Paraneoplastische neurologische Syndrome

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Immunologie
Klaus-Peter Wandinger
Lübeck
Paraneoplastische
neurologische Syndrome
Klinik und Labordiagnostik
In den vergangenen Jahren wurden bei neurologischen
Krankheitsbildern zahlreiche neue Autoantikörper identifiziert, von
denen ein Großteil Eingang in die Diagnostik gefunden hat. Eine
herausragende klinische Bedeutung besitzen dabei Autoantikörper
bei paraneoplastischen neurologischen Syndrome (PNS), da sie
die frühzeitige Diagnose eines bislang unbekannten Tumorleidens
ermöglichen können.
Als paraneoplastische neurologische
Syndrome (PNS) werden Erkrankungen des zentralen und peripheren Nervensystems bezeichnet,
die in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Tumorleiden auftreten, jedoch nicht durch den Tumor
bzw. seine Metastasen direkt verursacht werden oder als Nebenwirkung auf eine Therapie mit Zytostatika oder durch Bestrahlung zurückzuführen sind [1]. Vielmehr ist eine
immunvermittelte Pathogenese der
neurologischen Störungen naheliegend, da sich bei vielen Patienten
mit PNS spezifische Autoantikörper
im Serum nachweisen lassen. Diese
Autoantikörper richten sich gegen
Antigene, die normalerweise ausschließlich auf der Oberfläche
(Membranproteine) oder im Inneren
(Zytoplasma oder Nukleus) von Nervenzellen vorkommen.
Im Zuge der Entartung (maligne
Transformation) werden diese Proteine nun auch von Tumorzellen gebildet. Maligne Zellen unterscheiden
sich durch eine Vielzahl veränderter
morphologischer,
biochemischer
und physiologischer Eigenschaften
von normalen Körperzellen. Aufgrund dieser Unterschiede, die in Art
und Ausmaß sehr stark variieren,
können sie vom Immunsystem als
„fremd“ erkannt und angegriffen
werden. Bei Patienten mit PNS werden im Rahmen dieser antitumoralen Immunantwort auch Antikörper gegen die neuronalen Proteine
gebildet, die außerhalb des Nervensystems als unphysiologische, d. h.
fremde Strukturen wahrgenommen
werden.
Bei der Nomenklatur dieser onkoneuralen Antikörper folgt man zwei
unterschiedlichen Prinzipien. Zum
einen orientiert man sich am Namen
des Patienten, bei dem der Antikörper erstmals nachgewiesen wurde
(z. B. Hu für Hull, Ri für Richards, Yo
für Young, Ma für Margret), während zum anderen das immunhistochemische Färbemuster beschrieben
wird (PCA für Purkinje Cell Antibody).
Abb: 1: Kernspintomographischer Befund einer Patientin mit „Anti-Ma assoziierter paraneoplastischer Enzephalitis“. Die Pfeile markieren beidseitige, hyperintense Läsionen, die den Entzündungsprozess im Bereich des Hirnstammes
widerspiegeln (modifiziert nach Prüss et al. 2008).
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Fachbeiträge
MTA Dialog 4 (2008) Jahrgang 9
Man vermutet, dass in einem
Individuum im Laufe seines Lebens
viele Zellen zu Tumorzellen entarten.
Es ist unbekannt, wie häufig maligne Zellen durch eine effiziente Immunantwort tatsächlich erfolgreich
aus dem Körper entfernt werden. In
der medizinischen Literatur werden
aber zahlreiche Einzelfälle beschrieben, in denen sich ein Tumor von
selbst zurückbildete (so genannte
Spontanheilungen). Wo ein Tumor
jedoch heranwächst und metastasiert, ist das Immunsystem offensichtlich nicht in der Lage, eine ausreichende Abwehr gegen die Tumorzellen zu bilden.
Paraneoplastische Syndrome werden bei weniger als 1 % aller Tumorerkrankungen beobachtet. Von besonderer klinischer Bedeutung ist
die Tatsache, dass die neurologischen Symptome der Entdeckung
des auslösenden Tumors in der Regel Monate bis Jahre vorausgehen.
Der Primärtumor ist dann meistens
noch sehr klein (z. B. Mikrokarzinom
der Mamma) und, im Idealfall, einer
kurativen Therapie noch zugänglich.
