Therapien bei einem Hörsturz

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Münchner Merkur Nr. 111 | Montag, 17. Mai 2010
MEINE SPRECHSTUNDE
Leben
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DIE TÄGLICHE
MEDIZIN
Heute: Tipps bei
Herzschrittmachern
PD Dr. Martin Canis
ist Facharzt an der Klinik und
Poliklinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde am Klinikum
der Universität München
in Großhadern.
Prof. Dr. Christian Stief
Als Chefarzt im Münchner Klinikum
Großhadern erlebe ich täglich, wie wichtig
medizinische Aufklärung ist. Meine Kollegen und
ich möchten daher jeden Montag den Merkur-Lesern ein Thema vorstellen, das für ihre Gesundheit
von Bedeutung ist. Die Autoren des heutigen Beitrags sind Prof. Dr. med. Alexander Berghaus und
Priv.-Doz. Dr. med. Martin Canis. Sie erklären, wie
man einen Hörsturz erkennt und welche
Behandlungsmöglichkeiten es gibt.
Prof. Dr. Alexander Berghaus
ist Direktor der Klinik und
Poliklinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde am Klinikum
der Universität München
in Großhadern.
Leserfragen an die Autoren:
[email protected]
Die Diagnose Hörsturz lässt sich erst nach einer genauen Untersuchung stellen.
FOTO: VARIO
Wenn das Herz zu langsam schlägt oder immer
wieder Pausen macht,
bringt er es in den richtigen Rhythmus: der Herzschrittmacher. Mit einem
solchen Gerät können Patienten meist ein ganz normales Leben führen –
wenn sie einige Regeln beachten. So sollten sie Geräte nicht benutzen, wenn
der Hersteller in der Bedienungsanleitung darauf
hinweist, dass diese für
Schrittmacherträger ungeeignet sind, rät Dr. Wilhelm Fischer, Chefarzt der
Abteilung für Innere Medizin im Krankenhaus in
Peißenberg
(Landkreis
Weilheim-Schongau). Er
ist ärztlicher Berater in der
elektrotechnischen Kommission für Herzschrittmacher und Defibrillatoren des Verbands für Elektrotechnik (VDE).
Therapien bei einem Hörsturz
Etwa 250 000 Menschen
in Deutschland erleiden
pro Jahr einen Hörsturz.
Ohne erkennbaren
Grund hören sie auf einem Ohr plötzlich nur
noch schlecht. Eine frühzeitige Therapie kann jedoch oft helfen, einen
bleibenden Hörschaden
zu verhindern.
VON MARTIN CANIS UND
ALEXANDER BERGHAUS
Noch nie hatte Jörg W. Probleme mit seinem Gehör.
Doch ganz plötzlich hört der
45-Jährige auf dem linken
Ohr nur noch schlecht. Er
klagt über einen hellen Pfeifton. Wenn er den Kopf rasch
zur Seite dreht, wird ihm sofort schwindelig.
Die Beschwerden sind typisch für einen Hörsturz. Jedes Jahr sind davon etwa drei
von 1000 Einwohner betroffen. Der Hörsturz ist damit eine der häufigsten akuten Erkrankungen im Bereich der
Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde.
Was ist
ein Hörsturz?
Unter einem Hörsturz versteht man eine Innenohrschwerhörigkeit, die plötzlich
auftritt und von der nur eines
der beiden Ohren betroffen
ist. Die Ursachen dafür sind
immer noch unklar. Was den
Hörsturz bei einem Patienten
ausgelöst hat, lässt sich selbst
mit modernen Diagnose-Methoden meist nicht klären.
Untersuchungen lassen jedoch vermuten, dass ein Hörsturz verschiedene Auslöser
haben kann. Sie alle führen
letztlich zu einer Zerstörung
der empfindlichen Sinneszellen im Innenohr.
Welche Ursachen
hat ein Hörsturz?
