Vorlesung ” Mathematische Strukturen“

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Vorlesung Mathematische Strukturen“
”
Sommersemester 2017
Prof. Janis Voigtländer
Übungsleitung: Dennis Nolte
Mathematische Strukturen
Sommersemester 2017
Grundlagen 2
Weitere Grundlagen
Zur Erinnerung:
Im Analysis-Teil der Vorlesung haben wir uns mit
kontinuierlicher Mathematik beschäftigt, insbesondere viel mit
den reellen Zahlen gearbeitet.
In vielen Problemstellungen etwa der Informatik hat man es
jedoch eher mit endlichen oder abzählbaren Bereichen zu tun.
Dies entspricht dann diskreter Mathematik, bzw. oft in
irgendeiner Form der Arbeit mit den natürlichen oder den
ganzen Zahlen.
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Grundlagen 2
Weitere Grundlagen
Jetzt betrachten wir einige zahlentheoretische Grundlagen, da man
mit deren Hilfe:
Gleichungen in ganzen Zahlen lösen kann,
Kryptographie betreiben kann (z.B. RSA),
Beispiele für endliche Rechenstrukturen erhält.
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Grundlagen 2
Zahlentheorie
Motivation:
Lösungsmengen von Gleichungen der Form a · x + b · y = c
entsprechen bekannterweise Geraden:
y
In den reellen Zahlen gibt
es also jeweils unendlich
viele Lösungspaare (x, y ).
x
Aber wie sieht es mit
Lösungsmengen in den
ganzen Zahlen aus?
Scheinbar kann es sein,
dass es keine, eine, oder
mehrere Lösungen gibt.
Von Interesse sind Fälle, in denen a, b, c selbst ganze Zahlen sind
(hier für alle außer die rote Gerade der Fall).
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Grundlagen 2
Zahlentheorie
Ganzzahlige Division mit kleinstem Rest
Sei a ∈ Z und b ∈ N0 \ {0}.
Dann gibt es eindeutig bestimmte z ∈ Z und r ∈ N0 mit
z ·b+r =a
und r < b
z heißt Ergebnis der ganzzahligen Division von a durch b und
man schreibt
z = a div b
r heißt Rest der ganzzahligen Division von a durch b und man
schreibt
r = a mod b
Beispiel: 14 div 4 = 3, und 14 mod 4 = 2, weil 3 · 4 + 2 = 14
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Grundlagen 2
Zahlentheorie
Konkret berechnen (z.B. bei Verwendung eines Taschenrechners)
lassen sich Ergebnis und Rest der ganzzahligen Division
folgendermaßen:
jak
jak
a div b =
und
a mod b = a − b ·
b
b
Dabei steht bqc mit q ∈ Q für das Ergebnis beim Abrunden von q
zur nächsten ganzen Zahl. D.h., bqc ist die größte ganze Zahl, die
kleiner gleich q ist.
Beispiele: b3c = 3, b5,17c = 5, b−1c = −1, b−0,7c = −1
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Grundlagen 2
Zahlentheorie
Gewissermaßen ein Spezialfall der ganzzahligen Division (nämlich
ohne verbleibenden Rest), jedoch mit auch negativem Divisor
erlaubt, ist die Teilbarkeit:
Teilbarkeit ganzer Zahlen
Seien a, b ∈ Z.
Man sagt, b teilt a, wenn es ein z ∈ Z gibt mit z · b = a.
Wir schreiben auch b | a und nennen b einen Teiler von a.
Bemerkungen:
Hier wird auch b ≤ 0 erlaubt, siehe oben.
Die Relation | (Teilbarkeit) ist eine partielle Ordnung, wenn
man sie auf die natürlichen Zahlen einschränkt.
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Zahlentheorie
Beispiele: Gelten folgende Beziehungen?
2 | 18
−7 | 14
3 | 10
0|0
0|7
7|0
(Ja, z = 9)
(Ja, z = −2)
(Nein)
(Ja, z beliebig)
(Nein)
(Ja, z = 0)
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Zahlentheorie
Primzahlen
Eine natürliche Zahl p heißt Primzahl, wenn folgendes gilt:
p ≥ 2 und
die einzigen Teiler von p in den natürlichen Zahlen sind 1 und
p selbst.
Primzahlen: 2, 3, 5, 7, 11, 13, 17, 19, 23, 29, 31, 37, 41, . . .
Es gibt unendlich viele Primzahlen.
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Zahlentheorie
Eindeutigkeit der Primfaktorzerlegung
Sei n ∈ N0 \ {0}. Ein Produkt p1 · . . . · pm = n von Primzahlen
heißt Primfaktorzerlegung von n.
Jedes n besitzt eine solche Primfaktorzerlegung.
