Online-Marketing für Bio-Produkte

Werbung
Online-Marketing für Bio-Produkte
Potentiale, Strategien, Erfolgsfaktoren
DISSERTATION
der Universität St. Gallen,
Hochschule für Wirtschafts-,
Rechts- und Sozialwissenschaften (HSG)
zur Erlangung der Würde eines
Doktors der Wirtschaftswissenschaften
vorgelegt von
Mischa Kolibius
aus
Deutschland
Genehmigt auf Antrag der Herren
Prof. Dr. Thomas Dyllick-Brenzinger
und
Prof. Dr. Uwe Schneidewind
Dissertation Nr. 2583
Die Universität St. Gallen, Hochschule für Wirtschafts-, Rechts und Sozialwissenschaften (HSG), gestattet hiermit die Drucklegung der vorliegenden Dissertation, ohne
damit zu den darin ausgesprochenen Anschauungen Stellung zu nehmen.
St. Gallen, den 11. Dezember 2001
Der Rektor:
Prof. Dr. Peter Gomez
Geleitwort
III
Geleitwort
Die Verknüpfung von Ökologie und Internet mag auf Anhieb irritieren, steht doch
„Ökologie“ für das Natürliche schlechthin und „Internet“ eher für dessen Gegenteil,
die bisher letzte Ausformung der technischen Entwicklung, welche ganz unmittelbar
mit Ressourcenverbrauch und Umweltbelastungen zusammen hängt. Und doch kann
man nicht die Augen davor verschliessen, dass die rasche Verbreitung des Internet insbesondere Handel und Vermarktung verändert und noch weiter verändern wird. Und
diese Entwicklung hat in ökologischer Perspektive sowohl negative wie auch positive
Effekte. Der Einzug der Elektronik führt einerseits zu eigenen ökologischen Belastungen, da diese zunächst einmal hergestellt werden muss, dann aber auch im Zuge ihres
Einsatzes Umweltbelastungen verursacht. Zudem ist offen, in welchem Ausmass durch
diese Entwicklung weitere Transportströme ausgelöst und neue, mehr oder weniger
ressourcenintensive Bedürfnisse geweckt werden. Gleichzeitig eröffnet der Interneteinsatz aber auch ökologische Einsparpotentiale. So ermöglicht er nicht nur die rasche
Verbreitung ökologisch relevanter Informationen, sondern kann auch energie- und materialintensive Logistikprozesse verringern oder ganz substitutieren. Wie die Ökobilanz
des Interneteinsatzes im Ergebnis aussieht ist deshalb auch eine offene, nicht einfach
zu beantwortende Frage. Es darf jedoch davon ausgegangen werden, dass generelle
Antworten weder möglich noch sinnvoll sind.
Die vorliegende Arbeit widmet sich einer anderen, eher marketingorientierten Fragestellung. Sie geht der Frage nach, wie die Möglichkeiten und Potentiale des Internets
für die Vermarktung von Bio-Lebensmitteln eingesetzt werden können. Ausgehend
von einer Analyse der Entwicklung des Bio-Lebensmittelmarktes in den deutschsprachigen Ländern, werden systematisch die Möglichkeiten und Grenzen des Interneteinsatzes für deren Vermarktung untersucht. Dabei werden die Internetpotentiale auf Anbieter- wie auf Nachfragerseite nüchtern analysiert und es kann nicht überraschen, dass
hierbei neben Chancen auch klare Schwächen und Probleme im Einsatz dieses neuen
Mediums zutage treten. Ausgehend von dieser Analyse werden in der Arbeit sodann
Lösungsansätze für das strategische Öko-Marketing entwickelt, aber auch die konkreten Ausprägungen eines ökologischen Online-Marketing-Mixes verdeutlicht. Die klassischen „vier P“ (Product, Price, Place und Promotion) werden hierbei zu den „vier C“
des Online-Marketing weiterentwickelt: Content, Commerce, Co-Location und Communication bzw. Community. Es wird sehr deutlich, dass der Einsatz des neuen Mediums dessen Eigenheiten berücksichtigen und gerecht werden muss, damit er erfolgreich werden kann.
IV
Geleitwort
Die Arbeit stellt insgesamt eine gleichermassen aktuelle wie kompetente Einführung in
das neue Feld des Online-Marketing dar, mit einem speziellem Fokus auf den Bereich
der Bio-Lebensmittel. Sie vermittelt einen breiten Überblick über Trends und Entwicklungen in Europa und USA und entwickelt eine systematische Konzeption für das ökologische Online-Marketing. Es handelt sich um ein gelungenes Beispiel anwendungsorientierter Foschung, das insbesondere handlungsleitende Einsichten und Ansatzpunkte für Praktiker verdeutlicht, aber aufgrund ihrer theoretisch fundierten konzeptionellen Beiträge auch mit Gewinn von Wissenschaftlern gelesen wird. Die Arbeit
entwickelt zukunftsträchtiges Neuland.
St. Gallen, im Februar 2002
Prof. Dr. Thomas Dyllick
Vorwort
V
Vorwort
„Der Wert des Buches richtet sich vor allem nach bestimmten Eigenschaften. In Leder
gebundene Bücher können beispielsweise beim Abziehen von Rasierklingen unbezahlbare Dienste leisten. Dünne Broschüren dagegen eignen sich vortrefflich dazu,
wackelnden Tischchen das Gleichgewicht wiederzugeben. Ein Lexikon ist hervorragend geeignet, einen Einbrecher gefechtsunfähig zu machen.“ Mark Twain, amerikanischer Humorist [1935 - 1910]
Welchen Wert die vorliegende Arbeit für den Leser haben wird, lässt sich nicht mit Sicherheit vorhersagen. Vielleicht wird sie dem Praktiker unbezahlbare neue Ideen für
sein Unternehmen liefern, vielleicht wird sie Stundenten und Wissenschaftlern Basis
für weitere Arbeiten in diesem Forschungsfeld sein. – Für mich, als den Autor, ist diese Arbeit nicht nur ein Produkt in Form einer wissenschaftlichen Leistung, sondern
gleichzeitig das Ergebnis eines Prozesses, durch den ich nicht nur als Wissenschaftler,
sondern auch als Mensch viel an Erkenntnissen gewonnen habe. Daher möchte ich an
dieser Stelle den Personen und Institutionen danken, die mir diesen wissenschaftlichen
Erfahrungsprozess ermöglichten, wichtige Impulse auf dem Weg zu der vorliegenden
Arbeit gegeben oder mich ein Stück auf dem Weg zur Dissertation begleitet haben.
Mein ausdrücklicher Dank gilt meinem Referenten Prof. Dr. Thomas Dyllick – nicht
zuletzt für die grosse akademische Freiheit, die er mir während meiner 3 jährigen Forschungszeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Webmaster am Institut für Wirtschaft und Ökologie an der Universität St. Gallen (IWÖ-HSG) einräumte. Prof. Dr.
Uwe Schneidewind danke ich für die freundliche Übernahme des Korreferats und die
gelungenen Doktorandennetzwerktreffen, bei denen ich viele neue Gesichter traf und
interessante Anregungen und Ansichten erhielt.
Wichtige Ideen dieser Arbeit sind im Rahmen des Forschungsprojektes „Von der ÖkoNische zum ökologischen Massenmarkt (ÖMAS)“ entstanden, welches der Schweizerische Nationalfonds 1996-1999 gefördert hat. Mein Dank gilt hierbei auch den
ÖMAS-Teammitgliedern Arnt Meyer, Rolf Wüstenhagen und Alex Villiger für die kritischen inhaltlichen Diskussionen im Rahmen der Entstehung des Buches „Jenseits der
Öko-Nische“. Mit dem ÖMAS-Team habe ich auch die Höhen und Tiefen der Teamarbeit kennen gelernt.
VI
Vorwort
Mein Dank geht auch an die Erfinder und Gründer des Internets, ohne das weder diese
Dissertation noch der Austausch mit Freunden und Kollegen möglich gewesen wäre.
Vor allem, da ich mit Hilfe dieses Mediums über die Forschungsarbeiten eines weiteren Doktoranden, Matthias Nachtmann, erfuhr. Die daraus resultierende Zusammenarbeit war nicht nur in wissenschaftlicher, sondern auch in menschlicher Hinsicht sehr
aufschlussreich und hat neben zahlreichen Publikationen auch eine gute Freundschaft
entstehen lassen.
Für die kritischen Anregungen selbst aus entfernten Ländern wie Neuseeland und den
Spass am Experimentieren mit dem Internet im Rahmen des oikos virtual campus danke ich meinem Kollegen Dr. Frank-Martin Belz. Katrin Wladarz hat mir sehr mit ihrem
Wissen in Grammatik und Zeichensetzung bei der Durchsicht des Manuskripts geholfen. An dieser Stelle sei auch allen anderen Personen gedankt, die mir entweder auf
Tagungen und Kongressen neue Ideen und Impulse lieferten oder mich auf andere Art
und Weise geistig und moralisch unterstützt haben.
Der grösste Dank gebührt jedoch meinen Eltern, die mich während meiner gesamten
Studienzeit grossartig und bedingungslos unterstützt haben und mir auch in schwierigen Zeiten in den drei Jahren in meinem „Elfenbeinturm Dissertation“ stets beistanden.
Ihnen habe ich es zu verdanken, dass ich diesen spannenden Weg gehen konnte. Daher
widme ich ihnen diese Arbeit.
St. Gallen, im Februar 2002
Mischa Kolibius
Inhaltsverzeichnis
VII
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis....................................................................................................
Tabellenverzeichnis.........................................................................................................
