XIV. Leipziger Gastroenterologisches Seminar Beiträge

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Falk Seminar
XIV. Leipziger
Gastroenterologisches
Seminar
Standards und Perspektiven
in der Gastroenterologie
12.bis 13. Januar 2007
Gewandhaus
zu Leipzig
Wissenschaftliche
Leitung:
J. Mössner,
Leipzig
Beiträge
XIV. Leipziger Gastroenterologisches Seminar
Standards und Perspektiven in der Gastroenterologie
Wissenschaftliche Organisation:
J. Mössner, Leipzig
Ösophagus/Magen
Seite
Vorsitz:
C. Wittekind, Leipzig
Refluxösophagitis
I. Schiefke, Leipzig
3- 5
Neoplasien
W. Fischbach, Aschaffenburg
6 - 10
Motilitätsstörungen des Magens
P. Layer, Hamburg
11 - 12
Gallenwege/Pankreas
Vorsitz:
J.P. Hauss, Leipzig
Benigne Gallenwegserkrankungen
F. Lammert, Bonn
13 - 15
Pankreatitis
V. Keim, Leipzig
16 - 19
Therapeutische Optionen beim Pankreaskarzinom
T. Seufferlein, Ulm
20 - 23
Leber
Vorsitz:
W. Schmiegel, Bochum
Fettleber
M.P. Manns, M.J. Bahr, Hannover
24 - 26
Komplikationen bei Leberzirrhose
J. Schölmerich, Regensburg
27 - 29
1
Hepatitis
H.L. Tillmann, Leipzig
30 - 35
Onkologie interdisziplinär
Vorsitz:
J. Mössner, Leipzig
Palliative Therapie des fortgeschrittenen kolorektalen
Karzinoms
W. Schmiegel, Bochum
36 - 42
Dünn-/Dickdarm
Vorsitz:
J. Schölmerich, Regensburg
Chronisch entzündliche Darmerkrankungen
A. Stallmach, Jena
43 - 45
Neues zu Divertikelerkrankungen
W. Kruis, Köln
46 - 47
Bildgebende Verfahren
Vorsitz:
T. Kahn, Leipzig
Endoskopie (ohne Abstract)
K. Caca, Ludwigsburg
2
Dünn- und Dickdarm, bildgebende Verfahren bei CED –
Radiologie/MR
S. Feuerbach, Regensburg
48 - 52
Sonografie
W. Wermke, Berlin
53 - 62
Verzeichnis der Referenten, Moderatoren und
wissenschaftlichen Organisatoren
63 - 64
Refluxösophagitis
I. Schiefke
Universität Leipzig
Die Refluxösophagitis ist eine Erkrankung, die aufgrund ihrer steigenden Inzidenz
und Prävalenz in den industrialisierten Ländern zunehmend an Bedeutung gewinnt.
Laut mehrerer Untersuchungen hat sich die Prävalenz dieses Krankheitsbildes in den
letzten 30 Jahren verzehnfacht. In industrialisierten Ländern Europas leiden 18-40%
der Bevölkerung unter Refluxbeschwerden. Die Ursache für die Zunahme der
Refluxkrankheit ist nicht geklärt, diskutiert werden zivilisatorische Umweltfaktoren wie
Stress,
Reizüberflutung
und
möglicherweise
Änderung
der
Ernährungs-
gewohnheiten.
Die Untersuchungen zur Lebensqualität von Refluxkranken zeigen, dass diese in
etwa der gleichen Intensität beeinträchtigt war wie bei Patienten mit einer koronaren
Herzkrankheit und Angina pectoris-Symptomatik. Neben der Beeinträchtigung der
Lebensqualität des Einzelnen geht die Erkrankung mit erheblichen Kosten für die
Volkswirtschaft einher.
Während man früher das Sodbrennen als mehr oder weniger
harmlose
Befindlichkeitsstörung und nicht als Leitsymptom einer Erkrankung ansah, hat sich
dies in den letzten Jahren geändert, nachdem man in epidemiologischen Studien die
enge Korrelation zwischen der Dauer und der Intensität von Refluxsymptomen und
dem Risiko der Entwicklung eines Adenokarzinoms der Speiseröhre aufzeigen
konnte.
Der Begriff gastroösophageale Refluxkrankheit wurde in den letzten Jahren sehr
unterschiedlich definiert. Die Zeit war reif für eine globale Konsensusdefinition! So
wurde in diesem Jahr die Montreal-Definition und -Klassifikation veröffentlicht. Auf
Basis dieser Definition ist die Übertragbarkeit von Studienergebnissen und die
gemeinsame Forschung erleichtert worden (Abbildung 1).
Die Induktion und Erhaltung der Beschwerdefreiheit sowie die Verhinderung von
Langzeitkomplikationen sind als Behandlungsziele anerkannt. ProtonenpumpenInhibitoren stellen mit Sicherheit die Therapie der Wahl sowohl in der Akuttherapie
wie auch in der Redizivprophylaxe dar. Die GENVAL-Konferenz empfiehlt dabei als
kostengünstigstes Verfahren eine Step-down-Therapie: initial hohe PPI-Dosis, um
3
hohe Heilungsraten zu induzieren und schnelle Ermittlung der individuellen
Erhaltungsdosis (in der Regel die halbe therapeutische Dosis), da je nach Intensität
der Refluxösophagitis mit einem symptomatischen Rezidiv in 50-80% zu rechnen ist,
wenn die PPI-Therapie abgesetzt wird.
Als schwierig erweist sich immer wieder die Therapie der NERD (nicht-erosive
Refluxkrankeit).
Auch
dieser
Patient
mit
Refluxsymptomen
und
negativem
endoskopischem Befund (Refluxösophagitis Grad 0) ist refluxkrank und bedarf einer
suffizienten
Therapie,
um
seine
Lebensqualität
wieder
herzustellen.
Die
Langzeittherapie zur Remissionserhaltung wird vielerorts noch aus Kostengründen
kritisch
gesehen,
doch
lassen
Kosten-Nutzen-Analysen
erkennen,
dass
in
Konkurrenz zum operativen Vorgehen die medikamentöse Dauertherapie über
mindestens 7-8 Jahre praktiziert werden kann, bevor die operative Option
kostengünstiger ist.
Diese
Alternative
ist
heute
die
laparoskopische
Fundoplicatio,
die
bei
Therapieresistenz/Angst vor Tabletten und Volumenrefluxern zu diskutieren ist.
Vorsicht ist beim Patientenwunsch geboten – andere Erkrankungen müssen
ausgeschlossen sein! Dieses Verfahren setzt außerdem einen erfahrenen Chirurgen
voraus.
Endoskopisch interventionelle Verfahren haben sich in den letzten Jahren entwickelt,
da sowohl die medikamentöse als auch die chirurgische Option Limitationen
besitzen. Diese 1. Generation der endoskopisch assistierten intraluminalen
Antirefluxtechniken
(EAT)
eröffnete
eine
völlig
neue
Therapieoption
im
Behandlungskonzept der GERD.
Derzeit konkurrieren 3 prinzipielle endoskopische Verfahren miteinander:
•
Radiofrequenzkoagulation
•
endoskopische Injektion oder Implantation biokompatibler Fremdkörper
•
endoskopische Nahttherapie.
Nach
anfänglicher
Euphorie
über
die
exzellenten
Kurzzeitergebnisse
der
verschiedenen EAT nahm der Therapieerfolg im Laufe der Nachbeobachtungszeit
ab. Während die objektiv erhobenen Parameter, z. B. Säureexposition des
Ösophagus, kaum durch die EAT beeinflusst werden konnten, verbesserten sich die
subjektiven Erfolgsparameter (z. B. Sodbrennen-Beschwerde-Scores) zum Teil
signifikant. Diese Differenz lässt einen erheblichen Plazeboeffekt durch die
therapeutische
Endoskopie
vermuten.
In
Anbetracht
der
ernüchternden
Langzeitergebnisse sind die derzeitigen Kosten für die EAT inadäquat hoch.
4
Die neue Generation dieser Verfahren, z. B. der Plicator, versprechen bereits eine
deutliche Steigerung der Effektivität und Haltbarkeit bei exzellentem Sicherheitsprofil
wie in der kürzlich hochrangig publizierten prospektiven, randomisierten und
Scheinoperation–kontrollierten Multizenterstudie nachgewiesen wurde. Modifizierte
Techniken oder ergänzende Verfahren zur Implantationsvorbehandlung werden in
den nächsten Jahren notwendig sein, um die Erfolgsquoten der EAT zu verbessern
und den Stellenwert im Therapiekonzept der Refluxösophagitis endgültig einordnen
zu können.
Abbildung 1: Montreal-Klassifikation
5
Ösophagus/Magen: Neoplasien
W. Fischbach
Innere Medizin II, Klinikum Aschaffenburg
Ösophaguskarzinom
Unter den gastrointestinalen Karzinomen zählte das Ösophaguskarzinom mit 6% (1)
bislang eher zu den selteneren Tumoren. Allerdings ist im Gegensatz zu der
gleichgebliebenen Häufigkeit des Plattenepithelkarzinoms die Inzidenz des
Adenokarzinoms in den letzten Jahrzehnten dramatisch angestiegen. Eine
Auswertung der Datenbank des National Cancer Institutes hat einen Anstieg des
ösophagealen Adenokarzinoms um das 6fache in dem Zeitraum von 1975 bis 2001
aufgezeigt (2). Es war damit die am schnellsten zunehmende Tumorentität in den
USA. Die Mortalität stieg im gleichen Zeitraum um den Faktor 7 an, so dass eine
Überdiagnose als Ursache der Inzidenzzunahme ausgeschlossen werden kann.
Damit drängt sich die Frage der Ursache hierfür auf. Ein anerkannter Risikofaktor
des Adenokarzinoms stellt die Refluxkrankheit dar. Diese hat in der westlichen Welt,
wohl in erster Linie auf Grund der Essgewohnheiten und des Lebensstils und der
daraus resultierenden Adipositas (3), ebenfalls eindeutig zugenommen, so dass
hierin eine wesentliche Ursache gesehen werden kann. Schließlich konnte auch für
den
Barrett-Ösophagus,
einer
allgemein
akzeptierten
Präkanzerose
des
Adenokarzinoms, eine Häufigkeitszunahme gut belegt werden (4).
Vor diesem Hintergrund sind endoskopische Überwachungsstrategien beim
Barrett-Ösophagus, wie sie seit vielen Jahren diskutiert werden, nur nahe liegend. Es
wird niemand bestreiten, dass einzelne Barrett-Patienten von einer endoskopischen
Überwachung durch eine frühzeitigere Karzinomdiagnose und damit bessere
Prognose profitieren. Andererseits ist der dafür betriebene Aufwand hoch und sein
Nutzen für die Allgemeinheit nicht bewiesen. Zwar ist die Rate an Adenokarzinomen
bei Barrett-Patienten erhöht, aber nur sehr wenige Betroffene versterben daran.
Hinzu kommt, dass zum Zeitpunkt der Diagnosestellung eines Barrett-Karzinoms der
Barrett-Ösophagus selbst nur bei einer kleinen Minderheit der Tumorpatienten
vorbekannt war (5; Abb. 1). Die überwiegende Mehrheit hätte demnach keiner wie
auch immer gestalteten Überwachungsmaßnahme zugeführt werden können.
6
Demzufolge können Überwachungsstrategien auch nicht zu einer allgemeinen
Senkung der Mortalität des Barrett-Karzinoms beitragen. Der Ausweg wäre in einer
Indexendoskopie zur Erfassung von mehr Barrett-Patienten zu sehen. Aber gerade
dieses
Vorgehen
hat
sich
als
unrealistisch
erwiesen
und
ist
unter
gesundheitsökonomischen Gesichtspunkten nicht zu rechtfertigen, führt es doch nur
in 2,6% zur Aufdeckung eines Long-segment-Barrett und in 0,8% zur Detektion einer
Dysplasie (6). Der Barrett-Ösophagus, seine Diagnose wie der Umgang mit ihm,
bleibt somit ein Problem.
Die Therapie des Ösophagus ist sehr viel differenzierter und komplexer geworden.
Die wesentlichen Aspekte lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Eine alleinige Strahlentherapie, sei es in präoperativer (neoadjuvanter) oder postoperativer (adjuvanter) Intention, ist nicht indiziert.
Im Falle einer R1/2-Situation können eine Radiotherapie oder eine kombinierte
Radiochemotherapie erwogen werden.
Eine alleinige Chemotherapie kann weder neoadjuvant noch adjuvant empfohlen
werden.
Eine adjuvante Radiochemotherapie nach R0-Resektion ist nicht etabliert.
Bei lokal begrenzten, potenziell resektablen Karzinomen (cT1-3, N0-1) stehen
alleinige Operation und neoadjuvante Radiochemotherapie mit nachfolgender
Resektion zur Verfügung. Das multimodale Vorgehen garantiert eine bessere lokale
Tumorkontrolle. Die damit verbundenen Vorteile werden durch die erhöhte Mortalität
bei der Operation neutralisiert. Letztlich ist die Überlegenheit einer der beiden
Strategien nicht bewiesen.
Die definitive Radiochemotherapie stellt eine Alternative zur neoadjuvanten Radiochemotherapie mit nachfolgender Resektion dar. Bei älteren komorbiden Patienten
würde ich sie in jedem Fall vorziehen. Auch in aktuellen Leitlinien (z. B. „National
Comprehensive Cancer Network“) zeichnet sich zunehmend ein Trend zu einer
konservativen Behandlungsstrategie ab. Bei T4-Tumoren wird definitiv eine
7
Radiochemotherapie empfohlen. Das Ansprechen auf eine Induktionschemotherapie
könnte zukünftig eine Stratifikation für die weitere Behandlung sein. Bei guter
Tumorrückbildung stellt sich besonders eindringlich die Frage, ob nicht eine definitive
Radiochemotherapie ausreicht. Bei weniger guter Tumorrückbildung bietet die
Operation prinzipiell eine zusätzliche Chance, im Einzelfall stellt sie aber auch eine
unnötige Belastung mit geringen Erfolgsaussichten dar.
Bei T1-2-Tumoren wird derzeit die chirurgische Resektion empfohlen. Bei
Risikopersonen
oder
vielleicht
zukünftig
ganz
allgemein
steht
die
Radiochemotherapie alternativ oder im Sinne der neoadjuvanten Behandlung zur
Verfügung. Bei positivem Lymphknotenstatus (N1) ist eine multimodale Therapie
möglicherweise vorzuziehen.
Bei Tumoren des oberen Ösophagusdrittels ist die Radiochemotherapie bei jedem
TN die Therapie der Wahl.
T1m-Karzinome sollten nach Möglichkeit endoskopisch abgetragen werden.
Die Entscheidung zu einer palliativen Chemotherapie im metastasierten Stadium
muss individuell erfolgen. Eine Second-line-Therapie sollte mit Zurückhaltung
eingesetzt werden.
Die endoskopische Implantation von Metallstents ist eine gute Palliation bei
Dysphagie.
Abbildung 2 fasst die Therapieoptionen in Abhängigkeit vom Tumorstadium
zusammen.
Magenkarzinom
Obwohl die Inzidenz des Magenkarzinoms rückläufig ist, stellt es noch immer eine
der häufigsten Krebstodesursachen dar. Die Genese ist multifaktoriell, von
besonderer Bedeutung sind die Helicobacter pylori-Infektion und eine genetische
Komponente. Bei einer Risikogastritis (Korpus-dominante Gastritis, Atrophie,
intestinale
Metaplasie),
einer
familiären
Karzinombelastung
oder
nach
endoskopischer Resektion eines Magenfrühkarzinoms bzw. einer Magenteilresektion
8
empfiehlt
sich
eine
Helicobacter
pylori-Eradikation
zur
Prävention
des
Magenkarzinoms bzw. eines Rezidivs.
Die Therapie des Magenkarzinoms basiert auf dem präoperativen Staging und
prognostischen Faktoren. Wichtigste, die Prognose bestimmende Maßnahme ist das
Erreichen einer R0-Resektion. Sie wird durch eine, abhängig von Stadium,
Lokalisation und histologischem Typ des Tumors, subtotale oder totale Gastrektomie
mit
Lymphadenektomie
Standardvorgehen
(D1-
angestrebt.
oder
Ist
eine
D2-Dissektion)
R0-Resektion
als
nicht
chirurgisches
möglich
oder
unwahrscheinlich, bietet die neoadjuvante Chemotherapie die Chance auf eine
Tumorverkleinerung und eine mögliche sekundäre R0-Resektion. Die adjuvante
Chemotherapie hat zu keinen überzeugenden Ergebnissen geführt und wird nicht
allgemein empfohlen. Auch die adjuvante Radiochemotherapie bleibt derzeit
Einzelfällen vorbehalten. Das Magenkarzinom ist ein chemosensibler Tumor. Eine
palliative Chemotherapie ist daher angezeigt. Die Endoskopie bietet in Form der
endoskopischen Mukosaresektion (EMR) unter bestimmten Voraussetzungen ein
potenziell kuratives Verfahren beim Magenfrühkarzinom an. Beim fortgeschrittenen
Karzinom eröffnet sie palliative Optionen wie die Bougierung von Tumorstenosen, die
Stenteinlage, die Tumorablation oder die Anlage von enteralen Ernährungssonden.
Magenlymphom
Die pathogenetische Bedeutung des Helicobacter pylori für die Entstehung und
Progression eines MALT-Lymphoms ist fest etabliert. Im Stadium I bietet die
alleinige Eradikationsbehandlung sehr gute Erfolgsaussichten. Helicobacter pylorinegative MALT-Lymphome und solche im Stadium II werden vorzugsweise mittels
Strahlentherapie behandelt. Großzellige B-Zell-Lymphome werden in kurativer
Intension chemotherapiert. Die Prognose der Magenlymphome ist insgesamt sehr
gut.
Mesenchymale Magentumoren
Unter
den
mesenchymalen
Magentumoren
stellen
die
gastrointestinalen
Stromatumoren (GIST) die größte Gruppe dar. Sie werden chirurgisch reseziert und
im Falle einer Metastasierung mit dem selektiven Tyrosinkinaseinhibitor Imatinib
behandelt.