Bei Nachweis der Reaktivitäten AntiHu, Anti-Yo, Anti-Ri, Anti-Amphiphysin, Anti-CV2 oder Anti-Ma2 ist die
Wahrscheinlichkeit, dass zum Zeitpunkt der Befunderhebung oder innerhalb der kommenden 5 Jahre ein
Tumor nachgewiesen werden kann,
größer als 95 %. Diese Antikörper
sind deshalb besonders wichtig und
werden auch als „PNS-definierende
Antikörper“ bezeichnet [2]. In ungefähr zwei Drittel der Fälle ist den Patienten zum Zeitpunkt des Auftretens der neurologischen Symptome
ein Tumor noch nicht bekannt. Die
immunologische Diagnostik vermag
hier einen entscheidenden Beitrag
zur Früherkennung von Krebserkrankungen zu leisten. Denn werden im
Rahmen der Zuordnung des neurologischen Krankheitsbildes im Labor
onkoneurale Antikörper nachgewiesen, so muss eine rasche und
gründliche Tumorsuche mittels
Ganzkörper-CT, Gastroskopie und
Koloskopie, ggf. Positronen-Emissi-
ons-Tomographie (PET)/CT-Untersuchung bis hin zu einer Biopsie und
operativen Verfahren geführt werden. Lässt sich zum Zeitpunkt der
Erstvorstellung kein Tumor nachweisen, so sollten in regelmäßigen Abständen Nachuntersuchungen erfolgen mit dem Ziel, den zugrundeliegenden Tumor im Frühstadium zu
diagnostizieren und zu therapieren.
Symptome und Verlauf
Paraneoplastische
neurologische
Syndrome können alle Ebenen des
Nervensystems betreffen und sind
daher bei den meisten Differenzialdiagnosen der Neurologie in Erwägung zu ziehen (Tab. 1). Zu den häufig betroffenen Strukturen zählt das
Großhirn (Enzephalon) und Rückenmark (Myelon), das Kleinhirn (Zerebellum), der Hirnstamm (vor allem
Rhombenzephalon) und das limbische System (Abb. 1). Gleichermaßen können sich PNS auch im Bereich des peripheren Nervensystems
(Neuropathie), der neuromuskulären
Synapse (Myasthenia gravis und
Lambert-Eaton-Syndrom), des quergestreiften Muskels (nekrotisierende
Myositis) sowie der Haut (Dermatomyositis) abspielen.
In der Regel sind paraneoplastische Syndrome des Zentralnervensystems mit Antikörpern gegen zytoplasmatische (z. B. CV2, Yo) und
nukleäre (Hu, Ri, Ma) Proteine vergesellschaftet, während bei peripheren PNS die Autoimmunantwort
Tab. 1: Klinisch relevante paraneoplastische Autoantikörper.
Antikörper
(Synonym)
Anti-Hu
(ANNA-1)*
Anti-Yo
(PCA-1)*
Anti-Ri
(ANNA-2)*
Anti-PNMA1
(Ma1)*
Antigen
(Molekulargewicht)
Hu-Proteine
(38 kDa)
cdr2, cdr62
(34 kDa und 62 kDa)
NOVA
(55 kDa und 80 kDa)
Ma-Proteine
(37 kDa und 40 kDa)
Fluoreszenz-Muster
Paraneoplastisches
Syndrom
Enzephalomyelitis
sensible Neuropathie
Kleinhirndegeneration
Zellkerne zentraler und
peripherer Neurone
Zytoplasma der
Purkinjezellen
Zellkerne zentraler Neurone Opsoklonus-MyoklonusSyndrom
Nervenzellnucleoli
Rhombenzephalitis
(Hirnstamm)
limbische Enzephalitis
Anti-PNMA2
Ma-Proteine
Nervenzellnucleoli
Rhombencephalitis
(Ma2, Ta)*
(41,5 kDa)
(Hirnstamm)
limbische Enzephalitis
Anti-AmphiAmphiphysin
Präsynaptische NervenStiff-Person-Syndrom
physin*
(128 kDa)
enden des Kleinhirns
Anti-CV2
CRMP5
Zytoplasma der OligoEnzephalitis
(Anti-CRMP5)* (66 kDa)
dendrozyten
PCA2
Purkinje-Zellprotein
Zytoplasma und Dendriten Enzephalitis
(280 kDa)
der Purkinjezellen
Neuropathie
Anti-Tr
unbekannt
Zytoplasma der PurkinjeKleinhirndegeneration
(PCA-Tr)
zellen, punktartige Färbung
der Molekularschicht
Anti-mGluR1
metabotroper Glutamat- Zytoplasma der
Kleinhirndegeneration
rezeptor (ca. 140 kDa)
Purkinjezellen
Anti-Recoverin Recoverin
Photorezeptoren der Retina Retinopathie
(23 kDa und 65 kDa)
Anti-Titin
Titin
quergestreifte Muskulatur
Myasthenia gravis
GAD
Glutamatdecarboxylase Körnerschicht des Kleinhirns Stiff-Person-Syndrom
(65 kDa und 67 kDa)
und Inselzellen (Pankreas)
Häufigste
Tumore
SCLC,
Neuroblastom
Ovar, Mamma,
Uterus
Mamma, SCLC
Mamma,
verschiedene
Hoden
Mamma, SCLC
SCLC, Thymom
SCLC
M. Hodgkin
M. Hodgkin
SCLC
Thymom
Mamma, SCLC,
Kolon
* PNS-definierende Antikörper. Der Nachweis dieser Antikörper im Serum von Patienten mit entsprechenden neurologischen
Symptomen spricht für das Vorliegen eines PNS, selbst dann, wenn zum Zeitpunkt der Diagnose kein Tumor nachweisbar ist.
