aktuell - infektionsnetz

Werbung
07/5000/02/2008
Fusidinsäure
aktuell
O. Janata
Anschrift des Verfassers:
OA Dr. Oskar Janata
Hygieneteam im Donauspital/SMZ-Ost
Langobardenstraße 122
A-1220 Wien
Inhaltsverzeichnis
Einleitung 2
Historische Entwicklung
2
Chemische Struktur, Darreichungsformen
2
Pharmakokinetik und Gewebegängigkeit
3
Dosierung
4
Wirkmechanismus
5
Wirkspektrum
6
Resistenzmechanismen
7
Klinische Bedeutung der Resistenzen gegen Fusidinsäure
8
Antibiotika-Kombinationen
9
Andere Effekte
11
Unerwünschte Arzneimittel Wirkungen und Kontraindikationen
11
Arzneimittelinteraktionen
12
Besondere Patientengruppen
12
Schwangerschaft
12
Indikationen
12
MSSA-Therapie
14
Therapie von Fremdkörperinfektionen
16
Fusidinsäure im Knochenzement
16
Therapie des Methicillin-resistenten S. aureus (MRSA, CA-MRSA) 17
Die in dieser Broschüre gemachten Angaben entsprechen dem derzeitigen wissenschaftlichen
Erkenntnisstand. Nähere Details können beim Autor erfragt bzw. der weiterführenden Literatur sowie
den veröffentlichten Fachinformationen entnommen werden.
Impressum:
Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung,
vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein
anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung von LEO Pharma reproduziert oder unter
Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
© 2008 LEO Pharma GmbH, Mariahilferstr. 123, 1060 Wien
Gestaltung: Seidl und Hödlmoser Werbeagentur, www.seidlhoedlmoser.com
MRSA-Eradikation
18
Haut- und Weichteilinfekte
18
Mukoviszidose
18
Legionellen-Pneumonie
19
Infektionen des Zentralen Nervensystems
19
Acinetobacter mit Colistin Resistenz
19
Clostridium Difficile assoziierte Diarrhoe
20
Fusidinsäure als topische Therapie
20
Zusammenfassung 20
Anhang
21
Literatur
22
0. Janata
Seite 2
0. Janata
Seite 3
Einleitung
Die Fusidinsäure ist seit 1962 als Staphylokokken-Antibiotikum im klinischen
Gebrauch. Bereits in der ersten Ausgabe von Antibiotika-Therapie in der Praxis von
Simon C. und Stille W. (1970) wird dieser Substanz eine „günstige Pharmakokinetik“
bescheinigt und eine Anwendung insbesondere bei Penicillin-Allergie oder Oxacillin-Resistenz der Erreger empfohlen. Osteomyelitis, Staphylokokken-Pneumonie
und Sepsis werden beispielhaft als Indikationen genannt. Mehr als ein halbes Jahrhundert später hat dieses Antibiotikum nichts an Wirksamkeit eingebüßt und gehört nach wie vor zu den aktivsten Staphylokokkentherapeutika.
Abb. 2 Chemische Struktur der Fusidinsäure
$00)
0"D
)0
$00)
0)
)
0"D
Cephalosporin P1
)0
0$0$)
Historische Entwicklung
1961 wurde das Steroid-Antibiotikum Fusidinsäure aus Kulturfiltraten von Fusidium
coccineum isoliert (phytopathogener Erreger, heute als Cylindrocarpon benannt).
Verwandte Vertreter dieser Gruppe (z.B. Helvolinsäure, Cephalosporin P1) zeigen
keine relevante antibakterielle Aktivität und sind daher ohne klinische Bedeutung.
Abb. 1 Fusidium coccineum (Cylindrocarpon spp.)
$00)
)
)0
)
0"D
0
0
0"D
Helvolinsäure
Pharmakokinetik und Gewebegängigkeit
Chemische Struktur, Darreichungsformen
Abb. 2 zeigt das chemische Grundgerüst der Fusidinsäure, deren Salze gut wasserlöslich und chemisch stabil sind. Trotz ihrer Steroidstruktur hat die Substanz keine
Hormonaktivität. Für den klinischen Einsatz steht die Fusidinsäure in Österreich als
Infusion, Tablette und Hautsalbe oder Augengel zur Verfügung.
Fusidinsäure aktuell
Die Substanz wird bei oraler Gabe nahezu vollständig resorbiert, die Einnahme zu
den Mahlzeiten verzögert die Resorption etwas, die aufgenommene Gesamtmenge
bleibt gleich. Der Spitzenspiegel 2–4 Stunden nach einmaliger Gabe von 500 mg
oral, respektive nach 500 mg intravenös liegt bei ca. 30 mg/l bzw. 50 mg/l; bei
wiederholter 3-mal-täglicher Gabe kommt es nach 3 Tagen zur Kumulation und die
Spitzenspiegel liegen bei ca. 70 mg/l nach oraler Gabe, bzw. nach der Infusion bei
ca. 120 mg/l. Werden nur 2-mal täglich 500 mg verabreicht, kommt es zu keiner
Kumulation. Die Eiweißbindung ist hoch (95–97 %). Die Substanz wird in der Leber
zu mehreren Metaboliten abgebaut und zu fast 100 % über die Galle und mit dem
Stuhl ausgeschieden. Die Ausscheidung ist nicht linear mit einer Serumhalbwertszeit
von 4–6 Stunden bzw. von 14–16 Stunden, nach wiederholten Gaben. Theoretisch würde dies auch eine zweimal tägliche Verabreichung erlauben (z.B. 2 x 1 g statt 3 x 0,5 g).
Fusidinsäure aktuell
Seite 4
0. Janata
Die Gewebegängigkeit der Fusidinsäure ist, abgesehen vom nicht-entzündlichen
Liquor, exzellent (s. Tab. 1); insbesondere hervorzuheben wäre die gute Penetration
in Eiteransammlungen, Abszessen (Crosbie, 1977), darunter auch Hirnabszessen
(DeLouvois, 1983).
Tab. 1 Gewebegängigkeit der Fusidinsäure
Sehr gut
Knochen, Synovialflüssigkeit
Haut, subkutanes Fettgewebe
Lunge, Bronchialsekrete, Pleura
Muskel, Herzmuskel
Leber
Niere, Prostata
Augenkammerwasser
Abszesse (!)
Infizierte Gelenke (!)
Schlecht
Nichtentzündlicher Liquor
0. Janata
Seite 5
Wirkmechanismus
Fusidinsäure wirkt durch Hemmung des Enzyms Translokase (elongations factor),
wodurch die Proteinsynthese am bakteriellen Ribosom verhindert wird. Dabei
wird die zweite Phase, die der Elongation (nach Initiation am Ribosom und vor der
Termination) gehemmt (s. Abb. 3). Darüber hinaus hemmt die Fusidinsäure die
Freisetzung der m-RNA vom Ribosom. Die Aktivität der Substanz ist bakteriostatisch, dosis- und erregerabhängig sind die Effekte auch bakterizid.
