Stammzellen

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1. Stammzellen
Stammzellen
(Stammzelltherapie)
Unter dem Titel „Molekulare Medizin” werden solche molekularbiologische Forschungsgebiete bearbeitet,
deren Ergebnisse in der Medizin schon verwendet werden.
Folie 1 Regeneration Seesterne können ihren Fuβ, bestimmte Eidechsen ihren verlorenen Schwanz
regenerieren. Menschen können zwar die verlorenen Finger nicht regenerieren, aber bestimmte Gewebe
(z.B. Haut, Blut) erneuern sich ständig während des Lebens. Die Medizin sucht schon seit dem Altertum die
Technik, mit der defekte Geweben ersetzt werden könnten. Die Stammzelltechnologie verspricht eine
Lösung für dieses Problem.
Folie 2 Was ist eine Stammzelle? Die Stammzelle ist eine Zelle, die sich selbst reproduzieren oder sich
in spezialisierte Zellen differenzieren kann. Im Gegensatz zu diesen können die differenzierten Zellen dann
aber entweder nur andere differenzierte Zellen produzieren (z.B. Hautzellen), oder sich gar nicht teilen (z.B.
Nervenzellen).
Folie 3 Zelltypen nach ihrer Verbundenheit Die Zellen können anhand ihrer Fähigkeit (Potenz)wie
sie sich in andere Zelltypen entwickeln, eingeteilt werden. (1) Totipotente Zellen haben die gröβte Potenz
und dementsprechend die kleinste Verbundenheit. Aus diesen Zellen können sich alle andere Zelltypen
entwickeln. Totipotente Zellen sind z.B. die Zygote und das 2-, 4- und 8-Zellen Menschenembryo. (2) Die
pluripotenten Zellen haben weniger Potenz. Solche Zellen bilden die sogenannte innere Zellmasse (ICM:
inner cell mass) des Bläschenkeims (Blastozyste). Diese Zellen können in alle andere Zellarten entwickelt
werden, auβer Trophoblastzellen, die für das Ernähren des Embryos verantwortliche Geweben erzeugen (sie
spielen eine Rolle bei der Bildung der Teile der Plazenta, die embryonaler Herkunft sind). Die Zellen der
inneren Zellmasse sind die häufigsten Quellen von den sogenannten embryonalen Stammzellen (embryonic
stem cells: ESC, oder ES-Zellen). Da die ES-Zellen nicht totipotent sind, kann ein Individuum aus denen
nur so hergestellt werden, wenn wir sie in die innere Zellmasse der Blastozyste implantieren. Bemerkung:
wir können nicht alle Zellen der inneren Zellmasse mit implantierten ES-Zellen ersetzen. (3) Die Potenz
von multipotenten Zellen ist weiter eingeschränkt. Die adulten Stammzellen können nur zu bestimmten
Zellarten entwickeln, z.B. hämatopoetische Stammzellen zu Blutzellen. Multipotente Zellen (aber keine
Stammzellen mehr) sind auch noch die Progenitor (Vorläufer)-Zellen, wie z.B. die Myeloid- und
Lymphoidprogenitorzellen, die weniger Potenz haben, als die adulten Stammzellen. (4) Die unipotenten
Zellen können nur mit sich identische Zellen erzeugen, eine Hautzelle z.B. kann nur Hautzellen erzeugen.
Die Anzahl ihrer Teilungen ist durch ein genetisches Programm bestimmt, und dieses Programm folgen sie
auch in in vitro Zellkulturen, wo sie sich nur ebenso lange wie im Körper teilen können, dann beendet sich
ihre Vermehrung (Ausnahme sind die unsterblichen Zelllinien). Eine statische Zellpopulation wird aus
solche Zellen gebildet, deren mitotische Aktivität sehr niedrig ist (die Mehrheit der Zellen ist in der G 0Phase), sie beginnen sich meiβtens nur in Folge von Verletzungen zu teilen. Solche Zellen sind z.B. die
faserbildenden Zellen vom Bindegewebe (Fibroblast- und Osteoblastzellen), und die unterschiedlichen
Epithelzellen. Eine sich erneuernde Zellpopulation wird aus solche Zellen gebildet, die eine hohe mitotische
Aktivität haben (z.B. die Blutzellen, Zellen des Lumenepithels im Darm, und Zellen in der unteren Schicht
von mehrschichtigen Epithelien) (5) Die sich-nicht-teilenden Zellen haben mit der Vermehrung aufgehört
(Nervenzellen, Muskelzellen, Herzmuskelzellen, weiβe Blutzellen). Dies bedeutet aber nicht, daβ sie im
adulten Körper nicht gebildet werden, diese Zellen entstehen aber nicht aus sich selbst, (einander), sondern
aus Progenitor (Vorläufer)-Zellen.
Folie 4, 5 Stammzellen in unserem Körper Drei Keimblätter entstehen während der embryonalen
Enwicklung: die Zellen des äuβeren Ektoderms erzeugen die Haut und das Nervensystem; aus dem
Mesoderm entwickelt sich das Knochensystem, die Muskeln und das blutbildende System; die Zellen des
inneren Endoderms erzeugen das gastrointestinale System (Magen, Darm) und die Lungen. Die
Stammzellen in diesen drei Keimblättern sind multipotent, d.h. dass sie zu allen möglichen Zellen innerhalb
der dermalen Grenzen entwickelt werden können. Multipotente Zellen (adulte Stammzellen,
Progenitorzellen) finden wir im Gehirn, im Auge (Hornhaut, Netzhaut), im Blut, im Knochenmark, in der
Leber, im Muskel, in der Haut, u.s.w. Alle Zellarten haben ihre Stammzellen. Solche Zellen hat man auch in
der Zahnpulpa, in der Bauchspeicheldrüse (Pancreas) und im gastrointestinalen System gefunden. Von
bestimmten adulten Stammzellen (z.B. mesenchymale Stammzellen) nimmt man an, dass sie die dermalen
Grenzen überschreiten können, also pluripotent sind. Während der embryonalen Entwicklung trennen sich
die Urkeimzellen (embryonale Keimzellen) schon sehr früh von den Körperzellen. Aus diesen Urkeimzellen
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werden die Keimzellen gebildet, die miteinander zur totipotenten Zygote verschmelzen können - die
Urkeimzellen und die Keimzellen selbst sind aber nicht totipotent.