1
Einleitung ................................................................................................................ 1
1.1 Hintergrund und Problemstellung ...................................................................... 1
1.2 Zielsetzung der Arbeit und Adressaten .............................................................. 2
1.3 Forschungsleitende Fragestellungen .................................................................. 3
1.4 Stand der Forschung und methodisches Vorgehen ............................................ 4
1.5 Aufbau der vorliegenden Arbeit......................................................................... 7
2
Konzeptionelle Grundlagen................................................................................... 9
2.1 Strategie und strategisches Management ......................................................... 10
2.2 Analyse des Angebots: Porters Branchenstrukturanalyse ................................ 14
2.3 Analyse der Verbraucherbedürfnisse: Informationsökonomie und
Transaktionskostenansatz................................................................................. 17
2.3.1 Informationsökonomisches Konzept und Gütereigenschaften................ 18
2.3.2 Kosten-Nutzen und Nachfragerverhalten................................................ 19
2.4 Landkarte des ökologischen Massenmarktes ................................................... 22
3
Der deutschsprachige Markt für ökologisch erzeugte Lebensmittel............... 29
3.1 Angebotsseite: Status des ökologischen Landbaus .......................................... 30
3.1.1 Anbauflächen........................................................................................... 30
3.1.2 Marktvolumen und Umsätze an Bio-Lebensmitteln................................ 33
3.1.3 Hauptabsatzwege für Öko-Lebensmittel in den deutschsprachigen
Ländern ................................................................................................... 34
3.2 Nachfrageseite: Trends,Zielgruppen und biomarktspezifische Defizite.......... 37
3.2.1 Allgemeine Trends auf dem Lebensmittelmarkt ..................................... 37
3.2.2 Konsumententypen .................................................................................. 40
3.2.3 Defizite und Hindernisse ökologischer Märkte....................................... 45
3.2.4 Informations- und vertrauensbezogene Kaufbarrieren: Unsicherheit,
Opportunismus und adverse Selektion .................................................... 45
3.2.5 Kosten-Nutzen-bezogene Kaufbarrieren................................................. 48
VIII
4
Inhaltsverzeichnis
Internet und Electronic Commerce .................................................................... 55
4.1 Internet als Medium ......................................................................................... 55
4.1.1 Interaktivität ............................................................................................ 56
4.1.2 Hypermedialität ....................................................................................... 58
4.1.3 Multimedialität ........................................................................................ 59
4.2 Internet als Markt ............................................................................................. 60
4.2.1 Definitionen und Begriffe ....................................................................... 61
4.2.2 Erscheinungsformen von Electronic Commerce ..................................... 64
4.2.3 Eigenschaften elektronischer Märkte ...................................................... 66
5
Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen für die
Vermarktung von Bio-Lebensmitteln................................................................. 69
5.1 Einleitende Gedanken zum Thema „Ökologie und Internet“ .......................... 69
5.2 Internet-Potentiale auf Anbieterseite: Veränderte Wettbewerbsstruktur ......... 71
5.2.1 Rivalität im bestehenden Wettbewerb..................................................... 73
5.2.2 Verhandlungsmacht von Abnehmern ...................................................... 74
5.2.3 Verhandlungsmacht von Lieferanten ...................................................... 75
5.2.4 Bedrohung durch potentielle neue Konkurrenten ................................... 76
5.2.5 Substitutionsgefahren durch neue Produkte und Dienstleistungen ......... 81
5.2.6 Zusammenfassung der anbieterseitigen Potentiale des Internets ............ 82
5.3 Einflüsse des Internets auf die Rolle der Nachfrager....................................... 83
5.3.1 Informationsphase ................................................................................... 84
5.3.2 Kaufentscheidungsphase ......................................................................... 88
5.3.3 Abwicklungsphase................................................................................... 96
5.3.4 Kundenbindungsphase........................................................................... 100
5.4 Status Quo und Zukunft des Online-Marketings für Bio-Produkte ............... 110
5.4.1 Status Quo: E-Commerce-Angebote mit deutlichen Schwächen .......... 110
5.4.2 Zukunft des E-Commerce: Diffusionsbarrieren bergen Risiken........... 116
5.5 Zusammenfassung.......................................................................................... 123
6
Strategische Handlungsoptionen für Bio-Produkte im E-Commerce ........... 127
6.1 Zwei Wege zum Massenmarkt....................................................................... 127
Inhaltsverzeichnis
IX
6.2 Ausdehnung der Marktanteile von Produkten hoher und mittlerer Qualität.. 128
6.2.1 Gewinnung von Neukunden .................................................................. 128
6.2.2 Erhöhte Kundenbindung........................................................................ 134
6.2.3 Cross-Selling-Aktivitäten ...................................................................... 143
6.2.4 Neue Preisstrategien .............................................................................. 144
6.2.5 Virtuelle Kooperationen und Netzwerke............................................... 147
6.3 Anhebung der relativen ökologischen Produktqualität .................................. 150
6.3.1 Beratung/Information und Strategie der ökologischen Qualifizierung . 154
6.3.2 Ökologische Marktentwicklung ............................................................ 157
6.4 Sustainable Shrinking - Verringerung des Gesamtkonsums .......................... 160
7
Öko-Online-Marketing-Mix und Erfolgsfaktoren .......................................... 163
7.1 Online-Marketing-Mix: Vom „P“ zum „C“................................................... 163
7.2 Content ........................................................................................................... 166
7.3 Communication .............................................................................................. 170
7.4 Commerce ...................................................................................................... 173
7.5 Communities .................................................................................................. 174
7.6 Co-location..................................................................................................... 180
7.7 E-Commerce-Erfolgsfaktoren jenseits der Öko-Nische: Content,
Communication, Commerce, Community und Co-location........................... 182
8
Schlussbetrachtung und Ausblick..................................................................... 185
8.1 Ausgangspunkt und Zielsetzungen ................................................................ 185
8.2 Zusammenfassung der Ergebnisse ................................................................. 186
8.3 Ausblick: Bio im Cyberspace? ....................................................................... 190
9
Literaturverzeichnis........................................................................................... 195
Anhang: URL- Verzeichnis der Unternehmensbeispiele....................................... 207
X
Abbildungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1:
Abbildung 2:
Abbildung 3:
Abbildung 4:
Abbildung 5:
Abbildung 6:
Abbildung 7:
Abbildung 8:
Aufbau der Arbeit ................................................................................. 8
Konzeptionelle Grundlagen der Arbeit ................................................. 9
Das Rad der Wettbewerbsstrategie ..................................................... 12
Der Kontext der Formulierung von Wettbewerbsstrategien ............... 13
Fünf Triebkräfte des Branchenwettbewerbs ....................................... 15
Das Modell der nutzen-kosten-orientierten Kaufentscheidung........... 21
Die Landkarte des ökologischen Massenmarktes ............................... 23
Die zehn Länder mit der grössten ökologisch bewirtschafteten
Landfläche........................................................................................... 31
Abbildung 9: Leitmotive beim Essen ........................................................................ 39
Abbildung 10: Kosten- und nutzenbezogene Kaufbarrieren....................................... 49
Abbildung 11: Massenmedien und Internet im Vergleich .......................................... 56
Abbildung 12: Phasen im Electronic Commerce ........................................................ 61
Abbildung 13: Entwicklung des Internets zum elektronischen Marktplatz ................ 63
Abbildung 14: Beispiele für neue Bio-Anbieter auf dem Online-Markt .................... 66
Abbildung 15: Erweiterte Analyseeinheit des Bio-Lebensmittelmarktes ................... 72
Abbildung 16: Modell der Co-Opetition ..................................................................... 74
Abbildung 17: Katalogsuchmaschine Ökocity............................................................ 78
Abbildung 18: Geschäftsmodelle im B-t-C-Electronic Commerce ............................ 79
Abbildung 19: Vier elektronische Vertriebsmodelle................................................... 80
Abbildung 20: Wettbewerbskräfte des Electronic Commerce .................................... 82
Abbildung 21: Marktdefizite im Bio-Markt entlang des Phasenmodells.................... 84
Abbildung 22: Vertrauen durch EG-Prüfungsnummer ............................................... 91
Abbildung 23: Livekamera auf Bauernhöfen am Beispiel Bergquell ......................... 92
Abbildung 24: Verbindung realer und Internet-Welt am Beispiel des Feldhofs......... 93
Abbildung 25: Elektronische Fahrplanauskunft bei Ambrosia ................................... 99
Abbildung 26: Relevanz der Inhaltskomponenten von Internet-Auftritten von kurzund langlebigen Konsumgütern ........................................................ 102
Abbildung 27: Ansatz für ein ökologisches Online-Spiel......................................... 106
Abbildung 28: Der Austrian Country Market ........................................................... 108
Abbildung 29: Anteil der Warengruppen im Naturkosthandel ................................. 121
Abbildung 30: Gegenüberstellung von Defiziten, Chancen und Schwächen und
daraus resultierenden Chancen einer biospezifschen Differenzierung
entlang der Phasen der Kaufentscheidung ........................................ 126
Abbildungsverzeichnis
XI
Abbildung 31: Zwei Pfade aus der Öko-Nische........................................................ 128
Abbildung 32: Altersverteilung Naturkostkunden und Internetnutzer...................... 130
Abbildung 33: Bestellsystem unter ........................................................................... 133
Abbildung 34: E-Commerce-Wirtschaftlichkeit eines Kunden über die Jahre......... 135
Abbildung 35: Wirkungskette aus Mehrwert, Transaktion und Vertrauen ............... 137
Abbildung 36: Aufklärung über BSE und Einkaufsquellen für Bio-Fleisch ............ 139
Abbildung 37: Typologisierung der Mitglieder einer virtuellen Community ........... 141
Abbildung 38: Argumente für den Kauf bei organicsdirekt ..................................... 146
Abbildung 39: Strategische Handlungsoptionen im Rahmen von Kooperationen
und Netzwerken................................................................................. 149
Abbildung 40: Einflussfaktoren des umweltbewussten Kaufverhaltens................... 151
Abbildung 41: Naturaplan-Entdeckungsreise bei Coop Schweiz ............................. 156
Abbildung 42: Marketing-Mix im E-Commerce: Vom „P“ zum „C“....................... 163
Abbildung 43: Positionierungsansätze für Werbebotschaften im Internet................ 169
Abbildung 44: Wert und Verfügbarkeit kaufentscheidungsrelevanter
Informationsquellen .......................................................................... 171
Abbildung 45: Interaktion von Verbrauchern auf Verbraucherportalen................... 172
Abbildung 46: Grundidee des Powershopping: Gemeinsam mehr erreichen ........... 177
Abbildung 47: Internetpotentiale im Öko-E-Commerce und wichtige Erfolgsfaktoren aus Kundensicht .................................................................. 183
Abbildung 48: Phasen des digitalen Marketing ........................................................ 184
Abbildung 49: Faktoren eines erfolgreichen Interneteinsatzes ................................. 189
Tabellenverzeichnis
XIII
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Internet-Penetrationsraten in Europa 1999 .............................................. 30
Tabelle 2: Ökologischer Landbau in der Europäischen Union, den sechs
Beitrittsstaaten und in den EFTA-Ländern.............................................. 32
Tabelle 3: Naturkost-Marktvolumen ........................................................................ 33
Tabelle 4: Umsatzverteilung von Bio-Lebensmitteln nach Vertriebswegen ............ 35
Tabelle 5: Nachfragetrends – Folgen und Chancen für den Handel......................... 38
Tabelle 6: Lebensstilgruppen im Lebensmittelmarkt ............................................... 44
Tabelle 7: Auswahl strategischer Steuerungsgrössen und ökologischer
Implikationen........................................................................................... 71
Tabelle 8: Defizite und Internetpotentiale in der Informationsphase ....................... 87
Tabelle 9: Defizite und Internetpotentiale in der Entscheidungsphase .................... 96
Tabelle 10: Defizite und Internetpotentiale in der Transaktionsphase ..................... 100
Tabelle 11: Defizite und Internetpotentiale in der Kundenbindungsphase .............. 107
Tabelle 12: Nutzung medialer Interneteigenschaften in Bio-Sites ........................... 111
Tabelle 13: Zielgruppen Gut Wulksfelde ................................................................. 133
1. Einleitung
1
„Das Internet ist die wichtigste Errungenschaft der Menschheit seit der Erfindung des Buchdrucks“
Nicholas Negroponte, Amerikanischer Multimedia-Vordenker
1
Einleitung
1.1 Hintergrund und Problemstellung
Glaubt man den zahllosen Manifesten der New Economy und den Titelseiten von Magazinen und Wirtschaftszeitschriften, wird das Internet einhellig als die wichtigste
Technologie für den Weg ins nächste Jahrtausend angesehen.1 Auch Berater, Manager
und Wissenschaftler werden nicht müde, den Aufbruch ins digitale Zeitalter zu propagieren: „Das Internet ist die wichtigste Errungenschaft der Menschheit seit der Erfindung des Buchdrucks“2, „Wir stehen heute dort, wo sich die Industrielle Revolution
vor 100 Jahren befand“ oder „Das Internet wird die Welt revolutionieren.“3
Selbst wenn die anfängliche Euphorie über die New Economy nach dem Scheitern der
ersten Internet-Startups und dem nach wie vor geringen E-Commerce-Anteil am Gesamthandelsumsatz mittlerweile einer realistischeren Einschätzung gewichen ist, gewinnen Internetnutzung und E-Commerce zunehmend an Bedeutung:4 Aus vielen Ländern und Branchen werden steigende Nutzer- und Umsatzzahlen gemeldet,5 und in
keinem anderen Wirtschaftszweig sind die Wachstumsraten nur annähernd so hoch.6
Folgerichtig hat in letzter Zeit eine steigende Zahl von Unternehmen begonnen, sich
unter kommerziellen Gesichtspunkten mit den Möglichkeiten eigener InternetAktivtäten auseinanderzusetzen. Immer mehr Unternehmen versuchen, über das Internet neue Märkte zu erschliessen und bestehende Märkte mit der neuen Kommunikationstechnologie intensiver zu bearbeiten. Unternehmen, wie Dell oder Amazon, verdienen bereits Milliarden über den rein elektronischen Verkauf von Dienstleistungen
und Produkten und stellen mittlerweile eine ernstzunehmende Konkurrenz für den
klassischen Handel dar.