Wenn man zudem verlangt, dass die Primfaktoren in aufsteigender
Reihenfolge angeordnet sind (pi ≤ pj für i < j), so ist die
Primfaktorzerlegung sogar eindeutig.
Bemerkungen:
Die Primfaktorzerlegung von 1 ist das leere Produkt
(m = 0 oben).
Wenn wir auch die 1 als Primzahl einführen würden, so
würden wir die Eindeutigkeit der Primfaktorzerlegung
verlieren. (z.B.: 7 = 1 · 7 = 1 · 1 · 7 = . . . )
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Zahlentheorie
Größter gemeinsamer Teiler
Seien a, b ∈ N0 , aber nicht beide gleich 0.
Ein t ∈ N0 \ {0} heißt größter gemeinsamer Teiler von a und b,
geschrieben t = ggT (a, b), falls folgendes gilt:
t | a und t | b, d.h., t teilt sowohl a als auch b, und
für jede andere natürliche Zahl t 0 , die sowohl a als auch b
teilt, gilt: t 0 ≤ t, bzw. sogar t 0 | t.
Bemerkungen:
Der ggT ist immer eindeutig bestimmt.
Für jedes c > 0 gilt: ggT (0, c) = c = ggT (c, 0).
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Zahlentheorie
Kleinstes gemeinsames Vielfaches
Seien a, b ∈ N0 .
Ein v ∈ N0 heißt kleinstes gemeinsames Vielfaches von a und b,
geschrieben v = kgV (a, b), falls folgendes gilt:
a | v und b | v , d.h., sowohl a als auch b teilen v , und
für jede andere natürliche Zahl v 0 , die sowohl von a als auch
von b geteilt wird, gilt: v | v 0 .
Bemerkungen:
Auch das kgV ist immer eindeutig bestimmt.
Es gilt stets: ggT (a, b) · kgV (a, b) = a · b.
Also kgV (0, 0) = 0 und ansonsten kgV (a, b) =
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a·b
ggT (a,b)
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Zahlentheorie
Wie bestimmt man den größten gemeinsamen Teiler?
Bestimmung des ggT – Methode 1, für a, b > 0
Bestimme die Primfaktorzerlegungen von a und b.
Betrachte alle Primfaktoren p, die in beiden Zerlegungen
vorkommen: angenommen p kommt in a genau m-mal und in
b genau n-mal vor. Dann kommt p in ggT (a, b) genau
min(m, n)-mal vor.
Beispiel: Bestimmung von ggT (12, 30)
12 = 2 · 2 · 3 und 30 = 2 · 3 · 5
ggT (12, 30) = 2 · 3 = 6
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Grundlagen 2
Zahlentheorie
Präferiert (vor allem mit Modifikation von nächster Folie):
Bestimmung des ggT – Methode 2 (Euklidischer Algorithmus)
ggT (a, 0) = a
ggT (0, b) = b
ggT (a, b) = ggT (b, a), falls 0 < a < b
ggT (a, b) = ggT (a − b, b), falls a ≥ b > 0
Wende die letzten beiden Regeln so lange an, bis einer der ersten
beiden Fälle erreicht ist.
Beispiel: Bestimmung von ggT (12, 30)
ggT (12, 30) = ggT (30, 12) = ggT (18, 12) = ggT (6, 12)
= ggT (12, 6) = ggT (6, 6) = ggT (0, 6) = 6
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Grundlagen 2
Zahlentheorie
Bemerkung:
Da es bei großen Zahlen sehr schwer ist, die Primfaktorzerlegung
zu finden, ist Methode 2 bei weitem effizienter, insbesondere wenn
man dort die letzte Regel durch
ggT (a, b) = ggT (b, a mod b), falls a ≥ b > 0
ersetzt.
Beispiel: Bestimmung von ggT (12, 30)
ggT (12, 30) = ggT (30, 12) = ggT (12, 6) = ggT (6, 0) = 6
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Grundlagen 2
Zahlentheorie
Der ggT und die ggT -Berechnung sind ein wichtiges Werkzeug für
das Lösen bestimmter Gleichungen.
Lösen linearer diophantischer Gleichungen
Seien a, b, c ∈ N0 , aber nicht sowohl a als auch b gleich 0.
Wir suchen Lösungen x, y ∈ Z der Gleichung
a·x +b·y =c
Es gilt: Diese Gleichung ist genau dann lösbar, wenn ggT (a, b) | c.
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Zahlentheorie
Bei a · x + b · y = ggT (a, b) kann man Werte für x und y dadurch
bestimmen, dass man die ggT -Berechnung per Methode 2
(Euklidischer Algorithmus) rückwärts“ nachvollzieht.