Folie 6-8 Adulte Stammzellen können nur zu bestimmte Zellarten differenziert werden, z.B. eine
neurale Stammzelle kann alle Arten von Neuronen (Nervenzellen) und Gliazellen erzeugen, aber keine
Muskelzellen. Den neuesten Forschungen nach, spielen die stromalen Zellen (auch mesenchymalen Zellen
genannt; kommen vor in: Knochenmark, Fettgewebe, u.s.w.) neben ihrer Bindegewebefunktion auch in der
Geweberegeneration eine Rolle, sie können sich also in völlig unterschiedliche Zellarten (z.B. Nervenzellen)
entwickeln, dieses Thema ist aber noch umstritten (siehe später). Neben dem Knochenmark ist heute das
Nabelschnurblut die populärste Quelle von adulten Stammzellen. Man hat in vielen Ländern spezielle
Zellbänke für die Aufbewahrung von Nabelschnurblut in flüssigem Stickstoff gegründet. Die Stammzellen
vom Nabelschnurblut können im Fall einer Krankheit des geborenen Kindes selbst, oder seiner Geschwister
(genetische Verwandschaft!) wichtig sein. Das Nabelschnurblut enthält adulte Stammzellen in einem
höheren Anteil als das Blut der Erwachsenen, und die Telomere sind auch nicht so verkürzt wie in einer
späteren Lebensperiode. Das eingefrorene Nabelschnurblut kann mit guten Chancen auch Jahrzehnte nach
der Geburt für Transplantation benutzt werden. Stammzellen von dem Nabelschnurblut werden bei
Menschen zu allererst für die Behandlung von Patienten mit Knochenmarkmangel benutzt, weil die
Nabelschnurblut-Stammzellen leicht zu Knochenmarkzellen differenzieren können. Ihre Verwendung hat
Vorteile gegenüber Transplantationen des Knochenmarks von einem anderen Menschen: es ist mehr
effizient und verursacht keine Abstossungsreaktion. Die adulten Stammzellen können nicht nur im Körper,
sondern unter entsprechenden Umständen (nach der Zugabe von unterschiedlichen Wachstumsfaktoren)
auch in vitro (in einer Petri-Schale) zu spezialisierten Zellen differenziert werden. Die adulten Stammzellen
differenzieren erstmal zu Progenitorzellen, dann zu spezialisierten Zellen.
Folie 9 Embryonale Stammzellen (ES-Zellen) Die ersten embryonalen Stammzellen haben im Jahre
1981 Martin Evans und Gail Martin (unabhängig von einander) aus der inneren Zellmasse von
Mausblastozysten isoliert. Die Welt der Wissenschaft verbindet die Stammzelltechnologie mit dem Namen
von Martin Evans. Mit zwei Kollegen hat er im Jahre 2007 den Nobel-Preis für Medizin bekommen. Dies
wurde für die Herstellung von „knock-out” Mäusen gegeben, wobei die Rolle von M. Evans die Ausarbeitung
der Mausstammzelltechnologie war. Die ersten menschlichen embryonalen Stammzellen hat James
Thompson im Jahre 1998 isoliert, und damit hat die gröβte, durch Wissenschaft erzeugte gesellschaftliche
Debatte der menschlichen Geschichte begonnen, deren Hauptfrage es ist, ob wir einen Menschchen so klein
wie der Punkt am Satzende zerstören können.
Folie 10 Quellen der menschlichen ES-Zellen Menschliche embryonale Stammzellen können aus
zwei Hauptquellen gewonnen werden: aus in vitro Befruchtung (IVF, in vitro Fertilisation), oder durch die
Implantation von Zellkernen aus adulten Körperzellen in entkernte Eizellen. (1) Bei dem in vitro Weg der
künstlichen Befruchtung (der andere Weg ist die Injektion von Spermien in die Gebährmutter oder in die
Eileitung) bleiben in den zuständigen Kliniken befruchtete Eizellen übrig, viele von diesen können nämlich
nicht in den Körper der Mutter implantiert werden. Die übrigbleibenden Zellen werden meiβtens
weggeworfen. Es gibt starke Proteste gegen die Verwendung für Forschunszwecke von befruchteten Eizellen,
die während der künstlichen Befruchtung entstehen. In bestimmten (einigen) entwickelten Ländern ist
dieses Protokoll verboten. Die befruchtete Eizellen läβt man in vitro (im Kolb) differenzieren, bis es das
Blastozystenstadium erreicht (5 Tage). Die innere Zellmasse der Blastozyste (woraus sich unter natürlichen
Umständen das Embryo enwickelt) wird isoliert und die Zellen dann in vitro kultiviert. Aus den isolierten
Zellen macht man pluripotente embryonale Stammzellkulturen, die für Forschungszwecke verwendet
werden können. Die so gewonnenen embryonalen Stammzellen haben ein individuellen Genotyp, welcher
nicht mit dem Genotyp von irgendeinem lebenden Menschen identisch ist. (2) Dagegen ist der Genotyp von
durch Zellkerntransfer gewonnenen Stammzellen völlig mit dem genetischen Material des Donors identisch
(das ist eine Art von Klonen). Die Bedeutung von den so gewonnenen Stammzellen liegt darin, dass im Fall
ihrer Implantation in dem Donor keine Gewebeinkompatibilität auftreten kann, das Immunsystem
akzeptiert diese Zellen. Andererseits, kann bei der personenspezifischen Medizin wichtig sein, dass man
Experimente mit kultivierten Zellen durchführen kann, um z.B. die Reaktionen auf bestimmte
Medikamente zu testen. Die Schwierigkeiten bei dieser Strategie liegen erstens bei der Technologie,
zweitens dort, dass man freiwillige Spender von Eizellen finden muβ, drittens, dass die juristische
Umgebung dies genehmigen muβ – was in vielen Ländern nicht der Fall ist. Über die Herstellung von
klonierten embryonalen Stammzellen wurde von dem süd-koreaner Forscher Hwang Woo Suk (derselbe
Forscher, der Snoopy, den klonierten Hund hergestellt hat) im Jahre 2004 berichtet. Es hat sich aber
herausgestellt, dass er seine weiblichen Angestellten gezwungen hat, Eier zu spenden, und weiterhin die
Protokollbücher gefälscht hat, so war diese Ansage unwahr (Snoopy aber war es). Später hat ein englischer
Forscher das Experiment erfolgreich durchgeführt.
