Das menschliche Gehirn und was wir von der Fruchtfliege darüber

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09./10.04.2014
Das menschliche Gehirn und was wir von der Fruchtfliege darüber lernen können
Clemens Cabernard, Prof. Dr.
Zusammenfassung
Das menschliche Gehirn enthält bis zu 200 Milliarden Neuronen, welche, mittels Synapsen miteinander
vernetzt, die kognitiven Fähigkeiten des menschlichen Gehirns ausmachen. Wie sich dieses faszinierende
Organ entwickelt, ist nach wie vor eine der grossen ungelösten Fragen unserer Zeit. Stamm- und Progenitorzellen nehmen dabei eine Schlüsselrolle ein, da diese Zellen für die Bildung von Neuronen und anderen
spezialisierten Zellen des menschlichen Gehirns direkt oder indirekt verantwortlich sind. Defekte während
der Gehirnentwicklung führen zu einer Vielzahl von Krankheitsbildern, welche nur teilweise verstanden
werden.
Primäre Mikrozephalie ist eine neurale Entwicklungskrankheit, welche sich durch reduziertes Gehirnvolumen und ausgeprägte kognitive Behinderung bemerkbar macht. Neueren Untersuchungen zufolge ist primäre Mikrozephalie auf defekte Teilungen von neuralen Stamm- und Progenitorzellen zurückzuführen.
Unter normalen Umständen teilen sich diese Zellen in einer ersten Entwicklungsphase vor allem symmetrisch, um die Anzahl an Stamm- und Progenitorzellen zu erhöhen. In einer zweiten Phase wechseln diese
Zellen zur asymmetrischen Zellteilung; dieser Teilungsmodus generiert eine Stamm- oder Progenitorzelle,
wie auch eine spezialisierende Zelle (Neuron, Glia oder basal Progenitor). Aufgrund molekulargenetischer
Untersuchungen geht man heute davon aus, dass bestimmte Gendefekte zu einem verfrühten Wechsel
zum asymmetrischen Teilungsmodus führen. Die Konsequenz ist, dass Stamm- und Progenitorzellen nur in
ungenügender Menge ausgebildet werden und demzufolge auch nicht genügend spezialisierte Zellen generiert werden können, was zu primärer Mikrozephalie führt.
Momentan kennt man 8 Gene, in welchen Mutationen primäre Mikrozephalie auslösen können. Diese
Gene kodieren hauptsächlich für Proteine, die Bestandteil des Centrosoms (eine Untereinheit der mitotischen Spindel) ausmachen. Die Funktion dieser Proteine ist in den meisten Fällen unklar. Da alle diese Gene in sehr ähnlicher Form auch in der Fruchtfliege Drosophila melanogaster vorkommen, können wir deren
Funktion mittels genetischen Untersuchungen in neuronalen Stammzellen der Fliege studieren.
Meine Forschungsgruppe versucht die Funktionsweise zweier Proteine, welche zu primärer Mikrozephalie
führen können, mittels der Fruchtfliege zu verstehen. Wir machen uns hierzu genetische Methoden und
ausgeklügelte mikroskopische Verfahren zu Nutze. Diese Proteine (WDR62 und Cep135) sind Bestandteil
des Centrosoms. Fehlen diese zwei Proteine in neuralen Stammzellen (Neuroblasten in der Fliege), führt
dies zu Defekten in der Centrosom-Bildung. Dies wiederum bewirkt, dass sich die mitotische Spindel, welche entscheidet, ob sich eine Stamm- oder Progenitorzelle symmetrisch oder asymmetrisch teilen wird,
fehlerhaft orientiert.
SeniorenUni. Ein Angebot der Volkshochschule beider Basel und der Universität Basel
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Literatur und Internetlinks
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Paridaen, J. & Huttner, W. B. Neurogenesis during development of the vertebrate central nervous system. EMBO Rep.
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Hussain, M. S. et al. A Truncating Mutation of CEP135 Causes Primary Microcephaly and Disturbed Centrosomal Function.
The American Journal of Human Genetics 90, 871–878 (2012).
Kontakt
Clemens Cabernard, PhD
Assistant Professor, SNSF
Growth & Development, Neurobiology
Biozentrum, University of Basel
Klingelbergstrasse 50/70
4056 Basel
http://www.biozentrum.unibas.ch/cabernard
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