KISSsoft in der Berechnung von Verzahnungen für

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Gleichberechtigter Dialog zwischen den Parteien
Neben den technischen Problemen bei Getrieben für Windkraftanlagen (WKA) tritt
vermehrt die Frage nach der Prozesssicherheit in der Berechnung, der Möglichkeit des
einfachen und verlässlichen Datenaustausches und der Nachvollziehbarkeit der
Nachweise auf. Der geforderte Dialog zwischen Getriebebauer, Anlagenbauer,
Gutachter und Zertifizierer über die rechnerische Auslegung kann erst dann
gleichberechtigt geführt werden, wenn alle Parteien über ein Mindestmass an Wissen
verfügen, sowie standardisierte Methoden und Werkzeuge verwenden.
Bei der Auslegung und Nachrechnung von Getrieben für WKA sind einige spezifische
Problemstellungen gegeben, die atypisch für Getriebe im Bereich Energieerzeugung sind:
- Belastung: schwankende Drehmomente, Lastüberhöhung durch Schwingungen,
Momentenrichtungsumkehr
- Leistung: hohe Drehmomente bei tiefen Drehzahlen, hohe Leistungsdichte
- Betrieb: Temperaturschwankungen, Kaltstart, Leerlauf, Stillstandsbelastung
- Getriebemasse: Leichtbau gefordert, weiche Lagerung
Neben der technischen Seite treten vermehrt auch Fragestellungen zur Zusammenarbeit
zwischen dem Anbieter sowie dem Käufer von Getrieben auf:
- Prozesssicherheit in der Berechnung, Dokumentation der Berechnung
- Sicherer Datenfluss innerhalb und zwischen Unternehmen
- Nachvollziehbarkeit von Annahmen und Berechnungsmethoden
- Einigkeit zwischen den Parteien über Annahmen und zu erreichende Kennwerte
- Rasche Überprüfung der Berechnungen des Getriebebauers durch den Käufer
- Interpretation von Richtlinien und Berechnungen im Streitfall
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Eine Berechnungsmethodik, die sowohl vom Anbieter wie auch vom Abnehmer von
Getrieben handhabbar ist, bedingt zuerst eine Mindestmass an Verständnis, Wissen und
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KISSsoft in der Berechnung von Verzahnungen für Windkraftanlagen
Verzahnungsberechnungen für Windkraftgetriebe
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Erfahrung über die Verzahnungstheorie, Berechnung und Verhalten der WKA im Betrieb. Die
Methodik muss rasch und sicher anwendbar sein, bedingt also standardisierte Werkzeuge,
sprich Software. Damit ist die Berechnung nur noch bedingt abhängig vom internen Knowhow des Getriebebauers und erfüllt damit die Forderung der Abnehmer von Getrieben nach
Transparenz. Weiter soll die Software über den gesamten Prozess von Auslegung,
Optimierung, Nachrechnung, Dokumentation sowie Studien wie z.B. bei Revisionen /
Ertüchtigungen verwendbar sein. Dieser Prozess erstreckt sich über verschiedene Firmen,
standardisierte Software kann dabei als Vehikel verwendet werden, um Daten sicher
auszutauschen.
Know-how transfer,
Local content
Rasche, zuverlässige
Auslegung/Nachrechnun
g im Sinne einer zweiten
Meinung
Vergleich verschiedener
Getriebekonzepte, erste
Dimensionierung
Vergleich verschiedener
Getriebe desselben Typs
Normenkonforme und
nachvollziehbare
Berechnungen
Qualifizierter, gleichberechtigter Dialog
zwischen Hersteller / Käufer / Zertifizierer
Standardisierte / nachvollziehbare Methodik, effiziente Werkzeuge, Datenaustausch
Abbildung 0-1 Nutzen eines standardisierten Vorgehens in der Berechnung
Der hohe Aufwand für vertiefende Analysen wie FEM oder Schwingungsimulation kann nicht
von allen Parteien geleistet werden. Ziel diese Beitrages ist es daher, am Beispiel der
Verzahnungsberechnung zu beschreiben, wie mit vertretbarem Aufwand und unter
Verwendung benutzerfreundlicher Werkzeuge eine qualifizierte Aussage über die
Verzahnung getroffen werden kann.