Abb. 3 Angriffspunkt der Fusidinsäure
Dosierung
Da bei der Anwendung der Fusidinsäure keine Organtoxizität zu befürchten ist,
kann die Substanz über einen relativ großen Bereich dosiert werden (s. Tab. 2).
Tab. 2 Dosierung der Fusidinsäure bei systemischer Gabe
Anwendung bei EinzeldosisDosierungsintervall
Erwachsene
500 mg
8 Stunden
max. 1000 mg 8–12 Stunden
Kinder ‹ 12 Jahre oder
i.v. 7 mg/kg KG 8 Stunden
Kinder ‹ 50 kg
p.o. 12 mg/kg KG*
Kinder › 12 Jahre oder
wie Erwachsene
Kinder › 50 kg
* maximale Tagesdosis bei oraler Gabe in der Literatur 50 mg/kg KG
Fusidinsäure aktuell
Fusidinsäure aktuell
Seite 6
0. Janata
Wirkspektrum
0. Janata
Seite 7
Tab. 4 Typische Minimale Hemmkonzentrationen der Fusidinsäure
Der Schwerpunkt der antimikrobiellen Aktivität der Fusidinsäure liegt bei den
Staphylokokken (s. Tab. 3). Interessant für den Kliniker ist natürlich auch die
Aktivität gegen C. difficile, da die Fusidinsäure eine Option bei C. difficile-Diarrhoe
darstellt. Über die Bedeutung der Aktivität gegen Mykobakterien oder anderer
„atypischer Erreger“ lässt sich mangels Daten nichts sagen. Gramnegative Erreger
sind resistent gegen Fusidinsäure, da die Substanz nicht
durch die Zellwand penetrieren kann.
Erreger
MHK50
Erreger
MHK50
S. aureus
0,03–0,07
N. meningitidis
0,56
MRSA
0,04–0,19
N. gonorrhoeae
0,6
S. epidermidis
0,03–0,25
B. pertussis
0,08
C. diphtheria
0,004
B. fragilis
2,0
C. difficile
0,01
Legionella pn.
0,125
C. tetani
0,02
Peptostreptococcus 0,25
Propionibacterium 0,25
Tab. 3 Wirkspektrum der Fusidinsäure
Grampositive Kokken
Staphylococcus aureus, auch MRSA
Koagulase negative Staphylokokken,
auch MRSE
nicht: Staphylococcus saprophyticus
mäßig nur: Streptokokken, Pneumokokken
Grampositive Stäbchen
Corynebacterien
Listerien
B. anthracis
Gramnegative Kokken
Neisseria gonorrhoeae, N. meningitidis
Anaerobier
Peptokokken, Peptostreptokokken
Clostridium difficile, andere Clostridien
unterschiedliche Bacteroides spp.
nicht: Fusobacterium necrophorum
Andere
Mycobacterium tuberculosis, M. leprae
Legionella spp.
B. pertussis
Coxiella burnetti
Fusidinsäure aktuell
Bacillus anthracis
0,06–1,5
Tab. 5 Laborkriterien für die Austestung der Fusidinsäure bei Staphylokokken
Interpretation
Minimale Hemmkonzentration (mg/l )
Hemmhofdurchmesser
(mm)
Empfindlich
≤ 0,25
≥ 22
Intermediär
0,5 – 1
› 17 – ‹ 22
Resistent
≥2
≤ 17
Nach CLSI (Howden, 2006)
Resistenzmechanismen
Bei Staphylokokken, die in-vitro der Fusidinsäure exponiert werden, kommt es
mit einer Frequenz von 10-7 bis 10-8 zum Auftreten resistenter chromosomaler
Mutanten (O´Neill, 2001). Kombiniert man die Fusidinsäure mit z.B. Rifampicin,
treten Mutationen nur mehr mit einer Frequenz von ‹ 10-11 auf. Ein wichtiger
Resistenzmechanismus ist dabei eine fusA-Mutation, die den Angriffspunkt der
Fusidinsäure am Elongationsfaktor-G ändert und damit die Affinität reduziert
(Besier, 2003). Die häufigste Resistenz entsteht durch fusB-Mutationen, die
Plasmid- oder Chromosomal-codiert sein können. Der genaue Resistenzmechanismus ist dabei noch ungeklärt. Die Annahme einer verminderten Zellwandpermeabilität hat sich aber nicht bewahrheitet (O´Brien, 2002).
Fusidinsäure aktuell
Neben dem geringen individuellen Resistenzrisiko unter einer Therapie bestätigen
rezente Publikationen auch das aktuell niedrige Resistenzniveau bei Staphylokokken
(Turnidge, 1999).
In der internationalen Literatur liegen die Resistenzzahlen bei S. aureus bei
‹ 3 %, bei MRSA etwas höher bei ‹ 5 % (Rennie, 2006). Auch die eigenen Daten
bestätigen die günstige Resistenzsituation (s. Abb. 4); so fand sich in den letzten
Jahren unter den S. aureus-Isolaten aus Blutkulturen, inklusive MRSA, kein
Einziger mit Resistenz gegen Fusidinsäure.
Fusidinsäure aktuell
0OLPMPHJF
/JDIU0OLPMPHJF
'VTJEJOTjVSF
.JOPDZDMJO
3JGBNQJDJO
Obwohl sich in der Literatur sehr früh Hinweise auf eine „rasche Resistenzentwicklung“ gegen Fusidinsäure als Monotherapeutikum finden, dürfte dieses Phänomen
überschätzt sein. Bei diesen Berichten handelt es sich typischerweise um Risikosituationen, wie z.B. die lang dauernde Anwendung bei Verbrennungspatienten
oder wiederholte Gaben bei Patienten mit chronischen Hauterkrankungen
(Lowbury, 1962). Fasst man die wenigen Berichte über tatsächliche sekundäre
Resistenzen zusammen, so kommt es bei den genannten Patientengruppen sowie
unter lang dauernder Salbentherapie mit Fusidinsäure in max. 5 % der Fälle zur
sekundären Resistenz (Howden, 2006). Wird die Fusidinsäure in Kombination
gegeben, so liegt die Resistenzrate unter 1 %. Diese Überlegungen könnten für
eine Langzeittherapie eine Rolle spielen.
Abb. 4 In vitro Resistenzen – S. aureus in der Blutkultur (DSP 2004 - 2007)
$PUSJNPYB[PM
Klinische Bedeutung der Resistenzen gegen Fusidinsäure
Seite 9
$IJOPMPO
Es ist für Fusidinsäure allerdings nachgewiesen, dass ihre chromosomal
bedingten resistenten Mutanten unter Normalbedingungen weniger pathogen
und widerstandsfähig sind und die Mutationen bei Wegfall des Selektionsdrucks ohne Effekt bleiben und relativ schnell wieder eliminiert werden.
Manche Mutanten kehren zu voller Sensibilität zurück (Shanson, 1990)
Wesentlich seltener findet man als Basis einer Resistenz die Bindung der
Fusidinsäure durch eine Chloramphenicol-Acetyltransferase (Turnidge, 1999)
oder Entfernung durch eine AcrAB-Effluxpumpe (O´Neill, 2002).