9
Literatur:
1. Keighly MR. Gastrointestinal cancers in Europe. Aliment Pharmacol Ther 2003;
18 (Suppl. 3): 7- 30
2. Pohl H, Welch HG. The role of overdiagnosis and reclassification in the marked
increase of esophageal adenocarcinoma incidence. J Nat Cancer Inst 2005; 97:
142-146
3. Hampel H, et al. Meta-analysis: Obesity and the risk for gastroesophageal reflux
disease and its complications. Ann Intern Med 2005; 143 (3): 199-211
4. van Soest EM, Dieleman JP, Siersema PD, et al. Increasing incidence of
Barrett’s oesophagus in the general population. Gut 2005; 54: 1062-1066
5. Dulai GS et al. Preoperative prevalence of Barrett’s esophagus in esophageal
adenocarcinoma: a systematic review. Gastroenterology 2002; 123 (3): 26-33
6 Rex DK, Cummings OW, Shaw M, et al. Screening for Barrett’s Esophagus in
Colonoscopy Patients With and Without Heartburn. Gastroenterology 2003;
125:1670-1677
Korrespondenzadresse:
Prof. Dr. med. Wolfgang Fischbach
Medizinische Klinik II
Klinikum Aschaffenburg
Am Hasenkopf
D-63739 Aschaffenburg
Tel.: (60 21) 32 30 10
E-mail: [email protected]
10
Motilitätsstörungen des Magens
P. Layer
Israelitisches
Krankenhaus,
Akademisches
Lehrkrankenhaus
der
Universität
Hamburg
Motorische Störungen des oberen Verdauungstraktes sind weltweit verbreitet.
Gerade auch in der westlichen Hemisphäre zählen diese zu den häufigsten
chronischen Gesundheitsstörungen, die in einer Häufigkeit von weit über 10% der
Bevölkerung in unterschiedlicher Ausprägung verbreitet sind. Hierbei ist die häufigere
funktionelle Dyspepsie abzugrenzen von der zwar selteneren, aber generell
unterdiagnostizierten Gastroparese.
Gastroparese: Die Gastroparese ist definiert als eine gastrale Motilitätsstörung mit
relevant verlangsamter, in Extremfällen auch vollständig fehlender Magenentleerung
ohne Vorliegen einer mechanischen Obstruktion. Neben dem Diabetes mellitus, bei
dem sich die Gastroparese als Ausdruck einer autonomen Neuropathie manifestiert,
spielt auch die postinfektiöse Genese eine quantitativ bedeutsame Rolle. Ein großer
Teil der Patienten hat keine erkennbare Ursache „idiopathische Gastroparese“).
Darüber hinaus wurde noch eine Vielzahl seltener Ursachen nachgewiesen. Bei
vielen Patienten mit Gastroparese kommt es zu einem Verlust der interstitiellen
Zellen von Cajal, welche die elektrophysiologischen Schrittmacherfunktionen im
Verdauungstrakt ausüben. In vielen Fällen kommt es dann zum Auftreten
beschleunigter Depolarisationsrhythmen („Tachygastrie“) bei gleichzeitigem Verlust
der mechanischen (kontraktilen) Antwort durch die Muskulatur der Magenwand.
Darüber hinaus lassen sich Störungen der gastroduodenalen Koordination
nachweisen.
Die pathologisch verzögerte Magenentleerung führt zu erheblichen postprandialen
Symptomen bis hin zum protrahierten Erbrechen mit Elektrolytstörungen und
allmählichem
Gewichtsverlust.
Diese
typische,
teilweise
erhebliche
Beschwerdewahrnehmung ist bei Patienten mit Diabetes mellitus oft geringer als das
Ausmaß der motorischen Schädigung, was als Ausdruck der herabgesetzten
Wahrnehmung im Rahmen der Neuropathie gedeutet wird. Insgesamt besteht aber
bei allen Formen der Dyspepsie eine relevante Dissoziation zwischen Ausmaß der
Funktionsstörung und der Stärke der Beschwerden.
11
Die Störung wird nach Ausschluss einer organischen Läsion durch den Nachweis der
verzögerten
Magenentleerung
diagnostiziert.
Hierbei
wird
der
Goldstandard
(Technetium-Szintigrafie) zunehmend zugunsten des sehr präzisen und deutlich
weniger aufwendigen
13
C-Octanoat-Atemtests verlassen. Die Gastroparese wird mit
Prokinetika behandelt. In medikamentös-refraktären Fällen wurden gute Erfolge einer
Elektrostimulation („gastric pacemaker“) berichtet, ohne dass sich dieses Verfahren
schon breit durchgesetzt hätte. Auch andere interventionelle Verfahren sind in der
Erprobung.
Funktionelle Dyspepsie: Hierbei stehen - meist postprandiale - Beschwerden im
Vordergrund, die der Patient auf den Magen oder die Nachbarorgane des oberen
Verdauungstraktes bezieht, ohne dass sich eine organische Ursache finden lässt.
Bei der funktionellen Dyspepsie, die eine hohe Prävalenz (s. oben) aufweist, wirken
in vielen Fällen unterschiedliche pathogenetische Mechanismen zusammen: Neben
der gastralen Hypersensivität („Hyperalgesie“) spielen hier bei vielen Patienten auch
Störungen der Magenentleerung (sowohl Verzögerung wie auch Beschleunigung)
sowie insbesondere auch eine unzureichende Relaxation des Magens bei
Nahrungszufuhr („Akkomodation“) eine Rolle. Bei einem kleinen Anteil der Patienten
zeichnet wohl auch eine Infektion mit Helicobacter pylori verantwortlich; diese
Untergruppe kann von einer Eradikationstherapie profitieren. Im Übrigen ist die
Behandlung der Dyspepsie oft undankbar und es ist sinnvoll, mit dem Patienten die
Therapieversuche im Vorhinein offen zu besprechen, da bei keinem Patienten und
bei keinem Medikament Ansprechen oder Wirkungslosigkeit vorausgesagt werden
kann. In Betracht kommen Behandlungsversuche mit PPI, Prokinetika, Phytotherapeutika, Karminativa, ergänzt mit einer sorgfältigen Ernährungsanamnese und
ggf. -beratung.
Korrespondenzadresse:
Prof. Dr. Peter Layer
Israelitisches Krankenhaus in Hamburg
Orchideenstieg 14
22297 Hamburg
Tel.: (0 40) 5 11 25 50 01
Fax: (0 40) 5 11 25 50 09
E-mail: [email protected]
12
Benigne Gallenwegserkrankungen
F. Lammert
Medizinische Klinik und Poliklinik I, Universitätsklinikum Bonn
Die
benignen
Gallenwegserkrankungen
umfassen
lithogene,
entzündliche,
genetische und funktionelle Gallenwegserkrankungen. Zu letzteren wird neben der
Sphinkter Oddi-Dysfunktion die funktionelle Gallenblasenerkrankung gezählt, zu
deren diagnostischen Kriterien die Hypomotilität der steinfreien Gallenblase nach
CCK-Gabe zählt (1). Kürzlich wurde gezeigt, dass auch die Füllung der Gallenblase
einer hormonellen Kontrolle unterliegt und Folge der durch Gallensäuren induzierten
Freisetzung des Hormons FGF19 im distalen Ileum ist (2).
Die Diagnostik und Therapie der lithogenen Gallenwegserkrankungen war
Gegenstand der S3-Leitlinienkonferenz der DGVS und DGVC im vergangenen Jahr
(3). Standardtherapie der symptomatischen Cholelithiasis ist die laparoskopische
Cholezystektomie,
bei
der
Okklusion
oder
Durchtrennung
des
Ductus
hepatocholedochus heute nicht mehr häufiger auftreten als bei der offenen Operation
(0,15%) (4). Asymptomatische Patienten mit Porzellangallenblase, Gallenblasenpolypen > 1 cm oder nach Herztransplantation sollten ebenfalls cholezystektomiert
werden. Bei außergewöhnlicher klinischer Konstellation der Cholelithiasis (z. B.
familiäre Häufung, Auftreten im Kindes- und Jugendalter, intrahepatische Steine,
Assoziation mit Diarrhöen) sollte eine weitere ätiologische Abklärung erfolgen (z. B.
hämolytische Anämien, Gallensäurenverlustsyndrom, biliäre Phospholipiddefizienz)
(5). Aufgrund der schlechten Langzeitergebnisse hat sich die konservative Therapie
der Cholezystolithiasis (ESWL, Ursodeoxycholsäure [UDCA]) nicht bewährt (6). In
Situationen, die infolge Gewichtsreduktion mit hohem Risiko zur Bildung von
Gallenblasensteinen einhergehen (z. B. Reduktionsdiät, Adipositaschirurgie), kann
das Steinrisiko durch UDCA (mindestens 500 mg/Tag) vermindert werden (3).
Symptomatische
Gallengangssteine
sind
eine
Behandlungsindikation.
Asymptomatische Gallengangssteine können behandelt werden; es liegen nur
unzureichende Daten zum natürlichen Verlauf asymptomatischer Gallengangssteine
vor. Bei gleichzeitigen Gallengangs- und Gallenblasensteinen besteht Konsens, in
13
der Regel ein therapeutisches Splitting mit präoperativer ERC durchzuführen. Hierbei
ist die Anzahl der Interventionen höher als bei der laparoskopischen Choledochusrevision, die in Zentren mit hoher Expertise durchgeführt werden kann (7).
Während UDCA (13-15 mg/kg/Tag) bei Patienten mit Frühstadien der primär biliären
Zirrhose das Überleben verlängert (8), werden für Spätstadien entzündlicher
Gallenwegserkrankungen neue Therapieoptionen benötigt. Hier könnten präklinische
Studien in einem neuen autoimmunen Mausmodell der primär biliären Zirrhose
weiterführen (9). UDCA (17-23 mg/kg/Tag) über 5 Jahre war in einer großen
randomisierten
schwedischen
Studie
bei
primär
sklerosierender
Cholangitis
unwirksam (10). Tierexperimentelle Daten weisen auf die mögliche Überlegenheit
eines C23-Homologs von UDCA (24-Nor-UDCA) hin, das cholehepatisch zirkuliert
und karzinompräventiv wirksam sein könnte (11).
Zu den genetischen Gallenwegserkrankungen des Erwachsenenalters zählen die
benigne rekurrierende intrahepatische Cholestase (Summerskill-Walshe-TygstrupSyndrom bei ATP8B1- oder ABCB11-Gendefekten) und die fibropolyzystischen
Lebererkrankungen (PKD1-, PKD2- oder PKHD1-Gendefekte). Innovative Therapiekonzepte umfassen Rifampicin + interventionelle Galleableitung bzw. Octreotid, für
die jedoch größere Studien noch ausstehen (12-14).
Literatur:
1.
Behar J et al. Functional gallbladder and sphincter oddi disorders.
Gastroenterology 2006; 130: 1498-1509
2.
Choi M et al. Identification of a hormonal basis for gallbladder filling. Nat Med
2006; 12: 1253-1255
3.
Lammert F et al. S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und
Stoffwechselkrankheiten und der Deutschen Gesellschaft für Viszeralchirurgie
zur Behandlung von Gallensteinen 2006
4.
Keus F et al. Laparoscopic versus open cholecystectomy for patients with
symptomatic cholecystolithiasis. Cochrane Rev 2006
5.
Lammert F, Sauerbruch T. Mechanisms of disease: the genetic epidemiology of
gallbladder stones. Nat Clin Pract Gastroenterol Hepatol 2005; 2: 423-433
14
6.
Rabenstein T et al. Ten years experience with piezoelectric extracorporeal
shockwave lithotripsy of gallbladder stones. Eur J Gastroenterol Hepatol 2005;
17: 629-639
7.
Martin DJ et al. Surgical versus endoscopic treatment of bile duct stones.
Cochrane Rev 2006
8.
Corpechot C et al. The effect of ursodeoxycholic acid therapy on the natural
course of primary biliary cirrhosis. Gastroenterology 2005; 128: 297-303
9.
Irie J et al. NOD.c3c4 congenic mice develop autoimmune biliary disease that
serologically and pathogenetically models human primary biliary cirrhosis. J Exp
Med 2006; 203: 1209-1219
10. Olsson R et al. High-dose ursodeoxycholic acid in primary sclerosing
cholangitis:
a
5-year
multicenter,
randomized,
controlled
study.
Gastroenterology 2005; 129: 1464-1472
11. Fickert P et al. 24-norUrsodeoxycholic acid is superior to ursodeoxycholic acid
in the treatment of sclerosing cholangitis in Mdr2 (Abcb4) knockout mice.
Gastroenterology 2006; 130: 465-481
12. Kerkar N et al. The hepatic fibropolycystic diseases. Clin Liver Dis 2006; 10:
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13. Marschall HU et al. Complementary stimulation of hepatobiliary transport and
detoxification systems by rifampicin and ursodeoxycholic acid in humans.
Gastroenterology 2005; 129: 476-485
14. Stapelbroek JM et al. Nasobiliary drainage induces long-lasting remission in
benign recurrent intrahepatic cholestasis. Hepatology 2006; 43: 51-53
Korrespondenzadresse:
Univ.-Prof. Dr. med. Frank Lammert
Medizinische Klinik und Poliklinik I
Schwerpunkt Gastroenterologie
Universitätsklinikum Bonn
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Sigmund-Freud-Str. 25
53127 Bonn
Telefon: (02 28) 2 87-1 12 49
Fax: (02 28) 2 87-1 46 98
Email: [email protected]
15
Pankreatitis
V. Keim
Med. Klinik und Poliklinik II, Universitätsklinikum Leipzig
Die
wichtigsten
Gallengangssteine
Risikofaktoren
und
der
ausgeprägter
Pankreatitis
sind
Alkoholkonsum,
eingeklemmte
wobei
sowohl
Gallengangssteine als auch der Alkohol nur selten zu einer Pankreatitis führen. In
den vergangenen Jahren hat sich die Erkenntnis bestärkt, dass daneben auch
genetische Faktoren eine wesentliche Rolle spielen. So wurden Mutationen im
kationischen Trypsinogen (PSRR1), im Trypsininhibitor (SPINK1) und im „cystic
fibrosis transmembrane conductance regulator“ (CFTR) gefunden. Kürzlich wurde die
Mutation R191G im anionischen Trypsinogen (PRSS2) beschrieben, die bei
Patienten seltener vorkommt als bei Kontrollpersonen und somit vor einer
Pankreatitis schützt. Dies zeigt die Bedeutung aktiven Trypsins in der Pathogenese
der Pankreatitis. Es kann somit als gesichert angesehen werden, dass die
Pankreatitis eine multifaktorielle Erkrankung mit endogenen (Gene) und exogenen
(Alkohol) Risikofaktoren bzw. protektiven Faktoren ist.
Im Zentrum der Untersuchung der Pathogenese der Pankreatitis standen u. a. die
pankreatischen Sternzellen (Stellate-Zellen), welche eine ähnliche Rolle wie in der
Leber spielen. Nach Stimulation differenzieren die ruhenden in aktivierte Sternzellen,
welche dann in der Lage sind, sowohl Kollagen (und damit Bindegewebe) als auch
Entzündungsmediatoren zu produzieren. Interessanterweise können diese Zellen
sowohl durch Alkohol, dessen Metabolit Acetaldehyd als auch durch Mediatoren
(IL-1, IL-6, TGF-β, etc.) stimuliert werden. Eine weitere Erkenntnis der letzten Zeit
besteht darin, dass auch die Azinuszellen Mediatoren synthetisieren und sezernieren
können und damit nicht nur „Opfer“ der Pankreatitis, sondern selbst „Mitspieler im
Konzert der Zytokine“ sind.
Die Diagnostik der akuten Pankreatitis erfolgt mit der Messung der Lipase, die
Bestimmung anderer Enzyme ist nicht erforderlich. Verlaufskontrollen der Lipase sind
nicht notwendig, mit Ihnen kann weder der Schweregrad der Erkrankung noch die
Ausheilung vorhergesagt werden. Auch das C-reaktive Protein ist zu Beginn der
Erkrankung zu wenig sensitiv, da erst nach 3-4 Tagen maximale Werte erreicht
16
werden. Zu diesem Zeitpunkt ist jedoch die Schwere der Erkrankung bereits evident.
Scoresystem (z. B. APACHE II) oder Mediatoren (z. B. IL-6) sind nicht praxistauglich.
Die CT ist ebenfalls nicht besonderes zuverlässig, insbesondere da zu frühen
Zeitpunkten die Schwere unterschätzt und zu späten Zeiten deutlich überschätzt
wird. Ähnliches gilt für die MRT und wahrscheinlich auch für die Kontrast-Sonografie.
Hier hilft nur die regelmäßige klinische Untersuchung der Patienten durch einen sehr
erfahrenen Arzt. Eine wichtige Rolle wird hierbei die Erfassung des Organversagens
bzw. des progredienten Organversagens spielen. Die entsprechenden Scores sagen
einen schweren bzw. letalen Verlauf zuverlässiger voraus als alle anderen
Parameter.
In der Therapie der akuten Pankreatitis oder des akuten Schubs der chronischen
Pankreatitis ist mittlerweile die enterale Ernährung fest etabliert. Sie beginnt bei den
milden Formen bereits 2-3 Tage nach der Krankenhausaufnahme und erfolgt über
eine Duodenalsonde. Dies scheint auch bei schwereren Formen bzw. bei
Magenentleerungsstörung zu funktionieren. Es wurde sogar über eine enterale
Ernährung über Magensonde berichtet. Ist wegen eines Subileus oder Ileus die
enterale Gabe nicht und nur teilweise möglich, kann zusätzlich oder komplett
parenteral
ernährt
werden.
Die
weiteren
Maßnahmen
(Flüssigkeitsgabe,
Schmerzbehandlung, Überwachung von Lungen- und Nierenfunktion) haben
unverändert ihren Stellenwert. Bei milden Verläufen kann auf eine Ernährung
verzichtet werden, da man ohnehin nach wenigen Tagen mit dem oralen Kostaufbau
beginnt.
Es gibt die Tendenz, die chirurgische Therapie bei akuter Pankreatitis deutlich
seltener bzw. erheblich später durchzuführen. Eine Intervention bei ödematöser
Pankreatitis ist nur in wenigen Ausnahmefällen erforderlich. Die nekrotisierende
Pankreatitis kann heute v. a. durch eine frühzeitige Antibiotika-Prophylaxe bzw.
