 0.6
µm). Primär schützt sie medizinisches Personal vor Partikeln in der Luft. Zum Beispiel:
Dämpfen, Rauch, Gasen, Staub, Bioaerosolen.
E
T
Bioaerosole entstehen auf verschiedene Weisen: Husten und Niesen gehört zu den häufigsten
Quellen. Jedoch stellen verschiedene andere medizinische Prozeduren ebenfalls eine Gefahr
dar: z. B. Bronchoskopien, Herz-Lungen-Reanimationen, Sputum-Induktionen, Sterilisation
oder chirurgische Eingriffe - besonders jene mit mechanischen Hochleistungsinstrumenten
oder bei Eingriffen, die Abgase erzeugen.
Die Anforderungskriterien sind in der DIN EN 149 festgehalten und werden danach geprüft.
Atemschutzmasken werden nach den drei Geräteklassen (FFP 1, FFP 2 und FFP 3) unterschieden.
R
Geprüft wird:
•Atemwiderstand:
FFP1-Masen bieten den geringsten Schutz und Atemwiderstand. FFP3-Masken schützen am
besten, weisen jedoch den höchsten Widerstand auf, was die Atmung deutlich erschwert.
•Leckage:
(= Undichtigkeit) Es wird der Filterdurchlass und die undichten Stellen an Nase, Gesicht
und allenfalls am Ausatemventil geprüft.
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Schutzausrüstung
123
Lehrkraftausgabe
Schutzausrüstung
Gesamtleckage:
Mittelwerte:
Schutzwirkung
FFP 1
FFP 2
FFP 3
max. 25 %
max. 22 %
max. 11 %
max. 8 %
max. 5 %
max. 2 %
fester und flüssiger
gesundheitsschädlicher Staub, Rauch
und Bio-Aerosole
–
• offene Tuberkulose
• Influenzapandemie
• blutübertragbare
Virusinfektionen
• aerogen-übertragbare Infektionen
(z. B. Bronchoskopie, SARS)
• unbeabsichtigte
Freisetzung von
Zytostatika
M
ungiftiger und nichtfibrogener Staub,
Rauch und Aerosole
giftiger und gesundheitsschädlicher
Staub, Rauch und
Bio-Aerosole.
Filtration von radioaktiven und karzinogenen Stoffen sowie
Erreger wie Viren,
Bakterien und Pilzsporen
U
Einsatzgebiet
Medizin
S
Filter von FFP3-Masken
Durch mechanische Filterung werden Partikel zurückgehalten. Darüber hinaus findet
eine magnetische Filtration statt: durch die elektrostatische Ladung hält der Filter die
Partikel magnetisch fest.
E
T
R
• Korrekte Anwendung:
• wenn sie durchfeuchtet sind wechseln (nach ca. 8 Stunden)
• Einweggebrauch
• die Maske muss optimal an das Gesicht angepasst werden können
• Mund und Nase müssen vollständig bedeckt sein
• es darf keine Luft entweichen (Bartträger Achtung!)
• Dichtsitz überprüfen
• besonderer Vorsicht beim Ab- und wieder Anlegen
• trocken lagern
• Verfalldatum beachten
*Hinweis: mehr Informationen zum Thema sowie eine Veranschaulichung zur korrekten Anwendung finden Sie hier.
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Personalhygiene
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Personalhygiene
Augenschutz
Um die Augen vor Verletzungen, vor Medikamentenspritzern oder potenziell infektiösen
Körperflüssigkeiten zu schützen, ist das Tragen einer Schutzbrille erforderlich.
Augenschutz
Gefahrenquellen für die Augen in der Medizin
Chemische Stoffe
• biologische Stoffe (Blut)
• Röntgenstrahlung
M
• Säuren
• Laugen
• Lösungen
• Dämpfe
• Staub
Besondere Einwirkungen
Optische Einwirkung
• Laser
• Ultraviolett
U
Bei der Auswahl einer Schutzbrille werden folgende Punkte beachtet:
• Passform, Funktionalität, Tragkomfort
• verstellbare Bügellänge und verstellbarer Neigungswinkel
• Anpassung durch Kaltverformung soll möglich sein
• Grösse, Gesichtsfeld
• Beschlagfreiheit, Kratzbeständigkeit, Antistatik, UV-Schutz der Scheiben
• allenfalls Möglichkeit zur Sterilisation
S
Die Anforderungen werden in folgenden Normen geregelt:
persönlicher Augenschutz Standardnorm
DIN EN 170
Schutz gegen UV-Strahlung
DIN EN 171
Schutz gegen Infrarot-Strahlung
DIN EN 207
Persönlicher Augenschutz – Filter und Augenschutzgeräte gegen Laserstrahlung (Laserschutzbrillen)
E
T
DIN EN 166
Bei der Normierung werden die Gläser und das Gestell separat beurteilt.
Schürze
R
Schürze
Sie schützt die Arbeitskleidung vor Nässe, Verunreinigung und Verschmutzung.
Eigenschaften:
• aus PE-Folie
• flüssigkeitsdicht
• strapazierfähig
• für den Einmalgebrauch
• unsteril verpackt
• verschiedene Grössen
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Schutzausrüstung
125
Lehrkraftausgabe
Handschuhe
Schutzkittel
Kittel bieten im Vergleich zur Schürze einen grösseren Schutz. Die Vorderseite ist vollkommen
verschlossen und der Halsausschnitt ist hochgezogen. Die Kittel sind in unterschiedlichen
Qualitätsstufen erhältlich. Das Gefahrenpotenzial bestimmt den Schutzfaktor. In den
entsprechenden Normen wird der Schutz vor mechanischen und chemischen Gefahren sowie
gegenüber Infektionserregern geprüft.
Schutzkittel
M
4.6
Medizinische
Einmalhandschuhe
Handschuhe
Medizinische Einmalhandschuhe
U
E
T
S
Einmalhandschuhe dienen zum einem dem Eigenschutz vor potenziell infektiösen Substanzen
wie: Blut, Urin oder Stuhl und zum Schutz vor Chemikalien wie: Reinigung-, Desinfektionsmittel oder Zytostatika.
R
Zum anderen werden sie zum Schutz des Patienten getragen. Zum Beispiel bei Wundversorgungen, Punktionen oder anderen invasiven Eingriffen spielt der Patientenschutz eine
besonders wichtige Rolle.
Im folgenden Kapiteln wird detaillierter auf den Umgang mit den Handschuhen eingegangen.
126
Personalhygiene
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Personalhygiene
Einmalhandschuhe
sterile Handschuhe
(Operationshandschuhe)
unsterile Handschuhe
M
U
Ziel
Schutz des Personals vor Kontakt
mit Gefahrenstoffen = persönliche
Schutzhandschuhe
Schutz vor Infektionen des
Tragenden und des Patienten
= Untersuchungshandschuhe
und
E
T
S
Schutz vor infektiösem
Material in der
Patienten-Arzt / MPA-Beziehung
= Untersuchungshandschuhe
Damit mit dem Tragen von Handschuhen einen möglichst allumfassenden Hände-Schutz
erzielen werden kann, werden grosse Anforderungen an die Handschuhe gestellt:
• sie sollen elastisch sein
• für Flüssigkeiten undurchlässig
• sich der Hand anpassen
• die Haut nicht schädigen und keine Allergien auslösen
• eine hohe Tastfähigkeit gewährleisten
R
Damit all diese Anforderungen erfüllt werden können, muss je nach Tätigkeit ein anderes
Handschuhmaterial gewählt werden.
Die richtige Auswahl der Handschuhe wird getroffen anhand der folgenden Überlegungen:
• welcher Stoff ist abzuwehren
• welchen mechanischen Belastungen muss er Stand halt oder
• wie lange solle er getragen werden
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Handschuhe
127
Lehrkraftausgabe
Handschuhe
Schutzhandschuhe unterliegen ebenfalls der PSA-Richtlinie 89/686/EWG und werden je nach
Anwendung den Kategorien I, II oder III zugeordnet:
Kategorie I
Die Handschuhe erfüllen die Mindestanforderungen gemäss der Richtlinie 89/686/ EWG, hier
sind keine Prüfungen vorgesehen.
Dieser Kategorie sind Handschuhe für «anspruchslose» Arbeiten zugeordnet, wie z. B. für:
Haushalt- oder Gartenarbeiten, Schutz vor Werkstoffen etc.
M
Kategorie II
Die Kontrollprüfung der Handschuhe wird durch ein autorisiertes Prüfinstitut entsprechend
der Europäischen Normen (EN) durchgeführt.
Dieser Kategorie sind Handschuhe, die gegen mechanische, mikroorganische und/oder
chemische Gefährdungen schützen sollen, zugeordnet.
U
Kategorie III
Die Herstellung und der Vertrieb der Handschuhe muss nachweislich aufgrund eines Qualitätssicherungssystems und einer komplexen Kontrollprüfung erfolgen.
Diese Handschuhe schützen gegen komplexe und irreversibel Gefährdungen wie: aggressive
Chemikalien, aggressive Medikamente (Zytostatika), Mikroorganismen, ionisierende Strahlung etc.
S
R
E
T
Normen und Symbole für Handschuhe
(gemäss EN 420, allgemeine Anforderungen für Handschuhe):
Die Anwesenheit von einem Symbol weist darauf hin, dass die Handschuhe nach einem der
europäischen Norm definierten Verfahren getestet wurden. Für den fachgerechten Einsatz
muss die Gebrauchsanweisung der der Handschuhe oder die Anweisung der gefährlichen
Substanz beachtet werden.
128
Personalhygiene
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Personalhygiene
Gebrauchsanleitung beachten!
Zum Schutz vor geringer chemische Gefährdung (EN 374):
M
Luft- und Wasserdichtigkeitstest wurde bestanden, Handschuhe haben
keine porösen Stellen, keine undichte Nähte und keine weitere Mängel.
Sie schützen gegen weniger gefährliche Chemikalien.
U
Zum Schutz vor Mikroorganismen (EN 374):
Zusätzlich zum ersten Symbol wird hier der Handschuh gegen das
Eindringen von Mikroorganismen getestet.
S
Zum Schutz vor chemischer Gefährdung (EN 374):
E
T
Die Handschuhe schützen vor Luft, Wasser, Mikroorganismen und zusätzlich vor dem Eindringen von chemischen Substanzen.
Schutz gegen mechanische Gefährdungen (EN 388):
Schutz gegen ionisierende Strahlen (EN 421)
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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R
Es wird geprüft auf:
A) Abriebfestigkeit
B) Schnittfestigkeit
C) Weiterreissfestigkeit
D) Durchstichfestigkeit
Handschuhe
129
Lehrkraftausgabe
Handschuhe
Erklärung der Norm EN 374
Diese Norm legt die Eigenschaften von Handschuhen zum Schutz des Anwenders vor Chemikalien und/oder Mikroorganismen fest und wird bezüglich der Penetration und der Permeation definiert.
M
Penetration
Sie beschreibt das Eindringen von Stoffen (Chemikalien,
Mikroorganismen) durch nicht intakte Schutzhandschuhe.
Mögliche Ursachen für das Leck sind poröse Stellen, Nähte,
Nadellöcher etc.
Permeation
U
E
T
S
Dieser Begriff beschreibt die Durchbruchszeit, die eine gefährliche Flüssigkeit bis zum Hautkontakt benötig.
Die Gummi- und Kunststoffschichten eines Hand-schuhs bilden
nicht immer eine undurchdringbare Flüssigkeitsbarriere.
Manchmal reagieren sie wie ein Schwamm, indem sie Flüssigkeiten aufsaugen und gegen die Haut drücken. Daher ist es
wichtig, die Permeation zu kennen.
R
Das Piktogramm «Chemikalienfestigkeit» muss von einem dreistelligen Zahlencode begleitet
sein. Dieser Schlüssel bezieht sich auf die Buchstabencodes von drei Chemikalien (aus einer
Liste von zwölf definierten Standardchemikalien), für die eine Durchbruchszeit (Permeation)
von mindestens 30 Minuten ermittelt wurde.
• A Methanol
• B Aceton
• C Acetonitril
• D Dichlormethan
• E Kohlenstoffdisulfid
abc
• F Toluol
• H Tetrahydrofuran
• IEthylacetat
• Jn-Heptan
• K Natriumhydroxid 40%
• L Schwefelsäure 96%
130
Personalhygiene
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Personalhygiene
Das Piktogramm «Geringe Chemikalienfestigkeit» oder «Wasserdichtigkeit»
muss für die Handschuhe verwendet werden, die zwar den Penetrationstest
bestehen, aber nicht bei mindestens drei Chemikalien aus obiger Auflistung eine Mindestdurchbruchszeit von 30 Minuten erreichen.
M
Achtung! Diese Informationen über Chemikalien entsprechen nicht unbedingt der
tatsächlichen Kontaktdauer am Arbeitsplatz!
Name / Handelsname / Hersteller oder Lieferant
Typenangabe / Modellnummer
Grösse
Symbol mit Leistungsstufen
falls erforderlich, Angabe des Verfallsdatums
E
T
S
•
•
•
•
•
U
CE-Kennzeichnung
Mit der CE-Kennzeichnung wird vom Hersteller oder dem Inverkehrbringen
bestätigt, dass das Produkt den geltenden Anforderungen, gemäss der
EU-Verordnung 765/2008, genügt.
DIN EN 455-1:
Anforderungen und Prüfung auf Dichtheit und Freiheit von Löchern.
DIN EN 455-2:
Anforderung und Prüfung der physikalischen Eigenschaften
Regelt Anforderungen, Mindestmasse, Grössen und Reissfestigkeit
DIN EN 455-3:
Anforderungen und Prüfung für die biologische Bewertung (Biokompatibilität)
Regelt die Herstellung und die Kennzeichnung
DIN EN 455-4:
Anforderung und Prüfung der Haltbarkeitsdauer, inkl. Lagerungshinweise
R
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Handschuhe
131
Lehrkraftausgabe
Handschuhe
Medizinische Untersuchungshandschuhe
Medizinische Untersuchungshandschuhe – persönliche Schutzhandschuhe
Untersuchungshandschuhe bieten nicht genügend Schutz gegenüber allen Gefahrenstoffen.
Deshalb wird unter bestimmten Bedingungen das Tragen von speziellen Handschuhen, sogenannten persönlichen Schutzhandschuhen, empfohlen.
Persönliche Schutzhandschuhe
(unterliegen der EN 374, 388, 420)
•schützen das Personal und auch die
Patienten vor einer Infektionsübertragung
•werden als Medizinprodukte gehandelt
•dienen nur dem Schutz des Anwenders
•gehören zur persönlichen Schutzausrüstung
•schützen vor Kontakt mit Desinfektionsmittel, Labor-Chemikalien, Zytostatika
etc.
M
Medizinische Schutzhandschuhe
(unterliegen der EN 455- bis 455-4)
U
Handschuhe, die sowohl als Untersuchungshandschuhe als auch persönliche Schutzhandschuhe qualifiziert sind, lassen sich in der Praxis am vielseitigsten gebrauchen.
Sie müssen dabei sämtliche Normen erfüllen.
S
Medizinische Untersuchungshandschuhe werden getragen, sobald ein möglicher Kontakt
mit potentiell infektiösem Material zustande kommen kann sowie bei sämtlichen invasiven
Tätigkeiten.
E
T
Aufgabe 4.6.1
Notieren Sie «Materialien», welche als potentiell infektiös zu betrachten sind!
•Urin
•Stuhl
•Gewebeproben
• Hirn- / Rückenmarksflüssigkeit
•Sputum
•Wundexsudat
R
•Bakterienkulturen
• Blut (Vollbut, Serum, Plasma)
•Gewebsflüssigkeit
•Sperma
•Erbrochenes
• Vaginalsekret, Speichel, Tränen
132
Personalhygiene
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Lehrkraftausgabe
Personalhygiene
Farben
Handschuhe sind in diversen Farben wie weiss, blau, schwarz etc. erhältlich. Vorteile sind:
M
• gute Indikatorwirkung als Unterziehhandschuh (durch farbige Unterziehhandschuhe
während Operationen werden Beschädigungen am äusseren, weissen Handschuh
besser sichtbar.
• für die verschiedenen Anwendungszwecke können unterschiedliche Farben stehen
• Farben können auf den menschlichen Organismus eine beruhigende oder anregende
Wirkungen haben.
Grössen
Handschuhe sollen eng anliegen und gleichzeitig angenehm zu tragen sein. Die verschiedenen Grössen werden in der EN 455-2 deklariert. Jedem Mitarbeiter muss seine individuelle
Grösse zur Verfügung stehen.
unsterile Handschuhe
XS-S-M-L-XL-XXL
6 – 6,5 – 7 – 7.5 – 8 – 8.5 - 9
Teilanatomische Handschuhe
E
T
S
Passformen
U
Masse:
unsterile Handschuhe
Anatomische Handschuhe
R
Meist haben Operationshandschuhe eine anatomische Form und sind dadurch nicht für jede
Seite identisch. Die anatomische Formung verlangt eine Unterscheidung in links- und rechtstragbar. Die übrigen Handschuhe sind mehrheitlich flach und beidseitig (links oder rechts)
anwendbar.
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Handschuhe
133
Lehrkraftausgabe
Handschuhe
Verpackung
Sterile Handschuhe sind paarweise verpackt. Nicht sterile werden in Spenderkartons unterschiedlicher Packungsgrössen auf dem Markt angeboten. Für die Spenderboxen sind Wandhalterungen erhältlich. Diese vermeiden zum einen eine Kontamination der anzuziehenden
Handschuhe und zum anderen ein mögliche Verunreinigung der verbleibenden Handschuhe.
U
M
Entnahme aus Wandhalterung
E
T
S
Die Handschuhe sind so eingelagert, dass sie an der Stulpe entnommen werden können. Die
Finger werden von einer möglichen Kontamination verschont.
Entnahme aus der Spenderbox
R
Beim Gebrauch von herkömmlichen Packungen kann eine Kontamination auf verschiedene
Wege zu Stande kommen: Die Handschuhe werden im Hand- oder Fingerbereich entnommen
und so möglicherweise kontaminiert. Weiter haben Untersuchungen ergeben, dass, wenn eine
Spenderbox zu 60 – 70 % entleert ist, oft unabsichtlich mehrere Handschuhe entnommen
werden. Diese werden dann mit einer möglichen Verunreinigung zurück in die Box gesteckt.
*Hinweis: Detailinformation dazu erhalten Sie unter dieser www-Adresse: http://www.berner-international.de/
schutzhandschuh_mit_safedon_system_dermagrip_ultra_lt_de_994.html
134
Personalhygiene
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Lehrkraftausgabe
Personalhygiene
Materialeignung
Die unterschiedlichen Anforderungen, Beanspruchungen und Zwecke der Handschuhe
verlangen verschiedenen Materialien.
Um einen optimalen Schutz zu gewährleisten, sind für jede Tätigkeit adäquate Handschuhe
zur Verfügung zu stellen.
Trageigenschaften
Schutzeigenschaften
• höchste Elastizität
• sehr reissfest
• hohe Griffsicherheit
• gutes Tastempfinden
erhöhtes Risiko
für Sofortallergie (Typ I) und
Kontaktallergie
(Typ IV)
• höchster Schutz vor
Mikroorganismen
• gute Schutz vor
Säuren und Laugen,
durchlässig für Öle
und viele Lösungsmittel
mittleres
Niveau
Nitril
(synthetischer
Latex)
• verringert das
Schwitzen im
Handschuh
• stichfester wie
Latex
• mässig elastisch
• gute Reissfestigkeit
• für Latexallergiker
Risiko für
Kontaktallergie
• hoher Schutz vor
Chemikalien
• Schutz vor blutübertragbaren Erregern
mässiges
Preisniveau
Vinyl
(PVC)
• kaum elastisch
• niedrige Reissfestigkeit
Allergierisiko
durch enthaltene
Weichmacher
geringes Schutzpotential
(Anwendung nur bei
niedrigem Risikofaktor)
sehr preisgünstig
Isopren
• sehr hohe Elastizität
• sehr gute Reissfestigkeit
Risiko für
Kontaktallergie
-guter Chemikalienschutz
Insbesondere beim
Umgang mit Zytostatika
hochpreisig
Chloropren
(Neopren)
• mässig elastisch
• gute Reissfestigkeit
Risiko für
Kontaktallergie
guter Chemikalienschutz
(wird nur in Spezialgebieten eingesetzt)
M
Allergierisiko
Latex
(natürlicher
Latex)
Preis
U
R
E
T
S
hochpreisig
Detailliert Informationen über die jeweiligen Produkte mit der ansprechenden Anwendungsindikation werden dem jeweiligen Produktedatenblatt entnommen.
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Handschuhe
135
Lehrkraftausgabe
Handschuhe
Latex-Allergie – Kontaktallergie
Kommt die Haut mit einem Produkt das Latex enthält in direkten Kontakt, kann eine allergische Reaktion
provoziert werden. Ausgelöst wird sie durch die darin enthaltenen Proteine, die mehrheitlich von
Produktionsrückständen her stammen. Die Latex-Proteine können eine lokal begrenzte Wirkung, in Form
von Nesselsucht, Juckreiz, Hautrötung oder Schwellungen, hervorrufen. Werden die Allergene über die
Haut in den Blutkreislauf aufgenommen und im Organismus verteilt, treten heftigere Reaktionen
(Asthmaanfälle, Lippenschwellung, Kehlkopfschwellung oder Nesselfieber am ganzen Körper, bis hin zum
anaphylaktischen Schock) auf.
Die «Behandlung» besteht aus der Vermeidung des allergieauslösenden Stoffes. Zurzeit steht (noch)
keine Immuntherapie zu Verfügung. Die Verwendung latexarmer/-freier und weniger allergen wirkender
Handschuhe ist indiziert.
M
Gepuderte Handschuhe
U
Gepuderte Handschuhe – oder besser ohne?
Die Thesen, dass Puder im Innern das Anziehen der Handschuhe erleichtern soll und Puder
den Schweiss absorbiert sind überholt.
S
Auf das Tragen von gepuderten Handschuhen sollte verzichtet werden.
Viele Handschuhe weisen eine synthetische Innenbeschichtung auf, die den Puder überflüssig macht.
R
E
T
Risiken durch gepuderte Handschuhe:
• Schädigung der Haut: Feuchtigkeitsentzug, Erhöhung vom pH-Wert, Abnutzung der
Epithelschicht → natürlicher Hautschutzfilm wird zerstört.
• Handschuhpuder kann Reizungen der Augenbindehaut und der Atemwegsschleimhaut hervorrufen.
• Handschuhinhaltsstoffe werden durch Handschweiss und auftretende Flüssigkeiten
vermehrt an den Puder gebunden. Dadurch werden Hautirritationen (Kontaktekzem)
Entzündungen durch Endotoxine begünstigt oder es kann zu allergischen Reaktionen kommen.
• belastete Puderpartikel können durch perforierte Handschuhe oder die An- und
Ausziehbewegung grossräumig über die Raumluft verteilt werden. Es werden somit
weitere Personen gefährdet.
• Mikroorganismen können an Puderpartikel anhaften und über die Raumluft ausgestreut werden (Operationskomplikationen!).
• Puderpartikel setzten sich auf medizinischen Instrumenten und Medizinprodukten
ab. Sie können deren Funktion beeinträchtigen oder bei deren Anwendung den
Patienten gefährden.
• über die Luft übertragenen Partikel von Puder können sich auf Untersuchungsmaterial (Blut, Urin, …) ablagern und zu falschen Ergebnissen führen.
136
Personalhygiene
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Personalhygiene
Inhalative Latexbelastung – Latexallergie Typ I (Sofortallergie)
Zum Einsatz als Handschuhpuder kommt Maisstärke. Sie wurde jedoch nicht als Auslöser von Allergien
nachgewiesen. Vielmehr dient die Maisstärke als Transportmedium für die Latexproteine. Diese werden an
Handschuhpuder gebunden und verteilen sich beim An- und Ausziehen der Gummihandschuhe. Die
aufgewirbelten, allergenbeladenen Puderpartikel werden inhaliert und können allergische Reaktionen
des Atemtraktes hervorrufen (z. B. allergischer Schnupfen oder Bronchialasthma). In schweren Fällen
kann ein lebensbedrohlicher anaphylaktischer Schock zu Stande kommen.
M
Lagerung Handschuhvorräte
(In der DIN 7716 – Vorschriften zur Lagerung von Elastomeren – wird die Lagerung explizit
geregelt.)
Lagerung
Handschuhvorräte
U
Die Einwirkung von folgende Lagerungsbedingungen wirkt sich negativ auf die Lebensdauer
aus:
• Extremtemperaturen
• Feuchtigkeit
• Licht / Ozon
• Sauerstoff
S
Hinweis: für sterile Einmalhandschuhe siehe Kapitel 7.3, Sterilisation; Aufbewahrungsverfahren
Dadurch werden Oberflächenschäden wie Verhärtungen, Weichwerden oder Risse hervorgerufen. Um dies zu vermeiden sind die genannten Faktoren möglichst zu vermeiden.
E
T
Allgemeine Hinweise
R
Allgemeine Hinweise im Umgang mit unsterilen Einmalhandschuhen
• keine lange Fingernägel und keinen Handschmuck tragen
• Handschuhe nicht desinfizieren und nur einmal verwenden
• kein Dauertragen (max. eine Stunde)
• neuer Patient, neue Handschuhe
• vor dem Anziehen und nach dem Ausziehen Hände desinfizieren
• Händedesinfektionsmittel vollständig trocknen lassen (Alkoholrückstände unter
den Handschuhen können zu verbrennungsartigen Beschwerden führen)
• nur mit trockenen Händen anziehen (Feuchtigkeit lässt die Haut aufquellen)
• beim Ausziehen ist der Kontakt mit der äusseren Seite zu vermeiden, indem die
Innenseiten nach aussen gestülpt wird
• via Doppelsack entsorgen
• auf das Haltbarkeitsdatum achten
• die Handschuhauswahl richtet sich nach der Tätigkeit
• vor dem Anziehen keine Pflegemittel auftragen (Öl- und Fettrückstände schädigen
Latexhandschuhe)
• nicht mit Handschuhen anzufassen sind:
>> Tastatur
>> Lichtschalter
>> Mikroskop
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Handschuhe
137
Lehrkraftausgabe
Handschuhe
>> Zentrifuge
>> Türfallen
>> Schreibmaterial
>> Wasserhahn
>> …
Findet trotzdem ein Kontakt mit Handschuhen statt, muss anschliessend eine Desinfektion
des Materials erfolgen.
M
Handschuhe schützen nicht vor Stichverletzungen! Bei Verletzungen mit Skalpellklingen oder Nähnadeln verringern sie allerdings die Menge des übertragbaren Blutes.
Jedoch nicht bei Verletzungen mit Hohlnadeln!
U
Aufgabe 4.6.2
Notieren Sie, wann Sie als MPA Handschuhe tragen sollten!
S
• Verbandswechsel
• Blutentnahme
• Injektionen / Infusionen
E
T
• Flächendesinfektion
• Aufziehen von Zytostatika
• Urinanalyse
• Instrumentenreinigung
• etc.
R
138
Personalhygiene
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Desinfektion
5
Desinfektion
U
M
Definition
R
E
T
S
5.1
Definition
Die Desinfektion ist eine Hygienemassnahme. Sie dient dazu, pathogene Erreger abzutöten
(z.B. bakterizid) respektive in ihrer Aktivität einzuschränken (z. B. bakteriostatisch). Durch
die Desinfektion wird eine Keimarmut, nicht aber eine Keimfreiheit erzielt. Was bedeutet,
dass die Keimzahl der Haut oder eines Objektes soweit reduziert wird, dass eine Keimübertragung und somit die Übertragung von Infektionen nicht mehr möglich ist (von 100’00 Keimen
bleibt einer übrig). Man spricht von einer Antisepsis
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Definition
139
Lehrkraftausgabe
Grundbegriffe – Glossar
Ziel der Desinfektion
• Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz gewährleisten
• Umweltsicherheit ein- und aufrecht halten
• Produktesicherheit garantieren
Grundbegriffe – Glossar
5.2
Grundbegriffe – Glossar
M
Aufgabe 5.2.1
a) Suchen Sie nach den fehlenden Begriffen und schreiben Sie Ihre persönliche Definition
dazu.
b) Vergleichen Sie die Definitionen innerhalb der Klasse.
c) Lernen Sie die Begriffe und Definitionen indem Sie sich gegenseitig abfragen.
U
Massnahmen, die zu einer Keimreduktion oder –inaktivierung führt.
antiseptisch
keimreduzierend und –bekämpfend z. B. durch die Desinfektion
Antiseptik
Unter Antiseptik versteht man die Anwendung antimikrobieller
Substanzen am lebenden Gewebe. Ziel ist die Abtötung oder Vermehrungshemmung von Krankheitserregern am Ort oder an der Eintrittspforte einer Infektion (z. B. präoperative Haut-und Schleimhautdesinfektion).
bakteriostatisch
bakteriozid
Die Vermehrung von Bakterien hemmen aber nicht abtöten.
bakterienabtötend = Bakterien so stark schädigen, dass sie den
irreversiblen Zelltod der Erreger auslösen.
R
Bioziede
E
T
S
Antisepsis =
Antiseptik
Biozide sind Substanzen und Produkte, die Mikroorganismen: Bakterien, Viren, Pilze, Algen ect. aber auch Schädlinge: wie Insekten,
Mäuse oder Ratten, unschädlich machen, bekämpfen oder zerstören.
Gerinnung. Denaturierung ist, wenn z. B. Protein-(Eiweisse)
Denaturierung
oder DNS-Struktur durch physikalische oder chemische Einflüsse
verändert wird.
fungizid
140
Desinfektion
Pilz(e) abtötend
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Desinfektion
Inaktivierung
In der Virologie versteht man unter Inaktivierung das Verfahren,
welches zur Verminderung der Infektiosität führt.
Die Infektiosität beschreibt die Fähigkeit eines Krankheitserre-
Infektiosität
gers (Pathogens), nach erfolgter Übertragung einen Wirt zu
infizieren.
Ein Reiz oder eine Erregung, welcher meist von negativer Bedeu-
M
Irritation
(Schleimhaut­
irritation)
Unter der Keimzahl versteht man die Anzahl Mikroorganismen in
einer bestimmten Substanzmenge.
Keimzahl
levurozid
U
Korrosion /
korrosiv
tung ist.
mikrobizid
Das Wachstum von Mikroorganissmen vollständig oder teilweise
hemmen aber nicht abtöten.
Mikroorganismen abtötend
E
T
Parameter
Unterbegriff von fungizid: Hefepilze abtötend
S
mikrobiostatisch
Beschädigung / schädigend (zernagend)
Eine charakterisierende Eigenschaft, eine Kenngrösse, Kennzahl
oder Einflussgrösse
möglich / möglicherweise / denkbar / wahrscheinlich
Remanenzwirkung
(lateinisch remanere = zurückbleiben) beschreibt die Dauer, während
der ein desinfiziertes Objekt vor Neukontaminationen geschützt ist.
Resistenzbildung
Unempfindlichkeit gegen ein betreffendes Mittel.
R
potenziell /
potentiell
Mit Resorption wird der Prozess bezeichnet, bei dem körpereiResorption /
resorbieren
gene oder -fremde Stoffe durch lebende Zellen oder Gewebe
aufgenommen werden.
sporizid
Sporen abtötend
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Grundbegriffe – Glossar
141
Lehrkraftausgabe
Desinfektionsverfahren
mykobakterizid
Mykobakterien abtötend
Die Validierung ist in der europäischen Normung ein dokumentiertes Verfahren zur Erbringung, Aufzeichnung und Interpreta-
Validierung
tion von Ergebnissen. Diese zeigen, dass ein Verfahren dauerhaft
mit den vorgegebenen Spezifikationen übereinstimmt. (SN EN
M
ISO 17665-1, 3.60).
virustatisch
Die Vermehrung von Viren hemmen aber nicht abtöten.
Virenabtötend = Viren so stark schädigen, dass sie den irreversi-
viruzid
U
blen Tod der Erreger auslösen.
Desinfektionsverfahren
S
5.3
Desinfektionsverfahren
Anwendung in der Humanmemedizin
Physikalisch
Desinfektion
•Thermische
Desinfektion
(trockene oder
feuchte Hitze)
•Strahlendesinfektion
E
T
Desinfektionsverfahren
Definition
Bei der physikalischen Desinfektion werden Mikroorganismen durch
trockene, feuchte Hitze oder durch Strahlung abgetötet respektive in ihrer
Aktivität eingeschränkt. (auskochen, Verbrennung, Reinigungs-Desinfektionsgeräte, strömender Dampf, ultraviolette Strahlung)
Vorteile / Nachteile
Die thermische Reinigung und Desinfektion von Medizin-produkten wird in
einem voll-automatischen Reinigungs- und Desinfektionsgerät (RDG*)
vorgenommen und ist der manuellen Aufbereitung vorzuziehen. (80 – 95° C)
R
*Hinweis: Das RDG wird im Kapitel «Sterilisation» beschrieben.
142
Desinfektion
Vorteile:
• Keine Wirkungslücken
• Gute Arbeitssicherheit und Personenschutz
• Gute Umweltverträglichkeit
• Dokumentation zur Validierung
Nachteile:
• Hohe Anschaffungskosten
• Nicht für hitzeempfindliche Materialien geeignet
Einsatzmöglichkeit
• Chirurgische Instrumente
• Desinfektion der Raumluft durch
UV-Strahlen (OP Schleusse)
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Desinfektion
Desinfektionsverfahren
Anwendung in der Humanmemedizin
Chemischthermische
Desinfektion
Definition
Durch die Kombination von Hitze und chemischen Desinfektionsmittel
werden Mikroorganismen abgetötet respektive in ihrer Aktivität eingeschränkt. (Reinigungs-Desinfekionsgeräte)
Vorteile / Nachteile
M
Eine chemisch-thermische Desinfektion wird ebenfalls maschinell durchgeführt. Die desinfizierende Wirkung wird durch die Kombination: Desinfektionsmittels und Wassertemperatur erreicht. (40 – 65° C)
Nachteile:
• Kostenaufwändiger durch das
Mitführen von Desinfektionsmitteln
•Umweltbelastend
Einsatzmöglichkeit
• Thermolabile Medizinal-produkte
z. B. Endoskope
•Wäsche
U
Vorteile:
• Auch für hitzeempfindliche (thermolabile)
Medizinprodukte geeignet
• Kein Wirkungsverlust durch Zersetzung des
Desinfektionsmittels
• Gute Arbeitssicherheit und Personenschutz
Bei der chemischen Desinfektion werden Mikroorganismen durch die Anwendung von Biozieden abgetötet respektive in ihrer Aktivität eingeschränkt.
Je nach Art des verwendeten Wirkstoffes kommt es zu unterschiedlichen
Reaktionen.
Zum Beispiel:
• Eiweissveränderungen = Denaturierung
• Schädigung der Lipid-memranen
• Schädigung der Nuklein-säuren etc.
Vorteile / Nachteile
E
T
•Tauchverfahren
(Einlegen)
•Wischverfahren
•Sprüh-WischDesinfektion
Definition
S
Chemische
Desinfektion
Chemische Desinfektions-mittel werden sowohl bei der Hände- als auch bei
der Flächen- oder Wäsche-desinfektion eingesetzt.
Vorteile:
• Breites Einsatzgebiet
• Schnelle Wirkung
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
R
Einsatzmöglichkeit
Nachteile:
• Wirkungslücken
• Resistenz gegenüber bestimmten
Bakterien
• Störung oder Inaktivierung der
Wirkung durch andere Substanzen.
Z. B. Eiweiss- oder Seifenfehler
•Gesundheitsbelastend
•Händedesinfektion
•Hautdesinfektion
•Schleimhautdesinfektion
•Wunddesinfektion
•Flächendesinfektion
•Instrumentendesinfektion
Desinfektionsverfahren
143
Lehrkraftausgabe
Desinfektionsmittel
Es gibt kein universelles Desinfektionsverfahren!
Die Wahl des Verfahrens richtet sich nach dem Objekt und der Art und dem Umfang der
mikrobiellen Kontamination.
Desinfektionsmittel
5.4
Desinfektionsmittel
M
Durch Desinfektionsmittel werden pathogene Mikroorganismen abgetötet oder in ihrer
Lebens- und Überlebensfähigkeit = antiseptischer Zustand.
U
Genau genommen unterscheidet man zwischen dem Begriff «Desinfektionsmittel» und
«Antiseptika». Erstere töten Keime auf unbelebten Oberflächen ab. Antiseptika hingegen
zerstören / inaktivieren Keime auf lebendem Gewebe.
Antiseptika
Desinfektionsmittel
S
Anwendungsgebiet
•Haut
•Schleimhaut
•Wunden
E
T
Antiseptika kommen prophylaktisch und
auch therapeutisch zur Behandlung bestehender Infektionen zum Einsatz.
Desinfektionsmittel werden ausschliesslich
Infektionsprophylaxe eingesetzt.
R
Viruzide
•Flächen
•Instrumente
• Hände («sprachliche Ausnahme»: Die
Hände werden im Gesundheitswesen
gleich wie die medizinischen Instrumente verstanden und eingesetzt.)
Viruzide sind Substanzen, welche die Viren ausserhalb von lebenden Organismen inaktivieren.
Die Viren lassen sich aufgrund ihrer Struktur hinsichtlich der Widerstandsfähigkeit gegenüber
Desinfektionsmitteln in zwei Gruppen unterteilen:
• unbehüllte Viren
• behüllte Viren.
144
Desinfektion
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Desinfektion
Kennzeichnung der Viruzide:
«begrenzt viruzid»
(wirksam gegen behüllte Viren)
Die Desinfektionsmittel werden zur Zulassung mit folgenden «Test-Viren» getestet:
• BVD-Virus (Bovine Viral Diarrhea Virus)
•Vakziniavirus
«Viruzid»
M
«viruzid» bedeutet, dass das Desinfektionsmittel gegen behüllte und unbehüllte
Viren wirksam ist. Zusätzlich wird gegen
folgende Viren getestet:
•Poliovirus
•Adenovirus
•Polyomaviren
U
Die Unterteilung erfolgt, da die viruzide Wirkung schwerer zu erzielen ist, aber nicht in allen
Fällen verlangt wird. Je nach Anwendungsbereich wird entschieden, welches Wirkspektrum
das Desinfektionsmittel besitzen soll.
Viele Desinfektionsmittelhersteller deklarieren ihre Produkte mit den für den Anwender
relevanten Viren. So kann eine Beschriftung lauten: «begrenzt viruzid (inkl. HBV, HIV, HCV)».
S
Anforderungen
Anforderungen
R
E
T
Aufgabe 5.4.1
Welche Anforderungen stellen Sie an ein Desinfektionsmittel bezüglich mikrobiologische
Wirksamkeit, Anwendungseigenschaften, Toxizität und Umweltverhalten?
a) Schreiben Sie möglichst viele Kriterien auf.
b) Vergleichen Sie anschliessend im Klassen-Plenum.
c) Vervollständigen Sie die nachfolgende Tabelle.
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Desinfektionsmittel
145
Lehrkraftausgabe
Desinfektionsmittel
Anforderungen an ein Desinfektionsmittel
• breit wirken = bakterizid und sporozid, viruzid sowie fungizid
• eine kurze Einwirkzeit haben
• eine irreversible und lange Wirkung haben
• eine zuverlässige Wirkung haben, auch bei Belastung
Ein Desinfektionsmittel soll:
• eine gute Material-verträglichkeit haben
• eine gute Reinigungs-kraft aufweisen sowie eine Hartwasserstabilität
• sicher in der Anwendung sein (z. B. Flammpunkt)
S
Anwendungseigenschaften
U
M
Mikrobiologische
Wirksamkeit
Ein Desinfektionsmittel soll:
• gut dosierbar und einfach in der Anwendung sein
• eine gute Akzeptanz haben (z.B. Geruch, Hautgefühl)
E
T
• Es soll wirtschaftlich sein = in einem guten Kosten-/Nutzenverhältnis stehen
Toxizität
Ein Desinfektionsmittel soll:
•Es soll gut verträglich sein gegenüber: Haut, Schleimhaut und
Wunden
146
Desinfektion
R
Umweltverhalten
• Es soll eine niedrige Dermale- und Inhalation-Toxizität aufweisen
Ein Desinfektionsmittel soll:
•Es soll umweltfreundlich sein = biologisch abbaubar
•Es soll eine geringe Abwassertoxizität aufweisen
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Desinfektion
5.5
Wirkstoffe
Wirkstoffe
Desinfektionsmittel für verschiedene Anwendungsgebiete
In der INB NK 158 werden die Chemischen Desinfektionsmittel und Antiseptika derfiniert. Das heisst, die
Normung der Terminologie, Anforderungen, Prüfmethoden einschliesslich der potentiellen Wirksamkeit
unter Gebrauchsbedingungen, Gebrauchsempfehlungen und Etikettierung auf dem gesamten Gebiet der
chemischen Desinfektion und Antiseptik. Die Aktivitäten schliessen die Gebiete Landwirtschaft (ausgenommen chemische Pflanzenschutzmittel), Haushalt, Nahrungsmittelhygiene und andere industrielle
Gebiete, gewerbliche, medizinische und veterinäre Anwendungen, ein.
M
U
Aufgabe 5.5.1
Welche Wirkstoffe enthalten die Desinfektionsmittel, welche Sie aus Ihrer Lehrpraxis respektive aus dem ÜK kennen? Schauen Sie nach und schreiben Sie die Namen der Produkte zu den
entsprechenden Wirkstoffen.
S
Alkohole
Alkohole trocknen sehr schnell und somit sind die Desinfektionsmittel auf Alkoholbasis in der
Regel innerhalb von 30 Sekunden wirksam.
E
T
Alkoholhaltige Desinfektionsmittel sind nicht geeignet für die Wunddesinfektion, da der
Alkohol in der Wunde brennt. Auch für die grossflächige Desinfektion sind Desinfektionsmittel auf alkoholischer Basis nicht geeignet, da der Alkohol feuergefährlich ist und leicht
entzünden kann.
Alkohole sind keine allergisierende Desinfektionsmittel. Trotzdem werden zur Hautdesinfektion keine reinen Alkohole verwendet, da diese die Haut austrocknen würden.
R
Bei der Anwendung von Sprays können sich Alkoholdämpfe bilden, welche die Atemwege
reizen. Zur Vermeidung von Dämpfen sollte das Desinfektionsmittel in ein «Fliestuch» dosiert
und anschliessend durch Wischen der Oberfläche aufgetragen werden.
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Wirkstoffe
147
Lehrkraftausgabe
Wirkstoffe
Beispiele
Wirkspektrum
Anwendungsbereich
•Ethanol
•1-Propanol
(n-Propanol)
• 2-Propanol (Isopropanol)
bakterizid, tuberkulozid, fungizid,
viruzid: auf behüllte
und unbehüllte Viren:
durch verlängerte
Einwirkzeit oder
Mischungen verschiedener
Alkohole
Vorwiegend für die
Haut- und Händedesinfektion
Sprüh-Wisch-desinfektion für kleinere
Flächen
Beispiele
•Sterilium
• Desderman pure
• Helipur H plus N
•Softa-Man
• Softasept N
•Braunoderm
• Alcohol Pads B.
Braun
•Meliseptol
•Bacillol
M
Jedoch nicht sporozid!
U
Aldehyde
Aldehyde besitzen eine sehr gute Materialverträglichkeit und sind gut biologisch abbaubar.
Jedoch besteht die Gefahr des Eiweissfehlers. Das heisst, sind Instrumente strakt mit
eiweisshalten Rückständen (Blut, Gewebe,…) kontaminiert, werden diese auf den Oberflächen fixiert und es findet keine Desinfektion statt.
Hiervon ausgenommen sind Formaldehyd, sie denaturieren Eiweisse.
S
Beispiele
•Formaldehyd
•Glutaral
•Glyoxal
E
T
Formaldehyd
Formaldehyd ist ein starkes Allergen und kann Haut-, Atemwegs- und Augenreizungen
hervorrufen, zum Teil werden sie in der Literatur auch als kanzerogen bezeichnet. Deshalb
soll es nur gezielt eingesetzt werden und Schutz-/Sicherheitshinweise sind zu beachten
(Handschuhe tragen, Vermeiden von direktem Hautkontakt, gut gelüftete Räume). Formaldehyd hat ein breites Wirkungsspektrum und wie bereits erwähnt, nur einen geringen
Eiweissfehler.
Wirkspektrum
Flächendesinfektion
Instrumentendesinfektion
Wäsche
Beispiele
• Korsolex® extra
• Kohrsolin FF
Tissues
(gebrauchsfertige aldehydhaltige Desinfektionstücher)
R
bakterizid, tuberkulozid, fungizid,
sporozid, viruzid auf
behüllte und unbehüllte Viren
Anwendungsbereich
• Helipur H plus N
•Meliseptol
Amine
Amine setzten die Oberflächenspannung einer Lösung herab und haben deshalb auch einen
reinigenden Effekt.
148
Desinfektion
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Desinfektion
Aminhaltige Konzentrate können Verätzungen verursachen. Deshalb ist im Umgang mit
diesen immer eine entsprechende Schutzausrüstung zu tragen. Der Wirkungseintritt ist bei
ihnen sehr schnell und sie sind gut biologisch abbaubar.
Beispiele
• Chloramin T
•Alkylamine
Wirkspektrum
bakterizid, tuberkulozid, fungizid, viruzid
auf behüllte Viren
Anwendungsbereich
Instrumenten- und
Flächendesinfektion
Beispiele
•Stabimed
M
U
Kationenaktive Substanzen
Quartäre Ammoniumverbindungen* und Biguanide* sind Wirkstoffe, die in Flächen- und
Instrumentendesinfektionsmitteln zum Einsatz kommen. Diese Stoffe haben eine geringe
Toxizität, eine gute Materialverträglichkeit und sind geruchsfrei. Die Umweltverträglichkeit
muss allerdings als mässig bezeichnet werden. Im Unterschied zu Aldehyden und Alkoholen
verläuft der mikrobiologische Abbau wesentlich langsamer.