SCLC: kleinzelliges Bronchialkarzinom (small-cell lung carcinoma); CDR: cerebellar degeneration-related antigen; NOVA: neuronal onconeural ventral nervous system antigen.
hauptsächlich gegen zelluläre
Membranproteine (z. B. Lambert-Eaton-Syndrom: spannungsabhängige
Kalziumkanäle, VGCC; Neuromyotonie: spannungsabhängige Kalium-
kanäle, VGKC) gerichtet ist. Neben
rein neurologischen Ausfällen können auch psychiatrische und unspezifische Symptome auftreten. Aufgrund ihrer Seltenheit werden PNS
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MTA Dialog 4 (2008) Jahrgang 9
Fachbeiträge
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Immunologie
sible Ausfälle (Taubheitsgefühl, Störung
des Lagesinns) ohne
Lähmungen im Bereich der Extremitäten
(subakute
sensible
Neuropathie). Bei der
limbischen Enzephaa
b
litis stehen Gedächtnisstörungen,
psychische Auffälligkeiten
und epileptische Anfälle im Vordergrund.
Ein klinisch eindrucksvolles Krankheitsbild ist das Stiffc
d Person-Syndrom, das
durch eine schmerzhafte Steifigkeit der
rumpfnahen Muskulatur mit zusätzlich einschießenden Spasmen
bei Schreckreizen gekennzeichnet ist.
Wichtige Differene
f tialdiagnosen stellen
Autoimmunerkrankungen wie die Multiple
Sklerose sowie parainfektiöse
Erkrankungen dar, bei denen
die Symptome im Rahmen der Immunantwort gegen verschievirale oder
g
h dene
bakterielle
Erreger
entstehen (z. B transverse Myelitis). Die
autoimmunvermittelte limbische Enzephalitis muss stets von einer Herpes-Enzephalitis abgegrenzt werden.
j Bei letzterer werden
i
Abb. 2: Nachweis onkoneuraler Autoantikörper mit dem indirekten Immunfluoreszenz- die Nervenzellen des
test. (a) Anti-Hu-Antikörper (Synonym ANNA-1: Anti-Neuronale Nukleäre Antikörper): Granuläre Temporalhirns durch
Fluoreszenz nahezu aller Neuronenkerne des Kleinhirns, (b) Anti-Hu-Antikörper färben den Plexus direkten Virusbefall
myentericus des Darmes an. (c) Anti-Ri Antikörper weisen ebenfalls eine Färbung der Neuronengeschädigt und eine
kerne des Kleinhirns auf, jedoch findet hier niemals eine Reaktion mit peripheren Neuronen (Plexus
myentericus negativ) statt (d). (e) Fluoreszenz bei Antikörpern gegen CV2 (Oligodendrozyten), (f) unmittelbare medikaAnfärbung der Purkinje-Zellen bei Anti-Yo-Antikörpern (PCA-1: Purkinje-Zellen-Autoantikörper). mentöse Therapie ist
PCA-2-Antikörper zeigen eine Färbung des Zytoplasmas und der Dendriten der Purkinjezellen (g), dringend erforderlich.