0. Janata
$MJOEBNZDJO
Seite 8
.FUIJDJMMJO
0. Janata
Wenn es lokal zu gehäuften Resistenzen kommt, liegt die Ursache dafür meist in
der Ausbreitung eines einzigen resistenten Klons, eventuell begünstigt durch eine
unkritische topische Anwendung (Sule, 2007, Osterlund, 2006).
Antibiotika-Kombinationen
Schwere Staphylokokkeninfektionen werden oft mit Antibiotika in Kombinationen
behandelt. Wegen der pharmakologischen Vorteile und möglicher in-vitro Synergien ist
die Fusidinsäure ein beliebter Kombinationspartner. Kombinationen mit Aminoglykosiden, Tetracyclinen, Cotrimoxazol, Makroliden, Rifampicin, Novobiocin und verwandten Substanzen ergeben in vitro mehrheitlich synergistische Effekte. Die Kombinationen mit Betalaktamen, Vancomycin oder Fosfomycin ergeben synergistische,
indifferente und im Einzelfall eventuell auch antagonistische Resultate, die mit
Chinolonen indifferente oder antagonistische (Bryskier, 2005). Die Trippelkombination Oxacillin, Rifampicin und Fusidinsäure war experimentell bei 50 % der
S. epidermidis-Isolaten von Endokarditispatienten synergistisch (Yu, 1984).
Fusidinsäure aktuell
Seite 10
0. Janata
0. Janata
Seite 11
Tab. 6 Kombinationsempfehlungen mit Fusidinsäure
Andere Effekte
Indikation Erreger
Kombinationsempfehlungen
mit Fusidinsäure
Diabetisches-Fuß-Syndrom
aerob-anaerob
Fusidinsäure 3 x 500 mg i.v. +
Mischflora
Amoxicillin/Clavulansäure 3 x 2, 2 g i.v.,
S. aureus, MRSA
Meropenem 3 x 1 g i.v.,
Piperacillin/Tazobactam 3 x 4 g/0,5 g,
Imipenem 2–4 g i.v.
Osteitis
Fusidinsäure 3 x 500 mg i.v. +
S. aureus
Arthritis
Flucloxacillin 4 x 1–2 g i.v., Implantat
Cefazolin 3 x 2 g i.v.,
Katheter-assoziierte
Cefuroxim 3 x 1,5 g i.v.,
Bakteriämie
Amoxicillin/Clavulansäure 3 x 2,2 g i.v.,
Ampicillin/Sulbactam 3 x 3 g i.v.
MRSA Fusidinsäure 3 x 500 mg i.v. +
S. epidermidis
Rifampicin 2 x 600 mg p.o./i.v.,
Vancomycin nach Spiegel,
Minocyclin 2 x 100 mg p.o, Daptomycin 4 mg/kg/KG,
Fosfomycin 2 x 8 g i.v.,
Cotrimoxazol
Haut-, Weichteilinfektionen
S. aureus
Fusidinsäure 3 x 500 mg i.v. Monotherapie
Mukoviszidose
S. aureus
Fusidinsäure 3 x 500 mg i.v. +
Beatmungspneumonie
MRSA
Piperacillin/Tazobactam 3 x 4 g/0,5 g,
Enterobakterien
Imipenem 2–4 g i.v.,
Pseudomonas
Meropenem 3 x 1 g i.v.,
Cefepim 2 x 2 g i.v.,
Cefpirom 2 x 2 g i.v.
Fusidinsäure aktuell
Die Fusidinsäure blockiert reversibel die IL-1 und TNF-Freisetzung von Makrophagen, wie auch die Produktion von IL-2 und Interferon. Desgleichen wird der
stimulierende Effekt von IL-6 auf die Glukose-abhängige Insulinproduktion
gebremst. Beschrieben sind in diesem Zusammenhang positive Effekte der Fusidinsäure bei Patienten mit frisch diagnostiziertem Diabetes. Diese immunsuppressiven
Effekte wurden klinisch schon bei Patienten mit Behcet´scher Kolitis oder M. Crohn
genutzt (Langholz, 1991 und 1992), aber auch bei endogener Uveitis, Autoimmunhepatitis und einigen neurologischen Immunerkrankungen therapeutisch versucht.
S. aureus, insbesondere in der Form des community-acquired-MRSA können
durch Freisetzung eines Toxins, des Panton-Valentin-Leucozidin (PVL) Haut- und
Weichteilinfekte sowie schwer verlaufende Lungeninfekte verursachen. Die Sterblichkeit bei diesen nekrotisierenden Pneumonien kann 75 % betragen (Dufour,
2002). Staphylokokken-Antibiotika, die zusätzlich zur Keimabtötung auch die
Freisetzung des PVL blocken können, wären in dieser Situation von Vorteil.
Für Clindamycin, Linezolid und auch für die Fusidinsäure ist eine PVL-Hemmung
experimentell nachgewiesen (Dumitrescu, 2007). Subinhibitorische Konzentrationen dieser Substanzen reduzieren die PVL-Produktion signifikant; inwieweit
dadurch die Sterblichkeit dieses schweren Krankheitsbildes zu beeinflussen ist,
bleibt nachzuweisen.
Unerwünschte Arzneimittel Wirkungen und Kontraindikationen
Die Häufigkeit und Art von Nebenwirkungen hängt von der Darreichungsform ab.
Bei intravenöser Gabe kann es zu lokalen Reaktionen (Thrombophlebitis, Venenspamsus) – empfohlen wird daher die Gabe als Infusion in eine Vene mit starker
Durchblutung oder durch einen Zentralvenenkatheter – und Ikterus kommen. Diese
isolierte und reversible Hyperbilirubinämie ist die einzig relevante Nebenwirkung,
die bei oraler Gabe prinzipiell auch möglich, aber wesentlich seltener ist. Da die
Substanz in hohem Maße eiweißgebunden ist, kann es zur Verdrängung des Bilirubins kommen: Vorsicht ist daher bei Neugeborenen angezeigt, insbesondere wenn
sie frühreif, ikterisch oder azidotisch sind. In der Literatur ist darüber hinaus eine
reversible, immunmediierte Thrombozytopenie unter der Gabe von Fusidinsäure beschrieben. Da die Infusionslösung einen Phosphat-Citrat-Puffer enthält, kann es bei
hohen Dosen zu einer Hypokalziämie kommen: Vorsicht ist daher bei Patienten mit
Fusidinsäure aktuell
0. Janata
Seite 12
präexistent niedrigem Kalzium angezeigt. Die wesentlichen Nebenerscheinungen
bei oraler Gabe sind gastrointestinaler Art (Appetitlosigkeit, Magenschmerzen,
Aufstoßen, u.ä.m.). Deshalb wird empfohlen, Fucidin®-Filmtabletten unzerkaut mit
Flüssigkeit während den Mahlzeiten einzunehmen. Die Gabe der Fusidinsäure ist
kontraindiziert bei Patienten mit allergischen Reaktionen auf den Wirkstoff.