*Quartäre Ammoniumverbindungen = QAV oder Quats, sind Salze (ionische Verbindungen) bestehend aus einem
Kation und einem Anion.
S
*Polihexanid = Polihexanidum oder Polyhexamethylenbiguanid = PHMB, ist ein Biquanid-Derivat.
Polihexanid ist ein Wirkstoff aus der Gruppe der Desinfektionsmittel, das gegen Bakterien und Pilze wirksam ist.
Der Wirkstoff verfügt über eine sehr gute Gewebeverträglichkeit und hat eine wundheilfördernde Wirkung.
E
T
Quats und Biguanide bilden bei Kontakt mit Chemikalien (z. B. Haushaltsreinigern) mit
anionischer organischer Struktur wasserunlösliche Verbindungen, wodurch die desinfizierende Wirkung aufgehoben wird (Seifenfehler). Das Vorhandensein von Eiweissen, hartem
Wasser und Eisenionen beeinflusst die Desinfektionswirkung ebenfalls negativ.
Quats und Biguanide kommen deshalb nicht als einziger Wirkstoff in Desinfektionsmitteln
vor. Vielmehr werden sie zur Wirkungssteigerung und –verlängerung anderen Desinfektionsmitteln zugefügt.
• Quartäre Ammoniumverbindungen
(Quats/QAV) und
•Biguanide
Wirkspektrum
Bakterizid, fungizid,
viruzid auf behüllte
Viren
Anwendungsbereich
Flächen- und Instrumentendesinfektion
R
Beispiele
Beispiele
•Meliseptol
Halogene
Halogene (Fluor, Chlor, Brom und Iod) sind hochwirksame Mikrobiozide. Medizinisch kommen
Iod (I) und Chlor (Cl) zum Einsatz.
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Wirkstoffe
149
Lehrkraftausgabe
Wirkstoffe
Jod
Da das herkömmliche Jod im Wasser schlecht löslich ist und auf Haut, Schleimhaut und
Wunden irritierend wirkt, wurde es an eine Trägersubstanz gebunden. Somit entstand ein
wasserlöslicher Jodkomplex (PVP-Jod: Povidon-Jod), der sich durch eine hohe Wirksamkeit,
bei gleichzeitig guter Verträglichkeit auszeichnet.
Für Wundspülungen sollte Jod immer in verdünnter Form verwendet werden!
U
M
PVP-Jod ist kontraindiziert bei:
• Hyperthyreose oder anderen manifesten Schilddrüsenerkrankungen
• Dermatitis (herpetiformis Duhring)
•Radioiodtherapie
• bei Frühgeborenen (Geburtsgewicht < 1‘500 g)
• je nach Arzneiform (v. a. jodhaltige Salben) auch in der Schwangerschaft und
Stillzeit sowie bei Neugeborenen
Jod wird durch Eiweisse inaktiviert!
E
T
S
Jod ist als gefärbtes (braun) oder ungefärbtes Produkt erhältlich. Beim gefärbten PVP-Jod
kann durch die Braunfärbung die Wundbeurteilung erschwert werden und Fleck lassen sich
schlecht aus Textilien entfernen. Als positive Eigenschaft der Braunfärbung kann die gute
Kennzeichnung des desinfizierten Hautareals genannt werden. So kommen gefärbte Präparate
vor allem zur Hautdesinfektion vor operativen Eingriffen zum Einsatz.
Auf dem Markt sind wässrige (für Wunden, Schleimhaut) und alkoholische (für intakte Haut)
Lösungen erhältlich.
Beispiele
•Chlor
•Jod
Wirkspektrum
Chlor und Chlorabspalter: Desinfektion
von Wasser oder
Geschirr
Beispiele
•Braunoderm
•Braunol
•Betadine
•Braunosa
•Jodoplex
R
bakterizid (tuberkulozid),
viruzid auf behüllte
und unbehüllte Viren,
(fungizid),
(sporozid),
Anwendungsbereich
Iod zur Desinfektion
von Haut, Schleimhaut und Wunden.
Octenidin
Octenidin wird relativ gut vertragen und eignet sich zur Hau-, Schleimhaut- und Wunddesinfektion. Teils kann ein Brennen / Jucken beim Auftragen auf die Haut wahrgenommen
werden. Bei der Anwendung im Mund empfinden manche einen bitteren Geschmack. Es ist
schnell (60 Sekunden) und lange wirksam sowie für Schwangere, Säuglinge und Frühgeborene
geeignet. Es besitzt keine Eigenfarbe und weist nur einen geringen Eiweissfehler auf.
150
Desinfektion
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Desinfektion
Octenidin darf nicht gemeinsam mit PVP-Jod angewendet werden, da sich Jodradikale bilden,
welche die Haut stark reizen und eine tiefe Braunverfärbung des Gewebes hervorrufen
Beispiele
•Octenidindihydrochlorid
Wirkspektrum
bakterizid, tuberkulozid, viruzid auf
behüllte und unbehüllte Viren, fungizid
Anwendungsbereich
Wund- und Schleimhautdesinfektion
Beispiele
•Octenisept
• Octenisan Waschlotion
• Octenilin Wundgel
M
U
Oxidanzien
Neben den Halogenen existieren einige Stoffe, deren mikrobiozide Wirkung ebenfalls auf
Oxidationsvorgänge zurückzuführen ist. Es handelt sich hierbei um sauerstoffreiche und
leicht Sauerstoff freisetzende Verbindungen wie: Ozon, anorganische und organische Peroxide
sowie Persäuren.
S
Oxidanzien haben ein sehr breites Wirkungsspektrum, sind aber chemisch instabil, haben
humantoxische Risiken und eine korrosive (zernagende) Wirkung. Im Umgang mit Oxidanzien
sind der Hautkontakt und die Inhalation der Dämpfe zu vermeiden.
Peressigsäuren sind sehr gut umweltverträglich, da sie in Sauerstoff und Essigsäure zerfallen.
•Peressigsäure
Wirkspektrum
bakterizid, (tuberkulozid),
fungizid, sporozid,
viruzid auf behüllte
und unbehüllte Viren
Anwendungsbereich
Beispiele
E
T
Beispiele
Flächendesinfektion ,
Instrumentendesinfektion
•Diosol
• Helix ultra
•Gigasept
R
Phenolderviate
Phenolderviate sind Abkömmlinge des Phenols (auch Karbol genannt). Aufgrund seiner
Toxizität und schwachen Wirksamkeit kommt Phenol heute nicht mehr zum Einsatz.
Derviate des Phenols weisen im Vergleich zu den anderen Wirkstoffen den geringsten Eiweissfehler auf. Sie verbleiben in grossen Mengen auf der behandelten Fläche, was zu einer
ausgeprägten Remanenzwirkung* führt. Jedoch können sie zu Hautreizungen führen.
*Die Remanenzwirkung beschreibt die Zeitdauer, während der das desinfiziert Objekt vor einer Neukontamination
nach dem Zeitpunkt der direkten Desinfektion geschützt ist.
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Wirkstoffe
151
Lehrkraftausgabe
Wirkstoffe
Beispiele
Halogen-derivate
(o-Phenylphenol)
Alkylderivate
Wirkspektrum
Viruzid auf behüllte
Viren,
bakterizid, tuberkulozid
Anwendungsbereich
Instrumentendesinfektion, Flächendesinfektion,
Desinfektion von
Ausscheidungen
Beispiele
• Sekusept plus
M
Polyhexanide
Polyhexanide sind geruchs- und farblos und verursacht bei der Anwendung keinerlei
Schmerzen / Brennen. Zudem wird es durch Eiweisse nicht denaturiert. Einziger Nachteil ist
der im Vergleich langsame Wirkungseintritt.
Wirkspektrum
U
Beispiele
Polyhexamethylenbiguanid
bakterizid, tuberkulozid, viruzid auf
behüllte und unbehüllte Viren
Anwendungsbereich
Wund- und Schleimhautdesinfektion
Beispiele
•Lavasept®
•Prontosan
•Prontoderm
S
E
T
Glucoprotamin
Glucoprotamin hat eine starke mikrobiologische Wirksamkeit, keine humantoxikologische
Risiken und ist hervorragend biologisch abbaubar. Es weist eine sehr gute Reinigungswirkung
auf: entfernt Blutrückstände rückstandslos, wodurch eine effektive Desinfektion gesichert
wird.
Gegenüber Metallen und Kunststoffen ist es bestens verträglich, auf der Haut jedoch wirkt es
ätzend!
Beispiele
bakterizid, fungizid,
viruzid auf behüllte
und unbehüllte Viren
Anwendungsbereich
Instrumente und
Flechendesinfiktion
Beispiele
• Sekusept PLUS
R
•Glucoprotamin
Wirkspektrum
Die einzelnen Desinfektionsmittel bestehen oft aus mehreren Wirkstoffen. Mit der Kombination verschiedener Wirkstoffe wird ein synergetische Effekte (Zusammenwirken)
erzielen.
152
Desinfektion
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Desinfektion
5.6
Regulierung der Desinfektionsmittel in der Schweiz
gemäss «Swissmedic»
In der Schweiz sind die gesetzlichen Regulierungen der Arzneimittel, der Medizinprodukte
und der Chemikaliengesetzgebung beim Inverkehrbringen von Desinfektionsmitteln zu
beachten. Je nach dem vom Hersteller vorgesehenen Verwendungszweck treffen eine oder
mehrere dieser Regelungen zu:
M
Desinfektionsmittel, die
als Arzneimittel gelten,
unterliegen der Arzneimittelkontrolle
Desinfektionsmittel, die
als Medizinalprodukt
gelten unterliegen dem
Medizinalproduktegesetz
U
Alle anderen Desinfektionsmittel, eingeschlossen
solche, die in Gesundheitsein-richtungen und
Laborbetrieben sowie für
die menschliche Hygiene,
Desinfektionsmittel für den
Privatbereich, Biozidprodukte für die Hygiene im
Veterinärbereich usw.
verwendet werden, sind im
Chemikaliengesetz3 geregelt und brauchen eine
Zulassung gemäss Art. 7
der Verordnung über das
Inverkehrbringen von und
dem Umgang mit Biozidprodukten.
Desinfektionsmittel, die
nicht unter Körperberührung verwendet werden,
müssen zudem gemäss
Europäischem Chemikalienrecht eingestuft, verpackt
und gekennzeichnet
werden.
Beispiele:
Instrumentendesinfektion
Desinfektionsmittel für
Endoskope
R
E
T
Beispiele:
Hautdesinfektion
Schleimhautdesinfektion
Wunddesinfektion
Desinfektionsmittel gelten
als Zubehör von Medizinprodukten, wenn sie der
Hersteller dazu bestimmt.
S
Desinfektionsmittel fallen
unter den Zuständigkeitsbereich von Swissmedic
und müssen als Arzneimittel zugelassen werden,
wenn diese zum Vorbeugen
oder Heilen von Krankheiten (Infektionen) mit
Anwendung auf der
Haut / Schleimhaut des
Patienten oder zur Anwendung am Patienten vor
chirurgischen Eingriffen
(präoperative Hautdesinfektion, antiseptische
Körperwaschung) bestimmt
sind.
Biozidprodukte fallen
unter das Chemikalien­
gesetz
Beispiele:
Händedesinfektion
Flächendesinfektion
In der heutigen Zeit erfolgt die Desinfektion mit chemischen Lösungen. Diese können zum
Teil gebrauchsfertig, zum Teil als Konzentrate gekauft werden. Konzentrate müssen vor
Gebrauch mit den auf den Beipackzetteln empfohlenen Wassermengen verdünnt werden.
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Regulierung der Desinfektionsmittel in der Schweiz gemäss «Swissmedic»
153
Lehrkraftausgabe
Regulierung der Desinfektionsmittel in der Schweiz gemäss «Swissmedic»
Allgemeine Regeln zur
Herstellung und
Handhabung von
Desinfektionsmitteln
Allgemeine Regeln zur Herstellung und Handhabung von
Desinfektionsmitteln
1. U
M
Zubereitung von Desinfektionslösungen
• Für die Zubereitung von Lösungen / Verdünnungen wird Leitungswasser verwendet.
• Die vorgeschriebenen Wassermenge respektive Menge des Konzentrats ist genau
abzumessen und erfolgt mit einem dazu geeigneten Dosiergerät (Messbecher,
Zylinder etc.).
• Um Schaumbildung zu vermeiden, wird zuerst das Wasser und danach das Konzentrat in den Behälter gegeben.
• Wasser und Desinfektionsmittel müssen sorgfältig miteinander vermischt werden.
• Wenn keine speziellen Vorschriften bestehen, sollte die Temperatur des Desinfektionsmittel-Gemischs Zimmertemperatur betragen.
• Bei der Herstellung des Gemisch und bei der Durchführung der Desinfektion muss
eine entsprechende Schutzkleidung getragen werden: Handschuhe, Schürze, allenfalls Brille.
• Die vom Hersteller vorgeschriebene Haltbarkeit muss beachtet werden und die
Validierung ist entsprechend zu dokumentieren.
Anwendung von Desinfektionslösungen
• Chemische Desinfektionsmittel dürfen nur dann mit der Haut in Berührung kommen,
wenn eine Hautdesinfektion beabsichtigt ist. Ansonsten müssen unbedingt feste,
flüssigkeitsdichte Handschuhe getragen werden.
E
T
S
2. *Hinweis: Beachten Sie hierzu das Kapitel «PSA – persönliche Schutzausrüstung»
R
• Desinfektionsmittel sind nur für den vom Hersteller angegebenen Zweck zu
verwenden.
• Die für die Lösung vorgeschriebene Einwirkungszeit muss eingehalten werden.
• Das Zumischen von Reinigungsmitteln ist strikte zu unterlassen. Die Wirkung des
Desinfektionsmittels könnte eingeschränkt werden (Seifenfehler) und allenfalls
können dabei gesundheitsschädigende Dämpfe entstehen.
• Bei der Anwendung von alkoholischen Desinfektionsmitteln sind die Sicherheitsregeln bezüglich der Brand- und Explosionsgefahr zu berücksichtigen.
Der Einsatz von Desinfektionsmitteln soll gezielt erfolgen. Durch eine sachgemässe
Reinigung wird bereits ein hoher Sauberkeitsgrad erreicht. Durch eine gründliche Reinigung z. B. ist eine 50 – 90 %-ige Keimreduktion möglich.
Je nach Gefahreneinstufung müssen Desinfektionsmittelabfälle gesondert entsorgt
werden!
154
Desinfektion
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Desinfektion
5.7
Hautdesinfektion
Hautdesinfektion
Bei invasiven Eingriffen wird die körpereigene Schutzbarriere, die vor Mikroorganismen
(Bakterien, Viren, Pilzen etc.) schützt, zwangsläufig zerstört. Hierdurch bietet sich den
Mikroorganismen eine gute Möglichkeit in das Körperinnere einzudringen.
M
Invasive Schritte kommen in der Arztpraxis häufig vor. Zum Beispiel bei den täglichen Blutentnahmen! Deshalb ist permanent auf eine gewissenhafte Hautantiseptik zu achten. Mit
dem Ziel: Alle Mikroorganismen abzutöten, um eine Übertragung ins Körperinnere zu
vermeiden. Wird dies nicht oder zu wenig beachtet, kann es zum Einbringen von Mikroorganismen in tiefere Hautschichten, in Körperöffnungen, Muskulatur oder auch Gefässe kommen.
Die Folgen können z. B. Abszesse, eine Thrombophlebitis (Venenentzündung) bis hin zur
generalisierten Sepsis sein.
U
Die Hautdesinfektion erfolgt mittels Wischverfahren durch ein alkoholisches Präparat.
Wichtig dabei ist, die korrekte Einwirkzeit zu beachten. Je nach Eingriff und Körperregion
ändert sich die Zeit. Da in talgdrüsenreichen Bereichen höhere
Keimzahlen vorzufinden sind, als in talgdrüsenarmen, ist eine
längere Einwirkzeit nötig.
E
T
S
Grundsätzlich gilt :
• Einwirkzeit talgdrüsenarmer Haut:
>> vor Injektionen / Punktionen: mindestens 15 Sekunden
>> vor Punktionen von Gelenken, Körperhöhlen und Hohlorganen sowie Operationen
mindestens 60 Sekunden
R
• Einwirkzeit talgdrüsenreiche Haut:
>> vor allen Eingriffen mindestens 2.5 Minuten
Einwirkzeit:
• Lesen Sie immer vorgängig die Anwendungsbeschreibung des jeweiligen
Produktes durch!
• während der gesamten Zeit muss das Hautareal mit dem Desinfektionspräparat
feucht gehalten werden!
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Hautdesinfektion
155
Lehrkraftausgabe
Schleimhaut und Wunddesinfektion
Beachte Sie die Empfehlungen bezüglich der Hygienevorschriften zu Punktionen. Ein entsprechender Hygieneplan
finden Sie auf www.mympa.ch
Schleimhaut und
Wunddesinfektion
5.8
Schleimhaut und Wunddesinfektion
M
Die Schleimhäute sind besonders empfindlich und können toxische Stoffe sehr schnell resorbieren. Daher sind an die Schleimhaut- und Wunddesinfektionsmittel besondere Anforderungen zu stellen. Schleimhaut- und Wunddesinfektionsmittel müssen so aufgebaut und
ausgewählt werden, dass sie keine Allergien, keine Reizungen, keine Irritationen oder gar
Korrosionen der Schleimhaut verursachen. Für die Wund- und Schleimhautdesinfektion
werden keine alkoholischen Präparate eingesetzt.
U
Aufgabe 5.8.1
Nennen Sie hier Desinfektionsmittel, die für die Wund- und Schleimhautdesinfektion geeignet
sind.
R
E
T
S
Wichtig: Beachten Sie bei der Wunddesinfektion die korrekte Ausführung der aseptischen
respektive septischen Desinfektion.
156
Desinfektion
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Desinfektion
5.9
Händedesinfektion
Händedesinfektion
Die hygienische Händedesinfektion ist erforderlich vor jeder Arbeit am Patienten sowie
vor jeder invasiven Massnahme, unabhängig davon ob sterile oder unsterile Handschuhe
getragen werden oder nicht. Zudem ist sie erforderlich vor aseptischen Tätigkeiten, nach
Kontakt mit potenziell infektiösem Material und nach Kontakt mit der unmittelbaren
Patientenumgebung.
M
U
Die Hände des Personals sind der häufigste Weg für die Übertragung von nosokomialen
Infektionen. Hygienefehler unter anderem auch bei der Händedesinfektion, d. h. die Nichtbeachtung der Prinzipien der Asepsis zum Beispiel bei der Zubereitung von Medikamenten
und ihrer Applikation durch Injektionen oder bei Verbandwechsel führen immer wieder zu
Ausbrüchen von Infektionen durch bakterielle Erreger oder blutübertragene Viren.
(z. B. Staphylococcus aureus, Hepatitis-B-, Hepatitis-C-Virus)
S
EN 1500 (praxisnahe Testmethode für die hygienische Händedesinfektion)
Das geeignete Vorgehen beim Test eines neuen Produktes für die hygienische Händedesinfektion wird in
Europa durch Benutzung der Standard-Methode EN 1500 vorgegeben. Dadurch werden praxisnahe Gegebenheiten simuliert und die Wirksamkeit des Referenz-Produktes wird mit dem getesteten Produkt
verglichen.
E
T
Hygienische Händedesinfektion
Die korrekt durchgeführte Händehygiene schützt vor der Ausbreitung von Mikroorganismen
und ist daher der effektivste Schutz gegen nosokomiale Infektionen.
Die hygienische Händedesinfektion hat zum Ziel, die transiente Hautflora zu eliminieren. Die
residente Flora wird dabei kaum beeinträchtigt. Dabei wird eine geeignete Menge Desinfektionsmittel während mind. 30 Sekunden in die Hände (einschliesslich Handgelenke) eingerieben.
Voraussetzungen für eine erfolgreiche Händehygiene
*Hinweis: Beachten Sie dazu das Kapitel: Händehygiene, in diesem Lehrmittel!
R
•
•
•
•
Es sollte kein Schmuck und keine Uhr getragen werden.
Fingernägel sollten kurz und abgerundet geschnitten sein.
Künstliche Fingernägel sind verboten.
Die Hände sollten keine Verletzungen des Nagelbetts, Entzündungsherde oder
andere Verletzungen, insbesondere Schnittverletzungen, etc. aufweisen.
• Das Händedesinfektionsmittel sollte auf trockene Hände aufgetragen werden.
• Im Falle einer möglichen Kontamination mit Viren muss sichergestellt sein, dass
das zu verwendende Produkt ein breites Wirkungsspektrum hat und gegen die
entsprechenden Viren wirksam ist.
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Händedesinfektion
157
Lehrkraftausgabe
Händedesinfektion
Korrekte Durchführung der hygienischen Händedesinfektion
(Standard-Einreibemethode für die hygienische Händedesinfektion gemäss EN1500)
U
M
E
T
S
Fünf-Momente-Konzept
Wann die hygienische Händedesinfektion in der Arztpraxis erforderlich ist – Die fünf
Momente der Händehygiene
•
•
•
•
•
158
Desinfektion
R
Im Fünf-Momente-Konzept werden detaillierte Empfehlungen zur Händedesinfektion in fünf
zentrale Risikosituationen aufgeteilt. Demzufolge erfolgt die hygienische Händedesinfektion,
unabhängig ob Handschuhe getragen werden:
vor Patientenkontakt
vor aseptischen Tätigkeiten
nach Kontakt mit potenziell infektiösem Material
nach Patientenkontakt
nach Kontakt mit der unmittelbaren Patientenumgebung
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Desinfektion
Aufgabe 5.9.1
Notieren Sie zu jedem Moment konkrete Beispiele aus Ihrem Arbeitsalltag, in denen eine
hygienische Händedesinfektion durchgeführt werden muss.
a) Vor Patientenkontakt
• vor körperlicher Untersuchung
• vor Blutdruckmessung
M
• vor dem Entfernen von Verbänden
• vor sämtlichen Verrichtungen am Patienten, auch wenn Handschuhe getragen werden
b) Vor aseptischen Tätigkeiten
U
• vor Injektionen
• vor Blutentnahmen
• vor dem Zubereiten von Infusionen
S
• vor Verband-wechseln
c) Nach Kontakt mit potentiell infektiösem Material
• nach möglichem Kontakt mit Blut, Urin, Erbrochenem, Wundsekret, Sputum etc.
d) Nach Patientenkontakt
E
T
• Auch wenn Handschuhe getragen wurden!
• nach sämtlichen Verrichtungen am Patienten, auch wenn Handschuhe getragen wurden!
• nach körperlichen Untersuchungen
• nach dem Anlegen von Verbänden
• nach Kontakt mit der Untersuchungsbehandlungsliege
• nach Kontakt mit Beistelltischen
R
e) Nach Kontakt mit der unmittelbaren Patientenumgebung
• nach Kontakt mit am Patienten angewandten Materialen oder Geräten
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Händedesinfektion
159
Lehrkraftausgabe
Flächendesinfektion
Mittel zur Händedesinfektion
Die meisten Mittel enthalten als desinfizierenden Wirkstoff Alkohol. Zusätzlich sind zur
Hautverträglichkeit pflegende Substanzen integriert:
• Feuchtigkeitsbinde Komponenten, welche einem Wasserverlust entgegenwirken.
• rückfettende Substanzen, welche rauen, trockenen Händen vorbeugen.
M
Chirurgische Händedesinfektion
Sie hat zum Ziel sowohl die transiente als auch die residente Hautflora zu zerstören. Somit
soll jegliche Keimübertragung verhindert werden. Hierbei werden während 1.5 bis 3 Minuten
die Hände bis und mit Ellbogen mit dem Desinfektionsmittel behandelt.
Flächendesinfektion
5.10 Flächendesinfektion
U
Pathogene Mikroorganismen und Sporen können monatelang auf Oberflächen überleben und
stellen eine potentielle Infektionsquelle dar. Besonders problematisch sind in der Arztpraxis:
• häufig berührte Flächen (z. B. Türgriffe, Handläufe an Stühlen, Telefon, Schränke)
• patientennahe Flächen (Empfangs-Theke, Oberflächen von Geräten)
• Flächen im Sanitärbereich (Toiletten, Lavabo, Seifenspender)
• Arbeitsflächen für die Vorbereitung von Medikamenten, Injektionen, Infusionen,
Verbandwechsel
• Fussböden
• Flächen, die mit Körperflüssigkeiten in Kontakt gekommen sind
E
T
S
Überlebensfähigkeit pathogener Keime auf unbelebten Flächen:
Erregerart
Bakterien
Desinfektion
Überlebenszeitraum
Escherichia coli
bis 16 Monate
Pseudomonas aerungionsa
trockene Oberflächen bis zu 5 Wochen
feuchte Oberflächen bis zu 16 Monaten
Staphylococcus aureus
(inkl. MRSA)
bis zu 7 Monate
Mykobakterien
Mycobacterium tuberculosis
Bakteriensporen
Clostridium difficile Sporen
Pilze
Candida albicans
R
160
Typ
bis zu 4 Monate
bis zu 5 Monate
bis zu 4 Monate
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Lehrkraftausgabe
Desinfektion
Erregerart
Typ
Überlebenszeitraum
Viren
Noro-Virus
bis zu 7 Tage
HBV (Hepatitis B Virus)
bis zu 7 Tage
HIV
trockene Oberflächen ca. 1.5 Minuten
feuchte Oberflächen bis zu 7 Tage
Adenovirus
bis zu 5 Monate
M
*Zusammenstellung aus: drweigert.com (Quelle: Kramer er al.: BMC Infectious Diseases 2006, 6:130,
leicht modifiziert)
U
Methoden
Die Flächendesinfektion erfolgt mit speziell dafür vorgesehen Flächendesinfektionsmitteln,
die meist mittels Wischen auf die zu behandelnden Flächen aufgebracht werden.
Die Wahl eines geeigneten Desinfektionsmittels hängt vorwiegend vom Wirkspektrum des
Produkts ab. Die unterschiedlichen Typen und Stärken werden in der internationalen Produkteklassifizierung zusammengefasst:
Wirkungsspektrum
Wirkungsbereich A
Inaktivierung / Abtötung von Bakterien, Mykobakterien, Pilzen,
Sporen pathogener Pilze
Wirkungsbereich B
Wirkungsbereich A und Inaktivierung / Abtötung von Viren
Wirkungsbereich C
Wirkungsbereich A, B sowie Sporen des Milzbranderregers
Wirkungsbereich D
Wirkungsbereich A, B, C und hitzeresistente Sporen von Bakterien
E
T
S
Bezeichnung
R
Mittel für den Bereiches A eliminieren leicht abzutötende Mikroorganismen, Mittel für den
Bereich D werden für schwer abzutötende Keime eingesetzt. Demzufolge haben Mittel der
letzten Klasse den grössten Wirkungsbereich. Sie sind praktisch dem Sterilisationsverfahren
gleichzusetzten.
Daneben spielen auch andere Kriterien, wie etwa die Geruchsbelastung, eine Rolle. Bei der
Anwendung müssen die individuellen, vom Hersteller vorgeschriebene Angaben wie: Einwirkzeit, Dosierung, Konzentration sowie Wirkspektrum des Desinfektionsmittels unbedingt
berücksichtigt werden, um eine ausreichende keimreduzierende Wirkung zu erzielen.
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Flächendesinfektion
161
Lehrkraftausgabe
Flächendesinfektion
Die Häufigkeit und der Umfang der Desinfektion sind vom Risikopotential abhängig. Deshalb
wird in eine routinemässige und eine gezielte Desinfektion unterteilt:
Routinemässige
Flächendesinfektion
(laufende, vorbeugende, prophylaktische Flächendesinfektion genannt)
Ziel
M
Einsatz
Gezielte Flächendesinfektion
Die Weiterverbreitung von Erregern
soll verhindert werden.
Flächen, welche möglicherwiese mit
erregerhaltigem Material kontaminiert
sind. Die Kontamination muss dabei
nicht sichtbar sein.
Erkennbare Kontamination
z. B. Flächen, die sichtbar mit
Blut, Urin etc. verunreinigt sind.
Schlussdesinfektion von Bereichen,
welche von infizierten Patienten
genutzt wurden.
U
Während der Behandlung soll eine
mögliche Keimverbreitung vermieden
werden.
E
T
S
Sichtbar mit Körperflüssigkeiten kontaminierte Flächen müssen umgehend desinfiziert und
gereinigt werden. Es ist ratsam, zunächst sichtbare Verunreinigungen mit einem in Desinfektionsmittel getränkten Einmaltuch zu entfernen und anschliessend die Fläche von aussen
nach innen gemäss der üblichen Prozedur zu desinfizieren.
Für die alltägliche, routinemässige Desinfektion grosser Flächen eignen sich besonders
wässrige Desinfektionsmittelkonzentrate, mit denen Reinigung und Desinfektion in einem
Arbeitsgang erfolgen (desinfizierende Reinigung). Ist das Desinfektionsmittel getrocknet,
ist die Fläche sofort wieder benutzbar.
R
Bei der Desinfektion vom Fussboden kommt am häufigsten die «Zwei-Bezugs-Methode» zum
Einsatz. Hierbei wird mit einem ersten Wischbezug die Gebrauchslösung auf dem Fussboden
verteilt. Anschliessend wird dieser verworfen und mit einem neuen Bezug die benetzte Fläche
nachgewischt.
Kleinere Flächen können unmittelbar mit einem schnell wirkenden, hochwirksamen auf
Alkohol basierendem Desinfektionsmittel (z. B Meliseptol® rapid) desinfiziert werden. Besonders anwenderfreundlich sind hierzu gebrauchsfertige Desinfektionstücher, die einfach aus
einem Spender zu entnehmen sind ( z. B. Meliseptol® HBV-Tücher).
Die Effektivität der Flächendesinfektion lässt sich durch regelmässige mikrobiologische
Umgebungskontrollen (Abklatschverfahren) überwachen. Dies dient gleichermassen dem
Schutz von Personal und Patient! Die Flächendesinfektion ist Teil des Qualitätsmanagements
162
Desinfektion
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Desinfektion
in der Arztpraxis und erfordert die gewissenhafte, routinemässige Umsetzung der im Hygieneplan festgelegten Flächendesinfektions-Massnahmen.
M
Sprühen
Beim alleinigen Sprühen bilden sich auf der zu desinfizierenden Fläche Luftinseln, wo keine
Desinfektion stattfinden kann. Deshalb muss nach dem Sprühen das Desinfektionsmittel
sofort durch Einwegtücher verwischt werden. Zusätzlich besteht durch die Bildung von
Sprühnebel die Gefahr von Reizungen der Atemwege (je nach Produkt). Dies kann vermieden
werden, indem das Präparat nahe der Oberfläche aufgesprüht und mit einer auf Flaschen
aufgeschraubten Sprühpistole gearbeitet wird. Hier wird die Flüssigkeit durch den manuellen
Pumpvorgang mit geringem Druck durch eine vergleichsweise grosse Düsenöffnung kegelförmig streuend bzw. sprühend ausgebracht.
U
Der Einsatz von alkoholischen Flächen-Desinfektionsmittel zum Sprühen ist für die Desinfektion von kleineren Flächen weder ineffizient, verboten noch eingeschränkt.
Manuelle Instumenten­
desinfektion
S
Manuelle Instumentendesinfektion
Medizinische Instrumente (z. B. Schere, Pinzette) und Chirurgische Instrumente (z .B.
Klemmen) müssen sofort nach Benutzung in eine dafür geeignete Desinfektionslösung gelegt
werden. Dadurch wird eine Keimverschleppung und somit das Infektionsrisiko für Personal
und Patienten um ein vielfaches reduziert. Ausserdem wird die Antrocknung von Blut, Eiter,
Sputum und anderen Sekreten verhindert. Hierbei handelt es sich um eine chemische Aufbereitung!
E
T
Zur Instrumentendesinfektion werden Desinfektionsmittel mit einem breiten Wirkungsspektrum verwendet (z. B. Aldehyde, Phenolderivate). In einem Wannenbad (*Tauchbad: Wanne
mit Deckel und herausnehmbaren Siebeinsatz) werden die Desinfektionsmittel angesetzt.
R
Wiederum ist es unerlässlich, dass die vom Hersteller vorgeschriebenen Anwenderkriterien
sowie die Vorgaben aus dem praxiseigenen Hygieneplan eingehalten werden. Zum Beispiel:
• Dosierung,
• Einwirkungszeit
• Kriterien zum Austausch / Erneuerung de Lösung
• Vorgaben zur persönlichen Schutzausrüstung
• Validierung
Die maschinelle Desinfektion ist der manuellen vorzuziehen!
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Flächendesinfektion
163
Lehrkraftausgabe
Flächendesinfektion
Aufgrund der meist toxischen Wirkung von Instrumentendesinfektionsmittel auf die Haut, ist
es besonders wichtig, dass sowohl bei der Herstellung von Lösungen, als auch im Umgang mit
diesen sowie bei der Handhabung der Instrumente, flüssigkeitsdichte Handschuhe getragen
werden.
M
Einsatz von Desinfektionsmittelwirkstoffen
• Folgt auf die Desinfektion eine Sterilisation, kommen Wirkstoffe wie Aldehyde,
Amine, Quads / Biguanide, Oxidanzien oder Phenole zum Einsatz.
• Folgt auf die Desinfektion keine Sterilisation sind Aldehyde oder Oxidanzien zu
wählen.
Amine und Aldehyde sind nicht miteinander kompatibel. Beim gleichzeitigen Einsatz kann
es zu irreversiblen bräunlichen Verfärbungen kommen!
U
E
T
S
Das Tauchbad wird in der Regel mit kaltem Wasser hergestellt und muss zugedeckt sein. Somit
wird dem Abdampfen der Wirkstoffe vorgebeugt. Ist eine Desinfektionsmittellösung getrübt,
so kann man nicht davon ausgehen, dass diese unwirksam ist. Dieser Nachweis muss durch
einen bakteriologischen Test erbracht werden. In der Regel wird die Desinfektionslösung alle
sieben Tage frisch angesetzt. Ist sie jedoch sichtbar verunreinigt (Blut, Eisweiss, Geweberesten) muss sie unverzüglich frisch angesetzt werden.
Ein neu zubereitetes Tauchbad wird beschriftet mit:
• Produkt inklusive Konzentration
• Datum der Zubereitung
• Einwirkzeit
• Initialen / Visum der durchführenden Person
Der Desinfektionslösung darf kein Reinigungsverstärker beigemischt werden. Ausser es wird
dies vom Hersteller ausdrücklich empfohlen und beschrieben.
R
Nach Beendigung der Einwirkzeit werden die Instrumente mit Leitungswasser gereinigt, mit
demineralisiertem Wasser abgespült und mit einem weichen, fuselfreien Tuch gründlich
abgetrocknet.
*Hinweis: Details zur Instrumentenaufbereitung und zur Wasserqualität finden Sie in diesem Lehrmittel, im Kapitel 9!
164
Desinfektion
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Desinfektion
*Bei einem desinfizierenden Tauchbad müssen alle Gegenstände vollständig mit Lösung
bedeckt sein. Schläuche und anderer Hohlräume müssen sorgfältig mit der Lösung gefüllt
werden. Scheren, Klemmen, usw. sind mit geöffneten Gelenken einzulegen und Luftblasen
an Instrumenten sind zu entfernen.
Wichtig: Eine Überdosierung des Desinfektionsmittel kann zu Korrosionsschäden an den
Instrumenten führen und eine Unterdosierung zu einer ungenügenden Desinfektion.
U
M
E
T
S
Aufgabe 5.10.1
Lösen Sie die folgen Aufgaben zu den Verdünnungsreihen.
Lösung
Mischverhältnis
Wasser / Des.-Mittel
2 Liter 1 %
2 Liter 10 %
Verdünnung
R
Menge
Desinfektionsmittel
4 Liter 3 %
1 Liter 2 %
5 Liter 4 %
3 Liter 5 %
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Flächendesinfektion
165
Lehrkraftausgabe
Flächendesinfektion
Aufgabe 5.10.2
Zusammenfassung: Fehler bei der Desinfektion.
Welche Auswirkungen haben die folgenden Fehlerquellen auf die Ergebnisse?
Fehlerquelle
Auswirkung
Falsche Dosierung
Zu niedrig: Wirkungsverlust, ungenügende Desinfektion
Zu hoch: Geruchsbelästigung, Korrosionsschäden an den
M
Instrumenten
Falsche Temperatur
Durch zu warmes Wasser verdunstet das Desinfektionsmittel
verstärkt
U
Seifenfehler
Gewisse Desinfektionsmittel flocken aus, wenn sie mit
Seifen(-Rückstände) vermischt werden und verlieren somit
ihre desinfizierende Wirkung.
S
Eiweissfehler
Bei hoher Eiweisskonzentration (durch Blut, Sekret, Stuhl)
reagieren sich gewisse Desinfektionsmittel an den Eiweissen
E
T
ab statt an den Mikroorganismen. Somit ist die desinfizierende Wirkung eingeschränkt.
Ungenügende
Bedeckung
Ungenügende
Einwirkzeit
Lufteinchlüsse oder unvollständige Bedeckung der Instrumente verunmöglichen eine vollständige Desinfektion.
Ungenügende Desinfektion
R
166
Desinfektion
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Aufbereitung wiederverwendbarer Medizinprodukte
6
Aufbereitung
wiederverwendbarer
Medizinprodukte
M
U
Instrumente werden bei Gebrauch potenziell mit Krankheitserregern kontaminiert. Findet vor
erneutem Einsatz keine fachgerechte Aufbereitung statt, fungieren sie als Infektionsquellen.
Durch die aufbereitenden Massnahmen wird ein Medizinprodukt in einen Zustand versetzt,
dass von ihm keine Gesundheitsgefahr mehr ausgeht. Zu den Massnahmen zählen insbesondere der Reinigungs-, Desinfektions- und Sterilisationsprozess. Die Massnahmen sind im
praxiseigenen Hygieneplan beschrieben und für alle Praxismitarbeitenden zwingend einzuhalten.
6.1
Sorgfaltspflicht = Schutz von Patient und Anwender
Werterhaltung der Produkte = Wiederaufbereitung, Instandhaltung, Abänderung
Ausstattung der Arztpraxis mit geeignete Räume und Geräte
Ausbildung und Schulung des Praxis-Personals
Gesetzliche Grundlagen
E
T
•
•
•
•
S
Um den Wiederaufbereitungsprozess erfolgreich zu gestalten, müssen folgende Aspekte
berücksichtig werden:
Gesetzliche Grundlagen
R
➡ Sorgfaltspflicht, Heilmittelgesetz (HMG), Artikel 3:
Wer mit Heilmitteln umgeht, muss dabei alle Massnahmen treffen, die nach dem Stand von
Wissenschaft und Technik erforderlich sind, damit die Gesundheit von Mensch und Tier nicht
gefährdet wird.
Zur Umsetzung stehen Normen und Vollzugshilfen (Leitfäden, Wegleitungen, Empfehlung) zur
Verfügung.
Arzneimittel sowie Medizinprodukte fallen somit unter das Heilmittelgesetz!
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Gesetzliche Grundlagen
167
Lehrkraftausgabe
Gesetzliche Grundlagen
Arzneimittel
HMG, Artikel 4a:
Arzneimittel sind Produkte chemischen oder biologischen Ursprungs, die zur medizinischen
Einwirkung auf den menschlichen oder tierischen Organismus bestimmt sind oder angepriesen werden, insbesondere zur Erkennung, Verhütung oder Behandlung von Krankheiten,
Verletzungen und Behinderungen; zu den Arzneimitteln gehören auch Blut und Blutprodukte.
→ pharmakologische Wirkung
M
HMG, Artikel 4b:
Medizinprodukte
U
Sind Produkte, einschliesslich Instrumente, Apparate, In-vitro-Diagnostika, Software und
andere Gegenstände oder Stoffe, die für die medizinische Verwendung bestimmt sind oder
angepriesen werden und deren Hauptwirkung nicht durch ein Arzneimittel erreicht wird.
→ physikalische Wirkung
E
T
S
➡Werterhaltung
Die Medizinprodukteverordnung (MepV) trägt ebenfalls zu einem sicheren Umgang mit
Medizinprodukten bei. Sie regelt:
• Wiederaufbereitung (Artikel 19)
• Instandhaltung (Artikel 20)
• Abänderung (Artikel 20a)
➡Wiederaufbereitung
MepV Art. 19:
R
¹ Wer als Fachperson ein zur mehrmaligen Verwendung bestimmtes Medizinprodukt mehrfach
verwendet, sorgt vor jeder erneuten Anwendung für die Prüfung der Fähigkeit und die korrekte
Wiederaufbereitung.
² Als Wiederaufbereitung gilt jede Massnahme der Instandhaltung, die notwendig ist, um ein
gebrauchtes oder neues Medizinprodukt für seine vorgesehene Verwendung vorzubereiten,
insbesondere Aktivitäten wie Reinigung, Desinfektion und Sterilisation.
³ Die Prozess- und Validierungsdaten der Sterilisation sind aufzuzeichnen.
Wer Medizinprodukte für Dritte wiederaufbereitet, hat sich über ein bestandenes Konformitätsbewertungsverfahren gemäss Anhang 3 für die Aufbereitung und Sterilisation von Medizinprodukten auszuweisen.
4
168
Aufbereitung wiederverwendbarer Medizinprodukte
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Aufbereitung wiederverwendbarer Medizinprodukte
Medizinproduktehersteller müssen dem Anwender Informationen zur Wiederaufbereitung
der Produkte zur Verfügung stellen. Diese Angaben müssen vom Anwender im Wiederaufarbeitungsprozess mitberücksichtig werden.
Instandhaltung Art. 20:
M
¹ Wer Medizinprodukte als Fachperson anwendet, sorgt für die vorschriftsgemässe Durchführung
der Instandhaltung und der damit verbundenen Prüfungen.
² Die Instandhaltung hat nach den Grundsätzen der Qualitätssicherung zu erfolgen, ist
betriebsintern zweckmässig zu planen und zu organisieren und richtet sich insbesondere:
a. nach den Anweisungen der Person, die das Produkt erstmals in Verkehr gebracht hat;
U
b. nach dem Risiko, das dem Produkt und seiner Verwendung eigen ist.
S
³ Die Ergebnisse der Instandhaltung und der damit verbundenen Prüfungen, festgestellte
Mängel und Störungen sowie getroffene Massnahmen sind aufzuzeichnen für:
a. aktive Medizinprodukte;
b. kalibrierbare Medizinprodukte mit Messfunktion;
E
T
Für Medizinprodukte mit Messfunktion sind Prüfverfahren, gemäss der Verordnung vom 17.
Dezember 1984 über die Qualifizierung von Messmitteln (Eichverordnung), vorgesehen.
4
Für aktive Medizinprodukte, z. B. Sterilisatoren, Reinigungs- und/oder Desinfektionsgeräte, Thermodesinfektoren gilt:
R
Werden bei der Instandhatlung nicht die Anweisungen des Herstellers befolgt, entstehen
neue Risiken. In diesem Falle muss eine neue Risikobewertung, gemäss MepV, Art. 20a,
Abänderung,erfolgen. Sie beinhaltet deren Analyse und Tragbarkeit der Restrisiken sowie die
Dokumentation der Ergebnisse.
MepV, Abänderung Art. 20a:
Wer Medizinprodukte so abändert oder abändern lässt oder wiederaufbereitet oder wiederaufbereiten lässt, dass sie nicht mehr dem vorgesehenen Zweck dienen oder die vorgesehene Leistung
erbringen, muss die Anforderungen für das erstmalige Inverkehrbringen erfüllen.
Wer Artikel, die vom Hersteller zum einmaligen Gebrauch (single-use) deklariert sind, wiederaufbereitet, muss ebenfalls nach Artikel 20a handlen. Er wird somit zum neuen Hersteller*
des Artikels.
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Gesetzliche Grundlagen
169
Lehrkraftausgabe
Einstufung nach Risiken
Dies bedeutet, er muss die Anforderungen erfüllen, die zur erstmaligen Inverkehrbringung
von Medizinprodukten verlangt werden. Da dies sehr aufwendige Prozesse sind, wird dieses
Vorgehen für kleinere Institutionen kaum möglich sein.
*Als Hersteller gilt jede Person oder Firma, die ursprünglich konforme Produkte in eigener
Verantwortung ändert.
6.2
M
Einstufung nach Risiken
Einstufung nach Risiken
Bevor ein Medizinprodukt wiederaufbereitet wird, erfolgt dessen Risikobeurteilung. Anhand
dieser Einstufung gestaltet sich der weitere Prozess. Aufgrund der Anwendungsart und dem
daraus resultierendem Risiko wird grob in drei Gruppen unterschieden:
Sie kommen bei der Anwendung nur oberflächlich mit der
Haut in Kontakt.
semikritische Medizinprodukte
Sie kommen während der Anwendung mit der Schleimhaut
oder mit nicht intakter Haut in Kontakt. Weitere Unterteilung
in Gruppe A und B
U
unkritische Medizinprodukte
S
kritische Medizinprodukte
E
T
Sie durchbrechen die Haut/Schleimhaut und kommen dabei in
Kontakt mit Blut / innerem Gewebe / Organen (inklusive
Wunden) oder sie kommen bei der Anwendung von Blut,
Blutprodukten oder weiteren sterilen Arzneimitteln/Medizinprodukten zur Anwendung.
Weitere Unterteilung in Gruppe A, B und C
Diese Produkte müssen bei der Anwendung steril sein!
Durch die Einteilung in die Gruppe A, B oder C wird die differenzierte Aufbereitung ersichtlich:
keine besonderen Anforderungen nötig:
glatte, massive Instrumente
Gruppe B:
erhöhte Anforderungen:
Hohlräume, raue Oberflächen, komplexer
Aufbau
Gruppe C:
besonders hohe Anforderungen:
Eine Dampfsterilisation ist nicht möglich.