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Folie 11, 12 Herstellung von embryonalen Stammzellen aus der inneren Zellmasse der
Blastozyste Die aus der inneren Zellmasse des Bläschenkeims (Blastozyste) gewonnenen ES-Zellen
kultivieren wir in vitro auf Nährzellen (Fibroblast). Abhängig davon, welche Differenzierungsfaktoren wir
zum Nährmedium dazugeben, können wir unterschiedliche spezialisierte Zellen bekommen. Die
Differenzierung der Stammzellen kann auβerhalb des Körpers (in vitro Differenzierung), oder innerhalb des
Körpers (in vivo Differenzierung) erfolgen, abhängig davon, ob wir die Stammzellen in der Petri-Schale mit
der Zugabe von unteschiedlichen Faktoren kultivieren, oder wir sie in den entsprechenden Teil des Körpers
injizieren. Während der in vivo Differenzierung der ES-Zellen bilden sie oft Teratomen (spezielle
Tumorzellen), diese Gefahr ist im Fall von adulten Stammzellen gering.
Folie 13 EXTRA ANFORDERUNG Herstellung von ES-Zellen aus embryonalen Keimzellen
ES-Zellen können wir auch aus Urkeimzellen (embryonalen Keimzellen) herstellen. Die Isolierung von
solchen Zellen aus Erwachsenen ist schwierig, sie können aber relativ einfach aus Embryonen isoliert
werden.
Folie 14 Herstellung von ES-Zellen aus Körperzellen durch Zellkerntransfer Eine weitere
Möglichkeit für die Herstellung von ES-Zellen ist die oben genannte Prozedur, wobei der Zellkern einer
Körperzelle aus einem Erwachsenen in eine entkernte Eizelle durch Kerntransfer oder Fusion implantiert
wird. Dieses Protokoll ist ein typischer Fall von Klonen, weil dadurch wir ES-Zellen herstellen, die einen
Genotyp haben, welcher mit dem Genotyp der Donorzelle identisch ist. Die so hergestellten Zellen
stimulieren wir, damit sie sich zur Blastozyste enwickeln, dann können wir durch die Isolierung der inneren
Zellmasse ES-Zellen gewinnen und kultivieren. Die Forscher hoffen, dass diese Technik die Untersuchung
der Krankheit des gegebenen Patienten ermöglicht, weil dabei die eigenen Zellen unter in vitro Umständen
studiert werden. In der Zukunft können die Forscher mit dieser Technik personenspezifische Stammzellen
herstellen. Die Implantation von solchen Stammzellen in den Körper des Donors wird keine
Abstossungsreaktion verursachen, weil diese Stammzellen genetisch identisch (körpereigen) sind.
Folie 15 EXTRA ANFORDERUNG Herstellung von ES-Zellen aus embryonalen Keimzellen
durch Zellkerntransfer (Klonen) Die Zellkerne aus den embryonalen Keimzellen (Urkeimzellen)
müssen nicht in so einem Maβe reprogrammiert werden, wie die Zellkerne aus Körperzellen, weil sie nicht
so verbunden sind. Die Isolierung von solchen Zellen ist aber viel schwieriger als die Isolierung von z.B.
Hautzellen.
EXTRA ANFORDERUNG: Die REGENERATIVE MEDIZIN ist das Gebiet der Medizin, welches sich
mit der Neubildung von beschädigten Geweben beschäftigt. Früher (und auch heute) erreichte man Erfolge
im Fall von unterschiedlichen Organtransplantationen (z.B. Knochenmark, Knochen, Hornhaut, Herz,
Leber, Lunge, Langerhans-Inseln im Pancreas, Haut). Probleme können dann auftreten, wenn der Donor
eine andere Person ist. Heute sind die auf Stammzellen basierenden Strategien vielversprechend.
Folie 16, 17 ES-Zellen in der Medizin Die in der Medizin verwendeten ES-Zellen können aus den
obengenannten zwei Quellen stammen: aus der Blastozyste erzeugt (1) durch in vitro Befruchtung oder (2)
nach Zellkerntransfer. Die ES-Zellen werden in beiden Fällen in vitro kultiviert, in die entsprechenden
Zellarten differenziert und dann in den Körper des Patienten implantiert. Die embryonalen Keimzellen, und
die durch Gentransfer reprogrammierten iPS-Zellen wurden bislang noch nicht für die Therapie von
Menschen benutzt.
Folie 18 Adulte Zellen in der Medizin – hämatopoetische (blutbildende) Stammzellen In der
Medizin wurden die hämatopoetischen Stammzellen schon seit langer Zeit bei der Behandlung von
Leukemiepatienten verwendet. Im ersten Schritt werden Stammzellen aus dem Knochenmark einer
Donorperson isoliert, dann werden diese Zellen in vitro kultiviert (Ziel ist die Vervielfältigung der Zellen).
Danach werden diese Stammzellen ins Knochenmark der Patienten implantiert (Transplantation). Diese Art
der Therapie nennen wir Zellersatztherapie.