0. Janata
Seite 13
Tab. 7 Klinischer Einsatz (Zusammenfassung ausgewählter Studien)
Indikationen
Autor
Jahr
Details
Ergebnis
S. aureus-Bakteriämie
Bodley
1969
Flucloxacillin
& Fusidinsäure
oder Gentamicin
Signifikant weniger
Relaps nach Fusidinsäure
S. aureus-Endokarditis
Bodley
1969
Komb. mit Fusidinsäure versus ohne
Geringere Sterblichkeit mit Fusidinsäure
Akute Osteomyelitis
bei Kindern
Learmonth
1984
Fusidinsäure &
Makrolid
100 % Heilung nach 12
Monaten
Chronische
Osteomyelitis
Ernst
1969
Fusidinsäure mono 64 % Erfolg in
oder in Komb.
Kombination
Infizierte
Gelenksimplantate
Aboltins
2007
Fusidinsäure und
Rifampicin
90 % Erfolg nach 12
Monaten
MRSA Infektionen
Jensen
1968
Fusidinsäure und
Rifampicin
87 % bakteriologische
Heilung
MRSA Infektionen
Cox
1995
Fusidinsäure und
Rifampicin
100 % Heilungsrate
MRSA bei Pat. mit
zystischer Fibrose
Garske
2004 Fusidinsäure und
Rifampicin
MRSA bei Pat. mit
zystischer Fibrose
Macfarlane
2007 5 Tage FusidinDekolonisation bei
säure u. Rifampicin 94 % der Kinder
Die Fusidinsäure überschreitet die Plazenta und lässt sich auch in der Muttermilch
nachweisen. Exakte Daten über die Sicherheit in der Schwangerschaft fehlen.
In der Produktinformation wird von einer Gabe im letzten Trimenon abgeraten,
da eine Verdrängung des Bilirubins aus der Eiweißbindung denkbar wäre, ist im
Übrigen eine strenge Indikationsstellung gefordert. Das Stillen unter einer Gabe
von Fusidinsäure kann erlaubt werden.
S. aureus-Carrier
Parras
1995
C. difficile-Diarrhoe
Wullt
2004 Fusidinsäure im
Kein Unterschied
Vgl. zu Metronidazol (Ansprechen, Relaps)
C. difficile-Diarrhoe
Bricker
2007 Cochran Database
Syst. Review
Gleichwertig mit
anderen Substanzen
Indikationen
Neurochirurgische
OP-Prophylaxe
Golledge
1999
Versus Placebo
Niedrigere Infektrate
(2,4 % versus 9,1 %)
Neonaten mit
Langzeitkatheter
Filippi
2007 Prophylaxe mit
FusidinsäureHeparin-Lock
Niedrigere Infektrate
(6,6 % versus 24,9 %)
Arzneimittelinteraktionen
Die Fusidinsäure hat eine zeitabhängige, aktivierende Wirkung auf das CytochromSystem CYP450: bis zu 14 Tagen Therapiedauer ist kein Effekt nachweisbar, ab 4
Wochen Gabe schon; eine klinisch relevante Arzneimittelinteraktion ist bisher aber
noch nicht beobachtet worden.
Besondere Patientengruppen
Bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion ist keine Änderung der Fusidinsäuredosis notwendig; Hämodialyse und Peritonealdialyse ändern die pharmakokinetischen Eigenschaften nicht. Eine isolierte Hyperbilirubinämie oder Cholestase ist
kein Problem für eine geplante Therapie mit Fusidinsäure und erfordert auch keine
Dosisreduktion. Wird die Substanz aber bei Patienten mit akuter oder weit fortgeschrittener Hepatopathie angewendet, ist eine besonders strenge Indikationsstellung zu fordern und werden regelmäßige Kontrollen der Leberfunktionsparameter empfohlen.
Schwangerschaft
Die Fusidinsäure ist ein klassisches Staphylokokken-Antibiotikum. Da die Substanz
mit Betalaktamen nicht kreuzreagiert, kann sie sowohl bei Resistenz des Erregers,
als auch bei Allergie des Patienten gegen Laktame zum Einsatz kommen. Neben
einer Vielzahl von Therapieberichten gibt es auch eine Reihe von vergleichenden
Studien in denen die Fusidinsäure bei Infektionen durch Staphylokokken, Clostridien, aber auch prophylaktisch eingesetzt wurde (nach Howden, 2006) (s. Tab. 7).
Fusidinsäure aktuell
Cotrimoxazol &
Fucidin®-Salbe
versus Mupirocin
100 % klinischer Erfolg
Kein Unterschied
Fusidinsäure aktuell
Seite 14
0. Janata
0. Janata
Seite 15
Abb. 6 Akute & Chronische Osteomyelitis Erfolgsraten
MSSA-Therapie
S. aureus Infekte wie Furunkulose, tiefe Abszesse, infizierte Wunden und
Verbrennungen, Arthritis, Osteomyelitis, postvirale Pneumonie, Bakteriämie und
Endokarditis sind typische Indikationen für die Fusidinsäure (Crosbie, 1963).
Bei schweren Verlaufsformen werden meist Kombinationen mit Betalaktamen
eingesetzt (Jensen, 1964 & 1969; Portier, 1990). Ansprechraten bis zu 70 % bei
schwerstkranken Patienten sind publiziert (Portier, 1990) (s. Abb. 5 u. 6).
O
O
O
O
®
Erfolg in %Fucidin
i.v. bei
akuter …
O
O
O
O
Abb. 5 Klinische Erfolgsraten bei S. aureus-Bakteriämie
Heilungsraten in %
'VDJEJOˆ
1FOJDJMJOPEFS
'VDJEJOˆ
&SZUISPNZDJO
1FOJDJMJOPEFS
&SZUISPNZDJO
O
O
O
O
'VDJEJOˆ
&SZUISPNZDJO
'VDJEJOˆ
&SZUISPNZDJO
'VDJEJOˆ$MPYBDJMMJO
"NQJDJMMJOCFJ
ˆ
$MPYBDJMMJO
'VDJEJO
)JOGMVFO[BF
"NQJDJMMJOCFJ
#FUFJMJHVOH
)JOGMVFO[BF
#FUFJMJHVOH
'VDJEJOˆ
'VDJEJOˆ
*
Akute Osteomyelitis
„Viele Berichte bestätigen, dass Fucidin® eine wertvolle Substanz zur Behandlung akuter Knocheninfektionen ist. Auch beim Neugeborenen sowie selten vorkommenden Infektionen von Schlüsselund Schambein.“ 1)
Erfolg in %
'VDJEJOˆ
$MPYBDJMMJOPEFS
'MVDMPYBDJMMJO
'VDJEJOˆ
"NJLBDJO
'VDJEJOˆ
$MPYBDJMMJO
'VDJEJOˆ
"NJOPHMZLPTJEF
PEFS7BODPNZDJO
Einen hohen Stellenwert hat die Substanz in der Behandlung der akuten wie
chronischen Osteomyelitis, wie auch bei Infekten nach orthopädischen Eingriffen
(Coombs, 1990). Für die Implantatchirurgie wurde die Fusidinsäure auch schon
dem Knochenzement beigefügt (Atkins, 1999), in einer anderen Studie Fusidinsäure-Zement mit systemischem Teicoplanin kombiniert (Ersoz, 2004).