Aufbereitung wiederverwendbarer Medizinprodukte
R
170
Gruppe A:
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Lehrkraftausgabe
Aufbereitung wiederverwendbarer Medizinprodukte
Risikoklasse
Beispiele
Massnahmen
unkritische MP
• Stethoskop
• Blutdruckmanschette
• EKG-Elektroden
• Messschieber
Reinigungsverfahren mit anschlies­sender
Desinfektion zur Elimination der wichtigsten pathogenen Erreger
→ intermediate-level Desinfektion
semikritische MP
• Mundspatel
• Spekulum
M
Gruppe A
Aufbereitung ohne besondere Anforderungen
Gruppe B
• Endoskop
• Tubus
nicht fixierendes Reinigungsverfahren mit
anschliessender chemischer oder thermischer Desinfektion zur Elimination aller
Mikroorganismen ausser einigen Sporen
→ high-level Desinfektion
U
erhöhte Aufbereitungsanforderungen da:
• Reinigungseffektivität nicht beurteilbar (lange, enge Lumen, Hohlräume)
• die Sicherheit beeinflussende Effekte (geknickte Schläuche, empfindliche Oberflächen)
vorhanden sind
• die Anzahl der Aufbereitungszyklen begrenzt ist
S
kritische MP
Gruppe A
Aufbereitung ohne besondere Anforderungen
Gruppe B
• Trokare
• Endoskopzangen
nicht fixierendes Reinigungs- und Desinfektionsverfahren mit anschliessender
Sterilisation zur Elimination aller Keime
inklusive Sporen
E
T
• Wundhaken
• chirurgische Pinzetten
• Skalpellgriffe
• chirurgische Scheren
Gruppe C
• Herzkatheter
besonders hohe Anforderungen:
Gruppe B und zusätzlich thermolabil
R
erhöhte Aufbereitungsanforderungen da:
• die Reinigungseffektivität nicht beurteilbar (lange, enge Lumen, Hohlräume) ist
• die Sicherheit beeinflussende Effekte (geknickte Schläuche, empfindliche Oberflächen)
vorhanden sind
• die Anzahl der Aufbereitungszyklen begrenzt ist
In ambulanten Betrieben ist die Aufarbeitung der Gruppe C aufgrund der hohen
Anforderungen meist nicht möglich.
(fehlende Fachkunde und technische
Ausstattung, externe Qualitätssicherung)
Jedes Instrument ist nach Gebrauch individuell nach Risiken einzustufen. So kann zum
Beispiel ein für üblich semikritisches Medizinprodukt der Gruppe A, durch das Vorhandensein von Blut, in die Gruppe «kritisch» fallen. Das wiederum stellt andere Anforderungen
an den Aufbereitungsprozess. Im Zweifelsfall soll der «Worst Case» angenommen werden!
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Einstufung nach Risiken
171
Lehrkraftausgabe
Räumlichkeiten
Bei den jeweiligen Massnahmen müssen die produktspezifischen Aufbereitungsempfehlungen
des Herstellers eingehalten werden. Werden die wesentlichen Punkte vom Anwender befolgt,
ruht die Produktehaftung beim entsprechenden Hersteller!
Hält sich der Anwender nicht an die Vorgaben, so übernimmt dieser die Haftung. Der Medizinproduktehersteller wiederum ist verpflichtet, den Anwendern die Empfehlungen zur
Verfügung zu stellen. In der Norm DIN EN ISO 17664 wird festgehalten, welche Informationen
in welcher Form erteilt werden müssen.
M
Räumlichkeiten
6.3
Räumlichkeiten
U
Der Aufbereitungsprozess muss ausserhalb der Behandlungszone erfolgen. Wenn möglich,
sollte ein separater Raum zur Verfügung stehen. Der Arbeitsplatz wird in drei Zonen aufgeteilt. Die Unterteilung kann auf verschiedene Weisen erfolgen. Optimal ist die Abtrennung
mittels Plexiglasscheiben. Aber auch farbliche Markierungen lassen eine Unterscheidung zu.
Bewährt haben sich die Farben rot, gelb und grün.
R
E
T
S
Dabei gilt es folgende Anforderungen zu beachten:
• Eine logische Folge der Arbeitsschritte muss möglich sein.
• Eine Rekontamination von bereits desinfiziertem/sterilisiertem Material muss
ausgeschlossen werden.
• Sich kreuzende Transport-/Verkehrswege des Personals müssen zur Vermeidung von
Kreuzkontaminationen vermieden werden.
• Räumlichkeiten inklusive Flächen und Geräte dürfen nur zum Wiederaufbereitungszweck verwendet werden.
• Sämtliche Flächen (Fussboden, Wände, Arbeitsflächen) müssen fugendicht, leicht
abwischbar und leicht zu desinfizieren sein.
172
Aufbereitung wiederverwendbarer Medizinprodukte
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Aufbereitung wiederverwendbarer Medizinprodukte
6.4
Wasser / Prozesschemikalien
Wasser /
Prozesschemikalien
Wasser
U
M
Die Wasserqualität hat einen bedeutenden Einfluss im Aufbereitungsprozess und trägt zur
Werterhaltung der Instrumente bei. Das Wasser kommt in verschiedenen Schritten zum
Einsatz:
• zum Lösen von wasserlöslichen Ablagerungen
• als Lösungsmittel für Prozesschemikalien (Reinigungsund Desinfektionskonzentrate)
• zum Abspülen von Prozesschemikalien
• als Überträger von Temperatur und Mechanik auf des
Instrumentengut
• zur Herstellung von Dampf für die Sterilisation
• als keimtötender Faktor bei der thermisch-maschinellen
Desinfektion
E
T
S
Anforderungen an die Wasserqualität:
Grundsätzlich muss das eingesetzte Wasser mindestens den Trinkwasseranforderungen
entsprechen. Zur Schlussspülung und zur Dampfsterilisation wird vollentsalztes Wasser
verwendet. Es sind jedoch zusätzlich immer die Anweisungen der Gerätehersteller miteinzubeziehen (gemäss Norm SN EN 13060).
Demineralisiertes Wasser – entionisiertes Wasser – vollentsalztes Wasser (VE-Wasser)
Das normale Leitungswasser enthält gelöste Mineralien (Salze, Ionen) und Gase sowie
geringe Mengen an apathogenen Keimen. Der Mineraliengehalt kann sich negativ in der
Instrumentenaufbereitung niederschlagen. Deshalb werden in Arztpraxen oft sogenannte
Ionenaustauscher (Säulen, die mit einem Ionenaustauschermaterial gefüllt sind) eingesetzt,
die Salzionen aus dem normalen Leitungswasser entfernen.
R
Destilliertes Wasser – Aquadest
Vorgereinigtes oder normales Leitungswasser wird durch Destillation (Verdampfen und
anschliessende Kondensation) weitgehend von Salzen, organischen Stoffen, Schwermetallen
und Mikroorganismen befreit. Je nach gewünschtem Reinheitsgrad wird das Wasser mehrmals
destilliert:
• Aqua destillata
• Aqua bidestillata
• Aqua tridestillata
einfach destilliertes Wasser
zweifach destilliertes Wasser
dreifach destilliertes Wasser
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Wasser / Prozesschemikalien
173
Lehrkraftausgabe
Wasser / Prozesschemikalien
Da die Herstellung von Aquadest aufwändig ist, wird es im Fachhandel bezogen.
Prozesschemikalien
Zu den Chemikalien zählen Reiniger, Spül- und Pflegemittel, Mittel zur Neutralisation und
solche zur Desinfektion. Diese Produkte gelten ebenfalls als Medizinprodukte (MP) und
müssen, bevor sie in den Handel kommen, entsprechend geprüft werden. Zum Einsatz sollen
nur Produkte mit entsprechender Kennzeichnung kommen.
= MP Klasse I
CE-Kennzeichnung
Desinfektionsmittel für MP
= MP Klasse IIa
CE-Kennzeichnung
& Registernummer
Desinfektionsmittel für invasive MP
= MP Klasse IIb
CE-Kennzeichnung
& Registernummer
U
M
Reiniger, Neutralisatoren, Spül- und
Pflegemittel
R
E
T
S
174
Aufbereitung wiederverwendbarer Medizinprodukte
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Aufbereitung wiederverwendbarer Medizinprodukte
Die Medizinprodukte werden aufgrund ihres Gefahrendpotentials in vier Gruppen unterteilt:
• Klasse I
• Klasse IIa und IIb
• Klasse III
tiefe Gefährdung
mittlere Gefährdung
hohe Gefährdung
Bei der Auswahl von Medizinprodukten ist zu beachten, dass diese eine entsprechende
Kennzeichnung aufweisen.
U
M
Für die Schweiz und den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) kommt die CE-Kennzeichnung
zur Anwendung. Die Kennzeichnung sagt aus, dass ein Produkt den geltenden Richtlinien und
Vorschriften entspricht. Zusätzlich zum CE-Zeichen wird teils eine Registernummer verlangt.
Dabei handelt es sich um eine vierstellige Zahl, die auf die verantwortliche (benannte) Stelle
rückschliessen lässt.
Produkte, welche in der Schweiz in den Verkehr gebracht werden, haben als Zeichen der
bestanden Konformitätsbewertung das Zeichen «MD» aufgedruckt.
XYXY
S
CE-Kennzeichen ohne Registernummer für nicht-sterile Medizinprodukte
der Klasse I ohne Messfunktion
CE-Kennzeichen mit Registernummer für Medizinprodukte der Klassen IIa,
IIb und III. Für diese drei Klassen sind Angaben über eine Benannte
Stelle obligatorisch.
E
T
Rechtlicht gilt das «CE» als ein «Verwaltungszeichen», welches den zuständigen Überwachungsbehörden die Konformität und Verkehrsfähigkeit des Produktes im europäischen Wirtschaftsraum (EWR) anzeigt, tatsächlich hat es jedoch auch die Funktion eines «Gütesiegels».
Die in einem Aufbereitungsprozess eingesetzten Chemikalien müssen aufeinander abgestimmt
werden. Es empfiehlt sich, Prozesschemikalien nur eines Herstellers zu verwenden.
R
Es dürfen nur Medizinprodukte aufbereitete werden, welche dafür zugelassen sind.
Produkte für den Einmalgebrauch müssen entsorgt werden.
Dieses Symbol bezeichnet, dass das Produkt nur zum. Einmalgebrauch geeignet ist; nicht
wiederverwendbar!
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Wasser / Prozesschemikalien
175
Lehrkraftausgabe
Wasser / Prozesschemikalien
Aufgabe 6.4.1
Setzen Sie die Begriffe, in der nachfolgenden Tabelle, korrekt ein::
Reinigung - Desinfektion
Transport
Verpackung
Kontrolle/ Dokumentation
Freigabe
Vorreinigung
Prüfung auf Unversehrtheit/ Sauberkeit
Verwendung
Pflege & Instandhaltung
Funktionskontrolle
Trocknung
Entsorgung
Etikettierung
Sterilisation
Spülung
Überprüfung
M
Lagerung
Sammlung
Medizinprodukte zum Einmalgebrauch sind fachgerecht zu
entsorgen
Vorreinigung
Noch am Behandlungsort werden grobe Verschmutzungen entfernt,
damit diese nicht eintrocknen.
Sammlung
trocken Entsorgung: kontaminierte Instrumente werden geöffnet
in trockene Sammelbehälter abgelet (nicht werfen!)
Transport
der Sammelbehälter wird verschlossen zum Aufbereitungsraum
transportiert
U
Entsorgung
S
Reinigung &
maschinelle oder manuelle Prozesse
inklusive Sammelbehälter
Desinfektion
Trocknung
Sauberkeit/
Unversehrtheit
Pflege & Instandhaltung
Funktionskontrolle
Verpackung
176
Aufbereitung wiederverwendbarer Medizinprodukte
äusserlich sind die Instrumente manuell mit einem fuselfreiem
Tuch zu trocknen
Hohlinstrumente (Gruppe B!) mit Druckluft nach Herstellerangaben trocknen
optische Prüfung unter ausreichender Beleuchtung: Verunreinigung, Korrosion, Spannungsrisse, Verformung, Brüche, Isolationsverlust
→nur makroskopisch saubere Instrumente dürfen weiter verarbeitet werden.
R
Prüfung auf
E
T
Spülung
intensives Spülen zur Beseitigung von Reinigungs- und Desinfektionsmittelrückständen mit Trinkwasser
Schlussspülung mit entionisiertem Wasser
gezieltes, manuelles Auftragen von den von den Herstellern
empfohlenen Pflegemittel auf Gelenken, Gewinden, Gleitflächen
technisch-funktionelle Prüfung der beweglichen Teile
geeignetes Sterilbarrieresystem & evtl. Schutzverpackung
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Aufbereitung wiederverwendbarer Medizinprodukte
Sterilisation
Etikettierung
Kontrolle/ Doku-
kann auch vor der Sterilisation erfolgen
zur Identifiaktion, Rückverfolgung zum Sterilisationsprozess und
Haltbarkeit
• Sichtkontrolle de Verpackung
• Überprüfung der druchgeführten Kontrollen
• Dokumentation (Tagesprotokoll)
M
mentation
wenn möglich bei 134 °C, 18 Minuten unter gesättigtem Dampf
inklusive Überwachung
Lagerung
Lagerung nach Angaben des Medizinprodukte- und Verpackungsmaterials- hersteller
U
Freigabe
• wenn alle Kontrollen den Vorgaben entsprechen und diese
schriftlich festgehalten wurden, erfolgt durch Unterzeichnung die
Freigabe
• die Dokumentation ist zu archivieren
Verfallsdatum
S
Verwendung
optische Kontrolle der Indikatoren & Verpackung
Kontrolle der Funktion nach Herstellerangaben
• die verwendete Charge wird in den Patientenunterlagen hinterlegt
R
E
T
Pflegemittel
Silikonölhaltige Pflegemittel beeinflussen die Sterilisation.
Bei der Auswahl ist zu beachten, dass sie:
• dampfsterilisationsfähig sind
• dampfdurchlässig sind
• nicht gesundheitsschädlich sind
• auf Paraffin- /Weissöl-Basis hergestellt sind
• die Gelenke nicht verkleben
Anwendung bei Metallinstrumenten:
Instrumente zur Vermeidung von Metallabrieb auf Raumtemperatur abkühlen lassen.
•
Pflegemittel wird manuell mit Hilfe von einem Ölstift, einer Tropfflasche, einer Sprühdose mit Rüssel
oder ähnlichem, gezielt aufgetragen. (Gelenke, Gewinde, Schlüsse, Gleitflächen)
•
Durch Bewegung der entsprechenden Instrumentenbestandteile wird das Mittel gleichmässig verteilt.
•
Zum Schluss wird überschüssiges Mittel mit einem fusselfreien Tuch beseitigt.
•
Achtung: Instrumentenpflegmittel dürfen nicht bei Gummi- und Latexprodukten eingesetzt werden.
Gummi / Latex quillt durch die Pflegemittel auf und die Oberfläche wird zerstört.
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Wasser / Prozesschemikalien
177
Lehrkraftausgabe
Manueller Reinigung- und Desinfektionsprozess
Fabrikneue Instrumente
Medizinprodukte, die fabrikneu sind, müssen vor der ersten Instandsetzung den gesamten
Aufbereitungszyklus durchlaufen haben. Dabei werden mögliche Rückstände aus der
Herstellung, von Pflegemitteln oder von Verpackungsmaterialien entfernt.
M
6.5
Manueller Reinigung- und Desinfektionsprozess
Grundsätzlich sind drei verschiedene Varianten möglich:
U
E
T
S
Desinfektionsbad - Reinigung
In Arztpraxen ist dies die am häufigsten praktizierte Methode. Zu beachten ist, dass durch
die Desinfektion Verschmutzungen an den Instrumenten fixiert werden und die anschliessende Reinigung somit erschwert wird.
R
Die Instrumente werden nach Gebrauch für eine vorgegebene Zeit in die Desinfektionslösung
eingelegt. Anschliessend erfolgt die Reinigung unter der Flüssigkeitsoberfläche mit geeigneten Handschuhen (möglichst durchstichsicher, flüssigkeitsdicht, desinfektionsmittelbeständig, mit verlängertem Schaft). Auf die Auswahl des Desinfektionsmittels ist besonders
viel Gewicht zu legen.
Reinigung - Desinfektionsbad
Steht eine entsprechende Infrastruktur zur Verfügung und fallen grosse Mengen an zu
Reinigenden Instrumente an, ist dieses Vorgehen zu bevorzugen.
Durch die Reinigung werden erst die Verschmutzungen entfernt und das Desinfektionsmittel
kann seine voll Wirkung entfalten. Da bei diesem Verfahren die Gefahr vom Verspritzen oder
Versprühen von infektiösen Materialien / Flüssigkeiten besteht, sind besondere Vorkehrungen
zu treffen: Zur Reinigung muss zusätzlich zu den Handschuhen eine persönliche Schutz-
178
Aufbereitung wiederverwendbarer Medizinprodukte
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Aufbereitung wiederverwendbarer Medizinprodukte
ausrüstung getragen werden. Diese besteht aus Mundschutz, Schürze und Sichtschutz. Beim
Ausziehen der Ausrüstung ist achten, dass keine Kontamination der Haut oder Berufskleidung
stattfindet.
Reinigungsbad - Desinfektionsbad - Reinigung
Bei besonders starker Verschmutzung kann zuerst eine Behandlung im Reinigungsbad
erfolgen.
6.6
U
M
Aufbereitung durch Dritte
Eine Gesundheitseinrichtung kann Medizinprodukte für Verbraucher anderer Einrichtungen aufbereiten.
Jedoch muss der Auftragnehmer zur Sterilisation eine Zertifikation «zur Aufbereitung und Sterilisation
von Medizinprodukten» vorweisen können (gemäss SN EN ISO 13485). Dabei handelt es sich um sehr
aufwendige Verfahren, die für kleinere Unternehmungen nicht rentabel sind. Liegt keine entsprechende
Zertifikation vor, ist eine Reinigung und Verpackung von Fremdprodukten grundsätzlich möglich, nicht
jedoch die Sterilisation.
Oberflächenveränderungen an Instrumenten
Oberflächenveränderungen
an Instrumenten
S
Instrumente zum Mehrmalgebrauch bestehen mehrheitlich aus nichtrostendem Stahl. Chemische, physikalische und thermische Einflüsse können zu Veränderungen der Instrumenten­
oberfläche führen.
Ursachen sind:
• Aufbereitung erfolgt nicht umgehend (Antrocknung!)
• aldehydhaltige Desinfektionsmittel (Proteinfixierung!)
• verschmutze Reinigungs-/Desinfektionsbäder
• unzureichende Reinigung vor der Desinfektion
• Proteinfixierung durch anfänglich zu hohe Wassertemperaturen
• Instrumente werden zur Reinigung nicht geöffnet/zerlegt
R
E
T
Beläge durch organische Rückstände
Durch Operationsrückstände (Blut, Eiweiss, Kochsalz-/Arzneimittelrückstände) verursachte
Rost.
Beläge durch Chemikalienrückstände
Es entstehen helle bis dunkelgraue, flächendeckende, fleckende oder punktuelle, Veränderungen.
Ursachen sind:
•Spülschatten
• falsche Beladung
• ungenügende Spülprozesse
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Oberflächenveränderungen an Instrumenten
179
Lehrkraftausgabe
Oberflächenveränderungen an Instrumenten
Durch Kalk bedingte Wasserflecken
Es entstehen milchig weisse bis graue, flächige oder fleckige, Beläge. Durch eine Schlussspülung mit entionisiertem Wasser können diese Flecken vermieden werden. Zur Sterilisation
sollte ebenfalls entionisiertes Wasser verwendet werden, da der hohe Kaltgehalt im Dampf
sich auf den Instrumenten ablagert.
U
M
Korrosionen
R
E
T
S
Wird die Instrumentenoberfläche durch Stoffe aus seiner Umgebung zerstört, spricht man von
einer Korrosion. Instrumente können dadurch zerstört und unbrauchbar gemacht werden.
Verschiedenen Faktoren können zur Korrosion führen.
180
Aufbereitung wiederverwendbarer Medizinprodukte
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Aufbereitung wiederverwendbarer Medizinprodukte
Lochkorrosion
Durch die Einwirkung von Halogenid-Ionen (insbesondere von Chloriden aber auch Jodide)
oder längerdauernde Anhaftung organischer Rückstände, können nadelstichartige Löcher auf
der Instrumentenoberfläche auftreten. Die Löcher sind oft mikroskopisch klein. Um die
Löcher bilden sich häufig kreisförmige, rotbraune Ablagerungen. Zur Vermeidung der Lochkorrosion werden die Instrumente nach Gebrauch umgehend gereinigt und von chloridhaltigen
Rückständen befreit. Zur Schlussspülung und Dampfsterilisation wird demineralisiertes
Wasser eingesetzt.
U
M
Reibkorrosion
E
T
S
Chlorid
Vor allem hohe Chloridkonzentrationen- und Antrocknungen führen zum «Lochfrass». Chloride kommen
vor in Blut und Wasser aber auch physiologischer Kochsalzlösung.
Ungenügende Schmierung resp. Fremdkörperansammlungen in der sich
gegeneinander bewegenden Metallflächen, führt zum Abrieb feinster
Metallpartikel. Dies Partikel rauen die Oberfläche auf und zerstören sie
somit. Um blank geriebene Bereiche in Gelenken, Schlüssen oder Gleitbahnen, wird Braunverfärbungen / Rostbildung sichtbar.
R
Spannungskorrosion
Die Spannungskorrosion führt zu mehrheitlich sichtbaren Brüchen oder
Rissen an:
• Verbindungsstellen (z. B. Niet- /Schraubenverbindungen bei
Gelenken, Schweiss- /Lotverbindungen
• Stellen mit schwächstem Materialquerschnitt wie die Arbeitsenden
Durch das Ergreifen folgender Massnahmen kann die Spannungskorrosion vermieden werden:
• Instrumente mit Gelenken im geöffnet Zustand reinigen / desinfizieren
• zur Sterilisation Instrumente nicht mehr als im ersten Zahn einrasten
• Chloridbelastungen möglichst vermeiden
• bei der Anwendung auf eine übermässige Biegung verzichten
• Gelenke regelmässig pflegen
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Oberflächenveränderungen an Instrumenten
181
Lehrkraftausgabe
Oberflächenveränderungen an Instrumenten
Flächenkorrosion
Bei der Flächenkorrosion entsteht ein Angriff auf die gesamte Metalloberfläche. Dies äussert
sich durch gleichmässige, mattgraue Veränderungen. Diese werden durch die Anwesenheit
von Feuchte begünstigt.
M
Kontaktkorrosion
Die Korrosion tritt im Bereich auf, wo sich zwei Instrumente aus nichtrostendem Stahl
während der maschinellen Reinigung berühren. Typisch ist im Kontaktbereich eine kleine
punkt- oder ringförmige, braunblaue Verfärbung mit schwachen Rostringen/-inseln.
U
Flugrost - Korrosion
Flugrost äussert sich durch stellenweise bis flächige, braune Rostpartikel. Er bildet sich,
indem wärend dem Reinigungs-, Desinfektions- oder Sterilisationsvorgang der Rost von den
befallenen Instrumenten / Maschinen ablöst und sich an weiteren Instrumenten mit Oberlächenverletzungen ablagert.
S
Um Flugrost zu vermeiden, können folgenden Massnahmen getroffen werden:
• Rostbefallene Instrumente behandlen oder aussondern.
• Rosteintrag über Leitungswasser in Reingungs-, Desinfektions- oder Sterilisationsgerät durch Verwendung von Filtern etc. vermeiden.
E
T
Spaltkorrosion
Durch Feuchtigkeit oder Fremdkörper (chloridhaltige Rückstände, Salzbelastung) bildet sich
in den engen Spaltbreiten (Pinzetten, Gelenkspalten) brauner Rost, welcher aus den Spalten
hervorquillt.
Folgerost
Stehen Instrumente direkt und grossflächig in Kontakt mit stark verrostetem Material, können im
Berührungsbereich Folgerostschäden auftreten.
R
182
Aufbereitung wiederverwendbarer Medizinprodukte
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Aufbereitung wiederverwendbarer Medizinprodukte
6.7
Veränderungen an Gummi-Produkten
Im Vergleich zu Instrumenten aus Metall haben Gummi-Produkte eine
kürzere Lebensdauer und müssen vorzeitig ausgetauscht werden.
Alterung:
U
M
Anzeichen sind:
• Risse
• bräunliche Verfärbung, Vergilbung
• Erweichung / Verhärtung.
R
E
T
S
Quellung:
Treten Gummiflächen in Kontakt mit Parffinöl, Vaseline oder
bestimmten Chemikalien (Desinfektions-/Lösungsmittel), können
sie irreversibel anschwellen und werden unbrauchbar. Bei der
Behandlung von Gummiprodukten sind die Anweisungen des
Herstellers zu beachten.
Spannungsrisse:
ungenügende Spülung, hohe Temperaturen, Chemikalien können
im Aufbereitungsvorgang zu Rissen an Stellen mit erhöhter
Spannung führen. Hier sind ebenfalls die Herstellerangaben zu
berücksichtigen.
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Veränderungen an Gummi-Produkten
183
Lehrkraftausgabe
Veränderungen an Gummi-Produkten
Vorgehen bei
Veränderungen
Vorgehen bei Veränderungen
1
Erschienungsbild analysieren und zuordnen
2
Ursache ermitteln
M
4
Vorbeugende Massnahmen einführen
Aufbereitungsprozess optimieren
U
3
Massnahmen zur Beseitigung
• der Ursachen
• der Oberflächenveränderung
R
E
T
S
184
Aufbereitung wiederverwendbarer Medizinprodukte
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Betriebliche Praxishygiene unter dem Aspekt der Infektionsprävention
7
Betriebliche Praxishygiene
unter dem Aspekt der
Infektionsprävention
M
Durch gezielte Massnahmen wie Reinigung, Desinfektion und/oder Sterilisation sowie
korrekter Umgang mit Abfällen sorgt die betriebliche Hygiene fuur die Aufrechterhaltung der
Gesundheit des Personals und der Patienten.
U
R
E
T
S
Um den hygienischen Anforderungen gerecht zu werden, sind bei der Ausstattung einer
Arztpraxis einige funktionelle und bauliche Massnahmen zu berücksichtigen. Zudem muss ein
individueller Hygieneplan mit den dazugehörenden Stellenbeschreibung(en) ausgearbeitet
werden. Im praxiseigenen Organigramm ist festgehalten, welches Teammitglied für die
Hygienemassnahmen und das entsprechende Qualitätsmanagement verantwortlich ist.
* Hinweis: Beachten dazu das Kapitel 2.4, im Lehrmittel Praxisadministration – Betriebliche Prozesse.
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Veränderungen an Gummi-Produkten
185
Lehrkraftausgabe
Wartezimmer / Garderobe
In der Arztpraxis wird nicht geraucht!
Am Empfang, im Labor und in Zimmern, wo ein Patientenkontakt stattfindet, wird nicht
gegessen und nicht getrunken!
M
7.1
Wartezimmer / Garderobe
Oftmals ist das Wartezimmer in einer Arztpraxis ein eher enger Raum mit einer beschränken
Lüftungsmöglichkeit, wo sich viele Patienten während längeren Zeiten aufhalten. Diese
Gegebenheiten fördern die Übertragung von Infektionskrankheiten durch Aerosole oder
Tröpfchen, aber auch durch direkten oder indirekten (Körper-) Kontakt.
U
Beachten Sie, dass Patienten mit einer akut ansteckenden Krankheit, respektive Patienten
mit einem geschwächten Immunsystem, nicht ins Wartezimmer gesetzt werden.
S
R
E
T
Achten Sie zudem darauf:
• dass regelmässig gelüftet wird.
• dass keine Plüsch-/Stofftiere zum Spielen zur Verfügung stehen.
• dass abwaschbares Spielzeug vorhanden ist. Bei sichtbarer Verschmutzung muss
dieses sofort gereinigt und desinfiziert werden.
• dass «abgelutschte» Gegenstände (Spielsachen) konfisziert, gereinigt und desinfiziert werden.
• dass das Wartezimmer mit abwaschbarem und desinfizierbarem Mobiliar ausgestattet ist.
• dass nur Pflanzen in Hydrokulturen vorhanden sind – falls überhaupt!
• dass ein geschlossener, abwasch- und desinfizierbarer Abfalleimer mit Fusspedal zur
Verfügung steht.
• dass eine grosszügig dimensionierte Kleiderablage vorhanden ist sowie ein Ständer
für Regenschirme und ausreichend Kleiderbügel!
Immer am Ende des Halbtages werden alle Ablageflächen, Stuhllehnen, Türfallen etc.
desinfiziert. Spielsachen werden in Kinderarztpraxen täglich, ansonsten mindestens
einmal pro Woche, gewaschen (z. B. in einem Wäschesack in der Waschmaschine) und/
oder desinfiziert. Verwenden Sie dazu ein geeignetes Desinfektionsmittel.
186
Betriebliche Praxishygiene unter dem Aspekt der Infektionsprävention
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Betriebliche Praxishygiene unter dem Aspekt der Infektionsprävention
Hinweis:
Machen Sie die Mütter, z. B. mit einem Anschlag im Wartezimmer, darauf aufmerksam, dass
sie aus hygienischen Gründen und zum Schutz ihrer Kinder dafür sorgen:
• dass ihr Kind die Spielsachen nicht in den Mund nimmt.
• dass sie ihr Kinde nicht in der Arztpraxis «füttert» (verpflegt).
• dass sie mit dem Kind nach dem Arztbesuch die Hände waschen geht.
Toiletten für Personal und Patienten
Toiletten für Personal und
Patienten
M
7.2
Getrennte Räumlichkeiten für Patienten und Personal!
U
Patienten-Toiletten sind so anzuordnen, dass sie vom Wartezimmer und vom Labor aus
einfach zu erreichen sind und dass sie mit einer «Durchreiche» (ins Praxislabor) ausgestattet
ist.
Personal-Toiletten sind so anzuordnen, dass die Entfernung vom Arbeitsplatz nicht mehr als
100 m oder eine Geschosshöhe beträgt und so, dass das Gebäude nicht verlassen werden
muss.
S
E
T
Toiletten und Pissoire sind von Arbeitsräumen und Aufenthaltsbereichen durch einen Vorraum
zu trennen. Sie sind durch Wände vollständig von den Garderoben abzutrennen und sollen
nicht über Garderoben zugänglich sein. Personaltoiletten z. B. im Gastgewerbe, in Spitälern,
Arztpraxen, Warenhäusern, Bahnhöfen, Fitnessstudios oder Tankstellen dürfen nicht öffentlich zugänglich sein oder von Patienten benutzt werden.
R
Zudem gelten für Personal- und Patiententoilette folgende Hygiene-Bestimmungen:
• Handwaschbecken mit Einhebelbedienung oder Sensor
• Seifen- und Desinfektionsmittelspender an der Wand, welche mit dem Ellbogen zu
bedienen sind oder automatisch funktionieren
• Papiertücher, (Endlostücher mit Sensor)
• geschlossener, abwasch- und desinfizierbarer Abfalleimer mit Fusspedal aus Kunststoff oder Metall
• Belüftungsmöglichkeit - fensterlose Toilettenbereiche sind mechanisch zu lüften
• Regelmässige Kontrollgänge auf Sauberkeit inklusive Dokumentation
Toiletten werden immer am Ende des Halbtages sowie nach dem Toilettengang von Kindern
oder Betagten kontrolliert und dokumentiert.
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Toiletten für Personal und Patienten
187
Lehrkraftausgabe
Allgemeine Praxisräume und Voraussetzungen
Gesetzliche Grundlagen und Richtlinien zu Toilettenanlagen für Personal und Publikum
Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz (ArGV3)
Planungs- und Baugesetz (PBG)
Besondere Bauverordnung l (BBV I)
Hygieneverordnung (HyV)
Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG) SIA 500:2009 Hindernisfreie Bauten
Vereinigung Schweiz. Sanitär- und Heizungsfachleute (VSSH), SI-Handbuch
7.3
M
Allgemeine Praxisräume
und Voraussetzungen
Allgemeine Praxisräume und Voraussetzungen
U
Zum Patientenschutz und zur Vermeidung einer beruflichen Exposition von Mitarbeitenden
gegenüber biologischen Flüssigkeiten, müssen für die einzelnen Arbeitsplätze Empfehlungen
erarbeitet, sichere Arbeitstechniken entwickelt und persönliche Schutzmassnahmen ergriffen
werden. Unfallereignisse müssen analysiert und Massnahmen zur Vermeidung getroffen
werden. Diese Prozesse werden im praxiseigenen Hygieneplan beschrieben und sind von allen
Mitarbeitenden zwingend einzuhalten.
*Mehr dazu erfahren Sie in diesem Lehrmittel im Kapitel 11!
*Mehr dazu erfahren Sie in diesem Lehrmittel im Kapitel 10!
R
E
T
S
Des Weiteren sind folgende Punkte zu beachten:
• Handwaschplätze sind dort bereitzustellen, wo es zu direktem Patientenkontakt
oder dem direkten Umgang mit Körperflüssigkeiten oder infektiösem Material
(z. B. in Laboratorien) kommt. Ausgestattet mit:
>> Waschbecken mit Warm- und Kaltwasser sowie Benutzung ohne Handkontakt
>> wandständiger Seifen- und Desinfektionsmittelbehälter mit handberührungsfreier Entnahme
>> Papierhandtücher aus einem Spender
>> geschlossener, abwasch- und desinfizierbarer Abfalleimer mit Fusspedal aus
Kunststoff oder Metall
• Durchstichsichere Entsorgungsbehälter für Kanülen, Skalpellklingen, Glasampullen
etc.
• Abfalleimer für medizinische Sonderabfälle
• Einmalpapier auf den Liegen
• Sichtschutz in Behandlungs- und Therapiezimmer (Vorhänge, Trennwände,…) aus
glatten, vertikalen, nass zu reinigenden Lamellen (kein Stoff!)
• Ausserhalb von Behandlungs- und Therapiezimmer ist ein textiler Sichtschutz
erlaubt, sofern er regelmässig (vierteljährlich) gereinigt wird
• Fugendichte, feucht abwischbare Fussböden, Arbeitsflächen und Wände (desinfektionsmittelbeständig)
• Schränke zur Lagerung (keine Regale)
• Inventar soll glatt und abwischbar sein (desinfektionsmittelbeständig)
• keine Pflanzen in Erde / Trockengestecke (Belastung mit sporenbildenden Erregern!)
188
Betriebliche Praxishygiene unter dem Aspekt der Infektionsprävention
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Betriebliche Praxishygiene unter dem Aspekt der Infektionsprävention
• Hydrokulturen / Schnittblumen am Eingang, im Flur, in Schreibzimmer und Büro
erlaubt
Kunstpflanzen müssen engmaschig feucht gereinigt werden
• Separater Kühlschrank für Medikamente / Impfstoffe / Laborchemikalien und
Lebensmittel
Medikamentenkühlschrank
M
Medikamentenkühlschrank
• tägliche Überwachung und Dokumentation der Kühlschranktemperatur
• regelmässige Überprüfung der Verfalldaten (mindestens zweimal pro Jahr)
• zweimal jährlich Gefrierfach abtauen und monatlich den Kühlschrank reinigen
Wichtig: Alle Reinigungsarbeiten sowie Kontrollen werden dokumentiert und viesiert!
U
7.4
Personalumkleideraum
Personalumkleideraum
R
E
T
S
• Mitarbeitende müssen während der Arbeitszeit ihre Kleidung unzugänglich für
andere aufbewahren können.
• Die persönlichen Kleidung muss getrennt von der sauberen und benutzten Arbeitskleidung aufbewahrt werden können.
• Benutzte Wäsche ist in widerstandsfähigen und dichten sowie eindeutig gekennzeichneten Behältnissen zu sammeln.
• Waschbecken mit der nötigen Hygieneausstattung und einem geschlossenen,
desinfizierbaren Abfalleimer mit Fusspedal muss vorhanden sein.
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Personalumkleideraum
189
Lehrkraftausgabe
Personalumkleideraum
U
M
R
E
T
S
190
Reinigung
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Reinigung
8
Reinigung
U
M
E
T
S
Durch sie wird nicht nur Sauberkeit erlangt, sondern sie dient darüber hinaus der Infektionsverhütung und somit dem Personal- und Patientenschutz.
Durch die mechanischen Reinigungsmassnahmen wird unerwünschte Materie inklusive Keime
entfernt. Dabei findet keine Abtötung / Inaktivierung von Keimen statt!
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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R
In der Arztpraxis unterscheiden wir drei Arten von Reinigung:
• Hände (siehe Kapitel 5)
• Flächen
• Instrumente
Personalumkleideraum
191
Lehrkraftausgabe
Flächen
8.1
Flächen
Flächen
Die alleinige trockene Reinigung durch staubsaugen, wischen mit Besen oder reinigen mit
einem trockenem Lappen (abstauben) ist in medizinischen Einrichtungen nicht gestattet.
Flächen (inklusive Wände und Gegenstände) müssen unter Verwendung von Wasser mit
reinigungsverstärkenden Zusätzen gesäubert werden. Welche Flächen / Geräte in welchem
Umfang gereinigt werden müssen, ist im Hygieneplan zu regeln.
M
Folgende Punkte beeinflussen den Reinigungsprozess:
U
Instrumente
R
8.2
E
T
S
Instrumente
Die Reinigung (zusammen mit der Desinfektion) ist ein unerlässlicher Schritt vor der Verpackung zur Sterilisation. Durch physikalisch-chemische Massnahmen, soll das Instrument von
organischen und chemischen Rückständen befreit werden. Dazu wird unter dem Einsatz einer
mechanischen Methode ein entsprechendes Reinigungsmittel verwendet. Die Reinigung soll
ohne zeitliche Verzögerung stattfinden, um das Antrocknen von Blut-, Eiter-, Geweberückständen etc. zu vermeiden.
Reinigungserfolgsfaktoren
192
Reinigung
Dabei beeinflussen folgende vier Faktoren den Reinigungserfolg massgebend:
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Lehrkraftausgabe
Reinigung
Sinnerscher Kreis
U
M
Der Sinnersche Kreis beschreibt die vier Faktoren, die
hauptsächlich für den Reinigungserfolg ausschlaggebend sind, in Form von einem Kreisdiagramm. Die
Faktoren sind voneinander abhängig. Sie ergeben stets
dieselbe Endsumme, sind aber in deren Grösse untereinander veränderbar: ein einzelner Faktor kann durch die
anderen kompensiert werden.
So war zum Beispiel der Mechanikanteil bei der früher
üblichen Handwäsche von Kleidern besonders hoch. (siehe Abbildung)
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R
E
T
S
Sinnerscher Kreis
Instrumente
193
Lehrkraftausgabe
Instrumente
• Zeit:
• Mechanik:
• Chemie:
M
• Temperatur:
Die Zeit steht im umgekehrten Verhältnis zur Konzentration und Mechanik.
Sie beschreibt den Zeitraum vom Auftragen bis zum Entfernen des Reinigungsmittels = Einwirkzeit.
Die auf die Verschmutzung einwirkenden Kräfte bestimmen den mechanischen Faktor. Es wird unterschieden in manuelle (schrubben, bürsten)
undmaschinelle Reinigung (Sprühdruck, Sprühstrahl, etc.).
Sie beschreibt die Wirkung eines alkalischen, sauren, neutralen oder enzymatischen Reinigungsmittels. Die Höhe der Konzentration beeinflusst die
Wirkung und die Zeit. Die Auswahl wird auf Grund der Schmutzqualität- und
Quantität sowie der Instrumentenbeschaffenheit getroffen.
bei leicht flüchtigen Reinigungsmitteln darf nicht mit warmem/heissem
Wasser gereinigt werden, da sich die Inhaltsstoffe leicht verflüchtigen.
U
Manuelle Reinigung
E
T
S
Wenn möglich sollte die Reinigung maschinell (z. B. Ultraschall) erfolgen. Ist dies nicht
möglich, muss zum manuellen Reinigungsvorgang eine schriftliche Anleitung (Arbeitsablauf)
vorhanden sein. In einem ersten Schritt, nach der Desinfektion, werden die Instrumente im
Sieb der Reinigungs-/Desinfektionswanne mit kaltem Wasser abgespritzt. Die gezielte Reinigung erfolgt mit weichen, flexiblen und desinfizierbaren Kunststoffbürsten (alternativ
Einmalhandbürsten). Auf die Säuberung der Lumen (Hohlräume), Scharniere und Rillen ist
eine besondere Aufmerksamkeit zu legen. Bei Medizinprodukte mit Hohlräumen kann die
Reinigungslösung zum Beispiel mit Hilfe einer Einmalspritze in die Kanäle gebracht werden.
Für grössere Hohlräume sind spezielle Reinigungsbürsten erhältlich. Danach wird alles
nochmal gründlich mit demineralisiertem Wasser gespült und mit einem weichen Tuch sofort
abgetrocknet.
Um bei einer anschliessenden Desinfektion den Erfolg nicht zu mindern, müssen sämtliche
Reinigungsmittelrückstände beseitigt werden.
R
Die wiederverwendbaren Reinigungsbürsten werden nach der Verwendung gereinigt und
anschliessend im Desinfektionsbad eingelegt! Die Bürsten sind je nach Gebrauch regelmässig auszuwechseln.
Maschinelle Reinigung
Maschinelle Reinigung
Zum Einsatz kommt entweder das Ultraschallreinigungsgerät oder das Reinigungs-undDesinfektionsgerät (RDG). Bei beiden Verfahren kann der Chemiezusatz so gewählt werden,
dass eine Reinigung und Desinfektion im selben Durchgang erfolgt. Der maschinelle Einsatz
hat zum Vorteil, dass die Qualität stets dieselbe bleibt, kleinste und schwer zugängliche
194
Reinigung
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Lehrkraftausgabe
Reinigung
Stellen zuverlässig gereinigt werden, das Personal zeitlich weniger beansprucht wird und die
Verletzungsgefahr geringer ist.
RDG (Thermodesinfektor):
Der RDG kommt überwiegend in grösseren Institutionen zum Einsatz.
Die Reinigung / Desinfektion erfolgt maschinell durch chemo-thermische Verfahren. Dabei
werden chemische Wirkstoffe mit erhöhten Temperaturen kombiniert. Das Gerät ist mit einer
Geschirrspülmaschine zu vergleichen: Die Maschine wird beladen, das gewünschte Programm
gewählt und die einzelnen Prozesse laufen automatisch ab. Der Ablauf lässt sich gliedern in
Reinigung, Desinfektion und Trocknung mit eingelagerten Spülphasen.
M
Die Anforderungen an die RDG inklusive deren Kontrolle und Überwachung der Aufbereitung
werden in der ISO EN 15883 festgehalten.
Vorspülung
Meist ohne chemische Zusätze und mit kaltem Wasser werden grobe
Ver-schmutzungen beseitigt.
Unter Einsatz einer Reinigungschemie werden alle anhaftenden
Verschmutzungen entfernt. Dabei sind die Hinweise der Chemiehersteller zu beachten.
S
Reinigung
U
Beispiel einer möglichen Abfolge der einzelnen Prozessschritte, welche jedoch variieren
können:
Eine Neutralisation ist nötig, wenn zur Reinigung alkalische Chemie
ver-wendet wurde. Mit Hilfe eines Neutralisationsmittels wird der
pH-Wert aufein möglichst neutrales Niveau gesenkt.
Spülung
Die Medizinprodukte werden von Resten der eingesetzten Chemikalien
befreit.
E
T
Neutralisation
Die Desinfektion kann entweder thermisch oder chemo-thermisch
er-folgen. Die chemothermische Anwendung ist effizienter als ein
reinchemisches Verfahren, jedoch weniger zuverlässig als die thermische Desinfektion.
R
Desinfektion
thermisch:
Thermostabile Medizinprodukte werden vorzugsweise thermische
behandelt. Dabei werden noch anhaftende Keime durch Wärmeeinwirkung von mind. 80 °C reduziert. Bewährt hat sie die Temperatur von
90 °C bei einer Einwirkzeit von circa fünf Minuten.
chemo-thermisch:
Sie kommt bei thermolabilen Medizinprodukten, bei denen Temperaturen von > 65 °C nicht möglich sind, zum Einsatz. Durch die Zugabe
eines Desinfektionsmittels wird die Keimreduktion erzielt. Der
Chemiehersteller gibt die Parameter
Temperatur, Konzentration und Einwirkzeit vor.
Nachspülung
Dieser Schritt ist nur bei der chemo-thermischen Desinfektion
notwendig.Dabei werden Desinfektionsmittelrückstände entfernt. Die
Schlussspülung erfolgt mit vollentsalztem Wasser.
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Instrumente
195
Lehrkraftausgabe
Instrumente
Trocknung
Sie dient zur Elimination von Restfeuchte. Erfolgt dies mittels
Heissluft,müssen entsprechende Filter zu Einsatz kommen, um eine
Rekontami-nation zu verhindern.
Reiniger
Je nach Instrument und Verschmutzung kommen unterschiedliche Reinigungsmittel zum
Einsatz:
U
M
Enzyme = Proteine, die Eiweisse, Kohlenhydrate und Fett katalytisch zersetzten
und somit wasserlöslich machen.
R
E
T
S
Die einzelnen Komponenten können auch in Kombination vorkommen. Mögliche Varianten von Reinigern
sind:
• pH-neutral, mit/ohne Enzyme
• mildalkalisch, mit/ohne Enzyme
• alkalisch, mit/ohne Tensid* (setzt Oberflächenspannung herab)
• kombinierte Reinigungs- und Desinfektionsmittel (Reiniger mit antimikrobieller Wirkung)
*Tenside bewirken, dass zwei eigentlich nicht miteinander mischbare Flüssigkeiten, wie zum Beispiel Öl
und Wasser, fein vermengt werden können.
