Die trigonometrischen Funktionen als Kreisfunktionen

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Formelsammlung zur
Mathematik I+II für die Beruflichen Fachrichtungen
Seite 21
Bemerkungen:
• Der Sinussatz lässt sich vorteilhaft anwenden, wenn im Dreieck Δ ABC gegeben sind
- zwei Seiten sowie ein Winkel, welcher einer der Seiten gegenüberliegt (SSW) oder
- eine Seite und zwei Winkel (WSW bzw. SWW) .
• Der Kosinussatz kann vorteilhaft angewendet werden, wenn im Dreieck Δ ABC gegeben
sind
- alle drei Seiten (SSS) oder
- zwei Seiten und der von den beiden Seiten eingeschlossene Winkel (SWS) .
Die trigonometrischen Funktionen als Kreisfunktionen
Zur Erweiterung des Anwendungsbereiches der trigonometrischen Funktionen über recht⎡ π⎤
winklige Dreiecke und damit den eingeschränkten Winkelbereich 0 , 90 o bzw. ⎢ 0 , ⎥
⎣ 2⎦
Einheitskreis
k
ein.
Aufgrund
hinaus führen wir die trigonometrischen Funktionen jetzt am
der an diesem Kreis vollzogenen Erweiterung werden die trigonometrischen Funktionen zuweilen selbst auch als Kreisfunktionen bezeichnet. Eigentlich hatten wir bei der Anwendung
des Sinus- und Kosinussatzes in allgemeinen Dreiecken stillschweigend die trigonometrischen Funktionen bereits auf dem Winkelbereich 0 ,180 o bzw. [ 0 ,π ] betrachtet. Nun
vollziehen wir die Erweiterung des Definitionsbereichs für die trigonometrischen Funktionen
noch einmal „sauber“ geometrisch nach, wie folgt:
[
[
]
]
• Betrachtet wird der Kreis um den Ursprung O des ebenen kartesischen Koordinatensystems mit Radius r = 1 sowie das Winkelfeld, das durch die positive reelle x-Halbachse
und eine vom Koordinatenursprung O ausgehende Halbgerade g 1 gebildet wird.
Skizze:
© aktueller Stand: 08.06.2017
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• Dabei arbeiten wir ab jetzt mit sogenannten orientierten Winkeln, indem wir nun auch negative Winkel zulassen. Dabei gilt:
(i) α ≥ 0 (Gradmaß) bzw. ϕ ≥ 0 (Bogenmaß), wenn g 1 aus der positiven x-Halbachse
durch Drehung links herum, d.h. durch
Drehung im mathematisch positiven
Drehsinn hervorgeht;
(ii) α < 0 (Gradmaß) bzw. ϕ < 0 (Bogenmaß), wenn g 1 aus der positiven x-Halbachse
durch Drehung rechts herum, d.h.durch
Drehung im mathematisch negativen
Drehsinn hervorgeht.
• Die trigonometrischen Werte cos α bzw. cos ϕ und sin α bzw. sin ϕ für einen gegebenen (positiven oder negativen) Winkel α im Gradmaß bzw. ϕ im Bogenmaß erhalten
wir als die x,y-Koordinaten des Kreispunktes P = (x , y ) ∈ k ∩ g1 auf dem zum Winkel
gehörenden Strahl g 1 (siehe Skizze).
• Die trigonometrischen Werte tan α bzw. tan ϕ findet man wiederum als y-Koordinate
des Punktes Q = (1, y ′) ∈ g1 sowie cot α bzw. cot ϕ als x-Koordinate des Punktes
R = (x ′′,1) ∈ g1 (siehe Skizze).
Für diese nun unter Rückgriff auf orientierte Winkel im Bogenmaß ϕ „erweiterten“ trigonometrischen Funktionen am Einheitskreis erhält man dann die entsprechenden folgenden Definitionsbereiche D f bzw. Wertebereiche W f :
u = f (ϕ )
Df
Wf
sin ϕ
ϕ ∈R
u = sin ϕ ∈ [−1,1]
cos ϕ
ϕ ∈R
u = cos ϕ ∈ [−1,1]
tan ϕ
cot ϕ
ϕ ∈R \ {
π
2
+ k ⋅π k ∈Z }
ϕ ∈R \ { k ⋅ π k ∈ Z }
u = tan ϕ ∈ (−∞,+∞)
u = cot ϕ ∈ (−∞,+∞)
Weiterhin ergeben sich aus der geometrischen Betrachtung am Einheitskreis folgende Eigenschaften für die erweiterten trigonometrischen Funktionen:
Eigenschaft
2π-Periodizität
Nullstellen
Kriterium