1
2
3
4
5
6
Vgl. hierzu z.B. Krause (1998), S. 353, Lütge (1999).
Zitat Nicolas Negroponte, einer der grossen Multimedia-Vordenker; zitiert nach Krause (1998), S. 353.
Zitat Nathan Myhrvold, Technologiechef von Microsoft; zitiert nach Lütge (1999).
Vgl. z.B. Forrester Research (1999); Fittkau/Maas (2000).
Vgl. Bauer/Huber/Henneberg (1999), S. 47.
Vgl. Boston Consulting Group (2000).
2
1. Einleitung
Vor diesem Hintergrund und der Tatsache, dass Öko-Produkte heute immer noch vielfach in einer Nische verharren7, stellt sich die Frage, welche Potentiale das Internet für
eine breitere Vermarktung ökologischer Produkte und Dienstleistungen bietet. Stellt
das Internet eventuell eine neue Schlüsselgrösse für das Marketing jenseits der ÖkoNische dar? Denn wo bisher geringe Werbebudgets und teure Public Relation die zumeist kleinen umweltorientierten Anbieter in der Öko-Nische verharren liessen, scheint
das Internet erstmals vollkommen neue Chancen zu eröffnen: Speziell im Endkundenbereich bieten die Möglichkeiten des elektronischen Handels mehr als nur einen weiteren Vertriebsweg für traditionelle Produkte. Neben dem Potential für die Entwicklung
und den Absatz von neuen Angeboten schafft die virtuelle Welt des Internets eine andere Qualität der Kundenbeziehung. Auch ökologieorientierte Anbieter können von
den Potentialen des Internets profitieren und Hindernisse, die auf ökologischen Märkten existieren, verringern oder gänzlich überwinden.
Doch die Praxis zeigt, dass die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten dieses Mediums nur
in den wenigsten Fällen richtig ausgeschöpft und umgesetzt werden. Ein systematisches und zielgerichtetes Vorgehen ist bei den meisten Unternehmungen die Ausnahme. Gerade ökologisch orientierte Online-Angebote sind – sofern überhaupt im Internet vertreten – wenig innovativ und mediengerecht: Der Internet-Surfer trifft häufig
auf unprofessionell gestaltete Web-Seiten oder Unternehmenspräsentationen im Stile
eines online geschalteten Firmenprospektes ohne jede Interaktionsmöglichkeit. Die
Vernachlässigung wichtiger Aspekte, wie strategische Planung, mediengerechte Implementierung oder Erfolgskontrolle, haben jedoch zur Folge, dass die hohen Erwartungshaltungen an das neue Medium nicht erfüllt werden können und sich Enttäuschung bei den Anbietern und Konsumenten einstellt.
1.2 Zielsetzung der Arbeit und Adressaten
Aus der skizzierten Problemstellung – dem Verharren von Bio-Produkten in der
Nische einerseits und den Chancen des Internets für die Vermarktung ökologischer
Produkte und Dienstleistungen andererseits – ergeben sich für diese Arbeit die folgenden zwei Zielsetzungen:
1. Die grundlegenden Probleme, Potentiale und kritischen Erfolgsvoraussetzungen in
Bezug auf die Vermarktung von ökologischen Lebensmitteln mit Hilfe des Internets zu analysieren (= theoretische Zielsetzung) sowie
7
Vgl. hierzu ausführlicher Villiger/Wüstenhagen/Meyer (2000).
1. Einleitung
3
2. darauf aufbauend praktische Handlungsempfehlungen für ein „Strategisches Online-Marketing-Management jenseits der Nische“ zu entwickeln, so dass Unternehmensvertreter ein Instrumentarium zur erfolgreichen Gestaltung des OnlineAuftritts erhalten (= praktische Zielsetzung).
Die Arbeit richtet sich somit zum einen an die innovativen Unternehmer der ÖkoBranche, die mit dem neuen Medium Internet bereits experimentieren und eigene Erfahrungen sammeln, um ihre Online-Aktivitäten stärker zu systematisieren und professionalisieren. Zum anderen richtet sich diese Arbeit auch an diejenigen, die bisher nur
einen ersten oberflächlichen Eindruck von den Fähigkeiten des globalen Netzwerks Internet gewonnen haben. Das Potential wurde von diesen Personen zwar erkannt, doch
die volle Tragweite der Internet-Entwicklungen für das berufliche und private Umfeld
vermögen sie zum derzeitigen Zeitpunkt nicht abzuschätzen.
1.3 Forschungsleitende Fragestellungen
Ausgehend von der dargestellten Problemstellung und den daraus abgeleiteten grundlegenden Zielsetzungen ergeben sich folgende Forschungsfragestellungen:
1. Bezüglich der Analyse der grundlegenden Probleme, Prinzipien und kritischen Erfolgsvoraussetzungen:
• Welche besonderen Probleme existieren auf Anbieter- und Nachfrageseite, die
dazu führen, dass Bio-Produkte in der Nische verharren?
• Welche Potentiale bietet das Internet zur Lösung dieser Probleme beim Endkunden und Anbieter durch die Veränderung der Marktstrukturen?
• Wo liegen die Grenzen des Öko-Online-Marketings?
2. Bezüglich der Gestaltung des Marktauftritts in Form eines Online-MarketingKonzeptes jenseits der Öko-Nische:
• Was sind geeignete strategische Handlungsoptionen eines ökologisch orientierten Online-Marketing jenseits der Öko-Nische?
• Welche Erfolgsfaktoren in Bezug auf das Marketing-Mix lassen sich aus Unternehmenssicht für ein erfolgreiches Online-Marketing jenseits der Öko-Nische
ableiten?
4
1. Einleitung
1.4 Stand der Forschung und methodisches Vorgehen
Ein Blick auf die vorliegende Literatur macht deutlich, dass sich die Wissenschaft bisher noch nicht eingehender mit dem Forschungsfeld „Ökologie und Neue Medien“ beschäftigt hat. Die mittlerweile zahlreichen Publikationen verdeutlichen zwar die Dynamik der Entwicklung, liefern insgesamt jedoch meist nur ein fragmentarisches oder
sehr oberflächliches Bild hinsichtlich der Implikationen für eine grundsätzliche kommerzielle Nutzung des Internets.8 Die wenigen bereits veröffentlichten theoretischen
Erklärungsmodelle und Konzepte können nur punktuelle Teilbereiche der komplexen
Entwicklung beleuchten (u.a. die Potentiale des Internets im Rahmen des betriebswirtschaftlichen Geschäftsprozesses, Fragen der Sicherheit beim Zahlungsverkehr, rechtliche Aspekte etc.). Ökologische Fragestellungen blieben aufgrund der geringen Tragweite dieses Marktsegmentes bisher ebenfalls unberücksichtigt.
Diese Mängel sind auf verschiedene Ursachen zurückzuführen: Zum einen handelt es
sich beim Forschungsfeld „Neue Medien“ um ein sehr junges Wissenschaftsgebiet, in
dem es noch weitgehend an wissenschaftlichen Konzepten mangelt. Während die amerikanische Forschung mit ihren Forschungsprojekten an der Owen Graduate School of
Management der Vanderbilt University in Nashville unter der Leitung der Professoren
Hoffmann und Novak9 bis heute wegweisend ist und auch verschiedene Beratungsunternehmen, wie Booz, Allen & Hamilton, Athur D. Little oder McKinsey, mit ihren
Projekten Pionierarbeit leisten10, hat die europäische Forschung noch Nachholbedarf.
Aufgrund der Tatsache, dass das Internet erst Ende 1989 in Europa eingeführt wurde,
überrascht es nicht, dass Forschungsergebnisse im deutschsprachigen Raum noch unzureichend vorhanden sind und sich i.d.R. mit dem Nutzungsverhalten oder demographischen Internet-Untersuchungen beschäftigen.11 Diese Studien besitzen wegen der
8
9
10
11
Vgl. Gräf (2000), S. 24.
Vgl. Gräf (2000), S. 24f. Unter dem Titel „Project 2000“ beschäftigt sich eine Vielzahl von Artikeln mit der
Anwendung bestehender Marketingtheorien auf das Internet. Vgl. hierzu ausführlicher
http://www.2000.ogsm.vanderbilt.edu sowie http://www.links2000.com.
Vgl. Gräf (2000), S. 25. Ein Beispiel ist die Zeitschrift der Firma Mc Kinsey „Mc Kinsey Quarterly“, die seit
1994 regelmässig Artikel mit strategischen Überlegungen zum Thema „Elektronische Netzwerke“, digitaler
Konsument, virtuelle Wertschöpfungskette, Online- Service und E-Commerce veröffentlicht.
Vgl. Weinhold-Stünzi (1989), S, 2-6; Weinhold-Stünzi (1996), S. 2-8. Als erste repräsentative Studien sind
hierbei die WB3-Studien von Fittau und Maas zu nennen. Die seit 1995 durchgeführte und in regelmässig
halbjährigen Abständen wiederholten Studien stellen die bislang aussagekräftigsten Ergebnisse im deutschsprachigen Raum dar. Zu beachten ist jedoch die Beschränkung auf Internet-Nutzer und die Selbstselektion
der Probanden, so dass die Studien formell nicht den Anspruch der Repräsentativität erheben können. Vgl.
Fittkau/Mass (2000). Im Internet unter www.w3b.de kostenlos abrufbar.
1. Einleitung
5
dynamischen Entwicklungen jedoch lediglich einen zeitpunktbezogenen Aussagewert
und sind daher relativ schnell überholt. Ausserdem weichen aufgrund verschiedener
Erhebungsmethoden die Aussagen über die Zugangs- und Nutzungszahlen oder die
demographischen Daten der Nutzer stark voneinander ab. Da die Erhebungen zudem
nicht regelmässig wiederholt werden und somit eine Überprüfung und Fortschreibung
von Prognosen kaum möglich ist, können diese Untersuchungen bislang kaum als Basis fundierter Marketingplanungen dienen.
Internationale Strategieberatungen, wie Anderson Consulting, Arthur D. Little, Booz,
Allen & Hamilton, Boston Consulting Group, Mc Kinsey & Company, KPMG etc.,
führen eigene Erhebungen durch, die über demoskopische Erhebungen hinausgehen
und an problemorientierten Lösungen arbeiten. Sie können somit zum konzeptionellen
Aufbau des allgemeinen Online-Marketing-Know-Hows beitragen. In der Regel sind
diese Studien jedoch nicht öffentlich zugänglich, da sie im Rahmen von Beratungsprojekten weiterverarbeitet werden. Meist kann nur auf Ausschnitte oder Einzelergebnisse, wie sie in Form von Presseberichten publiziert werden, zurückgegriffen werden. In
der Regel bleiben bei diesen Untersuchungen ökologische Fragestellungen unberücksichtigt, da es sich bei den beratenden Unternehmen um grosse Konzerne handelt, die
nicht auf die Vermarktung ökologischer Produkte und Dienstleistungen spezialisiert
sind.
Die Bearbeitung eines so aktuellen Themas in einem stark im Umbruch befindlichen
Umfeld bringt naturgemäss auch methodische Herausforderungen mit sich.12 Um diese
zu bewältigen, wird in der vorliegenden Arbeit aufgrund der praxisorientierten Zielsetzung und des bisher geringen Erkenntnisstandes im Schnittmengengebiet Ökologie und
Online-Marketing der Schwerpunkt bewusst auf eine anwendungs- und realitätsorientierte Forschung gelegt13:
• Anwendungsorientierte Wissenschaft: Ausgangsproblem ist das Verharren von Produkten in der Öko-Nische und die revolutionären Entwicklungen im Bereich des Internets, die jedoch seitens der Bio-Anbieter bisher noch kaum als Chance für die
Produktvermarktung gesehen werden. Es wird also von Problemen in der Praxis
ausgegangen, für die es derzeit keine befriedigende Problemlösung gibt.14 Nach H.