-therapie bei der Mehrzahl der Patienten konservativ unter Einsatz aller
intensivmedizinischer
Therapiemodalitäten
(evtl.
Beatmung,
Dialyseverfahren,
Kreislaufunterstützung mit Katecholaminen) behandelt werden. Bei weniger als
einem Drittel der Patienten mit nekrotisierender Pankreatitis sind chirurgische
Maßnahmen notwendig, insbesondere bei Sekundärinfektion der Nekrosen oder
Verschlechterung der klinischen Situation. Die Operation sollte dann erfolgen, wenn
eine klinische Stabilisierung des Patienten mit intensivmedizinischen Maßnahmen
nicht
möglich
ist
(persistierender
Verlauf
über
> 3 Wochen,
beginnendes
17
Multiorganversagen). Im übrigen lassen sich Spätabszesse bzw. infizierte Zysten
auch interventionell behandeln.
Hinsichtlich der Therapie der chronischen Pankreatitis gibt es keine wesentlichen
neuen Erkenntnisse. Die adäquate Schmerzbehandlung ist obligat, hier kommt das
WHO-Stufenschema zu Einsatz. Der Nachweis der exokrinen Insuffizienz ist
unverändert
schwierig.
Die
Funktionstests
(Elastase,
Chymotrypsin,
Pankreolauryltest) sind vor allem bei mäßiger oder milder Pankreasinsuffizienz
wegen ihrer geringen Sensitivität (< 65%) nicht hilfreich. Nur bei schwerer
Insuffizienz besitzen diese Tests einen guten Vorhersagewert, bei diesen Patienten
ist jedoch die Erkrankung ohnehin evident. Der Diabetes (Typ IIIc, pankreopriver
Diabetes) ist schwierig zu behandeln. Zum einen fehlt die Gegenregulation
(Glucagonmangel) zum anderen ist die Compliance der Patienten mit Alkoholinduzierter chronischer Pankreatitis nicht optimal (unzuverlässige Insulinapplikation,
unregelmäßige Nahrungszufuhr, Alkoholkonsum). Hier ist die Vermeidung von
Hypoglykämien als therapeutisches Prinzip anzusehen. Bei guter Compliance spricht
jedoch nichts gegen eine moderate, intensivierte Insulintherapie.
Besteht eine mechanische Cholestase durch einen entzündlichen Kopftumor oder
eine Organfibrose, kann man die Stenose mit Hilfe eines Stents (11F, Kunststoff)
überbrücken. Die Stents müssen nach 3 Monaten gewechselt werden. Ist nach
einem Jahr kein wesentlicher Erfolg zu verzeichnen (wie bei der Mehrzahl der
Patienten) ist eine chirurgische Therapie (bilio-digestive Anastomose, Pankreaskopf
resektion) indiziert.
Pseudozysten sind die häufigsten Komplikationen der Pankreatitis. Eine Indikation
zur Therapie ergibt sich bei großen, symptomatischen oder infizierten Zysten. Auf
eine Behandlung sollte verzichtet werden wenn die Zysten klein (< 6 cm) sind, erst
kurze Zeit bestehen (< 6 Wochen) oder asymptomatisch sind, da man hier mit einer
Spontanheilung
rechnen
kann.
In
der
Regel
erfolgt
eine
transgastrische,
transduodenale oder transduktale Drainage. Pankreasgangsteine oder Stenosen
sollten nur dann therapiert werden falls sie symptomatisch sind. Dies gilt vor allem für
die
Konstellation
„Stenose
mit
obstruierendem
Konkrement“,
„Stenose
mit
aufgestautem Gang“ evtl. in Kombination mit einer rezidivierenden Pankreatitis im
Schwanzbereich. Auch hier handelt es sich um eine sog. Expertenmeinung, da
keinerlei Evidenz-basierte Daten vorliegen.
18
Es ist damit zu rechnen dass die chronische Pankreatitis im Laufe der Jahre
fortschreitet. Auch wenn die Schübe an Häufigkeit und Intensität abnehmen,
verzeichnet man eine Zunahme der exokrinen Insuffizienz, des Diabetes und der
Häufigkeit von Verkalkungen. Man kann bei Patienten mit alkoholischer Pankreatitis
damit rechnen, dass nach etwa 20 Jahren Krankheitsdauer bei mehr als zwei Drittel
ein Diabetes und bei > 90% eine exokrine Insuffizienz vorliegt. Der Progression bei
nicht-alkoholischer chronischer Pankreatitis ist deutlich langsamer.
Die Häufigkeit von Malignomen ist bei chronischer Pankreatitis größer als in der
Kontrollgruppe. Üblicherweise denkt man hierbei nur an das Pankreaskarzinom,
dessen Inzidenz etwa 16-26fach erhöht ist. Insbesondere bei der autosomaldominanten chronischen Pankreatitis wird über eine sehr hohe Rate berichtet.
Allerdings ist diese Erkrankung so selten, dass man als Arzt statistisch etwa
10.000-100.000 Patienten mit Pankreaskarzinom behandelt haben muss, um einen
Einzigen mit Pankreaskarzinom auf dem Boden einer hereditärer Pankreatitis zu
sehen. Bei dieser Diskussion wird häufig vergessen, dass Malignome des
Ösophagus, der Lunge und des HNO-Bereichs bei diesen Patienten etwa 3-4-mal
häufiger als Pankreaskarzinome sind. Ursache hierfür ist neben dem Alkoholkonsum
der gleichzeitig bestehende Nikotinabusus. Außerdem sind Diagnostik und
Behandlungsmöglichkeiten bei diesen Tumorarten sehr viel günstiger als beim
Pankreaskarzinom.
Trotz der Fortschritte im Verständnis pathogenetischer Zusammenhänge und Rolle
der genetischen Risikofaktoren haben nur wenige der neueren Erkenntnisse der
letzten Jahre Eingang in die praktische Diagnostik und Therapie der Pankreatitis
gefunden. Man darf hoffen, dass sich nach Aufklärung wichtiger Mechanismen der
Pathogenese die bisher übliche symptomatische Therapie der chronischen
Pankreatitis durch eine kausale Therapie abgelöst wird.
Korrespondenzadresse:
Prof. Dr. med. Volker Keim
Med. Klinik und Poliklinik II
Universitätsklinikum Leipzig
Philipp-Rosenthal-Str. 27
04103 Leipzig
Tel.: (03 41) 97 1 22 33
Fax: (03 41) 97 1 22 39
E-mail: [email protected]
19
Therapeutische Optionen beim Pankreaskarzinom
T. Seufferlein
Klinik für Innere Medizin I, Universität Ulm
Trotz seiner relativ geringen Inzidenz - in Deutschland ca. 10.000 dokumentierte
Neuerkrankungen/Jahr - belegt das Pankreaskarzinom in der Krebstodesursachen
Statistik
den
4.
Rang
(1).
Allerdings
steigt
die
Inzidenz
des
duktalen
Pankreaskarzinoms in der westlichen Welt. Dies könnte u. a. mit der Alterung der
Bevölkerung in den Industrienationen zusammenhängen, da das Pankreaskarzinom
typischerweise in der 2. Lebenshälfte auftritt. Andere Risikofaktoren für die
Entstehung eines Pankreaskarzinoms sind Nikotinabusus, Übergewicht und
hereditäre Pankreatitis (2).
Adjuvante Therapie
Die einzig kurative Therapie für Patienten mit Pankreaskarzinom ist die Operation.
Aufgrund der fehlenden Frühsymptome ist ein operatives Vorgehen in kurativer
Intention nur bei etwa 5-20% der Patienten (je nach Studie) sinnvoll. Aufgrund der
retroperitonealen Lage des Organs ist es darüber hinaus vielfach schwierig zu
beurteilen, ob tatsächlich eine R0-Resektion vorliegt. Dementsprechend häufig sind
die Rezidive (lokal, Leber, Lymphknoten) und das 5-Jahres-Überleben liegt auch
nach einer Resektion unter 20%.
Daher wurde versucht, durch adjuvante Strategien dieses unbefriedigende Ergebnis
zu verbessern. Studien aus den 80iger- und 90iger-Jahren mit relativ kleinen
Patientenzahlen legen nahe, dass eine adjuvante Radiochemotherapie (RCT) die
Prognose der Patienten nach Pankreasresektion verbessert. Diese Studien führten
dazu, dass die adjuvante RCT in den USA nach Pankreasresektion Standard ist. In
der großen ESPAC-1-Studie wurde allerdings gezeigt, dass die konventionelle
Radiochemotherapie keinen Benefit für Patienten nach Pankreasresektion bringt,
während eine Chemotherapie mit Bolus-5-FU das Überleben der Patienten im
Vergleich zum Beobachtungsarm der Studie signifikant verlängert (3). Die Daten zum
Benefit einer adjuvanten Chemotherapie wurden kürzlich durch eine weitere Studie
bekräftigt: Hier konnte durch eine 6-monatige Therapie der Patienten mit Gemcitabin
eine signifikante Verbesserung des krankheitsfreien Überlebens gezeigt werden.
20
Besonders eindrucksvoll an dieser Studie ist der Befund, dass gerade auch
Patienten nach einer R1-Resektion von einer adjuvanten Therapie mit Gemcitabin
profitieren (Neuhaus et al., Proc ASCO 2005, 23, A4013). Damit stellt die adjuvante
Chemotherapie einen neuen Standard in der Therapie des Pankreaskarzinoms dar.
Palliative Therapie
Immer noch wird die überwiegende Zahl der Patienten primär bei Diagnose in
palliativer Intention behandelt.
Die Radiochemotherapie (RCT) ist ein Therapieangebot für Patienten mit lokal
fortgeschrittenen, inoperablen Tumoren. Der Stellenwert der RCT im Vergleich zur
alleinigen Chemotherapie in der Palliativtherapie des Pankreaskarzinoms wurde in
einer aktuellen Übersicht der Cochrane Collaboration untersucht. In dieser Übersicht
zeigt sich, dass eine RCT das 1-Jahres-Überleben im Vergleich zu BSC und zur
alleinigen Strahlentherapie verbessert. Aktuell reicht die Datenlage allerdings nicht
aus, Patienten mit lokal fortgeschrittenem, inoperablem Pankreaskarzinom eine
Radiochemotherapie anstelle einer alleinigen Chemotherapie zu empfehlen,
insbesondere da die Radiochemotherapie mit mehr Toxizität einhergeht (4). Eine vor
kurzem vorgestellte Studie zeigte für eine RCT mit 5-FU/Cisplatin (60 Gy, 5-FU
300 mg/m2/24 h Tag 1-5, Cisplatin 20 mg/m2/Tag Tag 1-5) mit nachfolgender
Gemcitabin-Therapie bei deutlich schlechterem medianen Überleben eine doppelt so
hohe Grad III/IV-Toxizität im Vergleich zu Gemcitabin alleine (Chauffert et al., Proc
ASCO 2006, 24, A4008).
Eine palliative Chemotherapie reduziert in der Cochrane-Analyse signifikant die
1-Jahres-Mortalität (OR 0.37, 95% CI: 0.25-0.57) im Vergleich zur besten
supportiven Therapie (BSC) (4). Gemcitabin hat sich als Standardtherapie etabliert
(5).
Bei
einer
Gemcitabin-Therapie
sind
mediane
Überlebenszeiten
von
durchschnittlich 6 Monaten und 1-Jahres-Überlebensraten von 11-25% erzielbar.
Durch protrahierte Infusion von Gemcitabin kann bei gleichzeitiger Erhöhung der
Gemcitabin-Dosis (sogenannte „fixed dose rate infusion“) ein um etwa 1 Monat
besseres medianes Überleben der Patienten erreicht werden, bei allerdings deutlich
gesteigerter Toxizität, insbesondere Grad III/IV-Hämatotoxizität (6) (Poplin et al.,
Proc ASCO 2006, 24; A4004).
Um die Therapie des Pankreaskarzinoms weiter zu verbessern, wurden zahlreiche
Kombinationschemotherapien untersucht. In den meisten Studien ergab sich für die
21
Kombinationen kein signifikanter Überlebensvorteil im Vergleich zur GemcitabinMonotherapie. Zu diesem Ergebnis kommt auch die Cochrane-Analyse, in der die
1-Jahres-Mortalität ausgewertet wurde (OR 0.88, 95% CI: 0.74-1.05) (4).
In einer Studie konnte mit dem oralen Fluoropyrimidin Capecitabin eine signifikante
Verbesserung des medianen Überlebens erzielt werden (7.4 vs. 6 Monate;
Cunningham et al., ECCO 2005). Die Kombination aus protrahiert verabreichtem
Gemcitabin und Oxaliplatin (GemOx) zeigt im Vergleich ein um etwa 1 Monat
längeres medianes Überleben der Patienten im GemOx-Arm (7) (Poplin et al., Proc
ASCO 2006, 24; A4004). Ähnliche Ergebnisse werden mit einer Kombination aus
Gemcitabin und Cisplatin erzielt (8). Eine Subgruppenanalyse in der CochraneAuswertung zeigt, dass die Kombination von Gemcitabin mit Platin-haltigen
Substanzen die 6-Monats-Mortalität reduziert (OR 0.59, 95% CI: 0.43-0.81,
p = 0.001) (4). Besonders Patienten in sehr gutem Allgemeinzustand, d. h.
ECOG 0-1, scheinen von einer Kombinationschemotherapie zu profitieren.
Kombinationen mit „Targeted Therapies“
Der epidermale Wachstumsfaktorrezeptor und seine Liganden sind in > 50% der
Pankreaskarzinome überexprimiert. Kürzlich wurde erstmals eine statistisch
signifikante Verbesserung des medianen Überlebens durch eine Kombination aus
dem EGFR-Inhibitor Erlotinib und Gemcitabin gezeigt (6.37 vs. 5.91 Monate;
HR 0.81, p = 0.025; Moore et al., Proc ASCO 2005, 23, A1). Dieser Unterschied im
medianen Überleben, knapp 2 Wochen, ist klinisch jedoch wenig bedeutsam.
Interessant ist die Feststellung, dass das mediane Überleben der Patienten, die unter
der Kombinationstherapie eine Hautreaktion ≥ Grad 2 entwickeln, deutlich besser ist
(10.51 Monate) .
Zusammenfassung
Die adjuvante Therapie des resezierten Pankreaskarzinoms verbessert wesentlich
das krankheitsfreie Überleben und das Gesamtüberleben der Patienten. Für die
Mehrzahl der Patienten mit inoperablen, lokal fortgeschrittenen oder metastasierten
Pankreaskarzinomen
ist
zum
gegenwärtigen
Zeitpunkt
die
Gemcitabin
Therapiestandard. Bei Patienten in sehr gutem Allgemeinzustand kann eine
Kombinationstherapie deutlich besser wirksam sein Die ersten Ergebnisse mit
Kombinationen aus Chemotherapie und targeted therapies zeigen, dass solche
22
Konzepte ein interessantes Potenzial besitzen, das allerdings durch bessere
Kombinationen/Multitargetingkonzepte noch weiter erschlossen werden muss.
Literatur:
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trial of gemcitabine plus cisplatin compared with gemcitabine alone in advanced
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23
Fettleber
M.P. Manns, M.J. Bahr
Abteilung
Gastroenterologie,
Hepatologie
und
Endokrinologie,
Medizinische
Hochschule Hannover
Die nicht-alkoholische Fettleber wurde lange Zeit als Nebenbefund mit guter
Prognose betrachtet. Diese Einschätzung ist in der letzten Dekade durch eine
deutlich differenziertere Bewertung ersetzt worden. Zu dieser Neubewertung hat
unter anderem die zunehmende Prävalenz der Leberverfettung im Rahmen der
Adipositas beigetragen. Auch die Bedeutung der Leberverfettung als zusätzlicher
Risikofaktor und Prädiktor für ein Therapieansprechen im Rahmen anderer
Erkrankungen wie der Hepatitis C konnte genauer definiert werden.
Das Erkrankungsspektrum der Leberverfettung umfasst die unkomplizierte Steatosis
hepatis, die Fettleberhepatitis und die Folgestadien der fettleberinduzierten
Leberfibrose bis hin zur Leberzirrhose. Auch ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung
hepatozellulärer Karzinome wird diskutiert.
Die Prävalenz der Adipositas hat in den letzten Dekaden deutlich zugenommen. So
wird der Anteil der Patienten im Alter zwischen 45 und 55 Jahren mit einem Bodymass-Index > 30 kg/m2 auf 20% geschätzt. Sekundär zur Adipositas ist auch die
Häufigkeit des Diabetes mellitus angestiegen. Der Anteil der Diabetiker in der
deutschen Bevölkerung liegt derzeit bei 7-8%. Metabolisches Syndrom und
manifester Diabetes mellitus stellen mit über 90% die Hauptursache für die
Entwicklung einer Fettleberhepatitis dar. Die Leberverfettung kann als integraler
Bestandteil in der Definition eines metabolischen Syndroms betrachtet werden.
Zentral in der Pathophysiologie des metabolischen Syndroms ist die Zunahme des
intraabdominellen, viszeralen Fettgewebes. Dies führt zu einer Freisetzung freier
Fettsäuren. Die erhöhten zirkulierenden Spiegel freier Fettsäuren induzieren eine
periphere Insulinresistenz. Da Insulin die hormonsensitive Lipolipoproteinlipase
hemmt, kommt es bei Insulinresistenz in einem Circulus vitiosus zu einer vermehrten
Degradation von Triglyceriden mit Freisetzung zusätzlicher freier Fettsäuren.
In der Leber steigt bei Insulinresistenz das Angebot von Glukose und freien
Fettsäuren. Die hepatische Lipogenese bleibt in dieser Situation häufig noch
insulinsensitiv
24
und
ist
hochreguliert.
Hepatische
Fettsäuren-Oxidation
und
Glukoneogenese sind aktiviert. Der Export der intrahepatischen Lipide als VLDLPartikel ist gestört, da die Synthese von Apolipoprotein B 100 vermindert ist. Somit
wächst der hepatische Lipidpool und wird intrazellulär abgelagert.