1 Getriebekonzepte
1.1 Aktuelle Konzepte
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Eine Übersicht über aktuelle Getriebekonzepte zeigt die folgende Abbildung. Insbesondere
ein- und zweistufig Planetengetriebe (mit zwei oder einer nachgeschalteten Stirnradstufe)
stellen heute den Standard dar. Mit dem Anstieg der Leistung ist auch die Zahl der
Verzahnungseingriffe angestiegen, die Verzahnungsberechnung wird damit aufwendiger.
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Stirnradgetriebe, auch
leistungsverzweigt
Auch
leistungsverzweigt
Lösungen mit
mehreren Generatoren
Eine / zwei Planetenstufe
zwei / eine Stirnradstufen
Antrieb über
Planetenträger
Abtrieb über die Sonne
Ring meist direkt mit
Gehäuse verbunden
Schrägverzahnte
Stirnradstufe
Stufenplaneten
Mit oder ohne Stirnradstufe
(z.B. links: Aerogear/Renk,
rechts: Multibrid/Renk)
Hohlrad nicht teil des
Gehäuses
Günstig in Bezug auf
Lagerschmierung
Planetenkoppelgetriebe
(z.B. links: DPPV/MAAG)
Interne Lastaufteilung
auf die Stufen
Hohlrad nicht Teil des
Gehäuses
Planetendifferentialgetriebe
(z.B. Bosch Rexroth,)
Dritte Stufe als
Überlagerungsstufe
Aufwendige
Konstruktion
Aufwendige Lagerung
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Abbildung 1-1 Konzepte für WKA Getriebe
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1.2 Trends
Die Grösse der WKA Getriebe wird massgeblich von seltenen Spitzenbelastungen bestimmt.
Es werden daher Konzepte betrachtet, die das im Getriebe wirkende Drehmoment begrenzen.
Hier kann ein Planetensatz als Differentialgetriebe der schnellaufenden Stufe überlagert und
das Stützmoment am Ring hydrostatisch beschränkt werden (Henderson Gearbox). Weiter
gehen Konzepte, die auch die Drehzahl am Getriebeausgang durch ein CVT Getriebe
möglichst konstant halten. Diese können hydrodynamisch (Voith Win Drive) oder auch
elektrisch realisiert werden.
Andere Konzepte gehen dahin, dass Stirnradgetriebe mit mehreren Generatoren zum Einsatz
kommen sollen. Der Antrieb erfolgt über ein zentrales Rad in das mehrere Ritzel eingreifen.
Die Generatoren sind entweder direkt mit den Ritzelwelllen verbunden (z.B. Konzept Clipper)
oder die Leistung mehrer Ritzel wird über Stirnradstufen auf zwei Generatoren wieder
zusammengeführt (z.B. Konzept Multi-Duored).
2 Verzahnungsnachrechnung für WKA Getriebe
2.1 Zu führende Nachweise
Die Nachweise der Verzahnung erfolgt nach den zur Zeit gültigen Normen und Richtlinien.
Im Folgenden wird Kenntnis dieser Rechenmethoden vorausgesetzt und auf spezifische, von
der Norm abweichende Berechnungen, die für Verzahnungen für WKA sinnvoll sind,
hingewiesen.
Zahnfussfestigkeit
Die Normen unterschätzen in der Regel den Effekt der Überdeckung, gerade bei den in WKA
Getrieben übliche, hohe Fertigungsgenauigkeit. Die effektive Spannungslage (Flanke:
hellblau, Fuss 1: violett, Fuss 2: rot) im Vergleich zum rechnerischen Wert nach DIN3990
über den Eingriff zeigt die folgende Abbildung. Insbesondere die Fussspannung wird
überschätzt. Die folgende Abbildung zeigt den Vergleich zwischen der Fussspannung nach
Norm und der Fussspannung unter Berücksichtigung der Lastaufteilung. Der Vergleich der
beiden Abbildungen macht ausserdem den Einfluss des Teilungsfehlers auf die
Spannungslage deutlich.