Ulrich ist dies ein konstitutives Merkmal anwendungsorientierter Wissenschaft.
• Realitätsorientierte, situative Wissenschaft: Ziel der Arbeit ist es, die bestehenden
Probleme auf Bio-Märkten zu hinterfragen und dadurch Chancen und Risiken für
die Online-Vermarktung von Bio-Lebensmitteln näher zu erkunden. Auf der Grund12
13
14
Vgl. Wüstenhagen (2000b), S. 4.
Vgl. Ulrich (1981) und (1984).
Vgl. Belz (1995), S. 5 sowie Ulrich (1981), S. 3-10.
6
1. Einleitung
lage der empirischen Ergebnisse und der theoretischen Erkenntnisse lassen sich
situationsspezifische Gestaltungsempfehlungen für Unternehmen der Lebensmittelbranche ableiten. C. Belz spricht in diesem Zusammenhang von realitätsbezogener,
situativer Forschung. 15 Situative Forschung geht vom Einzelfall aus und versucht
auf dem Wege der Induktion, allgemeine über das singuläre Ereignis hinausgehende
Erkenntnisse zu erlangen. Damit wird ein „Mittelweg zwischen Spezifizierung und
Generalisierung“ angestrebt.16
Da der Zusammenhang zwischen Ökologie und Neuen Medien noch relativ unerforscht
ist, liegt es nahe, einen qualitativen Forschungsansatz zu wählen, der durch Offenheit und Flexibilität gegenüber dem Untersuchungsgegenstand geprägt ist. Aus dieser
Perspektive wird Forschung als „Erleben“ und „Entdecken“ verstanden. Nicht Explikation im Sinne von Aufstellung und Überprüfung von Hypothesen steht im Vordergrund, sondern Exploration und Deskription.17 Auf Basis der Analyse aktueller Branchenpublikationen aus den betrachteten Ländern (Deutschland, Österreich, Schweiz),
den Besuch von Fachtagungen im In- und Ausland, die Durchführung von Workshops
mit Praktikern in Deutschland und der Schweiz, zahlreiche Expertengespräche aus dem
Internet- und Bio-Umfeld sowie ausführliche Recherchen im Internet sollen die Entwicklungen am Bio-Markt sowie im Bereich der Neuen Medien nachgezeichnet werden und daraus ein konzeptionelles Raster für die Ableitung von Strategien und Massnahmen für die Öko-Vermarktung per Internet abgeleitet werden. Obwohl empirische
Erkenntnisse in grossem Umfang verwendet werden, handelt sich hierbei um eine konzeptionelle Arbeit. Die empirischen Erkenntnisse dienen grundsätzlich nur der Illustration. Die vorliegende Arbeit stellt dabei die Weiterführung und Vertiefung der im
Rahmen des ÖMAS-Projekts18 am Institut für Wirtschaft und Ökologie an der Universität St. Gallen begonnenen Überlegungen im Schnittmengengebiet Ökologie und neue
15
16
17
18
Vgl. Belz, C. (1989), S. 8-11.
Vgl. Belz, C. (1989), S.9.
Vgl. Belz (1995), S. 5 sowie ausführlicher zu den Merkmalen qualitativer Forschung Mayring, P. (1990),
S. 9-25.
„Von der Öko-Nische zum ökologischen Massenmarkt (ÖMAS). Analyse und Gestaltung integrierter Produkt- und Akteursketten. Eine Untersuchung am Beispiel des Bedürfnisfeldes Ernährung.“ Der ÖMASAnalyserahmen ermöglicht die branchenübergreifende Untersuchung einer Entwicklung ökologischer Produkte von der Nische zum Massenmarkt. ÖMAS ist ein Teilprojekt des Integrierten Projektes IP Gesellschaft“ im
Rahmen des Schwerpunktprogrammes Umwelt (SPPU) vom Schweizerischen Nationalfonds zum Thema
„Nachhaltige Schweiz im internationalen Kontext: Visionen, Strategien und Instrumente, entwickelt am Bedürfnisfeld Ernährung.“ Es hatte eine Dauer von 4 Jahren (1996-1999). Vgl. hierzu ausführlicher
Belz/SchneidewindVilliger/Wüstenhagen (1997). Es handelt sich dabei um ein Anschlussprojekt an ein Forschungsprogramm, welches von 1993-95 am IWÖ-HSG unter dem Titel „Ökologie und Wettbewerbsfähigkeit
von Unternehmen und Branchen“ (ÖWUB) durchgeführt wurde und baut sowohl formal als auch inhaltlich
auf den Erkenntnissen und dem Konzept des ÖWUB-Forschungsprogramms auf.
1. Einleitung
7
Informations- und Kommunikationstechnologien dar.19 Im Rahmen dieser Ausführungen wurde gezeigt, dass das Internet vielversprechende Möglichkeiten für einen Weg
aus der Öko-Nische bietet. Die Erkenntnisse bauen auf den bisherigen wissenschaftlichen Arbeiten und Best-Practices der Praxis im Bereich Electronic Commerce auf und
erweitern diese um ökologische Spezifika. Darüber hinaus werden die theoretischen
und praktischen Forschungsergebnisse um erste Best-Practices aus dem OnlineMarketing ökologieorientierter Anbieter ergänzt.
1.5 Aufbau der vorliegenden Arbeit
Die vorliegende Arbeit besteht aus acht Kapiteln, die sich in 4 Teile untergliedern lassen: Einleitung (Teil 1), theoretische Zielsetzung (Teil 2), praktische Zielsetzung (Teil
3) und Schluss (Teil 4, Abbildung 1). Nach der Einleitung werden die theoretischen
Grundlagen zur Analyse des Marktes und zur Ableitung von Strategien dargelegt.
Hierbei wird auf Theorien der Strategischen Unternehmensführung, Porters Branchenstrukturanalyse sowie der Neuen Institutionenökonomie zurückgegriffen (Kapitel 2).
Kapitel 3 soll dem Leser ein fundiertes Verständnis der Ausgangslage auf dem Markt
für ökologisch erzeugte Lebensmittel vermitteln. Hierzu werden die grundlegenden
anbieter- und nachfragerseitigen Problemfelder auf dem ökologischen Lebensmittelmarkt erläutert.
In Kapitel 4 geht es um die Darstellung grundlegender Zusammenhänge und Definitionen in Bezug auf das Internet. Es werden sowohl die medialen als auch die marktlichen
Aspekte der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien diskutiert.
Im nächsten Schritt geht es um die Zusammenführung der beiden Forschungsbereiche
„Ökologie“ und „Internet“. Kapitel 5 – neben Kapitel 6 und 7 eines der Kernkapitel der
Arbeit – analysiert die Potentiale des Internets in Bezug auf die Vermarktung von ökologischen Produkten und Dienstleistungen näher analysiert. Hierbei wird der Einfluss
des Mediums auf die Wettbewerbssituation (Anbieterseite) und Rolle des Kunden
(Nachfrageseite) untersucht. Gleichzeitig werden der Status Quo der OnlineVermarktung für Bio-Lebensmittel beschrieben als auch Risiken und Restriktionen,
welche die heutige Internet-Praxis mit sich bringt.
Ausgehend von dieser statischen Analyse wird in Kapitel 6 erarbeitet, wie die Potentiale des Internets aus dynamischer Perspektive für die Vermarktung ökologischer Le19
Vgl. Kolibius (2000a). Die vorliegende Arbeit nimmt dabei Bezug auf wichtige konzeptionelle Bausteine und
entwickelt diese weiter.
8
1. Einleitung
bensmittel genutzt werden können. Dabei geht es nicht nur um die Diskussion strategischer Marketingziele und Zielgruppen, sondern auch strategischer Handlungsoptionen
„jenseits der Nische“. Auf Basis des Konzepts der Landkarte des ökologischen Massenmarkts soll die Frage beantwortet werden, inwiefern die Anbieter selbst die Wettbewerbsbedingungen aktiv zu ihren Gunsten beeinflussen können. Ziel ist die Erarbeitung von verallgemeinerbaren ökologieorientierten Gestaltungsmodellen, die einer
Systematisierung und Profilierung von ökologieorientierten Online-Aktivitäten dienen.
Aufbauend auf diesen identifizierten Möglichkeiten und unter Berücksichtigung der
Restriktionen des elektronischen Handels werden unter Einbezug der klassischen 4 P
des Marketing-Mixes (Product, Price, Promotion, Place) in Kapitel 7 geeignete Massnahmen für den Online-Marketing-Mix abgeleitet. Dabei wird auch diskutiert, inwieweit sich diese Massnahmen für den elektronischen Handel als zukünftige Erfolgsfaktoren darstellen werden.
Im letzten Kapitel werden die Ergebnisse kritisch beleuchtet; Hinweise auf weiteren
Forschungsbedarf und Anregungen für spätere Projektschwerpunkte schliessen die Arbeit ab (Kapitel 9).
Einleitung
1. Einleitung
2. Konzeptionelle Grundlagen
Strateg. Management, Branchenstrukturanalyse, neue ökonom. Verhaltenstheorie
theoretische
Zielsetzung
3. Der deutschsprachige Markt für ökologisch erzeugte Lebensmittel
- Anbieterseite (Status)
- Nachfragerseite (Probleme)
4. Internet und Electronic Commerce
-
Internet als Medium
- Internet und Markt
5. Ökologie u. Internet: Potentiale u. Grenzen d. Vermarktung von Bio-LBM
- Chancen/Risiken Anbieterseite
- Chancen/Risiken Nachfragerseite
praktische
Zielsetzung
6. Strategische Handlungsoptionen für Bio-Produkte im E-Commerce
Schluss
8. Schlussbetrachtung und Ausblick
7. Öko-Online-Marketing-Mix und Erfolgsfaktoren
Abbildung 1: Aufbau der Arbeit
Quelle: Eigene Darstellung
2. Konzeptionelle Grundlagen
2
9
Konzeptionelle Grundlagen
Die zentrale Frage dieser Arbeit lautet, welche Beiträge Electronic Commerce bei der
Vermarktung ökologisch erzeugter Lebensmittel leisten kann, um daraus strategische
Handlungsempfehlungen und Erfolgsfaktoren für das Online-Marketing von BioUnternehmen zu formulieren. Zur Klärung dieser Frage werden im vorliegenden Kapitel zunächst konzeptionelle Grundlagen vorgestellt, auf dessen Basis zum einen die
Ausgangssituation auf dem Bio-Lebensmittelmarkt näher analysiert wird, zum anderen
strategische und operative Aussagen in Bezug auf das Online-Marketing von BioLebensmitteln getroffen werden können.
Anbieterseite
Konzept des strategischen Managements (Kapitel 2.1)
Kapitel 2.2
Porters
Branchenstrukturanalyse
Anbieterseitige
Chancen/Risiken
Stärken/Schwächen
Sinkende Markteintrittsbarrieren, höhere Verhandlungsmacht des
Kunden...
Potentiale des
Internet
Kapitel 2.4.
Nachfragerseite
Landkarte des
ökologischen
Massenmarktes
Kapitel 2.3
Neue
ökonomische
Verhaltenstheorie
Ökologische Wettbewerbsstrategien
(jenseits der Nische)
Strategische HandlungsOptionen, Marketing-Mix
Nachfragerseitige
Defizite u. Probleme
auf Öko-Märkten
informationsbezogene
sowie kosten-/nutzen
bezogene Kaufbarrieren
Potentiale des
Internet
Abbildung 2: Konzeptionelle Grundlagen der Arbeit
Quelle: Eigene Darstellung
Grundlage der Arbeit bildet dabei das Konzept des strategischen Managements. In
Kapitel 2.1 werden die wichtigsten Bausteine dieses Konzeptes kurz vorgestellt (vgl.