Neben der Lipidakkumulation in der Leber induzieren die freien Fettsäuren eine
Steigerung der Lipidoxidation. Es entstehen reaktive Sauerstoffspezies (ROS), und
inflammatorische Zytokine wie Tumor-Nekrose-Faktor alpha (TNF) werden vermehrt
exprimiert.
Diese
Faktoren
induzieren
die
entzündliche
Komponente
der
Fettleberhepatitis. Sie führen zur Einwanderung von Leukozyten und zur Apoptose
von Parenchymzellen. Es kann zur Aktivierung ortsständiger hepatischer Sternzellen
und zur progredienten Fibrosierung des Organs kommen, die bis zur Zirrhose
voranschreiten kann.
Die Prognose der unkomplizierten Leberverfettung ist exzellent. Bei fehlender
Steatohepatitis und Fibrosierung ist von einer guten Langzeitprognose ohne
wesentliche klinische Symptomatik auszugehen. Das Risiko eines progredienten
Voranschreitens bis hin zur Zirrhose steigt, wenn sich neben der reinen
Leberzellverfettung auch noch Zeichen Hepatozyten-Ballonierung, signifikante
Mengen Mallory-Hyalin oder eine beginnende Fibrosierung zeigen. Bei fibrotischen
Veränderungen in der initialen Biopsie findet sich bei einem Drittel bis zur Hälfte der
Patienten eine Fibroseprogression im längerfristigen Verlauf. Klinisch ist dies häufig
mit einer weiteren signifikanten Zunahme des Körpergewichtes (> 5 kg) und einer
stärkeren
Insulinresistenz
assoziiert.
Patienten
mit
Fettleber
und
erhöhten
Transaminasen weisen im Follow-up eine Übersterblichkeit auf, wobei diese sowohl
auf einem Anstieg kardiovaskulärer als auch hepatischer Todesursachen beruht. Das
Risiko für die Entwicklung einer Leberzirrhose innerhalb von 10-20 Jahren liegt bei
nicht-alkoholischer Steatohepatitis zwischen 5% und 30%.
Da es sich bei der Fettleber in den meisten Fällen um die Auswirkungen eines
metabolischen Syndroms oder Diabetes mellitus handelt, müssen Entscheidungen
über
eine
etwaige
Therapie
immer
im
Rahmen
einer
Evaluation
der
Gesamtrisikosituation getroffen werden. Dies schließt die Wahrscheinlichkeit für die
Entwicklung einer progressiven Leberfibrosierung aber auch die kardiovaskuläre
Risikosituation ein.
Die unkomplizierte Leberverfettung ohne Hinweise auf eine Steatohepatitis ist nicht
therapiebedürftig, sollte aber im Verlauf überwacht werden. Bei Vorliegen einer
entzündlichen
Komponente
sollte,
insbesondere
wenn
schon
fibrotische
Veränderungen nachweisbar sind, eine Behandlung eingeleitet werden. Diese
25
besteht
zunächst
aus
Allgemeinmaßnahmen
wie
einer
moderaten
Gewichtsreduktion, vermehrter körperlicher Aktivität und diätetischen Maßnahmen.
Ohne begleitende Allgemeinmaßnahmen ist häufig keine dauerhafte substanzielle
Verbesserung eines metabolischen Syndroms zu erreichen.
Medikamentöse Maßnahmen zur Behandlung der Steatohepatitis stehen im Moment
noch am Anfang der Evaluation. Initiale Daten liegen zur Verwendung antioxidativ
wirkender Medikamente vor (z. B. Vitamin E). Ursodesoxycholsäure war in
Pilotstudie wirksam, die Ergebnisse wurden aber in weiteren Untersuchungen nicht
bestätigt. Sehr vielversprechende Daten liegen aus kleinen Studien mit Antidiabetika
vor. So wurden verschiedene Glitazone als Monotherapie oder in Kombination mit
Vitamin E appliziert. Eine Verbesserung der Leberverfettung und der entzündlichen
Aktivität war bei der Mehrheit der Patienten nachweisbar. Auch der Einsatz von
Metformin wurde evaluiert. Hier zeigte sich ein deutliches biochemisches
Ansprechen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich derzeit noch keine
medikamentöse Standardtherapie der Fettleberhepatitis definieren lässt. Dazu
müssen die Ergebnisse größerer randomisierter Studien abgewartet werden, die
derzeit durchgeführt werden. Aus den vorliegenden Pilotstudien ergibt sich der
Eindruck, dass die Antidiabetika die höchste Potenz in der Behandlung der nichtalkoholischen Fettleberhepatitis haben.
26
Komplikationen bei Leberzirrhose
J. Schölmerich
Klinik für Innere Medizin I, Klinikum der Universität Regensburg
Die Leberzirrhose stellte eine häufige Erkrankung dar, die durch eine nach wie vor
schlechte Prognose gekennzeichnet ist. Die Folge ist die portale Hypertension, die
zu den Komplikationen Varizenblutung, Aszites, Nierenversagen und Enzephalopathie führt. Weitere Komplikationen sind Infektionen, die Mangelernährung sowie
das hepatozelluläre Karzinom. Die Hospitalmortalität der Leberzirrhose hat sich in
den letzten 40 Jahren nicht wesentlich verbessert, viele der Patienten sterben an den
oben genannten Komplikationen. Die einzige kausale Behandlung der Leberzirrhose,
wenn sie erst einmal präsent ist, ist die Lebertransplantation.
Varizenblutung
Das Überleben einer Varizenblutung hängt klar von der Leberfunktion ab, dies ist
wohl unabhängig von der durchgeführten Therapie, die von der alten Tamponadebehandlung über verschiedene Formen endoskopischer Therapiemaßnahmen bis
zur Gabe von Perlibrocin, Nitraten und Somatostatin reicht. Von Bedeutung ist hier,
dass die medikamentöse Therapie früh in der Prähospitalphase einsetzen sollte. Die
frühe Drucksenkung beispielsweise durch einen TIPS verbessert die langfristige
Prognose deutlich. Eine Antibiotikaprophylaxe während und nach der endoskopischen Therapie einer Varizenblutung ist ebenfalls prognoseverbessernd. Zur
Rezidivprophylaxe sind sowohl die Gabe von Betablockern als auch die
endoskopische Bandligatur sowie der TIPS geeignet. Die Auswahl richtet sich nach
den sonstigen Charakteristika des Patienten.
Wegen der hohen Mortalität der ersten Ösophagusvarizenblutung erscheinen
Maßnahmen zur Verhütung dieser Blutung sinnvoll. Die Patienten müssen gut
ausgewählt werden, da nur etwa 30% mit Varizen auch bluten werden. Die Gabe von
Betablockern ist ähnlich wirksam wie eine Bandligatur, Letztere hat bei einer
kürzlichen Metaanalyse einen leichten Vorteil.
27
Aszites und Nierenversagen
Das Auftreten von Aszites verschlechtert die Prognose der Leberzirrhose deutlich.
Die Basistherapie besteht nach wie vor in der Gabe von Diuretika und einer
salzarmen Diät, auch wenn die Daten, die letztere unterstützen, spärlich sind. Die
diuretische Behandlung erfordert Kenntnisse des Wirkmechanismus sowie der
Pharmakokinetik und Dynamik der Medikamente. Spironolacton und Torasemid sind
vermutlich die optimalen Substanzen. Ein refraktärer Aszites kann sowohl mit einer
wiederholten Parazentese als auch mit einem TIPS erfolgreich behandelt werden.
Die Parazentese ist dann komplikationsarm, wenn gleichzeitig Albumin oder
zumindest ein Plasmaexpander substituiert werden. Der TIPS ist der Parazentese
bezüglich der Aszitesfreiheit überlegen, bezüglich des Überlebens findet sich kein
relevanter Unterschied.
Das hepatorenale Syndrom wird in den Typ 1 und den Typ 2 eingeteilt. Der Typ 1
stellt eine rasch fortschreitende Abnahme der Nierenfunktion während einer Woche
dar, die Prognose ist außerordentlich schlecht. Bei Typ 2 handelt es sich um eine
stabile eingeschränkte Nierenfunktion über mehr als 4 Wochen mit besserer
Prognose. Die Behandlung des hepatorenalen Syndroms besteht letzten Endes in
der Lebertransplantation; zur Überbrückung sind Maßnahmen wie die Gabe von
Vasopressoren mit und ohne Albumin erwiesenermaßen wirksam.
Infektionen
Bei Patienten mit Leberzirrhose findet sich gehäuft eine Bakteriämie, die mit einer
hohen Mortalität verbunden ist. Von besonderer Bedeutung ist die spontan
bakterielle Peritonitis, die durch den Nachweis von mehr als 250 Granulozyten pro µl
Aszites bzw. natürlich den Nachweis von Bakterien im Aszites diagnostiziert wird. Die
Behandlung durch die Gabe von Ciprofloxacin oral oder Cefotaxim intravenös ist gut
wirksam. Eine zusätzliche Gabe von Albumin ist in Studien als wirksam belegt. Eine
Rezidivprophylaxe wird als indiziert angesehen, die Gabe von Norfloxacin
(400 mg/Tag) oder von Ciprofloxacin (750 mg/1 x pro Woche) ist vermutlich
gleichermaßen effektiv. Eine Primärprävention von Infektionen insbesondere bei der
Durchführung von endoskopischen Eingriffen oder einer Blutung ist durch
Metaanalysen als wirksam belegt.
28
Hepatische Enzephalopathie
Die hepatische Enzephalopathie ist verbreitet, die Mehrzahl der Patienten mit
Leberzirrhose weist eine nur bedingte oder fehlende Fahrtauglichkeit auf. Als
Ursachen kommen verschiedene Mechanismen und insbesondere die in letzter Zeit
betonte Astrogliaschwellung infolge einer gestörten Osmoregulation in Frage. Die
therapeutischen Maßnahmen umfassen primär eine Darmreinigung und dadurch eine
Reduktion der Ammoniakbildung, die Gabe von Laktulose mit der gleichen
Zielsetzung und bei einzelnen Patienten die Gabe von Zink. Die eiweißarme Diät ist
als Langzeitmaßnahme nicht zweckmäßig, da sie das Überleben verschlechtert. Eine
Stimulation der metabolischen Ammoniakentgiftung durch die Gabe von Ornithin
Aspartat wird ebenfalls als wirksam angesehen. Hingegen ist die Gabe von
verzweigtkettigen Aminosäuren immer noch umstritten, als langzeitiger Ersatz
konventioneller Eiweiße sind oral zugeführte verzweigtkettigen Aminosäuren
vermutlich zweckmäßig.
Mangelzustände
Verschiedenste Mangelzustände können bei Patienten mit Leberzirrhose auftreten,
so ein Mangel an Vitaminen und Spurenelementen. Beim Zinkmangel ist gezeigt
worden, dass dieser mit der Enzephalopathie assoziiert ist, die Vitaminmangelzustände können Mitursache von Anämie, sensorischen Funktionsverlusten und
Osteopathie sein.
Hepatozelluläres Karzinom
Das HCC stellt eine finale Komplikation der Leberzirrhose dar. Therapie der Wahl ist
wenn möglich die Resektion oder noch besser die Lebertransplantation, die
bezüglich der Rezidive Vorteile bietet. Es muss allerdings gesichert sein, dass keine
extrahepatischen
Manifestationen
des
Karzinoms
vorliegen.
Zur
palliativen
Behandlung der Patienten oder zur Überbrückung bis zur Lebertransplantation sind
interventionelle Techniken gesichert wirksam.
Optimal wäre es zweifelsohne, wenn die Ursachen der Leberzirrhose ausgeschaltet
oder reduziert werden könnten. Dies scheint für die Hepatitis möglich, die
alkoholischen Lebererkrankungen nehmen in der westlichen Welt eher zu. Insgesamt
hat die Leberzirrhose wie oben angemerkt nach wie vor eine schlechte Prognose,
das Verständnis und die Beherrschung ihrer Komplikationen vermag diese zumindest
partiell zu verbessern
29
Hepatitis
H.L. Tillmann
Universitätsklinikum Leipzig, Medizinische Klinik und Poliklinik II, Leipzig
Autoimmunhepatitis:
Seltene Ursache einer Hepatitis ist die Autoimmunhepatitis, welche mittels
charakteristischer Befunde diagnostiziert wird. Da diese jedoch nicht eindeutig sind,
ist
i. d. R.
die
Ermittelung
eines
sogenannten
Autoimmunhepatitis
Scores
erforderlich, welcher aus Faktoren wie hoher γ-Globuline, ALAT>ASAT, fehlende
Cholestase, weibliches Geschlecht, typische Histologie und Ausschluss einer
Virushepatitis zusammengesetzt wird.
Therapiert wird die Autoimmunhepatitis mit Prednisolon mit oder ohne Azathioprin.
Einige positive Berichte über den Einsatz von Budesonid liegen vor, und scheinen
vor allem bei milderen Formen sehr hilfreich.
Virushepatitis-Formen:
Als eigentliche Virushepatitiden gelten die Infektionskrankheiten mit den HepatitisViren, die alphabetisch “A” bis „E“ benannt sind. (Hepatitis-G-Virus auch GB-Virus-C
genannt scheint HIV zu verlangsamen, spielt für die Hepatitis aber keine Rolle.
Das Hepatitis-A-Virus (HAV) und das Hepatitis-E-Virus (HEV) sind jeweils mit akuter
Infektion ohne Übergang in einen chronischen Verlauf verbunden. Eine Impfung ist
gegen HAV verfügbar und gegen HEV noch in Entwicklung.
Die Hepatitis-Viren „B“ (HBV) „C“ (HCV), und „D“ (HDV) können akute und
chronische
Verläufe
induzieren.
Dabei
gilt
das
HDV,
welches
immer
im
Zusammenhang mit HBV vorkommt, als das mit der schwersten Hepatitis
verbundene.
Eine
frühzeitige
Diagnose,
Kenntnisse
über
Verlauf
und
Prognose
der
Virushepatitiden sowie eine korrekte Anwendung adäquater Therapieoptionen sind
entscheidend,
um
die
Patienten
fundiert
beraten
zu
können
und
um
Langzeitkomplikationen der Erkrankungen zu vermeiden.
Neben den klassischen Hepatitis-Viren können auch andere Viren vor allem der
Herpes-Gruppe (HSV, CMV, EBV u. a.) Leberentzündungen auslösen.
30
Prävalenz der chronischen Hepatitiden
Etwa 15 Millionen Menschen weltweit sind HDV infiziert. Häufiger sind Hepatitis C
(ca. 130.000 Infizierte weltweit) und Hepatitis B (ca. 350.000 Millionen Infizierte
weltweit). Die „C“ wird in ca. 50-75% chronisch, die „B“ altersabhängig von 90 bis
< 1%. Gegen Hepatitis B (und somit sekundär auch gegen HDV) kann erfolgreich
geimpft werden.
In Deutschland liegt die Prävalenz der Virushepatitis bei insgesamt ca. 1% der
Allgemeinbevölkerung (0,4% HCV, 0,6% HBV). Eine chronische Virushepatitis
definiert sich über entzündliche Prozesse mit oder ohne Zeichen einer Leberfibrose
über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten. Sie kann zu schwerwiegenden
Folgen wie Leberzirrhose oder hepatozellulärem Karzinom führen.
Diagnostik der Virushepatitis
Bei Verdacht auf chronische Virushepatitis sollte anti-HCV und HBsAg bestimmt
werden. Ist anti-HCV positiv sollte ein Nachweis des Virusgenoms erfolgen. Eine
HCV-Virusquantifizierung und -genotypisierung ist nur bei Therapieindikation
erforderlich. Demgegenüber sollte bei HBsAg-Nachweis immer auch eine HBVVirusquantifizierung vorgenommen werden, da für die HBV-Infektion gezeigt wurde,
dass die Virusmenge mit der Wahrscheinlichkeit von Komplikationen korreliert.
Demgegenüber ist der Stellenwert der Genotypisierung noch umstritten. Ferner sollte
bei positivem HBsAg eine HDV-Infektion ausgeschlossen werden.
Natürlicher Verlauf
Die Hepatitis C bleibt i. d. R. über viele Jahr sehr niedrig progredient, und führt selten
vor dem 50. Lebensjahr zu einer Zirrhose. Ein hepatozelluläres Karzinom (HCC) tritt
bei HCV praktisch nur bei fortgeschrittener Fibrose auf. Demgegenüber führt die
Hepatitis B möglicherweise seltener zu einer Zirrhose, dafür kann hier ein HCC auch
ohne Fibrose entstehen.
Insbesondere bei HCV sind Ko-Faktoren relevant, welche den Krankheitsprozess
akzelerieren. Dies sind Alkoholabusus, Nikotinabusus, Immunschwäche, Diabetes
und Übergewicht.
31
Therapieindikation
Um das Ausmaß der Leberschädigung zu beurteilen, ist i. d. R. eine Leberbiopsie
erforderlich, wenngleich diese zukünftig teilweise durch alternative Verfahren wie
Fibrotest (serologisch/klinisch-chemische Untersuchung) oder Fibroscan (Ultraschalluntersuchung) abgelöst werden können.
Bei der Hepatitis B ist möglicherweise allein die Virushöhe eine Therapieindikation,
bei HCV wird bei Konstellationen mit nahezu 100% Viruselimination auch oft eine
Therapieindikation gesehen. Bei nur mäßiger Aussicht auf Viruselimination sollte
man vermutlich bei HCV mit nur mäßiger Fibrose bessere Therapien der Zukunft
abwarten.
Therapie der chronischen Hepatitis C
Nicht jeder Patient mit einer chronischen Hepatitis C muss behandelt werden. Eine
Therapieindikation besteht bei Patienten, bei denen ein Risiko für die Entwicklung
einer Leberzirrhose vorliegt. Keine oder nur eine relative Indikation besteht bei
fehlender oder nur minimal ausgeprägter Fibrose.
Vor Therapiebeginn müssen Kontraindikationen bedacht werden (u. a. Vorliegen
einer Schwangerschaft, psychiatrische Erkrankungen, Autoimmunerkrankungen,
unkontrollierter Drogen- oder Alkoholmissbrauch oder Diabetes mellitus mit
Sekundärkomplikationen).
Die
Standardtherapie
bei
unbehandelten
Patienten
besteht
aus
einer
Kombinationstherapie mit pegyliertem Interferon plus Ribavirin.