Folie 19 EXTRA ANFORDERUNG Differenzierung der hämatopoetischen Stammzellen Im
Knochenmark befinden sich zwei wichtige Arten von Stammzellen: die hämatopoetischen und die
stromalen (mesenchymalen) Stammzellen. Die hämatopoetischen Stammzellen sind multipotente
Stammzellen, deren Potenz stufenweise niedriger wird. Im ersten Schritt entsteht aus der langzeitigen
multipotenten Stammzelle eine kurzzeitige multipotente Stammzelle, demnach trennen sich die
Entwicklugswege der Lymphozyten und der anderen Blutzellen von einander: aus den
Lymphoidprogenitorzellen entstehen nur Lymphozyten, dendritische Zellen und NK (natural killer) Zellen,
aus den Myeloidprogenitorzellen entstehen Granulozyten, Monozyten, Megakaryozyten und Erythroblasten.
Folie 20 EXTRA ANFORDERUNG Verwendung der hämatopoetischen Stammzellen in der
Medizin Hämatopoetische Stammzellen können aus den folgenden Quellen gewonnen werden: (1)
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Knochenmark, (2) Nabelschnurblut, (3) Plazentablut, (4) adultes Blut. Adulte Stammzellen aus dem
Knochenmark hat man schon seit den 1950-er Jahren für die Behandlung von unterschiedlichen
Krankheiten benutzt: Leukemie, Sichelzellanämie, Immunversagen, Knochenmarkschäden, einige
metabolische Funktionsstörungen. Die Knochenmarktransplantation ist bei Weitem die erfolgreichste, auf
Stammzellen basierende Therapie. Die Behandlung ist sehr unangenehm sowohl für den Donor, als auch für
den Rezipienten, und sie ist nur erfolgreich wenn der Donor und Empfänger einander genetisch ähnlich
sind. Die Technik der Isolierung von Stammzellen aus Nabelschnurblut und Plazentablut wurde in den
letzten Jahren ausgearbeitet. Diese Technik ist nicht unangenehm, und produziert genetisch identische,
oder ähnliche Stammzellen für den Donor oder ihre genetischen Verwandten - auch Jahre später. Das
peripheriale Blut von Erwachsenen ist am einfachsten zugänglich, es enthält Stammzellen aber nur in
geringen Mengen.
Folie 21 EXTRA ANFORDERUNG Stammzellen in der Medizin – Stromale Stammzellen Im
Fall der Regeneration von Knochen (und Knorpel) werden die stromalen Stammzellen ex vivo kultiviert,
dann werden die Zellen zu Keramienpartikeln mit dreidimesionaler Struktur gekoppelt, und am Ende in das
verletzte Knochengewebe implantiert, wo die Zellen den Raum dreidimensional ausfüllen.
Folie 22 EXTRA ANFORDERUNG Herzmuskeltherapie Neben den hämatopoeitischen Stammzellen
ist die medizinische Verwendung der Herzvorläuferzellen am weitesten entwickelt, bis heute gibt es schon
mehrere Berichte über erfolgreiche klinische Anwendungen. Die Herzvorläuferzellen werden von -aus der
inneren Zellmasse der Blastozyste gewonnenen- ES-Zellen durch die Zugabe von den entsprechenden
Faktoren hergestellt. Demnächst stehen zwei Möglichkeiten zur Verfügung: (1) diese Zellen direkt in das
beschädigte Herzteil zu inokulieren, wo sie zu glatten Muskelzellen (in der Wand von Blutgefäßen),
Herzmuskeln, und Endothelzellen (in Blutgefäßen) differenziert werden; oder (2) die Differenzierung der
Zellen in vitro ablaufen zu lassen, und danach die spezialisierten Zellen ins Herz zu implantieren. Im Fall
der in vitro Differenzierung besteht die Möglichkeit, die eventuellen genetischen Fehler durch Einführung
von Genen zu korrigieren (das nennt man Gentherapie).
Folie 23 EXTRA ANFORDERUNG Stammzellen der Haut Die Ergänzung der Haut ist im Fall von
unterschiedlichen Verletzungen oder im Fall von plastischer Chirurgie nötig. (1) Die traditionelle
Behandlung bedeutet Hauttransplantation von unbeschädigten Körperarealen. Dies ist erfolgreich, da die
Stammzellen direkt unter der Epidermis liegen, und die implantierte Gewebe ergänzen können. Wenn aber
nicht genügend unbeschädigte Haut vorhanden ist, kann der Patient sterben. (2) Seit 20 Jahren wird eine
alternative Technologie verwendet, wo die Hautstammzellen kultiviert und dann in die Haut implantiert
werden. (3) Vor kurzer Zeit man hat neue Hautstammzellen in tieferen Schichten der Haut und in
Haarwurzeln entdeckt, die Verwendungsmöglichkeiten von diesen Zellen werden getestet.
Folie 24 EXTRA ANFORDERUNG Neurale Stammzellen (neural stem cells, NCS) – Neurogenese
im adulten Gehirn Man hat vor kurzer Zeit im Gehirn der Ratte zwei Gehirngebiete (hippocampus
dentate gyrus und die subventrikulare Zone der anterio-lateralen Kammer SVZ) entdeckt, wo auch im
adulten Alter neue Nervenzellen gebildet werden. Die SVZ-Stammzellen wandern in die Richtung des
Bulbus olfactorius, wo sie zu Nervenzellen differenziert werden. Vermutlich befinden sich Stammzellen
auch in den entsprechenden Gebieten des menschlichen Gehirns. So ist der Standpunkt, , dass man nach 35
Jahren die Nervenzellen nur verliert und diese nicht ersetzt werden nicht ganz wahr, da aus den
Stammzellen neue Neurone entstehen können. Diese Stammzellen werden aber mehr im Fall von
Verletzungen aktiviert, und in diesen Fällen spielen auch noch eher die Gliazellen die Hauptrolle, die die
abgestorbenen Nervenzellen ersetzen: sie vermehren sich, verwandeln sich aber nicht zu Neuronen.