Abbildung 2). Bei der Formulierung von Wettbewerbsstrategien müssen dabei generell
verschiedene Faktoren auf Anbieter- und Nachfrageseite berücksichtigt werden, die
10
2. Konzeptionelle Grundlagen
den Handlungsspielraum des Unternehmens begrenzen.20 Zur Evaluierung dieser Einflussfaktoren werden Theorien bzw. Konzepte unterschiedlicher Wissenschaftsdisziplinen hinzugezogen. Ein Konzept bildet die zur betriebswirtschaftlichen Literatur gehörende Portersche Branchenstrukturanalyse (Kapitel 2.2). Porters Konzept bildet einen Rahmen, um die anbieterseitig wirkenden Wettbewerbskräfte innerhalb der Branche zu eruieren (anbieterseitige Chancen/Risiken-Analyse). Unter anderem lässt sich
durch das Konzept ableiten, welche Veränderungen das Internet z.B. auf die Verhandlungsmacht der Nachfrager hat oder wie sich die Markteintrittsbarrieren durch die Potentiale der neuen Medien verändern. Die Analyse der nachfragerseitigen Faktoren
bzw. Hemmnisse auf dem Bio-Lebensmittelmarkt hingegen stützt sich auf die neue
ökonomische Verhaltenstheorie (Kapitel 0). Sie ist eine volkswirtschaftliche Theorie
und bietet ein geeignetes Analyseraster zur Identifizierung der auf ökologischen Märkten vorherrschenden Defizite und Probleme (nachfragerseitige Chancen/RisikenAnalyse). Mit ihrer Hilfe lassen sich u.a. kosten-/nutzenbezogene Kaufbarrieren ermitteln, die beispielsweise aus zu hohen Preisen für Öko-Produkte resultieren.
Die Erkenntnisse auf Anbieter- und Nachfrageseite bilden die Basis für die Gestaltung
strategischer Gestaltungsempfehlungen für das strategische Online-Marketing und die
Ableitung operativer Massnahmen im Rahmen des Online-Marketing-Mixes. Hierfür
wird auf das Konzept der Landkarte des ökologischen Massenmarktes zurückgegriffen (Kapitel 2.4). Die Landkarte des ökologischen Massenmarktes ermöglicht es, die
beiden im Hinblick auf die „Ökologisierung des Massenmarktes“ wichtigen Steuergrössen, ökologische Qualität sowie Marktanteile von Produkten, zueinander in Bezug zu setzen und mögliche Handlungsoptionen für das Globalziel „Ökologisierung
des Massenmarktes“ abzuleiten.21 Auf diesen Handlungsoptionen aufbauend können
dann geeignete Instrumente im Rahmen des Marketing-Mixes (Preispolitik, Distributionspolitik, Kommunikationspolitik, Produktpolitik) entwickelt werden.
2.1 Strategie und strategisches Management
Eine klare, langfristig ausgerichtete Strategie ist Voraussetzung dafür, eine aktive Rolle im Wettbewerb zu spielen.22 Ohne diese besteht die Gefahr, das Geschäft nur im
Sinne eines reaktiven „muddling through“23 zu führen. Insbesondere im E-Commerce
20
21
22
23
Vgl. Porter (1999a), S. 26.
Das Konzept der Landkarte des ökologischen Massenmarktes wurde erstmals veröffentlicht in der Zeitschrift
„Ökologisches Wirtschaften“, vgl. Wüstenhagen/Meyer/Villiger (1999).
Vgl. Busch (1995), S. 88; vgl. hierzu z.B. auch Meffert (1998), S. 74ff.; Tischler (1996), S. 461f..
Busch (1995), S. 88.
2. Konzeptionelle Grundlagen
11
vermisst man bei den meisten ökologisch orientierten Anbietern eine strategische Vorgehensweise. Viele Unternehmen agieren hier noch nach dem Trial-and-Error-Prinzip
und experimentieren mit laienhaft gestalteten Webauftritten. Dabei ist auch im
E-Commerce eine Business-Strategie von zentraler Bedeutung:
„The key point therefore, is that building any kind of electronic commerce systems requires a strategy, i.e. a vision of the goal to achieve, a clear rational of the business
value and a picture of the process to achieve such a goal while avoiding common pitfalls. In our opinion this is the only way of getting real benefits from such a system.
This strategy should include an understanding of the impact of electronic commerce on
an industry structure, the potential for new business models and the opportunities for
competitive advantage.”24
In Anlehnung an obiges Zitat soll im folgenden unter dem Begriff der Wettbewerbsstrategie25 eine Kombination von Zielen, die ein Unternehmen verfolgt (a vision of the
goal to archieve), und Mitteln bzw. Wegen, die es dazu einsetzt (a picture of the process to achieve such a goal) verstanden werden.26 Ziel ist es, eine langfristig gewinnbringende Position (einen Wettbewerbsvorteil) zu erreichen, die sich gegenüber den
wettbewerbsbestimmenden Kräften innerhalb der Branche (industry structure) behaupten lässt.27 Wichtig im Rahmen der Wettbewerbsstrategie ist die Berücksichtigung der
Handlungen anderer relevanter Akteure im Umfeld der Unternehmung und Proaktivität, d.h. Planung.28 Im Zeitalter des E-Commerce spielt zudem noch die Ausbildung
neuer Geschäfts- oder Marktmodelle (z.B. Einkaufszentrum/Mall, Community, usw.)
eine zentrale Rolle im Wettbewerb.29
Abbildung 3 veranschaulicht die Unterscheidung von Zielen und Mitteln in Form eines
sogenannten „Rades der Wettbewerbsstrategie“:30 Die Nabe beinhaltet die Unternehmensziele, die allgemein festlegen, auf welche Weise das Unternehmen den Wettbewerb führen will und welches seine ökonomischen und nichtökonomischen Ziele sind.
Die Radspeichen stellen die Instrumente dar, mit denen das Unternehmen seine Ziele
24
25
26
27
28
29
30
Bloch et al. (1996).
Die einschlägige Terminologie des Strategiebegriffs wird weder in der Literatur noch in allen Unternehmen
gleich definiert. Vgl. Hinterhuber (1990), S. 49. Zu den Definitionen des Strategiebegriffs vgl. z.B.
Hax/Majluf (1984), S.21; Barney (1997), S.27; Andrews (1987), S. 13; Porter (1996), S. 68.
Diese Definition geht in starkem Masse auf Arbeiten von Andrews, Christensen et. al. in der Unternehmenspolitik-Gruppe der Harvard Business School zurück. Eine ausführliche Darstellung findet sich bei Andrews
(1987) sowie Christensen/Andrews/Brower/Hamermesh/Porter (1977). Die Arbeiten erörtern auch die Gründe, warum eine ausdrückliche Strategie für Unternehmen wichtig ist.
Vgl. Porter (1999a), S. 25.
Vgl. Staehle (1994), S. 575.
Vgl. hierzu Kapitel 5.2.4.
Vgl. Porter (1999b), S. 24ff.
12
2. Konzeptionelle Grundlagen
verfolgt. Die Instrumente können je nach Beschaffenheit der Branche vom Management mehr oder weniger genau spezifiziert werden. „Wie bei einem Rad müssen die
Speichen (die Instrumente) von der Nabe (den Zielen) strahlenförmig ausgehen und sie
reflektieren, und die Speichen müssen untereinander verbunden sein, wenn das Rad
rollen soll.“31
Produktprogramm
Zielmärkte
Finanzierung und
Finanzkontrolle
Marketing
Ziele
Forschung und
Entwicklung
Bestimmung der
Art und Weise,
wie der Wettbewerb geführt
wird
Ziele im Hinblick auf Rentabilitätssteigerung, Marktanteil, soziales Engagement usw.
Einkauf
Umsatz
Vertrieb
Personal
Fertigung
Abbildung 3: Das Rad der Wettbewerbsstrategie
Quelle: Porter (1999b), S. 25
Bei der Formulierung von Wettbewerbsstrategien müssen vier entscheidende Faktoren
berücksichtigt werden, die den Handlungsspielraum des Unternehmens begrenzen (vgl.
Abbildung 4):32
31
32
Porter (1999b), S. 26.
Vgl. Porter (1999b), S. 26
2. Konzeptionelle Grundlagen
13
• Die Stärken und Schwächen des Unternehmens,
• subjektive Werte der wichtigsten Führungskräfte,
• branchenspezifische Möglichkeiten und Gefahren (ökologisch wie technisch) sowie
• allgemeine Erwartungen der gesellschaftlichen Umwelt.
Branchenspezifische Möglichkeiten und Gefahren (ökologisch wie
technisch)
Stärken und
Schwächen
des
Unternehmens
Unternehmensinterne
Faktoren
Subjektive
Werte der
wichtigsten
Führungskräfte
Wettbewerbsstrategie
Unternehmensexterne
Faktoren
Allgemeine
Erwartungen
der gesellschaftlichen
Umwelt
Abbildung 4: Der Kontext der Formulierung von Wettbewerbsstrategien
Quelle: Porter (1999b), S. 26
Die Stärken und Schwächen eines Unternehmens ergeben sich aus dem Profil der Aktiva und Fähigkeiten, im Vergleich zu denjenigen seiner Konkurrenten. Die subjektiven Werte einer Organisation bestehen aus den Motivationen und Bedürfnissen der
wichtigsten Führungskräfte sowie jener Personen, die mit der Ausführung der Strategie
beauftragt sind. Die Kombination aus Stärken und Schwächen einerseits und Werten
andererseits bestimmt die (aus der Sicht der Unternehmens) internen Grenzen der
Wettbewerbsstrategie.
Die externen Grenzen werden bestimmt durch die Gegebenheiten der jeweiligen Branche und das weitere Umfeld des Unternehmens. Die branchenspezifischen Möglichkeiten und Gefahren kennzeichnen die Wettbewerbssituation mit ihren Risiken und Ertragschancen. Das weitere Umfeld wird bestimmt durch gesellschaftliche Erwartungen,
14
2. Konzeptionelle Grundlagen
die an das Unternehmen gerichtet werden, wie z.B. neue gesellschaftliche Strömungen,
Regierungspolitik usw.
Die vier genannten Faktoren sind zu berücksichtigen, bevor ein Unternehmen eine realistische und praktikable Liste von Zielen und Instrumenten entwickeln kann. Zur Ableitung geeigneter Strategien für E-Commerce-Aktivitäten im Bio-Lebensmittelbereich
wird es daher notwendig sein, die Ausgangsposition des Unternehmens im Markt näher
zu analysieren. Aufgrund des konzeptionellen Charakters der Arbeit und der Betrachtung der Gesamtbranche (und nicht des Einzelunternehmens) werden im folgenden lediglich die branchenspezifischen Chancen und Risiken im Umfeld der Unternehmung,
allgemeine Erwartungen der gesellschaftlichen Umwelt sowie allgemeine bzw. grundlegende Stärken und Schwächen der Unternehmen der Bio-Branche näher diskutiert.
Auf die Analyse der subjektiven Werte der Führungskräfte wird im Rahmen dieser Arbeit verzichtet.