bei Vorliegen von Antikörpern gegen Tr zeigt sich zusätzlich eine fleckige Fluoreszenz in der MoMyasthenie und
lekularzellschicht (h). Autoantikörper gegen das Enzym Glutamatdecarboxylase (GAD) rufen eine
Stiff-Person-Syndrom
Fluoreszenz der Körnerschicht des Kleinhirns (i) sowie der Pankreasinseln (j) hervor.
können auch als
eigenständige, nicht
im klinischen Alltag leicht überse- paraneoplastische Autoimmunerhen. Zu den Beschwerden, bei de- krankungen auftreten. Der zusätznen immer eine paraneoplastische liche Nachweis von Antikörpern geUrsache in Betracht gezogen wer- gen Titin und gegen Amphiphysin
den muss, gehören eine langsam deutet bei diesen Krankheitsbildern
fortschreitende Stand- und Gang- jedoch immer auf einen zugrundeunsicherheit mit Sprechstörung und liegenden Tumor hin (Tab. 1). Der
ggf. Doppelbildern (subakute Klein- natürliche Verlauf paraneoplastihirndegeneration) sowie rein sen- scher Syndrome kann variieren.
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Fachbeiträge
MTA Dialog 4 (2008) Jahrgang 9
Eine spontane Besserung der neurologischen Symptome und sogar eine
spontane Tumorregression wurden
beschrieben [3, 4].
Oberstes Ziel in der Behandlung
von Patienten mit PNS ist die rasche
Identifizierung und Entfernung des
zugrundeliegenden Primärtumors.
Wahrscheinlich aufgrund der oftmals biologisch wirksamen, natürlichen Immunantwort können die
Tumore allerdings, wie eingangs beschrieben, für lange Zeit klein und
ohne klinische Symptome bleiben.
Zur Milderung der neurologischen
Beschwerden wird in der Regel eine
symptomatische, immunmodulatorische oder immunsuppressive Therapie eingeleitet (z. B. Kortikosteroide, intravenöse Immunglobuline,
Plasmapherese), die bezüglich ihrer
Wirksamkeit allerdings große Unterschiede zwischen einzelnen Patienten aufweist. Im klinischen Alltag
hat sich gezeigt, dass immuntherapeutische Maßnahmen umso mehr
Aussicht auf Erfolg haben, je früher
sie begonnen werden. Hervorzuheben ist, dass eine Immuntherapie bei
der Mehrzahl der Patienten nicht mit
einem beschleunigten Wachstum
des Tumors einhergeht.
Labordiagnostik
Aufgrund der herausragenden klinischen Bedeutung besteht die Aufgabe der Labordiagnostik darin,
onkoneurale Antikörper im Patientenserum zuverlässig und eindeutig
zu erfassen. Um eine größtmögliche
Spezifität und Sensitivität der Untersuchung zu gewährleisten wird der
Antikörpernachweis daher immer
mit zwei unterschiedlichen Testmethoden geführt [2]. Zum einen wird
mit Hilfe der fluoreszenzmikroskopischen (indirekte Immunfluoreszenz; IFT) oder lichtmikroskopischen
Immunhistochemie untersucht, ob
das Patientenserum eine spezifische
Reaktivität mit Gewebe neuronalen
Ursprungs aufweist. Als Zielstruktur
dienen hier die im Zellverbund (in
situ) in nativer Form exprimierten
Moleküle. Anhand des Bindungsmusters der Autoantikörper auf verschiedenen Geweben lassen sich
Rückschlüsse auf das zugrundeliegende Zielantigen ziehen (Abb. 2).
Zur Darstellung des größtmöglichen
Antigenspektrums wird parallel eine
Kombination aus verschiedenen Gewebesubstraten, z. B. Primatenklein-
hirn (zentrale Neurone: Purkinjezellen, graue und weiße Substanz in
übersichtlicher histologischer Anordnung), Primatendarm (marklose Nerven, autonomes Nervensystem) und
peripherer, markhaltiger Primatennerv, eingesetzt. Antikörper gegen
das Enzym Glutamatdecarboxylase
(GAD), die neben dem Diabetes mellitus auch bei Stiff-Person-Syndrom
auftreten, werden zusätzlich auf
dem Substrat Primatenpankreas
nachgewiesen. Mit Hilfe humaner
Epithelzellen (HEp-2) wird untersucht, ob im Patientenserum antinukleäre Antikörper (ANA) vorliegen, die natürlich bei der Interpretation der IFT-Ergebnisse berücksichtigt
werden müssten. Zum anderen werden die Patientenproben gleichzeitig
mit Membran-basierten Testsystemen (Immunblots) analysiert, bei
denen die spezifischen Zielantigene,
in nativer oder rekombinanter Form,
auf Membranstreifen aufgebracht
wurden (Abb. 3). Im „Westernblot“
wird ein Antigenvollextrakt aus Primatenkleinhirn verwendet, das elektrophoretisch aufgetrennt und auf
a
b
c
➤
➤
➤
➤
➤
➤
➤
Abb. 3: Membran-basierte Testsysteme zum Nachweis onkoneuraler Autoantikörper.