Besserung
Heilung
1) Coombs R.R.H., Antimicrob Chemother 1990; 25, Suppl. B: 53-60
Fusidinsäure aktuell
… und chronischer Osteomyelitis
O
O
O
O
O
O
O
O
'VDJEJOˆBOEFSFT
'VDJEJOˆ
"OUJCJPUJLVN
#FO[ZMQFOFDJMMJO
ˆ BOEFSFT
'VDJEJO
'VDJEJOˆ
0QFSBUJPO
0QFSBUJPO
"OUJCJPUJLVN
#FO[ZMQFOFDJMMJO
0QFSBUJPO
0QFSBUJPO
„Aufgrund der Fähigkeit, in normales und chronisch entzündetes
Knochengewebe zu penetrieren,
'VDJEJOˆWPS
EFS0QFSBUJPO
'VDJEJOˆWPS
EFS0QFSBUJPO
'VDJEJOˆ
0QFSBUJPO
'VDJEJOˆ
0QFSBUJPO
ist Fucidin® eine geeignete Antistaphylokokken-Substanz. Obwohl man niemals sicher sein kann, dass
eine chronische Osteomyelitis geheilt ist, zeigt doch die veröffentlichte Literatur, daß eine Therapie mit
Fusidinsäure begleitet von chirurgischen Maßnahmen bei ca. 90 % der Fälle erfolgreich ist.“ 1)
#FTTFSVOH
)FJMVOH
#FTTFSVOH
)FJMVOH
Fusidinsäure aktuell
Seite 16
0. Janata
0. Janata
Seite 17
Therapie von Fremdkörperinfektionen
Therapie des Methicillin-resistenten S. aureus (MRSA, CA-MRSA)
In der Pathogenese der fremdkörperassoziierten Infektionen spielt die Bildung
von Biofilm eine zentrale Rolle. Im Biofilm sessile Erreger ändern ihr Wachstumsverhalten, was sie im Vergleich zu den freien, planktonischen Formen
deutlich unempfindlicher gegen die Wirkung vieler Antibiotika macht (Trampuz,
2006). In dieser Situation erweisen sich Kombinationen aus mehreren Antiinfektiva als wirksam. Die Tabelle 8 gibt einen Auszug der möglichen Kombinationen von „Staphylokokkenantibiotika“ wieder, die sich in der in vitro-Testung
bei zumindest 90 Prozent der Biofilmerreger als bakterizid erwiesen hatten
(Saginur, 2006).
Historisch gehören zu den primären Indikationen für die Fusidinsäure, neben den
Patienten mit Penicillinallergie, Infekte durch Methicillin-resistente Staphylokokken. Gerade in den Jahren des erstmaligen Auftretens dieser Erreger, hat sich die
Substanz wegen der stabil niedrigen Resistenzrate bewährt. Abb. 7 zeigt die S.
aureus-Epidemiologie in Dänemark mit dem Auftreten multiresistenter S. aureus
in Blutkulturen in den Jahren 1960–1995. Vergleicht man die damaligen MRSA mit
denen von heute, so ist der am meisten auffallende Unterschied, dass die Isolate
damals alle auch empfindlich gegen Ciprofloxacin waren. Heutige MRSA sind aber
typischerweise resistent gegen Chinolone, während die Empfindlichkeit gegenüber
der Fusidinsäure erhalten geblieben ist.
MSSA (n=11)MRSA (n=12)S. epidermidis (n=17)
OXA & AZM & FA
RIF & VAN & FA
RIF & CFZ
RIF & CIP & FA
CFZ & AZM & FA
CFZ & CIP & FA
VAN & FA
VAN & AZM & FA
AZM & CIP & FA
RIF & VAN
RIF & VAN &CIP
RIF & CIP & FA
LZD & RIF & VAN
RIF & VAN
RIF & OXA & CIP
RIF & OXA & FA
LZD & RIF & AZM
RIF & VAN & FA
AZM Azithromycin, FA Fusidinsäure, CFZ Cefazolin, CIP Ciprofloxacin, LZD Linezolid, OXA Oxacillin,
RIF Rifampicin, VAN Vancomycin
Abb. 7 Resistenzsituation von S aureus in Blutkulturen, Dänemark 1960–1995.
(DANMAP Report)
1FOJDJMMJO
5FUSBDZDMJOF
&SZUISPNZDJO
.FUIJDJMMJO
'VTJEJOTjVSF(FOUBNJDJO$JQSPGMPYBDJO
3FTJTUFO[
Tab. 8 Antibiotikakombinationen, die gegen ≥ 90 % der Biofilmisolate
wirksam sind
Jahr
Fusidinsäure im Knochenzement
Ein weiterer Ansatz im Management von Infekten an orthopädischen Implantaten ist die nicht ganz unumstrittene Beigabe von Antiinfektiva zum Knochenzement. Prinzipiell ist die Fusidinsäure ausreichend hitzestabil, was eine
Zumischung zum Knochenzement erlaubt. Der Vorteil der Substanz wäre ihre
hohe Lipophilie und die damit verbundene rasche Ausbreitung in der Biofilmmatrix (Schierholz, 1997). Experimentell lässt sich zeigen, dass die Zugabe von
Fusidinsäure zu Gentamicinzement die Kinetik des Gentamicin nicht ändert und
die Wirkung gegen biofilmbildende Erreger deutlich erhöht (Neut, 2005).
Fusidinsäure aktuell
Sowohl in der Behandlung von Infektionen durch MRSA, als auch in der Eradikation
von MRSA-Trägern ist die Fusidinsäure daher seit Jahrzehnten eine bewährte
Substanz. Von Vorteil ist bei den Patienten mit Spital-MRSA – die ja typischerweise alt
und multimorbid sind – auch die gute Verträglichkeit, die problemlose Dosierung
bei eingeschränkter Nierenfunktion und das Fehlen von Arzneimittelinteraktionen.
Der derzeitige epidemiologische Druck des CA-MRSA – diese Erreger können ja
auch Infekte bei jungen und gesunden Menschen verursachen – hat zur Wiederentdeckung einer Reihe von „alten Antibiotika“ zur Therapie dieser neuen Krankheitsbilder geführt. Cotrimoxazol, Minocyclin und die Fusidinsäure gehören dazu
(Falagas, 2007).
Fusidinsäure aktuell
0. Janata
Seite 18
0. Janata
Seite 19
MRSA-Eradikation
Neben der lokalen Applikation von Mupirocin und diversen antiseptischen Seifen
(PVP-Jod, Chlorhexidin, Triclosan) erweisen sich oft auch systemisch applizierte
Antibiotika als notwendig, um das Ziel einer MRSA-Eradikation zu erreichen.