196
Reinigung
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Lehrkraftausgabe
Reinigung
Ultraschall
Die Ultraschallbehandlung eignet sich vor allem für Glas, Keramik und Instrumente aus
Edelstahl. Im Weiteren können mechanisch empfindliche Instrumente und teils Endoskope
behandelt werden. Für Instrumente mit Elektronik und elastische Materialen eignet sich das
Verfahren nicht.
U
M
Das Gerät besteht aus einem Gehäuse, einem Einsatzkorb für die Instrumente und einem
Deckel. Die reinigende Wirkung wird durch hochfrequente Schwingungen im Wasser erzeugt:
Ein Generator wandelt die elektrische Energie aus dem Stromnetz in mechanische Energie =
Ultraschallwellen um. Durch die Ultraschallwellen entstehen Druckschwankungen. Über- und
Unterdruck wechseln sich mehrere tausend Mal pro Sekunde ab. Dadurch werden an der
Instrumentenoberfläche kleinste Dampfblasen gebildet. Durch deren Implosion (Gegenteil
der Explosion, also in sich zusammenfallen) entstehen kraftvolle Druckstösse, welche die
Instrumente von Verschmutzungen etc. befreien. Die Schmutzteilchen werden dabei regelrecht von den Oberflächen abgesprengt und in die Flüssigkeit suspendiert. Dieser Vorgang
wird als «Kavitation» bezeichnet. In der Regel dauert die Behandlung mit Ultraschall 3 – 5
Minuten.
R
E
T
S
Die Gitter vom Beladungskorb müssen miteinander verlötet sein, damit bei der Beschallung
keine Schwingung stattfindet.
Temperatur
Der Reinigungseffekt wird durch eine höhere Temperierung des Bades verstärkt. Deshalb ist
bei den meisten Geräten eine Beheizung der Wanne möglich. Dabei wird mit Temperaturen
von 40 – 60 °C gearbeitet. Zu beachten ist jedoch, dass sich die Gebrauchslösung während
dem Betrieb durch die Energie der Ultraschallwellen zusätzliche erhitzen.
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Instrumente
197
Lehrkraftausgabe
Instrumente
Sollte mittels Ultraschallbad eine Desinfektion erfolgen, darf keine zusätzliche Erwärmung
stattfinden. Bei Temperaturen über 40 °C beginnt die Eiweisskoagulation (Gerinnung von
Eiweissen), welche die Desinfektion erschwert!
Die Flüssigkeit soll bei täglichem Gebrauch auch täglich gewechselt werden. Bei starker
sichtbarer Verunreinigung wird das Bad umgehend frisch angesetzt. Der Wechsel respektive
das Neuansetzen der Ultraschall-Lösung muss dokumentiert werden.
U
M
Entgasen
Das Leitungswasser enthält immer eine gewisse Menge an gasförmigen Stoffen. Die Anwesenheit dieser Gase beeinträchtigt die Reinigungswirkung. Zum einen stören sie die Ausbreitung
der Ultraschallwellen und zum andern ver
hindern sie die Bildung von Dampfblasen.
Zur Elimination der Gase wird eine neu angesetzte Lösung zuerst entgast. Dies geschieht,
indem das Gerät ohne Ware eingeschaltet wird. Durch die Ultraschallschwingungen werden
die gebundenen Gase freigesetzt. Dabei kann man beobachten, wie viele kleine Bläschen
hochsteigen.
E
T
S
Sweep-Funktion
Sie steigert zusätzlich das Reinigungsresultat indem sie die Frequenz der Ultraschallwellen verschiebt. Somit werden die Wellen verschiedenartig in der Reinigungsflüssigkeit
verteilt.
ohne sweepmit sweep
R
Beladung
Überladene Körbe führen zu sogenannten Ultraschallschatten, welche die Schallenergie
absorbieren und somit zu einer ungenügenden Reinigung führt. Die Beladung sollte einlagig
und ohne gegenseitige Berührung der Instrumente erfolgen. Gelenksinstrumente (Scheren,
etc.) werden geöffnet behandelt.
Alle Instrumente müssen vollständig von der Lösung bedeckt sein.
Nach Programmende wird das Reinigungsgut entnommen und gründlich mit demineralisertem Wasser gespült, um Rückstände der Badflüssigkeit und Schmutzteilchen zu entfernen!
198
Reinigung
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Lehrkraftausgabe
Reinigung
Qualitäts-Kontrolle
Zur Kontrolle der Reinigungsleistung sind im Handel verschiedene gebrauchsfertige Testsysteme erhältlich. Eine weitere Kontrollmöglichkeit ist der Aluminiumfolie-Test: dazu wird ein
handelsüblicher Aluminiumfolienstreifen in die zuvor entgaste Lösung getaucht und
beschallt. Nach der Entnahme muss der Streifen eindeutige, gleichmässige Perforationen
aufweisen. Anschliessend an die Testung muss die Flüssigkeit verworfen und das Bad gründlich gespült werden. (Elimination der Aluminium-Rückstände!)
Die Ergebnisse der Leistungsüberprüfung müssen dokumentiert werden.
U
M
Chemie
Die Konzentration der Reinigungs- resp. Reinigungs-Desinfektionslösung, die Badtemperatur
und die Beschallungszeit wird vom Hersteller angegeben und ist einzuhalten.
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T
S
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Instrumente
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Lehrkraftausgabe
Instrumente
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200
Sterilisation
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Lehrkraftausgabe
Sterilisation
9
Sterilisation
U
M
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Definition
E
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S
9.1
Definition
Durch die Sterilisation werden sämtliche pathogene und apathogene Mikroorganismen, und
Viren einschliesslich ihrer Ruhestadien (z. B. Sporen), irreversibel (nicht umkehrbar) inaktiviert respektive abgetötet.
In der Norm SN EN 556-1 wird die Sterilisation mathematische definiert. Sie hält fest, dass ein als
«steril» deklariertes Medizinprodukt mindestens dem Sicherheitsgrad von 106 besitzen muss. Das heisst,
dass in einer Million sterilisierter Produkte nicht mehr wie ein überlebensfähiger Keim nachweisbar sein
darf. Oder anders ausgedrückt: ein Produkt ist erst dann als steril zu handeln, wenn die theoretische
Wahrscheinlichkeit einen lebenden Keim zu finden, je Objekt, nicht grösser als 1 : 1 Million ist.
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Definition
201
Lehrkraftausgabe
Sterilisationsverfahren
Ziel
Ziel ist, das Erlangen einer totalen Keimfreiheit = Asepsis.
Ziel
Ein Medizinprodukt, das invasiv angewendet wird, das heisst, die Haut respektive Schleimhaut durchdringt oder mit Wunden respektive Blut in Kontakt kommt, muss sich in einem
sterilen Zustand befinden.
9.2
M
Sterilisationsverfahren
Sterilisationsverfahren
U
Gesetzliche Grundlagen
Der nachfolgende Text stammt aus der «Anleitung – Gute Praxis zur Aufbereitung von Medizinprodukten in Arzt- und Zahnarztpraxen sowie bei weiteren Anwendern von Dampf-KleinKlein-Sterilsatoren» von Swissmedic (Schweizerisches Heilmittelinstitut). Zitat:
E
T
S
Die Anforderungen an die Aufbereitung von Medizinprodukten im niedergelassenen, ambulanten Bereich sind im Laufe der Jahre anspruchsvoller geworden. Viele Therapiemassnahmen,
welche früher mit einer Spitaleinweisung verbunden waren, können heute ambulant in einer
Praxis durchgeführt werden. Das Gesundheitssystem unterstützt Kurzhospitalisationen, was
wiederum eine frühere Konsultation beim niedergelassenen Arzt bedeutet. Die Ärzteschaft
wird somit auch mit neuen Situationen – z. B. nosokomialen (im Spital erworbenen) Infektionen - konfrontiert, welche früher praktisch nur den Spitälern vorbehalten waren.
Neue innovative Behandlungsmethoden mit technisch komplexen chirurgischen Instrumenten (z. B. Instrumente für die minimal invasive Chirurgie MIC) aber auch Erkenntnisse zu
neuen Übertragungsrisiken von nicht mikrobieller Natur (Creutzfeldt-Jakob-Krankheit) und
der steigende Anspruch der Patienten an die Sicherheit, tragen ebenso dazu bei.
R
202
Sterilisation
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Lehrkraftausgabe
Sterilisation
• Bundesgesetz vom 15. Dezember 2000 über Arzneimittel und Medizinprodukte (Heilmittelgesetz,
HMG), SR 812.21
Seit dem 1. Januar 2002 ist das Heilmittelgesetz in Kraft. Zweck dieses Gesetzes ist, dass nur qualitativ
hoch stehende, sichere und wirksame Heilmittel in Verkehr gebracht werden. Heilmittel sind sowohl
Arzneimittel wie auch Medizinprodukte.
• Medizinproduktverordnung (MepV) vom 17. Oktober 2001 (Stand am 1. April 2010), SR 812.213
M
Zum gleichen Zeitpunkt wurde die revidierte Medizinprodukteverordnung (MepV) in Kraft gesetzt; die
geänderte Fassung vom 24. März 2010 wurde per 1. April 2010 in Kraft gesetzt. Diese Verordnung soll
einen sicheren Umgang mit Medizinprodukten gewährleisten, und regelt das Inverkehrbringen, die
Produktebeobachtung sowie die nachträgliche Kontrolle von Medizinprodukten und deren Zubehör durch
die Behörden.
Die Medizinproduktverordnung (MedpV) regelt im Artikel 19 die «Wiederaufbereitung», in Artikel 20 die
«Instandhaltung» und in Artikel 20a die «Abänderung».
U
• Art. 19 Wiederaufbereitung
1. Wer als Fachperson ein zur mehrmaligen Verwendung bestimmtes Medizinprodukt mehrfach verwendet,
sorgt vor jeder erneuten Anwendung für die Prüfung der Funktionsfähigkeit und die korrekte Wiederaufbereitung.
S
2. Als Wiederaufbereitung gilt jede Massnahme der Instandhaltung, die notwendig ist, um ein
gebrauchtes oder neues Medizinprodukt für seine vorgesehene Verwendung vorzubereiten, insbesondere
Aktivitäten wie Reinigung, Desinfektion und Sterilisation.
3. Die Prozess- und Validierungsdaten der Sterilisation sind aufzuzeichnen. 4 Wer Medizinprodukte für
Dritte wiederaufbereitet, hat sich über ein bestandenes Konformitätsbewertungsverfahren gemäss
Anhang 3 für die Aufbereitung und Sterilisation von Medizinprodukten auszweisen.
E
T
• Art.20 Instandhaltung
1. Wer Medizinprodukte als Fachperson anwendet, sorgt für die vorschriftsgemässe Durchführung der
Instandhaltung und der damit verbunden Prüfung.
2. Die Instandhaltung hat nach den Grundsätzen der Qualtiätssicherung zu erfolgen, ist betriebsintern
zweckmässig zu planen und zu organisieren und richtet sich insbesondere:
a) nach den Anweisungen der Person, die das Produkt erstmals in Verkehr gebracht hat;
b) nach dem Risiko, das dem Produkt und seiner Verwendung eigen ist.
R
3. Die Ergebnisse der Instandhaltung und der damit verbundenen Prüfungen,
festgestellte Mängel und Störungen sowie getroffene Massnahmen sind für alle
«aktiven Medizinprodukte» aufzuzeichnen.
• Art. 20a Abänderung
Wer Medizinprodukte so abändert oder abändern lässt oder wiederaufbereitet oder wiederaufbereiten
lässt, dass sie nicht mehr dem vorgesehenen Zweck dienen oder die vorgesehene Leistung erbringen,
muss die Anforderungen für das erstmalige Inverkehrbringen erfüllen.
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Sterilisationsverfahren
203
Lehrkraftausgabe
Sterilisationsverfahren
Normen und Vollzugshilfen (Vorgaben) sind keine Gesetze. Wer diese nicht anwendet,
muss aber belegen können, dass die Arbeitsweise den Stand von Technik und Wissenschaft
berücksichtigt, und dass die gesetzlich geforderten Sicherheitsziele im gleichen Ausmass
erfüllt sind. Die Beweispflicht liegt beim Anwender.
M
Physikalische Verfahren
Physikalische Verfahren
U
Das Sterilisationsprinzip beruht auf der Behandlung vom Beladungsgut mit Hitze. Die Hitze
führt zur Keimabtötung indem sie die Eiweisse der Keime irreversibel verändert = Denaturierung.
Dampfsterilisation
E
T
S
Dampfsterilisation
Durch gesättigten Wasserdampf werden die Keime abgetötet. Um die Benetzung sämtlicher
Oberflächen zu gewährleisten, werden fraktionierte (aufgeteiltes / unterschiedliches)
Vakuumverfahren eingesetzt. Zur Prozessüberwachung stehen geeignete Validierungsmethoden (Kontroll-/Prüfmethoden) zur Verfügung. In der Arztpraxis ist die Dampfsterilisation
das sicherste Verfahren. Es eignet sich für eine Vielzahl Materialen wie Textilien, Papier, Glas,
Metall oder Gummi.
*Hinweis: Die Dampfsterilisation wird in späteren Kapiteln detailliert aufgeführt.
Heissluftsterilisation
R
Heissluftsterilisation
Die Sterilisation erfolgt durch heisse, trockene und bewegt Luft, die das Sterilgut umströmt.
Dabei kommen Temperaturen von bis zu 250 °C zur Anwendung. Aus diesem Grund eignet sich
das Heissluftverfahren nur für hitzebeständige Gegenstände wie Metall, Glas oder Porzellan
nicht aber für Textilien und Papier oder Gummi. Letztere würden verbrennen respektive
schmelzen. Die Sterilisation mittels heisser Luft ist in der Praxis / Spital aus folgenden
Gründen nicht mehr vertretbar:
• Da die Behandlung durch trockene Hitze erfolgt, dauert die Übertragung der Wärme
auf das Sterilgut relativ lange, was eine lange Sterilisationszeiten (bis zu 200
Minuten) zur Folge hat.
• Da sich auf dem Sterilgut Kälteinseln bilden können, welche den Sterilisationserfolg
negativ beinträchtigen.
• Die Beladung des Sterilisators beeinflusst im hohen Mass den Sterilisationserfolg.
• Es stehen keine Validierungsmöglichkeiten zur Verfügung.
204
Sterilisation
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Lehrkraftausgabe
Sterilisation
Strahlensterilisation
Physikalisch-chemische Verfahren
Physikalisch-chemische
Verfahren
M
Strahlensterilisation
Hier erfolgt die Sterilisation durch Bestrahlung der Ladung mit ionisierenden Strahlen.
Hauptsächlich werden Gamma- oder Elektronenbestrahlung angewendet. Seltener kommen
Beta- oder Röntgenstrahlen zum Einsatz Die Anwendung von Strahlung verlangt sehr aufwändige Sicherheitsmassnahmen. Zudem können die Strahlen eine Veränderung von Latex,
Gummi und Kunststoffen bewirken. Zur Anwendung kommt die Strahlensterilisation in der
industriellen Aufbereitung von Einwegartikeln (Kanülen, Spritzen).
Bei diesen Methoden erfolgt die Sterilisation vorwiegend mit Hilfe chemischer Stoffe. Teils
kommen zusätzlich physikalische Komponenten zum Einsatz.
Gassterilisation
U
Gassterilisation
Hierbei handelt es sich um eine Kaltsterilisation (Temperaturen von ca. 50 °C). Die Zerstörung der Eiweisse erfolgt durch ein toxisches Gas. Die Toxizität und Explosivität der Gase
verlangt nach hohen Sicherheitsanforderungen. Zum Einsatz kommen Gase wie Ethylenoxid
(EO), Formaldehydgas oder Ozon. Die Gassterilisation wird bei hitzeempfindlichen und
porösen Gegenständen angewandt.
S
Plasmasterilisation
Dampfsterilisation
Die Sterilisation in der Arztpraxis erfolgt durch die Behandlung mit gesättigtem Wasserdampf.
Das dazu benötigte Gerät wird als Sterilisator oder Autoklav bezeichnet.
Dampfsterilisation
R
E
T
Plasmasterilisation
Sterilisationstechnik, die durch Hochfrequenz- oder Mikrowellen verursachte Plasmaentladungen erfolgt. Der sterilisierende Effekt basiert auf mehreren Faktoren:
Der entstandene Dampf wird in freie Radikale (chemische, aggressive Stoffe) aufgebrochen,
welche die Keime eliminieren. Zusätzlich wird zur Keimabtötung UV-Strahlung aus dem
Plasma generiert und ein Ionenbeschuss findet statt. Die Sterilisation erfolgt bei niedrigen
Temperaturen (ca. 45 °C). Es ist ein materialschonendes Verfahren für thermolabile und
feuchtigkeitsempfindliche Instrumente wie Optiken, Endoskope oder Elektronik.
Die Leistungsanforderungen an Dampf-Klein-Sterilisatoren im medizinischen Bereich, wie
z. B. Arzt- und Zahnarztpraxis, werden in der europaweit gültigen Norm EN 13060 festgehalten. Der Einsatz von Klein-Sterilisatoren eignet sich für kleine Produktemengen.
In der Norm EN 13060 ist eine Leistungsdifferenzierung von Autoklaven nach Typen der
Sterilisationsprogramme vorgesehen. Diese Typen können jedoch auch gleichzeitig in einem
Gerät kombiniert sein:
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Sterilisationsverfahren
205
Lehrkraftausgabe
Sterilisationsverfahren
Typ S
Typ B
Mit diesem Sterilisationstyp
werden unverpackte,
massive Medizinprodukte
sterilisiert.
Sterilisationstyp, der nach
den Angaben der Instrumenten-Hersteller angewendet wird.*
Universalautoklav der
höchsten Leistungsklasse,
welcher ein fraktioniertes
(unterteiltes) Vakuum
besitzt.
(Die Erklärung dazu finden
Sie unten!)
Diese Gerätetypen sind nur
für den Einsatz in Arztpraxen geeignet, in
welchen keine operativen
Eingriffe durchgeführt
werden. Z. B.
•Scheren
•Pinzetten
Zur Sterilisation aller
verpackten oder unverpackten, massiven Medizinprodukte sowie von Hohlkörpern (Typ A) und
porösen Produkten.
M
Typ N
U
Die Anwendung dieses
Sterilisationstypes erfolgt
nur bei unkritischen Medizinprodukten, bei denen
keine Sterilisation vorgeschrieben ist. Z. B. •Spekula
•Zungenspatel
S
Können sämtliche Anforderungen an die Sterilisation
thermostabiler Produkte
erfüllen
E
T
* Hinweis: Sterilisation nach Herstellerangaben – beim Kauf unbedingt eine schriftliche Bestätigung über das Leistungsspektrum des Gerätes verlangen.
Bei der Anschaffung eines Dampf-Sterilisators für die Arztpraxis eignet sich ein Gerät vom
Typ B, da mit ihm zusätzlich eine sichere Sterilisation von Hohlkörperinnenflächen gewährleistet ist.
Funktionsweise
R
Funktionsweise der Dampf-Sterilisation
Ursprünglich beruht das Prinzip der Dampfsterilisation auf der Erfindung des Druckkochtopfes
(Papin’scher Topf, Dampfkochtopf); Wasser wird in einem geschlossenen System erhitzt, bis
es siedet. Der Innenraum füllt sich dabei mit gesättigtem Dampf. Da dieser nicht entwichen
kann, steigt seine Temperatur über 100 °C an. Durch den daraus resultierenden Druckanstieg
entsteht der gesättigte-gespannte Dampf (Druck > 1 bar).
(In einem offenen System würde das Wasser bei 100 °C zu sieden beginnen und der Dampf
entweichen!)
➡ Entlüftungsphase = fraktioniertes Vor-Vakuum-Verfahren
Die Luft wird durch Dampf ersetzt!
206
Sterilisation
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Lehrkraftausgabe
Sterilisation
Damit der Dampf die ganze Sterilisationskammer und das ganze Sterilgut benetzten kann,
muss zuerst die gesamt Luft entzogen werden. Dies geschieht mit Hilfe einer Vakuumpumpe,
die ein fraktioniertes Vakuum erzeugt: es wird mehrmals Luft abgezogen und mit Wasserdampf gefüllt, bis die gesamte Luft entfernt ist. Dies führt dazu, dass in Hohlkörper-Instrumenten, in Verpackungen oder Textilien keine Luft mehr vorhanden ist, welche den Erfolg der
Sterilisation gefährden würde. Die ganze Kammer ist nun mit gesättigtem Dampf gefüllt.
Jetzt wird die notwendige Temperatur und der Druck aufgebaut = Steigezeit.
Wo sich Luft befindet, kann kein Dampf vorhanden sein und umgekehrt!
M
➡ Sterilisationsphase:
U
Das Sterilgut ist eine gewisse Zeit dem gesättigtem, gespannten Dampf ausgesetzt. Durch die
Kondensation vom Wasserdampf am kühleren Sterilgut wird Energie frei, die gemeinsam mit
dem Wärmeeinfluss die Keime irreversibel schädigt (abtötet).
Der eigentliche Sterilisationsvorgang setzt sich zusammen aus der Ausgleichs- und Abtötungszeit sowie dem Sicherheitszuschlag.
S
Alles, was steril werden soll, muss nass sein!
E
T
➡ Trocknungsphase: Trocknungsphase = fraktioniertes Nach-Vakuum-Verfahren
Der Wasserdampf wird durch sterile Luft ersetzt!
Zuerst wird der Dampf abgelassen und anschliessend das Sterilgut durch ein Vakuum
getrocknet. Das Kondensat (=Restfeuchtigkeit) wird zu verdampfen gebracht und wird über
die Vakuumleitung abgeleitet. Zum Abschluss erfolgt die Belüftung durch sterile Luft.
R
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Sterilisationsverfahren
207
Lehrkraftausgabe
Sterilisationsverfahren
Wasser
Das Wasser zur Sterilisation muss der Norm SN EN 13060 entsprechen, was den Einsatz von
destilliertem oder demineralisiertem = vollentsalztem Wasser verlangt. Um stets mit der
selben Wasserqualität zu sterilisierten, soll das Wasser täglich vor der Inbetriebnahme
ausgewechselt werden.
Sterilisationsprogramme
M
Schonprogramm für thermolabiles Gut (Kunststoff, Gummi, Textilien):
121 °C
15 - 20 Minuten
2.05 bar
134 °C
3 – 5 Minuten
3.04 bar
18 Minuten
3.04 bar
für übrige Materialen:
U
Prionenprogramm:
134 °C
S
Prionen
Verordnung über die Prävention der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit bei chirurgischen und medizinischen Eingriffen vom 20. November 2002:
E
T
Seit dem 01. Januar 2003 ist diese Verordnung (CJKV, SR 818.101.21) in Kraft. Sie regelt
besondere Vorsichtsmassnahmen gegen die Übertragung von Prionen in der Aufbereitung
von wiederverwendbaren Medizinprodukten. In Bezug auf die Sterilisation schreibt sie
folgendes vor:
Wiederverwendbare invasive Medizinprodukte, welche in sterilem Zustand zu verwenden
sind, insbesondere wiederverwendbare chirurgische Instrumente, müssen vor jeder
Anwendung bei 134 °C gesättigtem gespanntem Wasserdampf während 18 Minuten sterilisiert werden. (CJKV, SR 818.101.21, Artikel 2b)
R
Qualitätsmanagement
Wie bereits erwähnt ist die aktualisierte Fassung der Medizinprodukteverordnung (MepV)
seit 1. April 2010 in Kraft.
Die behördliche Überwachung wurde per 1. Juli 2011 an die Kantone delegiert.
Wer die Aufbereitung von sterilen Medizinprodukten wahrnimmt, muss über die notwendigen
Mittel wie Räumlichkeiten, Personal, Ausrüstungen und Informationssysteme verfügen. Die
Verantwortung für die Durchführung des Aufbereitungsprozesses wird definiert und schriftlich
festgehalten (Hygieneplan).
208
Sterilisation
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Lehrkraftausgabe
Sterilisation
Für die Aufbereitung von Medizinprodukten gelten folgende Empfehlungen:
• Dampfsterilisatoren müssen bei der Inbetriebnahme validiert werden = der Nachweis über
die Einsatzeignung muss erbracht werden. Jeder Sterilisationszyklus muss dokumentiert
werden (z. B. mit der Chargennummer). Zudem ist zu belegen, dass die Sterilisation
erfolgreich war. Alle Dokumentationen müssen 10 Jahre aufbewahrt werden.
M
Achtung: Es ist ratsam, beim Neuerwerb eines Dampf-Klein-Sterilisators, darauf zu achten,
dass das Gerät mit integriertem Drucker bzw. mit einer Schnittstelle für einen anschliessbaren externen Drucker ausgestattet ist oder über einen Kartensteckplatz, welcher die
Prozessdaten aufzuzeichnen kann, verfügt.
U
• Die Lagerhaltung der sterilen Medizinalprodukte mit dem Sterilisationsdatum soll überwacht werden, z. B. nach längeren Praxisabwesenheiten.
• Die Rückverfolgbarkeit jedes Instrumentes auf Patientenebene, d. h. bis in die Krankengeschichte, ist je nach Komplexität des Eingriffes sinnvoll, aber nicht zwingend vorgeschrieben.
S
• Die manuelle Vorreinigung (Tauchdesinfektion) ist nach wie vor zulässig, aber fehleranfällig. Sie wird deshalb nicht mehr empfohlen. Stattdessen empfiehlt sich die Umstellung
auf Thermodesinfektoren zur Aufbereitung von Medizinprodukten.
Verpackung
E
T
*Beachten Sie dazu das Kapitel 7, RDG!
(Die Verpackungsmethoden müssen der DIN EN 868 und SN EN ISO 11607 entsprechen.)
Ziel
R
Ziel
Das Ziel der Verpackung ist es, die gereinigten und sterilisierten Medizinprodukte vor einer
möglichen Rekontamination zu schützen. Der sterile Einsatz der Produkte kann nur garantiert
werden, wenn diese in der Endverpackung sterilisiert wurden.
Unverpackte Medizinprodukte
Solange ein Medizinprodukt lediglich mit intakter oder krankhaft veränderter Haut / Schleimhaut in
Kontakt kommt, besteht keine Pflicht, dass das Produkt steril sein muss. In diesem Falle sind vorgängige
Reinigung- und Desinfektionsmassnahmen ausreichend.
Die Sterilisation unverpackter Produkte gilt als thermisches Desinfektionsverfahren!
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Sterilisationsverfahren
209
Lehrkraftausgabe
Sterilisationsverfahren
Anforderungen
U
M
Allgemeine Anforderungen
• Die trockenen Medizinprodukte müssen möglichst schnell nach der Reinigung
verpackt werden.
• Das Sterilbarrieresystem (Verpackung, die in Kontakt mit dem Medizinprodukt
steht) muss undurchlässig sein.
• Die Verpackung muss mit der Sterilisationsmethode kompatibel sein.
• Die Aufrechterhaltung der Sterilität bis zur Anwendung der Medizinprodukte muss
gewährleistet sein.
• Die Verpackung muss eine aseptische Entnahme der Produkte ermöglichen.
• Sie muss in ihrer Beschaffenheit und Verwendung dem jeweiligen Medizinprodukt
gerecht werden.
• Ein Behandlungs-/Prozessindikator (Klasse 1: dieser zeigt an, ob das Produkt einen
Sterilisationsprozess durchlaufen hat) muss mitgeführt werden.
• Besteht die Gefahr, der Beschädigung vom Sterilbarrieresystem, ist eine Schutzverpackung (Schachtel, Plastikbeutel, Container, etc.) zu verwenden.
*Siehe Skizze unten!
210
Sterilisation
*Mehr dazu erfahren Sie im nachfolgenden Kapitel «Beschriftung»!
R
E
T
S
• Das Verpackungsgerät (Schweissgerät) muss regelmässig kontrolliert und gewartet
werden.
• Wiederverwendbare Verpackungsbehälter müssen vor jeder Sterilisation gemäss
Herstellerempfehlungen überprüft werden (Sicht- und Funktionskontrolle). Der
sichere Verschluss wird nach der Sterilisation visuell überprüft.
• Die Gegenstände werden so in die Verpackung gebracht, dass das Sterilisationsmittel (z. B. Wasserdampf) ungehindert auftreffen kann und eine aseptische
Entnahme möglich ist.
• Die Beschriftung erfolgt vor der Sterilisation und besteht aus: Sterilisationsdatum,
Verfallsdatum, Sterilisationsart, Chargennummer, Verpackungsinhalt, freigebende
Person.
• Ist der Dampf-Klein-Sterilisator mit einem Drucker verbunden, kann ein Etikett
ausgedruckt werden, auf welchem zusätzlich eine Barcode-Beschriftung aufgedruckt
ist.
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Sterilisation
Verpackungssystem nach ISO 11607-1:
M
Das Sterilbarrieresystem dient zur Aufrechterhaltung der Sterilität vom Sterilgut. Die zusätzliche Schutzverpackung schützt das Sterilgutbarrieresystem vor Schäden.
U
Materialien
Materialien
Materialien
Inhalt der SN EN ISO 11607
Weichverpackung
Folien
befüllen & siegeln
Sterilisationsbögen
(Vlies, Papier)
falten & einschlagen
Container
befüllen & schliessen
Hartverpackung (wiederverwendbare Behälter)
E
T
S
Verpackungsart
Für die verschiedenen Arten der Verpackungsmaterialen gibt es zur SN EN ISO 11607 ergänzende Normen:
spezifische Anforderungen an das Material
des Verpackungssystem
Normen zur
Anwendungstechnik
DIN 58953-7
DIN EN ISO 11607-2
DIN EN 868-5
Papier,
Vlies zur Dampfsterilisation
DIN EN 868-2
DIN EN 868-10
DIN EN 868-9
DIN 58953-7
wiederverwendbare
Behälter zur
Dampfsterilisation
DIN EN 868-8
DIN 58953-9
DIN EN ISO 11607-2
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Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
R
Klarsichtbeutel, -Rollen
Sterilisationsverfahren
211
Lehrkraftausgabe
Sterilisationsverfahren
Folien
• Folien
Folien sind mit oder ohne Seitenfalz als Sterilisationsbeutel oder Rollenware (=Schläuche)
erhältlich.
U
M
E
T
S
Vom Gebrauch der selbstklebenden Sterilisationsbeutel
und des Indikatorklebers sollte abgesehen werden. Zum
einen erreichen sie keine dauerhafte Dichtigkeit und zum
anderen lagern sich Kleberrückstände in der Sterilisatorentrommel ab.
R
Auswahl der Sterilisationsbeutel/Schläuche nach gültigen Normen
• Vorgefertigte Beutel werden anhand der Grösse des zu verpackenden Produktes
ausgewählt.
• Sind die Beutel zu lang, können sie gekürzt werden.
• Wird mit Schläuchen gearbeitete, werden diese entsprechend zugeschnitten und an
einer Kante versiegelt. Die Befüllung erfolgt somit analog den vorgefertigten
Beuteln.
• Weder das Sterilbarrieresystem noch die Schutzverpackung dürfen geknickt oder
gefaltete werden.
• Der Inhalt darf die Pakete maximal zu 75 % ausfüllen.
• Die Breite der Verpackung muss ein ungehindertes Hineingleiten der Medizinprodukte ermöglichen. (Allenfalls ist eine Grössenzugabe in Betracht zu ziehen.)
• Das Griff-Ende des Medizinproduktes muss einen Mindestabstand zur Siegelnaht an
der Peelseite von 3 cm aufweisen.
• Um eine aseptische Entnahme und ein reibungsloses Peelen zu ermöglichen, muss
nach dem Siegeln oberhalb der Siegelnaht ein Überstand von mindestens 1 cm
bestehen. (Empfehlung: 2 – 3 cm)
212
Sterilisation
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Sterilisation
• Werden Folien mit Seitenfalten verwendet, muss der Abstand zur Siegelnaht grösser
wie 3 cm sein. Um eine ordnungsgemässe Siegelung zu erzielen, muss zusätzlich
darauf geachtete werden, dass die gefaltete Folie beim Siegeln plan auf der Papierseite aufliegt.
• Zur Risikominimierung sollte, statt eine Folie mit Falten, ein grösseres Format ohne
Falten eingesetzt werden.
U
M
Verpacken der Medizinprodukte nach gültigen Normen
• Das Medizinprodukt muss bei der Entnahme vom Anwender an den Griffenden
gefasst werden können: Griffe befinden sich auf der Peelseite!
• spitze/scharfe Gegenstände werden vor dem Verpacken mit einem kompatiblen
Schutz versehen.
• Medizinprodukte mit einem Hohlraum (Tupferschale) mit der Öffnung zur Papierseite hin verpacken.
Siegelung/Verschweissung der Folien nach gültigen Normen
Um einen sicheren Verschluss zu gewährleisten, wird das offene Ende straff gezogen. So, dass
Papier und Folie «plan» aufeinander liegen und werden dann in das Schweissgerät eingeführt.
S
Nach dem Verschlussvorgang wird die Siegelnaht optisch geprüft:
• Die Naht muss über die gesamte Breite intakt und lückenlos versiegelt sein.
• Es dürfen keine Kanäle, Knicke, Falten, Lufteinschlüsse oder Einkerbungen erkennbar
Siegelgeräte - Norm DIN EN ISO 11607-2
E
T
sein.
• Es dürfen keine Verbrennung- oder Abschmelzerscheinungen sichtbar sein.
• Die Gesamtbreite der Versiegelung(en) muss mindestens 6 mm betragen! (DIN EN
868-5 § 4.3.2)
R
Die Folienbeutel und Folienschläuche werden maschinell durch Hitze versiegelt. Folgende Parameter
garantieren eine zuverlässig dichte Siegelnaht, die aber noch zu peelen ist:
• korrekte Siegeltemperatur
• korrekte Anpresskraft (Siegeldruck)
• korrekte Siegelzeit resp. Durchlaufgeschwindigkeit
Gerätetyp
Durchlaufsiegelgerät
Balkensiegelgerät
kritische Parameter
mind. Siegeltemperatur und
Anpresskraft
Durchlaufgeschwindigkeit
wird zusätzlich empfohlen
Siegeltemperatur
Siegeldruck
Siegelzeit
kontrollieren
Geräte, die der Norm entsprechen, müssen die kritischen Prozessparameter automatisch überwachen und
bei Nichteinhaltung den Anwender alarmieren (Alarmvorrichtung, Warnsystem oder das Anhalten vom
Gerät). → DIN EN ISO 11607-2 § 5.2.4
Die genannten Eigenschaften müssen durch adäquate Verfahren überprüft und dokumentiert werden.
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Sterilisationsverfahren
213
Lehrkraftausgabe
Sterilisationsverfahren
Testmethoden zur Überprüfung der Siegelnaht
Kanalbildung oder offene Siegelnähte
Durchstiche oder Risse
Siegelindikator
intakte Siegelung über die gesamte Siegelnahtbreite
Kanalbildung oder offene Siegelnähte
Durchstiche oder Risse
Peel Test nach DIN
EN 868, Anhang E
Delaminierung
Materialablösung
Sichtprüfung
Intakte Siegelung über die gesamte Siegelnahtbreite
Durchstiche oder Risse
Die Anpresszeit und die Geschwindigkeit/Siegelzeit wird normalerweise vom Siegelgerätehersteller fix eingestellt. Die optimale Siegeltemperatur muss der Anwender dem
technischen Datenblatt des Verpackungsmaterials entnehmen. Von den Grenzwerten wird
der Mittelwert eingestellt. (Bsp. Grenzwerte: 180 – 200 °C → Mittelwert: 190 °C)
U
M
Siegelnahtdichtigkeitstest
E
T
S
Schutzverpackung durch äussere Klarsichtverpackung
Die vorangegangenen Abläufe werden wiederholt. Zusätzlich muss dabei auf folgendes
geachtet werden:
• Das bereits versiegelte Paket muss ungehindert in die Schutzverpackung gleiten
können.
• Das Sterilbarrieresystem darf weder geknickt noch gefaltete werden.
• Das Sterilbarrieresystem darf nicht in die Siegelnaht der Schutzverpackung eingesiegelt werden (ausreichende Grösse der Schutzverpackung wählen!)
• Die Papierseite liegt auf der Papierseite.
R
Beschriftung der Sterilpackung
• Die Beschriftung erfolgt mit einem Etiketten:
>> Das Etikett wird nach dem Sterilisationsprozess für gewöhnlich auf der Folienseite aufgeklebt. (Bei Anbringung auf der Papierseite darf die Etikettengrösse
nicht grösser wie 20 % der Papierfläche sein!)
>> Das Etikett darf nicht über der Siegelnaht liegen.
• Auf dem Etikett ist zusätzlich zu: Sterilisationsdatum, Verfalldatum, Inhalt, Sterilisationsart, Chargennummer, Initialen der der durchführenden Person, ein Barcode
aufgeführt!
• Dazu muss ein speziell dafür geeigneter Stift ohne Schadstoffe, gemäss DIN
58953-7, verwendet werden. (Weicher, sterilisationsfester Faserschreiber)
• Die Beschriftung erfolgt ausserhalb der Siegelnaht auf der Folienseite.
• Der Text wird ausserhalb des Bereiches, der das Medizinprodukt keimfrei umschliesst,
angebracht.
214
Sterilisation
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Lehrkraftausgabe
Sterilisation
• Die Beschriftung erfolgt vor der Sterilisation und beinhaltet:
>> Sterilisationsdatum
>> Inhalt
>> Sterilisationsart
>> Verfalldatum
>> Chargennummer
>> durchführende Person
M
Wird das Sterilgut für einen invasiven Eingriff verwendet, wird das Etikett in das Patientendossier (KG) eingeklebt oder die Chargennummer wird manuell dokumentiert.
U
Entnahme
Folien werden nach der Peeling-Methode geöffnet, das heisst mittels den Laschen am Ende
der Verpackung. Das Sterilgut darf auf Grund der Kontaminationsgefahr auf keinen Fall durch
die Verpackung gestossen werden.
Hartverpackung
E
T
• Hartverpackung
S
Da sich die Poren der Verpackung nach dem Sterilisationsvorgang unwiderruflich verschliessen, sind Folien nur für den Einmal-Gebrauch bestimmt.
Hierbei handelt es sich um Behälter aus Aluminium oder Kunststoff, die meist ein Sieb oder
eine Kassette mit oder ohne Innenverpackung enthalten. Ihr Anschaffungspreis ist im
Vergleich höher, dafür ist ihre Beladung und Lagerung (Stapelfähigkeit!) vereinfacht.
R
Die Norm DIN EN ISO 11607-2, § 5.3.2 c stellt folgende Anforderungen an Hart­
verpackungen:
• durchgängiger Verschluss
• keine sichtbaren Beschädigungen und Materialunregelmässigkeiten
Die Container sind nach der Entleerung Desinfektionsmassnahmen zu unterziehen!
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Sterilisationsverfahren
215
Lehrkraftausgabe
Sterilisationsverfahren
Sterilisationsbögen
• Sterilisationsbögen (In der Norm DIN EN ISO 11607-2, § 5.3.2 c)
Beim Arbeiten mit Papier ist darauf zu achten, dass die Poren des Papiers gross genug sind
damit Dampf resp. Gas penetrieren kann. Gleichzeitig muss die Porengrösse so klein sein,
damit keine anderen Organismen durchdringen können.
M
Laut oben genannter Norm werden folgende Eigenschaften an die Sterilisationsbögen
gestellt:
• durchgängiger Verschluss
• keine Durchstiche oder Risse
• keine sichtbaren Beschädigungen und Materialunregelmässigkeiten
U
Das Falten und Einlegen von Sterilisationsbögen muss auf vorgeschriebener Art (DIN
58953-7, § 6.2) erfolgen. Die Verpackungstechnik wird unterschieden in Diagonal- und
Parallelverpackung.
R
E
T
S
Diagonalverpackung
(http://www.klsmartin.com/fileadmin/Inhalte/Downloads_Prospekte/Sterilcontainer/ZT_Suppl_Leitlinie_Internet.
pdf)
216
Sterilisation
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Sterilisation
Parallelverpackung
U
M
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T
S
( http://www.klsmartin.com/fileadmin/Inhalte/Downloads_Prospekte/Sterilcontainer/ZT_Suppl_Leitlinie_Internet.
pdf)
R
Die Sterilisationsbögen sind aus unterschiedlichen Materialen mit unterschiedlicher Qualität
auf dem Markt erhältlich. Die in der Norm verlangten Mindesteigenschaften werden durch
Datenblätter oder / und Spezifikationen seitens der Hersteller / Lieferanten präzisiert. Sie
enthalten beispielsweise detailliert Informationen zum Einsatzzweck, zur Sterilisationsneigung oder Altersbeständigkeit des jeweiligen Produkts.
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Sterilisationsverfahren
217
Lehrkraftausgabe
Sterilisationsverfahren
• Beladung der Sterilisationskammer
M
Folgende Punkte sind zu beachten, um den Sterilisationserfolg nicht nachteilig zu beeinflussen:
• Container über Container
• Instrumente nach unten, Textilpacks nach oben legen
• Papierseite nach unten (bei Folien)
• nicht überladen, da sich weiche Verpackungen während dem Sterilisationsablauf
aufblähen
• Pakete nicht auf Container legen
• Sterilgut darf weder Boden noch Wand berühren
• Pakete flach einlegen
Lagerung
Lagerung (DIN 58953, DIN EN 868)
U
Damit die Sterilität der Medizinprodukte bis zur Anwendung gewährleistet wird, müssen die
keimdichten Verpackungen folgendermassen gelagert werden:
trocken (nicht > 70 % Luftfeuchtigkeit, gut belüftet)
geschützt vor Verschmutzungen aller Art (Staub, Schmutz, Ungeziefer,…)
dunkel, geschützt vor UV-Strahlung
geschützt vor Beschädigung
S
•
•
•
•
•
•
E
T
•
•
•
•
vor mechanischer Abnutzung geschützt
ohne grosse Temperaturschwankungen (20 – 25 °C Raumtemperatur)
nicht zusammen mit unsterilen Produkten
auf glatten, unbeschädigten und desinfizierbaren Ablageflächen
eine geschützte Lagerung (im geschlossenen Schrank, Schublade) einer ungeschützten (im Regal) vorziehen
neues Material hinter das ältere einräumen (FIFO-Prinzip: first in – first out)
Die Aufrechterhaltung der Sterilität ist ereignisbezogen. Die zeitliche Lagerfähigkeit lässt
sich durch die Verpackungs- und Lagerungsart sowie des Lagerortes errechnen.
R
218
Sterilisation
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Sterilisation
Zur Arbeitshilfe steht ein Punktesystem zur Verfügung:
Beschreibung
Punkte
Bsp.1
Bsp.2
Eigene Evaluationen
Verpackungsart (Primärverpackung)
Krepp-Papier
20
Fliesstuch
40
Papierbeutel
40
Papier-Folien-Beutel
80
Filter-Container
100
M
Container mit Fliess
80
100
210
Zweite Primärverpackung («doppelt verpackt»)
(Punkte nur anrechenbar, wenn innere Verpackung nicht als steril gelten soll)
60
Fliesstuch
80
Papierbeutel
U
Krepp-Papier (zweite Lage)
80
Papier-Folien-Beutel
100
Filter-Container
250
100
S
Transport- / Schutzverpackung (nach Sterilisation)
PE-Beutel hermetisch verschlossen
400
PE-Beutel nicht hermetisch verschlossen
250
E
T
Verschlossene Schutzverpackung (Behälter, Karton, etc.)
Zwischentotal: (sofern >50, weiterfahren)
Lagerungsart
Pflegewagen
offenes Gestell
180
100
0
0
0
100
100
Lagerungsort
Korridor / Praxisraum
0
Allgemeiner Lagerort (geschützt)
75
Räumlich abgegrenztes Sterillager
250
Total aller Punkte
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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0
R
geschlossener Schrank / Schublade
250
250
180
450
Sterilisationsverfahren
219
Lehrkraftausgabe
Sterilisationsverfahren
Lagerungszeiten nach Punktetotal:
1 – 25 Punkte:
24 Stunden
M
26 – 50 Punkte:
1 Woche
51 – 100 Punkte:
1 Monat
101 – 200 Punkte:
2 Monate
201 – 300 Punkte:
3 Monate
301 – 400 Punkte:
6 Monate
401 – 600 Punkte:
12 Monate
601 – 750 Punkte:
24 Monate
> 750 Punkte:
60 Monate
U
*Hinweis: gekürzte Version der Kadergroep Richlijnen Steriliseren-Richtlijnen 5301 – National Control Laboratory
Bethoven NL, gefunden bei SwissMedic.
S
Aufgabe 9.2.1
Ergänzen Sie die Übersicht der verschiedenen Verpackungsmöglichkeiten.
Sterilisationsverpackungen
E
T
Weichverpackung
• Folienrollen
Hartverpackung
• Container
• Folienbeutel/ Klarsichtbeutel
• Papier
• Vlies
R
220
Sterilisation
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Sterilisation
Sterilisationsüberwachung
Sterilisationsüberwachung
Übersicht der Vorschriften:
Funktionstest
des Sterilisators
Prozessüberwachung
Dokumentation &
Standardisierung
jährlich
bei Betriebsbeginn
jede Charge
jede Charge
Aufzeichnung der
wesentlichen technischen Parameter
Jede Charge muss
durch ausgebildetes
Personal nach
bestimmten Kriterien
erfolgen.
M
Validierung
erneute Leistungsbeurteilung
Die Geräteprüfung
erfolgt:
• beim Hersteller
• bei der Aufstellung
• bei wesentlichen
Reparaturen
→ IQ und OQ
U
Funktionstests beim
Anschalten des
Gerätes
S
Die Leistung aller
Prozesse/Programme
wird anhand einer
«Worst-Case»-Beladung beurteilt.