Zu den möglichen Auslösern eines Hörsturzes gehören Durchblutungsstörungen
im Innenohr. Sie entstehen
zum Beispiel, wenn ein Blutgefäß ganz oder teilweise verstopft (Embolie). Aber auch
dann, wenn die Regulation
des Gefäßdurchmessers gestört ist. Das bedeutet, dass
der Körper die Gefäße nicht
mehr zum richtigen Zeitpunkt eng oder weit stellen
kann. Manchmal fließen aber
auch die roten Blutkörperchen in den Gefäßen, die in
Richtung Herz führen, langsamer (venöse Stase). Auch
unter Stress werden vermehrt
Katecholamine (Adrenalin)
ausgeschüttet, die zu Gefäßkrämpfen führen und da-
durch eventuell auch die
Durchblutung des Innenohres drosseln können. Ein
wissenschaftlicher Beweis für
diese These fehlt allerdings.
Eine zweite Ursache für einen Hörsturz sind Infektionen, zum Beispiel durch Herpesviren oder durch Borrelien. Das sind Bakterien, die
von Zecken übertragen werden können. Aber auch eine
Autoimmunerkrankung kann
einen Hörsturz auslösen. Dabei greifen die Abwehrzellen
nicht nur Krankheitserreger,
sondern auch körpereigenes
Gewebe an. Es gibt aber auch
eine erbliche Veranlagung,
die das Risiko eines Hörsturzes erhöht.
Prinzipiell können die Beschwerden, die der Patient bei
einem Hörsturz hat, wieder
verschwinden. Insbesondere
dann, wenn sich der Auslöser
beseitigen lässt, wenn man also beispielsweise bei Durchblutungsstörungen den Blutfluss fördert. Sind allerdings
bereits Sinneszellen im Innenohr abgestorben, kann
der Körper diesen Schaden
nicht mehr reparieren. Dann
muss der Patient damit rechnen, dauerhaft schlechter zu
hören.
akute Innenohr-Schwerhörigkeit kann auch viele andere Ursachen haben. Es
braucht viel Wissen und Erfahrung auf diesem Fachgebiet, um die richtige Diagnose
zu stellen.
Der Arzt sollte zunächst
mit einer Befragung des Patienten (Anamnese) beginnen
und eine allgemeine Untersuchung von Hals, Nase und
Ohren durchführen. Besonders wichtig ist es dabei, den
Gehörgang und das Trommelfell mikroskopisch zu untersuchen. Denn auch ein
Fremdkörper im äußeren Gehörgang oder ein Ohrschmalzpfropf, aber auch ei-
zeitigen Vermutungen zutreffen, sollte der Patient möglichst rasch behandelt werden. Allerdings gibt es keine
Beweise, die belegen, dass eine sofortige Therapie wirksamer und darum notwendig
ist. Die Behandlung bei einem
Hörsturz wird darum heute
nicht mehr als Notfall eingestuft, sondern als sogenannter
Eilfall. Hierfür kommen zahlreiche Medikamente und
Therapiemethoden zum Einsatz, deren Wirksamkeit allerdings ebenfalls (noch) nicht
bewiesen ist. Darum übernehmen die Krankenkassen die
Kosten für viele dieser Therapien nicht.
die dem Patienten als Infusion verabreicht werden. Zum
Einsatz kommen HydroxyEthyl-Stärkelösungen (HAES) in unterschiedlicher Konzentration. Die Behandlung
dauert drei bis fünf Tage.
Auch der Wirkstoff Pentoxifyllin wird oft bei der Behandlung des Hörsturzes eingesetzt. Er wirkt gefäßerweiternd und kann die Fließeigenschaften des Blutes verbessern. Pentoxifyllin wird
darum vor allem zur Therapie
peripherer
Durchblutungsstörungen eingesetzt, also
zum Beispiel bei verengten
Beinarterien (Schaufensterkrankheit). Die Wirksamkeit
Wie stellt der Arzt
die Diagnose?
Besteht der Verdacht auf
einen Hörsturz, sollte man
unbedingt einen Facharzt für
Hals-Nasen-Ohrenheilkunde
(HNO) aufsuchen. Denn eine
Eine andere Behandlungsmethode ist es, den Wirkstoff
nicht als Tablette oder als Infusion, sondern direkt im Ohr
anzuwenden (lokale Therapie). Dabei wird das Medikament, zum Beispiel Kortison,
unter örtlicher Betäubung mit
einer Spritze durch das Trommelfell ins Mittelohr gespritzt. Damit erreicht man eine hohe Konzentration des
Wirkstoffs. Weil das Mittel lokal angewendet wird, sind
aber zugleich dessen Nebenwirkungen geringer. Allerdings besteht das Risiko einer
Infektion im Ohr oder eines
bleibenden Lochs im Trommelfell. Solche Komplikationen sind aber selten.