Folie 25 EXTRA ANFORDERUNG Parkinson(sche) Krankheit – Das Gehirngebiet substantia
nigra spielt eine grundlegende Rolle bei der Koordination der Bewegung. Eine Art der hier zu findenden
Neuronen ist notwendig, um unnötige Bewegungen zu eliminieren. Im Fall der Parkinsonschen Krankheit
degenerieren diese Neurone, deshalb zittern die Hände der Betroffenen. Man hat schon mehrere Methoden
versucht, um diese Krankheit zu heilen (z.B. Gentherapie), die meist versprechende Methode ist aber die
Implantation von Stammzellen. Einen Durchbruch konnte man aber bei der Heilung dieser Krankheit bis
heute nicht erreichen.
Folie 26 EXTRA ANFORDERUNG Rückenmarksverletzung – Ein weiteres, sehr wichtiges Problem
ist die Ersetzung von abgestorbenen Neuronen im Fall von Rückenmarksverletzungen. Hier gibt es auch
Versuche das Problem mit Stammzellen oder gentherapeutischen Techniken zu lösen.
Folie 27 EXTRA ANFORDERUNG Y Chromosom im weiblichen Gehirn? Ungarische Forscher in
den USA (NIMH, National Institute of Mental Health, Bethesda, USA) haben Y Chromosome in
Nervenzellen von einigen gestorbenen Frauen beobachtet. An diesen Frauen wurde früher eine
Knochenmarktransplantation durchgeführt, wo die Donore Männer waren. Es scheint also, dass bestimmte
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1. Stammzellen
Zellen des Knochenmarks (stromale = mesenchymale Zellen) nicht nur multipotente, sondern auch
pluripotente Fähigkeiten haben, denn im Knochenmark gibt es ja keine adulten neuralen Stammzellen. Das
Experiment hat man dann erfolgreich an Ratten durchgeführt, und anhand der Ergebnisse vermutet man,
dass aus den mesenchymalen Zellen des Knochenmarks fast alle Zelltypen entstehen können. Diese Theorie
ist aber noch umstritten. Es wäre ein riesiger Fortschritt für die Medizin, wenn sich herausstellen würde,
dass die Plastizität (Potenz) des Knochenmarks viel gröβer ist, als man früher annahm. Nachzuweisen, dass
Zelltypen aller Herkunft (ekto-, endo- und mesodermal) aus Knochenmarkzellen entwickelt werden können,
reicht alleine aber nicht, die Frage ist, wie häufig das vorkommt. Wenn diese Frequenz zu niedrig ist, wird
dieses Ereignis auf der Ebene von theoretischen Merkwürdigkeiten bleiben, ausser wenn wir diese Zellen
leicht isolieren und dann in vitro differenzieren lassen können.
Folie 28, 29 EXTRA ANFORDERUNG Plastizität der adulten Stammzellen Anhand von
Beobachtungen und Experimenten vermutet man, dass die stromalen (mesenchymalen) Stammzellen des
Knochenmarks fähig sind sich zu Muskeln, Neuronen, und Glia- und Epithelzellen zu entwickeln.
Mesenchymale Stammzellen findet man noch im Knochen, Knorpel, Fettgewebe und in anderen
bindegeweblichen Elementen. In den letzten Zeiten hat man grosse Hoffnungen was die medizinische
Anwendung von diesen Zellen betrifft, man hat nämlich gefunden, dass diese Zellen sich als pluripotente
Stammzellen benehmen, so können sie für die Geweberegeneration verwendet werden. Manche jedoch
zweifeln an der pluripotenten Natur der mesenchymalen Stammzellen, und sagen, dass in der Wirklichkeit
diese Zellen nicht zu anderen Zelltypen umgewandelt werden, sondern sie nur mit anderen Zelltypen
fusionieren. Die Zukunft wird diese Frage entscheiden.
Folie 30-32 EXTRA ANFORDERUNG Embryonale Stammzellen –Werk des Teufels Die am
besten zugänglichen Quellen der Stammzellen sind die abortierten Embryos, und die Zygoten, die nach der
in vitro Befruchtung übrig bleiben. Diese Zellen können aber die Forscher der entwickelten Ländern wegen
dem gesellschaftlichen Druck und der darauf resonierenden Politik nicht verwenden. Die Gegner des
Abortus und die Kämpfer für die Rechte des Embryos sind der Meinung, dass (man eine Zygote schützen
muss) eine Zygote (schon) zu schützen ist, weil sie alle Fähigkeiten besitzt, um sich zu einem erwachsenen
Menschen zu entwickeln, weiterhin, dass die Zygote und das Embryo selbst schon als Mensch betrachtet
werden können. Stammzellforscher haben während der Amtszeit von George W. Bush keine staatliche
Unterstützung bekommen, und sie konnten nur solche ES-Zellen benutzen, die noch vor der Amtszeit von
Bush hergestellt worden sind. Die Qualität von diesen Zellen verschlechtert sich aber mit der Zeit. Die
amerikanischen Forscher sind erst nach England übersiedelt, nachdem aber die Regelung auch in England
strenger wurde, sind sie nach südost-Asien gegangen, wo sie riesige Stammzellforschungszentren gegründet
haben. Selbstverständlich (Natürlich) ist es nicht egal, ob die Stammzellen für therapeutischen Zwecke,
oder für die Erzeugung eines Individuums benutzt werden. Die Verwendung von Stammzellen für
Forschungs- und Therapiezwecke hat in der Medizin eine riesige Bedeutung. Innerhalb der ersten 24
Stunden seiner Amtszeit hat Barack Obama das Verbot der Erzeugung von menschlichen ES-Zellen ausser
Kraft gesetzt.
Folie 33 Wozu sind Stammzellen gut? (1) Im Rahmen der Grundforschung spielen die Stammzellen
bei der Herstellung von knock-out Tieren und beim Verstehen der Mechanismen der Zelldifferenzierung
eine unentbehrliche Rolle. (2) Im Rahmen der medizinischen Forschung und Heilung spielen sie eine
wichtige Rolle (a) beim Testen von Wirkstoffen; (b) beim Testen der Zellen vom Patienten auf verschiedene
Therapien; (c) bei der Heilung von Leukemie, Parkinsonscher und Alzheimer-Krankheit,
Nervenverletzungen, Gehirnblutung, Herz- und Zuckerkrankheiten, u.s.w.
