Viele geben die Geburtshilfe auf - Medizinische Hochschule Hannover

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S o n n a b e n d , 2 5 J u n i 2 0 11
Ein Mann
unter lauter
Frauen
„Wir wollen möglichst vielen
gerecht werden“:
Antonia Windrich (rechts und
auf dem Titelbild) im
Kreißsaal.
E
tionen gerüstet, kann Frühchen mit einem Gewicht von weniger als 1250 Gramm oder lebensbedrohlich erkrankte Babys direkt nach der
Geburt im Haus versorgen. Risikoschwangere
kommen hierher: ältere Mütter, stark übergewichtige Mütter, Mütter mit Mehrlingsgeburten, Frauen oder ungeborene Kinder mit Herzfehlern. „Es ist unser Anspruch, dass wir all
den vielen verschiedenen Frauen, die hierherkommen, gerecht werden“, sagt Antonia Windrich. „Egal, welche gesundheitlichen Voraus-
setzungen sie mitbringen, welche Einstellung
zur Geburt, welche persönliche Vorgeschichte,
auf jede Frau wollen wir uns hier individuell
einstellen. Jede hat einen Anspruch auf eine
gute Geburt.“ Was für dramatische Implikationen solche Sätze haben können, hat die Hebamme, deren Mutter schon Hebamme war, an diesem Tag schmerzlich erlebt.
Statt Kindern auf natürlichem Weg auf die
Welt zu helfen, hat sie zweimal eine Kaiserschnittgeburt begleitet. Ein Baby ist direkt
dpa
Wer an einem ganz normalen Freitagnachmittag in die Geburtsklinik der Medizinischen
Hochschule fährt, der begegnet natürlich auch
Frauen mit leuchtenden Augen und kleinen Wesen auf dem Arm, die ihre flaumigen Köpfchen
tief in den flauschigen Bademantel der Mutter
vergraben. Aber er bekommt auch die abgekämpft wirkende Frau mit den strähnigen blonden Haaren zu sehen, deren Zwillinge am Tropf
hängen und auch sonst mit allerlei Schläuchen
versehen sind. Oder die dünn bekleidete Frau
mit der heiseren Stimme, die draußen vor der
Tür steht und friert und dennoch eine Zigarette nach der anderen raucht. Die beiden Zertifikate, mit denen die MHH für sich wirbt, bezeichnen sehr gut den Spagat, den sie leistet.
Seit Januar 2010 darf sie sich „Babyfreundliches Krankenhaus“ nennen: als bislang einziges Geburtshaus in der Region. Die von der
Weltgesundheitsorganisation und Unicef gestiftete Auszeichnung wird an Geburtskliniken vergeben, die die Bindung zwischen Eltern
und Kind besonders gut fördern: Natürlich
wird das Kind auch hier gewogen und gemessen, Puls, Atmung und Reflexe werden überprüft, aber das Hauptaugenmerk liegt auf der
größtmöglichen Nähe zwischen Mutter und
Kind: Es wird sofort nach der Geburt in die
Arme der Mutter gelegt, die beiden können in
einem Zimmer schlafen, es gibt eine besondere
Unterstützung beim Stillen, eine „Elternschule“ und Wellnessangebote. Die MHH ist aber
auch ein sogenanntes „Level 1“-Krankenhaus,
das heißt, sie ist selbst für schwerste Komplika-
Es dauert, bis die Kinder auf eigenen Beinen stehen.
Hebammen bieten für die ersten Monate mit dem Baby eine umfangreiche Nachsorge an.
nach der Geburt gestorben. Antonia Windrich
hat Tränen in den Augen, als sie von dem kleinen Wesen erzählt, das den Weg nach draußen
ins Leben nicht lebend schaffte. Man habe vorher gewusst, dass es sehr krank sei, ein Spezialist habe bereitgestanden, um das Kind sofort
nach der Geburt in Empfang zu nehmen. Aber
dass es keinen Moment außerhalb des Mutterleibes überleben würde, damit hatte man nicht
gerechnet.
Es hat etwas zutiefst Berührendes, wie Antonia Windrich über ihre Rolle in diesem traurigen Fall spricht. Sie habe das Kind entgegengenommen, es gewaschen, angezogen und in die
Arme der Mutter gelegt, als sie es noch einmal
sehen wollte, sagt sie schlicht. Es gehört zu den
Besonderheiten der Arbeit jeder Klinikhebamme, dass sie die Frauen kaum kennt, die sie begleitet. Die Art, wie Antonia Windrich beschreibt, wie sie jenes Kind versorgt hat, die
Andacht, die sie in ihre Stimme legt, macht
deutlich, wie viel Nähe möglich ist, auch wenn
man mit einer Schwangeren nicht so vertraut
wie eine Geburtshaushebamme ist.