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Abbildung 2-1 Einfluss der Lastverteilung über mehrere Zähne auf die Spannungsniveaus. Links für
Qualität 7, rechts für Qualität 5. Schlussstufe einer 3.6MW Anlage, εα=1.73.
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Für die Berechnung der Fussfestigkeit des Hohlrades sind folgende Modifikationen
empfohlen:
- Berechnung am Berührpunkt der 60˚ Tangente unter Berücksichtigung der vom
Stossen tatsächlich erzeugten Fusskontur, wie z.B. in der aktuellen Revision (FDI) der
ISO6336 (oder der VDI2737) vorgeschlagen (Abbildung unten links)
- Berechnung der exakten Zahnform aufgrund der Abwälzsimulation mit dem
Werkzeug für die Berechnung von YF und YS entlang der gesamten Fussrundung
(„grafische Methode“, Abbildung unten rechts)
- Berücksichtigung der Wandstärke des Hohlrades auf die Zahnfussspannung nach
VDI2737
Der Vergleich in der folgenden Abbildung zeigt, dass die Berechnung nach der zur Zeit
gültigen Fassung der DIN und ISO Norm die Festigkeit der Verzahnung von Hohlrädern im
Fussbereich stark unterschätzt.
1.15
3
ISO6336 C
2.5
1.1
ISO6336 B
ISO6336 (erweitert) B
2
1.05
ISO6336 (erweitert) B
Grafische Methode
Grafische Methode
1
1.5
0.95
1
0.9
0.5
0.85
0.8
0
YF3
YS3
YF3
SF3
YFS3
SF3
Abbildung 2-2 Einfluss der Rechenmethodik auf die rechnerische Fusssicherheit von Innenverzahnungen.
Links: Bezugsprofil 1.25/0.38/1.00, Rechts: Bezugsprofil 1.40/0.38/1.25
Zahnflankenfestigkeit
Infolge der Pressungsbelastung der Flanke baut sich über die Tiefe ein Schubspannungverlauf
auf, dessen Maximum unter der Oberfläche liegt. Bei Überlast führt die überhöhte
Schubspannung zu Rissen unterhalb der Oberfläche, die zu 0.5-1mm grossen
Materialausbrüchen (Grübchen) führt. Bei der Härtung der Zahnflanken muss daher die
Einhärtetiefe (EHT) grösser sein als das Maximum der Schubspannung tief liegt. Andererseits
soll aus Kostengründen die EHT möglichst gering sein, die Berechnung des
Schubspannungverlaufes wie unten gezeigt ist daher von Interesse.
Abbildung 2-3 Verlauf der Hertzschen Spannung von der Oberfläche ins Innere der Verzahnung
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Fressen
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Für den Nachweis gegen Fressen bietet die ISO6336 keine Handhabe, hier ist üblich, nach
DIN3990 Teil 4 vorzugehen. Sowohl AGMA6006 als auch die GL Richtlinie verlangen dabei,
dass die FZG Fresslaststufe des Schmierstoffes für die Berechnung um eine Einheit reduziert
wird. Da aber moderne Öle mit EP Zusätzen eine Fresslaststufe >12 aufweisen und das
Rechenverfahren nur bis zu einer Fresslaststufe 12 gültig ist, ist diese Einschränkung wenig
praxisrelevant. Die Berechnung der Sicherheit gegen Fressen beruht auf einer
Temperaturabschätzung im Zahnkontakt, diese Temperatur ist von der Pressung und der
Gleitgeschwindigkeit abhängig. Fressen tritt daher vorzugsweise im Kopf- / Fussbereich auf,
dort wo hohe Relativgeschwindigkeiten vorliegen. Um die Kontaktkraft in diesem Bereich
des Eingriffes zu reduzieren wird eine Kopfrücknahme (und oder Fussrücknahme) ausgeführt,
der Einfluss derselben auf die Kontakttemperatur zeigt die Abbildung unten.