Rifampicin, Fusidinsäure und Cotrimoxazol, erstere in hartnäckigen Fällen auch in
Kombination, sind die empfohlenen Substanzen (Pearman, 1985). Therapiedauer
üblicherweise 5 Tage. Bei Mupirocin-Resistenz kann auch lokal die FusidinsäureSalbe angewandt werden. Besonders wichtig für den Versuch einer Dekontamination bei MRSA-Konjunktivitis ist die simultane Gabe von Mupirocin-Nasensalbe,
Fucithalmic®-Augengel mit einem systemisch wirksamen Antibiotikum, um auf diese
Weise die komplexen anatomischen Strukturen in diesem Bereich zu sanieren.
Nachweis von S. aureus im Sputum die Gabe einer Prophylaxe (Szaff, 1982),
respektive der Einsatz von Staphylokokken-Antibiotika bei Exazerbation der
Lungenkrankheit empfohlen (Smyth, 2007). Die Fusidinsäure wird in diesen
Empfehlungen regelmäßig als gut wirksames Therapeutikum genannt.
Haut- und Weichteilinfekte
Infektionen des zentralen Nervensystems
S. aureus ist ein typischer Erreger von Haut- und Weichteilinfekten wie Furunkulose,
Panaritium, Mastitis oder Infekten nach Verletzungen, Verbrennungen oder Operationen. Aufgrund der guten Staphylokokken-Aktivität sowie der exzellenten Pharmakokinetik ist die Fusidinsäure ein beliebtes Therapeutikum in diesen Indikationen.
Dies gilt auch für das diabetische Fußsyndrom, bei dem Staphylokokken regelmäßig
beteiligt sind. Fasst man die Studien zusammen, ist von Heilungsraten von 91–99 %
für S. aureus und 75–85 % für S. pyogenes auszugehen (Spelman, 1999).
Besonders interessant ist die Substanz heute durch die zunehmende Häufung von
Haut- und Weichteilinfekten durch CA-MRSA. Während diese Problemkeime
in den USA zum klinischen Alltag gehören, sind derartige Patienten in unseren
Breiten noch selten. In unserem Patientengut sind es in den letzten Jahren
typischerweise kleine Kinder mit Glutealabszessen, Augen-nahen Abszessen
und tiefen HNO-Infekten gewesen, bei denen dann in den Abstrichen CA-MRSA
nachgewiesen wurde.
Mit der Fusidinsäure werden im nicht inflammierten Liquor niedrige Spiegel
erreicht (‹ 1 % des Serumspiegels), im Hirngewebe aber doch etwa 7 % des Serumwertes und liegen damit deutlich über den minimalen Hemmkonzentrationen.
(Mindermann, 1993). Diese Werte würden für die Gabe als perioperative Prophylaxe und dem Einsatz bei Hirnabszessen ausreichen. Bei Patienten mit Staphylokokkenmeningitis sollte die Kombination Fusidinsäure und Oxacillin gemieden
werden, da sich tierexperimentell antagonistische Effekte gezeigt haben (Ostergaard, 2003).
Mukoviszidose
Bei bis zu 30 % der Patienten mit zystischer Fibrose findet man neben Pseudomonas aeruginosa auch S. aureus als Kolonisationskeim der Atemwege (Smyth,
2007). Obwohl bei diesen Patienten die Entscheidung zum Einsatz systemisch
wirksamer Antiinfektiva generell nicht leicht ist, wird von einigen Autoren bei
Fusidinsäure aktuell
Legionellen-Pneumonie
In der Literatur findet sich eine Kasuistik über einen Nierentransplantierten
mit einem Legionellen-Lungenabszess, der nach einem Therapieversagen unter
Erythromycin, erfolgreich mit Fusidinsäure behandelt wurde (Friis-Möller, 1985).
Acinetobacter mit Colistin-Resistenz
Colistin ist beim multiresistenten Acinetobacter heute oft die letzte noch aktive
Wirksubstanz. Allerdings gibt es vereinzelt auch Resistenzen gegen Colistin und
bei diesen Isolaten kann man interessanterweise eine antibakterielle Wirkung
durch die Kombinationen Colistin mit Rifampicin und Colistin mit Fusidinsäure
erreichen. Dies, obwohl eigentlich gramnegative Erreger gegen Fusidinsäure
resistent sind, da die Substanz nicht durch die Zellwand penetrieren kann.
Als Erklärung für dieses Phänomen nimmt man an, dass das Colistin an der Zellwand soweit noch aktiv ist, sodass es der Fusidinsäure den Zutritt in die Zelle
ermöglicht. In Zellmembran-freien Kulturen lässt sich nämlich sehr wohl eine
hemmende Wirkung auf die Proteinsynthese von z.B. E. coli nachweisen.
Fusidinsäure aktuell
0. Janata
Seite 20
Clostridium difficile assoziierte DiarrhOe
Zu den möglichen Komplikationen einer Antibiotikagabe gehören Antibiotikaassoziierte-Diarrhoen. Verursacht werden diese entweder durch unspezifische
propulsorische Arzneiwirkungen, einer Störung der Darmflora oder durch C.
difficile Infektionen. Letztere können dann zu schweren Verläufen mit pseudomembranöser Kolitis und Komplikationen wie toxischem Megakolon und Dickdarmperforation führen. Schon lange ist bekannt, dass man in dieser Indikation
auch die Fusidinsäure therapeutisch einsetzen kann (Cronberg, 1984). In diesen
ersten Publikationen war das Ansprechen auf Fusidinsäure im Hinblick auf klinischen
Erfolg, Clearance des C. difficile-Toxins sowie Relapsrate vergleichbar mit dem unter
Vancomycin oder Metronidazol; rezentere Arbeiten und ein Cochran-Review bestätigten dies (Wenisch, 1996; Wullt, 2004; Nelson, 2007). Gerade in der Langzeittherapie von Skelett-, Gelenks- oder Implantatinfektionen kann die gleichzeitige Wirksamkeit gegen Staphylokokken als Verursacher dieser Infekte und C. difficile als
Komplikation der Therapie (z.B. mit Clindamyin) von Nutzen sein: man wechselt das
Staphylokokken-Antibiotikum und behandelt zugleich auch die Antibiotikadiarrhoe.
Fusidinsäure als TOPISCHE THERAPIE
Unabhängig der individuellen Diagnose, ist bei Anwendung topischer Antibiotika
immer der Nutzen dieser mit dem eventuellen Risiko einer Resistenzentwicklung
abzuwägen. Für die Gabe von Fusidinsäure in der Dermatologie, wie auch in der
Augenheilkunde gibt es eine Reihe von Studien, die die klinische Wirksamkeit
belegen. Bei wiederholter Gabe oder Langzeitanwendung muss aber auch das
Risiko einer möglichen Resistenzentwicklung gesehen werden.
0. Janata
den Vorteil der exzellenten Gewebekinetik und der Wirkungsverstärkung in der Kombination. Da die Fusidinsäure auch verlässlich gegen Laktam-resistente Staphylokokken wirkt, gibt dies eine zusätzliche Sicherheit in der Initialphase der Therapie
bis zum Vorliegen des Antibiogramms. (Literatur beim Verfasser)
ANHANG
Tab. 9 Überblick über Staphylokokken-Antiinfektiva
Gruppe
Fusidinsäure aktuell
z.B.