Die eingesetzte Ribavirin-Dosis richtet sich nach dem HCV-Genotyp. Patienten mit
dem HCV-Genotyp 1 werden mit 1000-1200 mg/Tag therapiert, während bei
Genotyp 2/3 800 mg/Tag ausreichend sind. Soll die Therapie jedoch verkürzt
werden, scheint eine gewichtsadaptierte Ribavirin-Dosis erforderlich.
Die Dauer der antiviralen Therapie ist ebenfalls vom HCV-Genotyp abhängig. Der
HCV-Genotyp 1 wird 48 Wochen behandelt, bei Genotyp 2/3 ist eine Therapiedauer
von 24 Wochen ausreichend. Manche Patienten mit Genotyp 1 und 3 profitieren von
einer längeren Therapie.
Primäres Therapieziel ist der fehlende Nachweis der HCV-RNA 6 Monate nach
Therapieende. Beim Vorliegen des HCV-Genotyps 1 wird in 51-54% der Fälle ein
Therapieerfolg erzielt, während die Ansprechraten bei Genotyp 2 und 3 bei bis zu
93% liegen.
32
Zukunft der HCV-Therapie
Die Therapie der chronischen Hepatitis C wird auf absehbare Zeit den Einsatz von
Interferon erfordern. Es sind „bessere“ Interferone und andere Immunstimulationen
(z. B. Toll-like Rezeptor-Agonisten) sowie spezifische gegen HCV gerichtete
Moleküle, wie Protease- und Polymerase-Inhibitoren in Entwicklung. Hiermit wird es
in 10 Jahren vermutlich möglich sein, die HCV-Infektion in 4 Wochen auszuheilen.
Erste Ergebnisse in diese Richtung werden im diesem Jahr (2007) erwartet, wenn es
in der PROVE-2-Studie belegt wird, dass es gelingen kann innerhalb von 12 Wochen
HCV-Genotyp 1 bei einem Großteil der Patienten zu eliminieren. In dieser Studie
wird ein Protease-Inhibitor (VX-950 [Telaprevir]) mit pegyliertem Interferon und
Ribavirin kombiniert.
Eine therapeutische Vakzine mit dem HCV-E1-Protein kann vermutlich fibrotische
Veränderungen der Leber verbessern, wenn es nicht gelingt das Virus zu eliminieren.
Therapie der chronischen Hepatitis B
Behandlungsindikationen
der
chronischen
HBV-Infektion
sind
in
Tabelle
1
zusammengefasst.
Therapieindikation
HBeAg-positiv, HBV-DNA-positiv, > 100.000 Kopien/ml ~ 20.000 i.U/ml
HBeAg-negativ, HBV-DNA-positiv, 10.000-1.00.000 Kopien/ml ~ 2.000 i.U/ml
Dringliche Therapieindikation
Patienten mit deutlicher oder progredienter Fibrose
Patienten mit (dekompensierter) Leberzirrhose
Keine Therapieindikation
HBsAg-Träger
HBeAg-negativ
HBV-DNA-negativ oder niedrig replikativ (< 10.000 Kopien/ml ~ 2.000 i.U/ml)
normale oder minimal erhöhte ALT
minimale histologische Veränderungen
Tabelle 1: Therapieindikationen bei chronischer Hepatitis B
33
Zur Therapie sind derzeit in Deutschland Interferon-alfa, pegyliertes Interferonalfa-2a, Lamivudin, Adefovir dipivoxil und Entecavir zugelassen. Wohl kurz vor der
Zulassung steht Telbivudin (bereits zugelassen in der Schweiz und USA). Primäre
Endpunkte vieler Studien waren dauerhafte Normalisierung der Transaminasen und
HBe-Serokonversion (partielles Therapieansprechen). Diese Parameter sind mit dem
selteneren Auftreten hepatischer Dekompensationen und hepatozellulärer Karzinome
und
mit
einem
verbesserten
Langzeitüberleben
assoziiert.
Ein
komplettes
Therapieansprechen ist definiert als Serokonversion von HBsAg zu anti-HBs.
Eine Therapie der HBeAg-positiven chronischen HBV-Infektion mit Interferon-alfa
(3 x 9-10 Mio. IE pro Woche oder 5-6 Mio. IE täglich für 4-6 Monate) führt in 30-40%
der Fälle zu einer HBeAg- und bei 8% der Patienten zu einer HBsAgSerokonversion.
Daten zur Therapie der HBeAg-negativen HBV-Infektion mit pegyliertem Interferonalfa-2a zeigen, dass ein dauerhafter Abfall der HBV-DNA häufiger auftritt als bei
einer Therapie mit Lamivudin. Eine Kombinationstherapie aus pegyliertem Interferonalfa-2a plus Lamivudin scheint bzgl. HBeAg-Serokonversion nicht effektiver als die
Monotherapie mit pegyliertem Interferon, wohl aber bzgl. antiviraler Aktivität.
Ähnliche Daten liegen zu pegyliertem Interferon-alfa-2b vor. Ferner scheint die
Interferon-Effektivität HBV-Genotyp-abhängig zu sein, was bei den Nukleos(t)iden
nicht der Fall ist.
Das Nukleosidanalogon Lamivudin (100 mg/Tag) erreicht nach 1-jähriger Therapie
eine HBeAg-Serokonversion in 16-17% der Fälle, ein HBsAg-Verlust tritt aber nur
selten (2%) auf. Eine längere Behandlung erhöht die HBeAg-Serokonversionsrate
auf bis zu 65% und ist mit einer Besserung der entzündlichen Aktivität und Fibrose
assoziiert.
Bei
fortgeschrittener
Lebererkrankung
verzögert
Lamivudin
eine
Progression der Erkrankung. Eine Lamivudin-Therapie sollte bis 6 Monate nach
HBeAg-Serokonversion erfolgen. Analoges wird auch für die anderen Nukleos(t)ide
gelten.
Bei HBeAg-negativen Patienten konnte unter Lamivudin ebenfalls ein virologisches,
biochemisches und histologisches Ansprechen nachgewiesen werden. Nach
Absetzen der Medikation besteht allerdings eine hohes Relapse-Risiko.
34
Ein Nachteil einer Lamivudin-Therapie ist die Entstehung einer viralen Resistenz.
Eine YMDD-Mutation der HBV-DNA-Polymerase tritt in 67% nach 4 Jahren Therapie
auf.
Eine Therapie mit dem Nukleotidanalogon Adefovir dipivoxil (10 mg/Tag) führt in 12%
der Fälle zu einer HBeAg-Serokonversion in 1 Jahr. Bei HBeAg-negativen Patienten
wurde ein Abfall der HBV-DNA um 3,91 log-Stufen beobachtet. In beiden
Patientengruppen konnte histologisch eine Verbesserung der Fibrose und der
entzündlichen Aktivität nachgewiesen werden.
Ein Vorteil einer Therapie mit Adefovir dipivoxil ist die geringe Resistenzentwicklung
(3% nach 2, 11% nach 3, 18% nach 4 und 29% nach 5 Jahren). Eine Kreuzresistenz
zwischen Lamivudin- und Adefovir dipivoxil-spezifischen Mutationen besteht nicht,
ca. 5% sprechen aber nicht auf Adefovir an. Eine Kombinationstherapie Lamivudin
plus Adefovir dipivoxil erzielt keine besseren Ansprechraten als eine Adefovir
dipivoxil-Monotherapie, verhindert aber die Resistenzentstehung.
Effektiver als diese beiden Substanzen ist Entecavir, welches zudem nur selten
Resistenzen induziert. Zudem scheint die Entecavir-Resistenzentstehung an das
Vorhandensein einer L180M- und M204V-Mutation gebunden zu sein.
Telbivudin ist ähnlich effektiv wie Entecavir, führt aber im Vergleich dazu etwas
häufiger zu Resistenzen mit 4% und 17% (bei HBeAg-positiven Patienten) nach 1
bzw. 2 Jahren. Telbivudin induziert eine Resistenz, welche noch auf Entecavir und
Adefovir sensibel ist. Vom Resistenzmuster her scheint Telbivudin daher der ideale
Start einer Nukleos(t)id-basierten Therapie, da es scheint, dass es keine
Kreuzresistenz von Telbivudin zu Entecavir gibt, wohl aber anders herum.
Weitere antivirale Medikamente (Clevudin, Valtorcitabin) werden zurzeit in klinischen
Studien angewendet. Die Ergebnisse dieser Studien sowie Untersuchungen zu
unterschiedlichen Kombinationstherapien werden die Therapie der chronischen HBVInfektion in Zukunft weiter optimieren.
Korrespondenzadresse:
Hans L. Tillmann
Universitätsklinikum Leipzig
Medizinische Klinik und Poliklinik II
Philipp-Rosenthal-Str. 27
04103 Leipzig
E-mail: [email protected]
35
Palliative
Therapie
des
fortgeschrittenen
kolorektalen
Karzinoms
W. Schmiegel
Med. Universitäts-Klinik, Knappschaftskrankenhaus, Bochum
Für die palliative Chemotherapie des fortgeschrittenen kolorektalen Karzinoms stand
bis vor kurzem lediglich der Antimetabolit 5-FU zur Verfügung. Trotz umfangreicher
Anstrengungen, die Wirksamkeit durch Modifikation der Applikationsart oder
Hinzufügen von Biomodulatoren zu verbessern, konnte das mediane Überleben
durch 5-FU nicht auf > 12 Monate verlängert werden.
Ein wirklicher therapeutischer Fortschritt konnte erst mit der Einführung der neuen
Chemotherapeutika Irinotecan und Oxaliplatin sowie der neuen biologischen
Wirkstoffe Cetuximab und Bevacizumab erzielt werden. Die Anwendung dieser
Substanzen in der Erst- und Zweitlinientherapie hat die Behandlungssituation
dramatisch verändert und bedeutet zugleich Chance und Herausforderung für die
moderne Therapie des fortgeschrittenen kolorektalen Karzinoms (KRK).
Chemotherapie in der Erst- und Zweitlinientherapie
Irinotecan
Das
Camptothecinderivat
Irinotecan
zeigt
in
der
Zweitlinientherapie
des
fortgeschrittenen KRK Überlegenheit gegenüber der rein supportiven Therapie [1]
und der kontinuierlichen 5-FU-Infusion [2]. In Phase-III-Studien zur Erstlinientherapie
wurde die Kombination von Irinotecan mit 5-FU/FS (Bolus oder kontinuierliche
Infusion) gegen die etablierten 5-FU/FS-Protokolle untersucht und zeigte eine
signifikante Verbesserung der Ansprechrate und des Gesamtüberlebens [3, 4, 5]. In
der EORTC-Studie 40986 zeigte sich für die Kombinationstherapie (Irinotecan +
5-FU/FS-Infusion AIO) eine Ansprechrate von 54,2% im Vergleich zu 31,5% in der
5-FU/FS-Gruppe.
Das
Gesamtüberleben
in
der
Irinotecan-Gruppe
lag
bei
20 Monaten, war in dieser Studie im Vergleich zur 5-FU/FS-Gruppe (16,9 Monate)
jedoch nicht signifikant verlängert. Die fehlende Signifikanz lässt sich durch die zu
36
diesem Zeitpunkt bereits zur Verfügung stehenden, effektiven Zweitlinientherapien
erklären. Aufgrund der besseren Verträglichkeit sollte die Kombination aus Irinotecan
und infusionalem 5-FU den Vorzug vor der Kombination mit Bolus-5-FU erhalten.
Oxaliplatin
Die
Wirksamkeit
von
Oxaliplatin
in
Kombination
mit
5-FU/FS
in
der
Zweitlinientherapie konnte in Phase-II- und Phase-III-Studien dokumentiert werden
[6]. In der Erstlinientherapie zeigte sich für die Kombination aus 5-FU/FS und
Oxaliplatin ebenfalls eine verbesserte Wirksamkeit im Vergleich zu 5-FU/FSStandard-Protokollen. Die deutsche AIO-Studiengruppe verglich die wöchentliche
Gabe von Oxaliplatin mit Folinsäure und 5-FU (24 h-Infusion) (FUFOX) mit dem
5-FU/FS-Bolus-Regime (MAYO). FUFOX führte zu einer Ansprechrate von 49%
versus 22,6% in der 5-FU/FS-Gruppe. Weiterhin zeigte sich eine Verlängerung des
progressionsfreien Intervalls (7,9 vs. 5,3 Monate) [7]. Vergleichbare Ergebnisse
hinsichtlich Ansprechrate und progressionsfreiem Überleben zeigten zwei weitere
Phase-III-Studien von de Gramont et al. bzw. Giachetti et al. Eine signifikante
Verlängerung des Gesamtüberlebens lies sich jedoch auch in diesen Studien nicht
demonstrieren. Erst in der Intergroup-Studie N9741 [8], welche Bolus-5-FU/FS +
Irinotecan gegen infusionales 5-FU/FS + Oxaliplatin (FOLFOX 4) und Irinotecan +
Oxaliplatin
verglich,
(Ansprechrate,
war
das
FOLFOX-4-Protokoll
progressionsfreies
Intervall
und
in
allen
Zielparametern
Gesamtüberleben)
signifikant
überlegen.
Für die Interpretation der Überlebens-Daten ist jedoch anzumerken, dass 60% der
Patienten aus der FOLFOX-Gruppe eine Zweitlinientherapie mit Irinotecan erhielten,
während aus der IFL-Gruppe lediglich 25% der Patienten mit einem Oxaliplatinhaltigen Protokoll behandelt wurden.
Orale Fluoropyrimidine
Die Entwicklung von 5-FU-Prodrugs, welche enteral resorbiert werden können, stellt
ein vielversprechendes Therapiekonzept dar, welches auf dem besten Wege ist, die
5-FU-Infusion vollständig zu ersetzen. Nachdem die Äquivalenz von Capecitabin zu
5-FU in der Firstline-Therapie bereits in prospektiv randomisierten Studien belegt
werden konnte [9, 10], beziehen sich aktuell veröffentlichte Studienergebnisse auf
die Äquivalenz von Capecitabin als Kombinationspartner von Oxaliplatin oder
Irinotecan.
37
Phase-II-Studien zeigen, dass mit der Kombination von Capecitabin plus Oxaliplatin
oder Irinotecan-Remissionsraten von ≅ 50% erzielt werden können [11, 12]. Die erste
Phase-III-Studie zum Vergleich von 5-FU/FS plus Oxaliplatin (FUFOX) versus
Capecitabin/Oxaliplatin (CAPOX) als Erstlinientherapie des fortgeschrittenen KRK
wurde auf dem diesjährigen ASCO-Meeting vorgestellt und zeigte vergleichbare
Resultate bezüglich Ansprechrate und medianem Gesamtüberleben [13]. Ganz
aktuell konnte die Äquipotenz von Capecitabin in Kombination mit Oxaliplatin in einer
Phase-III-Studie demonstriert werden (Cassidy, ESMO 2006).
Eine Studie zum Vergleich der Kombination von Irinotecan mit Capecitabin versus
Irinotecan + 5-FU/FS +/- Celecoxib in der Erstlinentherapie musste nach
Randomisierung von 85 Patienten im April 2004 wegen 8 progressionsunabhängigen
Todesfällen abgebrochen werden [14]. 5 Todesfälle waren in der CapecitabinGruppe beobachtet worden. Bei unwahrscheinlichem Zusammenhang mit der
Einnahme von Celecoxib wurde von den Autoren eine Dosisreduktion von
Capecitabin für zukünftige Kombinationsprotokolle empfohlen, welche bereits in der
aktuell durchgeführten AIO-Studie 0604 zum Vergleich von Capecitabin +
Irinotecan + Bevacizumab vs. Capecitabin + Oxaliplatin + Bevacizumab berücksichtigt wurde.
Kombination mit biologischen Wirkstoffen in der Erst- und Zweitlinientherapie
Die auf dem ASCO-Meeting 2004 vorgestellten Ergebnisse der BOND-Studie [15]
belegten erstmals die Effektivität von Cetuximab, einem monoklonalen Antikörper
gegen den EGF-Rezeptor, innerhalb einer Studie zur Zweitlinientherapie des
fortgeschrittenen
KRK.
579 Patienten
auf
329 Patienten
wiesen
Nach
positive
Versagen
einer
EGF-R-Expression
EGF-R-positive
Tumoren
Irinotecan-Therapie
im
Tumormaterial
auf
und
wurden
getestet.
erhielten
nach
Randomisation entweder Irinotecan + Cetuximab oder eine Cetuximab-Monotherapie. Hierbei zeigte die Kombinationstherapie eine Tumorrückbildungsrate von
22,9% gegenüber 10,8% für die alleinige Cetuximab-Gabe. Das Gesamtüberleben
unterschied sich nicht signifikant (8,6 Monate vs. 6,9 Monate). Diese Ergebnisse
führten zur Zulassung von Cetuximab in Kombination mit Irinotecan in der
Zweitlinientherapie nach Irinotecan-Versagen in den USA und Europa. Die EGF-RExpression im Tumormaterial als Voraussetzung für die Cetuximab-Anwendung wird
nicht mehr gefordert [16]. Hauptnebenwirkung des Antikörpers, wie von anderen
38
Anti-EGF-Therapien bekannt, eine teils stark belastende Akne vor allem im Gesicht
sowie am oberen Stamm. Allerdings sprechen Patienten mit starker Hauttoxizität
signifikant besser auf Cetuximab an als Patienten ohne Hautveränderungen. Zur
Firstline-Therapie existieren gegenwärtig nur Phase-II-Daten, welche in Kombination
mit IFL [17], FOLFIRI [18] oder FOLFOX [19] hohe Ansprechraten zeigen (48%, 43%
und beeindruckende 81%). Phase-III-Studien sind gegenwärtig aktiv (EMR 62202013 CRYSTAL, CALGB 80 203). Daten werden noch in diesem Jahr erwartet.
Unter den biologischen Substanzen ist Bevacizumab, ein monoklonaler Antikörper
gegen den Vascular Endothelial Growth Factor (VEGF), in der klinischen Anwendung
am weitesten fortgeschritten. Die zentrale Phase-III-Studie, welche zur FirstlineTherapie-Zulassung in den USA im Februar 2004 führte, verglich bei 815 Patienten
IFL + Plazebo vs. IFL + Bevacizumab [20]. In der Bevacizumab-Gruppe zeigten sich
bei unwesentlicher Steigerung der Toxizität sowohl bessere Ansprechraten (45% vs.