→ PQ
Routineüberwachung
E
T
* IQ = Installational Qualification = Abnahmebeurteilung
OQ = Operational Qualivication = Funktionsbeurteilung
PQ = Performance Qualification = Leistungsbeurteilung
Routineüberwachung
R
Routineüberwachung
Bei der Sterilisation kann der Erfolg des Sterilisationsprozesses nicht durch eine Kontrolle des
Endproduktes (=Sterilgutes) überprüft werden. Würden wir beweisen wollen, dass ein Medizinprodukt keimfrei ist, würden wir unweigerlich dessen Sterilität zerstören und es kann nicht
mehr für aseptische Tätigkeiten verwendet werden. Gemäss Medizinprodukteverordnung
(MepV5), Artikel 19, sind Daten der Prozesse sowie Validierungsdaten aufzuzeichnen, sofern
das Endziel sterile Medizinprodukte sind.
Die Überprüfung erfolgt also durch die komplette Überwachung der Parameter, die sich auf
den Sterilisationserfolg auswirken.
Neuere Sterilisatoren besitzen integrierte Drucker, welche die Aufzeichnung von Druck- und
Temperaturverlauf über die Zeit automatisch vornehmen.
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Sterilisationsverfahren
221
Lehrkraftausgabe
Sterilisationsverfahren
Routineüberwachung
Gerätekontrolle
M
Sichtkontrolle
Sterilisationsprozessüberwachung
Kontrolle der Geräteleistung
Indikatoren/
Dokumentation
U
Gerätekontrolle
Gerätekontrolle
Bevor der Autoklav in Betrieb genommen werden darf, muss er auf die einwandfreie Funktion
überprüft werden:
S
Kontrolle der Geräteleistung
•Wird täglich durchgeführt (sofern sterilisiert wird)
geprüft wird:
•die Dichtigkeit der Sterilisationskammer
•die Dampfdurchdringung
E
T
Sichtkontrolle
Hilfsmittel:
•Vakuumtest
•Bowie-Dick-Test resp. Helixtest
DIN EN ISO 17665-1:
12.1.6: «Wenn das Sterilisationsverfahren
darauf angewiesen ist, dass die Luft aus der
Sterilisator-Kammer entfernt wird, […] dann
muss täglich vor der Verwendung des Sterilisators eine Prüfung auf Dampfdurchdringung
durchgeführt werden.»
R
Überprüft wird:
•Sauberkeit, v. a. in der Kammer
•Funktion vom Türdichtungssystem und
Türverschluss
•Anzeigedisplay des Gerätes auf Betiebsbereitschaft (für Geräte, die ein Selbstdiagnosesystem, welches beim
Einschalten automatisch eine Kontrolle
durchführt, besitzen.)
-
222
Sterilisation
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Sterilisation
Sterilisationsprozessüberwachung
Sterilisationsprozessüberwachung
M
Der ordnungsgemässe Ablauf eines Sterilisationszyklus muss bei jedem Durchgang überwacht
und dokumentiert werden. Die Parameter:
• Druck
• Temperatur
• Zeit
werden festgehalten und die Dampfdurchdringung überprüft. Jedem Sterilisationszyklus soll
ein Indikator der Klasse 1 und mindestens einer der Klasse 5 oder 6 mitgeführt werden.
Letzterer ist verpackt der Beladung beizulegen.
U
DUm den Sterilisationsprozess von komplexen Instrumenten abzusichern, wurden während
der letzten 10 Jahre so genannte Chargenüberwachungssysteme = CÜS resp. (englisch) Batch
Monitoring System = BMS in den Markt eingeführt.
S
Die heute verwendeten BMS sind in den meisten Fällen jedoch ebenso Typ-Tests wie oben
erklärt. Diese Tests zeigen also nur, dass der Sterilisator entsprechend seinen Spezifikationen
funktioniert, haben aber keine Beziehung zur Beladung. Allerdings stellen sie sicher, dass die
möglichen Programmänderungen durch NKG (nicht kondensierbare Gase) während des Tages
festgestellt werden.
Nicht kondensierbare Gase (NKG)
E
T
Professor Bowie hat bereits im Jahr 1961 gezeigt, dass innerhalb von Sterilisationsprozessen keine
homogenen Bedingungen vorliegen und die Ansammlung von nicht kondensierbaren Gasen (NKG) die
Dampfdurchdringung in kritischen Bereichen von porösen Gütern und Hohlkörpern verhindern können.
Die Grenze von biologischen
und chemischen Indikatorstreifen liegt darin, dass sie die Wirksamkeit der Sterilisation nur an der Stelle
überwachen können, an der sie innerhalb der Sterilisatorkammer oder eines Paketes platziert sind.
NKG treten auf bei:
• mangelnder Luftentfernung beim fraktionierten Vakuum
• Leckagen
• mangelnden Türdichtungen, Ventilen, Aggregaten
• Einschleppung über Leitungen
• Luft-Eintritt durch Pressluft hinter der Türdichtung
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
R
NKG behindern durch die Bildung von Luftinseln die Sterilisation. Dort wo Luft ist, kommt kein Wasserdampf hin, es findet folglich keine Kondensation und somit auch keine Sterilisation statt. Um den
Sterilisationserfolg zu gewährleisten, müssen alle äusseren und inneren Oberflächen des Sterilisiergutes
möglich frei von solchen Gasen sein. Die nicht kondensierbaren Gase spielen vor allem bei der Sterilisation von komplexen Hohlkörperinstrumenten eine grosse Rolle. Diese Instrumente sind erschwert zu
entlüften.
Sterilisationsverfahren
223
Lehrkraftausgabe
Sterilisationsverfahren
Kontrollmöglichkeiten
Kontrollmöglichkeiten
Kontrollen
seitens vom Gerät
M
Vakuumtest
Bowie-Dick
seitens der Produkte
Helix-Test
U
ChemoIndikator
BioIndikator
S
Gerätekontrolle
Behandlungs-/
Prozessindikator
Gerätekontrolle
Vakuumtest (Prüfung auf Luftleckage)
E
T
Dieser Test überprüft die Kammer auf ihre Dichtheit. Die Durchführung findet mit leerer
Kammer und stabilisierter Temperatur statt. Die Vakuumpumpe führt die Entlüftung durch
und stellt anschliessend ab. Das Vakuumventil wird geschlossen. Nun wird geprüft, ob der
niedrige Druck eine gewisse Zeit gehalten werden kann. Wäre ein Leck vorhanden, würde Luft
einströmen und der Druck wieder steigen.
Bowie-Dick-, Helix-Test
R
Der Test überwacht die Luftentleerung und die Dampfdurchdringung. Es wird kontrolliert, ob
die gesamte Luft abgesaugt wurde und der Dampf überall eindringen konnte. Er ist demzufolge ein Funktionstest und kein Test auf Sterilität. Der Test ist zu Beginn eines jeden Tages,
an dem der Sterilisator verwendet wird zu vollziehen. Er wird mit leerer Sterilisationskammer
mit dem Bowie-Dick-Programm (134 °C, 3.5 Minuten) durchgeführt.
224
Sterilisation
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Sterilisation
Bowie-Dick
(DIN EN 867-3)
Er prüft die Dampfdurchdringung bei poröser Beladung (Tupfer, Gazen,
Kompressen, Tücher, Schläuche) und soliden Instrumenten.
Zur Testung wird ein Einmal-Prüfpacket verwendet. Dieses besteht aus
einem Papierstapel, welchem in der Mittei ein Indikator eingelagert ist.
Der Chemoindikator verfärbt sich beim Kontakt mit Dampf.
M
Helix
(DIN EN 867-5)
Er prüft die Dampfdurchdringung bei komplexen Hohlkörpern.
Er besteht aus Prüfkörper und einem Detektor:
U
Der Prüfkörper besteht aus hintereinander geschalteten Hohlräumen
unter schiedlicher Längen und Volumen. Er simuliert die Entlüftungseigenschaften der entsprechenden Instrumente. Um den unterschiedlichen Hohlkörperinstru menten gerecht zu werden, gibt es verschiedene Prüfkörper. Zusätzlich muss dieser schwerer zu entlüften sein, als
die Instrumente.
S
Der Detektor ist ein Chemoindikator, dessen Farbe bei Kontakt mit
Wasserdampf umschlägt. Er befindet sich im verschraubten Prüfkörper
am Ende der geschalteten Hohlräume
E
T
Es sind Kombinationstests von Bowie-Dick- und Helix-Test im Handel erhältlich.
R
Chargenüberwachungssystem = CÜS (englisch BMS = Batch Monitoring System)
Das optimale CÜS überprüft die kritischen Parameter (Temperatur, Zeit und Wasser) wie ein Klasse 5 oder
6 Indikator plus zusätzlich die Luftentleerung und Dampfdurchdringung (Validation nach DIN 58921). Mit
ihm kann folglich nachgewiesen werden, dass eine Sterilisation an der am schwersten zu sterilisierenden
Stelle stattgefunden hat. In diesem Falle kann allein aus dem Ergebnis des Chargenüberwachungssystems (= erfolgreicher Indikatorumschlag) die Freigabe der Charge erfolgen. Das System wird dazu
ausserhalb der Verpackung positioniert.
Der Prüfkörper muss so konzipiert sein, dass die Dampfdurchdringung schwerer ist als die der Beladung
unter Worst-Case-Bedingungen. Zusätzlich wird angenommen, dass der Sterilisationszyklus unter
Worst-Case-Bedingungen abläuft.
Das System ist analog dem Helix-Test aufgebaut. Zusätzlich gibt er über die Sterilisationszeit (z. B. 18
Min. im Prionenprogramm) Auskunft.
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Sterilisationsverfahren
225
Lehrkraftausgabe
Sterilisationsverfahren
Produktekontrollen
Produktekontrollen
Behandlungs- / Prozessindikator
Der Indikator wird auf jedem zu sterilisierenden Produkt mitgeführt. Er dient zur Unterscheidung in bereits sterilisierte und nicht sterilisierte Pakete. Durch ihn wird nachgewiesen, dass
das Sterilgut mit Hitze behandelt wurde. Es kann keine Aussage über die Sterilität gemacht
werden, da die Farbe bereits durch geringe Wärmeeinwirkung umschlägt.
M
Chemoindikator
Diese Indikatoren prüfen je nach Aufbau einen oder mehrere Sterilisationsparameter, nicht
aber die nicht kondensierbaren Gase in der Kammer.
Bioindikatoren
U
Die Überwachung mittels Bioindikatoren muss mindestens halbjährlich oder nach 400 Sterilisationsdurchgängen erfolgen.
E
T
S
Zur mikrobiologischen Prüfung werden bestimmte Zubereitungen mit Mikroorganismen
eingesetzt. Werden diese Testkeime durch das Sterilisationsverfahren abgetötet, kann davon
ausgegangen werden, dass der Prozess wirksam war. Die nicht kondensierbaren Gase in der
Sterilisationskammer werden nicht überprüft. Der Indikator kann in verschiedenen Formen
angeboten werden (z. B. Sporenpäckchen, Sporenstreifen). Da die Bioindikatoren durch die
Dampfsterilisation innert kürzester Zeit abgetötet werden, können sie nicht zur Gewährleistung der Haltezeit eingesetzt werden. Sie werden ergänzend zu den anderen Testmethoden
angewandt.
Zur Durchführung wird der Sterilisator mit dem Sterilisiergut beladen und dazwischen die
Indikatoren positioniert. Nach Programmablauf muss der Bioindikator zuerst inkubiert
werden. Die Inkubation kann im Betrieb direkt oder aber auch extern erfolgen. Dies hat zur
Folge, dass keine sofortigen Informationen über den Sterilisationserfolg vorliegen.
Klassifizierung der Indikatoren (EN 11140-1)
R
Die Norm unterteilt die Indikatoren numerisch von 1 – 6. Die Indikatorenstufe lässt keine
Rückschlüsse auf die Qualität des Indikators zu. Das heisst, ein Indikator der Klasse 5 ist
nicht besser wie einer der Klasse 1. Die Klassifizierung erfolgt auf Grund des Verwendungszweckes des Indikators.
Indikatoren lassen sich grundsätzlich in zwei Kategorien unterteilen.
226
Sterilisation
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Sterilisation
• Indikatorenstreifen: ein Indikator-Reagens ist auf einem Träger platziert:
Indikatorenstreifen
M
• Prüfkörper (=PCD) & Indikatorsystem/ Detektor = Klasse 2 - Indikator
U
E
T
S
→ Klasse 1 – Prozess-/Behandlungsindikatoren
Der Indikator wird auf der Oberfläche der Packung aufgebracht. Jede Verpackung muss mit
einem Indikator versehen sein. Durch ihn wird ersichtlich, ob das Sterilgut einen Sterilisationsprozess durchlaufen hat oder nicht. Er hat eine rein logistische Funktion (Unterscheidung
in behandeltes und nicht behandeltes Gut) und gibt keine Informationen über die Sterilität.
R
Der Indikator wird in unterschiedlichen Formen angeboten: Aufdrucke auf Verpackungsmaterial, selbstklebende Etiketten, etc.
Die Behandlung mit Wärme erzeugt eine sichtbare Veränderung des Indikators: von hell auf
dunkel oder ein Farbumschlag von zwei deutlich unterschiedlichen Farben. In die Verpackung
integrierte Indikatoren dürfen diese nicht nachteilig beeinflussen.
➡ Klasse 2 – Indikatoren für spezielle Prüfungen
Die Indikatoren weisen nach, dass keine nicht kondensierbare Gase vorhanden sind. Durch sie
wird die Penetrationseigenschaft von Dampf in die schwierigsten internen Lumen gewährleistet. Sie bestehen aus einem Prüfkörper (PCD) und einem darin platzierten Indikator-
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Sterilisationsverfahren
227
Lehrkraftausgabe
Sterilisationsverfahren
system. Durch sie werden die Temperatur, die Zeit und das flüssige Wasser (kritische Parameter) sowie das Vorhandensein vom flüssigen Wasser an allen Sterilisationsflächen geprüft.
Die Anforderungen an die Indikatoren werden nicht in der Norm EN 11140-1 geregelt. Die
gebräuchlichsten Testsysteme sind:
• der Bowie-Dick-Test (DIN EN 867-3)
• der Hohlkörper-Helix-Test (DIN EN 867-5) und das
•Chargenüberwachungssystem.
• Für die Testung auf Sporen ist ein Bioindikator-PCD erhältlich.
M
➡ Klasse 3 – Indikatoren zur Überwachung eines kritischen Parameters
Dieser Indikator kommt selten zum Einsatz. Er überwacht lediglich einen einzelnen Parameter
während dem Sterilisationsprozess.
➡ Klasse 4 – Indikatoren zur Überwachung mehrere kritischer Parameter
Es werden mehrere Parameter überwacht, aber nicht alle. Er wird selten eingesetzt.
U
E
T
S
➡ Klasse 5 – integrierende Indikatoren
Der Indikator überwacht sämtliche Sterilisationsparameter. Sie sollten so konzipiert sein,
dass sie als Bioindikatoren eingesetzt werden können.
Werden nur solide (massive, feste) und/ oder poröse Medizinprodukte Kritisch A sterilisiert,
kann ein Indikator der Klasse 5 oder 6 im Sterilisiermedium mitgeführt werden. Wird ein
Chargenüberwachungssystem (Indikator Kl. 2) mitgeführt, sind die Indikatoren im Paket
hinfällig.
➡ Klasse 6 – emulierende Indikatoren
Hier werden alle kritischen Parameter überwacht. Zusätzlich gehen die Anforderungen
betreffend Umschlagverhalten über jene der Bioindikatoren hinaus.
R
Kritische Parameter
Die Norm besagt im Punkt 5.2, dass im Dampfsterilisationsprozess die Zeit, Temperatur und das Wasser
zu den kritischen Parametern gehören. Die nicht kondensierbare Gase (NKG) werden dabei nicht berücksichtigt. Früher wurde davon ausgegangen, dass während dem Sterilisationsprozess in der gesamten
Kammer homogene Bedingungen herrschen, was den Einsatz von Indikatoren der Klasse 5 und 6 zur
Sterilitätsgewährleistung rechtfertigte. Diese Annahme muss revidiert werden, da durch die NKG inhomogene Verhältnisse herrschen. Die Klasse 5 und 6 – Indikatoren können die Sterilität nur an der Stelle,
an der sie platziert wurden nachweisen: sie können innerhalb eines Sterilpaketes lediglich die Dampfpenetration auf die Instrumenten- und Hohlkörperoberfläche überprüfen, nicht aber die Dampfdurchdringung in das Instrumenteninnere.
228
Sterilisation
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Sterilisation
Empfehlung zu notwendigen Kontrollen nach Swiss Medic
Was?
Wie?
Wann?
Dokumente
Maschinenkontrolle
Betriebsbereitschaft
Sichtkontrolle (Sauberkeit,
Türsystem, Anzeigeeinheit,
etc.)
täglich bei
Arbeitsbeginn
kein Eintrag
nötig
(Arbeitsanweisung)
Leckagetest
(Vakuumtest)
(falls Zyklus
vorhanden)
Leere Kammer, gemäss
Hersteller
wöchentlich
Sterilisationsprotokoll
Eintrag mit
Ergebnis und
Visum
Dampfdurchdringungstest
(falls Zyklus
vorhanden) b)
B&D-Prüfpaket, Programm
gemäss Hersteller
Sterilisationsprotokoll
Eintrag mit
Ergebnis und
Visum
M
Art
oder
täglich
Prozessindikatoren
Auf jeder Verpackung
anbringen, sofern nicht
schon aufgedruckt
jede Charge,
jede Verpackung
kein Eintrag
nötig
(Arbeitsanweisung)
Kennzeichnung
Sterilisationsdatum und
Chargennummer (falls
schon bekannt) sowie
Packungsinhalt (sofern
nicht ersichtlich) auf
Verpackung anbringen
jede Charge,
jede Verpackung
kein Eintrag
nötig
(Arbeitsanweisung)
Verpackungskontrolle
Siegelnähte auf durchgehende Siegelung prüfen,
Container und Trays auf
sauberen Verschluss prüfen
jede Charge,
jede Verpackung
kein Eintrag
nötig
(Arbeitsanweisung)
Chargenfreigabe
Ein chemischer Indikator
der Klasse 5 oder 6
verpackt zu der Charge
geben, bei Hohlkörpern mit
Vorteil Prozessprüfkörper
(PCD) verwenden b)
jede Charge
Sterilisationsprotokoll
Eintrag mit
Ergebnis und
Visum
Prozessausdruck
Prozessausdruck auf
Korrektheit der Prozesswerte kontrollieren,
visieren
Sofort nach
Programmende
Ausdruck
visiert
ablegen in
Ringordner,
Sterilisationsprotokoll
Eintrag mit
Ergebnis und
Visum
Verpackungen
Verpackungen auf Unversehrtheit prüfen, Behandlungsindikatoren auf
Umschlag prüfen
Sofort nach
Programmende
Sterilisationsprotokoll
Freigabe zur
Anwendung
Verpackungen auf Unversehrtheit prüfen, Ablaufdatum beachten
Immer vor
Anwendung
Nachtrag
Sterilisations- protokoll falls
nötig
R
E
T
Sterilgutkontrolle
Helixtest, Programm
gemäss Hersteller
S
Chargenüberwachung
bei
regelmäs­
siger Sterilisation von
porösen
Gütern
täglich
U
Behandlungskontrolle
a)
Bemerkungen
Empfehlung zu
notwendigen Kontrollen
nach Swiss Medic
Eintrag mit
Ergebnis und
Visum
Eintrag mit
Ergebnis und
Visum, falls
Nachtrag
a) mindestens dreimal monatlich (CEN ISO TS 17665-2:2009, Tab. A3)
b)Kombination mittels Chargenüberwachungssystems (BMS, Batch Monitoring System)
möglich
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Sterilisationsverfahren
229
Lehrkraftausgabe
Sterilisationsverfahren
Chargendokumentation
Chargendokumentation
Zur Rückverfolgung des Sterilisationsverfahrens wird ein Tagesprotokoll erstellt. Dies bestätigt einen vollständigen und korrekten Prozessablauf der freigegebenen Charge. Die Unterlagen sind mindestens bis 10 Jahre nach dem Verwenden des Produktes aufzubewahren.
Beispiel Tagesprotokoll Sterilisation
U
M
R
E
T
S
Dokument verfügbar unter http://www.swissmedic.ch/md.asp, Rubrik Berufliche Anwender und Spitäler)
230
Sterilisation
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Sterilisation
Wartung des Sterilisators
Wartung des Sterilisators
Zur fachgerechten Wartung müssen die Herstellerangaben des jeweiligen Gerätes beachtet
werden. Die Arbeiten, Mängel und Störungen sowie entsprechende Behebungsmassnahmen
müssen protokolliert werden.
U
M
Grundsätzlich gilt:
• Die Reinigung soll in regelmässigen Abständen, je nach Gebrauch, erfolgen.
• Der Aussenbereich und die Kammer müssen gereinigt werden, inkl. Kammereinsätze,
Haltesysteme, Einsatzgestelle u. ä.
• Der Wassertank muss regelmässige kontroliert und gereinigt werden.
• Der Filter für die Zufuhr der Trocknungsluft muss in regemässigen Abständen
ausgetauscht werden.
• Türdichtung auf Verschmutzung prüfen und gegebenenfalls reinigen
• Türdichtung regelmässig auswechseln
• Der Hersteller/Vertreiber soll eine periodische Wartung und Sicherheitsprüfung
sowie die Kalibrierung und Justierung der Messinstrumente vornehmen.
R
E
T
S
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Sterilisationsverfahren
231
Lehrkraftausgabe
Sterilisationsverfahren
U
M
R
E
T
S
232
Umweltschutz und Entsorgung
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Umweltschutz und Entsorgung
10
Umweltschutz und
Entsorgung
M
10.1 Umweltprobleme / Umweltverschmutzung
Umweltprobleme /
Umweltverschmutzung
Umweltprobleme werden verursacht, indem Menschen Veränderungen in der natürlichen
Umwelt (Ökosystem) hervorrufen. Ursachen sind:
U
• Nutzung natürlicher Ressourcen
• Besiedlung neuer Gebiete
• Nutzung neuer Technologien führen zu Nebenprodukten
S
Zusammengefasst kann gesagt werden, dass Umweltprobleme / Umweltverschmutzungen als
Nebenprodukt des Modernisierungsprozesses entstehen.
Probleme des heutigen Ökosystems
R
E
T
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Umweltprobleme / Umweltverschmutzung
233
Lehrkraftausgabe
Abfälle
Die Verschmutzung des natürlichen Lebensumfeldes des Menschen wird als Umweltverschmutzung bezeichnet. Belastet wird die Umwelt hauptsächlich durch Abfälle / Emissionen wie
Abgase, Abwässer, Müll, giftige Schadstoffe aber auch Strahlung oder Lärm.
Abfälle fallen überwiegend bei der Produktion, beim Konsum und nach Abschluss der Nutzung
von Gütern an. Um die Umweltbelastung zu verringern muss ausser der Entsorgung auch ein
Augenmerk auf folgende Punkte gelegt werden:
Produktion mit weniger Rohstoffen
Produktion mit geringeren Abfallmengen
schonender Umgang mit Rohstoffen
den eigenen Konsum, hinsichtlich der Möglichkeit zur Vermeidung, Verminderung
und Verwertung, überdenken.
• Produkte nach Möglichkeit solange Nutzen, wie es geht.
Abfälle
U
M
•
•
•
•
10.2 Abfälle
R
E
T
S
Nach einem gewissen Zeitraum wird jedes Gebrauchsprodukt ausrangiert und es wird zum
Abfallprodukt. In der Schweiz herrscht ein hoher Entsorgungsstandard und es stehen gesetzliche Bestimmungen sowie eine adäquate (entsprechende) Infrastruktur zu Verfügung.
Ziel ist es, die Umwelt möglichst wenig zu belasten aber auch den Umgang mit Abfällen
sicher zu gestalten.
234
Umweltschutz und Entsorgung
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Umweltschutz und Entsorgung
Rechtliche Grundlagen
Folgende Dokumente bieten Hilfe im Umgang mit Abfällen:
Gesetze
Gesetze
• Umweltschutzgesetz (USG)
• Gewässerschutzgesetz (GSchG)
M
Für die Handhabung der Abfälle ist grundsätzlich der Bund zuständig. Der Vollzug wird jedoch
durch die Kantone geregelt. Sie können an die nationale Gesetzgebung eigene Anschlussgesetze festlegen. Die Kantone wiederum dürfen gewisse Aufgaben auf die einzelnen Gemeinden
übertragen. Somit können kantonale Abweichungen im Umgang mit Abfällen entstehen.
•
•
•
•
•
E
T
•
Technische Verordnung über Abfälle (TVA)
Verordnung über den Verkehr mit Abfällen (VeVA)
Verordnung des UVEK über Listen zum Verkehr mit Abfällen (LVA)
Verordnung über Getränkeverpackungen (VGV)
Verordnung über die Höhe der vorgezogenen Entsorgungsgebühr für Getränkeverpackungen aus Glas
Verordnung über die Höhe der vorgezogenen Entsorgungsgebühr für Batterien
und Akkumulatoren
Verordnung über die Rückgabe, die Rücknahme und die Entsorgung elektrischer
und elektronischer Geräte (VREG)
Chemikalien-Risikoreduktions-Verordnung (ChemRRV)
Luftreinhalte-Verordnung (LRV)
Gewässerschutzverordnung (GSchV)
Verordnung über die Entsorgung von tierischen Nebenprodukten (VTNP)
S
•
•
•
•
•
U
Verordnungen
R
Ferner erlässt das Bundesamt für Umwelt (BAFU) Richtlinien in Bezug auf Zwischenlagerung, Transport und Entsorgung von Abfällen.
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Abfälle
235
Lehrkraftausgabe
Abfälle
Entsorgungsverfahren von
Normen
Entsorgungsverfahren
Recycling
Recycling beschreibt die Rückführung von Abfallstoffen in den Produktionskreislauf. Dadurch
wird die Abfallmenge vermindert und rare Rohstoffe können geschont werden.
Voraussetzung für eine erfolgreiche Rückgewinnung ist die einfache Abtrennbarkeit der
Abfallbestandteile und eine getrennte Sammlung.
M
Abfälle aus dem häuslichen Alltag, welche sich zur Rückführung eignen:
U
E
T
S
236
Umweltschutz und Entsorgung
R
Abfallstoffe können auf drei verschiedene Arten zurück in den Kreislauf fliessen:
1. Wiederverwendung:
Ein Rückstand wird für den ursprünglichen
Verwendungszweck wieder eingesetzt
(Mehrwegflaschen).
2. Weiterverwendung:
Der Rückstand wird für einen anderen Zweck
eingesetzt. (Aus Altreifen wird ein Granulat zur
Produktion von Bodenbelägen hergestellt.)
3. Weiterverwertung:
Sekundärstoffe werden zum Wiedereinsatz in den
ursprünglichen Produktionsprozess hergestellt.
(Altglas zur Herstellung von Behälterglas)
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Umweltschutz und Entsorgung
Verbrennung
Abfälle, welche nicht recycelt werden können und brennbar sind werden in Kehrichtverbrennungsanlagen oder Verbrennungsanlagen für Sonderabfälle thermisch verwertet. Die dabei
entstandene Wärme erzeugt Strom und dient zur Beheizung von Gebäuden.
M
Biologische oder chemisch-physikalische Behandlung
Durch diese beiden Massnahmen werden entweder Schadstoffe aus den Abfällen eliminiert
oder eine sichere Ablagerung wird ermöglicht. Ein Beispiel hierzu ist die Wasseraufbereitung:
Das «verschmutzte» Wasser wird durch Filtration oder auch mit Hilfe von Mikroorganismen
soweit von Schadstoffen befreit, dass es in die Kanalisation eingeleitet werden kann. Die
extrahierten Schadstoffe werden je nach Zusammensetzung entweder verbrannt oder deponiert.
U
Deponie
Abfälle, die durch keine der drei im Voraus erwähnten Methoden verwertet werden können
sowie Rückstände aus der Verbrennung werden auf unterschiedlichen Deponien gelagert. Je
nach Schadstoffgehalt der nicht-verwertbaren Abfälle besteht eine Vorbehandlung-Pflicht.
E
T
S
Entsorgung
Gemäss Umweltschutzgesetz beinhaltet die Entsorgung von Abfällen deren:
• Verwertung resp. Deponierung
• Sammlung
• Beförderung
• Zwischenlagerung
• Behandlung
Je nach Eigenschaft des Abfalles muss dieser unterschiedlich entsorgt werden. Dazu sind die
jeweiligen kantonalen Richtlinien zu befolgen.
R
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Abfälle
237
Lehrkraftausgabe
Entsorgung von Abfällen aus medizinischen Einrichtungen
Entsorgung von Abfällen
aus medizinischen
Einrichtungen
10.3 Entsorgung von Abfällen aus medizinischen Einrichtungen
Die Erstellung eines konkreten Abfallkonzeptes erleichtert den sachgemässen Umgang mit
Abfällen. Das Konzept muss Bestandteil vom Hygieneplan sein.
Übersicht der anfallenden Abfälle:
U
M
E
T
S
Besondere Bedeutung kommt den medizinischen Sonderabfällen zu. Für sie gelten spezielle
Entsorgungsmassnamen.
R
Kehricht ist ein handlicher, brennbarer Siedlungsabfall, der gesammelt und verbrannt wird.
Es besteht keine Möglichkeit zur Verwertung. Er muss nicht separat entsorgt werden. Darunter
fallen zum Beispiel Tetrapackungen oder Papierschnitzel (Arztgeheimnis beachten!)
Recycling-Abfälle sind verwertbare Abfälle, welche nicht der Kehrichtsammlung zu übergeben sind. Sie werden getrennt gesammelt und entsprechend weiterverwertet. Papier, Glas,
Aluminium, Eisen, Styropor oder PET fallen unter diese Gruppe.
238
Umweltschutz und Entsorgung
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Umweltschutz und Entsorgung
Medizinische Abfälle
Medizinische Abfälle
Definition
Medizinische Abfälle entstehen bei spezifischen, gesundheitsdienstlichen Tätigkeiten im
Gesundheitswesen. Dazu gehören Untersuchungen, Vorsorge, Pflege, Behandlung, Therapie
sowie Diagnostik und Forschung.
M
Unproblematische Abfälle
Von ihnen geht keine Sicherheits- oder Umweltgefährdung aus. Es sind keine speziellen
Massnahmen notwendig.
Medizinische Sonderabfälle
Abfälle aus der Medizin müssen hinsichtlich der Ökologie, Hygiene und Sicherheit entsorgt
werden. Daraus folgt eine Unterscheidung in drei Gefahrenkategorien:
Medizinische
Sonderabfälle
U
S
1. Verletzungsgefahr durch scharfe / spitze Gegenstände (Skalpell, Injektionskanülen
etc.)
2. Kontaminationsgefahr durch Abfälle, welche mit Blut, Sekreten oder Exkreten verunreinigt sind.
3. Umwelt- und Gesundheitsgefährdung durch infektiöse Abfälle oder Arzneiwirkstoffe
Abfälle, welche diesen Kriterien zuzuordnen sind, gehören zu den Sonderabfällen und werden
separat gesammelt und unter speziellen Bedingungen entsorgt sowie verwertet.
E
T
Sie dürfen nur an Entsorgungsunternehmen mit einer kantonalen Bewilligung zur Verwertung
übergeben werden. Jeder Abgabebetrieb erhält hierzu eine Betriebsnummer. Dadurch wird
eine sichere und umweltfreundliche Entsorgung gewährleistet. Die «Verordnung über den
Verkehr mit Abfällen» (VeVA) regelt die Übergabeverfahren.
Die Finanzierung wird nach dem Verursacherprinzip geregelt.
R
→ VeVA: Sie schreibt den Abgabebetrieben vor, bei der Übergabe von Sonderabfällen diese
mit dem entsprechenden Abfallcode zu versehen sowie mit der Betriebsnummer und den
Begleitscheine beizulegen.
→ Abfallverzeichnis: Ihm wird der jeweilige Abfallcode zur Verwertung entnommen. Das
Verzeichnis gliedert sich nach der Herkunft der Abfälle und besteht aus 20 Kapiteln. Jeder
darin enthaltenen Abfallart wird ein sechsstelliger Code zugeordnet. Im Weiteren werden
die Abfälle klassifiziert:
«S» steht dabei für Sonderabfälle.
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Entsorgung von Abfällen aus medizinischen Einrichtungen
239
Lehrkraftausgabe
Entsorgung von Abfällen aus medizinischen Einrichtungen
Kapitel aus der «Verordnung des UVEK über
Listen zum Verkehr mit Abfällen»
Auszug möglicher Abfälle aus der Medizin
U
M
E
T
S
R
→ Betriebsnummer: Den Abgabebetrieben von Sonderabfällen wird von der Fachstelle des
zuständigen Kantons eine Betriebsnummer zur Identifikation zugeteilt. Die Vergabe der
Nummer ist kostenlos und kann vorzugsweise per E-Mail / Fax bezogen werden. Die Betriebsnummern von Abgabebetrieben aber auch Entsorgungsunternehmen sind öffentlich unter veva-online.ch abrufbar. Ebenfalls ist dort das Abfallverzeichnis aufgeschaltet
und es lassen sich elektronische Begleitscheine erstellen.
240
Umweltschutz und Entsorgung
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Umweltschutz und Entsorgung
→ Betriebsnummer, den Abgabebetrieben von Sonderabfällen wird von der Fachstelle
des zuständigen Kantons eine Betriebsnummer zur Identifikation zugeteilt. Die Vergabe
der Nummer ist kostenlos und kann vorzugsweise per E-Mail/Fax bezogen werden. Die
Betriebsnummern von Abgabebetrieben aber auch Entsorgungsunternehmen sind
öffentlich unter veva-online.ch abrufbar. Ebenfalls ist dort das Abfallverzeichnis aufgeschaltet und es lassen sich elektronische Begleitscheine erstellen.
Aufgabe 10.3.1
Suchen Sie auf der Internet-Seite www.veva-online.ch die Betriebsnummer Ihres UnternehAufgabe
mens.
Suchen Sie auf der Internet-Seite www.veva-online.ch die Betriebsnummer Ihres
Unternehmens.
Lösung:
Öffnen der Startseite
Betrieb suchen
U
M
Betriebsnummer
S
E
T
über den Button
«Anzeigen» gelangt
man zur
Detailanzeige der
Betriebsadresse. Sie
enthält die Betriebsdaten und bei Entsorgungsunternehmen die aktuell bewilligten Abfallcodes/
Entsorgungsverfahren.
R
→ Begleitscheine: Sie enthalten genaue Angaben über Abfall, Abgeber, Transporteur und
Entsorger. Je nach Art und Menge des Abfalles stehen verschiedene Begleitscheine zur
Verfügung. Siehe unter www.bafu.ch/veva-inland
Ausnahmeregelung: Sonderabfallmengen bis 50 kg pro Abfallcode und Lieferung dürfen
ohne VeVA-Begleitschein abgegeben werden. Der Abfall wird unter Angabe der VeVABetriebsnummer dem Entsorgungsunternehmen übergeben, welches dem Abgeber eine Quittung (Übergabebeleg) ausstellt. Die Begleitscheine als auch die Übergabebelege sind fünf
Jahre aufzubewahren.
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Entsorgung von Abfällen aus medizinischen Einrichtungen
241
Lehrkraftausgabe
Entsorgung von Abfällen aus medizinischen Einrichtungen
Gruppierung der Abfälle aus dem Gesundheitswesen
Abfälle im
Gesundheitswesen
Abfälle im Gesundheitswesen
Gruppe
Abfallbeschreibung
A
unproblematische medizinische Abfälle, die mit dem
Kehricht zu vergleichen sind
medizinische Sonderabfälle
Abfälle mit Kontaminationsgefahr
•Abfälle von Körperteilen, Organen und Gewebe mit Kontaminationsgefahr (Pathologieabfälle)
B1.2
•Abfälle mit Blut, Exkreten und Sekreten mit Kontaminationsgefahr
U
B1.1
Abfälle mit Verletzungsgefahr (spitze und scharfe Gegenstände = Sharps
B3
Altmedikamente
B4
Zytostatika-Abfälle (Altmedikamente, Materialien aus Anwendung, Herstellung und Zubereitung)
C
D
E
T
S
B2
Medizinische Abfälle
M
B1
Infektiöse Abfälle
andere Sonderabfälle, die nicht nur in Gesundheitseinrichtungen anfallen können!
Infektiöse Abfälle mit Verletzungsgefahr fallen unter die Gruppe C!
R
A
unproblematische medizinische Abfälle
Diese Abfälle gleichen in der Zusammensetzung dem Kehricht. Von ihnen geht kein
erhöhtes Risiko aus. Die Entsorgung erfolgt im Doppelsacksystem via Kehrrichtabfuhr.
242
Umweltschutz und Entsorgung
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Umweltschutz und Entsorgung
Aufgabe 10.3.2
Was sind unproblematische Abfälle?
Schreibe Sie Ihre Antwort in den Abfallsack.
leere Spritzen (ohne Kanülen!)
M
Kompressen
Einweghandschuhe
normalverschmutztes Verbandsmaterial
U
Hygieneartikel (Windeln, Binden, Inkontinenzeinlagen, Papiertaschentücher, Wattestäbchen)
entleerte Einwegbehältnisse (Urinbecher)
S
Tupfer
Heftpflaster
leere Medikamentenbehältnisse
E
T
(kleinste) Hautabschnitte aus Arztpraxen
Gipsverbände
Infusionsbesteck ohne Dorn
Mundschutz
Medikamente, welche im Nicht-Fachhandel
tabletten, Magensiumtabletten, usw.)
R
bezogen werden können (Medizinaltee, Vitamin-
Einzelne Körperflüssigkeiten wie, Blut, Urin oder Eiter, in einfach zu entleerenden Behältern
können direkt über den Ausguss entsorgt werden. Anschliessend wird mit ausreichend Wasser
nachgespült und die Ausgusseinrichtung gegebenenfalls desinfiziert.
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Entsorgung von Abfällen aus medizinischen Einrichtungen
243
Lehrkraftausgabe
Entsorgung von Abfällen aus medizinischen Einrichtungen
Medizinische Sonderabfälle
Medizinische
Sonderabfälle
Aufgabe 10.3.3
a) Laden Sie im Internet auf www.bafu.admin.ch das Dokument «Entsorgung vom medizinischen Abfällen» herunter und vervollständigen Sie die sechs folgenden Tabellen.
B1.1
Abfälle von Körperteilen, Organen und Gewebe mit Kontaminationsgefahr
(Pathologieabfälle)
M
Es handelt sich um nicht infektiöse Teile von menschlichen Körper-, Organ- und Gewebeteilen, wie:
Beispiele
Entsorgung
U
Gewebeabfälle
Am Entstehungsgort sofort in geeignete,
dichte Behälter sammeln. Bei längerer
Zwischenlagerung gekühlt lagern.
Plazenten
S
- Körperteile
Die Verbrennung erfolgt in geeigneter
Abfallverbrennungsanlage. Ausnahmen
sind:
- Amputate
humane Körperteile
Humane Teile wie:
E
T
- entfernte Organe
- Föten
Plazenten.
Diese werden aus ethischen Gründen in
Krematorien verbrannt.
R
244
Umweltschutz und Entsorgung
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Umweltschutz und Entsorgung
B1.2
Abfälle mit Blut, Exkreten und Sekreten mit Kontaminationsgefahr
Unter diese Kategorie fallen Abfälle, welche stark oder ekelerregend mit Blut, Exkreten oder
Sekreten verunreinigt sind. Es muss angenommen werden, dass diese Abfälle potentiell mit
pathogenen Erregern kontaminiert sind.
Entsorgung
nicht entleerte / nicht entleerbarer
Sammlung in flüssigkeitsdichten Behäl-
Urin- und Bluttransfusionsbeutel
tern, an einem nur für Fachpersonal
verfallene Blutpräparate
zugänglichem Ort
M
Beispiele
Blutproben
U
Abszessdrainagen
gefüllte Behälter sind nicht wieder zu
Dialysefilter
öffnen
Cell-Saver-Systems
stark verblutete Verbände
S
gefüllte Redonflaschen
Entsorgung via geeigneter Verbrennungsanlage
R
E
T
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Entsorgung von Abfällen aus medizinischen Einrichtungen
245
Lehrkraftausgabe
Entsorgung von Abfällen aus medizinischen Einrichtungen
B2 Abfälle mit Verletzungsgefahr («Sharps)
Sharps sind Gegenstände, welche in einem engen Zusammenhang mit gesundheitsdienstlichen Tätigkeiten stehen und von denen auf dem gesamten Entsorgungsweg eine Verletzungsgefahr ausgeht.
Entsorgung
Nadeln
Sammlung in Behältern mit folgenden
Anforderungen:
M
Beispiele
Kanülen
sie sind überprüft
Einsteckdorne
sie sind stichfest
Brechampullen
sie sind flüssigkeitsundurchlässig
U
Kapillaren
sie sind nach Verschluss nicht mehr zu
Pasteurpipetten
öffnen
Skalpellklingen
S
Lanzetten
Glasröhrchen (ohne Inhalt!)
Objektträger
E
T
Die Sammelbehälter werden klar erkennbar
beschriftet und an einem nur für Fachpersonal zugänglichem Ort zwischengelagert.
Die Verwertung erfolgt in Verbrennungsanlagen.
Vollständig entleerte Stechampullen könnten grundsätzlich der Glassammlung übergeben
werden!
R
Absolut ungeeignet und nicht vorschriftgemäss sind zur Sammlung von Sharps in Altgebinde wie Kanister oder Infusionsflaschen sowie Glasbehälter.
246
Umweltschutz und Entsorgung
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Umweltschutz und Entsorgung
B3 Altmedikamente
Arzneimittel werden zu Altmedikamenten wenn:
• die Aufbrauchsfrist (Verfalldatum) abgelaufen ist
• der Inhaber sich der Medikamente entledigen will
• aus sonstigen Gründen ihre Anwendung entfällt (Rückruf, etc.)
Entsorgung
Medikamentenprodukte, welche nur über
Sammlung in geeigneten Behältern mit
Zwischenlagerung an einem für nur Fachpersonal zugänglichem Ort.
M
Beispiele
den Fachhandel (Apotheke, Praxen, Phar-
U
maindustrie) erhältlich sind.
Medikamentenbehälter, welche noch
Die Entsorgung erfolgt in einer Verbrennungsanlage.
Medikamentenreste enthalten oder mit
Altmedikamente dürfen auf keinen Fall
über die Kanalisation (Toilette, Spülbecken) entsorgt werden!
S
diesen kontaminiert sind.
Altmedikamente mit unbekannten oder
gefährlichen Inhaltsstoffen aus der
E
T
Homöopathie und der Alternativmedizin.
R
Betäubungsmittel:
Für verfallene, nicht mehr verwendete oder von Patienten zurückgebrachte Betäubungsmittel gelten verschärfte Vorschriften gemäss dem Betäubungsmittelgesetz. Die kantonalen
Heilmittelkontrollen vollziehen die gesetzlichen Vorgaben im Bereich der Betäubungsmittel,
die der Bund den Kantonen übertragen hat.
Abgelaufene oder nicht mehr benötigte Betäubungsmittel müssen mit einem Lieferschein,
auf dem alle Artikel und genauen Mengen notiert sind, dem Lieferanten oder der Dienststelle
Gesundheit und Sport per Einschreiben zugestellt werden.
Der Abgeber (die Arztpraxis) muss die Herkunft der Betäubungsmittel (verfallene Lagerware,
Retoure Patient etc.) belegen können. Solange die Ware beim Abgeber an Lager ist, muss sie
auch im Bestand (Betäubungsmittel-Journal) geführt werden.
Entsprechende Dokumente fallen in die Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren.
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Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Entsorgung von Abfällen aus medizinischen Einrichtungen
247
Lehrkraftausgabe
Entsorgung von Abfällen aus medizinischen Einrichtungen
Aufgabe 10.3.4
Suchen Sie im Internet nach dem entsprechenden Lieferschein «für BetäubungsmittelRetouren resp. -Entsorgung» Ihres Wohnkantons.
Drucken Sie diesen aus und ordnen Sie den Ausdruck an dieser Stelle ein.
B4 Zytostatika-Abfälle
M
Diese Abfälle entstehen:
• bei der Anwendung, Herstellung und Zubereitung von Zytostatika
• bei der Behandlung von Patienten mit zytostatisch wirkenden Medikamenten
• bei «Putzarbeiten» nach einem Ereignis, Materialien wurden mit geringer oder
grossen Mengen Zytostatika kontaminiert.
U
Welche Substanzen zu den Zytostatika gezählt werden, kann in spezifischen Listen nachgeschlagen werden. (vgl. Arzneimittelkompendium Schweiz)
C
S
Die Sammlung erfolgt in festen, nach der Verfüllung nicht mehr zu öffnenden Behältern. Die
Behälter sind deutlich zu kennzeichnen. Die Endentsorgung wird in der Verbrennungsanlage
oder über eine Entsorgungsfirma vollstreckt.
Infektiöse Abfälle
E
T
In diese Gruppe werden Abfälle eingeordnet, von denen eine Gefahr der Weiterverbreitung
von Infektionserregern ausgeht. Darunter fallen: Körperflüssigkeiten, Exkrete und Sekrete
sowie Abfälle welche erheblich damit kontaminiert sind.
R
248
Umweltschutz und Entsorgung
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Umweltschutz und Entsorgung
Aufgabe 10.3.5
Welche «infektiösen Abfälle» kennen Sie aus Ihrer Lehrpraxis?
Schreiben Sie die Beispiele in die nachfolgende Tabelle.
Beispiele
Entsorgung
mit Prionen infizierte Abfälle (auch
Zwischenlagerung in keimdichten
UN-geprüften Behältern, welche gekennzeichnet sind. Die Behälter werden unter
Verschluss an einem kühlen Ort gelagert
bis die Entsorgung in der Verbrennungsanlage erfolgt.