Folie 34-37 Herstellung von induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS) durch das
Reprogrammieren von Körperzellen Ein japanischer Forscher, Shinya Yamakan konnte differenzierte
Hautfibroblastzellen der Maus mit der Einführung von Transkriptionsfaktor-kodierenden Genen in ESähnliche Zellen umwandeln. Diese Zellen wurden induzierte pluripotente Stammzellen (induced
Pluripotent Stem Cells) genannt. Gene von solchen Tanskriptionsfaktoren (Oct4, Sox2, Klf4, c-Myc)
wurden mit Hilfe von einem genetisch modifizierten (avirulent gemachten) Retrovirus in die
Hautfibroblastzellen eingebracht, die das epigenetische Programm der Zellen auf eine, mit den
pluripotenten Stammzellen gleiche Ebene wiederhergestellt haben. Diese Zellen hatten die Fähigkeit sich in
alle Zellarten zu differenzieren, weiterhin ist es auch möglich, solche fertile Mäuse herzustellen, bei denen
alle Zellen aus iPSC-s entstanden sind. James Thomson (Hersteller der menschlichen ES-Zellen) konnte als
erster menschliche iPSC-Zellen durch die Einführung von Transkriptionsfaktor-kodierenden Genen in
menschliche Fibroblastzellen erzeugen.
EXTRA ANFORDERUNG: Aus den 4 Transkriptionsfaktoren war nur Oct4 nicht ersetzbar. Die anderen
3 Transkriptionsfaktor-kodierenden Gene können nicht nur mit anderen Transkriptionsfaktor-kodierenden
Genen ersetzt werden, sondern z.B. anstatt von Klf4 und c-Myc Genen ist auch ein kleines Molekül, die
Histon-Deacetylase hemmende Valproinsäure zu dem Reprogrammieren der menschlichen Fibroblastzellen
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1. Stammzellen
fähig. Da das Retrovirus sich ins Genom der Zellen integriert, man hat eine intensive Forschung begonnen,
um andere Gentransfermethoden zu entwickeln. Das Reprogrammieren der Zellen ist ein einmaliger
Prozess, dementsprechend ist die kontinuierliche Anwesenheit der neuprogrammierenden Faktoren nicht
nötig, es ist sogar besser, wenn sie nach der Induktion nicht mehr exprimiert werden. Wenn wir die nötigen,
Transkriptionsfaktor-kodierenden Gene mit der Transfektion von Plasmiden in die Zelle einbringen,
können wir dadurch eine transiente (vorübergehende) Genexpression erreichen, welche das
Reprogrammieren der Zelle einführt, wonach die fremden DNA-Moleküle aus den Zellen verschwinden. Die
obengenannten Gene können mit Hilfe des sogenannten Cre-loxP Systems eingebaut werden, in diesem Fall
können wir die eingebauten Gene mit der Zugabe des Cre-Enzyms ausschneiden. Der in Kanada arbeitende
András Nagy hat die Transkriptionsfaktor-kodierenden Gene mit Hilfe von mobilen genetischen Elementen
ins Genom der differenzierten Zellen eingeführt, woraus sie sich dann später herausgeschnitten haben. Die
induzierte Expression der Transkriptionsfaktor-kodierenden Gene ist mit der Anwendung des TetracyklinSystems auch möglich. Die Proteine können auch direkt in die Zellen eingebracht werden, wo sie ihre
Aufgabe erfüllen, und dann degradiert werden. Die einfachste Methode ist die Verwendung von kleinen
Molekülen für das Reprogrammieren. Wenn das Reprogrammieren mit der ausschlieβlicher Verwendung
von kleinen Molekülen lösbar wäre, würde das einen weiteren Durchbruch in der Stammzellforschung
bedeuten. Neben der Umständlichkeit hat die auf DNA-basierende Methode ein anderes Problem: die
niedrige Effizienz (<0,1%). Die niedrige Transformationseffizienz ist aber kein groβes Problem, weil wir die
entstandenen iPS-Zellen dann sowieso vermehren. Das Problem ist mehr theoretisch: wir verstehen nicht,
warum die Entstehungsfrequenz der iPS-Zellen auch bei einer hohen Transfektionsfrequenz so niedrig ist.
Hierfür gibt es zwei Theorien: (1) nach der Theorie der eliten Zellen ist nur eine kleine Subpopulation der
Zellen zum Reprogrammieren fähig; (2) Nach dem stochastischen Modell sind alle Zellen zum
Reprogrammieren fähig, aber dieser Prozess läuft nur mit einer kleinen Frequenz und zufallsweise (mit der
gleichen Chance in allen Zellen) ab. Das Reprogrammieren der Zellen betrifft die Methylierung der DNA
und der Histone, und die Acetyliereung der Histone. Das inaktivierte X-Chromosom von Frauen wird
wieder aktiv. Multipotente Zellen können einfacher in pluripotente Zellen umgewandelt werden, als die
differenzierten Zellen (das Transkriptionsfaktor Sox2 ist dafür nicht mal nötig). Die Transkriptionsfaktoren,
die zum Reprogrammieren nötig sind, wurden so bestimmt, indem man untersucht hat, welche Gene in den
ES-Zellen exprimiert werden.