Abbildung 2-4 Reduktion der Blitztemperatur von 300C auf 230C infolge Kopfrücknahme. Schlussstufe
einer 3.6MW Anlage. Berechnung nach AGMA925-A03.
Graufleckigkeit
Bei unzureichender Schmierung infolge hoher Belastung oder ungünstiger Betriebsparameter
vergrössert sich der Reibbeiwert zwischen den Zahnflanken durch Kontakt der
Zahnrauhigkeit (Mischreibung, µ=0.2-0.4, im Gegensatz zu viskoser Reibung mit µ =0.05).
Infolge der erhöhten Reibkraft entsteht an der Oberfläche der Verzahnung eine
Schubspannung, die schon bei einem für Grübchenbildung noch unkritischen Drehmoment
einen kritischen Wert übersteigen kann. Diese Überbeanspruchung führt zu Materialabtrag
(Ausbrüche mit Tiefe ca. 10-20µm und Fläche ca. 20µm x 100µm) und einer Grauverfärbung
der Verzahnungsoberfläche. Der resultierende Formfehler führt zu erhöhter Zahnbelastung
(KHα, KFα, Kv, Geräusch steigen an), und erhöht das Risiko von Grübchenbildung. Als Mass
für das Risiko von Graufleckigkeit dient der Quotient aus Schmierfilmdicke und
Oberflächenrauhigkeit der Verzahnung, die spezifische Schmierfilmdicke λ. Die Berechnung
erfolgt nach AGMA925 oder den FVA Arbeitsblättern 54 / 259, eine ISO Norm ist in Arbeit.
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Abbildung 2-5 λ Werte für erste und zweite Planetenstufe (Eingriff Sonne-Planet) und Stirnradstufe eines
3.6MW Getriebes einer WEA
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Statische Nachweise
Ebenfalls geführt werden sollte der statische Festigkeitsnachweis auf plastische Verformung
oder Bruch der Verzahnung. Da der klassische statische Nachweis in den Normen nicht
abgedeckt ist, wird er oft als Ermüdungsnachweis mit einer Zykluszahl = 1 geführt.
Sinnvoller ist jedoch ein Nachweis gegen Fliess- respektive Bruchgrenze.
Geforderte Sicherheiten
Die erforderlichen, rechnerischen Sicherheiten sind in Richtlinien spezifiziert. Die
Bestimmung tatsächlich erforderlicher Sicherheiten ist äusserst schwierig und Bedarf
umfangreicher Felderfahrung. Das Wissen um diese erforderlichen Sicherheitsfaktoren stellt
ein enormes Kapital für Getriebebauer dar, das nicht eingekauft sondern nur erarbeitet werden
kann.
Vorschrift
Nachweis nach
AGMA6006
AGMA6006
GL Richtlinie
Danish WT Cert. Sch.
IEC61400
AGMA2101-C95
ISO6336
ISO6336
ISO6336
ISO6336
SF (Ermüdung /
statisch)
1.0
1.56
1.5 (1.4)
1.45
1.56
SH (Ermüdung /
statisch)
1.0
1.25
1.2 (1.0)
1.2
1.25
2.2 Drehwegabweichung, Eintrittsstoss
Von Windkraftgetrieben werden von der Öffentlichkeit tiefe Schallpegel gefordert. Die
Vibrationsanregung aus der Verzahnung ist dabei eine massgebliche Ursache für das
Geräusch. Ziel muss es daher sein, einerseits die Drehwegschwankungen gering zu halten,
andererseits den Eintrittstoss zu verringern. Der Auslegung der Zahnhöhe und der
Kopfrücknahme (Betrag, Art und Höhe) kommt daher besondere Bedeutung zu.
Abbildung 2-6 Eingriffslinie unter Last. Links: verfrühter Eingriff bei nicht korrigierter Verzahnung
(Knick in der Eingriffslinie). Mitte: Verzahnung mit kurzer, linearer Kopfrücknahme (6.2um und 5.0um).
Rechts: Verzahnung mit progressiver Kopfrücknahme (9.3um und 7.5um). Schlussstufe einer 3.6MW
Anlage.