Substanz
Wirksam
gegen
IV & PO
Darreichung
Langzeittherapie
MSSA MRSA
Cefalosporine
Cefazolin
Cefuroxim
+
-
+
+
Penicilline
Flucloxacillin
Amox./Clav.
+
-
+
+
Chinolone
Ciprofloxacin
Moxifloxacin
+
-
+
+
Lincosamide
Clindamycin
+
-
+
+
Makrolide
Azithromycin
Clarithromycin
+
-
+
+
Ansamycine
Rifampicin
+
+
+
In Kombination
Oxazolidinone
Linezolid
+
+
+
Nein wegen Toxizität
Steroide
Fusidinsäure
+
+
+
In Kombination
Tetracycline
Doxycyclin
Minocyclin
+
+
+
FolsäureAntagonisten
Cotrimoxazol
+
+
+
BB-Kontrollen
Epoxide
Fosfomycin
+
+
-
Elektrolyt-Kontrollen
Glycylcycline
Tigecyclin
+
+
-
+
Glykopeptide
Teicoplanin
Vancomycin
+*
+
-
Niere, BB-Kontrollen
Lipopeptide
Daptomycin
+
+
-
+
Streptogramine
Quinupristin
Dalfopristin
+
+
-
+
Zusammenfassung
Seit mehr als 60 Jahren gibt es die Möglichkeit, Infektionen gezielt mit keimabtötenden Substanzen zu therapieren. Unter den unterschiedlichen Infektionskrankheiten stellen die Infekte durch Staphylokokken insofern eine Ausnahme dar, als
sie häufig sind – statistisch erkrankt jeder Mensch zumindest einmal in seinem
Leben an einer Infektion durch Staphylokokken – und im Einzelfall das Leben
bedrohen können. Verlässlich wirksame Staphylokokken-Antibiotika, mit denen
auch schwierige Kompartimente erreicht werden können, die gut verträglich und
oral verabreichbar sind, sind daher ein wichtiger Bestandteil des therapeutischen
Armentariums. Die Fusidinsäure erfüllt diese Voraussetzungen. StaphylokokkenPenicilline und -Cefalosporine sind die Basis der Therapie invasiver Staphylokokkeninfekte. Bei schweren Verlaufsformen aber bietet die Kombination mit Fusidinsäure
Seite 21
+
MSSA = Methicillin-sensibler Staphylococcus aureus / MRSA = Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus
* in dieser Indikation nicht empfohlen
Fusidinsäure aktuell
0. Janata
Seite 22
0. Janata
Seite 23
Literatur
Aboltins CA, Page MA, Buising KL, Jenney AW, Daffy JR, Choong PF, Stanley PA. Treatment of staphylococcal prosthetic
joint infections with debridement, prosthesis retention and oral rifampicin and fusidic acid, Clin. Microbial. Infect., 2007
Jun, 13(6):586-91, Epub 2007 Feb. 28.
Atkins B, Gottlieb T. Fusidic acid in bone and joint infections, Int. J. Antimicrob. Agents 1999; 12 (Suppl.2): S79-S93.
Besier S, Ludwig A, Brade V, Wichelhaus TA. Molecular analysis of fusidic acid resistance in Staphylococcus aureus. Mol.
Microbiol. 2003; 47: 463-9.
Bodley JW, Zieve FJ, Lin L, Zieve ST. Formation of the ribosome-G factor-GDP complex in the presence of fusidic acid.
Biochem. Biophys. Res. Commun., 1969, 37:437-43.
Bricker E, Gary R, Nelson R, Lora A, Novak T, Hansen J. Antibiotic treatment of Clostridium difficile associated diarroe in
adults. Cochrane database Syst. Ref. 2007; (3) CD 004610
Bryskier A. Antimicrobial Agents, 2005, S.639
Coombs RRH. Fusidic acid in staphylococcal bone and joint infection, J. Antimicrob. Chemother. 1990; 25 (Suppl.B):
53-60
Cox RA, Mallaghan C, Conquest C, King J. Epidemic methicillin-resistant staphylococcus aureus: Controlling the spread
outside hospital, J. Hosp. Infect. 1995; 29: 107-19.
Cronberg S, Castor B, Thoren A. Fusidic acid for the treatment of antibiotic-associated colitis induced by clostridium
difficile, Infection 1984; 12 (4): 276-279.
Crosbie RB. Treatment of staphylococcal infections with Fucidin, Brit. Med. J. 1963; 1: 788-794
Dufour P, Gillet Y, Bes M, Lina G, Vandenesch F, Floret D, Etienne J, Richet H. Community-acquired methicillin-resistant
staphylococcus aureus infections in France: emergence of a single clone that produces Panton-Valentine leukocidin,
Clin. Infect. Dis. 2002; 35 (7): 819-824.
Dumitrescu O, Boisset S, Badiou C, Bes M, Benito Y, Reverdy M, Vandenesch F, Etienne J, Lina G. Effect of Antibiotics
on Staphylococcus aureus Producing Panton-Valentine Leukocidin, Antimicrob. Agents And Chemotherapy, Apr.2007,
p.1515-1519.
Ernst J. Fucidin treatment of chronic staphylococcal osteitis and osteomyelitis, Acta Orthop. Scand., 1969, 40:677.
Ersoz G, Oztuna V, Coskun B, Eskandari MM, Bayarslan C, Kaya A. Addition of fusidic acid impregnated bone cement to
systemic teicoplanin therapy in the treatment of rat osteomyelitis, J. Chemother. 2004; 16 (1): 51-55.
Falagas ME, Kopterides P. Old antibiotics for infections in critically ill patients, Curr. Opin. Crit. Care 2007; 13(5): 592597.
Filippi L, Pezzati M, Di Amario S, Poggi C, Pecile P. Fusidic acid and heparin lock solution for the prevention of catheterrelated bloodstream infections in critically ill neonates: A retrospective study and a prospective, randomized trial,
Pediatr. Crit. Care Med. 2007 Oct 2 (Epub ahead of print)
Friis-Möller A, Rechnitzer C, Nielsen L, Madsen S. Treatment of legionella lung abscess in a renal transplant recipient
with erythromycin and fusidic acid, Eur. J. Clin. Microbiol. 1985; 4(5): 513-515.
Garske LA, Kidd TJ, Gan R, Bunting JP, Franks CA, Coulter C, Masel PJ, Bell SC. Rifampicin and sodium fusidate reduces
the frequency of methicillin-resistant Staphylococcus aureus (MRSA) isolation in adults with cystic fibrosis and chronic
MRSA infection, J. Hosp. Infect., 2004 Mar, 56(3):208-14.
Golledge C. Fusidic acid in other infections, Int J Antimicrob Agents 1999; 12 (Suppl. 2): S11-S15
Howden BP, Grayson ML. Dumb and dumber: the potential waste of a useful antistaphylococcal agent: Emerging fusidic
acid resistance in staphylococcus aureus, Clin. Infect. Dis. 2006; 42 (3): 394-400.