Antioxidantien und
reiner Sauerstoff
Wie erkennt man
einen Hörsturz?
Das wichtigste Symptom
des Hörsturzes ist eine plötzliche einseitige Schwerhörigkeit. Weil nur ein Ohr betroffen ist, erkennt der Patient
schlechter, aus welcher Richtung ein Geräusch kommt.
Zudem fällt es ihm schwer, einem Gespräch in lauter Umgebung zu folgen. Manche
Patienten klagen auch, dass
sie Töne verzerrt wahrnehmen, was den Musikgenuss
mindert.
Zu diesen Beschwerden
kommen oft weitere begleitende Symptome. Viele Patienten sind nach einem Hörsturz sehr geräuschempfindlich. Manche klagen auch
über ein dumpfes Druckgefühl im Ohr, so als ob jemand
Watte hineingestopft hätte.
Etwa 85 Prozent der Patienten berichten zudem von einem Pfeifgeräusch, das man
auch als Tinnitus bezeichnet.
Beinahe jeder Dritte klagt
über Schwindel.
Die Beschwerden mindern
die Lebensqualität der Betroffenen nicht selten deutlich.
Sie können sogar eine Angststörung auslösen.
Welche Vorteile hat
eine lokale Therapie?
ne
Mittelohrentzündung
kann ähnliche Beschwerden
hervorrufen wie ein Hörsturz.
Um die Art der Hörstörung
bestimmen zu können, muss
der Arzt verschiedene Hörtests durchführen. Er wird zudem das Gleichgewichtsorgan untersuchen. Etwa sechs
Wochen nach dem Hörsturz
sollte man zusätzlich eine
Magnetresonanz-Tomografie
(MRT) des Kopfes durchführen. Damit lässt sich ausschließen, dass die Ursache
der Hörstörung im Bereich
des Hörnervs liegt. Denn bei
dieser Untersuchung kann
man auch ein Akustikusneurinom erkennen. Das ist ein
gutartiger Tumor, der eine
Hörstörung auslösen kann,
wenn er auf den Hörnerv
drückt. Wird so ein Tumor
entdeckt, kann er in einer
Operation entfernt werden.
Ist ein Hörsturz
ein Notfall?
Warum ein Hörsturz entsteht, ist zwar immer noch
nicht geklärt. Geht man jedoch davon aus, dass die der-
Wie wirksam ist eine
Kortison-Therapie?
Bei der Behandlung eines
Hörsturzes gilt Kortison als
Therapie der Wahl. Allerdings gibt es wenige Untersuchungen, in denen man die
Wirksamkeit von Kortison
mit der eines Scheinmedikaments ohne Wirkstoff (Placebo) verglichen hat. Zudem
sind die Ergebnisse dieser
Studien uneinheitlich. Weil
Kortison die Durchblutung
im Innenohr verbessert und
eine entzündungshemmende
Wirkung hat, könnte es als
Therapie aber dennoch wirksam sein. Der Patient muss
über mögliche Nebenwirkungen genau informiert werden.
Was fördert die
Durchblutung?
Doch nicht nur Kortison
fördert die Durchblutung.
Auch sogenannte Plasmaexpander fördern den Blutfluss
– und bewirken damit, dass
das Innenohr besser mit Sauerstoff versorgt wird. Es handelt sich dabei um Lösungen,
bei der Therapie des Hörsturzes ist jedoch nicht eindeutig
belegt. Dass Pentoxifyllin
deutlich besser wirkt als ein
Scheinmedikament, konnte
man in klinischen Untersuchungen bislang nicht beweisen.