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Der verfrühte Eingriff (Verlängerungen der Eingriffslinien) in der linken Abbildung führt zum
sogenannten Eintrittsstoss. Dieser kann durch eine Kopfrücknahme reduziert werden, die
Eingriffslinie weist danach die charakteristischen Verlängerungen nicht mehr auf. Hingegen
ist bei einer linearen Rücknahme eine Unstetigkeit in der Eingriffslinie sichtbar (mittlere
Abbildung), diese abrupte Drehwinkeländerung kann zu Schwingungen führen. Bei einer
progressiven Kopfrücknahme wird dies vermieden (Abbildung rechts).
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2.3 K-Faktoren
Anwendungsfaktor KA
Für die Auslegung der Verzahnung kann ein Lastkollektiv vereinfachend durch eine Nennlast
und einen Anwendungsfaktor KA ersetzt werden. Die Berechnung von KA erfolgt z.B. nach
DIN3990, Teil 6, Methode III oder nach AGMA6006 vereinfacht wie folgt:
1/ p
 ∑ ni * Ti p 


Teq
KA =
, Teq =  i

Tn
 ∑ ni 
i


p: Steigung Wöhlerlinie, ni: Lastwechsel
Stufe i, Ti: Drehmoment in Stufe i
Die Berechnung des äquivalenten Drehmomentes mit daraus abgeleiteten KA für die
Auslegung einer Verzahnung berücksichtigt keine Dauerfestigkeit und ist daher konservativ.
Ein verfeinertes Verfahren ist z.B. in [2] beschrieben.
Da die Steigung p der Wöhlerlinie für unterschiedliche Materialtypen und Behandlungsarten
sowie für Fuss und Flanke unterschiedlich ist, sind mehrere KA Werte (für jedes p separat) zu
bestimmen. Dies ist unpraktisch. Generell sollte deshalb für den Nachweis nicht mit einem
Anwendungsfaktor, sondern über eine Schadensakkumulation (z.B. nach DIN3990, Teil 6)
gerechnet werden. Siehe dazu Abschnitt 2.4.
Lastverteilungsfaktor
Infolge Fertigungstoleranzen und Deformationen ist die Lastaufteilung auf die verschiedenen
Lastpfade (Planeten) nicht gleichmässig. Für die Berechnung von Planetensätzen wird daher
die Belastung mit einem Faktor Kγ beaufschlagt. Die Angaben zu für Windkraftgetriebe
vorgeschlagenen Werten variieren je nach Quelle stark, siehe Abbildung unten. Um die
Lastaufteilung zwischen den Planeten zu verbessern, können einzelne Elemente des
Planetensatzes (Sonne, Ring, Planet) elastisch oder fliegend gelagert werden, z.B. fliegende
Sonnenwelle oder elastische Lagerung des Ringes. Alternativ kann eine flexible
Planetenlagerung (Flexpin, siehe [1]) als elastisches Element verwendet werden. Der Flexpin
erlaubt eine Ausrichtung der Planeten in radialer wie auch in Umfangsrichtung. Der Effekt
dieser flexiblen Planetenlager ist in der unten stehenden Grafik als Unterschied zwischen den
Linien „MAAG ohne Flexpin“ und „MAAG mit Flexpin“ ersichtlich, die teils auf Messungen,
teils auf Erfahrungen beruhen. Die von MAAG vorgeschlagenen Werte für Kγ werden wohl
in der neuen Version der AGMA6123 übernommen werden.
1.6
GL
DNV
AGMA6123
1.5
MAAG ohne Flexpin / AGMA6123, Appl. Level 3
MAAG mit Flexpin / AGMA6123, Appl. Level 4
K gamma [-]
1.4
IEC 61400
1.3
1.2
1.1
1
3
4
5
6
7
8
Anzahl Planeten [-]
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2-7 Lastverteilungsfaktor in Funktion der Anzahl Planeten
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Messungen, zeigen, dass die Werte für Kγ mit zunehmender Last sinken, da die
Fertigungstoleranzen im Vergleich zu den lastabhängigen Deformationen an Gewicht
verlieren. Sie sind aber aufwendig und lassen Rückschlüsse nur auf das Produkt Kv*Kγ zu.