35%) als auch eine Verlängerung des progressionsfreien (10,6 Monate vs.
6,2 Monate) und des Gesamtüberlebens (20,3 Monate vs. 15,6 Monate).
Seit Januar 2005 ist Bevacizumab auch in Europa für die Firstline-Therapie
zugelassen, jedoch noch beschränkt auf die Kombination mit 5-FU/Irinotecan. Die
Ergebnisse der Phase-III-Studie zur Firstline-Kombination mit 5-FU/Capecitabin und
Oxaliplatin wurden ganz aktuell auf dem letztjährigen ESMO vorgestellt (Cassidy et
al, 2006). Auch in Kombination mit Oxalipaltin-haltigen Protokollen verbesserte
Bevacizumab
das
progressionsfreie
Überleben
der
Patienten.
In
der
Zweitlinientherapie zeigte die Kombination von FOLFOX mit Bevacizumab bei
Irinotecan-refraktären Patienten in einer Phase-III-Studie erhöhte Ansprechraten
sowie einen signifikanten Überlebensvorteil gegenüber dem Kontrollarm (FOLFOX)
[21]. Interessanterweise wurde die Dosierung von Bevacizumab in dieser Studie im
Vergleich zum Protokoll von Hurwitz et al. verdoppelt (10 mg/kg statt 5 mg/kg KG).
Gegenwärtig werden verschiedene Kombinationsprotokolle in Phase II und III
getestet. Von besonderem Interesse ist dabei die Kombination von Chemotherapie,
Bevacizumab
und
Cetuximab
innerhalb
eines
Protokollregimes.
Spezifische
Nebenwirkungen von Bevacizumab sind Hypertonus (ca. 10%), Proteinurie,
Blutungen,
verzögerte
Wundheilung,
Thrombosen
und
gastrointestinale
Perforationen (ca. 1,5%).
39
Weitere Substanzen aus dem Bereich der „Biologicals“ befinden sich in teils
fortgeschrittener klinischer Evaluation.
Ausblick
Der Routine-Einsatz von Irinotecan, Oxaliplatin und zunehmend auch Capecitabin in
der Erst- und Zweitlinientherapie hat die Komplexität der Therapie-Planung deutlich
erhöht. Verlängerte Überlebenszeiten eröffnen vermehrt die Frage nach der
optimalen Therapiesequenz und Präparat-Auswahl. Zusätzlich führt der Einsatz der
Kombinationstherapien sowie der biologischen Substanzen zu einer Kostensteigerung, deren Auswirkung auf die Finanzierung des Gesundheitswesens noch
nicht abzusehen ist. Prädiktive Marker, welche eine sichere Beurteilung des
Ansprechens auf eine individuelle Therapie ermöglichen könnten, stehen trotz großer
Anstrengungen in diesem Bereich noch nicht für den klinischen Routineeinsatz zur
Verfügung.
Umso
wichtiger
ist
es,
die
Anstrengung
der
nationalen
und
internationalen Studiengruppen interdisziplinär zu unterstützen, um die hier
skizzierten Herausforderungen anzunehmen.
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41
18. Rougier P, Raoul JL, Van Laethem JL, Peeters M, et al.: Cetuximab+FOLFIRI
as first-line treatment for metastatic colorectal CA. J Clin Oncol 22 (14 Suppl):
Abstract No 3513, 2004
19. Tabernero JM, Van Cutsem E, Sastre J, Cervantes A, Van Laethem JL, et al.:
An international phase II study of cetuximab in combination with oxaliplatin/
5-fluorouracil (5-FU)/folinic acid (FA) (FOLFOX-4) in the first-line treatment of
patients with metastatic colorectal cancer (CRC) expressing Epidermal Growth
Factor Receptor (EGFR). Preliminary results. J Clin Oncol 22 (14 Suppl):
Abstract No 3512, 2004
20. Hurwitz H, Fehrenbacher L, Novotny W, Cartwright T, Hainsworth J, Heim W,
Berlin J, Baron A, Griffing S, Holmgren E, Ferrara N, Fyfe G, Rogers B, Ross R,
Kabbinavar F. Bevacizumab plus irinotecan, fluorouracil, and leucovorin for
metastatic colorectal cancer. N Engl J Med. 350 (23): 2335-2342, 2004
21. Giantonio BJ, Catalano PJ, Meropol NJ, O'Dwyer PJ, et al.: High-dose
bevacizumab improves survival when combined with FOLFOX4 in previously
treated advanced colorectal cancer: Results from the Eastern Cooperative
Oncology Group (ECOG) study E3200. Abstract No 2, ASCO 2005
42
Chronisch entzündliche Darmerkrankungen
A. Stallmach
Abteilung für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie, Klinik für Innere
Medizin II, Friedrich-Schiller Universität Jena, E-mail: [email protected]
Trotz wesentlicher Fortschritte im Verständnis der Ätiologie und Pathogenese
chronisch entzündlicher Darmerkrankungen ist eine kausale Therapie bisher nicht
etabliert. Durch empirisch überprüfte Therapieansätze gelingt es bei der großen
Mehrzahl der Patienten eine Remission zu erreichen. Das klinische Spektrum im
akuten
Schub
reicht
von
leichten
Beschwerden
(z. B.
wenige
breiige
Stuhlentleerungen) bis hin zum fulminaten Schub mit vitaler Bedrohung (z. B. dem
toxischen Megakolon). Vor diesem Hintergrund ist für die Therapieentscheidung eine
Differenzierung der Erkrankten in Patienten mit leichterem Krankheitsverlauf und
Patienten mit schwerem Krankheitsverlauf sinnvoll. Diese muss aufgrund der
Anamnese und des bisherigen Krankheitsverlaufes getroffen werden; prädiktive
genetische oder laborchemische Marker gibt es nicht.
Die therapeutischen Möglichkeiten zur Behandlung des akuten Schubes umfassen
medikamentöse Ansätze und chirurgische Interventionen. Ein effektives Patienten-,
aber
auch
Ressourcen-orientiertes
Management
berücksichtigt
dabei
den
Schweregrad des Schubes, die Wahrscheinlichkeit des Ansprechens auf die
gewählte Therapieform sowie deren potenzielle Nebenwirkungen und Kosten. Die
medikamentöse Therapie hat das Ziel, durch Verringerung der Entzündungsaktivität
die klinische Symptomatik zu bessern, die Lebensqualität des Patienten zu steigern
und das Auftreten von Rezidiven zu verhindern. Beim M. Crohn hat sich bei
Patienten mit schwerem Krankheitsverlauf der frühzeitige Einsatz von Immunsuppressiva etabliert. Bei der Colitis ulcerosa hat sich das Spektrum konservativer
Behandlungsmöglichkeiten bei chronisch aktivem Verläufen erweitert. Grundsätzlich
muss bei den Therapieempfehlungen zwischen verschiedenen Phasen unterschieden werden:
43
Behandlung des Morbus Crohn
Zur Behandlung des leichten und mittelschweren Schubes reichen 5-ASA-Präparate
(3-4 g) und Budesonid (9 mg) aus (Befallsmuster und extraintestinale Komplikationen
beachten). Verlaufsstudien zeigen, dass mehr als die Hälfte aller Patienten mit
M. Crohn wegen ihrer Erkrankung kein systemisch wirkende Steroidtherapie
benötigen; die Basistherapeutika reichen aus. Zur Behandlung des schweren akuten
Schubes sind Glukokortikoide die effektivsten Medikamente (70-90% Besserung der
Krankheitsaktivität). Aufgrund der Nebenwirkungen gilt es die Therapiedauer zu
begrenzen. Bei der chronischen Krankheitsaktivität (Persistenz der Symptome über
6 Monate)
und/oder
Prednisonäquivalent
Steroidabhängigkeit
zur
Aufrechterhaltung
(Gabe
einer
von
mehr
stabilen
als
Remission
10 mg
und
2 gescheiteren Reduktionsversuche innerhalb von 6 Monaten) ist Azathioprin
(2,5 mg/kg KG) indiziert. Durch Azathioprin (initial in Kombination mit Glukokortikoiden) kann bei diesen Patienten in ca. 70% eine langanhaltende Remission
erreicht werden. Die Behandlung sollte für mindestens 3-4 Jahre durchgeführt
werden, bei einigen Patienten auch länger. Bei Unverträglichkeit von Azathioprin ist
das Medikament der 2. Wahl Methotrexat (z. B. 25 mg i.m. einmal pro Woche). Kann
die Krankheitsaktivität trotz Gabe von Azathioprin/MTX in ausreichender Dosis und
Dauer
nicht
beherrscht
werden,
sind
anti-Tumor-Nekrose-Faktor-Antikörper
(Infliximab, demnächst auch Adalimumab und Certolizumab) einzusetzen.
Eine generelle Rezidivprophylaxe nach Überwindung des akuten Schubes
(medikamentös oder chirurgisch) ist nicht etabliert. In der postoperativen Situation
kann durch 5-ASA (3-4 g/Tag) in ca. 10-15% der Fälle ein Rezidiv verhindert werden
(NNT: 6-10!). Bei häufigen Schüben ist Azathioprin indiziert.
Therapie des M. Crohn
Medikament
Erfolg
NW
leichter - mittlerer Schub
5-ASA,
40-65%
5-30%
Budesonid
schwerer Schub
Prednison
70-90%
50-70%
kein Ansprechen auf
Prednison/
70%
20%*
Akuttherapie/chronisch aktiver Azathioprin
Verlauf
Rezidivprophylaxe
*nach Absetzen der Steroide
44
?, ggf. Azathioprin
Therapie der Colitis ulcerosa
Stärker als beim M. Crohn ist neben der Krankheitsaktivität auch die Manifestation
der Erkrankung bei der Therapieauswahl entscheidend. So ist im akuten Schub bei
distalem Befall (Mehrzahl der Patienten) eine topische Therapie mit 5-ASA oder
glukokortikoidhaltigen Suppositorien bzw. Klysmen indiziert. Kann der Patient die
Klysmen nicht halten, ist ein Therapieversuch mit Schaumpräparationen indiziert.
Bessert sich die Symptomatik nach topischer Therapie nicht oder ist ein
ausgedehnter
Befall
dokumentiert,
muss
eine
systemische
Therapie
mit
Glukokortikoiden durchgeführt werden. SASP ist insbesondere bei begleitenden
Gelenkbeschwerden auch heutzutage noch das 5-ASA-Präparat der 1. Wahl. Im
hochakuten Schub ist eine parenterale Gabe von Steroiden in Kombination mit Antibiotika und einer parenteralen Ernährung durchzuführen. Hier ist sehr sorgfältig die
Operationsindikation zu überprüfen. Kontrollierte Studien zeigen auf, dass durch die
parenterale Gabe von Cyclosporin bei der akuten therapierefraktären Colitis in
70-80% eine rasch einsetzende Besserung des Krankheitsbildes erreicht werden
kann. Mittels FK506 können bei oraler Gabe (bessere Resorption als CsA) wohl
ähnliche Effekte erreicht werden. Allerdings ist im Langzeitverlauf (6 Monate) bei den
so behandelten Patienten nur bei der Hälfte eine Proktokolektomie zu vermeiden.
Hier kann durch die Einführung von Azathioprin bei Ansprechen auf die CsATherapie die Prognose verbessert werden. Kommt es hingegen unter Einnahme von
Azathioprin zum schweren Schub, der den Einsatz von CsA notwendig macht, ist die
Wahrscheinlichkeit einer Proktokolektomie sehr hoch. Ob durch die wiederholte
Gabe von TNF-Antikörpern diese Situation gebessert werden, ist noch unklar.
Zumindest kann bei der chronisch-aktiven Colitis bei einem Teil der Patienten eine
Remission erreicht werden. Auch ist der Stellenwert der Leukozytenapherese sowie
die Gabe von Phosphatidylcholinen in der Behandlung der Colitis ulcerosa in
weiteren Studien zu definieren.
Die Remissionserhaltung mit SASP oder 5-ASA ist gesichert (Senkung des
Rezidivrisikos innerhalb von 1 Jahr von 75% auf 29%). Für die Remissionserhaltung
wird die intermittierende Gabe von 5-ASA-Präparaten (z. B. 7 Tage pro Monat) in
klinischen Studien überprüft. Probiotika (E. coli Nissle) sind beim Remissionserhalt
5-ASA-Präparaten äquivalent. Hinsichtlich der Karzinomprophylaxe sind aber 5-ASAPräparate vorzuziehen.
45
Neues zu Divertikelerkrankungen
W. Kruis
Ev. Krankenhaus Kalk, Universität zu Köln
Divertikel des Kolons sind ganz überwiegend Herniationen der Mukosa durch
Muskellücken und damit im eigentlichen Sinne Pseudodivertikel. Die Muskellücken
sind an der Durchtrittsstelle der Vasa recta im Bereich des Mesenterialansatzes zu
finden. Begünstigende Faktoren für eine Divertikelbildung sind Störungen der
Bindegewebsstruktur, erhöhter Darminnendruck infolge einer ballaststoffarmen Diät,
Motilitiätsstörungen und höheres Lebensalter. Etwa 40% der über 70-Jährigen weist
Kolondivertikel auf, wobei kein Geschlechtsunterschied feststellbar ist.
Man unterscheidet die Divertikulose – zufällig gefundene Divertikel bei asymptomatischen Menschen – von der Divertikelkrankheit. Die Divertikelkrankheit kann
unkompliziert verlaufen, d. h. mit einer einmaligen Attacke, seltenen Schüben, aber
auch chronisch rekurrierend. Im Falle von Attacken (Schüben) bestehen immer
Symptome wie Schmerzen, und Stuhlunregelmäßigkeiten, die mit Zeichen einer
Entzündung (Divertikulitis, ggf. mit lokaler Abwehrspannung, Leukozytose, Erhöhung
von BSG/CRP) einhergehen können. Die Divertikelkrankheit kann sich auch
kompliziert entwickeln mit Peridivertikulitis und zunehmender Abszedierung. Im
ungünstigsten Fall kann es zu Komplikationen in Form von Stenosen, Fisteln,
Blutungen und Perforation kommen. Insgesamt werden jedoch nur 20-30% aller
Divertikelträger so symptomatisch, dass sie sich deswegen in ärztliche Behandlung
begeben.
Ziele der Diagnostik sind bei Patienten mit verdächtiger Klinik einerseits der
Nachweis von Divertikeln und die Erfassung möglicher Komorbidität und andererseits
die Feststellung des Entzündungsgrades und evtl. bestehender Komplikationen. Der
Nachweis einer Divertikelkrankheit wird mit dem physikalischen Untersuchungsbefund, einer orientierenden Ultraschalluntersuchung und einer vollständigen
Koloskopie geführt Eine Koloskopie und nicht der immer noch verbreitete
Kolonkontrasteinlauf ist in treffsicherer Weise dazu geeignet nicht nur Divertikel,
sondern auch bedeutsame Komorbidität wie Adenome, Karzinome, entzündliche
Darmerkrankungen und mikroskopische Kolitiden nachzuweisen und ggf. zu
behandeln. Für die Feststellung des Grades der Entzündung kann das Labor
46
(s. o.) hilfreich sein, entscheidend sind jedoch bildgebende Verfahren wie die
differenzierte Darmsonografie und die Computertomografie. Hiermit können auch
Komplikationen und extraintestinale Komorbidität (z. B. im Bereich der Genitalorgane
und des harnableitenden Systems) erkannt werden. Zur Suche nach Blutungsquellen
werden neben der Koloskopie die Szintigrafie nach Technetium-Markierung von
Patientenerythrozyten und die selektive Angiografie eingesetzt.
Die Planung der Behandlung orientiert sich grundsätzlich an der Situation des
Betroffenen: Divertikulose mit dem Ziel einer Entwicklung zur Divertikelkrankheit
vorzubeugen, einmalige oder rekurrierende, aber unkomplizierte Attacken, Sekundärprävention, komplizierte Divertikelkrankheit.
Primär- sowie Sekundärprävention bestehen in der Empfehlung zur körperlichen
Mobilität und einer ballaststoffreichen Mischkost. In der Regel wird man
Quellstoffzusätze vor allem in Form von Plantago zugeben.
Die unkomplizierte Attacke wird je nach Schwere ambulant mit Flüssigkost,
Antibiotika Metronidazol, Ciprofloxacin) per os und Spasmolytika oder stationär mit
Nulldiät, Elektrolyt- und Flüssigkeitsersatz sowie Daueranalgesie per infusionem und
i.v. Antibiotika behandelt. Mesalazin hat in dieser Situation therapeutische Effekte.
Bei rekurrierenden Attacken muss zwischen Operation und medikamentöser
Dauertherapie entschieden werden. Letztere umfasst eine Basistherapie wie bei
Prävention. Zusätzlich ist die einwöchige Antibiotika-Gabe per Monat und ggf. die
zusätzliche Verordnung von Mesalazin für einige Wochen häufig dazu in der Lage,
weitere Attacken, Komplikationen und eine Operation zu vermeiden.
Operationen können in Form von elektiven Resektionen des divertikeltragenden
Darms laparaskopisch oder offen durchgeführt werden. Wichtig scheint dabei nicht
so sehr die Enfernung aller Divertikel zu sein, sondern bei linksseitiger Resektion
eine Anastomose mit dem Rektum, die distal der Hochdruckzone im Bereich des
rekto-sigmoidalen Übergangs ist.
Bei Komplikationen ist die eilige oder ggf. Notfalloperation das Verfahren der Wahl.
Während die Notfallindikation unbestritten ist, wird über die Resektion bei
rekurrierender Divertikulitis diskutiert. Wahrscheinlich sollte bei der Entscheidung zur
Operation nicht die Zahl der vorausgehenden Attacken entscheidend sein, sondern
die Berücksichtigung der Komorbidität und der Grad der entzündlich-strukturellen
extraluminalen Veränderungen (Sonografie, CT).