Jensen K, Lassen HCA. Combined treatment with antibacterial chemotherapeutical agents in staphylococcal infections,
Q J Med 1969; 38 (149): 91-106
Jensen K. Methicillin-resistant staphylococci, Lancet 1968; 2: 1078
Jensen KA, Kiaer I. Fucidin: A study on problems of Resistance. Acta Pathol. Microbiol. Scand. 1964; 60: 271-284
Langholz E, Brynskov J, Bendtzen K, Vilien M, Binder V. Treatment of Crohn‘s disease with fusidic acid: An antibiotic with
immunosuppressive properties similar to cyclosporin, Aliment. Pharmacol. Ther. 1992; 6 (4): 495-502.
Langholz E, Brynskov J, Freund LG, Bendtzen K. Fusidic acid for Behcet‘s colitis: A novel approach to T-cell specific
immunosuppressive therapy, Dan. Med. Bull. 1991; 38 (3): 284
Learmonth ID, Dall G, Pollok DJ. Acute osteomyelitis and septic arthritis in children: a simple approach to treatment, S
Afr Med J, 1984, 65:117-20.
Louvois J de. Antimicrobial chemotherapy in the treatment of brain abscess, J. Antimicrob. Chemother. 1983; 12 (3):
205-207.
Fusidinsäure aktuell
Lowbury EJL, Cason JS, Jackson DM, Miller RWS. Fucidin for staphylococcal infection in burns, Lancet 1962; 2: 478-480.
Macfarlane M, Leavy A, McCaughan J, Fair R, Reid AJM. Successful decolonization of methicillin-resistant staphylococcus aureus in paediatric patients with cystic fibrosis (CF) using a three-step protocol, J. Hosp. Infect. 2005; 65 (3):
231-236.
Mindermann T, Zimmerli W, Rajacic Z, Gratzl O. Penetration of fusidic acid into human brain tissue and
cerebrospinal fluid, Acta Neurochir. 1993; 121 (1-2): 12-14.
Nelson R. Antibiotic treatment for clostridium difficile-associated diarrhea in adults, Cochrane Database Syst. Rev.
2007; (3): CD004610.
Neut D; Gentamicin-loaded Bone Cement with Clindamycin or Fusidic Acid Added: Biofilm Formation and Anti-biotic
Release. J Biomed Mater Res 2005; 73A (2): 165-170.
O‘Brien FG, Price C, Grubb WB, Gustafson JE. Genetic characterization of the fusidic acid and cadmium resistance determinants of Staphylococcus aureus plasmid pUB101. J. Antimicrob. Chemother. 2002; 50: 313-21.
O‘Neill AJ, Cove JH, Chopra I. Mutation frequencies for resistance to fusidic acid and rifampicin in Staphylocccus aureus,
J. Antimicrob. Chemother. 2001; 47: 674-50.
O‘Neill AJ, Bostock JM, Moita AM, Chopra I. Antimicrobial activity and mechanisms of resistance to cephalosporin P1, an
antibiotic related to fusidic acid. J. Antimicrob. Chemother. 2002; 50: 839-48.
Ostergaard C, Yieng-Kow RV, Knudsen JD, Frimodt-Moller N, Espersen F. Evaluation of fusidic acid in therapy of experimental staphylococcal aureus meningitis, J. Antimicrob. Chemother. 2003; 51 (5): 1301-1305.
Osterlund A, Kahlmeter G, Haeggman S, Olsson-Liljequist B, Swedish Study Group On Fusidic Acid Resistant S Aureus,
Scand. J. Infect. Dis., 2006, 38(5):334-4.
Parras F, Guerrero MC, Bouza, E. Blásquez MJ, Moreno S, Menarguez MC, Cercenado E. Comparative study of mupirocin
and oral co-trimoxazole plus topical fusidic acid in eradication of nasal carriage of methicillin-resistant staphylococcus
aureus, Antimicrob. Agents Chemother. 1995; 39 (1): 175-179.
Pearman JW, Christiansen KJ, Annear DI, Goodwin CS, Metcalf C, Donovan FP, Macey KL, Bassette LD, Powell IM, Green
JM, Harper WE, McKelvie MS. Control of methicillin-resistant staphylococcus aureus (MRSA) in an Australian metropolitan teaching hospital complex, Med. J. Aust. 1985; 142(2): 103-108.
Portier H. A multicentre, open, clinical trial of a new intravenous formulation of fusidic acid in severe staphylococcal
infections, J. Antimicrob. Chemother. 1990; 25 (Suppl.B): 39-44.
Rennie RP. Susceptibility of Staphylococcus aureus to fusidic acid: Canadian data, J. Cutan. Med. Surg., 2006 Nov-Dec,
10(6):277-80.
Saginur R, et al; Multiple Combination Bactericidal Testing of Staphylococcal Biofilms from Implant-Associated Infections, Antimicrobial Agents Ana Chemotherapy. 2006; 50 (1): 55-61.
Schierholz JM et al; Controlled Release of Antibiotics from Biomedical Urethanes. Biomaterials 1997; 18: 839-844.
Simon C, Stille W. Antibiotika-Therapie in der Klinik und Praxis, 1970, 9. Auflage, Schattauer, ISBN 3-7945-1755-5.
Smyth A, Walters S. Prophylactic anti-staphylococcal antibiotics for cystic fibrosis. Cochrane database of syst. Rev. 4,
2007.
Spelman D. Fusidic acid in skin and soft tissue infections, Int. J. Antimicrob. Agents 1999; 12 (Suppl. 2): S59-S66.
Sule O, Brown NM, Willocks LJ, Day J, Shankar S, Palmer CR, Burrows NP. Fusidic acid-resistant Staphylococcus aureus
(FRSA) carriage in patients with atopic eczema and pattern of prior topical fusidic acid use, Int. J. Antimicrob. Agents,
2007 Jul, 30(1):78-82. Epub 2007 May.
Szaff M, Hoiby N. Antibiotic treatment of staphylococcus aureus infection in cystic fibrosis, Acta Paediatr. Scand. 1982;
71 (5): 821-826.
Trampuz A, Zimmerli W. Antimicrobial Agents in Orthopaedic Surgery. 2006; 66 (8) 1089-1105.
Turnidge J, Collignon P. Resistance to fucidic acid, Int. J. Antimicrob. Agents, 1999 Aug, 12 Suppl 2:S35-44.
Wenisch C, Parschalk B, Hasenhuendl M, Hirschl AM, Graninger W. Comparison of vancomycin, teicoplanin, metronidazole, and fusidic acid for the treatment of clostridium difficile-associated diarrhea, Clin. Infect. Dis. 1996; 22 (5):
813-818.
Wullt M, Odenholt I. A double-blind randomized controlled trial of fusidic acid and metronidazole for treatment of an
initial episode of Clostridium difficile-associated diarrhea, J. Antimicrob. Chemother. 2004; 54 (1): 211-216.
Yu VL, Zuravieff JJ, Bornholm J, Archer G. In-vitro synergy testing of triple antibiotic combinations against staphylococcus
epidermidis isolates from patients with endocarditis, J. Antimicrob. Chemother. 1984; 14 (4): 359-366.
Fusidinsäure aktuell
Herunterladen