Zwei Tage später aber ist von Schmerz und
Trauer keine Rede mehr. Nadine Uhrigshardt
hat ihre Tochter geboren, Marlene heißt sie. Die
Geburt hat nur eine halbe Stunde gedauert und
ist völlig unkompliziert verlaufen, wie so viele
Geburten in der MHH. Das Glück steht der jungen Mutter, aber auch „ihrer“ Klinikhebamme
ins Gesicht geschrieben. Der Alltag hat Antonia Windrich wieder – und die Welt ein Baby
mehr.
„Viele geben die Geburtshilfe auf“
S
kandal“, „Katastrophe“, „Notstand“, – es
sind drastische Worte, mit denen die Hebammen in den vergangenen Monaten
deutschlandweit ihre berufliche Situation beschrieben haben. Immer wieder haben sie mit
großen Streikaktionen auf sich aufmerksam
gemacht.
Denn am Wunder der Geburt jedes einzelnen
Kindes sind sie maßgeblich beteiligt. 651 000
Babys sind den aktuellsten Zahlen des Deutschen Hebammenverbandes zufolge allein 2009
zur Welt gekommen. In Niedersachsen waren
es 2009 62 228 Neugeborene. Jedes einzelne
Kind wurde von einer Hebamme begrüßt. Das
muss gemäß dem Hebammengesetz von 1985
auch so sein. Dieses gibt vor, dass jede Geburt
die
Zahlen der
Woche
59 Karl-May-Festspiele hat das Theater am
Kalkberg in Bad Segeberg schon erlebt
72 Aufführungen sind in diesem Jahr vom
„Ölprinz“ geplant
56 Indianer spielen mitt
20 Flinten zählen zur Ausrüstung
20 Pistolen
12 000 Schuss Munition werden verballert
und
25 Kilogramm Schwarzpulver
Quelle: BamS
von einer Hebamme begleitet werden muss:
Eine Hebamme darf ohne Arzt entbinden, ein
Arzt ohne Hebamme nicht.
Gleichzeitig ist die Bezahlung der freiberuflichen Hebammmen, die in der Geburtshilfe
tätig sind, 2010 stark gesunken. Das liegt daran, dass die Haftpflichtversicherung, die sie
abschließen müssen, dramatisch in die Höhe
gegangen ist. Im Juli 2010 belief sie sich auf
rund 3700 Euro jährlich. Zum Vergleich: 1981
mussten die Hebammen gerade einmal umgerechnet rund 30 Euro für ihre Haftpflicht bezahlen, 1992 waren es 180 Euro und noch 2007
immerhin „nur“ etwas mehr als 1200 Euro. Die
Versicherungsprämien haben sich nicht etwa
erhöht, weil sich die Zahl der Kunstfehler gestiegen ist. Der Grund für den drastischen Anstieg sind die immer höheren Schadensersatzsummen, die Eltern heute vor Gericht einklagen können, wenn bei einer Geburt etwas
schiefgegangen ist. Darauf haben die Versicherungsträger reagiert.
Für die freiberuflichen Hebammen, die in
der Geburtshilfe arbeiten, ist diese Erhöhung
Wein
P
eine Katastrophe. Dazu muss man wissen, dass
die meisten Hebammen nicht ausschließlich als
Festangestellte in einer Klinik arbeiten. 16 000
aktive Hebammen zählt der Deutsche Hebammenverband heute. Nur 480 von ihnen verdienen als Klinikhebamme, die keiner freiberuflichen Nebentätigkeit nachgeht, ihr Geld. 15 400
dagegen sind bei den Krankenkassen als Freiberufler gemeldet. Die meisten von ihnen allerdings kombinieren verschiedene Jobs: Sie betreuen als angestellte Hebammen im Krankenhaus Geburten und arbeiten nebenbei noch
freiberuflich in der Vorsorge und in der Wochenbettbetreuung. 3500 Hebammen sind nur
in der freiberuflichen Geburtshilfe tätig, darunter Beleghebammen in kleineren Krankenhäusern und privaten Kliniken, Geburtshaushebammen oder Hausgeburtshebammen. Sie
betreuen derzeit rund 160 000 Geburten jährlich. Wie es mit ihnen weitergeht, ist ungewiss.