∀ϕ ∈R ∀k ∈Z : sin (ϕ + 2 kπ ) = sin (ϕ ) , cos (ϕ + 2 kπ ) = cos (ϕ )
∀ϕ ∈R : sin (ϕ ) = 0 ⇔ tan (ϕ ) = 0 ⇔ ϕ = k ⋅ π (k ∈Z )
∀ϕ ∈R : cos (ϕ ) = 0 ⇔ cot (ϕ ) = 0 ⇔ ϕ =
π
2
+ k ⋅ π (k ∈Z )
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Komplementarität
„trigonometrischer Pythagoras“
Symmetrieeigenschaften:
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∀ϕ∈R : cos (
π
2
− ϕ ) = sin ϕ , sin (
π
2
− ϕ ) = cos ϕ
∀ϕ∈R : sin 2 ϕ +cos 2 ϕ = 1
∀ϕ∈R : sin( −ϕ ) = − sin ϕ , cos ( −ϕ ) = cos ϕ
(d.h. sin ist „ungerade“, cos „gerade“ Funktion)
∀ϕ∈R : tan( −ϕ ) = − tanϕ , cot ( −ϕ ) = − cot ϕ
(d.h. tan und cot sind „ungerade“ Funktionen)
Additionstheoreme für
sin , cos und tan
∀ϕ,ψ ∈R : sin (ϕ + ψ ) = sinϕ ⋅ cosψ + cos ϕ ⋅ sinψ
∀ϕ,ψ ∈R : cos (ϕ + ψ ) = cos ϕ ⋅ cosψ − sinϕ ⋅ sinψ
∀ϕ ,ψ ∈R : tan (ϕ + ψ ) =
Monotonieverhalten:
tan ϕ + tanψ
1 − tan ϕ ⋅ tanψ
⎡ π π⎤
∀ϕ 1 ,ϕ 2 ∈ ⎢ − , ⎥ : ϕ 1 < ϕ 2 ⇒ sin ϕ 1 < sin ϕ 2
⎣ 2 2⎦
⎤ π π⎡
∀ϕ 1 ,ϕ 2 ∈ ⎥ − , ⎢ : ϕ 1 < ϕ 2 ⇒ tan ϕ 1 < tan ϕ 2
⎦ 2 2⎣
⎤ π π⎡
(d.h. sin , tan sind in ⎥⎦ − 2 , 2 ⎢⎣ streng monoton wachsend)
∀ϕ 1 ,ϕ 2 ∈ [0,π ] : ϕ 1 < ϕ 2 ⇒ cos ϕ 1 > cos ϕ 2
∀ϕ 1 ,ϕ 2 ∈ [0 ,π ] : ϕ 1 < ϕ 2 ⇒ cot ϕ 1 > cot ϕ 2
(d.h. cos , cot sind in [ 0, π ] streng monoton fallend)
Eine geometrische Herleitung der Additionstheoreme an rechtwinkligen Dreiecken ergibt sich
aus folgender Skizze, wobei wir unter α und β jetzt Winkel im Gradmaß verstehen und die
Ähnlichkeit der Dreiecke ΔSCD und ΔACE (Beweis?) berücksichtigen.
Skizze:
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Folgerungen aus den Additionstheoremen:
Aus den Additionstheoremen für sin und cos lassen sich speziell weitere Formeln herleiten:
2
2
(i) ∀ϕ∈R : sin 2ϕ = 2 sin ϕ ⋅ cos ϕ , cos 2ϕ = cos ϕ −sin ϕ
2
(ii) ∀ϕ∈R : 1 + cos ϕ = 2 ⋅ cos (
Mit α =
α+β
2
+
α −β
2
ϕ
2
und β =
,
) , 1 − cos ϕ = 2 ⋅ sin 2 (
α+β
2
α −β
−
2
α-β
(iii)
∀α,β ∈R :
sin α − sin β = 2 ⋅ sin
(iv)
∀α,β ∈R :
cos α − cos β = −2 ⋅ sin
2
2
2
) .
folgt:
⋅ cos
α-β
ϕ
α +β
⋅ sin
2
α +β
2
,
.
Folgerungen aus der Monotonieeigenschaft:
Aus der Monotonie von sin , cos , tan und cot (und Stetigkeit der Funktionen – siehe dazu
später) in dem jeweils angegebenen Intervall folgt:
• Zu jeder beliebigen Zahl x aus dem entsprechenden Wertebereich der jeweiligen trigonometrischen Funktion x = f (ϕ) gehört ein eindeutiger Winkel ϕ im Monotonieintervall,
der durch die trigonometrische Funktion f auf x abgebildet wird.
D.h.: Die trigonometrischen Funktionen lassen sich umkehren, und die entsprechenden Umkehrfunktionen lauten:
⎡ π π⎤
(i) arcsin x = sin −1 (x) = ϕ ⇔ x = sin ϕ für x ∈[−1,1] beliebig mit ϕ ∈ ⎢ − , ⎥ . arcsin
⎣ 2 2⎦
heißt der Arcus Sinus ,
(ii) arccos x = cos −1 (x) = ϕ ⇔ x = cos ϕ für x ∈[−1,1] beliebig mit ϕ ∈ [0, π ] . arccos
heißt der Arcus Kosinus ,
⎤ π π ⎡
(iii) arctan x = tan −1 (x) = ϕ ⇔ x = tan ϕ für x∈R beliebig mit ϕ ∈ ⎥ − , ⎢ . arctan
⎦ 2 2 ⎣
heißt der Arcus Tangens ,
(iv) arccot x = cot −1 (x) = ϕ ⇔ x = cot ϕ für x∈R beliebig mit ϕ ∈ ] 0, π [ . arccot heißt
der Arcus Kotangens .
Wählt man nun als Variablennamen x statt ϕ und trägt man die Funktionswerte y = sin x
jeweils über dem entsprechenden Funktionsargument x - das ist nun der zugehörige Winkel
im Bogenmaß – ab, so erhält man den sogenannten Graphen der Sinusfunktion:
Γ f = { ( x, y ) y = sin x ; x ∈R } .
© aktueller Stand: 08.06.2017
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