(a) Westernblot mit Banden an spezifischer Stelle im aufgetrennten Kleinhirnextrakt, die eine Reaktion mit den nativen Antigenen Hu, Yo und Ri anzeigen. Im vorliegenden Testsystem werden die Antikörper gleichzeitig mit zusätzlich aufgetragenen
rekombinanten Antigenen erfasst (Kombination Westernblot und Linienblot). (b) Beispiele inkubierter Patientenseren auf einem
Linienblot. Die PNS-definierenden Antigene sind in aufgereinigter oder rekombinanter Form einzeln auf der Membran angeordnet. (c) Antikörper gegen neuronale Antigene unbekannter Spezifität zeigen auf dem Westernblot Reaktionen mit dem Kleinhirnextrakt, die keiner definierten Bande zugeordnet werden können (Pfeilspitzen). In der indirekten Immunfluoreszenz können
derartige Antikörper anhand ihres atypischen Färbemusters erkannt werden.
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Immunologie
Abb. 4: Zellbefund im Liquor bei paraneoplastischen neurologischen
Syndromen. In etwa der Hälfte der Fälle zeigt sich eine geringgradige, lympho-monozytäre Pleozytose (30–40 Zellen/µl). Ein unauffälliger Liquorbefund
schließt ein PNS jedoch nicht aus.
eine Nitrozellulose-Membran aufgetragen wurde. Die Position der Proteine auf dem Blotstreifen ist dabei
von deren Molekulargewicht abhängig. Im Serum vorhandene Autoantikörper reagieren mit ihrem jeweiligen Antigen und werden nach Markierung durch einen sekundären
Anti-Human-Antikörper an entsprechender Stelle des Streifens als spezifische Bande nachgewiesen. Alternativ kann auch ein „Linienblot“
eingesetzt werden, bei dem die Antigene einzeln, in aufgereinigter oder
rekombinanter Form an klar definierter Stelle auf den Membranstreifen aufgetragen sind (Abb. 3b). Westernblots enthalten das komplette in
Primatenkleinhirn vorliegende Antigenspektrum und erlauben neben
dem Nachweis bekannter Reaktivitäten auch die Identifizierung antineuronaler Antikörper bislang unbeKurz und bündig
■
PNS werden durch Autoimmunreaktionen gegen
Proteine verursacht, die normalerweise ausschließlich
im Nervensystem vorkommen, im Zuge der Entartung
jedoch auch von Tumorzellen gebildet werden.
■
Paraneoplastische Antikörper können dem Tumornachweis bis zu 5 Jahren vorausgehen.
■
Der Nachweis onkoneuraler Antikörper wird stets
parallel mit immunhistochemischen Methoden
(Antigene im Gewebeverbund) und Immunoblots
(definierte Einzelantigene) geführt.
■
■
270
Ein positiver Antikörperbefund besitzt eine außerordentliche Bedeutung für die frühe Diagnose eines
verborgenen Tumorleidens und erfordert eine umgehende und intensive Untersuchung der Patienten.
Ein Tumor ist in der Mehrzahl der Fälle zum Zeitpunkt
des Auftretens der neurologischen Symptome und der
onkoneuralen Antikörper noch nicht bekannt.
Fachbeiträge
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kannter Spezifität. Diese treten nach
Reaktion mit den jeweiligen Zielantigenen als Banden an atypischer
Stelle auf dem Membranstreifen zutage (Abb. 3c). Im klinischen Alltag
hat sich aufgrund der einfacheren
Auswertbarkeit der Einsatz von Linienblots bewährt. Ein Screening mittels indirekter Immunfluoreszenz
oder Immunblots alleine kann nicht
empfohlen werden. In der IFT können z. B. Reaktivitäten gegen
Antigene der Ma-Familie (Ma1 und
Ma2/Ta) aufgrund des besonders
schwachen Färbeverhaltens leicht
übersehen werden, die dann aber
anhand des positiven Signals im
Immunblot erkannt werden. Umgekehrt zeigen Anti-Tr Antikörper keine
Banden im Westernblot und werden
nur mit der IFT erfasst.