Folie 38 EXTRA ANFORDERUNG Reprogrammieren von Zellen, Gentherapie Die Kombination
von der Reprogrammierung der Zellen und der Gentherapie wird durch ein Mausmodell präsentiert. Der
„Mauspatient” leidet unter Sichelzellanämie (monogenische Krankheit). Zuerst isolieren wir eine
Epithelzelle von der Maus, dann führen wir mit Hilfe eines Retrovirusvektors solche Transkriptionsfaktorkodierende Gene in die Zelle ein, die die spezialisierte Zelle zu iPS-Zelle reprogrammieren. Wir isolieren die
transformierten Zellen (welche die eingeführten Gene enthalten) mit Hilfe von ebenso eingeführten
Antibiotikaresistenzgenen (wir geben Antibiotikum zum Nährmedium, wo nur die transformierten Zellen
überleben). Der zweite Schritt ist, dass wir das mutante Gen mit dem normalen Gen ersetzen, indem wir
das normale Gen mit einer einfachen chemischen Methode in die Zelle einschleusen. Danach, da die
Sequenz des normalen Gens homolog mit der Sequenz des mutanten Gens ist, integriert sich das normale
Gen durch homologe Rekombination in die DNA der Zelle. Zuletzt, lassen wir die transformierten iPSZellen diffrenzieren und transplantieren sie ins Knochenmark der Maus. Das Ergebnis ist eine geheilte
Maus.
Folie 39 EXTRA ANFORDERUNG Reprogrammieren von Zellen und Gentherapie in der
Medizin Die auf iPS-Zellen basierende Technologie kann auch in der Medizin verwendet werden. Wir
wandeln adulte Körperzellen (z.B. Hautfibroblastzellen) in iPS-Zellen mit Hilfe der obengenannten, auf
Retrovirus-basierenden Gentransfermethode um. Wir können diese Zellen vermehren, da sie die Fähigkeit
auf Selbsterneuerung haben. Wenn der Patient keine genetische Erkrankung hat,und nur seine Geweben
verletzt sind, lassen wir die iPS-Zellen differenzieren und (wir) implantieren sie in das entsprechende Organ.
Wenn der Patient unter einer genetischen Krankheit leidet (welche eben der Grund dafür sein kann, dass er
eine Zellersatztherapie benötigt), dann korrigieren wir ersl den Fehler in den iPS-Zellen mit
molekulargenetischen Mitteln. Wenn das Problem durch eine dominante, negative Mutation verursacht
wurde, müssen wir das fehlerhafte Gen durch homologe Rekombination ersetzen. Wenn aber die Mutation
nicht dominant ist (das Problem die ungenügende Expression im heterozygotischen Zustand ist), dann
können wir das Gen auch in andere Regionen des Genoms mit Hilfe der sogenannten illegitimen
Rekombination einführen, dabei bleibt die fehlerhafte Kopie des Gens auch im Genom erhalten. Nach der
Korrektur der Mutation lassen wir die transformierten Zellen differenzieren und dann implantieren wir sie
in den Körper des Patienten. Wir bemerken, dass die Umwandlung von adulten Körperzellen in iPS-Zellen
auch eine Art von Klonen ist, dadurch können wir diese Zellen so für die Heilung des Donors benutzen, dass
dabei keine Gewebeinkompatibilität auftreten wird. Mit iPS-Zellen können wir auch pharmakologische
Experimente durchführen um festzustellen, welche Drogen wir für die Behandlung des Patienten
verwenden können: es kann bestimmt werden, worauf die Zellen sensitiv sind, welche Medikamente
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1. Stammzellen
ineffektiv sind, und auf welchen Medikamenten die Zellen positiv reagieren. Die Verwendung von iPSZellen hat den groβen Vorteil gegenüber anderen Methoden, dass die Zellen von dem Körper des Patienten
leicht isoliert werden können, und die Zelle, die wir nach der Korrektur des genetischen Fehlers in den
Körper zurückführen, keine Immunreaktion auslösen wird. Vor der Verwendung von gentherapeutischen
Methoden muβ natürlich die Technik der Therapie ausgearbeitet werden, und die Zellen der Patienten
müssen auch untersucht werden, um die Diagnose aufstellen zu können. Die iPSC-Technologie hat eine
riesige Bedeutung bei der in vitro Untersuchung von Krankheitsmodellen. Zelllinien sind schon für
unterschiedliche monogenische, und mit einem Gen modellierbare Krankheiten (z.B. ALS, Parkinsonsche
Krankheit, u.s.w.) erhältlich. Die Frage ist, ob diese Technik für die Untersuchung von Krankheiten, die
einen komplexen Hintergrund haben, verwendbar sein wird. Die iPSC-Technik ist die groβe Hoffnung der
personenspezifischen Medizin.
Grundanforderung
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1. Stammzellen
Folie40 Vergleich von Stammzellen
Vergleich von Stammzellen
Name
adulte
Stammzellen
ES-Zellen
(in vitro
Fertilisation,
IVF)
ES-Zellen
(Urkeimzellen)
ES-Zellen
(Zellkerntransfer
Donor:
differenzierte
Zelle)
ES-Zellen
(Zellkerntransfer
Donor:
embryonale
Keimzelle)
iPS-Zellen
Herkunft
unterschiedliche
Stellen des
adulten Körpers,
Nabelschnurblut
In vitro
Fertilisation
ICM-Zellen der
Blastozyste
embryonale
Keimzellen
entkernte
Eizelle +
Zellkern einer
Körperzelle
entkernte
Eizelle +
Zellkern einer
embryonalen
Keimzelle
Transformation
von adulten
Körperzellen
mit
Transkriptionsfaktore
kodierenden
Genen
Eigenschaften
begrenzte
Differenzierungspotenzial.
Erfolgreiche
Behandlungen in
einigen Fällen
können alle
Zellarten
erzeugen
können alle
Zellarten
erzeugen
können alle
Zellarten
erzeugen
können alle
Zellarten
erzeugen
Isolierung der
Zellen ist
einfach
Grenzen
schwer zu
isolieren
politischer und
gesellschaftliche
r Widerstand
Politischerund
gesellschaftliche
r Widerstand
Politischer und
gesellschaftliche
r Widerstand
Politischer und
gesellschaftliche
r Widerstand
Effizienz heute
noch niedrig
Gefahren
-
können sich zu
Tumorzellen
entwickeln
Können ich zu
Tumorzellen
entwickeln
können sich zu
Tumorzellen
entwickeln
können sich zu
Tumorzellen
entwickeln
Gene des
Retrovirus
können
exprimiert
werden
Grundanforderung
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1. Stammzellen
Gentherapie
Gentherapie ist der Transfer von genetischem Material in disfunktionelle Zellen, um eine Defizienz
in der DNA oder im Genom eines Patienten zu korrigieren. Weiterhin kann die Gentherapie für
geholte Krankheiten, z.B. Krebs oder Infektionen verwendet werden, um die Zellen mit spezifischen
Eigenschaften zu versehen, welche die Bekämpfung der Krankheit ermöglichen.