Belegt ist hingegen die
Wirksamkeit
der
HELPApherese (Heparin-induzierte extrakorporale LDL-Präzipitation),
Eine
Therapie
kommt Menschen mit Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems und einer Erhöhung des Blutbestandteils Fibrinogen in Betracht. Bei dieser Methode entfernt man
mittels Blutwäsche bestimmte
Stoffe, die das Blut zähflüssiger machen (Fibrinogen und
LDL-Cholesterin). So kann
man die Durchblutung im Innenohr verbessern. Das Blut
wird dem Patienten bei diesem Verfahren durch eine
Armvene entnommen, außerhalb des Körpers aufbereitet
und anschließend wieder zugeführt. Eine Übernahme der
Therapiekosten muss der Patient bei der Krankenkasse
beantragen.
Verschiedene
Ursachen
können im Innenohr zur Bildung von Sauerstoff- und
Stickstoff-Radikalen führen.
Das sind chemisch sehr reaktive Verbindungen, die Schäden im Innenohr anrichten
können. Im Tierexperiment
konnte man belegen, dass
Antioxidantien dem entgegenwirken. Zu diesen sogenannten Radikalfängern gehören unter anderem Vitamin E und Alpha-Liponsäure. Trotz des potenziellen
Nutzens einiger dieser Stoffe
konnte man in klinischen
Studien bisher nicht belegen,
dass diese wirksamer als ein
Scheinmedikament sind.
Bei der hyperbaren Sauerstofftherapie (HBO) atmet
der Patient reinen Sauerstoff
ein. Er befindet sich dabei in
einer Druckkammer, in der
der Umgebungsdruck erhöht
ist. Hierdurch soll mehr Sauerstoff in die Gewebe des Innenohres transportiert werden. Klinische Untersuchungen zu dieser Therapiemethode kommen allerdings zu unterschiedlichen Ergebnissen
bezüglich der Wirksamkeit
dieser Methode.
Nicht empfohlene
alternative Therapien
Es gibt zudem eine Reihe
von Therapiemethoden, die
von Alternativmedizinern angeboten werden, aber aus
schulmedizinischer
Sicht
nicht empfehlenswert sind.
Dazu gehört zum Beispiel eine Behandlung, bei der die
Patienten Sauerstoff bei normalem Druck einatmen, also
außerhalb einer Druckkammer. Auch von einer Behandlung mit Ozon oder UV-Licht
raten wir ab. Ebenso von jeder Form der Lasertherapie
oder der Eigenblutbehandlung.
Klein und kompakt: ein
moderner Schrittmacher.
Mikrowelle ist sicher
Aufpassen sollte man zum
Beispiel bei Heizdecken
und -kissen. Zudem sollte
der Schrittmacher mindestens 15 Zentimeter von
starken Magneten entfernt
sein. Solche stecken etwa
in größeren Kopfhörern.
Aber auch auf Namensschilder mit Magnethalterung sollte man verzichten. Haushaltsgeräte wie
Mikrowellenherde
und
Mixer sind indes unbedenklich – „vorausgesetzt,
sie sind elektrisch intakt“,
sagt Fischer. Auch Drucker und Faxgeräte haben
in der Regel „keinen störenden Einfluss“. Die
Kontrolle am Flughafen ist
ebenfalls kein Problem.
„Die elektromagnetische
Strahlung ist schwach“,
sagt Fischer. Man sollte
das Personal aber auf den
Schrittmacher hinweisen.
So lässt sich ein falscher
Alarm vermeiden, wenn
man durch die Sicherheitsschranke geht.
Die Bohrmaschine sollte
man auf Abstand halten.
Störende Vibrationen
Anders bei Bohrmaschinen: „Sie sollen so weit
wie möglich von der Brust
entfernt gehalten werden“,
rät Fischer. Auch Handys
sollte man nicht über dem
Schrittmacher tragen und
zum Telefonieren am besten an das Ohr halten, das
weiter davon entfernt ist.
Elektrische oder mit Benzinmotor betriebene Gartengeräte wie Rasenmäher
und Heckenscheren können zudem Schrittmacher
mit
Vibrationssensoren
stören. Dann kann es passieren, „dass der Herzschrittmacher
schneller
wird“, sagt Fischer. Auch
eine Untersuchung im
Kernspintomografen birgt
Risiken. Es gibt aber neuere Schrittmacher, die auch
solche
Untersuchungen
erlauben. Röntgenstrahlen, wie sie auch bei der
Computertomografie eingesetzt werden, sind indes
kein Problem.
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