Redaktion Medizin: (089) 53 06-425 [email protected] Telefax: (089) 53 06-86 61 Münchner Merkur Nr. 111 | Montag, 17. Mai 2010 MEINE SPRECHSTUNDE Leben ................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................... 19 DIE TÄGLICHE MEDIZIN Heute: Tipps bei Herzschrittmachern PD Dr. Martin Canis ist Facharzt an der Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde am Klinikum der Universität München in Großhadern. Prof. Dr. Christian Stief Als Chefarzt im Münchner Klinikum Großhadern erlebe ich täglich, wie wichtig medizinische Aufklärung ist. Meine Kollegen und ich möchten daher jeden Montag den Merkur-Lesern ein Thema vorstellen, das für ihre Gesundheit von Bedeutung ist. Die Autoren des heutigen Beitrags sind Prof. Dr. med. Alexander Berghaus und Priv.-Doz. Dr. med. Martin Canis. Sie erklären, wie man einen Hörsturz erkennt und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt. Prof. Dr. Alexander Berghaus ist Direktor der Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde am Klinikum der Universität München in Großhadern. Leserfragen an die Autoren: [email protected] Die Diagnose Hörsturz lässt sich erst nach einer genauen Untersuchung stellen. FOTO: VARIO Wenn das Herz zu langsam schlägt oder immer wieder Pausen macht, bringt er es in den richtigen Rhythmus: der Herzschrittmacher. Mit einem solchen Gerät können Patienten meist ein ganz normales Leben führen – wenn sie einige Regeln beachten. So sollten sie Geräte nicht benutzen, wenn der Hersteller in der Bedienungsanleitung darauf hinweist, dass diese für Schrittmacherträger ungeeignet sind, rät Dr. Wilhelm Fischer, Chefarzt der Abteilung für Innere Medizin im Krankenhaus in Peißenberg (Landkreis Weilheim-Schongau). Er ist ärztlicher Berater in der elektrotechnischen Kommission für Herzschrittmacher und Defibrillatoren des Verbands für Elektrotechnik (VDE). Therapien bei einem Hörsturz Etwa 250 000 Menschen in Deutschland erleiden pro Jahr einen Hörsturz. Ohne erkennbaren Grund hören sie auf einem Ohr plötzlich nur noch schlecht. Eine frühzeitige Therapie kann jedoch oft helfen, einen bleibenden Hörschaden zu verhindern. VON MARTIN CANIS UND ALEXANDER BERGHAUS Noch nie hatte Jörg W. Probleme mit seinem Gehör. Doch ganz plötzlich hört der 45-Jährige auf dem linken Ohr nur noch schlecht. Er klagt über einen hellen Pfeifton. Wenn er den Kopf rasch zur Seite dreht, wird ihm sofort schwindelig. Die Beschwerden sind typisch für einen Hörsturz. Jedes Jahr sind davon etwa drei von 1000 Einwohner betroffen. Der Hörsturz ist damit eine der häufigsten akuten Erkrankungen im Bereich der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Was ist ein Hörsturz? Unter einem Hörsturz versteht man eine Innenohrschwerhörigkeit, die plötzlich auftritt und von der nur eines der beiden Ohren betroffen ist. Die Ursachen dafür sind immer noch unklar. Was den Hörsturz bei einem Patienten ausgelöst hat, lässt sich selbst mit modernen Diagnose-Methoden meist nicht klären. Untersuchungen lassen jedoch vermuten, dass ein Hörsturz verschiedene Auslöser haben kann. Sie alle führen letztlich zu einer Zerstörung der empfindlichen Sinneszellen im Innenohr. Welche Ursachen hat ein Hörsturz? Zu den möglichen Auslösern eines Hörsturzes gehören Durchblutungsstörungen im Innenohr. Sie entstehen zum Beispiel, wenn ein Blutgefäß ganz oder teilweise verstopft (Embolie). Aber