M
nach Vorbehandlung durch Sterilisation,
etc. )
Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit bei klassischer Prionenerkrankung
U
Sputum inkl. Auffangbehälter bei Tuberkulose
Wundsekret und Wundverband bei Milz-
S
brand
Stuhl in Windeln / Inkontinenzeinlagen
phus-, Cholera- und Ruhrbakterien ,
Rotaviren etc.
infektiöse pathologische Abfälle
infektiöse Proben aus med. Laboratorien
infektiöse Sharps
R
E
T
bei Ausscheidung von Typhus-, Paraty-
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Entsorgung von Abfällen aus medizinischen Einrichtungen
249
Lehrkraftausgabe
Entsorgung von Abfällen aus medizinischen Einrichtungen
D
Andere Sonderabfälle
Hierbei handelt es sich um Sonderabfälle, welche auch ausserhalb des Gesundheitswesen
anfallen können. Die Entsorgung unterliegt den abfallrechtlichen Vorschriften.
Beispiele
Entsorgung
Batterien
Rückgabe an Fachhandel
M
Sammlung in geschlossenen Glasbehäl-
Quecksilberhaltige Abfälle
(Blutdruckmessgeräte)
tern
Entsorgung über Giftsammelstelle oder
U
bewilligtem Entsorgungsbetrieb
Leuchtstoffröhren
Rückgabe an Fachgeschäft
Laborchemikalien
Abgabe zur Entsorgung an bewilligten
S
Fotochemikalien (Entwickler- und Fixierlösungen aus dem konventionellem Röntgen)
Entsorgungsbetrieb für Sonderabfälle
Abgabe zur Entsorgung an bewilligten
Entsorgungsbetrieb für Sonderabfälle
E
T
Silberhaltige Röntgenfilme fallen nicht
unter die Sonderabfälle. Sie werden zur
Rückgewinnung des Silbers separat gesammelt und einer Verwertung zugeführt.
Dabei sind die Vorschriften über den
Datenschutz zu beachten!
Vermischte Sammlungen von Kleinmengen medizinischer Sonderabfälle in Arztpraxen
R
Kleinmengen
medizinischer
Sonderabfälle
Fallen nur kleine Mengen (max. 20 kg pro Monat) medizinische Sonderabfälle an, können
diese in gleichen Behältern gesammelt und entsorgt werden. Dabei müssen folgende Kriterien
erfüllt werden:
• Alle Sonderabfälle werden in derselben Anlage entsorgt. Es sind keine Sortierungen
mehr notwendig.
• Die Lagerung und Verpackung entspricht den Vorgaben für den kritischsten Sonderabfall.
• Es dürfen weder infektiöse Abfälle (Gruppe C) noch andere Sonderabfälle (Gruppe D)
beigemischt werden!
250
Umweltschutz und Entsorgung
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Qualitätsmagement
11
Qualitätsmagement
Hygieneplan
Ziel
Ziel
M
11.1 Hygieneplan
Der Hygieneplan dient zum Patienten- und Mitarbeiter und Umweltschutz und ist eine
Ansammlung von verbindlichen Anweisungen in der Arztpraxis, mit dem Ziel:
U
S
• Schutz der Patienten vor Infektionen
• Schutz der Mitarbeitenden vor Infektionen und anderen gesundheitsschädigenden
Faktoren
• Die Weiterverbreitung von Krankheitserregern, insbesondere solcher mit Resistenzen, zu vermeiden
E
T
Zur Vermeidung einer beruflichen Exposition gegenüber biologischen Flüssigkeiten müssen
für die einzelnen Arbeitsplätze Empfehlungen erarbeitet, sichere Arbeitstechniken entwickelt
und persönliche Schutzmassnahmen ergriffen werden. Unfallereignisse müssen analysiert und
Massnahmen zur Vermeidung getroffen werden.
Wird ein Hygieneplan nach den aktuellen Erkenntnissen und Regeln der Hygiene erstellt,
dient er zur Aufrechterhaltung der Gesundheit von Patienten und Mitarbeiter. Dabei ist
eine einheitliche, lückenlose und konsequente Anwendung der Massnahmen zu gewährleisten
R
Anforderungen
• Der Inhalt muss den aktuellen Vorschriften entsprechen.
• Ein Hygieneplan muss für jede Einrichtung individuell verfasst werden.
• Er muss in schriftlicher Form vorliegen, inklusive Praxislogo, Erstelldatum und
Verfasser.
• Er wird an einer für alle zugänglichen, zentralen Stelle deponiert.
• Nach der Erstellung/Abänderung eines Planes werden die Angestellten in Kenntnis
gesetzt und entsprechend geschult. Ein diesbezügliches Protokoll wird erstellt und
die Anwesenden bestätigen Schulung durch ihre Unterschrift.
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Hygieneplan
251
Lehrkraftausgabe
Hygieneplan
• Ein Hygieneplan wird ständig revidiert. Mindestens einmal pro Jahr muss er auf die
Aktualität und Gültigkeit überprüft und gegebenenfalls angepasst werden.
• Die Einhaltung der Massnahmen wird durch die verantwortliche Person regemässig
überprüft.
Inhalt
Inhalt
M
Der Plan enthält konkrete, verfahrensspezifische Hygieneanleitungen, die verpflichtend als
tägliche Arbeitshilfe eingesetzt werden müssen. Sämtliche hygienebezogenen Prozesse
müssen darin nachvollziehbar und detailliert dokumentiert werden.
Wie bereits erwähnt, wird ein Hygieneplan individuell erstellt. Eine inhaltliche Aufgliederung
könnte folgendermassen erfolgen:
U
Hygieneplan S
Der praxisindividuelle Hygieneplan basiert auf verschiedenen gesetzlichen Grundlagen zu den Themen: Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umwelschtutz Hände-­‐ Hygien Haut-­‐
anBsepBk Flächen-­‐
Reinigung
/Desin-­‐
fekBon AuHe-­‐
reitgung von Medi-­‐
zinproduk-­‐
ten Lager-­‐
fristen Abfallent-­‐
sorgung Hygienisch, mikrobio-­‐
logische, phyisische RouBneun-­‐
tersuchung E
T
Die Themen sind im Lehrmittel unter folgenden Kapiteln beschrieben: 252
Qualitätsmagement
Kapitel 5 -­‐ Instrumenten-­‐ desinfektion Kapitel 7 -­‐ Instrumenten-­‐ reinigung Kapitel 8 -­‐ Sterilisation Kapitel 9 -­‐ Lagerfreisten Die The-­‐
men sind im Lehr-­‐
mittel unter folgen-­‐
dem Ka-­‐
pitel be-­‐
schrie-­‐
ben: Die The-­‐
men sind im Lehr-­‐
mittel unter folgen-­‐
dem Ka-­‐
pitel be-­‐
schrie-­‐
ben: Die The-­‐
men sind im Lehr-­‐
mittel unter folgen-­‐
dem Ka-­‐
pitel be-­‐
schrie-­‐
ben: Kapitel 9 Kapitel 11 Kapitel 2 R
Kapitel 4: -­‐ Hände waschen -­‐ Handpflege Kapitel 5: -­‐ Händedesinfektion -­‐ Hautantiseptik -­‐ Flächendesinfektion Kapitel 7: -­‐ Flächenreinigung Die Themen sind im Lehrmittel unter folgenden Kapiteln beschrieben: Meldung übertrag-­‐
barer Krankheiten Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Qualitätsmagement
Reinigungs-/Desinfektionsplan
Da ein Hygieneplan sehr umfänglich ist, empfiehlt es sich als Anhang einen separaten Plan
für die Reinigungs- und Desinfektionsmassnahmen zu führen. Dabei handelt es sich um eine
tabellarische Kurzfassung aus und somit um einen Bestandteil aus dem Hygieneplan. Somit
gelten dieselben Anforderungen.
Reinigungs-/
Desinfektionsplan
In ihm wird festgehalten, welche Massnahme, wann, wie, womit und durch welche Person zu
erfolgen hat.
M
•
•
•
•
•
Was:Massnahme
Wann: Häufigkeit/ Zeitpunkt der Massnahme
Wie: Vorgang/ Umsetzung der Massnahme
Womit:Produkt
Wer: welche Mitarbeiter
U
Die Pläne sind an allen Arbeitsbereichen sichtbar, möglichst an Wänden o. ä., anzubringen.
Auszug aus einem Reinigung-/Desinfektionsplan
R
E
T
S
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Hygieneplan
253
Lehrkraftausgabe
Hygieneplan
Aufgabe 11.1.1
Erstellen Sie den Grundriss eines Reinigungs-/Desinfektionsplanes für Ihre Praxis.
Erfassen Sie diesen tabellarisch in einem Word-Dokument.
Möglicher Inhalt:
Personalschutz:
Handreinigung
-Händedesinfektion (evtl. hygienisch / chirurgisch)
M
-Handpflege
Patientendesinfektion:
-Hautdesinfektion
-Schleimhautdesinfektion
-Wunddesinfektion
U
Instrumentenaufbereitung:
…
-Instrumente desinfizieren
-manuelle/ maschinelle Reinigung
S
…
Desinfektion der Hilfsmittel:
Blutdruckmanschette
Stethoskop
E
T
Blutentnahmekissen
EKG-Elektroden
…
Flächenreinigung und
– desinfektion:
-Fussböden (Sprechzimmer, Labor, …)
-Liegen
…
254
Qualitätsmagement
R
-Urindurchreiche
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Lehrkraftausgabe
Qualitätsmagement
11.2 Gefahren
Gefahrenstoffe
«Alle Ding sind Gift und nichts ohne Gift; allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist.»
PARACELSUS
Gift
Grundbegriffe – Glossar
Glossar
M
Was ist ein Gift?
Ein Gift ist eine Substanz, die dosisabhängig durch ihre physikalisch-chemischen Eigenschaften schädlich auf den Organismus einwirkt.
Bundesamt für Gesundheit
S
BAG
U
Aufgabe 11.2.1
a) Suchen Sie nach den fehlenden Begriffen und schreiben Sie Ihre persönliche Definition
dazu.
b) Vergleichen Sie die Definitionen innerhalb der Klasse.
c) Lernen Sie die Begriffe und Definitionen indem Sie sich gegenseitig abfragen.
Biologische
Agenzien
Biologische Agenzien sind: Mikroorganismen die Infektionen,
CLP-Verordnung
Classification, Labelling and Packaging; Verordnung
Dekontamination
Mögliche Schadstoffe (radioaktive Partikel, Chemikalien, Keime,
Allergien oder eine toxische Wirkungen hervorrufen können.
E
T
etc.) werden von einer Oberfläche entfernt. Liefert keine Informationen über den Verbleib/Intaktheit der Schadstoffe.
EUH-Sätze sind Ergänzungen zu den H- und P-Sätzen. EUH-Sätze sind
Sicherheitskennzeichnungen für Gefahrstoffe die im GHS nicht berücksichtigt worden sind.
Exposition
signifikante
Exposition
Einwirkung von Umgebungseinflüssen auf den Organismus
Gefahrenmerkmale (von
Gefahrstoffen)
Erkennungszeichen (kennzeichnende Eigenschaften) von →
R
EUH-Sätze
signifikant = wesentlich, erheblich, deutlich, erkennbar
Gefahrstoffen; Beispiele: entzündlich, explosiv, giftig, radioaktiv.
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Gefahren
255
Lehrkraftausgabe
Gefahren
Gefahrenstoffe
=
gefährliche
Stoffe
Als gefährliche Stoffe gelten Zubereitungen/Gemische und Gegenstände (fest, flüssig oder gasförmig), die eine oder mehrere
gefährliche Eigenschaften aufweisen und damit das Leben oder
die Gesundheit von Mensch und Tier gefährden, die Umwelt
belasten oder Sachwerte beschädigen können.
GHS
M
Heilmittel
GHS = Globally Harmonized System
Das GHS vereinheitlicht auf der Basis einer UN-Resolution die Verwendung von Gefahrensymbolen weltweit.
«Heilmittel» ist ein Oberbegriff für Arzneimittel und Medizinprodukte. Die beiden Produktgruppen werden im Heilmittelgesetz
U
geregelt und von Swissmedic zugelassen und überwacht.
Dieses Gesetz soll den Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier
gewährleisten. Was bedeutet, dass nur qualitativ hoch stehende,
sichere und wirksame Heilmittel in Verkehr gebracht werden.
IgG
IgG steht für «Immunglobulin G»
Immunglobuline G sind ein wichtiger Bestandteil unseres Abwehrsystems.
Intoxikation
Vergiftung
Karzinogen
karzinogene
Wirkung
Latenzzeit
E
T
S
Heilmittelgesetz
Ein Karzinogen ist eine Substanz, ein Organismus oder eine Strahlung,
die Krebs erzeugen oder die Krebserzeugung fördern kann.
Krebserzeugende Wirkung
Die Latenzzeit ist der Zeitraum zwischen Stattfinden eines Reizes
und der Reizantwort
Piktogramme
R
Radionukliden
Gefahrensymbole
Instabile Atome, die radioaktiv zerfallen. Es bilden sich Alpha-,
Beta und/oder Gammastrahlungen
256
Qualitätsmagement
signifikant
wesentlich, erheblich, deutlich, erkennbar
UN
Vereinigte Nationen
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Lehrkraftausgabe
Qualitätsmagement
H- und P-Sätze
H- und P-Sätze
Die R- und S-Sätze = Risiko- und Sicherheitssätze (englisch risk and safety) waren kodifizierte
Warnhinweise. Damit wurden in der EU bis anhin Gefahrenmerkmale von chemischen Gefahrstoffen und Gemischen charakterisiert. Jetzt sind diese durch die H- und P-Sätze ersetzt
worden!
• H-Sätze (Hazard Statements)
• P-Sätze (Precautionary Statements)
M
GHS = Globally Harmonized System
Die GHS-Kennzeichnung, ist das von den Vereinten Nationen (UN) angeregte System zur
Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien und steht als Abkürzung für «Globally
Harmonized System of Classification and Labelling of Chemicals».
GHS = Globally
Harmonized System
U
Ziel der GHS! Durch die weltweit gültige Einstufungsmethode, mit einheitlichen GefahrenPiktogrammen und denselben Gefahren- und Sicherheitshinweisen auf Etiketten, Verpackungen und in Sicherheitsdatenblättern, sollen die Gefahren bei der Herstellung, beim
Transport und der Verwendung von Chemikalien bzw. Gefahrstoffen für die menschliche
Gesundheit und die Umwelt weltweit minimiert werden.
S
Zudem wird durch die Vereinheitlichung der internationale Handel vereinfacht.
NEU! Seit dem 01.12.2012 muss in der Schweiz für «Stoffe» verbindlich die GHS-Kennzeichnung angewendet werden. Für «Gemische» ab dem 01.06.2015.
Einteilung in Gefahrenklassen
R
E
T
*Hinweis: Mehr Informationen dazu erhalten Sie über diese Homepage:
http://www.bag.admin.ch/themen/chemikalien/00531/00533/index.html?lang=de
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Gefahren
257
Lehrkraftausgabe
Gefahren
Physikalische Gefahren
explosive Stoffe/Gemische und Erzeugnisse mit Explosivstoff
entzündbare Gase
entzündbare Aerosole
entzündend (oxidierend) wirkende Gase
unter Druck stehende Gase
entzündbare Flüssigkeiten
entzündbare Feststoffe
selbstzersetzliche Stoffe und Gemische
selbstentzündliche (pyrophore) Flüssigkeiten
selbstentzündliche (pyrophore) Feststoffe
selbsterhitzungsfähige Stoffe und Gemische
Stoffe und Gemische, die in Berührung mit Wasser entzündbare Gase entwickeln
entzündend (oxidierend) wirkende Flüssigkeiten
entzündend (oxidierend) wirkende Feststoffe
organische Peroxide
auf Metall korrosiv wirkend
U
M
1)
2)
3)
4)
5)
6)
7)
8)
9)
10)
11)
12)
13)
14)
15)
16)
Gesundheitsgefahren
Umweltgefahren
E
T
S
1)
akute Toxizität
2)
Ätzung/ Reizung der Haut
3)
schwere Augenschädigung/ -reizung
4)
Sensibilisierung von Atemwegen oder Haut
5)Keimzell-Mutagenität
6)Karzinogenität
7)Reproduktionstoxizität
8)
spezifische Zielorgan-Toxizität (einmalige Exposition)
9)
spezifische Zielorgan-Toxizität (wiederholte Exposition)
10)Aspirationsgefahr
1)gewässergefährdend
Zusätzliche EU-Gefahrenklasse
1)
die Ozonschicht schädigend
R
258
Qualitätsmagement
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Lehrkraftausgabe
Qualitätsmagement
Definition GHS-System
Mit dem GHS-System werden die Warnsymbole für Gefahrstoffe definiert durch:
Definition GHS-System
1 9 GHS-Gefahrenpiktogramme (Gefahrensymbole) inkl. einer GHS-Nummer
Die Piktogramme geben eine erste bildhafte Information über die Gefahr. Sie sind auf
einem weissen Untergrund mit roter Umrandung dargestellt.
Signalwörter (Gefahrenstufe)
Signalwörter stehen im Zusammenhang mit einem Gefahren-Piktogramm und geben eine
Groborientierung auf den relativen Gefährdungsgrad:
Gefahr:
wird verwendet für ernsthaftere (höhere) Gefahrenkategorien
Achtung: wird verwendet für weniger schwerwiegende (tiefere) Gefahrenkategorien.
M
2
U
3 H-Sätze (Hazard Statements)
Die Gefahrenhinweise = H-Sätze beschreiben die Gefahren, welche von Chemikalien
ausgehen können im Detail. Zum Beispiel: H 3 1 8 → «verursacht schwere Augenschäden»
E
T
S
R
Beispiele von H-Sätzen:
• H201 Explosiv, Gefahr der Massenexplosion
• H261 In Berührung mit Wasser entstehen entzündbare Gase
• H300 Tödlich bei Verschlucken (Kategorie 1 und 2)
• H301 Giftig bei Verschlucken (Kategorie 3)
• H302 Gesundheitsschädlich bei Verschlucken (Kategorie 4)
• H360 Kann das Kind im Mutterleib schädigen
• H400 Sehr giftig für Wasserorganismen
• H412 Schädlich für Wasserorganismen, mit langfristiger P-Sätze (Precautionary
Statements
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Gefahren
259
Lehrkraftausgabe
Gefahren
4 P-Sätze (Precautionary Statements
Die Sicherheitshinweise = P-Sätze geben Informationen zum sicheren Umgang mit Chemikalien:
Sie beschreiben, wie man sich vor Gefahren schützen kann oder wie man vorgehen sollte,
falls sich ein Zwischenfall ereignet.
Zum Beispiel: P 4 0 3→ «an einem gut belüfteten Ort aufbewahren»
U
M
R
E
T
S
Beispiele von P-Sätzen:
• P102 Darf nicht in die Hände von Kindern gelangen
• P211 Nicht gegen offene Flamme oder andere Zündquelle sprühen
• P314 Bei Unwohlsein ärztlichen Rat einholen / ärztliche Hilfe hinzuziehen
• P361 Alle kontaminierten Kleidungsstücke sofort ausziehen
• P403 An einem gut belüfteten Ort aufbewahren
• P501 Inhalt / Behälter der Problemabfallentsorgung zuführen
260
Qualitätsmagement
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Lehrkraftausgabe
Qualitätsmagement
Aufgabe 11.2.2
Definieren Sie die folgenden Piktogramme. Nennen und ergänzen Sie: die Bedeutung,
Bezeichnung und die typische Eigenschaften und suchen Sie nach Beispielen in der Arztpraxis,
in der Schule oder Zuhause!
GHS 01 = Explodierende Bombe
Bedeutung: GEFAHR / ACHTUNG
M
Bezeichnung: explosiv
Typische Eigenschaften: Diese Chemikalien können explodieren,
sei es durch den Kontakt mit einer Flamme, einem Funken, durch elekt-
U
rostatische Aufladung, Erhitzung oder einen Schlag.
Massnahmen: Handhabung nur durch Fachleute oder ausgebildetes
Personal. Bei Lagerung und Anwendung Umgebungswärme beachten.
Nach Gebrauch sorgfältig verschliessen.
S
Beispiel/Produkte: Nitroglyzerin
E
T
GHS 02 = Flamme
Bedeutung: GEFAHR / ACHTUNG
Bezeichnung: hochentzündlich
Typische Eigenschaften: Chemikalien, die sich entzünden können durch
den Kontakt mit einer Flamme, einem Funken, durch elektrostatische
Aufladung, Erhitzung, Luft- oder Wasserkontakt. Kann sich bei falscher
R
Lagerung auch ohne Fremdeinwirkung selber entzünden.
Massnahmen: Zündquellen vermeiden. Geeignete Löschmittel immer
bereithalten. Auf die Lagertemperatur achten. Nach Gebrauch sorgfältig
verschliessen.
Beispiel/Produkte: Grillanzünder, Lampenöle, Spraydosen, Lösungsmittel
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Gefahren
261
Lehrkraftausgabe
Gefahren
GHS 03 = Flamme über Kreis
Bedeutung: GEFAHR / ACHTUNG
Bezeichnung: brandfördernd
Typische Eigenschaften: Diese Chemikalien können einen Brand verursachen oder verstärken. Sie haben eine oxidierende Wirkung. Das heisst,
sie setzen beim Brand Sauerstoff frei und lassen sich daher nur mit
Massnahmen: Immer entfernt von brennbaren Materialien aufbewahren.
Geeignete Löschpräparate bereithalten. Nach Gebrauch sorgfältig
verschliessen.
U
M
speziellen Mitteln löschen. Ein Ersticken der Flammen ist unmöglich.
Beispiel/Produkte: Wasserstoffperoxid, Bleichmittel
GHS 04 = Gasflasche
S
Bedeutung: ACHTUNG
Bezeichnung: Gas unter Druck
Typische Eigenschaften: Diese Chemikalien sind komprimierte, verflüs-
E
T
sigte oder gelöste Gase. Geruchlose oder unsichtbare Gase können
unbemerkt entweichen. Behälter mit komprimierten Gasen können durch
Hitze oder Verformung bersten.
Massnahmen: Vor Sonneneinstrahlung schützen und an gut belüftetem
Ort aufbewahren (nicht im Keller!). Nach Gebrauch sorgfältig
R
verschliessen.
Beispiel/Produkte: Propan- und Butangasflaschen, CO2-Flaschen für
Sodawasserherstellung
262
Qualitätsmagement
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Lehrkraftausgabe
Qualitätsmagement
GHS 05 = Ätzwirkung
Bedeutung: GEFAHR / ACHTUNG
Bezeichnung: ätzend
Typische Eigenschaften: Diese Chemikalien sind ätzend und/oder
verursachen schwere Augenschäden. Kann bestimmte Materialien
auflösen (z. B. Textilien). Ist schädlich für Tiere, Pflanzen und organi-
M
sches Material aller Art.
Massnahmen: beim Umgang immer Handschuhe und
Schutzbrille/Gesichtsschutz tragen. Nach Gebrauch sorgfältig
verschliessen.
U
Beispiel/Produkte: Backofenreiniger, Entkalker, Abflussreiniger, starke
Reinigungsmittel, Reinigungskonzentrate
S
GHS 06 = Totenkopf mit gekreuzten Knochen
Bedeutung: GEFAHR
Bezeichnung: hochgiftig
E
T
Typische Eigenschaften: Diese Chemikalien können schon in kleinen
Mengen zu schweren Vergiftungen oder zum Tod führen.
Massnahmen: grösste Vorsicht im Umgang mit solchen Chemikalien
anwenden. Geeignete Schutzkleidung wie Handschuhe und Maske
verwenden. Die Gefährdung Unbeteiligter ausschliessen. Nach Gebrauch
Beispiel/Produkte: Mäuse- und Rattengift
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R
sorgfältig verschliessen.
Gefahren
263
Lehrkraftausgabe
Gefahren
GHS 07 = Ausrufezeichen
Bedeutung: ACHTUNG
Bezeichnung: Vorsicht gefährlich
Typische Eigenschaften: Diese Chemikalien können reizend sein,
Allergien oder Ekzeme auslösen, Schläfrigkeit verursachen, in grösseren
Mengen Vergiftungen auslösen oder die Ozonschicht
Massnahmen: Etikette lesen, damit die Gefahr erkannt wird und die
notwendigen Schutzmassnahmen getroffen werden können. Hautkontakt
vermeiden. Nur die benötigte Menge verwenden. Nach Gebrauch sorg-
U
M
schädigen.
fältig verschliessen.
Beispiel/Produkte: Geschirrspültabs, Reinigungsmittel, Javelwasser
S
GHS 08 = Gesundheitsgefahr
Bedeutung: GEFAHR / ACHTUNG
Bezeichnung: gesundheitsschädigend
E
T
Typische Eigenschaften: Diese Chemikalien können zu schweren
Beeinträchtigungen der Gesundheit führen, sei es, weil sie krebserzeugende, erbgutschädigende, fruchtbarkeits- oder entwicklungsschädigende Eigenschaften haben, zu Schädigungen bestimmter Organe oder
zu Sensibilisierung führen können.
R
Massnahmen: beim Umgang immer die nötigen Schutzmassnahmen
treffen. Niemals einnehmen, jeden unnötigen Kontakt vermeiden, langfristige Schädigungen bedenken. Nach Gebrauch sorgfältig
verschliessen.
Beispiel/Produkte: Benzin, Methanol, Lacke, Grillanzünder, Lampenöle,
gewisse ätherische Öle
264
Qualitätsmagement
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Qualitätsmagement
GHS 09 = Umwelt
Bedeutung: ACHTUNG
Bezeichnung: gewässergefährdend
Typische Eigenschaften: Diese Chemikalien sind sehr giftig für
Wasserorganismen (Fische, Algen, Krustentiere, u. a.). Kann bereits in
geringen Konzentrationen akut oder durch Langzeitwirkung schädigen.
M
Massnahmen: Nicht in die Umwelt gelangen lassen. Gefahren- und
Sicherheitshinweise auf der Etikette beachten sowie Gebrauchsanweisung/Dosiervorschriften befolgen. Nicht mehr benötigte Produkte oder
teilentleerte Gebinde der Verkaufsstelle zurückgeben
U
oder als Sonderabfall entsorgen.
Beispiel/Produkte: Schimmelentferner, Anti-Insektensprays,
Schwimmbadchemikalien, Motorenöle
S
*Hinweis: Piktogramme und Erklärungen stammen von der Homepage /www.reach-compliance.ch
E
T
Beispiele zur Sicherheitshinweisen Kennzeichnung von gefährlichen Stoffen
Sie sehen hier zwei Kennzeichnungen: nach der neuen GHS- und der alten EU-Vorschrift.
Quecksilber (Hg, Ordnungszahl: 80)
Ethylendiamintetraessigsäure = EDTA
R
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Gefahren
265
Lehrkraftausgabe
Gefahren
Aufgabe 11.2.3
a) Welche Bedeutung haben die Gefahrensymbole
b) Suchen Sie die folgenden H- und P-Sätzen
Quecksilber
a)
EDTA
Gefahrensymbole
• Sehr giftig
Gefahrensymbol
• Gesundheitsge-
H330
heitlichen Schäden
fahr: krebserzeugend
• Umweltgefährlich
U
M
b)
Lebensgefahr bei
H 319
Einatmen
c)
P 201
• Führt zu gesund-
Verursacht schwere
Augenreizung
S
Vor Gebrauch
besondere Anweisungen einholen
P 305
P 351
Bei Kontakt mit
den Augen: 20
Minuten behutsam
E
T
mit Wasser
ausspülen
Etikette
R
Etikette
Bei chemischen Produkten vermittelt die Etikette dem Kunden die wichtigsten Informationen
für einen sicheren Umgang mit dem Produkt. Sie gibt Auskunft:
• über die möglichen Gefahren, die vom Produkt ausgehen können,
• über das korrekte Verhalten und
• über das Vorgehen im Unglücksfall
Die aufgeführten gefährlichen Inhaltsstoffe dienen Ärzten dazu, bei Vergiftungen rasch die
richtige Behandlung des Patienten einzuleiten. Der Name, die Adresse und die Telefonnummer
des Herstellers oder Importeurs erleichtern Rückfragen beim Hersteller.
Bis 2017 können auch Produkte mit den alten schwarzen Symbolen auf orangem Grund im
Verkauf sein!
266
Qualitätsmagement
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Lehrkraftausgabe
Qualitätsmagement
Achtung! Chemische Produkte ohne aufgedruckte Gefahrensymbole sind nicht automatisch harmlos.
Wenn Hinweise fehlen, ist es möglich, dass die Gefahren unterhalb einer gewisser Grenzen
liegen, oder die Chemikalien sind noch nicht vollständig auf ihre Wirkung geprüft worden.
Es empfiehlt sich, generell vorsichtig mit chemischen Produkten umzugehen!
U
M
Beispiel Gefahrenkennzeichnung
Vergiftungen
E
T
S
*Hinweis: Bild ab Homepage www.bag.admin.ch
Vergiftungen
R
Bei Vergiftungsverdacht empfiehlt das BAG, einen Arzt oder das Schweizerische Toxikologische Informationszentrum unter der Telefonnummer 145 (www.toxi.ch) anzurufen. Die
Notfallnummer des Toxikologischen Informationszentrums ist gratis und das Telefon während
24 Stunden betreut.
Versuchen Sie im Notfall, die folgenden Informationen zu liefern, welche für eine individuelle
Risikobeurteilung und Behandlung wichtig sind:
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Gefahren
267
Lehrkraftausgabe
Gefahren
Aufgabe 11.2.4
Welche Informationen braucht das Toxikologische Informationszentrum, damit eine Beurteilung der Situation vorgenommen werden kann? Erarbeite Sie eine Zusammenstellung der
«5-W-Fragen» und die Erklärung dazu.
• Wer
• Wer ist betroffen? Alter, Gewicht und Geschlecht der betroffenen Person. Telefonnummer für den Rückruf angeben.
M
• Was
• Was wurde eingenommen? Mit welchem Produkt kam die Person in Kontakt? Produktetikette bereithalten.
U
• Wie viel
• Versuchen Sie die maximale Menge abzuschätzen, die die betroffene Person eingenommen hat oder mit der sie in Kontakt kam.
S
• Wann
• Vor wie langer Zeit kam es zum Vorfall?
• Weitere Informationen
E
T
• Erste beobachtete Symptome? Erste getroffene Massnahmen?
Rücknahmepflicht
Rücknahmepflicht für gefährliche Chemikalien
Wer an Privatpersonen gefährliche Chemikalien abgibt, muss Kleinmengen kostenlos zur
fachgerechten Entsorgung zurücknehmen.
R
Bezeichnung einer Chemikalien-Ansprechperson
Betriebe, die gefährliche Chemikalien abgeben, müssen intern eine Chemikalien-Ansprechperson
bezeichnen. Wenn sie für diese Tätigkeit eine Person mit Sachkenntnis benötigen, muss die ChemikalienAnsprechperson der zuständigen kantonalen Vollzugsbehörde unaufgefordert mitgeteilt werden. Alle
übrigen Betriebe müssen ihre Chemikalien-Ansprechperson auf Anfrage bekannt geben. Die ChemikalienAnsprechperson ist Bindeglied zwischen dem Betrieb und den kantonalen Vollzugsbehörden und muss
hierzu einen Überblick über die chemikalienrechtlichen Pflichten des Betriebs haben.
268
Qualitätsmagement
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Qualitätsmagement
11.3 Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge
Definitionen
Definitionen
M
• «Arbeitssicherheit» bedeutet Verhütung von (Berufs-)Unfällen
• «Gesundheitsschutz» bedeutet Vermeidung von (Berufs-)Krankheiten
• «Betriebliche Gesundheitsvorsorge» bedeutet, die allgemeine Gesundheitsvorsorge
am Arbeitsplatz wird gefördert
Betriebliche Gesundheitsvorsorge
Gesundheitsvorsorge
U
Gesetzgebung
Das Arbeitsgesetz ist auf private Betriebe sowie auf selbständige öffentlichrechtliche
Anstalten mit eigener Rechtspersönlichkeit anwendbar. Für wichtige juristische Abklärungen
sind die entsprechenden Gesetzes- und Verordnungstexte einzusehen.
*Hinweis: Die Gesetze und Verordnungen des Bundes sind im Internet unter www.bk.admin.ch abrufbar
R
E
T
S
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge
269
Lehrkraftausgabe
Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge
U
M
Die wichtigsten gesetzlichen Grundlagen für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz zusammengefasst:
ArG
Bundesgesetz über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (Arbeitsgesetz, SR 822.11)
ArGV 1
Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz (SR 822.111)
ArGV 2
Verordnung 2 zum Arbeitsgesetz (Sonderbestimmungen für bestimmte Gruppen von Betrieben oder
Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen, SR 822.112)
ArGV 3
Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz (Gesundheitsschutz, SR 822.113)
ArGV 4
Verordnung 4 zum Arbeitsgesetz (Industrielle Betriebe, Plangenehmigung und Betriebsbewilligung, SR
822.114)
ArGV 5
Verordnung 5 zum Arbeitsgesetz (Jugendarbeitsschutzverordnung, SR 822.115), Verordnung des WBF
über gefährliche Arbeiten für Jugendliche SR 822.115.2) Verordnung des WBF über die Ausnahmen vom
Verbot von Nacht- und Sonntagsarbeit während der beruflichen Grundausbildung (SR 822.115.4)
Mutterschutzverordnung
Verordnung des WBF vom 20. März 2001 über gefährliche und beschwerliche Arbeiten bei Schwangerschaft und Mutterschaft (SR 822.111.52)
Sicherheitsorganisation
E
T
S
Die wichtigsten gesetzlichen Grundlagen für die Durchführung der arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen sind:
UVG
Bundesgesetz über die Unfallversicherung vom 20.03.1981
VUV
Verordnung über die Verhütung von Unf ällen und Beruf skrankheiten vom 19.12.1983
UVV
Verordnung über die Unfallversicherung vom 20.12.1982
StSG
Strahlenschutzgesetz vom 22.03.1991
StSV
Strahlenschutzverordnung vom 22.06.1994
Sicherheitsorganisation
R
Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz verlangen von den Arbeitnehmenden ein solides
Grundwissen. Dabei entscheidet die Grösse und das Tätigkeitsfeld einer Arztpraxis über den
dafür notwendigen Umfang und Aufwand.
Wiederum ist es notwendig, dass innerhalb der Praxis, eine Mitarbeitende die Verantwortlichkeit bezüglich «Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge» übernimmt
und als Ansprechperson zur Verfügung steht. Falls nötig, wird diese Person zusätzlich als
Chemikalien-Ansprechperson ausgewiesen. Beide Funktionen müssen im Organigramm der
Arztpraxis ersichtlich sein und sind in einer Stellenbeschreibung zu umschreiben und in
einem Pflichtenheft zu beschreiben.
*Hinweis: Die Organisation einer Arztpraxis in Form von Strukturen, Aufgaben und Abläufen werden im Lehrmittel
Betriebliche Prozesse, Praxisadministration, Kapitel 2.4, beschrieben.
270
Qualitätsmagement
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Qualitätsmagement
M
Diese für die Arbeitssicherheit und den Gesundheitsschutz autorisierte Person sorgt dafür,
dass:
• neue Teammitglieder entsprechend den Praxisrichtlinien instruiert und geschult
werden.
• das Team mindestens einmal pro Jahr, z. B. an einer Teamsitzung, auf die Arbeitssicherheit und den Gesundheitsschutz sensibilisiert wird.
• Instruktionen, Schulungen oder Informationsveranstaltungen, von einzelnen
Mitarbeitenden oder vom ganzen Team, dokumentiert werden.
• Änderungen respektive Neuerungen den Teammitgliedern bekanntgemacht und die
Praxisdokumentationen entsprechend angepasst werden.
Gefahren und Risiken in der Arztpraxis erkennen
In einer Arztpraxis lauern eine Vielzahl von Gefahren und Risiken. Jedes Teammitglied muss
sich dessen bewusst sein und Verantwortung bezüglich Arbeitssicherheit sowie Gesundheits-
U
schutz für sich selbst, für die Mitarbeitenden und die Patienten übernehmen.
S
Viele der potentiellen Gefahren und Risiken, welche im Arbeitsalltag einer MPA vorkommen,
werden in den vorgängigen Kapiteln beschrieben und sind somit bereits bekannt. Hier
nochmals eine Zusammenstellung:
• Belastung durch gesundheitsgefährdende Stoffe
- konzentrierte Reinigungsmittel
R
E
T
- Desinfektionsmittel
- Laborchemikalien z. B. EDTA, Reagenzien, Jod, Xylol, Formaldehyd
- Arzneimittel z. B. Methotrexat, Antibiotika oder steroidhaltige Medikamente
(insbesondere in Salben- und/oder Ampullen-Form)
- allergene Substanzen z. B. gepuderte Handschuhe
- Okklusion = Einschluss von Feuchtigkeit im Handschuh
- evtl. Röntgenchemikalien
- evtl. Anästhesiegase z. B. Lachgas, Halothan
• Verätzung der Atemwege, Augen und Haut
Durch Sprühnebel und Dämpfen von Reinigungs- und Desinfektionsmitteln
• Strahlenbelastung
Durch ionisierende Strahlen, welche z. B. beim Röntgen entstehen. Ionisierende
Strahlung ist grundsätzlich karzinogen und kann Mutationen verursachen.
• Kontamination mit biologischen Agentien*
(*pathogene Erreger und Toxine)
- Durch Stich- und Schnittverletzungen oder Spritzer
- Durch aerogene Übertragung (Tröpfcheninfektion)
• Ergonomische Belastung Zwangshaltung z. B. am Bildschirm, langes Sitzen und/oder Stehen, ungünstiges Raumklima,
eingeengter Bewegungsraum
• Arbeitspsychologische Belastung Stress durch immer «nett sein müssen», Stress durch mangelhafte Arbeitsorganisa-
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge
271
Lehrkraftausgabe
Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge
tion und/oder Arbeitsplanung, ungenügende Team-Organisation resp. TeamFührung, Mobbing, sexuelle Belästigung oder Über-, beziehungsweise Unterforderung
• Gefährdung durch fehlende Infrastruktur Fehlende soziale Ecke/sozialer Raum, fehlende Personal-Toilette
• Gefährdung durch fehlende oder nicht geeignete Arbeitskleidung und -Schuhe
Ausgleiten/Ausrutschen, Verunreinigung
Gefährdungsbeurteilung
«Gesunde Arbeitsplätze – ein Gewinn für alle»
Mit diesem Leitgedanken hat die Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz
am Arbeitsplatz (OSHA) eine Kampagne zur Gefährdungsbeurteilung am Arbeitsplatz
gestartet. Mit dem Ziel: Das Bewusstsein aller am Arbeitsprozess Beteiligten für das Erkennen
und Beseitigen von Gefahren und Risiken zu schärfen sowie entsprechende Massnahmen
einzuleiten, um damit die arbeitsbedingten Unfälle möglichst zu verhindern.
U
M
Gefährdungsbeurteilung
S
Damit in einer Arztpraxis (sowie in allen anderen Unternehmen) geeignete Schutzmassnahmen organisiert und umgesetzt werden können, muss vorab eine Gefährdungsbeurteilung
stattfinden. Diese Beurteilung basiert auf einem systematischen Verfahren. Dabei werden alle
Arbeitsaspekte untersucht und nach Gefahren und Risiken beurteilt. Der entsprechende
Leitfaden der Europäischen Kommission umfasst die folgenden fünf Schritte:
R
E
T
1 Die vorkommenden Gefahren sowie die möglicherweise gefährdeten Personen werden
ermittelt.
2 Die Gefahren werden nach Schweregrad und nach der Wahrscheinlichkeit des Eintretens
beurteilt, dokumentiert sowie nach Wichtigkeit eingeteilt.
3 Geeignete präventive Massnahmen werden ermittelt und in einem Massnahmenkatalog
festgehalten.
4 Die Präventions- und Schutzmassnahmen werden gemäss dem erarbeiteten Massnahmenkatalog eingeführt. Die für die Sicherheit verantwortliche Person, diese wurde im
Zusammenhang mit der «Sicherheitsorganisation in der Arztpraxis» bereits ermittelt,
übernimmt die Verantwortung.
5 Die Gefahrenbeurteilung und die Schutzmassnahmen werden z. B. mit Hilfe von
Checklisten und Prozessabläufen regelmässig überprüft und aktualisiert. Änderungen
in der Organisation werden sofort angepasst.
272
Qualitätsmagement
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Qualitätsmagement
Nach Unfällen, Expositionen und Erkrankungen werden Gefahrenbeurteilung und Schutzmassnahmen immer sofort neu beurteilt.
Unfälle, Expositionen und berufsbedingte Erkrankungen werden kommuniziert und mit
einem CIRS-Meldeformular festgehalten. Somit können ähnliche Ereignisse verhindert
werden.
*Hinweis: Mehr Informationen dazu erhalten Sie über diese Homepage: http://www.ekas.admin.ch/index-de.
php?frameset=62
M
Risiken vorbeugen
U
Risiken vorbeugen
In der EU-Richtlinie 2010/32/EU-Präventionsmassnahmen werden sechs Punkte zur Risikovorbeugung beschrieben:
1 Risikoeliminierung bei Exposition gegenüber scharfen medizinischen Instrumenten
2 Verwendung von Medizinprodukten mit integrierten Sicherheits- und Schutzmechanismen
3 Vermeidung unnötiger Verwendung von scharfen medizinischen Instrumenten
4 Schutz vor blutübertragbaren Pathogenen
5 Einbeziehung wirksamer Entsorgungsverfahren und deutlich gekennzeichneter Sicherheitsentsorgungsbehälter
6 Verwendung persönlicher Schutzausrüstung (PSA)
7 Infektionsprävention (Prophylaxe)
8 Angebot von kostenlosen Impfungen bei hohem Infektionsrisiko
E
T
S
Arbeitsmedizinische Vorsorge (AMV)
Um den Berufsrisiken von medizinischem Personal möglichst optimal vorbeugen zu können,
gehört nebst der Gefährdungsbeurteilung, die arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung,
gemäss der Verordnung über die Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten (Art. 70ff
(VUV)), dazu.
Mit dieser Verordnung werden die folgenden Ziele verfolgt:
R
• Arbeitnehmende mit individuellen Risikofaktoren und somit einem erhöhten Berufs-
krankheitsrisiko zu erkennen.
• Eine beginnende Berufskrankheit frühzeitig zu erfassen.
• Eine unzulässige innere Belastungen und Beanspruchungen (z. B. durch chemische
Substanzen) durch das biologische Monitoring* bereits vor dem Ausbruch einer
Berufskrankheit zu beurteilen. * Beurteilung der Exposition von Arbeitnehmenden
gegenüber chemischen Arbeitsstoffen durch die Bestimmung des entsprechenden
Arbeitsstoffes im biologischen Material: z. B. Blut, Urin oder Ausatmungsluft.
• Berufskrankheiten mit langer Latenzzeit (Reaktionszeit), wie durch berufliche
Faktoren verursachte Krebserkrankungen, durch nachgehende Untersuchungen auch
nach Ende der Exposition frühzeitig zu diagnostizieren.
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge
273
Lehrkraftausgabe
Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge
• Nicht bekannte oder erkannte Berufskrankheitsrisiken anhand einer kollektiven
Auswertung zu identifizieren.
• Allgemeine medizinische Probleme zu erkennen und individuell «massgeschneiderte» Massnahmen einzuleiten.
Publikationen der SUVA zum sicheren Umgang mit Arbeitsstoffen im Gesundheitswesen
Suva 2869/18.d
Verhütung gesundheitlicher Gefahren bei der Desinfektion von Flächen
und Instrumenten in Spital und Praxis
Suva 2869/23.d
Umgang mit Anästhesiegasen
Suva 2869/29.d
Niedertemperatursterilisation im Gesundheitswesen: Sicherer Umgang
mit Ethylenoxid und Formaldehyd
Suva SBA 501.d
Aerosolbehandlung mit Pentamidin: Gefährdung, Schutzmassnahmen
Suva 2869/32.d
U
M
Sicherer Umgang mit Zytostatika
Verhütung von Berufskrankheiten in pathologisch-anatomischen
Institu-ten und histologischen Laboratorien
Suva 2869/25.d
Latexallergie: Gefährdung und Schutzmassnahmen am Arbeitsplatz
Suva 2869/33.d
S
Publikationen der SUVA zur Verhütung blutübertragbarer Infektionen
2869/30.d
Verhütung blutübertragbarer Infektionen in medizinischen Laboratorien
2869/19.d
Verhütung blutübertragbarer Infektionen beim Umgang mit Patienten
2869/20.d
Verhütung blutübertragbarer Infektionen - Empfehlungen für Berufsgruppen ausserhalb des Gesundheitswesens
2869/31.d
HIV, HBV, HCV Exposition - Erstmassnahmen
2869/36.d
E
T
Verhütung blutübertragbarer Infektionen im Gesundheitswesen
Arbeitssicherheit
R
Arbeitssicherheit ist das Gewähren der Sicherheit jedes einzelnen Mitarbeitenden bei der
Arbeit. Das heisst, das Beherrschen und Minimierung von Gefahren zur Sicherheit und
Gesundheit der Mitarbeitenden. Sie ist damit Bestandteil des Arbeitsschutzgesetzes, welches
Massnahmen zur Verhütung von Unfällen bei der Arbeit und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren einschliesslich Massnahmen der menschengerechten Gestaltung der Arbeit fordert.
274
Qualitätsmagement
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Qualitätsmagement
Arbeitssicherheit in der Arztpraxis
Arbeitssicherheit in der
Arztpraxis
Kontamination mit biologischen Agentien (Blut, Körperflüssigkeiten)
M
Rechtliche Grundlagen
Die Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA 250) wurden bereits im Jahr 2003 hinsichtlich der Empfehlung zum Einsatz sicherer Instrumente ergänzt. 2007 wurde diese Empfehlung
für Betriebe im deutschen Gesundheitswesen verbindlich. Die im Mai 2013 in Kraft tretende EU-Richtlinie
fordert zusätzlich den Verzicht spitzer und scharfer Gegenstände für Zubereitungsprozesse.