2.2 Analyse des Angebots: Porters Branchenstrukturanalyse
Das Umfeld von Unternehmen hat sich vor allem in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts stark verändert; die Dynamik und die Komplexität der Umweltveränderungen
haben stark zugenommen. Das Internet hat diesen Trend durch seine revolutionären
Einflüsse auf unternehmensinterne und -externe Strukturen und Prozesse noch verstärkt. Aufgrund einer zunehmend unsicheren Zukunft stand die Frage im Mittelpunkt,
wie besser mit Diskontinuitäten umgegangen werden kann. Als Antwort darauf rückte
eine systematische Analyse der zukünftigen Chancen und Risiken in der Unternehmensumwelt in den Vordergrund.33 Als Analyseraster erlangte insbesondere Porters
Branchenstrukturanalyse in der Wissenschaft und Praxis eine herausragende Bedeutung.34 Der aus den fünf Wettbewerbskräften entwickelte analytische Rahmen ermöglicht es Unternehmen, sowohl komplexe Erscheinungen zu durchschauen, als auch –
auf diesen grundlegenden Zusammenhängen aufbauend – Wettbewerbsstrategien zu
formulieren, die zur Erlangung von Wettbewerbsvorteilen gegenüber Konkurrenten
genutzt werden können. Aus diesem Grund soll Porters Branchenstrukturanalyse auch
33
34
Vgl. Hinterhuber (1992), S. 23; Unternehmungen werden hierbei als offene, soziotechnische Systeme betrachtet, für die Austauschprozesse mit der natürlichen und sozialen Umwelt überlebensnotwendig sind. Vgl.
Staehle (1994), S. 595.
Vgl. Hambrick (1990), S. 257. Porters Branchenstrukturanalyse zielt auf die Analyse der Strukturbedingungen einer Branche und bietet damit die Basis zur Ableitung langfristig erfolgreicher Wettbewerbsstrategien.
Vgl. Porter (1999a und b). Der Portersche Ansatz gilt dabei nicht nur für ganze Branchen, sondern ist auch
auf die Ebene von Subbranchen und einzelne Marktsegmente übertragbar. Vgl. Belz (1998), S. 6.
2. Konzeptionelle Grundlagen
15
im Rahmen dieser Arbeit zur Analyse der anbieterseitigen Chancen- und Risiken
bzw. Stärken und Schwächen herangezogen werden. Durch Porters Konzept werden
insbesondere die tiefgreifenden Veränderungen innerhalb der Wettbewerbsstruktur der Bio-Lebensmittelbranche deutlich, die sich durch die Nutzung der neuen
Medien ergeben.
Nach Porter prägt die Branchenstruktur sowohl die spezifischen Spielregeln und Intensitäten des Wettbewerbs als auch die Strategien, die dem Unternehmen potentiell zur
Verfügung stehen. Kräfte ausserhalb der Branche spielen dabei nur bedingt eine Rolle;
da externe Kräfte meist alle Anbieter betreffen, kommt es auf die unterschiedlichen
Fähigkeiten der Unternehmen an, mit ihnen fertig zu werden. Die Intensität des Wettbewerbs in einer Branche wurzelt nach Porter in der Struktur, die der Branche zugrunde liegt und geht weit über das Verhalten der existierenden Wettbewerbsteilnehmer
hinaus. Die Branchenstruktur ist verhältnismässig stabil, kann sich aber im Laufe der
Zeit verändern. Strukturveränderungen verschieben die absolute und die relative Wettbewerbsstärke und können sich daher positiv oder negativ auf die Branchenrentabilität
auswirken.
Die Branchenstruktur und der Stand des Wettbewerbs in der Branche werden dabei im
wesentlichen von fünf Wettbewerbskräften bestimmt: Rivalität zwischen den bestehenden Wettbewerbern, neue Konkurrenten, Lieferanten, Abnehmer und Ersatzprodukte.35 Die Stärke der fünf Wettbewerbskräfte ist eine Funktion der zugrundeliegenden wirtschaftlichen und technischen Merkmale einer Branche. Deren wichtigste Elemente sind in Abbildung 5 dargestellt.
Wettbewerber
Lieferanten
Wettbewerb
Kunden
Ersatzprodukte
Abbildung 5: Fünf Triebkräfte des Branchenwettbewerbs
Quelle: Porter (1999a), S. 34
16
2. Konzeptionelle Grundlagen
Die fünf Kräfte bestimmen die Branchenrentabilität, weil sie die Preise, Kosten und
den Investitionsbedarf in der Branche beeinflussen. Die Abnehmermacht wirkt sich
bspw. auf die Preise aus, welche die Unternehmen verlangen können. Ebenso ist es,
wenn die Abnehmer leicht auf Ersatzprodukte ausweichen können. Die Verhandlungsstärke der Lieferanten bestimmt die Kosten der Rohstoffe und anderer Inputs. Die Gefahr des Markteintritts neuer Anbieter setzt den Preisen Grenzen und erhöht die erforderlichen Investitionen zur Abwehr neuer Anbieter. Ausprägung und Entwicklung der
jeweiligen Kräfte können in Abhängigkeit von der Branche sehr unterschiedlich sein
und können sich mit ihrer Entwicklung verändern.36 Folglich ist auch die Branchenattraktivität und die daraus abgeleitete durchschnittliche Rentabilität nicht in allen
Wirtschaftszweigen gleich.
Die fünf Wettbewerbskräfte verdeutlichen, dass der Wettbewerb in einer Branche weit
über die etablierten Akteure hinausgeht. Kunden, Lieferanten, Ersatzprodukte und potentielle neue Anbieter sind alle Konkurrenten für die Unternehmen der Branche und
können je nach Umständen mehr oder weniger wichtig sein. Alle fünf Wettbewerbskräfte bestimmen zusammengenommen die Wettbewerbsintensität und Rentabilität der
Branche. Ausschlaggebend für die Strategieformulierung sind dabei die stärksten dieser Kräfte. So wird selbst ein Unternehmen mit starker Marktstellung und geringer Bedrohung durch neue potentielle Konkurrenten nur geringe Erträge ernten, wenn es mit
einem höherwertigen oder billigeren Ersatzprodukt konfrontiert wird. Selbst wenn keine Ersatzprodukte existieren und kein Eintritt möglich ist, begrenzt eine intensive Rivalität unter den bestehenden Wettbewerbern die potentiellen Erträge.
Zu berücksichtigen ist auch, dass Strategien, welche die Branchenstruktur verändern,
sich als ein zweischneidiges Schwert erweisen können, da Unternehmen Struktur und
Rentabilität der Branche genauso leicht zerstören wie verbessern können. So kann anhaltendes „Preisdumping“ bspw. die Differenzierung untergraben.37 Markenlose Erzeugnisse können die Preisempfindlichkeit der Abnehmer erhöhen, einen Preiswettbewerb auslösen und neue Wettbewerber anziehen. Daher ist es notwendig, bei Strategieentscheidungen die langfristigen Auswirkungen auf die Branchenstruktur zu bedenken; die Folgen möglicher Reaktionen der Konkurrenten müssen vorweggenommen
werden und es darf nicht allein der mögliche Wettbewerbsvorteil im Vordergrund ste-
35
36
37
Die Auswirkungen der Wettbewerbskräfte auf die Branche werden ausführlicher in Kapitel 5.2 diskutiert.
Vgl. Porter (1999a), S. 34ff. Vgl. für den Handel mit Bio-Lebensmitteln ausführlicher Villiger/Wüstenhagen/
Meyer (2000), S. 11ff.
Vgl. hierzu auch Belz, Ch. (1989), der in diesem Zusammenhang von „Destruktivem Marketing“ (im Gegensatz zum „konstruktiven Marketing“) spricht.
2. Konzeptionelle Grundlagen
17
hen. Wenn die Nachahmung einer Massnahme durch grosse Mitwettbewerber darauf
hinausläuft, die Branchenstruktur zu zerstören, schadet das jedem. Insbesondere die
führenden Unternehmen einer Branche tragen daher eine besondere Verantwortung.
2.3 Analyse der Verbraucherbedürfnisse: Informationsökonomie
und Transaktionskostenansatz
Die Befriedigung von Kundenbedürfnissen stellt aus Sicht des (Öko-)Marketings eine
zentrale Aufgabe dar.38 Ansonsten besteht die Gefahr, dass ökologische Produkte und
Leistungen in Nischen verharren. Konsequenterweise bildet deshalb das Nachfragerverhalten einen wichtigen Ausgangspunkt für das Öko-Marketing. Im Rahmen dieser
Arbeit interessiert vor allem, welche Probleme und Defizite auf Nachfrageseite bestehen. Sind die nachfragerseitigen Faktoren, die zu Kaufbarrieren führen, bekannt, lassen
sich Handlungsoptionen ableiten, wie diese Kaufbarrieren durch die Potentiale des Internet verringert bzw. aufgehoben werden können.
Zur Identifikation der Probleme und Defizite wird ein Analyseraster vorgestellt, das
auf der neuen ökonomischen Verhaltenstheorie basiert.39 Die neuere ökonomische
Theorie unterstellt, dass das Verhalten des einzelnen Individuums eine Funktion der
Restriktionen ist, welche den Handlungsspielraum des Individuums begrenzen und der
Präferenzen, welche die Wertvorstellungen des Individuums enthalten. Formal ausgedrückt: Verhalten = f(Restriktionen, Präferenzen).40
Restriktionen begrenzen den Handlungsspielraum des einzelnen Individuums. Hierbei
wird in der neuen ökonomischen Verhaltenstheorie davon ausgegangen, dass das Individuum niemals alle Handlungsmöglichkeiten kennt, sondern lediglich einen Teil davon (eingeschränkte Rationalität).41 Das Individuum ist sich auch nicht über alle möglichen Konsequenzen aus den möglichen Handlungen im Klaren; es besteht Unsi38
39
40
41
Vgl. Belz (2001), S. 65.
Vgl. z.B. Richter, R./Furubotn, E. (1996); Williamson, O.E. (1990). Das ökonomische Verhaltensmodell
(„Rational-Choice“-Ansatz in Verbindung mit „sozialen Dilemmata“ stellt „einen aussichtsreichen Kandidaten zur Erklärung des ökologischen Konsumentenverhaltens“ dar. Vgl. Belz (2001), S. 65. Vgl. hierzu auch
die Überblicksstudie von Kuckartz zu verschiedenen theoretischen Ansätzen und empirischen Arbeiten über
das umweltbewusste Konsumentenverhalten im Auftrag der Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und
der Umwelt“ des 13. Deutschen Bundestages. In der Studie bezeichnet Kuckarts die Resultate der verhaltenswissenschaftlich geprägten Ansätze, die einen Wirkungszusammenhang zwischen Umweltbewusstsein
und Umweltverhalten herzustellen versuchen, als ernüchternd: Derartige Zusammenhänge sind empirisch nur
von geringem Ausmass oder schlichtweg nicht festzustellen Vgl. Kuckartz (1998), S. 51-81 in Belz (2001),
S. 65.
Vgl. Belz (2001), S. 88, Krol (1993), S. 20.
Vgl. zu den Annahmen der neuen ökonomischen Theorie (methodologischer Individualismus, Nutzenmaximierung, opportunistisches Verhalten, eingeschränkte Rationalität) Richter/Furubotn (1996), S. 3-5.
18
2. Konzeptionelle Grundlagen
cherheit. An dieser Stelle setzt die Informationsökonomie an (Kapitel 2.3.1). Das Anliegen der Informationsökonomie ist die Beantwortung der Fragen, wie Märkte funktionieren, die durch Unsicherheit und asymmetrische Information der Marktteilnehmer
gekennzeichnet sind und welche Implikationen sich aus der Berücksichtigung unterschiedlicher Informationskosten für den Marktprozess ergeben.
Präferenzen hingegen enthalten die Wertvorstellungen des einzelnen Individuums, die
sich im Sozialisationsprozess herausgebildet haben. Entsprechend den bestehenden
Präferenzen bewertet das einzelne Individuum die zur Verfügung stehenden Handlungsalternativen und wägt deren Vor- und Nachteile gegeneinander ab. Unter Berücksichtigung des Nutzens und der Kosten entscheidet sich das Individuum für die Möglichkeit, welche den Präferenzen am ehesten entspricht und den höchsten Nettonutzen
verspricht (Kapitel 2.3.2). Um ein differenziertes Bild der verschiedenen Nutzenkategorien zu erhalten, welche Produkte und Leistungen stiften, wird die Vershofensche
Nutzentheorie behandelt. Die Erfassung verschiedener Kostenkategorien geht u.a. auf
die Transaktionskostentheorie zurück.