47
Dünn- und Dickdarm, bildgebende Verfahren bei CED Radiologie/MR
S. Feuerbach
Röntgendiagnostik, Klinikum der Universität Regensburg
Zahlreiche Studien belegen, dass die klassische Doppelkontrast-Untersuchung des
Dünndarms mit transnasaler Intubation des Duodenums oder Jejunums und der
Applikation von Bariumsulfat und Methylzellulose (Untersuchung nach Sellink) zur
Diagnostik
chronisch-entzündlicher
Darmerkrankungen
komplett
durch
die
Kernspintomografie („MR-Enteroklysma“) ersetzt werden kann. Technische Voraussetzungen, Leistungsfähigkeit und Limitation der Methode werden im folgenden
beschrieben.
Untersuchungstechnik
Zur artefaktfreien Darstellung des beweglichen Darms ist eine schnelle Bildgebung
erforderlich. Die technischen Voraussetzungen bestehen in der Verwendung von
1.0-1.5 Tesla-Magneten und Gradienten mit einer schnellen Anstiegszeit von
> 20 mT/m.
Zahlreiche
Arbeitsgruppen
verwenden
analog
dem
klassischen
Enteroklysma zum MR-Enteroklysma die transnasale Intubation zur Kontrastierung
des Darmlumens, die der Erfahrung anderer Autoren zufolge aber keine
Notwendigkeit darstellt (1). Als positive Kontrastmittel wurden Wasserverdünnungen
mit Gadolinium-DTPA, Heidelbeersaft oder Ananassaft (1) eingesetzt, hierbei
imponiert das Darmlumen im T1-Bild hell und im T2-Bild dunkel. Mittlerweile hat sich
die „dark lumen“-Technik mit Wasser oder Bariumsulfat mit unterschiedlichen
Zusätzen durchgesetzt. Hierbei ist der Bildeindruck umgekehrt. Messsequenzen mit
Fettsuppression gehören zum Standardprogramm, da sie eine bessere Abgrenzung
der Darmwand erlauben, auch diskrete Wandveränderungen erkennen lassen und
die Diagnostik extraluminaler Flüssigkeitdepots wie Abszesse verbessern. Als
Zusätze zur Wasserfüllung des Darms haben sich Mannitol oder Methylzellulose zur
Distension der Darmschlingen bewährt (2). Die i.v.-Applikation von Gadolinium-DTPA
ist obligat und gestattet exzellent die Identifikation entzündlich veränderter
Darmsegmente durch ein deutliches Enhancement im Vergleich zu nicht betroffenen
48
Segmenten. Die Applikation von N-botyl-Scopolamin/40 mg i.v. zur Einschränkung
der Darmbewegung und Lumendistension ist ebenfalls obligat.
Typische Befunde im MR-Enteroklysma bei M. Crohn und Colitis ulcerosa
Die typischen Befunde für M. Crohn sind die segmentale Wandverdickung mit
deutlichem Wandenhancement nach Gabe von GD-DTPA i.v., die Lumenstenose
und prästenotische Dilatation, ein Wandödem mit Signalanstieg im T2-Bild, der
Nachweis einer vermehrten Vaskularisation um das befallene Darmsegment (CombSign, 3) sowie extraluminale Läsionen wie Abszesse, Fisteln, Fettgewebsinfiltrate
und Konglomerattumore. Veränderungen befallener Dickdarmsegmente haben eine
identische Morphologie wie im Dünndarm.
Bei der Colitis ulcerosa findet sich kein regelhaftes Korrelat für die mukosale
Entzündung, in ausgeprägten Fällen jedoch findet sich eine Darmwandverdickung
mit vermehrter Kontrastmittelaufnahme (4, 5).
Klinische Ergebnisse
Alle vergleichenden Studien zeigen, dass das MR-Enteroklysma der klassischen
Doppelkontrasttechnik gleichwertig oder überlegen ist (1, 6). Die patientenbezogenen
Angaben zur Sensitivität im Nachweis des Wandbefalls bei M. Crohn wird für die
Kernspintomografie auf bis zu 95% beziffert (klassisches Enteroklysma 85%, 6),
extraluminale Läsionen wurde in nur 17% mit der konventionellen Technik, aber zu
70% mittels MRT erfasst. Bei einer segmentbezogenen Auswertung an einem
Kollektiv von 28 Patienten mit insgesamt 61 befallenen Crohn-Segmenten wurde
eine Sensitivität von 87% und eine Spezifität von 95% für das MR-Enteroklysma
ermittelt (7). Unterschiedlich sind die Angaben zum Nachweis befallener Dickdarmsegmente bei M. Crohn. Ajaj et al. (5) geben eine Sensitivität von 87% und eine
Spezifität von 100% für die Identifikation befallener Dickdarmsegmente bei CED an.
In dieser Studie wurden 16 Patienten mit Colitis ulcerosa und 7 Patienten mit Morbus
Crohn mit ausgeprägter Aktivität der Erkrankung eingeschlossen. In einer anderen
prospektiven Studie (4) wurde für den Dickdarmbefall im Rahmen eines M. Crohn für
die MR-Kolonografie aber lediglich eine Sensitivität von 31,6% und eine Spezifität
von 100% ermittelt.
49
Ebenso widersprüchlich sind die Angaben, inwieweit die MR-Kriterien für eine
Beurteilung der Krankheitsaktivität geeignet sind. Maccioni et al. (8) berichten über
eine
exakte
Korrelation
zwischen
der
Ausprägung
der
MR-Kriterien
und
Aktivitätsparametern wie Leukozytenzahl und CRP, Schunk et al. (9) hingegen
fanden keine Korrelation zwischen dem Kriterium des Wandenhancements und dem
CDAI oder dem CRP-Wert. Neurath et al. (10) berichteten in einer vergleichenden
Studie über eine Sensitivität von 85% für FDG-PET im Vergleich zu 67% für das MREnteroklysma, die Spezifitäten lagen bei 89% bzw. 93%. Allerdings gab es
hinsichtlich des Befallsnachweises von Dünndarmschlingen und des terminalen
Ileums zwischen beiden Methoden keinen Unterschied, die geringere Sensitivität des
MRT resultierte in dieser Studie aus nicht identifizierten, aber befallenen Dickdarmsegmenten, was allerdings nicht erstaunlich ist, da weder eine Dickdarmfüllung mit
Wasser oder Kontrastmittel erfolgte, noch eine adäquate Patientenvorbereitung
erfolgt war.
Zwar konnten Fisteln und Stenosen bei einer Feasibility-Studie zur virtuellen
Endoskopie des Dünndarms beim MR-Enteroklysma zuverlässig nachgewiesen
werden, jedoch ergab sich keine sinnvolle, klinische Indikation für dieses aufwendige
Post-processing (11).
Nur wenige Angaben liegen vor, welche Möglichkeiten die MR-Kolonografie mit
Wasserfüllung des Dickdarms bei der Colitis ulcerosa bietet. Schreyer et al. (4)
ermittelten für den Nachweis einer Colitis ulcerosa lediglich eine Sensitivität von
51,8% und eine Spezifität von 91,4% (6), weshalb ein klinischer Einsatz derzeit nicht
sinnvoll ist.
Konklusion
Beim M. Crohn ersetzt das MR-Enteroklysma die klassische Doppelkontrast-Technik
in der Beurteilung des Dünndarms. Extraluminale Veränderungen wie Fisteln,
Abszesse, Fettgewebsinfiltrationen und Konglomerattumore werden sicher und mit
deutlich höherer Sensitivität als mit der klassischen, konventionellen Technik
identifiziert.
Eine transnasale Intubation scheint nicht erforderlich zu sein, eine orale
Kontrastierung des Darms ist ausreichend, eine gleichzeitige MR-Kolonografie
50
erlaubt, im gleichen Untersuchungsgang den Dickdarm zu beurteilen. Hierzu ist eine
Vorbereitung wie zur Endoskopie sinnvoll. Die Datenlage erlaubt derzeit noch keine
Aussage, inwieweit Sensitivität und Spezifität für den Nachweis eines Crohn-Befalls
im Dickdarm den Ergebnissen im Dünndarm vergleichbar ist.
Offensichtlich lassen sich nur sehr ausgeprägte Entzündungen des Dickdarms bei
der Colitis ulcerosa kernspintomografisch identifizieren, dies wird auf den mukosalen
Charakter der Erkrankung zurückgeführt. In der klinischen Routine stellt die MRKolonografie derzeit keine Alternative zur Endoskopie dar. In der primären Diagnostik
des Dünndarms bei einer Colitis ulcerosa ersetzt das MR-Enteroklysma ebenfalls die
klassische Technik.
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With Oral Contrast in Patients With Suspected or Proven Crohn´s Disease. Clin
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the Small Bowel Based on Magnetic Resonance Imaging in Patients With
Inflammatory Bowel Disease. Invest. Radiology 2002; 37 (9): 528-533
Korrespondenzadresse:
Prof. Dr. S. Feuerbach
Institut für Röntgendiagnostik der
Universität Regensburg
Franz-Josef-Strauß-Allee 11
93053 Regensburg
Tel.: (09 41) 9 44-74 01
Fax: (09 41) 9 44-74 02
E-mail: [email protected]
52
Songrafie
W. Wermke
Medizinische Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie, Charité –
Campus Mitte, Berlin
Die sonografische Diagnostik parenchymatöser Organe ist durch 2 Faktoren
gravierend verbessert worden:
1. Auswertung von Nichtlinearitäten und 2. Echosignalverstärker. Da die als
„Kontrastmittel“ eingesetzten Blasen kleiner oder ähnlich groß wie Erythrozyten sind,
lassen sie sich auf der kapillaren Ebene zur Darstellung der Parenchymperfusion
verwenden. Zunächst war die Kontrastbilderstellung nur unter den Bedingungen von
2nd harmonic imaging möglich. Dabei werden die Bläschen durch einen hohen
mechanischen Index zur Schwingung angeregt, dem ein rasches Platzen folgt
(„akustisch stimulierte Emission“). Im Moment der Blasenzerstörung entsteht ein
intensives breitbandiges, nicht-lineares Signal, das sich wesentlich vom Echo noch
schwingender Mikroblasen unterscheidet („Dekorrelation“). Die technische Umsetzung
dieses
Vorganges
führt
zur
intensiven
Signalverstärkung
geringer
Blasenkonzentrationen in kleinen und wenig durchströmten Gefäßen.
Heute ist eine technisch verbesserte Methodik verfügbar (Pulsinversion). Es ist nicht
mehr nur dem Zufall oder einem besonderen Untersuchergeschick anheim gestellt,
Kontrastschnittbilder nicht nur wenige Sekunden, sondern permanent betrachten zu
können, weil mit wesentlich geringeren Energien gearbeitet werden kann und die
oszillierenden Bläschen fortlaufend im Blutstrom zu verfolgen sind. Problematisch
bleibt die Interpretation. Sie setzt Wissen über Unterschiede in der Morphologie und
Pathophysiologie
krankhafter
Prozesse
voraus.
Zusätzlich
sind
technische
Kenntnisse nötig. Deshalb ist zur Befundinterpretation die Verknüpfung von Klinik,
Morphologie, Physiologie sowie Pathophysiologie unter Berücksichtigung hämodynamischer Besonderheiten notwendig. Was einfach aussieht, ist oft nicht ohne
Mühsal zu erlernen. Können erfordert ein überdurchschnittliches Interesse,
Begabung, Zugriffsmöglichkeiten, harte Arbeit und ein wenig Glück.
53
Als Anfänger einen Signalverstärker unter derzeitigen Vergütungsrichtlinien in der
Klinikroutine einsetzen zu wollen, ist zunächst problematisch: Der wenig oder
unerfahrene Untersucher muss beweisen, dass die Sonografie kostengünstiger ist
als etablierte Verfahren. Er steht in Konkurrenz zu radiologisch erfahrenen Vertretern
der Schnittbildmethoden. Daher muss er davon ausgehen, anfangs durch
Misserfolge frustriert seiner diagnostischen Betätigung nachzugehen. Zum einen sind
es kaum zu verhindernde Fehldiagnosen des „Einsteigers“ in die Methode, die die
etablierte Diagnostik der Großgeräte aufwertet. Andererseits fallen für die Kontrastsonografie ungewohnte Kosten an. Sie bescheren dem Arzt gegenüber der
Geschäftsführung einen Rechtfertigungsdruck.
Die Erfahrungen von mehr als 15.000 Kontrastmitteluntersuchungen an Leber- und
Pankreasherden erlauben es mir, allen „Einsteigern“ Mut zum Erlernen dieser
Methode zu machen. Den Signalverstärkern gehört die Zukunft der Bildgebenden
Diagnostik an den parenchymatösen Organen. Die Erinnerungen an die Ursachen
eigener Fehldiagnosen und der tägliche Umgang mit in der klinischen Diagnostik
noch wenig erfahrenen Ärzten unterstreicht immer wieder die Binsenweisheit, dass
man nur das finden kann, was gesucht wird, und nur das identifiziert wird, was
bekannt ist. Diese allgemein gültige These gilt auch und besonders für das Erkennen
und die richtige Interpretation von Kontrastphänomenen.
Neuere
Perfluorkontrastmittel
ausgeprägte
harmonische
verfügen
Eigenschaften.
bei
niedrigen
Weil
sie
Schallenergien
schon
unter
über
geringem
mechanischen Index oszillieren, wird eine gute Echoverstärkung bei geringer
Zerstörungsrate der Bläschen möglich. Sie gewährleisten eine kontinuierliche
Beobachtung des
Kontrastverlaufs. Amplituden- und phasenkodierte Pulsfolgen (CPS) optimieren die
Echtzeitdarstellung des Mikroblasenstroms mit hoher Intensität bei guter Auflösung.
Die Kontrastmittelanflutung ist unter anderem abhängig von der Körpergröße, dem
Gewicht, Herzminutenvolumen und dem metabolischen Zustand des Patienten
(nüchtern, postprandial) sowie vom Hydratationsgrad, von Gefäßvarianten und einer
Reihe pathologischer Veränderungen im Herzkreislaufsystem.
Aufgrund der dualen Perfusion über die A. hepatica und die Pfortader sind im
Kontrastverlauf der Leber Besonderheiten zu beachten, deren physiologischen und
pathophysiologischen Erscheinungen ausschlaggebend für die Interpretation des
Kontrastverhaltens von Leberherden sind.
54
Der arterielle Lebergefäßbaum lässt sich am besten in der früharteriellen Phase
beurteilen (10–15 s p.i.).
Das Parenchym ist in der arteriellen Phase noch nicht kontrastiert (15–20 s p.i.), die
großen Portalvenen minimal. Tumorarterien mit geringem Strömungswiderstand
erfahren zuerst eine Signalverstärkung (av-Fisteln). Deshalb ist dem Beginn der
Kontrastierung hohe Aufmerksamkeit zu widmen.
Der Portalstamm und seine größeren Äste bilden sich optimal in der Mitte der
kapillären Phase ab (20–30 s p.i.). Die Lebervenen sind jetzt normalerweise noch
signalfrei. Sie kontrastieren sich aber bei verkürzter Transitzeit (Malformationen,
Umbau, Tumor-av-Fisteln). Die Lebervenenstämme kontrastieren sich normalerweise
erst gegen Ende der Kapillärphase (ab 25–30 s p.i.). Große und mittlere Portalvenen
sind nun kräftig angefärbt.
Die Portalphase erzielt die höchste Signalintensität des Parenchyms. Die
Venenstämme zeichnen sich in dieser Phase durch eine starke Kontrastierung aus.
Entsprechend der dualen Organperfusion und weil der Portalfluss volumenmäßig
3- bis 4-mal größer als der arterielle ist, strömt nun die Masse der Mikroblasen ein. In
dieser Phase kann es sinnvoll sein, durch eine Blasendestruktion über die kurzzeitige
abrupte Steigerung des mechanischen Index auf den Maximalwert eine Reperfusion
mit erneuter Beobachtung der für die Artdiagnostik wichtigen arteriellen Phase zu
ermöglichen.
Der Kontrast zwischen dem Leberparenchym und Krebsgefäßen wird durch den
Einsatz von Signalverstärkern erheblich gesteigert (um über 10 dB). Grundlage ist
der Einstrom der Mikroblasen über das enorme Gefäßbett der Portalvenen mit
Akkumulation in den Sinusoiden der gesunden Leber.
Weil die normalen Strukturen durch Neoplasien destruiert werden und Filiae etwa ab
einer Größe von 15 mm nicht mehr an der portalen Versorgung teilhaben, kommt es
zum
„Negativ-Kontrast“
in
den
Infiltraten:
Abartiges
Gewebe
verursacht
„Perfusionsdefekte“.
55
Nach Bolusinjektion treten in 50–60% Pseudoläsionen auf, die Fehldiagnosen
verursachen. Oft passager, kommen sie in allen Regionen vor, bevorzugen aber
Areale nahe der Konturen und die Segmente II–V und VII.
Die Ursachen liegen in 1. anatomischen Besonderheiten (frühzeitiger Blasenzustrom
über die Vv. cysticae, paraportale Venen), 2. der arteriellen Versorgung (aberrante,
akzessorische Adern), 3. im reduzierten Portalblutfluss, 4. im Umbau, 5. in
Thrombosen (Portal-, Lebervenen), 6. in der Kongestion, 7. in fokaler Entzündung
(Ödem, Abszess, Cholangitis, Cholezystitis), 8. im Gallenstau, 9. in av-Fisteln, 10. im
„steal“-Phänomen großer Tumoren und 11. in der externen Kompression (z. B.
Rippen).
Zur Differenzialdiagnose liquider oder komplexer Leberläsionen gehören:
1. hämorrhagische Zyste, 2. Pseudozyste, 3. Hämatom, 4. Aneurysma/Pseudoaneurysma, 5. Biliom, 6. Peliosis, 7. Abszess, 8. Hydatide, 9. nekrotischer Infarkt,
10. infizierte Gallenwegszyste/Caroli-Syndrom, 11. biliäres Zystadenom/-adenokarzinom,
12. zystische
Hämangiomdegeneration,
13. sarkomähnliches
HCC,
14. muzinöser Cholangiokrebs, 15. primäre Lebersarkome, 16. Filiae-muzinöser
Adenokarzinome (Ovar, Kolon, Magen) und 17. nekrotische Metastasen schnell
wachsender Tumoren (neuroendokrines Karzinom, Lungen-, Brustkrebs, gastrointestinaler Stromatumor, Sarkom, Melanom). Bei Kindern kommen infantile
Hämangioendotheliome (18.) und mesenchymale Hamartome (19.) hinzu.