auch dann, wenn die Regulation des Gefäßdurchmessers gestört ist. Das bedeutet, dass der Körper die Gefäße nicht mehr zum richtigen Zeitpunkt eng oder weit stellen kann. Manchmal fließen aber auch die roten Blutkörperchen in den Gefäßen, die in Richtung Herz führen, langsamer (venöse Stase). Auch unter Stress werden vermehrt Katecholamine (Adrenalin) ausgeschüttet, die zu Gefäßkrämpfen führen und da- durch eventuell auch die Durchblutung des Innenohres drosseln können. Ein wissenschaftlicher Beweis für diese These fehlt allerdings. Eine zweite Ursache für einen Hörsturz sind Infektionen, zum Beispiel durch Herpesviren oder durch Borrelien. Das sind Bakterien, die von Zecken übertragen werden können. Aber auch eine Autoimmunerkrankung kann einen Hörsturz auslösen. Dabei greifen die Abwehrzellen nicht nur Krankheitserreger, sondern auch körpereigenes Gewebe an. Es gibt aber auch eine erbliche Veranlagung, die das Risiko eines Hörsturzes erhöht. Prinzipiell können die Beschwerden, die der Patient bei einem Hörsturz hat, wieder verschwinden. Insbesondere dann, wenn sich der Auslöser beseitigen lässt, wenn man also beispielsweise bei Durchblutungsstörungen den Blutfluss fördert. Sind allerdings bereits Sinneszellen im Innenohr abgestorben, kann der Körper diesen Schaden nicht mehr reparieren. Dann muss der Patient damit rechnen, dauerhaft schlechter zu hören. akute Innenohr-Schwerhörigkeit kann auch viele andere Ursachen haben. Es braucht viel Wissen und Erfahrung auf diesem Fachgebiet, um die richtige Diagnose zu stellen. Der Arzt sollte zunächst mit einer Befragung des Patienten (Anamnese) beginnen und eine allgemeine Untersuchung von Hals, Nase und Ohren durchführen. Besonders wichtig ist es dabei, den Gehörgang und das Trommelfell mikroskopisch zu untersuchen. Denn auch ein Fremdkörper im äußeren Gehörgang oder ein Ohrschmalzpfropf, aber auch ei- zeitigen Vermutungen zutreffen, sollte der Patient möglichst rasch behandelt werden. Allerdings gibt es keine Beweise, die belegen, dass eine sofortige Therapie wirksamer und darum notwendig ist. Die Behandlung bei einem Hörsturz wird darum heute nicht mehr als Notfall eingestuft, sondern als sogenannter Eilfall. Hierfür kommen zahlreiche Medikamente und Therapiemethoden zum Einsatz, deren Wirksamkeit allerdings ebenfalls (noch) nicht bewiesen ist. Darum übernehmen die Krankenkassen die Kosten für viele dieser Therapien nicht. die dem Patienten als Infusion verabreicht werden. Zum Einsatz kommen HydroxyEthyl-Stärkelösungen (HAES) in unterschiedlicher Konzentration. Die Behandlung dauert drei bis fünf Tage. Auch der Wirkstoff Pentoxifyllin wird oft bei der Behandlung des Hörsturzes eingesetzt. Er wirkt gefäßerweiternd und kann die Fließeigenschaften des Blutes verbessern. Pentoxifyllin wird darum vor allem zur Therapie peripherer Durchblutungsstörungen eingesetzt, also zum Beispiel bei verengten Beinarterien (Schaufensterkrankheit). Die Wirksamkeit Wie stellt der Arzt die Diagnose? Besteht der Verdacht auf einen Hörsturz, sollte man unbedingt einen Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde (HNO) aufsuchen. Denn eine Eine andere Behandlungsmethode ist es, den Wirkstoff nicht als Tablette oder als Infusion, sondern direkt im Ohr anzuwenden (lokale Therapie). Dabei wird das Medikament, zum Beispiel Kortison, unter örtlicher Betäubung mit einer Spritze durch das