2.3.1 Informationsökonomisches Konzept und Gütereigenschaften
Das informationsökonomische Konzept unterstellt, dass Informations- und Unsicherheitsprobleme auf dem Markt eher auf Markt- und Gütereigenschaften zurückgeführt
werden als auf die begrenzte Fähigkeit von Marktteilnehmern, Entscheidungen zu fällen. Aus informationsökonomischer Perspektive kann man drei verschiedene Produkteigenschaften unterscheiden: Such-, Erfahrungs- und Vertrauenseigenschaften.42
Sucheigenschaften zeichnen sich dadurch aus, dass sie vom Verbraucher vor oder
während des Kaufes des Produkts durch blosse Inspektion feststellbar sind (z.B. Form,
Farbe und Material der Produkte, das Vorhandensein von Zubehör, aber auch der Preis
der Bezugsquelle). Erfahrungseigenschaften lassen sich erst nach dem Kauf aufgrund
der im Zusammenhang mit dem Produkt gemachten Erfahrungen überprüfen. Beispiele
für Erfahrungseigenschaften sind der Geschmack von Nahrungsmitteln oder die Haltbarkeit von Haushaltsgeräten. Vertrauenseigenschaften sind für den Kunden grundsätzlich nicht oder nur zu prohibitiv hohen Kosten feststellbar. Hierzu zählen z.B. die
schwer zu überprüfenden Wirkungen von Nahrungsmitteln oder Kosmetika auf das
Wohlbefinden und zugesicherte Eigenschaften eines Produkts, etwa die Beachtung von
ökologischen Standards bei der Produktion.
42
Vgl. Darby/Karni (1973), S. 67-88, Kaas (1990), S. 542-543 und Kaas (1995), S. 974-975.
2. Konzeptionelle Grundlagen
19
Je nach Wahrnehmung als Such-, Erfahrungs- oder Vertrauenseigenschaft bestehen
zwischen Anbietern und Nachfragern unterschiedliche Informationsasymmetrien, d.h.
ungleiche Informationsverteilungen über die Produkteigenschaften. Bei Vertrauenseigenschaften ist der Informationsvorsprung der Anbieter über die jeweiligen Produkteigenschaften am höchsten, nimmt bei Erfahrungseigenschaften ab und ist bei Sucheigenschaften am geringsten. So kann ein Nachfrager die Chlorfreiheit eines Papiers
oder die Pestizidbelastung von Bio-Lebensmitteln weder ex ante noch ex post überprüfen. Die unterschiedlichen Gütereigenschaften bewirken, dass die Informationslage variiert und somit unterschiedlich grosse Aktivitäten zur Erlangung von Informationen
notwendig sind.43 Folglich sind auch die Transaktionskosten unterschiedlich hoch.
Empirische Untersuchungen belegen, dass die Einordnung in Such-, Erfahrungs- und
Vertrauenseigenschaften nicht objektiv und a priori vorgegeben ist.44 Die Zuordnung
zu einer dieser Eigenschaftstypen wird vielmehr aufgrund der subjektiven Wahrnehmungskomponente, z.B. durch das Beurteilungsvermögen, die Erfahrungen des Nachfragers oder situationsspezifische Grössen, beeinflusst. So werden Bio-Lebensmittel
bei der Mehrheit der Konsumenten als Vertrauensgüter wahrgenommen. Bei BioGewohnheitskäufern ist jedoch zu erkennen, dass Bio-Produkte als Suchgüter wahrgenommen werden.45 Somit können die Informationskosten beim Kaufentscheidungsprozess sinken.
2.3.2 Kosten-Nutzen und Nachfragerverhalten
Im Rahmen der neueren ökonomischen Interpretation des Kaufverhaltens ist der Kauf
von Gütern auf Märkten und die Verwendung eines Produktes mit Nutzen und Kosten
für den Nachfrager verbunden.46 Die Kosten lassen sich gemäss dem Transaktionskostenansatz untergliedern in:47
• die Kosten der Vertragsanbahnung (Such- und Informationskosten)
• die Kosten des Vertragsabschlusses (Verhandlungs- und Entscheidungskosten)
• die Kosten der Überwachung und Durchsetzung vertraglicher Leistungspflichten
(Kontrollkosten)
43
44
45
46
47
Vgl. zu den Informationskosten ausführlicher Kapitel 3.2.
Vgl. Weiber/Adler (1995), S. 99.
Diese empirischen Ergebnisse kann man dahingehend interpretieren, dass sich die Kontrollkosten mit der
Einkaufshäufigkeit im Laufe der Zeit verändern. Gelingt es, die Vertrauenseigenschaften in „QuasiSucheigenschaften“ zu überführen, erübrigen sich die Kontrollkosten aus der Sicht des Konsumenten; sie tendieren gegen Null, da der Konsument die Aussagen der Hersteller oder Dritter für glaubwürdig erachtet und
ihnen Vertrauen schenkt. Vgl. Belz (2001), S. 143.
Vgl. Hüser (1996), S. 72.
Vgl. Ausführlicher Coase (1937) sowie in bezug auf den E-Commerce Downes/Mui (1998), S. 37f.
20
2. Konzeptionelle Grundlagen
Zusätzlich zu diesen Transaktionskosten entstehen dem Käufer positive Nutzeneffekte. Vershofen48 untscheidet dabei zwei Kategorien: Grund- und Zusatznutzen. Während der Grundnutzen auf den technisch-stofflichen Produkteigenschaften basiert und
sich aus dem Ge- bzw. Verbrauchsnutzen eines Produktes ableitet, ist der Zusatznutzen
seelisch-geistiger Natur. Er leitet sich zum einen aus der sozialen Sphäre ab (Fremdachtungsnutzen), zum anderen rührt er von der persönlichen Sphäre her. Hier kann
differenziert werden nach seelisch-geistigem Zusatznutzen aus Wertung, der auf ästhetischen oder ethischen Gesichtspunkten beruht (Selbstachtungsnutzen) und seelischgeistigem Zusatznutzen aus Leistung oder Schaffensfreude (Erbauungsnutzen).49 Die
Verhofensche Nutzentheorie eignet sich besonders für die Kategorisierung des ökologisch bedingten Produktnutzens. Für den Fall ökologisch erzeugter Lebensmittel besteht der unmittelbare Grundnutzen in der Befriedigung des menschlichen Grundbedüfnisses nach Essen und Trinken. Der mittelbare Grundnutzen ist die Bewahrung
bzw. Förderung der Gesundheit. Das gute ökologische Gewissen (Selbstachtungsnutzen) oder die Anerkennung durch Freunde und Bekannte (Fremdachtungsnutzen) stiften einen Zusatznutzen. Aus dieser Sicht wird der Sozialnutzen ökologischer Produkte
und Leistungen als Individualnutzen interpretiert.50 Zu den positiven Nutzeneffekten
des Such- und Informationsverhaltens kann aber auch z.B. die Befriedigung zählen,
durch gezielte Informationssuche einen geringeren Preis für ein ökologisches Gut zu
zahlen, ein Gut tatsächlicher, also nicht vorgetäuschter, ökologischer Qualität zu erwerben bzw. einen schlechten Kauf zu vermeiden (Erbauungsnutzen). Ein anderes
Beispiel hierfür wären auch die gewonnenen Kenntnisse und Erfahrungen (‘Humankapital’), die sich aus der Auseinandersetzung mit der Ware ergeben (Wissen über Preise,
Qualitäten usw.). Dieses Humankapital kann bei späteren Käufen genutzt werden und
dem Konsumenten bei wiederholten Transaktionen Kosten ersparen und ihm so einen
höheren Nutzen aus dem Konsum der Produkte ermöglichen.
Der Kauf ökologischer Produkte führt aber nicht notwendigerweise zu einem Nutzengewinn, sondern geht möglicherweise auch mit einem Nutzenverlust einher. Weist
Obst aus ökologischem Anbau z.B. Flecken auf, kann ein Ästhetikdefizit aus Sicht des
Konsumenten entstehen. Ist das soziale Umfeld des Konsumenten nicht besonders
umweltbewusst, besteht die Gefahr, als Öko-Spinner abgetan zu werden.
48
49
50
Vgl. Vershofen (1955).
Vgl. Meffert (1993), S. 51f.
Vgl. Kaas (1992), S. 475f. zur Unterscheidung von Sozial- und Individualnutzen im Zusammenhang mit ökologischen Produkten.
2. Konzeptionelle Grundlagen
21
Der Konsument wird die unterschiedlichen Transaktionskosten und -nutzen bei der
Kaufentscheidung mit berücksichtigen, da er als Nutzenmaximierer das Produkt mit
dem höchsten Nutzen bei geringsten Kosten erwerben möchte (vgl. Abbildung 6).51
Individuelle Nutzenwahrnehmungen
Gebrauchsnutzen
Erbauungsnutzen
Selbstachtungsnutzen
Fremdachtungsnutzen
Individuell wahrgenommene Nutzen-Bilanz
Individuell
Individuellwahrgenommene
wahrgenommene
Nutzen-Kosten-Bilanz
Nutzen-Kosten-Bilanz
Individuell wahrgenommene Kosten-Bilanz
Produktpreis
Beschaffungskosten
Verwendungskosten
Post-Verwendungskosten
Individuelle Kostenwahrnehmungen
Abbildung 6: Das Modell der nutzen-kosten-orientierten Kaufentscheidung
Quelle: Belz (2001), S. 78
Unter Berücksichtigung der Kosten und des Nutzens entscheidet sich das Individuum
für die Möglichkeit, welche seinen Präferenzen am ehesten entspricht und den höchsten Nettonutzen verspricht. Das umweltbewusste Konsumentenverhalten liesse sich
demnach aus Sicht der ökonomischen Theorie so interpretieren: „Übersteigt die Summe der Kosten, die mit dem Konsum (Vorkauf, Kauf, Gebrauch, Postverwendung)
eines ökologischen Gutes verbunden sind, diejenigen eines herkömmlichen Produktes
bei gleichhoch erwartetem Nutzen, wird der rational handelnde Konsument den Konsum der umweltbelastenden Variante präferieren.“52 Ein Anreiz besteht dann, wenn das
Nutzen-Kosten-Verhältnis von ökologischen Produkten besser als jenes herkömmlicher Produkte ist.53
51
52
53
Vgl. zu den Grundannahmen der Transaktionskostentheorie ausführlicher Richter/Furubotn (1996) sowie
Kaas (1994), S. 245ff.
Hüser (1996), S. 73.
Vgl. Hüser (1996), S. 72.
22
2. Konzeptionelle Grundlagen
Abschliessend ist hervorzuheben, dass es sich weder bei den Nutzen- noch bei den
Kostenkategorien um objektive Grössen handelt, die a priori vorgegeben sind. Sowohl
Nutzen als auch Kosten sind individuell wahrgenommene, subjektive Grössen, die sich
im Zeitablauf verändern können. Die individuelle Wahrnehmung und Einschätzung
hängt von einer Reihe personenbezogener und situativer Faktoren ab, wie bspw. Umweltbewusstsein, Umweltwissen, verfügbares Einkommen, soziales Umfeld und Kaufsituation.54
Ein methodisches Problem besteht in der Erfassung und Bestimmung der individuell
wahrgenommenen Nutzen- und Kostenkategorien. Generell gilt die Operationalisierung und Monetarisierung von Transaktionskosten als schwierig.55 Das Problem der
Operationalisierung und Quantifizierung wird jedoch dadurch verringert, dass es nicht
unbedingt notwendig ist, die absoluten Kosten zu ermitteln. Zur Ableitung von Gestaltungsempfehlungen reicht es vielfach aus, eine vergleichende Analyse der Transaktionskosten vorzunehmen.56 So werden in der vorliegenden Arbeit einzelne Kostenund Nutzenkategorien nicht primär erhoben, sondern unter Berücksichtigung empirischer Sekundärerhebungen qualitativ-verbal argumentiert.