Folie B1 Keimbahntherapie vs. somatische Gentherapie Abhängig davon, ob wir die
genetische Modifikation in allen Zellen oder nur in bestimmten Zellen eines Individuums durchführen,
sprechen wir über Keimbahn- oder somatische Gentherapie.
Folie B2 Keimbahntherapie – Retrovirusvektor Schauen wir uns ein hypothetisches Beispiel
für die Keimbahntherapie an! Nehmen wir an, dass beide Eltern ein mutantes Gen tragen, welches in
der homozygotischen Form eine Krankheit verursacht (rezessives Merkmal). Mit der
Wahrscheinlichkeit von 25% werden zwei Kopien des Gens in der befruchteten Eizelle vorhanden sein,
was zu einem kranken Kind führt. Nehmen wir an, dass diese Krankheit in der ganz frühen Periode der
Schwangerschaft diagnostisiert werden kann, und dabei es sich herausgestellt hat, dass das werdende
Kind krank sein wird. Die Eltern möchten das Kind behalten, aber sie möchten nicht, dass es krank
wird. Deshalb suchen sie einen Arzt auf, der sich mit Gentherapie beschäftigt. Der Arzt isoliert die
Blastozyste und macht eine Zellkultur daraus. Er führt die funktionsfähige Version des kranken Gens
mit Hilfe von einem Retrovirusvektor in die kultivierten Zellen ein, isoliert den Zellkern einer
genetisch korrigierten Zelle, implantiert es in eine entkernte Eizelle, und führt dann die so
entstandene, genetisch korrigierte Zygote in den Körper der Mutter zurück. Das Ergebnis wird ein
gesundes Baby sein. Dieses Protokoll ist niergendwo auf der Welt erlaubt.
Folie B3-6 Im Fall der somatischen Gentherapie führen wir das fremde Gen im erwachsenen
Alter in bestimmte Zelltypen mit Hilfe von unterschiedlichen Methoden (Virusvektor, Liposom,
Genkanone) ein. Das ist die in vivo (direkte) Gentherapie. Im Fall der ex vivo Gentherapie schleusen
wir die fremden Gene erstmal in kultivierte Zellen (meisstens in embryonale oder adulte Stammzellen)
ein, und dann implantieren wir diese Zellen in die entsprechende Stelle des Körpers. Die Stammzellen
können also sowohl ohne, als auch mit genetischer Veränderung für therapeutische Zwecke benutzt
werden.
Folie B7 Ein Beispiel: ADA Einer der ersten Erfolge der Gentherapie war die Heilung einer
schweren immunologischen Krankheit, der SCID (severe combined immunoldeficiency disease). SCID
ist eine polygenische Krankheit in dem Sinne, dass sie als Ergebnis von Mutationen in
unterschiedlichen Genen vorkommen kann (eine Mutation in irgendwelchem Gen aus diesen
unterschiedlichen Genen reicht schon für das Entstehen der Krankheit). Eines von diesen Genen ist
das ADA (Adenosin-Deaminase) Gen, dessen Funktionsunfähigkeit in nicht-funktionierende B- und TLymphozyten resultiert. Die traurige Mediensensation der 1970-er Jahre war David, das „Bubble”Kind. David hatte schwere SCID-Krankheit und er verbrachte sein kurzes Leben in einem Luftzelt.
Früher versuchte man SCID mit Transplantation von Knochenmark aus Verwandten zu behandeln, die
Therapie war aber oft wegen der immunologischen Inkompatibilität erfolgslos. Die ersten Versuche
mit Gentherapie waren erfolgreich: das funktionsfähige ADA-Gen wurde in Lymphozyten aus dem
Knochenmark der Patienten eingeführt, und dann wurden diese Lymphozyten in die Patienten
zurückgeführt. Knochenmark ist ein leichter Zielpunkt, ebenso, wie im Fall der Stammzelltherapie. Im
Fall von anderen Organen hat diese Strategie nicht so erfolgreich funktioniert.
Folie B8 Das erste Opfer der Gentherapie Diese vielversprechende Methodik wurde durch die
Opfer der nicht sachgerecht vorbereiteten und dokumentierten gentherapeutischen Versuche
zurückgeworfen. Das erste Opfer war der 18-jährige Jesse Gelsinger, der zu einer Art Symbol im
Bereich der Gegner der Gentherapie wurde. Er litt an Ornithin-Trans-Carbamylase Defizienz. Dieses
Enzym spielt eine Rolle bei der Degradation von Ammoniak, der Enzymmangel hat einen starken
Vergiftungseffekt. Jesse Gelsinger ist an den Nebenwirkungen des adenoviralen Vektors gestorben.
Der Arzt, der den Eingriff durchgeführt hat, hat leider sowohl die Komplikationen bei den
präklinischen Experimenten, als auch weitere wichtige Umstände verschwiegen, als er um die
Genehmigung zum Eingriff gebeten hat, und die FDA (Food and Drug Administration, USA) hat die
Genehmigung gegeben.
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1. Stammzellen
Folie B9 Debatte Die Gentherapie steht, ebenso, wie die anderen, auf Gentechnologie basierenden
Wissenschaftszweige im Kreuzfeuer von Attacken. Wegen den ersten Fehlschlägen gibt es ein starkes
Misstrauen gegenüber der Gentherapie. Wegen den Attacken ist diese Technik in den letzten Zeiten in
den Hintergrund geraten, vermutlich aber nur vorübergehend. Früher gab es heftige Debatten über
die Keimbahntherapie, bei diesen Strategien kommt die Keimbahntherapie aber gar nicht in Frage.
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