Trommelfell ins Mittelohr gespritzt. Damit erreicht man eine hohe Konzentration des Wirkstoffs. Weil das Mittel lokal angewendet wird, sind aber zugleich dessen Nebenwirkungen geringer. Allerdings besteht das Risiko einer Infektion im Ohr oder eines bleibenden Lochs im Trommelfell. Solche Komplikationen sind aber selten. Antioxidantien und reiner Sauerstoff Wie erkennt man einen Hörsturz? Das wichtigste Symptom des Hörsturzes ist eine plötzliche einseitige Schwerhörigkeit. Weil nur ein Ohr betroffen ist, erkennt der Patient schlechter, aus welcher Richtung ein Geräusch kommt. Zudem fällt es ihm schwer, einem Gespräch in lauter Umgebung zu folgen. Manche Patienten klagen auch, dass sie Töne verzerrt wahrnehmen, was den Musikgenuss mindert. Zu diesen Beschwerden kommen oft weitere begleitende Symptome. Viele Patienten sind nach einem Hörsturz sehr geräuschempfindlich. Manche klagen auch über ein dumpfes Druckgefühl im Ohr, so als ob jemand Watte hineingestopft hätte. Etwa 85 Prozent der Patienten berichten zudem von einem Pfeifgeräusch, das man auch als Tinnitus bezeichnet. Beinahe jeder Dritte klagt über Schwindel. Die Beschwerden mindern die Lebensqualität der Betroffenen nicht selten deutlich. Sie können sogar eine Angststörung auslösen. Welche Vorteile hat eine lokale Therapie? ne Mittelohrentzündung kann ähnliche Beschwerden hervorrufen wie ein Hörsturz. Um die Art der Hörstörung bestimmen zu können, muss der Arzt verschiedene Hörtests durchführen. Er wird zudem das Gleichgewichtsorgan untersuchen. Etwa sechs Wochen nach dem Hörsturz sollte man zusätzlich eine Magnetresonanz-Tomografie (MRT) des Kopfes durchführen. Damit lässt sich ausschließen, dass die Ursache der Hörstörung im Bereich des Hörnervs liegt. Denn bei dieser Untersuchung kann man auch ein Akustikusneurinom erkennen. Das ist ein gutartiger Tumor, der eine Hörstörung auslösen kann, wenn er auf den Hörnerv drückt. Wird so ein Tumor entdeckt, kann er in einer Operation entfernt werden. Ist ein Hörsturz ein Notfall? Warum ein Hörsturz entsteht, ist zwar immer noch nicht geklärt. Geht man jedoch davon aus, dass die der- Wie wirksam ist eine Kortison-Therapie? Bei der Behandlung eines Hörsturzes gilt Kortison als Therapie der Wahl. Allerdings gibt es wenige Untersuchungen, in denen man die Wirksamkeit von Kortison mit der eines Scheinmedikaments ohne Wirkstoff (Placebo) verglichen hat. Zudem sind die Ergebnisse dieser Studien uneinheitlich. Weil Kortison die Durchblutung im Innenohr verbessert und eine entzündungshemmende Wirkung hat, könnte es als Therapie aber dennoch wirksam sein. Der Patient muss über mögliche Nebenwirkungen genau informiert werden. Was fördert die Durchblutung? Doch nicht nur Kortison fördert die Durchblutung. Auch sogenannte Plasmaexpander fördern den Blutfluss – und bewirken damit, dass das Innenohr besser mit Sauerstoff versorgt wird. Es handelt sich dabei um Lösungen, bei der Therapie des Hörsturzes ist jedoch nicht eindeutig belegt. Dass Pentoxifyllin deutlich besser wirkt als ein Scheinmedikament, konnte man in klinischen Untersuchungen bislang nicht beweisen. Belegt ist hingegen die Wirksamkeit der HELPApherese (Heparin-induzierte extrakorporale LDL-Präzipitation), Eine Therapie kommt Menschen mit Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems und einer Erhöhung des Blutbestandteils Fibrinogen in Betracht. Bei dieser Methode