Die oben angegebenen Richtwerte sind daher als Obergrenze anzusehen. Erst dadurch, dass
tiefe Kγ Werte erreichbar sind, werden Lösungen mit mehr als drei Planeten überhaupt
wirtschaftlich. Beispielsweise lässt sich mit fünf Planeten und einem gemessenen Kγ=1.12
95% des Drehmomentes übertragen, wie mit sieben gleich breiten Planeten und Kγ=1.50
(konservative Annahme / Vorschrift). Dies wiederum erlaubt eine höhere Übersetzung in der
Stufe oder bietet mehr Raum für die Gestaltung des Planetenträgers.
Breitenlastfaktor
Die Verteilung der Umfangskraft über die Breite der Verzahnung und deren Auswirkung auf
die Flanken- (KHβ) und Fussbelastung (KFβ) wird durch den Breitenlastfaktor Kβ beschrieben.
Neben den vereinfachten Berechnungen wie in den Normen beschrieben, wird in den
Vorschriften für WKA Getrieben eine detaillierte, numerische Berechnung der Lastverteilung
gefordert, wenn ein geforderter Mindestwert (Kβ≥1.15) unterschritten werden soll. Dafür
stehen verschiedene Berechnungsprogramme wie LVR, Rikor, Plankorr oder LDP zur
Verfügung.
Ein über die Zahnbreite gleichmässiges Tragen kann über eine Korrektur der Verzahnung
erreicht werden. Ganz allgemein ist der Breitenlastfaktor von dünnen Verzahnungen günstiger
als von breiten. Wiederum sei der Flexpin erwähnt, der ein Verkippen der Planeten unter Last
verhindert (dadurch Kβ direkt reduziert) und durch den günstigen Kγ Wert die Verwendung
von fünf oder sieben dünnerer Planeten (mit tieferem Kβ) zulässt. Für solche
selbstzentrierende Systeme ist die Verwendung auch tieferer Kβ<1.15 in der Berechnung
zulässig.
Werte für Kβ über 1.30 führen zu einem nicht akzeptablen Tragbild, das in der Praxis (im
Prüflauf) auch erkannt werden muss. D.h. dass realisierte Getriebe ein Kβ zwischen 1.10 und
1.30 aufweisen. Der Breitenlastfaktor ist in der Praxis (gerade unter Last) meist tiefer als
gemäss der rechnerischen Ermittlung anzunehmen ist.
Stirnlastfaktor
Der Stirnlastfaktor Kα berücksichtigt die Lastüberhöhung in der Flanke (KHα ) und im Fuss
(KFα ) infolge Teilungsfehler und ungleichmässige Lastverteilung über mehrere sich im
Eingriff befindlicher Zähne. Die Berechnung erfolgt nach ISO6336. Bei den in WKA
Getrieben geforderten Verzahnungsqualitäten (z.B. mind. Qualität 6 für Aussenverzahnungen
nach GL Richtlinie) ist die Verwendung von Kα=1 zulässig. Da der Breitenlastfaktor Kβ einen
stärkeren Einfluss auf das Tragverhalten hat, wird alternativ eine 3D Kontaktanalysen zur
genauen Berechnung des Produktes Kβ*Kα gefordert, es wird dann mit einem kombinierten
Faktor Kαβ gearbeitet.