Die Bestimmung onkoneuraler
Antikörper erfolgt in erster Linie aus
dem Serum. Der zusätzliche Nachweis der Autoantikörper im Liquor
mit Berechnung des spezifischen Index kann in Einzelfällen hilfreich
sein, da fast alle Antikörper-positiven paraneoplastischen Patienten
mit zentraler Symptomatik auch eine
intrathekale Synthese aufweisen. In
ca. 50 % der Fälle findet sich bei
Patienten mit PNS ein entzündlich
veränderter Liquor mit geringer lymphomonozytärer Pleozytose, leichter
Erhöhung des Gesamtproteins und
einer quantitativ oder qualitativ
(oligoklonale Banden) nachweisbaren intrathekalen IgG-Produktion
(Abb. 4). Ein normaler Befund ist jedoch ebenfalls mit einem PNS vereinbar. Maligne Zellen sind bei PNS
definitionsgemäß nicht im Liquor
nachweisbar. Abschließend bleibt zu
erwähnen, dass sich onkoneurale
Antikörper nur bei etwa 50 % der
Patienten mit PNS nachweisen lassen, so dass ein negatives serologisches Ergebnis ein PNS keinesfalls
ausschließt.
weitergeleitet werden. Zu den unlängst neu bei PNS-Patienten beschriebenen Reaktivitäten zählen
Autoantikörper gegen den Transkriptionsfaktor Sox1 (Lambert-EatonSyndrom) und das Zinkfingerprotein
Zic4 (Kleinhirndegeneration), die
beide bei kleinzelligem Bronchialkarzinom beobachtet wurden, sowie
gegen den Glutamatrezeptor Gria1
(Kleinhirndegeneration bei M. Hodgkin). Eine Übersicht über den aktuellen Stand der Forschung auf diesem Gebiet ist auf der Homepage
der europäischen Expertengruppe
für paraneoplastische neurologische
Syndrome unter der Internetadresse
www.pnseuronet.org zu finden. ■
Literatur
1. Blaes F, Rauer S, Voltz R, Weller M.
Paraneoplastische Syndrome. In: Diener
HC (Hrsg.): Leitlinien für Diagnostik
und Therapie in der Neurologie, 2. Aufl.
Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 2003, S.
455–460
2. Graus F, Delattre JY, Antoine JC, Dalmau
J, Giometto B, Grisold W, Honorrat J,
Smitt PS, Vedeler CH, Verschuuren JJ,
Vincent A, Voltz R. Recommended diagnostic criteria for paraneoplastic neurological syndromes. J Neurol Neurosurg
Psychiatry 2004; 75:1135-1140
3. Prüss H, Voltz R, Gelderblom H, Bohner
G, Munz DL, Zschenderlein R, Wandinger
KP. Spontaneous remission of anti-Ma
associated paraneoplastic mesodiencephalic and brainstem encephalitis. J
Neurol; Epub 2008 Jan 23
4. Darnell RB, DeAngelis LM. Regression
of small-cell lung carcinoma in patients
with paraneoplastic neuronal antibodies.
Lancet 1993; 341:21-22
Der Autor:
Priv.-Doz. Dr. med. Klaus-Peter
Wandinger
EUROIMMUN Labordiagnostika AG
Seekamp 31
23560 Lübeck
Mail: [email protected]
Ausblick
Es ist davon auszugehen, dass mit
zunehmender Kenntnis über paraneoplastische neurologische Syndrome zukünftig weitere neue onkoneurale Autoantikörper identifiziert
werden. Patientenseren, die ein atypisches Muster in der immunhistochemischen Untersuchung oder
nicht eindeutig zuzuordnende Banden im Westernblot aufzeigen, sollten zur Analyse an ein Speziallabor
Der Autor ist Facharzt für Neurologie mit
Fachkunde Laboruntersuchungen im Gebiet
Neurologie. Er arbeitete und forschte in
Deutschland und den USA im Bereich der
Immunologie, Neuroimmunologie und
Neurologie. Seit 2007 ist er tätig als
Direktor des Bereiches Internationale
Wissenschaftliche Kommunikation bei der
Firma EUROIMMUN.
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