entfernt man mittels Blutwäsche bestimmte Stoffe, die das Blut zähflüssiger machen (Fibrinogen und LDL-Cholesterin). So kann man die Durchblutung im Innenohr verbessern. Das Blut wird dem Patienten bei diesem Verfahren durch eine Armvene entnommen, außerhalb des Körpers aufbereitet und anschließend wieder zugeführt. Eine Übernahme der Therapiekosten muss der Patient bei der Krankenkasse beantragen. Verschiedene Ursachen können im Innenohr zur Bildung von Sauerstoff- und Stickstoff-Radikalen führen. Das sind chemisch sehr reaktive Verbindungen, die Schäden im Innenohr anrichten können. Im Tierexperiment konnte man belegen, dass Antioxidantien dem entgegenwirken. Zu diesen sogenannten Radikalfängern gehören unter anderem Vitamin E und Alpha-Liponsäure. Trotz des potenziellen Nutzens einiger dieser Stoffe konnte man in klinischen Studien bisher nicht belegen, dass diese wirksamer als ein Scheinmedikament sind. Bei der hyperbaren Sauerstofftherapie (HBO) atmet der Patient reinen Sauerstoff ein. Er befindet sich dabei in einer Druckkammer, in der der Umgebungsdruck erhöht ist. Hierdurch soll mehr Sauerstoff in die Gewebe des Innenohres transportiert werden. Klinische Untersuchungen zu dieser Therapiemethode kommen allerdings zu unterschiedlichen Ergebnissen bezüglich der Wirksamkeit dieser Methode. Nicht empfohlene alternative Therapien Es gibt zudem eine Reihe von Therapiemethoden, die von Alternativmedizinern angeboten werden, aber aus schulmedizinischer Sicht nicht empfehlenswert sind. Dazu gehört zum Beispiel eine Behandlung, bei der die Patienten Sauerstoff bei normalem Druck einatmen, also außerhalb einer Druckkammer. Auch von einer Behandlung mit Ozon oder UV-Licht raten wir ab. Ebenso von jeder Form der Lasertherapie oder der Eigenblutbehandlung. Klein und kompakt: ein moderner Schrittmacher. Mikrowelle ist sicher Aufpassen sollte man zum Beispiel bei Heizdecken und -kissen. Zudem sollte der Schrittmacher mindestens 15 Zentimeter von starken Magneten entfernt sein. Solche stecken etwa in größeren Kopfhörern. Aber auch auf Namensschilder mit Magnethalterung sollte man verzichten. Haushaltsgeräte wie Mikrowellenherde und Mixer sind indes unbedenklich – „vorausgesetzt, sie sind elektrisch intakt“, sagt Fischer. Auch Drucker und Faxgeräte haben in der Regel „keinen störenden Einfluss“. Die Kontrolle am Flughafen ist ebenfalls kein Problem. „Die elektromagnetische Strahlung ist schwach“, sagt Fischer. Man sollte das Personal aber auf den Schrittmacher hinweisen. So lässt sich ein falscher Alarm vermeiden, wenn man durch die Sicherheitsschranke geht. Die Bohrmaschine sollte man auf Abstand halten. Störende Vibrationen Anders bei Bohrmaschinen: „Sie sollen so weit wie möglich von der Brust entfernt gehalten werden“, rät Fischer. Auch Handys sollte man nicht über dem Schrittmacher tragen und zum Telefonieren am besten an das Ohr halten, das weiter davon entfernt ist. Elektrische oder mit Benzinmotor betriebene Gartengeräte wie Rasenmäher und Heckenscheren können zudem Schrittmacher mit Vibrationssensoren stören. Dann kann es passieren, „dass der Herzschrittmacher schneller wird“, sagt Fischer. Auch eine Untersuchung im Kernspintomografen birgt Risiken. Es gibt aber neuere Schrittmacher, die auch solche Untersuchungen erlauben. Röntgenstrahlen, wie sie auch bei der Computertomografie eingesetzt werden, sind indes kein Problem. sms