Rund 1200 Euro netto bleiben einer freiberuflichen Hebamme nach Abzug aller steuerlichen
Belastungen im Monat, sagt die Sprecherin des
Deutschen Hebammenverbandes, Edith Wol-
Starker Fäustling
ugni-was? Man muss sich nicht schämen, hol). Da ist der jetzt erhältliche 2007er schon
wenn man noch nie von einer Rebsorte wieder üppiger geraten: fast schon fleischig,
mit Aromen von Brom- und anderen
namens Pugnitello gehört hat. Diese
Beeren. Man merkt diesem würzitoskanische Spezialität galt lange als
gen, runden Wein an, dass diese Trauausgestorben, bis sie auf San Felice
ben einen eher geringen Ertrag brinwiederentdeckt wurde. 1992 pflanzgen – der aber hat es in sich. Bei eite man auf einem nur 0,3 Hektar gronem Blindtest würden wohl auch
ßen Weinberg die ersten 1000 PugniConnaisseure eher auf die südliche
tello-Rebstöcke. Danach experimenRhône als auf die Toskana tippen,
tierte man auf dem Weingut in Casdenn dieser Wein ist einem Mourvètelnuovo Berardenga (im Süden des
dre näher als einem Sangiovese. Für
Chianti-Classico-Gebiets) mit dieser
alle, die ihrem eigenen GeschmackRebsorte, deren Name sich vom itasurteil nicht ganz trauen: Dieser Wein
lienischen Wort „Pugno“ (Faust) abhat vom „Gambero-Rosso“-Führer
leitet. Die Traube ähnelt nämlich ei„Vini d’Italia“ die Höchstnote „Tre
ner kleinen Faust. Erst 2006 brachte
Bicchieri“ (3 Gläser) bekommen und
Leonardo Bellaccini, der renommiervom amerikanischen „Wine Advocate Weinmacher des Hauses, als ersten
te“ 93 Punkte. Ein Wein für EntdeJahrgang den 2004er auf den Markt,
cker. Die können sich wappnen: In der
der noch immer ein voluminöser
Toscana soll es rund 200
Wein ist. Der 2006er
autochthone Rebsorten
wirkt dagegen etSan Felice: Pugnitello 2007.
was geschmeidiger 29,90 euro.tel. (02 01) 8 15 51 73. geben. Da kommt noch
einiges auf uns zu.
(er hat auch „nur“
WWW.rebhoF-Weine.de
R aineR WagneR
12,8 Prozent Alko-
daS DING
ber. Ihr Stundenlohn liege bei 7,50 Euro. „Sie
müssten also zwei bis drei Monate umsonst arbeiten, bevor sie einen
Cent für sich erwirtschaftet
haben“, sagt
Wolber. „Deshalb
geben viele die Geburtshilfe auf.“
Jutta Rinas
dpa
Jede Geburt in Deutschland muss von
einer Hebamme begleitet werden.
Das Gehalt der Freien unter ihnen ist
seit 2010 aber drastisch gesunken.
Deshalb gibt es seit Monaten Streiks.
Hebammen: Vom Aussteben bedroht?
s ist offenbar nicht immer leicht, der einzige Mann unter lauter Frauen zu sein.
Zumindest, wenn es um berufliche Angelegenheiten geht. Dafür spricht jedenfalls,
dass die männlichen Hebammen – in Anlehnung an das deutsche Hebammengesetz von
1985 bezeichnet man sie heute etwas technokratisch als Entbindungspfleger – ausgesprochen ungern öffentlich in Erscheinung treten.
Das hat zum einen wohl damit zu tun, dass sie
sich – wiederum natürlich nur jobbedingt –
vom anderen Geschlecht nicht wirklich angenommen fühlen. Zum anderen sind sie solche
Exoten in ihrem Job, dass die Medien sich auf
sie stürzen, wo immer einer von ihnen öffentlich in Erscheinung tritt.
Erst unlängst musste diese Erfahrung jedenfalls der 19-jährige Thomas Ruschke aus
Eckernförde machen, der noch nicht einmal
examinierter Entbindungspfleger ist, sondern
diesen Beruf erst ergreifen will und deshalb
ein Praktikum in einem Krankenhaus in Bad
Segeberg gemacht hat. Lange habe er nach einem Platz gesucht, viele Kliniken hätten ihn
abgelehnt, hat der junge
Mann im Dezember verNicht jede gangenen Jahres einer
Hebamme Zeitung erzählt. Warum
will er diesen Beruf, in
ist
dem er Frauen in einer
ihrer intimsten Situatioweiblich
nen erlebt, überhaupt
wählen? Er habe großes
Interesse an Biologie und Medizin gehabt und
einen Beruf gesucht, in dem er Menschen helfen könne, sagte Ruschke damals. Dann sei er
auf das Thema Geburtshilfe gestoßen – und
begeistert von der Idee gewesen, Frauen von
der Schwangerschaft über die Geburt bis zur
Stillzeit zu begleiten. „Ein Freund auf Zeit“
wolle er für die Frauen sein. Außerdem würde
er sich auch gerne intensiver um die Männer
kümmern, sie mehr einbeziehen. „Gerade in
der ersten Zeit sind die ja oft sehr hilflos.“
Ruschkes Erfahrung in Bad Segeberg waren positiv: Bis auf eine Muslimin, die aus religiösen Gründen keinen Mann bei der Geburt
dabeihaben konnte, lehnte ihn keine Schwangere ab. Dennoch will er heute über seine Erfahrungen nicht mehr öffentlich reden. Der
Medienrummel sei ihm über den Kopf gewachsen, außerdem – so hört man – glaube er
mittlerweile, dass manche Hebammen eigentlich keine Männer unter sich wollten.