Während der beruflichen Tätigkeit können zahlreiche Krankheiten durch Blut oder andere
potenziell infektiöse biologische Flüssigkeiten, wie z. B. Urin, übertragen werden. Das HI-,
Hepatitis B und Hepatitis-C-Virus sind besonders zu beachten.
U
S
Die Gefahr einer Infektion besteht bei:
• perkutanen Verletzungen (Schnitt- und Stichverletzungen) durch kontaminierte
Medizinprodukte
• Kontamination lädierter Haut mit potenziell infektiösem Material
• mukokutanem* Kontakt mit potenziell infektiösem Material
*mukokutan = Haut und Schleimhaut betreffend
E
T
Das Risiko einer Übertragung/ Infektion hängt von diversen Faktoren ab:
• Erregerart
• Infektionsstadium beim Index-Patienten
• Viruskonzentration im infektiösen biologischen Material
• Expositionsart
• Menge des infektiösen biologischen Materials
• -Serologie- und Impfstatus der Expositionsperson für Hepatitis B
• Durchführung einer Postexpositionsprophylaxe (PEP)
R
Schutzmassnahmen
Zur Vermeidung einer beruflichen Exposition gegenüber biologischen Flüssigkeiten müssen
für die einzelnen Arbeitsplätze Empfehlungen erarbeitet, sichere Arbeitstechniken entwickelt
und persönliche Schutzmassnahmen ergriffen werden. Unfallereignisse müssen analysiert und
Massnahmen zur Vermeidung getroffen werden.
Als oberster Grundsatz gilt, dass sämtliche biologische Materialien (Blut, Urin, Speichel,
ect.) als potentiell infektiös zu betrachten sind!
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge
275
Lehrkraftausgabe
Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge
M
Dies hat zur Folge, dass generelle Schutzmassnahmen zur Anwendung kommen. Dadurch
werden sämtliche, durch biologisches Material übertragenen Infektionskrankheiten, vermieden
und nicht nur jene, die bei Patienten bereits nachgewiesen wurden.
Vorteile genereller Schutzmassnahmen gegenüber selektiver Massnahmen:
• keine Probleme mit falsch positiven/negativen Testresultaten
• serologisches Zeitfenster zwischen Infektionszeitpunkt und serologischen Nachweisbarkeit wird umgangen
• keine Massentestungen mit eventueller Gruppendiskriminierung und erheblichem
Kostenaufwand
• es sind keine gezielten Untersuchungen bei Risikopatienten notwendig
Ferner sind die Grundsätze der Reinigung, Desinfektion und Sterilisation zu befolgen.
U
Die generellen Schutzmassnahmen lassen sich in vier Gruppen einteilen. Nur eine Kombination aller vier Gruppen bietet einen sicheren Schutz!
E
T
S
Technische Massnahmen
In ihnen wird der Einsatz von etablierten technischen Hilfsmitteln geregelt. Dies sind:
• gefährdende Instrumente (spitze, scharfe) durch nichtgefährdende austauschen
R
• Einsatz von Sicherheitsprodukten zur Reduzierung von Stich- und Schnittverletzungen sowie der Möglichkeit von Kontakt mit Blut u.ä.
• Bereitstellung von entsprechenden Entsorgungs- und Transportbehälter
• bauliche Massnahmen
Organisatorische Massnahmen
Ein Konzept wird erstellt, welches zur Verhütung von Infektionen durch organische Materialien dient. In jeder Gesundheitsinstitution wird eine Person bestimmt, welche für die
Arbeitssicherheit zuständig ist. Sie befasst sich mit:
• dem Erstellen einer Risikoanalyse
• dem Erstellen von einem Gesamtkonzept
• der Bereitstellung von Arbeitsanweisungen für gefährdete Tätigkeiten
• der Informierung der Arbeitnehmer über die entsprechenden Gefahren
• der regelmässigen, präventiven Schulungen der Arbeitnehmer
• dem Führen eines Hygieneplans
276
Qualitätsmagement
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Qualitätsmagement
M
• der Organisation personalärztlicher Massnahmen (Eintrittsuntersuchung ect.)
• den internen Massnahmen, Regelungen und Abläufen nach Kontakt mit potentieller
Infektionsgefährdung
• der Umsetzung der Richtlinien der Eidgenössischen Koordinationsstelle für Arbeitssicherheit (EKAS)
• der Umsetzung der SAMV (Verordnung über den Schutz der Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer vor Gefährdung durch Mikroorganismen)
• der Umsetzung der Vorschriften der Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz und der
Mutterschutzverordnung bei der Beschäftigung von schwangeren und stillenden
Arbeitnehmerinnen
• der Überprüfung, ob invasive Abläufe durch nichtinvasive ersetzt werden können
• der Überprüfung der getroffene Schutzmassnahmen
U
Personenbezogene Massnahmen
Sie beinhalten persönliche Schutzmassnahmen wie Tragen von:
• Schutzhandschuhen
• chirurgischen oder Atemschutzmasken
• Schutzbrillen
• Schutzkleidung
S
Arbeitsmedizinische Massnahmen
• aktive Hepatitis B-Immunisierung
• Regelung der Postexpositionsmassnahmen für Hepatitis B und HIV in Zusammenar-
E
T
beit mit dem personalärtzlichen Dienst
Stich- und Schnittverletzungen
Die häufigsten Verletzungen von beschäftigten im Gesundheitswesen erfolgt durch Verletzungen an spitzen/scharfen Gegenständen, die mit potenziell infektiösen biologischen
Flüssigkeiten kontaminiert sind.
Stich- und
Schnittverletzungen
Folgende Faktoren erhöhen das Risiko einer Nadelstichverletzung:
• Zeitdruck
• Ärger
• Ablenkung
• Übermüdung
• mangelnde Patientenkooperation
• mehrfach gescheiteter Versuch der Durchführung
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
R
Verletzungen durch Nadelstiche (Hohlkanülen)
Zu ihnen zählen Spritzen- und Blutentnahmekanülen, Venenverweilkanülen sowie Butterfly-Kanülen. Sie gelten als hochriskant, da die Kanüle
mit Blut verunreinigt ist.
Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge
277
Lehrkraftausgabe
Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge
Zum Schutz gegen Stich-/Schnittverletzungen stehen zwei sicherheits-technische Massnahmen im Vordergrund.
• geeignete Sicherheitsprodukte verwenden und
• der Entsorgungsprozess muss sicher gestaltet werden
Sicherheitsprodukte
Die Verwendung von Sicherheitsprodukten ist besonders bei invasiven Eingriffen indiziert.
Dabei müssen die Produkte folgende Anforderungen erfüllen:
U
M
• Der Mechanismus ist im Produkt integriert.
• Passive Systeme = selbstaktivierend, sind den aktiven = Aktivierung durch Benutzer,
zu bevorzugen.
• Bei aktiven Produkten soll die Aktivierung mit einer Hand ausgelöst werden
können.
• Produkte mit einhändiger Aktivierung sind denjenigen mit zweihändiger Aktivierung vorzuziehen.
• Die Auslösung des Sicherheitsmechanismus soll hör- oder sichtbar sein.
• Der Mechanismus darf nicht reversibel (umkehrbar) sein.
• Die Anwendungstechnik wird grundsätzlich nicht verändert.
• Der Patient wird nicht gefährdet.
S
Sicherheitsprodukte - Varianten
• Injektionsspritzen
E
T
•
•
•
•
•
•
kapillare Blutentnahme-Systeme
venöse Blutentnahme-Systeme
Venenverweilkatheter
Sicherheitsskalpelle
Flügelkanülen
Implantierte, venöse Zugänge
R
278
Qualitätsmagement
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Qualitätsmagement
Aufgabe 11.3.1
Notieren Sie bei den Pfeilen (→) ob es sich um ein «passives» oder «aktives» SicherheitsSystem handelt.
U
M
R
E
T
S
Auch gesicherte Sicherheitsproduckte müssen über geeignete Sicherheitsboxen entsorgt
werden!
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge
279
Lehrkraftausgabe
Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge
Kein Recapping
Die Schutzhülle darf niemals wieder auf eine auf eine gebrauchte Kanüle
aufgesetzt werden!
M
Dies lässt sich vermeiden durch:
• Sicherheitsprodukte mit Schutzhülle zur Sicherung der Kanüle.
• Sicherheitsboxen, in denen die ganze Spritze entsorgt werden kann.
• Sicherheitsboxen, in welche die Kanüle abgestreift werden kann.
Entsorgung
Entsorgung
U
Nach Gebrauch werden kontaminierte Gegenstände unverzüglich in
geeigneten durchstich- und bruchsicheren Behältern entsorgt.
S
Die Entsorgungsbehälter müssen folgende Kriterien erfüllen:
•
•
Film «Medibox® Entsorgungsbehälter»
280
Qualitätsmagement
R
•
•
•
Die Grösse wird den Bedürfnissen angepasst.
Es handelt sich um Einwegbehälter.
Sie können definitiv verschlossen und samt Inhalt entsorgt werden.
Die Öffnung muss auf die verschieden grossen Entsorgungsgegenstände abgestimmt
sein.
Der Standort ist einfach zugänglich.
Die Behälter werden nur bis zur vorgegebenen Markierungsgrenze gefüllt. (max.
4/5)
Sie werden als medizinische Sonderabfälle entsorgt. (siehe Kapitel 10)
Sie sind möglichst überall dort platziert, wo die invasiven Tätigkeiten stattfinden.
E
T
•
•
•
•
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Qualitätsmagement
Mögliche Risiken nach perkutanen Verletzungen
Übertragung nach
Nadelstichverletzung
Hepatitis C –
Virus
Humanes Immunodefizienzvirus
300 von 1000
30 von 1000
3 von 1000
30 % Risiko der
Serokonversion
nach Exposition
gegenüber positiver
Quelle
3 % Risiko der
Serokonversion
nach Exposition
gegenüber positiver
Quelle
0.3 % Risiko der
Se-rokonversion
nach Exposition
gegenüber positiver
Quelle
vorhanden
nicht möglich
nicht möglich
M
Hepatitis B –
Virus
Impfung
Publikationen
U
*Hinweis: Mehr Informationen dazu erhalten Sie über diese Homepage:
http://www.bbraun.ch/documents/Knowledge/Content_Wissen_Risikopraevention_Infusionstheraphie_Stich-_und_
Schnittverletzungen.pdf
E
T
S
Kontakt lädierter Haut mit potentiell infektiösen Flüssigkeiten
Wichtigste Massnahme ist das Tragen von geeigneten Schutzhandschuhen. Sie sind zutragen
bei sämtlichen invasiven Tätigkeiten und bei Tätigkeiten mit möglichem Kontakt zu Blut oder
Körperflüssigkeiten. Bei der Auswahl ist auf eine geeignete Qualität und passende Grösse zu
achten.
Bei Verletzungen durch solide Instrumente wie Nähnadel oder Skalpellen wird das Risiko
der Infektionsübertragung durch das Tragen von Handschuhen reduziert.
Ergänzend kann es in gewissen Situationen nötig sein, zusätzliche Hautschutzmittel wie
Brillen oder Schutzkleidung zu tragen.
R
Durch Kontakt von potenziell infektiösem Material mit komplett intakter Haut besteht
keine Gefahr einer Infektionsübertragung. Häufig sind jedoch kleine, nicht bemerkte
Läsionen vorhanden, die als Eintrittspforte dienen.
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge
281
Lehrkraftausgabe
Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge
Infektionsübertragung durch Spritzer / Aerosole auf die Schleimhäute
Bei allen Tätigkeiten mit der Gefahr von Flüssigkeitsspritzern / Aerosolen auf die Schleimhäute von Nase, Mund oder Augen sind geeignete Schutzprodukte zu tragen. Zu ihnen zählen
Schutzbrillen sowie chirurgische Masken respektive Atemschutzmasken.
Massnahmen nach Exposition mit potentiell infektiösen Körperflüssigkeiten
Die Massnahmen müssen in einer bestimmten Abfolge ablaufen:
U
M
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E
T
S
282
Qualitätsmagement
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Qualitätsmagement
Aufgabe 11.3.2
Vervollständigen Sie mit Hilfe der SUVA-Broschüre «Verhütung blutübertragbarer Infektionen
im Gesundheitswesen 2869/30.d» das Schema der Sofortmassnahmen.
Sofortmassnahmen
M
Stiche, Schnitte, Kratzer,
Bisse:
Schleimhautspritzer:
lädierte Haut:
ausgiebig mit
Stelle mit Wasser und Seife
auf umliegendes Gewebe
Wasser oder einer
waschen
fördern (≥ 1 Min.) jedoch
physiologischen
nicht zusätzlich traumati-
Flüssigkeit spülen
sieren
U
bluten lassen, durch Druck
S
Desinfektion (60 – 80 %
waschen
Alkohol oder Hautdesinfekti-
E
T
Wunde mit Wasser und Seife
onsmittel)
Desinfektion (60 – 80 %
Alkohol oder Hautdesinfekti-
unverzügliche Meldung an Vorgesetzte!
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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R
onsmittel)
Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge
283
Lehrkraftausgabe
Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge
Ärztliche Sofortmassnahmen
• Infektionsrisiko abklären
(Art der Exposition, Art und Menge der Körperflüssigkeit, involviertes Instrument,
Infektionsnachweis beim Indexpatienten)
• je nach Situation sofortiger Beginn einer HIV-Postexpositionsprophylaxe (PEP)
innerhalb von 1 – 2 Stunden
• Kontrolle Impfstatus gegenüber Hepatitis B
• Antikörperbestimmung, Nullserologie (HIV, Hepatitis B und C), evt. Transaminasen
M
Eine Bluttestung des Indexpatienten auf HIV, HBV und/oder HCV darf nur mit seiner
Einverständniserklärung erfolgen.
U
E
T
S
Nachsorge und Beratung
• Fortsetzung der HIV-PEP
• evt. HBV-Immunglobulingabe/aktive Hepatitis-B-Impfung
• Nachkontrolle der Serologien nach mind. 3 Monaten, evt. Transaminasen
• Verhaltensänderung während der folgenden drei Monate (Safer-Sex, kein Stillen,
Schwangerschaft, Blutspende)
• Symptome einer allfälligen Infektion mit HIV oder einer akuten Hepatitis erläutern
• Meldung an UVG-Versicherer
• falls nötig, psychologische Unterstützung
• Dokumentation
Der Vorfall ist in der Gesundheitsakte des betroffenen Arbeitnehmers zu dokumentieren
(SAMV Artikel 14).
Eine Kontamination wird grundlegend als Unfallereignis behandelt. Die Kosten für
HIV-PEP, Immunglobulingabe, Impfung, etc. werden vom Unfallversicherer getragen.
R
Um ähnliche Zwischenfälle zu vermeiden wird das praxisinterne Fehlermanagement und/
oder CIRS berücksichtig!
284
Qualitätsmagement
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Lehrkraftausgabe
Qualitätsmagement
Auswirkungen bei Kontakt mit potentiell infektiösem Material
Die Auswirkungen betreffen sowohl die Arbeitnehmende als auch die Arbeitgeber. Unabhängig davon, ob es zu einer Infektionsübertragung gekommen ist oder nicht. Wobei erstgenannte durch gravierendere und längerfristige, wenn nicht lebenslängliche, Folgen geprägt
werden.
Verursachung von Kosten
psychische Traumatisierung
seelische Belastung
Einfluss auf soziale Beziehungen
soziale Stigmatisierung
Nebenwirkungen durch medikamentöse Behandlung
Personalfluktuation
Infektionsrisiko für die Patienten
Krankheit
Tod
U
M
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•
Ionisierende Strahlen
S
Ionisierende Strahlen
E
T
Ionisierende Strahlung ist der Sammelbegriff für den Transport von Energie in Form von
Teilchenstrahlung (Korpuskularstrahlung) oder Wellen (Photonenstrahlung), deren Energie
ausreicht, um bei Atomen oder Molekülen Elektronen aus der Atomhülle herauszulösen.
Röntgenstrahlung ist eine Photonenstrahlung und besteht aus elektromagnetischen Wellen!
Als beruflich strahlenexponierte Person gilt, wer in seiner beruflichen Tätigkeit oder bei
seiner Ausbildung durch eine kontrollierbare Strahlung, eine effektive Dosis von mehr als 1
mSv*pro Jahr akkumulieren (ansammeln) kann oder regelmässig in kontrollierten Zonen
arbeitet oder ausgebildet wird.
* 1 mSV = 1 Millisievert - Sievert ist die physikalische Masseinheit u. a. für ionisierender Strahlung
R
Personen unter 16 Jahren dürfen nicht beruflich strahlenexponiert werden, für Jugendliche sowie Schwangere und Stillende gelten besondere Schutzbestimmungen.
Ein Unternehmen (Arztpraxis), das in der Schweiz mit ionisierender Strahlung umgeht,
braucht eine behördliche Bewilligung. Diese wird nur erteilt, wenn u. a. im Betrieb ein
Strahlenschutz-Sachverständiger, mit einer anerkannten Ausbildung im Strahlenschutz,
vorhanden ist. Die Bewilligungsbehörden sind:
• Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) im Gesundheitswesen, Forschung und Industrie
• Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) für den Bereich der Kernanlagen
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge
285
Lehrkraftausgabe
Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge
Bei der Aufsicht über die Durchführung des Strahlenschutzes kommt als zusätzliche Institution noch die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) ins Spiel, die für Industrie
und Gewerbe = Arztpraxen, sowie für private Forschungsinstitute die Aufsichtsbehörde ist.
Der Dosisgrenzwert für beruflich strahlenexponierte Personen aus kontrollierbaren Strahlenquellen ist auf 20 mSv/Jahr Ganzkörperexposition festgesetzt.
M
Bei beruflich strahlenexponierten Personen ist die Exposition mit einer geeigneten persönlichen Dosimetrie zu erfassen und die Belastungswerte sind durch eine anerkannte Personendosimetriestelle zu bestimmen. Die Dosiswerte erhält der Bewilligungsinhaber zur Kenntnis.
Der Strahlenschutzsachverständige des Betriebes addiert am Jahresende, oder beim
Ausscheiden der betroffenen Person aus dem Beschäftigungsverhältnis, die Monatsdosen und
überträgt die kumulierte Dosis in das persönliche Dosisdokument.
U
Die medizinische Überwachung von beruflich strahlenexponierten Arbeitnehmenden ist in
Art. 13 des Strahlenschutzgesetzes geregelt und liegt in der Kompetenz der SUVA. Analog zu
anderen arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen hat die Suva Eintrittsuntersuchungen
und Kontrolluntersuchungen in periodischen Abständen definiert.
•
•
•
•
E
T
S
Im Regelbetrieb einer Anlage mit ionisierender Strahlung (z. B. Röntgenanlage in der Arztpraxis) oder bei Aufenthalt in strahlungsbelasteten Bereichen, müssen sich Arbeitnehmende
durch Schutzausrüstung und Verhalten gegen vermeidbare Belastungen schützen. Dabei
finden die 4-A Prinzipien des Strahlenschutzes Anwendung:
Abstand vergrössern
Abschirmung verwenden
Aufenthaltszeit verringern
Aufnahme (von Radionukliden) vermeiden
R
Dennoch kann es zu regelwidrigen Zuständen mit erhöhter Strahlenbelastung kommen, die als
«Störfälle» bezeichnet werden. Ein «Störfälle» liegt dann vor, wenn eine Anlage vom bestimmungsgemässen Betrieb abweicht. Sind Arbeitsnehmende betroffen, muss die Suva, Abteilung Arbeitsmedizin, über die getroffenen Massnahmen informiert werden. Sie ordnet eventuelle Folgeuntersuchungen an und überprüft die weitere Eignung für die berufliche Strahlenexposition.
*Hinweis: Mehr Informationen dazu erhalten Sie über diese Homepage:
http://www.suva.ch/factsheet-ionisierende-strahlung.pdf
286
Qualitätsmagement
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Qualitätsmagement
Zum Risikomanagement von ionisierenden Strahlen in einer Arztpraxis gehören:
Was alles gibt es zu beachten?
Erstellen Sie im Zweier-Team eine Checkliste.
• Röntgenraum korrekt kennzeichnen. Zum Beispiel mit: Zutritt für Unbefugte ist
nicht erlaubt!
• Türe beim Röntgen immer ganz zu ziehen.
M
• Korrekte Gerätebedienung: neue Mitarbeitende werden entsprechend geschult.
• Röntgenaufnahmen dürfen nur von ausgebildetem Personal durchgeführt werden,
respektive unter deren Anweisung und Kontrolle.
U
• Das Tragen eines Dosimeters ist Pflicht. Ebenso die regelmässige Auswertung des
Dosimeters und das Protokollieren der Dosiswerte.
• Selbst- und Patientenschutz durch Bleischürzen, Bleihandschuhe
• Notwendigkeit abklären z. B. durch direkte Befragung des Patienten. Vielleicht
S
bestehen bereits entsprechende Röntgenaufnahmen.
Quecksilber
E
T
Quecksilber
Quecksilber (Hg) ist ein toxisches Schwermetall. Es ist das einzige Metall, das bei Zimmertemperatur flüssig ist und bei Luftkontakt leicht verdampfen kann. Quecksilberdämpfe sind
hoch toxisch!
Quecksilber dehnt sich zwischen 0° C - 100° C proportional zur Temperatur aus.
R
Die Umweltminister der Vereinten Nationen haben im Januar 2013 ein Verbot von Quecksilber
beschlossen. Quecksilberhaltige Batterien, Energiesparlampen, Thermometer und Quecksilberamalgame in Zahnfüllungen sollen bis 2020 nicht mehr hergestellt und verkauft werden.
Toxizität
Quecksilber wird praktisch nur über die Lunge (da es rasch verdampft) und die Haut
(wenn es in direkten Kontakt kommt) in den Körper aufgenommen.
akut
Die Aufnahme von Quecksilber über das obere
Respirationssystem führt zu Reizungen der
Nasenschleimhaut, des Rachens, des Kehlkopfes
sowie der Luftröhre. Bei Aufnahme von einer
Konzentration über 1 mg/m3 Quecksilber kommt es
zu toxischen Lungenentzündung.
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge
287
Lehrkraftausgabe
Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge
chronisch
M
Das Einatmen von nur 0.1 - 1 mg Quecksilber täglich
führt zu chronischen Vergiftungen, da 80 Prozent des
eingeatmeten Quecksilbers vom Körper aufgenommen
und nur ungefähr 20 Prozent wieder ausgeatmet
werden.Eine andauernde Intoxikation mit Quecksilber
hat neurologischen Folgen, wie zum Beispiel:
Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Nervosität, zunehmend
Depressionen sowie Tremor und/oder chronischen
Nephropathie.
Behandlung
TOX-Zentrum kontaktieren
Massnahmen nach Austreten von Qecksilber (Hg)
U
S
Aufgabe 11.3.3
Wie ist vorzugehen, wenn ein Quecksilber-Blutdruckgerät zerbricht und sich Quecksilber auf
dem Boden verteilt.
Schreiben Sie dazu einen Handlungsablauf.
• Einweg Handschuhe anziehen – unbedingt vermeiden, dass Quecksilber auf die Haut
E
T
kommt.
• Nicht über den Quecksilber verseuchten Bodenbereich laufen! Das heisst, unbedingt
darauf achten, dass das Quecksilber nicht weiter verteilt wird.
• Luftzug vermeiden – Fenster und Türen schliessen.
• Quecksilber «einsammeln» z. B. durch Zusammenschieben mit einem festen Blatt,
zusammenwischen mit einem Pinsel, Aufsaugen mit einer Spritze und in ein
R
verschliessbares Glas mit kaltem Wasser geben.
• Niemals: Quecksilber darf nicht mit dem Staubsauger eingezogen werden!
• Mit einem geeigneten Instrument, z. B. Pinzette, Glassplitter vorsichtig aufnehmen.
• Nach der Aufnahme des Quecksilbers sind alle Materialien, die damit in Kontakt
gekommen sind, in ein verschliessbares Glasgefäss, einen Plastikbehälter oder eine
Plastiktüte zu füllen und mit Klebeband zu verschliessen.
• Als Sondermüll korrekt entsorgen z. B. über eine Apotheke oder Arztpraxis.
288
Qualitätsmagement
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Qualitätsmagement
Gut zu wissen: Wird Quecksilber verschluckt, ist dies absolut ungefährlich!
Da das Quecksilber im Körper nicht verdampfen kann, wird es einfach wieder ausgeschieden. Da kann das zerbrochene Glas des Thermometers eine wesentlich grössere Gefahr
darstellen!
Zytostatika
M
*Hinweis: Mehr Informationen dazu erhalten Sie über diese Homepage:
https://www.unispital-basel.ch/fileadmin/unispitalbaselch/Bereiche/Querschnittsfunktionen/Spital-Pharmazie/
suva-Zytostatika.pdf
U
Krebs oder schwere rheumatische Erkrankungen können in einer Chemotherapie mit hochwirksamen Arzneimitteln - den Zytostatika - bekämpft werden. Wegen der Zellteilung
hemmenden sowie karzinogenen (krebserregenden), reproduktionstoxische (fortpflanzungsgefährdender) und mutagenen (erbgutverändernden) Eigenschaften sind beim
beruflichen Umgang mit dieser Art von Medikamenten besondere Vorsichtsmassnahmen zu
beachten. Dies gilt insbesondere:
• Für die Herstellung von Infusionslösungen
• Für den innerbetrieblichen «Transport» und
• Für die Anwendung dieser Medikamente am Patienten
S
E
T
Wichtig! Niemals dürfen weder Arzt noch MPA oder sonstige Beschäftigte, Zytostatika bei
ihrer Arbeit durch die Haut oder die Atemwege aufnehmen.
Gesetzliche Bestimmungen
Es gelten die Empfehlungen, die im Umgang mit CMR-Arzneimitteln zu beachten sind.
Unter CMR-Arzneimittel werden solche verstanden, die als krebserzeugend ( C = carcinogen), erbgutverändernd (M = mutagen) oder fortpflanzungsgefährdend (R = reproduktionstoxisch) gelten.
R
Verpflichtungen des Arbeitgebers:
VUV, Art. 3 Abs 1
Der Arbeitgeber ist verpflichtet die Verhütung von Berufskrankheiten und zur Wahrung der Arbeitssicherheit alle Anordnungen und Schutzmassnahmen zu treffen.
Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass eine zweckmässige Organisation zur Gewährleistung der
gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitssicherheit geschaffen wird und die dafür notwendigen personellen
und materiellen Mittel zur Verfügung stehen.
VUV, Art. 6
Der Arbeitgeber ist verpflichtet Arbeitnehmende über die Massnahmen vor oder bei der Arbeitsaufnahme
zu instruieren, dies soll regelmässig wiederholt werden und ist zu dokumentieren.
VUV Art. 5
Der Arbeitgeber ist verpflichtet personenbezogene Schutzmassnahmen zur Verfügung zu stellen
Zudem ist der Arbeitgeber verpflichtet Arbeitsärzte und andere Spezialisten der Arbeitssicherheit
beizuziehen falls dies erforderlich ist (EKAS Richtlinie).
Verpflichtungen des Arbeitnehmers sind beschrieben im:
UVG, Artikel 82, Absatz 3
VUV
Eidgenössische Koordinationskommission (EKAS), Wegleitung für Arbeitssicherheit
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge
289
Lehrkraftausgabe
Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge
Massnahmen im Umgang mit Zytostatika
Die Arztpraxis verfügt über ein Qualitätssicherungssystem mit den entsprechenden Dokumentationen: Checklisten, Prozessabläufe z. B. zum Richten von Zytostatika-Infusionen, über
die Verabreichung von Zytostatika-Infusionen, die korrekte Entsorgung von Infusionsbesteck
und Ampullen, Vorgehen bei Ereignissen mit Zytostatika etc.
M
Mitarbeitende, welche mit Zytostatika arbeiten, wurden entsprechend instruiert und geschult.
Den Mittarbeitenden ist bekannt, bei welchen Packungen es sich um Zytostatika handelt und
welche Vorsichtsmassnahmen im Umgang mit diesen zu treffen sind. Regelmässige (mind.
1-mal pro Jahr) werden praxisinterne Weiterbildungen vorgenommen und dokumentiert.
• Für die fachgerechte Herstellung von Zytostatika-Infusionen muss die vorgeschriebene Ausrüstung vorhanden sein:
>> Schürze mit langen Armen und enganliegenden Bündchen
U
>> Schutzbrille
>> Handschuhe (Latex oder Nitril)
>> Zytostatika-Sicherheitswerkbank oder Atemschutzmaske und Schutzbrille
S
• Bei der Verabreichung von Zytostatika sind Schutzhandschuhe zu tragen. In der
Regel sind keine Schutzbrillen, Schutzkittel oder Atemschutzmasken nötig.
E
T
• Werdende und stillende Mütter sowie Jugendliche unter 16 Jahren sind von der
Herstellung von Zytostatika-Therapien auszuschliessen. Ebenso dürfen Mitarbeitende mit ansteckenden Krankheiten oder Hautverletzungen an unbedeckten
Körperstellen keine Zytostatika-Therapien bereitstellen (dies zum Schutz des
Patienten!).
• Mit Zytostatika kontaminierte Materialien werden als Sonderabfälle entsorgt. Der
Vollzug unterliegt den kantonalen Richtlinien.
R
• Bei Ereignissen mit Zytostatika können Notfallmassnahmen sofort eingeleitet
werden. Dafür sind entsprechende Prozessbeschreibungen vorhanden. Zudem wird
das Unfallereignis kommuniziert, evt. CIRS-Ereignisformular ausfüllen, um ähnlichen Zwischenfällen vorzubeugen.
Ereignis
Die Arbeitsfläche wurde mit einer geringen Zytostatikamenge (wenig Tropfen) kontaminiert:
• Schutzhandschuhe anziehen
• Zytostatika-Lösung mit Einmaltüchern oder Zellstoff aufwischen
• verunreinigte Schutzhandschuhe sofort wechseln
• verunreinigtes Material nach Vorschrift entsorgen
• Fläche mit Seifenwasser und Alkohol reinigen
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Qualitätsmagement
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Qualitätsmagement
U
M
Die Arbeitsfläche wurde mit einer grossen Zytostatikamenge kontaminiert:
• Die verunreinigte Stelle ist bis zum Ende der Reinigungsarbeiten abzusperren
• Die Reinigungsarbeiten dürfen nur durch entsprechend geschulte Mitarbeitende und
entsprechenden Schutzmassnahmen vorgenommen werden:
>> Schutzhandschuhe = ungepuderte Latexhandschuhe mit Wandstärke von mindestens 0,2 mm oder Nitrilhandschuhe
>> Atemschutzmaske der Schutzstufe P 3
>> Schutzbrille
>> flüssigkeitsdichte Einwegschürze
>> Überschuhe
>> saugfähige Einmaltücher in ausreichendem Mass
>> Instrument zum Aufnehmen von Glassplittern
>> Handbesen und Handschaufel
>> Seifenlösung und Alkohol zur Reinigung
>> flüssigkeitsdichte Behältnisse zum Aufnehmen der Zytostatika kontaminierten
Materialien und der verwendeten Schutzausrüstungen inkl. Handbesen und
Handschaufel
• verunreinigtes Material nach Vorschrift entsorgen.
S
Massnahmen nach Exposition
Bei einer Kontamination mit Zytostatika der Haut und/oder Schleimhaut ist die betroffene
Stelle sofort mit fliessendem Wasser gründlich zu spülen und anschliessend mit Seife zu
E
T
reinigen (nicht bei Augenkontakt!). Arzt informieren!
In der Onkologiepflege in einem Spital oder in der Arztpraxis eines Onkologes repektive
überall dort, wo mit Zytostatika gearbeitet wird (Herstellung, Zubereitung, Verabreichung),
muss zusätzlich ein Spill Kit vorhanden sein. Dieser ist für die Reinigung nach unbeabsichtigter Freisetzung von grösseren Mengen Zytostatika an einem für alle bekannten Ort
bereitzustellen.
R
Ein Spill Kit sollte folgend Materialien enthalten:
• 2 Paar geeignete Schutzhandschuhe (ungepuderte Latexhandschuhe mit Wandstärke
von mindestens 0.2 mmm oder Nitrilhandschuhe
• Atemschutzmaske der Schutzstufe P3 und Schutzbrille
• Flüssigkeitsdichte Einwegschürze und Überschuhe
• Saugfähige Einmaltücher in ausreichendem Mass
• Instrument zum Aufnehmen von Glassplittern
• Handbesen und Handschaufel
• Seifenlösung und Alkohol zur Reinigung
• Warnschilder/Markierstift zum Anzeichnen/Absperren
• Flüssigkeitsdichte Behälter zum Aufnehmen der Zytostatika kontaminierten Materialien und der verwendeten Schutzausrüstung
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge
291
Lehrkraftausgabe
Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge
Impfschutz für
medizinisches Personal
Impfschutz für medizinisches Personal
Vor allem durch den direkten Kontakt mit den Patienten sind Medizinalpersonen (MPAs)
einem erhöhten Risiko ausgesetzt bestimmte Infektionskrankheiten zu erwerben. Umgekehrt
können Medizinalpersonen aber auch zur Infektionsquelle für die Patienten werden.
Es liegt in der Verantwortung des Medizinalpersonals (MPA), sich selbst und die Patienten
nach Möglichkeit vor einer Infektion respektive Infektionsübertragung zu schützen.
M
U
Es ist Aufgabe des Arztes/Ärztin, sich selbst und seine Mitarbeitenden bezüglich des aktuellen Impfschutzes, im Rahmen einer Risikobeurteilung zu prüfen und fehlende Erst- oder
Auffrischimpfungen vorzunehmen. Wird eine Impfung abgelehnt, ist dies aus rechtlichen
Gründen schriftlich festzuhalten und es müssen allenfalls geeignete Massnahmen getroffen
werden (z. B. Freistellen von bestimmten Arbeiten mit Infektionsrisiko). Die Rechtslage in
der Schweiz sieht vor, dass die Kosten sämtlicher arbeitsmedizinisch indizierter Impfungen
vom Arbeitgeber zu tragen sind.
E
T
S
Nicht vergessen: Neue Praxismitarbeitende müssen bezüglich ihres Impfstatus befragt
werden!
Mit einer jährlich wiederkehrenden Team-Sitzung zum Thema «Impfschutz» kann die
Wichtigkeit des ausreichenden Impfschutzes zum Thema gemacht werden. Mit Vorteil wird
diese Teamsitzung im Herbst geplant, so kann gleichzeitig der Impfstatus aller Mitarbeitenden kontrolliert und auf die Influenza-Impfung aufmerksam gemacht werden.
*Hinweis: Mehr Informationen dazu erhalten Sie über diese Homepage:
http://www.sohf.ch/Themes/Vaccinations/2869_34_D.pdf
R
292
Qualitätsmagement
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Qualitätsmagement
Aufgrund des Bundesgesetzes über die Unfallversicherung (UVG) vom 20. März 1981 (SR
832.20), die Verordnung über die Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten (VUV)
vom 19. Dezember 1983 (SR 832.30) und die Verordnung über den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor Gefährdung durch Mikroorganismen (SAMV) vom 25.
August 1999 (SR 832.321) sind Arbeitgeber dafür verantwortlich, für Beschäftigte, die
Gefahr laufen, sich mit impfverhütbaren Infektionserregern anzustecken oder solche zu
übertragen, wirksame Impfungen kostenlos anzubieten, wo dies möglich und sinnvoll ist.
M
Das neue Epidemiengesetz (EpG) und die Verordnungen treten am 1. Januar 2016 in Kraft.
In diesem werden mehrere Zwecke verfolg. Es soll einerseits gewährleisten, dass übertragbare Krankheiten frühzeitig erkannt, überwacht, verhütet und bekämpft werden. Anderseits trägt es dazu bei, Krankheitsausbrüche mit grossem Gefährdungspotenzial für die
öffentliche Gesundheit besser zu bewältigen.
U
So kann in sensiblen Bereichen von Spitälern (z. B. Neugeborenen- oder Krebsabteilungen) ein Impfobligatorium beim Personal angezeigt sein, um Patientinnen und
Patienten vor gefährlichen Infektionskrankheiten zu schützen. Entscheidet sich eine
Person gegen eine Impfung, so kann dies bedeuten, dass sie als nichtgeimpfte Person in
sensiblen Spitalbereichen nicht eingesetzt werden kann.
S
E
T
Alle Beschäftigten im Gesundheitswesen = BIG mit möglicher Exposition zu Blut oder
potenziell infektiösen Körperflüssigkeiten sind aktiv gegen Hepatitis B zu impfen.
Auszubildende werden möglichst vor Aufnahme der risikoreichen Tätigkeit immunisiert.
Zur Kontrolle der Antikörperkonzentration soll ein bis zwei Monate nach abgeschlossener
Grundimmunisierung eine Titer-Bestimmung erfolgen. Liegt der Anti-HBs-Titer > 100 IE/l
(Responder), sind keine weiteren Auffrischimpfungen mehr nötig.
R
Der Impfstatus für Beschäftigte im Gesundheitswesen (BiG) ist gemäss dem Impfplan für
routinemässige Schutzimpfungen des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) zu kontrollieren und
gegebenenfalls zu vervollständigen. Dazu gehören Schutzimpfungen gegen
• Diphtherie/Tetanus, Poliomyelitis sowie Masern/Mumps/Röteln
Für das Personal mit Tätigkeiten in einem Umfeld mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit einer
fäko-oralen Hepatitis-A-Virusübertragung, z. B. in Arbeitsbereichen wie Pädiatrie, Gynäko-
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge
293
Lehrkraftausgabe
Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge
logie/Geburtshilfe, Infektionsstationen, Onkologie und Labors sowie bei engem beruflichen
Kontakt mit drogeninjizierenden Personen, ist der Impfschutz zu erweitern mit
• Varizellen-Schutzimpfung (v. a. Pädiatrie und Gynäkologie/Geburtshilfe) und
Hepatitis A-Schutzimpfungen
Für Beschäftigte im Gesundheitswesen (BiG) mit dem Risiko einer Exposition gegenüber
Aerosolen, die Neisseria meningitidis enthalten, empfiehlt sich eine zusätzliche
• Meningokokken-Schutzimpfung
M
Für Laborpersonal, welches mit der Verarbeitung von entsprechenden Proben beauftragt ist,
sind weitere Schutzmassnahmen (-Impfungen) zu treffen. Zum Beispiel gegen
• Vaccinia (Pocken), Rabies (Tollwut), Gelbfieber
Wichtige Merkmale
Empfehlung
Verursacht eine Leberentzündung mit dem Risiko einer chronischen Infektion, welche zu
Leberzirrhose und Leberkarzinom führen kann.
Das Übertragungsrisiko ist hoch:
30 % nach signifikanter Exposition (hauptsächlicher, vorwiegender Aussetzung) mit virushaltigen biologischen Flüssigkeiten.
Alle BiG,
die mit Blut oder mit blutkontaminierten
Körperflüssigkeiten in Berührung
kommen können.
Serologische Erfolgskontrolle
nach dritter Dosis.
Eine Atemwegsinfektion mit
saisonaler Häufung im Winter.
Komplikationen
sind Pneumonie (Lungenentzündung) und Dekompensation von
vorbestehenden Krankheiten
(Herz, Lunge etc.).
Alle BiG mit Patientenkontakt
Infektion der oberen Atemwege
mit Gefahr der Atemwegsobstruktion (Erstickung) oder Wundinfektion. Bakterientoxine
können zu
lebensbedrohlichen Komplikationen und Spätfolgen führen.
Alle BiG
Regelmässige Auffrischung: Um
die Immunität gegen Starrkrampf und Diphtherie aufrechtzuerhalten,
reicht in der Folge eine
DT-Auffrischimpfung alle 20
Jahre (z.B.
mit 45 und 65 Jahren).
U
Infektionskrankheiten /
Infektionserreger
Influenza,
Influenzaviren,
(Grippe)
294
Qualitätsmagement
jährliche Impfung
R
Diphtherie
Corynebacterium diphtheriae,
(echter Krupp)
E
T
S
Hepatitis B,
Hepatitis B
Virus,
(Gelbsucht)
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Qualitätsmagement
Infektionskrankheiten /
Infektionserreger
Wichtige Merkmale
Empfehlung
Bakterientoxine führen zu einer
Schädigung von Nervenzellen
und in Folge zu den typischen
Lähmungen und Muskelkrämpfen
bis hin zum Tod.
Pertussis
(Keuchhusten)
Hustenanfälle, ziehende Atmung
und Erbrechen sind typische
Symptome. Bei Erwachsenen
kommt es selten zu schweren
Komplikationen. Bei Neugeborenen können Atempausen und
–stillstände auftreten. Weiter
kann es zu Pneumonien, Otits
media, Krampfanfällen oder
Hirnerkrankungen kommen. Oft
stecken Erwachsene (Eltern)
Säuglinge/ Kinder unwissentlich
an.
Alle BiG (Basisimpfung)
einmalige Auffrischung mit 25
-29 Jahre
Poliomyelitis,
Polioviren,
(Kinderlähmung)
Durch Schädigung muskel-steuernder (motorischer) Nervenzellen des
Rückenmarks kommt es zu bleibenden Lähmungserscheinungen
bis
hin zum Tod.
Alle BiG (Basisimpfung)
Für Laborpersonal: Auffrischung
alle 10 Jahre
Masern, Masernvirus
Eine typische Kinderkrankheit
mit Fieber und Hautauschlag.
Komplikationen sind Pneumonie
(Lungenentzündung) und Hirnentzündungen
(Enzephalitis, Meningitis).
Komplikationen sind häufiger
bei Infektion im Erwachsenenalter und bei Immunsuppression.
Alle BiG, die mit weniger als 2
Dosen geimpft oder seronegativ
sind.
Eine typische Kinderkrankheit
mit Schwellung der Parotis
(Speicheldrüsen).
Komplikationen sind Hirnentzündungen (Enzephalitis, Meningitis)
und Hörverlust. Komplikationen
treten häufiger auf bei Infektion
im
Erwachsenenalter.
Alle BiG, die mit weniger als 2
Dosen geimpft oder seronegativ
sind.
Bei 2x Geimpften ist keine Antikörperkontrolle empfohlen.
U
M
Tetanus, Clostridium tetani,
(Starrkrampf)
E
T
S
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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R
Mumps, Mumpsvirus, (Ziegenpeter)
Bei 2x Geimpften ist keine Antikörperkontrolle empfohlen.
Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge
295
Lehrkraftausgabe
Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge
Infektionskrankheiten /
Infektionserreger
Rubella, Rubellavirus, (Röteln)
M
Empfehlung
Eine typische Kinderkrankheit
mit Hautauschlag. Die wichtigste Komplikation ist die
Infektion während der Schwangerschaft mit einem hohen
Risiko der Schädigung des
Embryo/Fetus (kongenitale
Röteln).
Alle BiG, die mit weniger als 2
Dosen geimpft oder seronegativ
sind.
Eine typische Kinderkrankheit
mit bläschenförmigem Hautauschlag.
Die Virusreaktivierung kann
später zu einem begrenzten
Hautausschlag (Herpes zoster
«Gürtelrose») führen. Komplikationen sind Pneumonie (Lungenentzündung), Hirnentzündungen
(Enzephalitis, Meningitis)
und Leberentzündung, sowie das
konnatale Varizellensyndrom
(Erkrankung der Mutter).
Komplikationen sind häufiger
auf bei Infektion im Erwachsenenalter
und bei Immunsuppression.
Alle BiG
ohne sichere Varizellenanamnese
und mit negativem VZV-IgGBefund.
Eine Hepatitis-A-Virusinfektion
verläuft meist unbemerkt aber
niemals chronisch. Weitet sich
die Leberentzündung aus,
kommt es zu grippeähnlichen
Symptomen. Man fühlt sich
müde, hat Kopfschmerzen und
oft leichtes Fieber. Häufig treten
zudem Symptome wie Übelkeit
oder Brechreiz auf. Verstopfung,
Durchfall oder Blähungen
können folgen. Da die Leber sich
etwas vergrössert, können sich
zudem unter dem rechten
Rippenbogen Schmerzen entwickeln. Und schliesslich können
sich Augen und Haut gelb
verfärben und der Urin wird
dunkel.
Alle BiG, die
Gemäss
SUVA-Empfehlungen, bei Tätigkeit
in einem Umfeld mit erhöhter
Wahrscheinlichkeit einer fäkooralen
Hepatitis-A-Virusübertragung.
U
Varizellen, Varizella-ZosterVirus,
(Windpocken,
spitze Blattern,
Gürtelrose)
Wichtige Merkmale
Bei 2x Geimpften ist keine Antikörperkontrolle empfohlen.
Serologische Erfolgskontrolle
nach zweiter Dosis.
R
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S
Hepatitis A
296
Qualitätsmagement
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Lehrkraftausgabe
Qualitätsmagement
Infektionskrankheiten /
Infektionserreger
Meningokokken
Wichtige Merkmale
M
Meningokokken besiedeln beim
Menschen den Nasen-RachenRaum und können zu schweren
Erkrankungen wie Meningitis
(Hirnhautentzündung) und
Sepsis (Blutvergiftung) führen.
Tuberkulose,
Mycobacterium
tuberculosis
(Schwindsucht)
Empfehlung
Tätigkeit in mikrobiologischen
Laboratorien und
Umgang mit Proben, von denen
die Gefahr einer Ausbreitung
aerosolisierter
Meningokokken ausgeht.
Auffrischung alle 5 Jahre
Eine Impfung gegen Tuberkulose
(BCG) ist ausserhalb des ersten
Lebensjahres
nicht indiziert.
U
Eine hoch-ansteckende Infektion, welche sich meist als chronische Pneumonie (Lungenentzündung) manifestiert. Besonders schwere Krankheitsverläufe
treten bei Neugeborenen, Kleinkindern und Immunsupprimierten (geschwächtem Abwehrsystem) auf.