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Dynamikfaktor
Der Dynamikfaktor Kv berücksichtigt die Lastüberhöhung in der Flanke (KHv) und im Fuss
(KFv) infolge Verzahnungssteifigkeitsschwankungen im Eingriff. Ist die Frequenz der
Steifigkeitsschwankung / Drehzahl gerade vergleichbar mit der Eigenfrequenz des Eingriffes,
so treten dynamische Zusatzkräfte auf. Der Rechenansatz folgt ISO6336, Methode B und
unterscheidet zwischen drei Drehzahlbereichen (unterkritisch: N<<1, kritisch: N~1,
überkritisch: N>>1), die durch die bezogene Drehzahl N (Ritzeldrehzahl n1 verglichen mit
Resonanzdrehzahl nE1) definiert sind, wobei N die reduzierte Masse der Verzahnung mred und
die Verzahnungssteifigkeit cγ berücksichtigt:
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N=
mred
n1
= 2πn1 z1
,
n E1
cγ
K v = f (N )
Aufgrund der tiefen Drehzahlen werden WKA Getriebe im unterkritischen Bereich betrieben,
die Werte für Kv werden dementsprechend tief angesetzt. In den Vorschriften der Zertifizierer
von WKA Anlagen sowie den einschlägigen Normen wird ein Wert Kv=1.05 oder grösser
gefordert. Soll ein tieferer Wert verwendet werden, so wird eine Messung oder eine
detaillierte Rechnung gefordert.
2.4 Berechnung mit Lastkollektiven
Der rechnerische Nachweis der Verzahnung wird mit Verweildauerkollektiven (LDD)
geführt. Diese werden bestimmt indem aus Windgeschwindigkeitsverläufen für verschiedene
Windmittelgeschwindigkeiten mittels einer Dynamiksimulation oder Messung Zeitverläufe
für Drehmoment und Drehzahl an der Rotorwelle berechnet wird. Diese Zeitverläufe werden
danach zu einem Verweildauerkollektiv für Drehzahl und Drehmoment klassiert. Dabei ist zu
beachten dass die Drehzahl nur wenig schwankt und auch nur linear in die
Lebensdauerberechnung eingeht. Die Klassierung sollte sich daher am Verlauf des
Drehmomentes orientieren.
Eine Frage ist, ob die K-Faktoren, insbesondere Kβ, für alle Laststufen gleich gehalten (z.B. in
[2] / [3] gefordert) oder für jede Laststufe einzeln berechnet (gemäss [8]) werden soll. Der
folgende Vergleich (siehe auch [11]) zeigt, dass die rechnerischen Sicherheiten einer
Verzahnung jedoch nur minimal von einander abweichen, wenn statt einem konstanten
KHβ=1.26 (berechnete für Nennlast) ein für jede Laststufe separat berechneter Wert verwendet
wird.
1.8
1.27
1.681
1.7
1.644
1.651
1.618
1.25
Khbeta [-]
1.6
1.26
Rad 1, Khb variabel
Rad 1, Khb konstant
Rad 2, Khb variabel
Rad 2, Khb konstant
1.5
1.384
1.4
1.3
1.269
1.24
1.23
Khb variabel
Khb konstant
1.22
1.363
1.21
1.251
1.2
1.2
SF
1
SH
3
5
7
9
11
13
15
17
Lastschritt [-]
Abbildung 2-8 Vergleich zwischen Berechnung mit variablem und konstantem Kβ. Schlussstufe einer
3.6MW Anlage, L=20’000h, ISO6336, B.
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Es zeigt sich häufig, dass nur ein geringer Teil der Schritte im Kollektiv den grössten Teil der
Schädigung ausmachen. Es ist dann sinnvoll, diese schädigungsrelevanten Lastniveaus weiter
zu unterteilen und zu präzisieren. Offen ist hier die Frage nach dem Einfluss von Lastniveaus
mit sehr hoher Last (nahe der statischen Festigkeit) aber tiefer Zyklenzahl (low cycle fatigue).
Unterschätzt wird nach DIN und ISO wohl der Einfluss von Anteilen im Kollektiv mit hohen
Zyklenzahlen aber tiefer Last (high cycle fatigue). Es ist daher bei Verwendung der DIN3990
oder ISO6336 sinnvoll, die Wöhlerlinie mit dem Ansatz von Haibach (kein
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Dauerfestigkeitsbereich, siehe Linie b) in der linken Abbildung unten) zu modifizieren und
eine zweite Rechnung durchzuführen, um eine konservative Grenze nach unten zu bestimmen.