”
Beispiel: Lösen von 12 · x + 30 · y = 6
ggT (12, 30) = ggT (30, 12) = ggT (18, 12) = ggT (6, 12)
= ggT (12, 6) = ggT (6, 6) = ggT (0, 6) = 6
Dabei wurden die neu auftretenden“ positiven Zahlen, also die
”
außer 12, 30 und 0, ja so ermittelt: 18 = 30 − 12, 6 = 18 − 12.
Nun kann man rückwärts einsetzen:
6 = 18 − 12 = ( 30 − 12 ) − 12 = 12 · (−2) + 30 · 1
Und damit hat man eine Lösung: x = −2 und y = 1.
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Zahlentheorie
Verwendet man die Modifikation des Euklidischen Algorithmus, mit
ggT (a, b) = ggT (b, a mod b) statt ggT (a, b) = ggT (a − b, b) im
Fall a ≥ b > 0, dann geht es allgemein schneller.
Beispiel: Lösen von 12 · x + 30 · y = 6
ggT (12, 30) = ggT (30, 12) = ggT (12, 6) = ggT (6, 0) = 6
Hier trat nur die 6 während der Berechnung neu auf, und wurde so
ermittelt: 6 = 30 mod 12.
Wegen
a mod b = a − b · (a div b)
heißt das:
6 = 30 − 12 · (30 div 12) = 30 − 12 · 2
und damit wieder x = −2 und y = 1.
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Zahlentheorie
Allgemein muss man auch bei Verwendung dieser Modifikation des
Euklidischen Algorithmus zum Gleichungslösen mehrfach rückwärts
einsetzen.
Beispiel: Lösen von 147 · x + 11 · y = 1
ggT (147, 11) = ggT (11, 4) = ggT (4, 3) = ggT (3, 1) = ggT (1, 0) = 1
Hier wurden neu auftretende Werte so ermittelt:
4 = 147 mod 11, 3 = 11 mod 4, 1 = 4 mod 3.
Bzw.: 4 = 147 − 11 · (147 div 11), 3 = 11 − 4 · (11 div 4),
1 = 4 − 3 · (4 div 3).
Rückwärts Einsetzen liefert:
1 = 4 − 3 · 1 = 4 − ( 11 − 4 · 2) · 1 = 11 · (−1) + 4 · 3
= 11 · (−1) + ( 147 − 11 · 13) · 3 = 147 · 3 + 11 · (−40)
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Zahlentheorie
Aber nicht alle Gleichungen von Interesse haben ja die Form
a · x + b · y = ggT (a, b).
Insbesondere hatten wir behauptet, dass a · x + b · y = c lösbar ist
(genau dann) wenn ggT (a, b) | c, nicht unbedingt c = ggT (a, b).
Gleichungen der Form a · x + b · y = c mit c 6= ggT (a, b),
aber ggT (a, b) | c, kann man folgendermaßen lösen:
Zunächst die Gleichung a · x 0 + b · y 0 = ggT (a, b) lösen.
Dann die Lösungen x 0 , y 0 mit
ergibt die Lösungen x, y .
c
ggT (a,b)
multiplizieren, das
Beispiel: Lösen von 12 · x + 30 · y = 24
Lösen von 12 · x 0 + 30 · y 0 = 6 ergibt x 0 = −2, y 0 = 1.
Multiplizieren mit 24
6 = 4 ergibt x = −8, y = 4.
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Zahlentheorie
Weitere Bemerkungen:
Gibt es eine Lösung für a · x + b · y = c, dann gibt es noch
unendlich viele andere Lösungen.
Die Voraussetzung a, b, c ∈ N0 kann man mit etwas
Nachdenken zu a, b, c ∈ Z aufweichen.
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Teilerfremdheit
Zwei Zahlen a und b heißen teilerfremd falls ggT (a, b) = 1.
Eulersche ϕ-Funktion
Die Eulersche ϕ-Funktion ϕ : N0 → N0 ist folgendermaßen
definiert:
ϕ(n) = |{m ∈ N0 | 1 ≤ m ≤ n und ggT (m, n) = 1}|
Also ϕ(n) ist die Anzahl der Zahlen von 1 bis n, die zu n
teilerfremd sind.
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Zahlentheorie
Beispiele (Eulersche ϕ-Funktion):
n
0
1
2
3
4
5
6
ϕ(n)
0
1
1
2
2
4
2
n
7
8
9
10
11
12
13
ϕ(n)
6
4
6
4
10
4
12
Für jede Primzahl p gilt ϕ(p) = p − 1.
Außerdem gilt:
ϕ(m · n) = ϕ(m) · ϕ(n), falls m und n teilerfremd sind.
ϕ(p k ) = p k − p k−1 , falls p eine Primzahl ist.
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Satz von Euler-Fermat
Für teilerfremde Zahlen m, n ∈ N0 \ {0} mit n > 1 gilt:
mϕ(n) mod n = 1
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