Auch dem laut dem Deutschen Hebammenverband bundesweit einzigen Entbindungspfleger Deutschlands, Jens Unger aus Dresden, hat seine exotische Berufswahl mittlerweile die Sprache verschlagen. Er gebe prinzipiell keine Interviews mehr, sagt er am Telefon
entschieden. In früheren Jahren hat er sich
noch durchaus kritisch über die Mitstreiterinnen seiner Zunft geäußert. Nicht ihm, sondern
den Frauen fiele es schwer, ihn als Gleichberechtigten zu akzeptieren. Die Leiterin der
Hebammenschule habe ihn nur widerwillig
aufgenommen, und vom Deutschen Hebammenverband werde er auch nicht wirklich anerkannt. Natürlich werde er niemals eine
Wehe spüren. Daher werde er aber auch niemals zu einer Patientin sagen: „Nun hab' dich
nicht so, das tut nicht weh.“ Vielleicht sei er als
Mann sogar etwas sensibler.
Was das Nachempfinden weiblicher Gefühle
„unter der Geburt“ angeht, braucht sich Unger heute nicht mehr so viele Sorgen zu machen. Der Dresdener Entbindungspfleger hat
sich laut Selbstauskunft auf seiner Internetseite inzwischen unter anderem auf die Entbindung von querschnittsgelähmten Schwangeren spezialisiert.
jr
Sie nennen es Fußball
Ver t
S
püren Sie’s schon, dieses Fieber, den natio- schau“ gesehen hat – ich schwöre Ihnen:
nalen Taumel, dem dieses Land entgegen- Dann wähle ich beim nächsten Mal FDP. Versteuert, glühend vor Begeisterung für das stehen Sie mich nicht falsch: Es geht mir nicht
um Kaffeeservice, verzerrte BrustwerSportereignis des Jahres? Nein? Spübung oder Chauvinismus. Ich mag die
ren Sie nicht? Ich auch nicht. Stell dir
deutschen Fußballerinnen. Ich fänd’s
vor, es ist Frauen-WM, und keiner
nur einfach schön, wenn sie nicht Fußguckt hin. „Aber es ist in Deutschball spielen würden. Oder wenn ARD
land!“, schimpft der DFB, „im eigenen
und ZDF sich dazu entschlössen, die
Land! WM! Das muss euch doch inteÜbertragungsgeschwindigkeit
um
ressieren!“ Was soll man da sagen? Die
zehn Prozent zu erhöhen und die SaSquash-WM 2011 ist auch im eigenen
che nicht auch noch von
Land. Und die WM im Standardtanz. Mein Sportereignis Pokal FuSSball-WM Bernd „Ich war kurz weggesackt“ Schmelzer kommendes Jahres ist die Europameisder Frauen,
tieren zu lassen. Wenn ich
terschaft im Rückwärtslaufen
nicht käuFlich
Frauenfußball sehe, fühle ich
am 30. Juli in Fürth. Im eigenen
Land! Vielleicht hol’ ich mir Tickets. Aber mich wie ein Amerikaner, der Herrenfußball
Frauenfußball? Theo Zwanziger erzählt drei- guckt. Im Übrigen ist eine Frauenfußball-WM
mal täglich, dass er ein Freund des Frauenfuß- mit Deutschland in Deutschland ungefähr so
balls ist. Er klingt dabei ungefähr so glaub- spannend wie eine Präsidentenwahl in Nordwürdig wie Angela Merkel, als sie neulich korea. Die Universität Konstanz begleitet die
sagte, sie gratuliere zu 50 Jahren „Sport- WM mit einer Veranstaltungsreihe unter dem
schau“ und freue sich immer auf das „Tor des Motto „Frauen kicken anders“. Besser kann
Monats“. Wenn Angela Merkel auch nur ein- man das Problem nicht zusammenfassen.
imRe gRimm
mal in ihrem Leben eine komplette „Sport- Schönes Wochenende!
ien Rein t
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Beim w uch verschwind
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