3
2.5
2
2.39
1.996
2.306
Nicht mofiziert
Haibach modifiziert
2.01
1.5
1.353
1.274
1.3931.338
SH1
SH2
1
0.5
0
SF1
SF2
Abbildung 2-9 Einfluss der Haibach Modifikation auf die errechneten Sicherheitsfaktoren. „Nicht
modifiziert“: nach Linie a), „Haibach modifiziert“ nach Linie b)
3 Zusammenfassung
3.1 Investition in Grundlagen
Vor dem Hintergrund der häufig auftretenden Schäden in WKA Getrieben ist es von vitalem
Interesse für alle Beteiligten, einen qualifizierten und gleichberechtigten Dialog zu führen.
Ein Aspekt diese Dialoges ist der rechnerische Festigkeitsnachweis von Verzahnungen, der in
diesem Beitrag beleuchtet wurde. Hier ist es notwendig, in Ausbildung, Werkzeuge und
Prozesse zu investieren um das Informationsgefälle zwischen Getriebelieferant und
Getriebeabnehmer auszugleichen.
3.2 Prozesssicherheit in der Berechnung
Die Verwaltung mehrer Einzelberechnungen, der Einsatz unterschiedlicher Werkzeuge und
der Abgleich zwischen Berechnung, Konstruktion und Fertigung führt zu einem hohen und
ungeliebten Aufwand beim Datenmanagement. Ziel soll es daher sein, mittels geeigneter
Werkzeuge die zu einem WKA Getriebe notwendigen Berechnungen (Verzahnung, Lager,
Wellen, Verbindungen) in einem das ganze Getriebe erfassenden Modell zu verwalten. Dies
erlaubt auch die rasche Nachrechnung des gesamten Getriebes für veränderte Eingangswerte,
z.B. kundenspezifische Lastkollektive sowie die Rückführung von Felderfahrung im Sinne
des Know-how Managements.
3.3 Frage nach dem geeigneten Getriebekonzept
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Ein systematischer Vergleich der oben gezeigten Getriebekonzepte hinsichtlich rechnerischer
Nachweis, konstruktiven Details, Fertigung, Kosten und Betriebsverhalten ist zur Zeit nicht
allgemein zugänglich und muss firmenintern aufgebaut werden. Er bildet die Grundlage für
eine Risikoabschätzung vor Investitionsentscheiden. Für den Abnehmer von Getrieben muss
es daher von Interesse sein, eine herstellerunabhängige, standardisierte Methodik und das
dazugehörige Werkzeug zur Verfügung zu haben, die es ihm erlaubt, verschiedene
Getriebekonzepte oder Getriebe unterschiedlicher Hersteller rasch und sicher zu vergleichen.
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4 Referenzen
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[1] U. Giger, G.P. Fox, Leistungsverzweigte Planetengetriebe in Windenergieanlagen mit
flexibler Planetenlagerung, ATK03
[2] AGMA6006-A03, Standard for Design and Specification of Gearboxes for Wind
Turbines, 2003
[3] ISO81400-4, Wind turbines, Design and Specification of gearboxes, 2005
[4] AGMA6123-A88, Design Manual for Enclosed Epicyclic Metric Module Gear Drives,
1988
[5] AGMA6123-BXX, Design Manual for Enclosed Epicyclic Gear Drives, Draft, 2004
[6] Germanischer Lloyd, Richtlinie für die Zertifizierung von Windenergieanlagen,
2003/2004
[7] Det Norske Veritas, Guidelines for Design of Wind Turbines
[8] The Danish Energy Authority, Recommendation to Comply with the Technical
Criteria of the Danish Wind Turbine Certification Scheme, 2005
[9] IEC 61400, Design Requirements for Wind Turbine Gearboxes, Draft, 2005
[10]
VDI2737, Berechnung der Zahnfusstragfähigkeit von Innenverzahnungen mit
Zahnkranzeinfluss, 2003
[11]
R. Grzybowski, B. Niederstucke, Betriebsfestigkeitsberechnung von Getrieben
in Windenergieanlagen mit Veweildauerkollektiven, AZT Expertentage 2004
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