Die Kontrastmittelsonografie ist zur Artdiagnose für die unter den Punkten 1, 2, 6, 7,
9, 10, 11, 14-19 genannten Entitäten hilfreich.
Stoffwechselstörungen können sich in der Grauwertsonografie als fokale
Leberläsionen äußern. Dabei fällt es oft schwer, zwischen fokalen Steatosen,
Minderverfettungen, der hepatischen Porphyrie und den hepatischen Neoplasien und
Metastasen extrahepatischer Karzinomen zu unterscheiden. Weil die herdförmigen
Befunde durch Stoffwechselstörungen keine Auswirkungen auf die Gefäßarchitektur
der Leber nach sich ziehen, ist die Kontrastmittelsonografie die Methode der Wahl in
der Differenzialdiagnostik zu echten Raumforderungen, weil diese stets eine
hepatische Architekturstörung verursachen.
Die Differenzialdiagnose solider Leberläsionen umfasst: 1. solider fibrotischer oder
nekrotischer Knoten, 2. Hämangiom, 3. fokale noduläre Hyperplasie, 4. noduläre
56
regenerative Hyperplasie , 5. herdförmige Befunde durch granulomatöse Entzündung
(Sarkoidose,
TBC,
Parasitose),
6. Leberzelladenom,
7. Regeneratknoten,
8. dysplastischer Knoten, 9. Leberzellkarzinom, 10. Cholangiokarzinom 11. epitheloides Hämangioendotheliom, 12. osteoklastenähnlicher Riesenzelltumor, 13. primäres
Leberlymphom,
14. Hodgkin-
und
Non-Hodgkin-Lymphom,
15. Sarkom,
16. Metastase und 17. ektopes Gewebe.
Die Artdiagnose solider Leberherde in der verfetteten Leber ist schwieriger als beim
normal echogenen Organgewebe. Die Menschen ernähren sich zunehmend einseitig
und hyperkalorisch. Bewegungsmangel und Alkoholabusus spielen eine zusätzliche
Rolle. Deshalb verwundert es nicht, dass anlässlich einer Sonografie echoarme
Läsionen in der verfetteten Leber als Zufallsbefunde entdeckt werden. Folge sind
kostenintensive
und
psychisch
belastende
Untersuchungen,
bis
harmlose
Enddiagnosen (Hämangiom, FNH) gestellt werden. Eine Ursache für diese
Unsicherheiten ist das häufige Auftreten von Filiae als echoarme Läsionen. Unter
Kenntnis dieser Tatsache wird bei reflexarmen Veränderungen die sonografische
Verdachtsdiagnose „Metastase“ oft voreilig geäußert. Bei alten Menschen und der
Anamnese eines Krebsleidens ist diese Denkweise eher gerechtfertigt. Die
Untersuchung mit einem Echosignalverstärker hilft dann fast immer weiter.
Hämangiome und fokale noduläre Hyperplasien gehören zu den häufigsten
Ursachen solider Leberläsionen. Die Prävalenzen beider Entitäten rechtfertigen
aber kaum mehr das Vorgehen, beim Leberherd eines unter
50-jährigen Patienten mit negativer Tumoranamnese oder fehlenden Risikofaktoren
diagnostische Hektik zu entfalten und eine Lawine an teuren Untersuchungen
auszulösen. Die Anzahl derjenigen Ärzte, die sich mit hoher Sicherheit festlegen, ist
leider begrenzt. Unter anderem aus Angst vor juristischer Verfolgung wird häufig eine
vernünftige und rationelle Vorgehensweise dem Wahn geopfert, möglichst alle
Untersuchungsmethoden zur Anwendung kommen zu lassen. Sie dienen dem
Wunsch, sich gegen „justiziable Konsequenzen“ abzusichern.
Dieses Verhalten stärkt nicht das Vertrauen der Patienten zu den Ärzten. Das
Ankreuzen aller möglichen Methoden hinterlässt in der Regel ein Sammelsurium an
Differenzialdiagnosen, verunsicherte Patienten und hohe Kosten, die besser für
medizinische Belange mit therapeutischen Konsequenzen eingesetzt werden sollten.
57
Die Unterscheidung nodulärer Gebilde in der Zirrhose ist schwierig. Dieses
Problem beschäftigt Pathologen und Ultraschalldiagnostiker gleichermaßen. Gut
differenzierte, fettreiche HCC von benignen Herden mit hohem Lipidgehalt
abzugrenzen
(fokale
Steatosen,
Hämosiderin-
oder
Kupferablagerungen,
Regenerate, Dysplasien), erfordert Erfahrung. In der Kontrastmittelanwendung
kommen Pseudoläsionen dazu. Auf der makroskopischen Schnittfläche eines
Resektates bzw. bei der Autopsie multiazinäre Regenerate von dysplastischen
Knoten unterschiedlicher Graduierung und dem kleinen HCC abzugrenzen, ist
oftmals unmöglich.
Die Mikroskopie verlangt häufig spezielle Methoden. Die Zuordnung wird erschwert
durch unterschiedliche Klassifikationen. Folgende pathohistologische Begriffe zählen
zu regenerativen Zirrhoseknoten ohne neoplastisches Potenzial:
1. Regeneratknoten, 2. gewöhnliche adenomatöse Hyperplasie, 2. adenomatöse
Hyperplasie nach Edmondson, 3. makroregenerativer Knoten Typ I und 4. großer
(multiazinärer) Regeneratknoten.
Die arterielle Phase zeigt den destruierten Gefäßbaum bei weitestgehend
ausgesparten
Regeneraten.
Lebervenenkontrastierung
Zirrhosetypisch
durch
die
ist
verkürzte
der
vorzeitige
Transitzeit
Beginn
der
(mikroskopische
av-Fisteln).
In der Portalphase färben sich Regeneratknoten im Gegensatz zu den meisten
Karzinomen an. Ischämie kann in Regeneratknoten jedoch sich nicht kontrastierende
Koagulationsnekrosen
hinterlassen.
Ursachen
sind
der
Schockzustand
bei
Varizenblutung oder Komplikationen einer Tumorablation.
Zirrhoseknoten sind entsprechend der arteriellen Kontrastierung in 4 Kategorien
einzuteilen: I. kein Unterschied zur Umgebung, II. verminderte Intensität, III. vermehrt
kontrastierter Fokus innerhalb des Knotens und IV. der gesamte Nodulus ist
arterienreich.
Dysplastische Hepatozyten treten auf: 1. in 1% der gesunden Lebern, 2. in 7% bei
normaler Hepar mit HCC, 3. in 20% bei Umbau und 4. in 65% bei Umbau und Krebs.
Niedriggradige Dysplasien entsprechen etwa zu 70% der Kategorie I, zu 30% der
Kategorie II. Bei hochgradiger Dysplasie kommen I, II und III gleichermaßen vor. Gut
differenzierte Krebse zählten zu 50% zur Kategorie III, zu 40% der Kategorie IV.
Mäßig und schlecht differenzierte Krebse gehörten alle zur Kategorie IV. Dysplasien
58
verlieren ihren normalen Zufluss aus den Arterien der Glissonschen Triaden.
Dadurch sinkt die arterielle Perfusion. Deshalb ist der Knoten signalärmer als die
Umgebung. Bei fortschreitender Entartung treten durch Angioneogenese ungepaarte
Adern auf. Sie
übernehmen die Perfusion. Die Portaldurchblutung sinkt. Dann ist der dysplastische
Knoten in der kapillären Phase dezent kontrastreicher als das zirrhotische
Leberparenchym. Zum Ende der Portalphase stellen sich entgegengesetzte
Verhältnisse ein: Der Knoten ist nun wenig signalärmer als die Umgebung.
Folgende histopathologische Begriffe beschreiben Knoten mit neoplastischem
Potenzial: 1. adenomatöse Hyperplasie, 2. atypische adenomatöse Hyperplasie,
3. makroregenerativer Knoten vom Typ II, 4. dysplastischer Knoten, 5. atypischer
hyperplastischer Knoten und 6. grenzwertiger hepatozellulärer Knoten.
Histologisch
auf
ein
(gut
differenziertes)
Leberkarzinom
verdächtig
sind:
I. verbreiterte Leberzellbälkchen, II. Verlust an Retikulinfasern, III. Kernatypien,
IV. hyaline Gebilde im Zytoplasma und V. Infiltration in die Portalvenen.
Als suspekte Befunde der Kontrastsonografie auf das Vorliegen eines HCC
gelten: a. arterienreicher Herd mit frühzeitiger Anreicherung, b. chaotische
Architektur und c. fehlende Portalperfusion. Solide Herde in der umgebauten Leber
sind dann krebsverdächtig, wenn 1. sie sich in der Echogenität vom umgebenden
Gewebe unterscheiden, 2. sie am Rand Arterien besitzen, die zirkulär Äste in die
Knoten entlassen oder einen Gefäßhilus bilden, 3. sie zum segmentalen Verschluss
von Gallenwegen führen, 4. der Blutfluss in Portalvenen der näheren Umgebung
retrograd gerichtet ist und/oder 5. intravenös solide Strukturen vorkommen
(Krebszapfen).
Eine adernreiche Neoplasie lässt sich theoretisch am besten abgrenzen, wenn ihre
Arterien maximal, das umgebende Lebergewebe aber erst wenig kontrastiert sind.
Hepatozelluläre Karzinome zeigen aufgrund unterschiedlicher Differenzierungsgrade
ein uneinheitliches Verhalten. Schlecht differenzierte Krebse sind oft zu Beginn des
Blaseneinstroms besser abzugrenzen, als
am Ende der arteriellen Phase, wo sie isointensiv zum benachbarten Parenchym
sein können.
59
Manche gut differenzierte Karzinome erkennt man mitunter erst in der Portalphase.
Ihre arterielle Versorgung unterscheidet sich wenig oder kaum von Regeneraten. Bei
Dysplasien kann der Blutfluss dort vermindert sein.
Leberkrebse kleiner als 3 cm Durchmesser färben sich meistens homogen an. Große
Tumoren lassen heterogene Kontrastbilder in Abhängigkeit von der Architektur
entstehen (Nekrose, Einblutung, fettige Metamorphose, Sklerosierung).
Während der arteriellen Phase beobachtet man manchmal den Übertritt von
Mikroblasen aus den Krebsarterien in kleine Portalvenen der Tumorumgebung.
Dabei tritt zeitweilig ein keilförmiges Areal oder ein koronaartiger Saum um das
Karzinom auf. Ursache sind arterioportale Tumorfisteln.
Im weiteren Kontrastverlauf verschwindet diese peritumorale Pseudoläsion mit dem
Einstrom des Signalverstärkers über die V. portae. Keil- oder strahlenförmig sich
ausbreitenden Phänomene werden auch bei der Tumorablation durch Alkoholinjektionen beobachtet. Das Verödungsmittel strömt dann aus dem Karzinom über
arterioportale Fisteln in die Umgebung. Dort löst es eine Entzündung mit
hyperämischen Arealen aus.
Die Rate falsch-positiver HCC-Diagnosen ist größenabhängig. Bei Krebsen kleiner
als 25 mm beträgt sie in den kontrastmittelnutzenden Methoden mindestens 20%.
Ursachen sind: 1. multiazinäre Regenerate geringer Dysplasie (höhere arterielle und
verminderte
portale
Perfusion),
2.
Kontrastphänomene,
die
Pseudoläsionen
erzeugen (vorrangig arterioportale Fisteln), 3. Hämangiome mit hohem Blutfluss,
4. arterienreiche Filiae, 5. fokal konfluierende Fibrosen und 6. Peliosis.
Die beste Therapieoption für das HCC ist die Transplantation. Sie ist kontraindiziert,
wenn 1. mehr als 3 Krebse vorhanden sind, 2. einer davon größer als 3 cm ist, 3. ein
solitäres HCC größer als 5 cm vorkommt oder 4. eine extrahepatische Ausbreitung
besteht.
Die Resektion wird favorisiert für Fälle ohne a) Zirrhose, b) Gefäßinvasion und
c) extrahepatische Ausbreitung. In westlichen Ländern trifft dies für weniger als
10% der Fälle zu. Beim Umbau kommt diese Methode nur für das Child-PughStadium A infrage. Bei gleichzeitigem Pfortaderhochdruck riskiert man dort bei 50%
der Patienten eine postoperative Leberdekompensation.
60
Für alle anderen Betroffenen mit HCC ist die Indikation zur Tumorablation zu
überprüfen.
Zur Erfolgsbeurteilung empfiehlt sich die Kontrastmittelsonografie ganz besonders.
Durch die Bläscheninjektion sind winzige Tumorarterien abzubilden, wenn dort
einzelne Mikroblasen einströmen.
Die sonografische Sensitivität des Nachweises vitaler Gewebsanteile wird von
keinem anderen Schnittbildverfahren oder durch die Angiografie erreicht!
Die Ablation von Leberkarzinomen durch perkutane Alkoholinjektion erzeugt
fächerförmige Schäden am umgebenden Parenchym durch abströmenden Alkohol
(Dehydratation, Denaturierung, Koagulationsnekrose). Zusätzlich entstehen arterioportale Fisteln durch die Traumatisierung des Lebergewebes (Punktionsnadel).
Diese Komplikationen fallen im Kontrastverlauf durch eine veränderte Signalanflutung auf.
Die Auflösung moderner Ultraschallgeräte hat die Metastasendetektion verbessert.
Weitere Fortschritte wurden erzielt, als Signalverstärker in der Mitte der 90iger-Jahre
Eingang in die Routinediagnostik fanden. Da die Angioarchitektur von Tumorgewebe
anders aufgebaut ist und bösartige Neoplasien die portale Durchblutung verlieren,
entstehen in den Phasen der sinusoidalen Kontrastierung ausgestanzt wirkende
„Perfusionsdefekte“.
Gefäßreiche
Filiae
finden
sich
bei
1. Nieren-,
2. Ovarial-
oder
3. Thyreoideakarzinom, 4. neuroendokrinem Tumor, 5. Melanom, 6. Sarkom und
7. manchen Lymphomen.
Gefäßarm
sind
Satelliten
von:
a. gastrointestinalen,
b. biliopankreatischen,
c. Plattenepithel-, d. Mamma-, e. Lungen-, f. Prostata- und g. Harnblasenkarzinomen.
Die Erkennbarkeit gefäßarmer Filiae ist am besten, nachdem Mikroblasen die
Sinusoide erreicht und sich in diesem System verteilt haben („sinusoidale“
Kontrastphase). Dann existiert der höchste Kontrast zwischen normal durchblutetem
Gewebe mit hoher Signalintensität und den Filiae mit Destruktion des sinusoidalen
Blutraumes. Mäßig gefäßhaltige oder adernreiche Tumoren verschwimmen jetzt
jedoch im Kontrastbild bzw. sind einige Zeit erneut nicht abgrenzbar. Gefäßarme
Metastasen sind zu Beginn der Leberkontrastierung leicht zu übersehen. Solange
sich Mikroblasen nur in den Arterien und Arteriolen aufhalten, ist die Intensitäts61
verteilung im Organ heterogen. In noch nicht angefärbten Abschnitten können sich
kleine Filiae „verstecken“, bis Kontrastmittel die arteriellen Kapillaren erreicht. Etwa
zu diesem Zeitpunkt beginnt sich der portalvenöse Mikroblasenzustrom auf die
Bildgebung auszuwirken. Dann wird die höchste Signalintensität erreicht.
Kontrastverstärkend wirkt sich der geringe bzw. fehlende Anteil der portalvenösen
Perfusion von Filiae aus. Dadurch grenzen sich schon Infiltrate von 1–2 mm
Durchmesser ab.
Anfänglich kann zu diesem Zeitpunkt eine zu hoch gewählte Blasenkonzentration die
Läsionen maskieren.
Korrespondenzadresse:
Univ.-Prof. Dr. med. Wolfram Wermke
Medizinische Klinik für Gastroenterologie,
Hepatologie und Endokrinologie
Charité – Campus Mitte
Schumannstr. 20/21
10117 Berlin
62
Verzeichnis der Referenten, Moderatoren und
wissenschaftlichen Organisatoren
PD Dr. M.J. Bahr
Gastroenterologie/Hepatologie
Medizinische Hochschule Hannover
Carl-Neuberg-Str. 1
30625 Hannover
[email protected]
Prof. Dr. T. Kahn
Klinik für Diagnostische Radiologie
Universitätsklinikum
Liebigstr. 20
04103 Leipzig
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Prof. Dr. K. Caca
Medizinische Klinik I
Klinikum Ludwigsburg
Posilipostr. 4
71640 Ludwigsburg
[email protected]
Prof. Dr. V. Keim
Innere Medizin II
Universitätsklinikum Leipzig
Philipp-Rosenthal-Str. 27
04103 Leipzig
[email protected]
Prof. Dr. S. Feuerbach
Röntgendiagnostik
Klinikum der
Universität Regensburg
93042 Regensburg
[email protected]
Prof. Dr. W. Kruis
Innere Medizin
Evang. Krankenhaus Kalk
Buchforststr. 2
51103 Köln
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Prof. Dr. W. Fischbach
Innere Medizin II
Klinikum Aschaffenburg
Am Hasenkopf 1
63739 Aschaffenburg
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Chirurgie II
Universitätsklinikum Leipzig
Liebigstr. 20a
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Prof. Dr. W. Hohenberger
Chirurgie
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Krankenhausstr. 12
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53127 Bonn
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Israelitisches Krankenhaus
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Gastroenterologie/Hepatologie
Medizinische Hochschule Hannover
Carl-Neuberg-Str. 1
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63
Prof. Dr. J. Mössner
Innere Medizin II
Universitätsklinikum Leipzig
Philipp-Rosenthal-Str. 27
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PD Dr. I. Schiefke
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In der Schornau 23-25
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Prof. Dr. J. Schölmerich
Klinik für Innere Medizin I
Klinikum der
Universität Regensburg
93042 Regensburg
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Prof. Dr. T. Seufferlein
Innere Medizin I
Universitätsklinikum Ulm
Robert-Koch-Str. 8
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Friedrich-Schiller-Univ. Jena
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