S
Publikationen mit Hinweisen zur Impfprävention
E
T
Impfungen des Personals im Gesundheitswesen
2869/34.d
Verhütung blutübertragbarer Infektionen im Gesundheitswesen
2869/30.d
Verhütung von Berufskrankheiten in pathologisch-anatomischen Instituten und histologischen Laboratorien
2869/25.d
Verhütung von Berufskrankheiten in diagnostisch-mikrobiologischen
Laboratorien
2869/27.d
Bundesamt für Gesundheit: Impfempfehlungen für Beschäftigte im
Gesundheitswesen. Bull BAG 2009; 43: 804-808 / www.bag.admin.ch/
impfinformation
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Bundesamt für Gesundheit: Schweizerischer Impfplan / www.bag.admin.
ch /impf-information
Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge
297
Lehrkraftausgabe
Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge
Notfallorganisation
Notfallorganisation – Massnahmen bei Ereignissen
Bei der «Gefahrenbeurteilung in der Arztpraxis» wurden praxiseigene
Checklisten, Merkblätter, Anhänge etc. erstellt, die das Vorgehen und die
Massnahmen bei einem Ereignis (Notfallsituation) beschreiben. Diese
Dokumentationen sind von allgemeiner Gültigkeit und müssen bei einem
Ereignis vorgabengetreu umgesetzt werden.
M
Mit einer jährlich wiederkehrenden Team-Sitzung zum Thema «Notfallorganisation» kann
einerseits auf die Wichtigkeit hingewiesen und andererseits können Vorgänge wiederholt,
geübt und allenfalls angepasst werden.
U
«Leichte Zwischenfälle» sind im Allgemeinen durch die verursachende Person selbst zu
beheben – eventuell mit Unterstützung der in der Arztpraxis verantwortlichen Sicherheitsbeauftragten.
S
Achten Sie darauf, dass «jegliche Art von Zwischenfall» im Team besprochen, eventuell sogar
dokumentiert (CIRS), wird. So kann sich das ganze Praxisteam weiterentwickeln und verhindern, dass das gleiche Ereignis nicht ein zweites Mal vorkommt.
E
T
In einer Notfallsituation ist immer nach demselben Muster und nach dem gleichen Ablauf
vorzugehen:
1. Gefahrenbereich verlassen 2. Alarmieren 3. Sichern 4. Massnahmen ergreifen
Notfallsituation
1. Überblick verschaffen (Ruhe bewahren)
1. Gefahrenbereich verlassen (Ruhe
bewahren)
2. Sicherheitsbeauftragte informieren
2. Notruf - alarmieren
3. Eingrenzen des kontaminierten Bereichs
3. Sichern & Retten
4. Desinfizieren und/oder dekontaminieren
4. Erste Massnahmen: löschen etc.
R
Ereignis mit Reinigungsund Desinfektionsmittel
Leichte Zwischenfälle
Ereignis mit Reinigungs- und Desinfektionsmittel
Das Arbeiten mit Desinfektionsmitteln in der Arztpraxis birgt eine Reihe von Gefahren. Es ist
wichtig, dass bei der Wahl des geeigneten Desinfektionsmittels, unter anderem auf das
geringste Gefährdungspotential für Mitarbeitende und Patienten geachtet wird.
In CIRRNET gemeldeter Fall:
*Hinweis: CIRS wird im Zusammenhang mit der Fehlermeldung im Kapitel 3, dieses Lehrmittels beschreiben!
CIRRNET ist ein überregionales Netzwerk lokaler Fehlermeldesysteme der «Stiftung Patientensicherheit Schweiz».
298
Qualitätsmagement
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Qualitätsmagement
«Der Patient kommt für eine Hernienoperation in den OP. Zusätzlich zur geplanten OP
wünscht er die Entfernung eines Fibroms am Thorax. Am Ende der OP ‐ der Patient ist nur
noch in sehr oberflächlicher Narkose – erinnert man sich an den Wunsch des Patienten das
Fibrom (gutartige Geschwulst des Bindegewebes) zu entfernen. Rasch wird mit Betaseptic
desinfiziert und ein Lochtuch zum Abdecken aufgeklebt. Noch bevor das Betaseptic ganz
trocken ist, wird mit dem Elektrokauter das Fibrom entfernt. Dabei entzünden sich das noch
nasse Betaseptic und das vom Betaseptic feucht gewordene Abdecktuch. Es entsteht eine
Stichflamme.»
M
Massnahmen bei Entflammung
Sofort wird das brennende Abdecktuch vom Patienten gerissen. Die Flamme am Thorax wird
mit einer feuchten Longuette gelöscht. Die Haut wird sofort mit nassen, kalten Longuetten
gekühlt.
U
Massnahmen bei Hautkontakt
• Benetzte Kleider rasch entfernen
• Die betroffene Hautpartie ausgiebig mit fliessendem Wasser spülen.
*Hinweis: siehe ATMB, Kapitel Notfälle; Verbrennungen
S
Massnahme bei Augenspritzern
E
T
Insbesondere bei Unfällen mit Säuren oder Alkali
beginnt eine Verätzung bereits in dem Augenblick, wo der Schadstoff mit dem Auge in Kontakt
kommt. Das Ausmass der Verletzung wird dabei
von folgenden Faktoren beeinflusst:
R
• Konzentration - starke Säuren und Alkali haben großes Verätzungspotential
• Temperatur - eine hohe Temperatur verstärkt die Verätzungseigenschaften
• Kontaktdauer - je tiefer die Durchdringung, desto größer ist die Gefahr schwerer
Verletzungen
Verätzungen durch alkalische Chemikalien wie z. B. Laugen, schädigen die Hornhaut und die
Lederhaut nachhaltig, so dass operative Korrekturen oft nicht mehr möglich sind. Im
Vergleich mit säurehaltigen Lösungen, sind alkalische Chemikalien deutlich schwerer einzustufen, da die Laugen noch tagelang im Gewebe der Hornhaut nachwirken können.
Säuren hingegen verursachen eine rasche oberflächliche Nekrose und wirken nicht in die Tiefe
des Gewebes. Säuren (Batteriesäure, Essigsäure, Ameisensäure) lassen sich rascher neutralisieren als Laugen und haben daher die bessere Prognose.
Im Endergebnis führen jedoch beide Chemikalien zu Hornhautnarben!
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge
299
Lehrkraftausgabe
Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge
Massnahmen
Bei Augenspritzern muss sofort mit dem Spülen begonnen und ein Arzt informiert werden.
Auch währen eines Transportes sollte die Augenspülung, z. B. mit Augenspülflaschen (DIN
EN 15154-4) fortgeführt werden.
Beim Spülen unter dem Wasserhahn, muss unbedingt beachtet werden, dass anders als
gewohnt, von der Nase weg nach Aussen gespült wird!
M
Sicherheitsnotduschen
Gemäss DIN EN 15154-2 ist das Wort Sicherheitsaugendusche das
normatives Synonym für Augendusche (mit Wasseranschluss).
U
S
Der Umgang mit Gefahrstoffen in Labor erfordert standardisierte Sicherheitsvorkehrungen.
Hierzu zählen Sicherheits-Not- und Augenduschen für das Praxislabor (DIN EN 15154). Diese
müssen in unmittelbarer Nähe des jeweiligen Arbeitsplatzes stehen und ohne fremde Hilfe für
den Verletzten erreichbar sein.
E
T
In der Arztpraxis wird nach Sicherheitsaugendusche (DIN EN 15154-2) und Augenspülung
(DIN EN 15154-4) unterschieden. Wobei bei der Augenspülung wiederum zwei Varianten zur
Verfügung stehen.
• Abhängig vom jeweiligen Schadstoff wird eine pH-neutralisierende Augenspülung
für Unfälle mit Säuren oder Basen verwendet.
• Zum Augenspülen bei Fremdkörpern, wie z. B. Schmutz, Holz oder Metallsplitter
kann eine Kochsalzlösung oder ph-neutralisierende Augenspülung benutzt werden.
R
Wasser oder Kochsalzlösungen haben auf die chemischen Stoffe im Auge lediglich einen
Verdünnungs-/Spüleffekt. «pH-Neutralisierer» hingegen können den pH-Bereich viel
schneller auf ein unschädliches Niveau bringen.
300
Qualitätsmagement
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Qualitätsmagement
Ereignis mit Strom - Elektrounfälle
Elektrounfälle passieren in einer Arztpraxis zum Glück sehr selten. Dennoch sollte man bei
einem Unfall die entsprechenden Notfallabläufe kennen.
Ereignis mit Strom Elektrounfälle
Vergleich
Häufigkeit
Blitzschlag
Hochspannung
Niederspannung
Sehr selten
70%
30%
M
>1 Million
>1000
<1000
Ampère
>200000
<1000
<240
Dauer
Sehr kurz
Mässig
Lang
Gleichstrom
Gleichstrom/Wechselstrom
Wechselstrom
Sekundär via ZNS
Tetanie
Tetanie
Asystolie
Kammerflimmern/
Asystolie
häufig
Kammerflimmern
selten
Stromart
Respiration
S
Kardial
U
Volt
Häufig betroffen
Mässig
Selten
Verbrennung
Lichtenberg-Figuren
S c h w e re Ve r b re n nungen
L e i c h t e Ve r b r e n nungen
Operationen
Häufig (sekundäre
Traumata)
Häufig
(Verbrennungen und
Nekrosen)
Selten
Mortalität
Hoch
Moderat
Gering
E
T
ZNS
*Hinweis: Die Tabelle stammt aus der Dokumentation «Unfallbedingte_Körperschäden_N2_11» des Schweizerischen
Militär-Sanitäts-Verbandes
R
Mögliche Risiken
• Kinder, welche an der Steckdose manipulieren.
• Unfälle mit elektrischem Strom sind besonders gefährlich, wenn Wasser mit im Spiel
ist (nasser Boden).
• defekte Geräte oder Stromkabel z. B. im Labor, in der Therapie etc.
Ereignis /Zeichen erkennen
• Muskelverkrampfung, solange die Stromeinwirkung besteht.
• «Strommarken» – An den Stromeintritts- und -austrittsstellen entstehen beim
Durchströmen des Körpers Verbrennungen mit Brandwunden.
• Eventuell kommt es zur Bewusstlosigkeit und Herz-Kreislauf-Stillstand.
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge
301
Lehrkraftausgabe
Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge
Verglichen mit anderen Unfallursachen führen Elektrounfälle häufiger zum Tod!
U
M
Massnahmen
Erste Hilfe bei Niederspannung (bis 1000 Volt):
• Unterbrechen Sie den Stromkreis – sofort Stecker ziehen oder
Sicherung ausschalten. Ist das nicht möglich, die Person mit
einem schlecht leitenden, trockenen Gegenstand (Besenstiel,
Holzstuhl, Ledergürtel), Plastiksack von der Stromquelle
entfernen.
• Arzt informieren und/oder Notruf 144 und lebensrettende Sofortmassnahmen
einleiten.
• Brandwunden an Ein- und Austrittstelle kühlen, Wundverband und allenfalls Tetanusschutz vornehmen.
• Mit einem EKG Herzrhythmus-Störungen als Folgeerscheinung ausschliessen.
• CIRS-Ereignisformular ausfüllen und Unfallereignis kommunizieren, um ähnlichen
Zwischenfällen vorzubeugen.
S
Wichtig: Denken Sie bei Elektrounfällen unbedingt an den Eigenschutz!
Sie wissen, wo in der Arztpraxis die Sicherungen sind und können sich über diese einen
schnellen Überblick verschaffen, damit Sie im Notfall sofort die richtige Sicherung
ausschalten können. Eine funktionierende Taschenlampe liegt bereit!
E
T
Ereignis mit Feuer
Ereignis mit Feuer
R
Wissen Sie, was zu tun ist, wenn es in der Arztpraxis brennt?
Wissen Sie, wo der Feuerlöscher ist oder wo Sie in der Praxis die Löschdecke aufbewahren?
Gibt es einen «Fluchtweg» - kennen Sie diesen?
Wo besammeln Sie Ihre, im Moment des Brandes, in der Praxis anwesenden Patienten?
Es ist ein Muss, dass die Arztpraxis auf ein mögliches Feuer-Szenario vorbereitet ist. Dabei
stellt sich die Frage der Verantwortlichkeit – wer übernimmt welche Funktion:
• Wer alarmiert die Feuerwehr?
• Wer organisiert, evakuiert die Paienten und begleitet Sie zum
• Besammlungsort?
• Wer informiert allenfalls die Mitbewohner im Haus?
• Wer kontrolliert die Praxisräume zur Sicherstellung, dass
Niemand vergessen geht und schliesst dabei alle Fenster und
Türen?
• Wer übernimmt (falls möglich) die Löscharbeiten?
302
Qualitätsmagement
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Qualitätsmagement
• Wer weist die Feuerwehr ein?
All diese Zuständigkeiten müssen organisiert und für jedes Teammitglied klar sein. Die
Abläufe «Verhalten im Brandfall» werden schriftlich, in Form einer
Verfahrensanweisung, festgehalten. Die Abläufe sind mindesten einmal
pro Jahr an einer Teamsitzung zu wiederholen.
Nicht vergessen: Bei einem Personalwechsel muss die Verfahrensanweisung falls nötig neu organisiert und das Team entsprechend informiert
werden.
M
Verrauchtes Treppenhaus!
Bleiben Sie mit den Patienten in der Praxis und warten Sie am Fenster auf die Feuerwehr.
Beispiel einer Verfahrensanweisung
U
*Verfahrensanweisungen (Prozessabläufe) werden in Betriebliche Prozesse, Praxisadministration, beschrieben!
S
Dr. med. Martin Muster Facharzt FMH für Allgemeine Innere Medizin Stadtplatz 4a 9000 St. Gallen Telefon Fax E-Mail Homepage EAN
071 228 54 41 071 228 54 42 [email protected] www.musterpraxis.ch 779788552 E
T
Arbeitsanweisung / Verfahren bei Feuer in der Arztpraxis Geltungsbereich: Zuständigkeit: Freigegeben: ganze Praxis ganzes Team Dr. med. Martin Muster (Datum) Ablauf Wer?
Tätigkeit?
Wichtig!
Erstellte
Dokumente/
Bemerkungen
jede Mitarbeitende alarmiert sofort MPA am Empfang 2. MPA am Empfang alarmiert sofort den Arzt 3. Arzt -­‐ alarmiert die Feuerwehr, 118 -­‐ beginnt mit der Brandbekämpfung 4. MPA am Empfang evakuiert alle anwesenden Patienten 5. MPA 2 Informiert die Hausbewohner 6. …. …. Feuer – Verfahren Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
R
1. -­‐ wo brennt es? -­‐ was brennt? -­‐ wo ist der Patient / sind die Patienten -­‐ sind Türen und Fenster geschlossen? -­‐ Patienten müssen zum Besammlungsort gebracht werden -­‐ Kontrolliert die Vollzähligkeit -­‐ zeigt den Fluchtweg auf -­‐ verweist auf die den Besammlungsort ….. Ausdruck der Agenda vorhanden hat Übersicht über die anwesenden Mitbewohner Versio Nr. 3 Mai 2015/mb Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge
303
Lehrkraftausgabe
Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge
U
M
R
E
T
S
304
Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz
12
Arbeitssicherheit und
Gesundheitsschutz
M
12.1 Stress am Arbeitsplatz
Stress am Arbeitsplatz
U
R
E
T
S
Stressfaktoren führen zu einer seelisch-physischen Reaktion im Körper, welche das Ziel
hat, die Herausforderung zu bewältigen.
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Stress am Arbeitsplatz
305
Lehrkraftausgabe
Stress am Arbeitsplatz
Grundsätzlich ist Stress nicht als schlecht zu bewerten. Ob er als negativ oder positiv erlebt
wird, hängt davon ab, wie eine Person die aktuelle Lage bewertet und welche Möglichkeiten
und Ressourcen ihr zur Bewältigung zur Verfügung stehen. So unterscheidet Selyein* Eustress
und Distress.
*Hans Selye: entwickelte in den 1930-er Jahren die Grundlagen der Lehre vom Stress
M
Eustress
Eustress
«belastende und schädlich wirkende Reaktion Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz»
U
Distress
«notwendige und positiv erlebte Aktivierung des Organismus»
Der Eustress beeinflusst den Körper positiv. Stress in positiver
Form erhöht die Aufmerksamkeit und fördert die Maximalleistungsfähigkeit. Somit wird Stress fürs Überleben unentbehrlich. Das
Empfinden von Glücksmomenten, wie die Freude über eine Geburt
aber auch z.B. die Nervosität bei einer Hochzeit führen zu Eustress.
S
Stress am Arbeitsplatz
Distress
Stress am Arbeitsplatz
E
T
Definition von Stress
Der Begriff «Stress» wird 1936 von H. Selye definiert. So wird Stress als «ein Zustand der
Alarmbereitschaft des Organismus, der sich auf eine erhöhte Leistungsbereitschaft einstellt»
bezeichnet.
Ursprünglich ist Stress eine natürliche sinnvolle kurzzeitige Reaktion unseres Körpers auf
eine Herausforderung: Die Hypophyse befiehlt den Nebennieren in Stresssituationen Adrenalin auszuschütten. Das Hormon reaktiviert körperliche und geistige Kräfte und der Körper
gelangt so schnell an Energiereserven, um rasch fliehen oder kämpfen zu können.
R
Reaktion auf ein Übermass an «Anforderungen»
Durch den Zustand der ständigen Alarmbereitschaft ohne Regenerationsphasen wird die
körperliche, geistige sowie seelische Gesundheit gefährdet. Es können ernsthafte Probleme
auftreten.
Folgend wird ausschliesslich auf die negative Form des Stresses, den Distress, am Arbeitsplatz
eingegangen.
306
Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz
Ist Stress messbar?
Das Empfinden von Stress ist subjektiv, also von Person zu Person unterschiedlich. Je nach
Situation und Umständen wird er verschieden empfunden. Deshalb kann keine allgemeingeltende Belastungsgrenze angegeben werden.
M
Arbeitsbedingte Ursachen von Distress
Bedingungen/Faktoren, welche zu Stress führen können, werden als «Stressoren» bezeichnet.
Nicht jeder Stressor muss, aber jeder kann, Stress hervorrufen. Je mehr Stressoren gleichzeitig auftreten, desto höher ist die Gefahr, unter Stress zu leiden.
Ungünstige Merkmale der Arbeit können Stress verursachen!
Um Stress zu bekämpfen, muss man seine Ursachen ausfindig machen. Als Verursacher von
Stress können eine Vielzahl von Faktoren genannt werden, welche den folgenden Bereichen
zugeordnet werden können.
U
S
• Arbeit, welche zu vollbringen ist (Arbeitsumfang)
•Arbeitsorganisation
• Arbeitsklima (Zusammenarbeit)
•Führung
•Arbeitsumgebung
• Balance zwischen Berufs- und Privatleben
•Fehlzeiten
• Überschreitung von Fristen
• Disziplinarprobleme verringerte Produktivität
•Unfälle
•Fehler
• erhöhte Kosten für Gesundheitsversorgung
• Umsatzeinbussen durch unzufriedene Patienten
•Fluktuation
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
R
E
T
Stresssignale
Anzeichen für Stress lassen sich beim einzelnen Mitarbeiter auch auf der Unternehmensebene
einer Arztpraxis feststellen. Folgende wiederholt auftretende Signale deuten auf einen
Stresszustand hin:
Stress am Arbeitsplatz
307
Lehrkraftausgabe
Stress am Arbeitsplatz
Signale beim einzelnen Mitarbeiter:
U
M
emotionale, psychische Reaktion:
E
T
S
•allgemeine Unzufriedenheit
•Nervosität
•Reizbarkeit
•Ungeduld
•Überempfindlichkeit
•Wut, Aggression
•Pessimismus
•Niedergeschlagenheit
•depressive Verstimmung
•Selbstzweifel
•Hilflosigkeit
•Gefühl der Überforderung
•…
Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz
•Konzentrationsstörung
•herabgesetzte Lernfähigkeit
•vermindertes Erinnerungsvermögen
•Schwierigkeiten bei Entscheidungsfindungen
•Denkblockaden
Verhaltensebene:
•Spannung, Streit, Mobbing
•allgmeines Misstrauen, Neid, Eifersucht
•herabgesetzte Teamfähigkeit
•sozialer Rückzug
•Workaholismus
•vermehrtes Suchtverhalten (Drogen,
Alkohol, Tabak)
•ungesunde Ernährung, Bewegungsmangel
•…
R
308
kognitive Reaktion:
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz
körperliche Reaktion:
M
•Burnout
•Hypertonie
•Hörsturz
•Herzinfarkt
•Diabetes
•Magengeschwür
•…
U
schwerwiegende Erkrankungen:
•Kopfschmerzen
•vermehrtes Schwitzen
•trockener Mund
•Müdigkeit
•rasche Erschöpfung
•beeinträchtigtes Seh oder Hörvermögen
•Schlafstörungen
•Magenschmerzen
•Verdauungsprobleme
•Atemprobleme
•Tachykardie, Herzklopfen, Herzstechen
•Kreislaufprobleme, Schwindel
•kalte Hände/ Füsse
•geschwächte Immunabwehr
•Verspannungen
•Zyklusstörungen, Libidoverlust
•…
E
T
S
Drei Stress-Phasen nach Selye
Gemäss Selye löst chronischer Stress eine körperliche Anpassungsreaktion aus, welche in drei Phasen
verläuft:
Ausschüttung von Hormonen (Cortisol, Adrenalin und
Noradrenalin) → Erhöhung vom Blutzuckerspiegel und
Blutdruck, Steigerung vom Herzschlag, vermehrte DurchBlutung.
2. Widerstandsphase:
Der Körper versucht sich dem Stressor anzupassen. Die
Widerstandsfähigkeit gegenüber anderen Stressoren wird
herabgesetzt und das Immunsystem wird geschwächt.
3. Erschöpfungsphase:
Organische Erkrankungen wie Herzinfarkt oder Hypertonie treten auf.
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
R
1. Alarmreaktionsphase:
Stress am Arbeitsplatz
309
Lehrkraftausgabe
Stress am Arbeitsplatz
Massnahmen in akuten Stress-Situationen
Massnahmen
M
Prävention
U
Prävention
Die Vorbeugung besteht darin, die Stressoren so gute wie möglich auszuschalten / zu minimieren.
Als erster Schritt folgt die Analyse der Stressfaktoren:
S
•
•
•
•
Was löst Stress aus?
Wo tritt der Stressor auf?
Wann treten sie auf?
Warum werden sie wirksam?
E
T
Anschliessend werden gemeinsam Lösungswege gesucht. Ansatzpunkte können sein:
R
• Wie lässt sich eine permanente Überforderung vermeiden/ reduzieren?
• Können negative Zusammenarbeits- und Führungsprozesse vermieden werden?
• Können positive Faktoren gefördert werden? (Eigenverantwortung, Mitsprachemöglichkeit, Arbeitsklima,…)
• Wie kann ich mein individuelles Verhalten ändern, um mit den Stressoren besser
umgehen zu können.
Im Vordergrund steht der stetige Austausch untereinander. Frühzeitiges Reden miteinander
kann viel Stress verhindern.
Regeneration nach Stress
Stress lässt sich nie völlig vermeiden. Zum Ausgleich sind
deshalb entspannende Massnahmen nötig. Sinnvoll ist eine
regelmässige körperliche Aktivität. Geeignet sind:
310
Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz
•
•
•
•
•
•
•
ein Spaziergang nach der Arbeit
joggen
Yoga
mentales Training
walken
progressive Muskelentspannung
usw.
U
M
Stellen Sie sich eine Situation am Arbeitsplatz vor, in welcher Sie sich unter Stress gefühlt
haben. Schreiben Sie dazu einige Stichworte auf. Diskutieren Sie nun in Zweiergruppen die
Fragen:
1. Wie kann man in der jeweiligen Situation reagieren?
2. Hätte die Situation evtl. vermieden werden können? Wenn ja, wie?
R
E
T
S
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Stress am Arbeitsplatz
311
Lehrkraftausgabe
Lasten heben / tragen
Lasten heben / tragen
12.2 Lasten heben / tragen
Beim Tragen und Heben von Lasten ist die Wirbelsäule der am meisten strapazierte Körperteil. Werden diese Tätigkeiten unter einer Fehl- oder Überbelastung durchgeführt, kann dies
schädlich für den Rücken sein. Durch bewusstes Verhalten und Beachten einiger Regeln kann
man seinen Rücken schützen.
U
M
Anatomie der Wirbelsäule
Die Wirbelsäule besteht hauptsächlich aus den Bandscheiben und Wirbelkörper. Sie setzt sich
zusammen aus 7 Halswirbeln, 12 Brustwirbeln, 5 Lendenwirbel und 9 im Laufe der Entwicklungsgeschichte fest zum Kreuz- bzw. Steissbein verschmolzenen ehemaligen Wirbeln.
Zwischen den Wirbeln sind insgesamt 23 Bandscheiben eingelagert. Sie verteilen den auf der
Wirbelsäule lastenden Druck gleichmässig, Dämpfen in gewissem Masse Stösse ab und
ermöglichen die Biegung des Rückens. Bänder, welche sich über die Wirbelsäule erstrecken
geben ihr Stabilität. Durch die Übereinanderreihung der einzelnen Wirbelkörper entsteht der
Wirbelkanal. Er enthält Teile des Nervensystems wie das Rückenmark und ihm entspringen die
Spinalnerven.
S
Funktion der Wirbelsäule
E
T
•die Wirbelkörper bilden ein Stützgerüst, so dass der Rumpf
nicht zusammen sinkt.
•Der Wirbelkanal schützt das Rückenmark und die Nervenabgänge.
•Die Doppel-S-Form mit den eingelagerten Bandscheiben
schützt das Gehirn vor Erschütterungen.
•ferner können wir durch die Konstruktion der Wirbelsäule
Bewegungen wie Beugen, Streckung, Neigung und Rotation
ausführen.
R
312
Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz
Damit die Wirbel, Bänder und Bandscheiben nicht überbelastet werden, stehen Muskeln zur
Unterstützung bei. Vor allem beteiligt sind Muskelgruppen von:
•Rücken
•Bauch
•Oberschenkeln
•Gesäss
•Oberarme
•Schultern
M
Kriterien, welche sich auf das Hebe- /Tragevermögen auswirken
Kriterien
U
E
T
S
Richtwerte für zumutbare Lastgewichte
Wieviel während der Arbeit getragen werden darf, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Das
Arbeitsgesetz hält die Leistungsfähigkeit aufgrund des Geschlechtes und Alters fest.
So kommen folgende Richtwerte für gelegentliches Heben (=1- bis 2-mal stündlich) zustande:
Alter in Jahren
Männer
Frauen
16 - 18
19 kg
18 – 20
23 kg
20 - 35
25 kg
15 kg
35 – 50
21 kg
13 kg
> 50
16 kg
10 kg
12 kg
14 kg
R
(Tabelle 325-1 der Wegleitung zur Verordnung 3 des Arbeitsgesetzes (ArGV3, Art.25))
Auffällig ist, dass den Frauen deutlich tiefere Richtwerte zugeordnet werden. Dies lässt sich
damit begründen, dass Frauen 40% weniger Muskelmasse besitzen und so entsprechend
weniger belastet werden können.
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lasten heben / tragen
313
Lehrkraftausgabe
Lasten heben / tragen
Gesetzliche Grundlagen
Der manuelle Umgang mit Lasten wird massgebend geregelt in:
• Artikel 6 und 41 der Verordnung über die Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten (VUV)
• Artikel 25 der Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz (ArGV 3)
Darüber hinaus stellt die SUVA Informationsmaterial zum korrekten Umgang mit Lasten zur
Verfügung (Richtwerte für physische Belastungen gemäss «Grenzwerte am Arbeitsplatz»,
SUVA Publikation 1903.d).
M
Artikel 25 der Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz (ArGV 3)
¹ Um zu vermeiden, dass die Arbeitnehmer Lasten manuell handhaben müssen, sind die geeigneten
organisatorischen Massnahmen zu treffen und die geeigneten Mittel, insbesondere mechanische
Ausrüstungen, zur Verfügung zu stellen.
U
² Lässt sich die manuelle Handhabung von Lasten nicht vermeiden, so sind die geeigneten Arbeitsmittel zum Heben, Tragen und Bewegen schwerer oder unhandlicher Lasten zur Verfügung zu stellen,
um die Gefährdung der Arbeitnehmer bei deren manuellen Handhabung möglichst gering zu halten.
³ Die Arbeitnehmer sind über die mit dem Handhaben von Lasten verbundenen Gesundheitsgefahren
zu informieren und über das richtige Heben und Tragen von Lasten anzuleiten.
Schutzbedingungen
S
4
Die Arbeitnehmer sind über Gewicht und Gewichtsverteilung der Lasten zu informieren.
Erweiterte Schutzbedingungen gelten für arbeitende Jugendliche und Schwangere:
R
E
T
• Verordnung 5 zum Arbeitsgesetz (Jugendarbeitsschutzverordnung, ArGV 5):
- Jugendliche befinden sich noch im Wachstum und dürfen deshalb nicht gleich stark
wie Erwachsene belastet werden.
- Jugendarbeitsschutzverordnung, ArGV 5, 2. Abschnitt: Besonderer Tätigkeiten, Art.
4 gefährliche Arbeiten:
Absatz 1: «Jugendliche dürfen nicht für gefährliche Arbeiten beschäftigt werden.»
Absatz 2: «Als gefährlich gelten alle Arbeiten, die ihrer Natur nach oder aufgrund
der Umstände, unter denen sie verrichtet werden, die Gesundheit, die Ausbildung
und die Sicherheit der Jugendlichen sowie deren physische und psychische Entwicklung beeinträchtigen können.»
Absatz 3: «Das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung
(WBF)1 legt fest, welche Arbeiten nach der Erfahrung und dem Stand der Technik als
gefährlich gelten.»
• Mutterschaftsverordnung, Artikel 7: Bewegen schwerer Lasten:
¹ «Als gefährlich oder beschwerlich für Schwangere gelten bis zum Ende des sechsten Schwangerschaftsmonats das regelmässige Versetzen von Lasten von mehr als 5 kg oder das gelegentliche
Versetzen von Lasten von mehr als 10 kg sowie bei der Bedienung mechanischer Hilfsmittel wie
Hebeln und Kurbeln ein maximaler Kraftaufwand in beliebiger Richtung, der dem Heben oder dem
Tragen einer Last von mehr als 5 beziehungsweise 10 kg entspricht.»
² «Ab dem siebten Schwangerschaftsmonat dürfen Schwangere schwere Lasten im Sinn von Absatz
1 nicht mehr bewegen.»
314
Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe
Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz
Grundregeln zum korrekten Tragen und Heben von Lasten
Eine Fehl-/Überbelastung des Rückens entsteht entweder durch das Tragen / Heben von zu
schweren Lasten oder durch die falsche Hebe-/Tragetechnik. Das Einhalten einiger einfacher
Grundsätze dient zur langfristigen Gesunderhaltung des Rückens.
Grundregeln zum
korrekten Tragen und
Heben von Lasten
M
U
Massnahmen zur Umsetzung
• auf sicheren Stand achten
• Last sicher, möglichst mit beiden Händen, greifen
• aus der Hocke heben (nur so tief wie nötig!)
• mit gestrecktem, flache Rücken heben und tragen
• Last körpernah halten
• absetzten der Last mit geradem Rücken & in die Knie gehen
• bei schweren Lasten:
Transporthilfe verwenden
>> Last in mehrere Frachten aufteilen
>> Last zu zweit tragen
mögliche Gefahren beim falschen Umgang mit Lasten
• Muskel und Bänderzerrungen
• Muskelrisse
• Wirbelsäulenschäden
• Muskelhartspann
• Gelenkschäden
• Schmerzen
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
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S
unbedingt zu vermeiden sind
• krummer Rücken
• Hohlkreuz
• ruckartige Hebebewegungen
• Verdrehen des Oberkörpers
• schweres einseitiges Tragen / Heben
• bis zum Anschlag in die Knie gehen
• verdeckte Sicht
Lasten heben / tragen
315
Lehrkraftausgabe
Lasten heben / tragen
Die Gefahr der körperlichen Schädigung besteht nicht nur beim falschen Tragen / Heben von
Lasten. So können zum Beispiel Hindernisse auf dem Transportweg zu Sturz- oder Stolperstellen werden. Knochenbrüche, Schürfungen oder Prellungen können weitere Folgen sein.
M
Diskushernie - Bandscheibenvorfall
Durch eine hohe oder ungleichmässige Belastung der Bandscheiben kann deren Faserring reisen, der
Gallertkern tritt aus und kann das Rückenmark oder Nerven quetschen. Ein Bandscheibenvorfall kann sich
unterschiedliche bemerkbar machen. Es kann von praktisch keinen Beschwerden bis hin zu Lähmungserscheinungen kommen:
• starke Schmerzen in einem Bein
• Taubheit, Kribbeln, Ameisenlaufen
• Blasen- / Stuhlschwäche
U
Die Therapie richtet sich nach dem Schweregrad des Vorfalles. Bei milden Symptomen kann eine konservative Behandlung mittels Fango, Heilbäder, Muskeltraining, Physiotherapie, Analgetika und/oder
Muskelrelaxanzien erfolgen. Treten Lähmungserscheinungen oder Ausscheidungsstörungen auf, ist eine
operative Versorgung oft unumgänglich.
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Aufgabe 12.2.1
Betrachten Sie die Bilder. Notieren Sie:
1. Was wird falsch gemacht
2. Zu welchen Folgen kann die Fehlbelastung führen?
3. Wie wird es richtig gemacht?
*Hinweis an die Lehrperson: Die Lösung zu dieser Aufgabe (mit den entsprechenden Bilder) kann über www.mympa.
ch, Kapitel Hygiene, heruntergeladen werden!
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Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz
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Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lasten heben / tragen
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Lehrkraftausgabe
Lasten heben / tragen
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Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz
12.3 Ergonomie am Arbeitsplatz
Ergonomie am
Arbeitsplatz
Publikationen der Suva
*Hinweis: Mehr Informationen dazu erhalten Sie über diese Homepage:
http://www.suva.ch/startseite-suva/service-suva/lernprogramme-suva/bildschirmarbeitsplatz-einrichten-suva.htm
Publikationen
Arbeiten am Bildschirm. Entspannt statt verspannt - die
Tipps
Suva 84021.d
M
Suva 44034.d
Checkliste für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das richtigeArbeiten an Bildschirmen
Suva 67052.d
Checkliste: Einkauf von Mobiliar und Zubehör für die Bildschirmarbeit
Suva 67050.d
Checkliste: Beleuchtung an Arbeitsplätzen
Suva 67051.d
Praktische Tipps für mehr Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz im Büro
Suva 6091.d
U
Bildschirmarbeit. Wichtige Informationen für Ihr Wohlbefinden (für Benützerinnen und Benützer)
S
Ergonomie bedeutet:
•präventiver Arbeitsschutz
•Arbeitssicherheit
•Wirtschaftlichkeit
•Humanität
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
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Schreibtisch
Langes Sitzen mit falscher Körperhaltung kann sich negativ auf die Gesundheit auswirken. Es
kommt zu Fehlbelastungen der Wirbelsäule und der unterer Extremitäten sowie von Schulter-,
Ellbogen-, Hand- und Kiefergelenken. Ziel der Schreibtischergonomie ist es, die Arbeitsbedingungen und Arbeitsgeräte für eine zu vollbringende Aufgabe zu optimieren. Dabei soll zum
einen das Arbeitsergebnis bestmöglich werden und zum anderen der arbeitende Mensch
möglichst wenig geschädigt werden, auch wenn der die Tätigkeit langfristig ausübt.
Ergonomie am Arbeitsplatz
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Lehrkraftausgabe
Ergonomie am Arbeitsplatz
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Bürostuhl
Korrekt angepasster Bürostuhl
Die Einstellungen stimmen, wenn:
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• die Füsse bequem auf den Boden zu stehen kommen
• Ober und Unterschenkel einen Winkel von mindestens 90 ° bilden
• Unterarmt bilden im Ellbogen beim Auflegen auf den Tischen ungefähr einen
rechten Winkel
Reichen die Füsse nicht bis zum Boden, kann mit Hilfe einer rutschfesten Fussstütze die
optimale Sitzhöhe trotzdem erreicht werden.
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Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz
Alternativen zum Bürostuhl
Weitere Sitzgelegenheiten, wie Gymnastikball, Kniestuhl oder Stehendsitz sollten nur sporadisch eingesetzt werden. Sie ersetzen keines Falls einen ergonomischen Bürostuhl.
Eigenschaften eines ergonomisch gestalteten Bürostuhles
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Bildschirm
• frei von Schmutz, Staub
• Bildschirmneigung 10 – 25° (Unterkante zu Anwender hin)
• hinter dem Bildschirm befindet sich kein Fenster und möglichst kein heller Hintergrund
• hinter dem Anwender befindet sich kein Fenster
• Bildschirm-Helligkeit und Kontrast sind optimal eingestellt
• gut lesbare Zeichengrösse
• zwischen Tischkante und Schirm ist Platz für Tastatur und Dokumentenauflage
• Nicht spiegelnde Bildschirm-Oberfläche
• Verstellbar in Höhe und Neigung – der Abstand zwischen Tischplatte und Bildschirmrand soll nicht mehr als 4 cm betragen.
• oberer Bildschirmrand 10 cm unter Augenhöhe→ leicht gesenkter Blick auf Bildschirmmitte
• Die Sehdistanzen zwischen Auge und Bildschirm ist von der Grösse des Bildschirmes
abhängig und beträgt mindestens 50 cm.
• Der Bildschirm steht gerade (zentral) vor dem Bediener.
• Die Blickrichtung verläuft parallel zum Fenster und/oder der Beleuchtung.
• Der Einsatz von zwei Bildschirmen gleichzeitig kann die Arbeitseffizienz bis zu 35 %
steigern.
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Ergonomie am Arbeitsplatz
321
Lehrkraftausgabe
Ergonomie am Arbeitsplatz
Sehdistanzen
Bildschirmdiagonale LCD
Richtwerte Sehabstand
15 Zoll – 38 cm
60 cm
17 Zoll – 43 cm
70 cm
19 Zoll – 48 cm
80 cm
21 Zoll – 53 cm
80 cm
M
22 Zoll Breitformat
90 cm
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Tastatur
• steht parallel zur Tischkante
• Tischkante – Tastatur → 20 cm Abstand → Unterarme können zwischendurch auf
dem Tisch
• abgestützt werden
• evt. mit Handgelenksstütze zum Schreiben (Handballen sollen nicht auf Tisch
S
liegen beim
Maus
Schreiben)
möglichst niedrig (mittlere Tastenreihe < 3 cm über Tischplatte)
Neigung verstellbar (5°-15°)
frei positionierbarer separater Zahlenblock
evtl. in der Mitte mit Knick, damit die Handgelenke keinen Winkel bilden
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•
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•
evtl. kabellos
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• beim lockeren Auflegen wird sie möglichst vollständig von der Handfläche
umschlossen
• Klicktasten liegen richtig unter den Fingern
• kabellos
• integriertes Rädchen zum Scrollen
• für links- oder rechts Händigkeit angepasst
• optimale Zeigergeschwindigkeit
Dokumente
• Dokumentenauflage verwenden (Höhe hinten 7 cm)
• optimale Bildschrift: Arial, min. 12 Punkt, schwarz auf weiss
• keine Texte nur in Grossbuchstaben oder kursiv
322
Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz
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Bürotisch
So wie der Bürostuhl soll der Tisch auf jeden Mitarbeiter individuell angepasst werden
können.
• Tischplatte mind. 80 cm (ideal 100 cm) tief & 120 cm breit
• matte Oberfläche
• farblich neutrale Oberfläche (grau, grün, braun, beige)
• keine kalte Oberfläche (kein Blech, Glas, Stein)
• genügend Beinraum
• Kabelkanal
• höhenverstellbar durch Kurbel / Drucktaste
• Höhe: Unterarme können flach auf den Tisch aufgelegt werden, ohne die Schultern
hochzu• ziehen
• in der Neigung verstellbare Tischplatte(waagrecht für Bildschirmarbeit, geneigt für
konventionelle Büroarbeit)
• abgerundete Tischkante
• stabil stehen
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Beleuchtung, Licht
• -Kombination von Tageslicht und künstlicher Beleuchtung
• Farbe der Leuchtmittel: neutral oder warmweiss
• flimmerfreie Beleuchtung
• Leuchten in parallelen Reihen, parallel zur Fensterfront
• jede Leuchtreihe kann separat ein-/ausgeschaltet werden
• Mobiliar und Wände ohne störende Reflexion
• Lamellenstoren an Fensteraussenseite
• soll auch die Decke anstrahlen
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Bewegung
Alles in Griffweite zu positionieren führt zum einem Mangel an Bewegung, was längerfristig
das Risiko für Gesundheitsschäden erhöht. Einfache Massnahmen schaffen die Möglichkeit,
sich zwischendurch vom Schreibtisch zu entfernen:
• Kataloge, Telefonbücher, Preislisten, etc., welche nur gelegentlich benötigt werde,
in einem nahegelegenen Schrank aufbewahren.
• Drucker ein wenig abseits vom Arbeitstisch platzieren.
• usw.
Ideal sind Arbeitsplätze, die sich leicht von der Sitzposition in einen Steharbeitsplatz
umwandeln lassen. Der Wechsel von sitzender zu stehender Haltung regt den Kreislauf an,
beansprucht jeweils unterschiedliche Muskelgruppen und verhindert einseitige Belastungen
des Bewegungsapparates.
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Ergonomie am Arbeitsplatz
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Lehrkraftausgabe
Folgen eines nicht optimal gespalteten Arbeitsplatzes
Wir über längerer Zeit ununterbrochen am Bildschirm gearbeitet, soll der Blick regelmässig
vom Schirm weggleiten (z. B. aus dem Fenster blicken). Währendem können Entspannungsund Lockerungsmassnahmen (Schulter, Nacken, Handgelenke,…) durchgeführt werden.
Telefonieren am PC
Wer beim Telefonieren gleichzeitig Maus und Tastatur bedienen muss, sollte ein Head-Set
tragen.
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Raumklima
Eine Temperatur von 20 - 23 °C, angemessene Lüftung und eine Luftfeuchtigkeit von 30 –
50 % führen zu einem angenehmen Arbeitsklima.
12.4 Folgen eines nicht optimal gespalteten Arbeitsplatzes
U
Folgen eines nicht
optimal gespalteten
Arbeitsplatzes
Wird versucht, genannte Massnahmen möglichst deckend anzuwenden, können gesundheitlichen Folgen vermieden werden. Mögliche Probleme bei ungeeignetem Arbeitsplatz sind:
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Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz
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Augenermüdung («schwere» Augen, Stechen, Kopfschmerzen)
Augentrockenheit (Brennen, Fremdkörpergefühl)
chron. Schmerzen im Nacken, im Rücken oder Schulterblatt (Cervicalsyndrom)
Tendovaginitis
Karpaltunnelsyndrom
Bursitis
Tendinopathie Zeigefinger, Daumen (Druck durch die Hände auf die Maus ist zu
gross)
Schmerzen kleiner Finger, Ringfinger (zu kleine / grosse Maus)
Haltungsschäden
Kopfschmerzen
Kreuzschmerzen
Verdauungsbeschwerden
schmerzende Beine
Herz-/Kreislaufstörungen
geringe Hirndurchblutung
Konzentrationsstörungen
Armschmerzen
Hämorrhoiden
Venen- und Lymphstau
Muskelschwund
Muskelverkürzung (Brustkyphose)
einseitige Überbeanspruchung der Unterarmmuskulatur (Maus-Syndrom)
Handgelenkbeschwerden (zu langsam Eingestellt Geschwindigkeit der Maus)
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Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
Corinne Noth und Meggy Bieri 2015
Lehrkraftausgabe
Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz
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Arbeiten am Mikroskop
Um eine bequeme Sitzhaltung einzunehmen, werden am Stuhl dieselben Einstellungen wie
für den Schreibtischarbeitsplatz vorgenommen. Besonders zu beachten ist, dass eine
möglichst natürliche Kopfhaltung eingenommen werden kann. Das heisst, dass man mit
geradem Rücken und leicht nach vorne geneigter Kopfhaltung entspannt ins Mikroskop
blicken kann. Bei kleinen Mikroskopen ist es evtl. hilfreiche, diese auf einen soliden
Aufsatz zu stellen.
Die Tischhöhe wird so eingestellt, dass die Arme bequem abgestützt werden können und
dabei der Ellbogenwinkel circa 90° beträgt. Die Handgelenke dürfen beim Arbeiten nicht
abgeknickt werden. Scharfe Tischkanten werden mit einer Armauflage abgepolstert.
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Aufgabe 12.4.1
Welche Fehlhaltung / Fehleinstellung nimmt die Person jeweils ein?
Sie finden die Aufgabe dazu auf www.mympa.ch
Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Folgen eines nicht optimal gespalteten Arbeitsplatzes
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Lehrkraftausgabe
Folgen eines nicht optimal gespalteten Arbeitsplatzes
Qellen
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BAG Health Care
www.admin.ch
www.bafu.admin.ch
www.bag.admin.ch
www.biotechnologie
www.de.wikibooks.org
www.flexikon.doccheck.com
www.gke.eu
www.google.ch
www.pharmawiki.ch
www.planet-schule.de
www.snv.ch
www.suva.ch
www.swissmedic.ch
www.umweltbundesamt.de
www.uvex.safety.com
www.wikipedia.org
www.smsv.ch
www.ch.ch/de/brand
www.bbraun.ch
www.bag.admin.ch
www.suva.ch
www.ekas.ch
www.smsv.ch
www.ch.ch/de/brand
www.bbraun.ch
www.bag.admin.ch
www.suva.ch
www.ekas.ch
Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz
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Lehrkraftausgabe

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Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz - Verlag Bieri & Weder
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Lehrkraftausgabe

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Hygiene, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz
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Schülerausgabe: ISBN 978-3-9524361-4-1
Lehrkraftausgabe: ISBN 978-3-9524361-5-8
Medizinischer Lehrmittelverlag Bieri & Weder
Ausgabe 2015
Printed in Switzerland
www.myMPA.ch
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