2.4 Landkarte des ökologischen Massenmarktes
Während die konzeptionellen Bausteine der Kapitel 2.2 und 2.3. zur Analyse der Ausgangssituation und Identifikation von externen Chancen und Risiken bzw. unternehmensinternen Stärken und Schwächen dienten, bildet das Kapitel 2.4 die Basis für Ableitung von Strategien jenseits der Öko-Nische sowie die Ausgestaltung des operativen
Marketing-Mixes. Die Landkarte des ökologischen Massenmarktes stellt dabei ein
Konzept dar, das zur Beantwortung und Operationalisierung des im Rahmen dieser
Arbeit beabsichtigten Ziels, der „Ökologisierung des Massenmarktes“, herangezogen
werden kann.57 Das Konzept ermöglicht es, beide im Hinblick auf die Ökologisierung
des Massenmarktes wichtigen Steuergrössen, die ökologische Qualität sowie die
Marktanteile von Produkten, zueinander in Bezug zu setzen. Hierbei werden die von
Produkten einer Branche induzierten Umweltbelastungen sowie der IST-Zustand der
Diffusion unterschiedlicher ökologischer Produktstandards einer Branche graphisch
veranschaulicht.
54
55
56
57
Vgl. Belz (2001), S. 72f.
Vgl. Belz (2001), S. 77.
Vgl. Williamson (1990), S. 25 und Simon (1978), S. 6.
Das Konzept der Landkarte des ökologischen Massenmarktes wurde erstmals veröffentlicht in der Zeitschrift
„Ökologisches Wirtschaften“, vgl. Wüstenhagen/Meyer/Villiger (1999).
2. Konzeptionelle Grundlagen
23
Dem Konzept liegt die Annahme zugrunde, dass es prinzipiell möglich sei, die ökologische Qualität von bestimmten Produkten bzw. Marktsegmenten zu bestimmen. Die
praktische Operationalisierung dieser Annahme wirft zahlreiche Fragen auf, sie soll im
folgenden jedoch nicht weiter vertieft werden.58 Wie bei einer „richtigen“ Landkarte
handelt es sich bei dem Konzept um ein mehr oder weniger vereinfachendes, aber dennoch für einen bestimmten Anwendungsfall nützliches Modell der Wirklichkeit. Insbesondere lassen sich anhand des Modells die beiden grundsätzlichen Entwicklungspfade
in Richtung des Globalziels „Ökologischer Massenmarkt“ veranschaulichen.
Abbildung 7 zeigt eine solche „Landkarte des ökologischen Massenmarktes“, auf der
die angebotenen Produkte (bzw. Produktprogramme) einer Branche jeweils den beiden
Eigenschaften „ökologische Qualität“ und „Marktanteil“ zugeordnet sind.
E - Eco Plus
Höhere
ökologische
Qualität im
Gesamtmarkt
Relative ökologische Qualität
der Produkte
hoch
A - Eco Growth
Hohe
Qualität
FSustainable
Shrinking
D - Upgrading the Middle
C - Enlarging
„Bio“
the Middle
Mittlere
Qualität
B - Upgrading
Conventionals
„IP“
Niedrige Qualität
„konventionell“
niedrig
0%
Marktanteil
100 %
Vergrösserung des
(relativen) Marktanteils
Abbildung 7: Die Landkarte des ökologischen Massenmarktes
Quelle: Wüstenhagen/Meyer/Villiger (1999), S. 27
58
So kann eine derartige Operationalisierung ggf. nur exemplarisch anhand bestimmter Umweltdimensionen
(beispielsweise spez. CO2-Emissionen der Produkte, Anbauweise bei Lebensmitteln) vorgenommen werden.
Die umfassende Integration zu einer ökologischen Gesamtbewertung (beispielsweise in Form von Umweltbelastungspunkten) wird die Ökobilanzforschung vermutlich noch einige Jahre beschäftigen Vgl. zu den praktischen Operationalisierungsproblemen ausführlicher Villiger/Meyer/Wüstenhagen (2000), S. 17f. sowie die
Ausführungen in den einzelnen Branchenkapiteln (Villiger (2000a), S. 84ff.; Meyer, A. (2000), S. 158ff.;
Wüstenhagen (2000a), S. 234ff.
24
2. Konzeptionelle Grundlagen
Der linke Balken („Bio“) stellt Produkte mit hoher ökologischer Qualität (niedriger
spezifischer Umweltbelastung) dar, die erfahrungsgemäss keinen sehr hohen Marktanteil haben („Öko-Nische“). Für die im Rahmen dieser Arbeit näher betrachtete Lebensmittelbranche wären dies also Bio-Produkte, die nach den strengen Bio- oder ÖkoAnbaurichtlinien hergestellt wurden. Der rechte Balken („konventionell“) hingegen
stellt Angebote dar, die eine niedrige ökologische Qualität (hohe spezifische Umweltbelastung), dafür aber einen relativ hohen Marktanteil aufweisen („Massenmarkt“).
Beispiele hierfür sind Lebensmittel aus konventionellem Anbau. Prinzipiell lassen sich
zwischen diesen beiden Extremen beliebig viele Zwischenstufen identifizieren, so dass
sich eine hyperbelförmige Kurve ergäbe, welche in der Abbildung punktiert dargestellt
ist. Produkte mit mittlerer ökologischer Qualität und einem von Branche zu Branche
schwankenden Marktanteil werden vereinfachend in einer dritten Gruppe zusammengefasst (mittlerer Balken). In dieser Gruppe wären z.B. Lebensmittel aus integrierter
Produktion (IP) zu finden.59
Anhand von Abbildung 7 lassen sich nun sowohl die Zielsetzung eines „ökologischen
Massenmarktes“ als auch alternative Wege dorthin veranschaulichen: Das (Global-)
Ziel, eine „Ökologisierung des Massenmarktes“, besteht in einer Verkleinerung der
grau schraffierten Fläche. Der Idealfall wäre gegeben, wenn die Grösse dieser Fläche
gegen Null sinkt, d.h. Produkte mit maximaler ökologischer Qualität bzw. minimaler
spezifischer Umweltbelastung einen Marktanteil von 100% inne hätten. Da es sich bei
dieser Vorstellung allenfalls um eine regulative Idee, nicht jedoch um eine realistische
Operationalisierung handelt, müssen andere Indikatoren für eine Operationalisierung
herangezogen werden. Hierfür bieten sich folgende Möglichkeiten an:
„Ein „ökologischer Massenmarkt“ ist erreicht, wenn ...
a) ....die grau schraffierte Fläche einen als ökologisch vertretbar anzusehenden
Grenz- (oder Schwellen-) wert x nicht übersteigt. (wobei x beispielsweise für den
CO2-Ausstoss in Tonnen steht)
b) ....die durchschnittliche ökologische Qualität der angebotenen Produkte einen als
vertretbar anzusehenden Mindeststandard y erreicht hat (wobei y beispielsweise
der durchschnittliche Flottenverbrauch in der Automobilbranche sein kann).
c) ....der Marktanteil von „Premium-Öko-Produkten“ einen als zufriedenstellend angesehenen Wert (beispielsweise 50 %) erreicht hat.“60
59
60
Vgl. Villiger (2000a) und Villiger (2000b).
Villiger/Wüstenhagen/Meyer (2000), S. 19f.
2. Konzeptionelle Grundlagen
25
Jede der drei Varianten einer Operationalisierung des ökologischen Massenmarktes
haben spezifische Vor- und Nachteile. Variante a) beispielsweise ist gut kompatibel
mit der Umweltpolitik; mit ihr kann u.a. der Grad der Erreichung von Klimaschutzzielen gemessen werden. Der Vorteil von Variante b) ist der Produktbezug, der dafür sensibilisiert, dass ein diversifiziertes Sortiment aus Produkten mit unterschiedlicher ökologischer Qualität vermutlich der Vorstellung eines ökologischen Massenmarktes in
der Realität am nächsten kommt. Ihr Nachteil liegt in der vergleichsweise aufwendigen
Operationalisierung. Variante c) ist komplementär zu Variante b. Sie ist vergleichsweise einfach zu operationalisieren und bedingt im Unterschied zu den beiden anderen
Varianten keine vollständige Information über die Verteilung der Marktanteile und
ökologische Belastung im Gesamtmarkt. Der Nachteil liegt in einer Ignoranz gegenüber Belastungen und Entlastungspotentialen in anderen Marktsegmenten.61
Die Landkarte des ökologischen Massenmarktes stellt zunächst eine statische Beschreibung der IST-Situation in einer Branche dar. Sie kann jedoch auch Ausgangspunkt für eine dynamische Betrachtung sein, indem verschiedene Veränderungsprozesse aufgezeigt werden. So lassen sich analytisch sechs verschiedene Entwicklungspfade
unterscheiden, die eine Annäherung an das Ziel ermöglichen. Diese sind in Abbildung
7 mit den Buchstaben A bis F gekennzeichnet und werden im folgenden kurz beschrieben.62
A) ECO-GROWTH – Ausweitung des Marktanteils von „Premium-Öko-Produkten“
Beim Entwicklungspfad des ECO-GROWTH geht es um die Ausweitung des Marktanteils derjenigen Produkte, welche die höchste ökologische Qualität ihrer Branche aufweisen („Premium-Öko-Produkte“). Er stellt den klassischen Weg einer Entwicklung
von der Öko-Nische zum ökologischen Massenmarkt dar. Die Marktanteilsausweitung
kann dabei sowohl von kleinen bis mittleren spezialisierten Anbietern („Davids“) oder
innerhalb des Sortiments von Grossunternehmen („Goliaths“) mit einem gemischten
Angebot erfolgen. Mögliche Subentwicklungspfade wären z.B.:63
• Die Umsatzsteigerung bestehender Spezialanbieter von Premium-Öko-Produkten
(„Upscaling Davids“),
• das Aufkommen neuer Spezialanbieter („Multiplying Davids“)
• Umsatzsteigerung des Premium-Öko-Segments bei grossen Unternehmen der Branche durch Marktanteilszuwachs oder Ausdifferenzierung des Sortiments („Greening
Goliaths“).
61
62
63
Vgl. Villiger/Wüstenhagen/Meyer (2000), S. 20.
Vgl. Villiger/Wüstenhagen/Meyer (2000), S. 22ff.
Vgl. zum Konzept der Davids und Goliaths ausführlicher Wüstenhagen (1998).
26
2. Konzeptionelle Grundlagen
B) UPGRADING CONVENTIONALS – Anheben des ökologischen Mindeststandards
im konventionellen Massenmarkt
Der dem ECO-GROWTH entgegengesetzte Entwicklungspfad UPGRADING CONVENTIONALS setzt am anderen Ende des Marktes an; bei jenem Segment, welches
sich durch vergleichsweise niedrige ökologische Qualität auszeichnet, jedoch einen
hohen Marktanteil aufweist. Hier können bereits kleinere relative Verbesserungen
durch Anheben des ökologischen Mindeststandards zu spürbaren ökologischen Entlastungen führen.64 Einer weiteren Ausdehnung dieses dritten Entwicklungspfades sind
trotz eines vernünftigen Preis-/Leistungsverhältnisses insofern Grenzen gesetzt, als
Lebensmittel des mittleren Segments auf dem Markt schwer zu positionieren sind.65
C) ENLARGING THE MIDDLE – Ausdehnung des Mittelsegments zulasten
konventioneller Produkte
Im Rahmen dieses Entwicklungspfades wird eine Ausweitung des Marktanteils des
Segments mit mittlerer ökologischer Qualität („IP-Segment“)66 angestrebt. Sofern diese Ausweitung zu Lasten des Segments mit niedriger ökologischer Qualität erfolgt,
kann hier ebenfalls ein hohes Mass an Umweltentlastung realisiert werden. Es muss
jedoch angemerkt werden, dass eine Übersetzung dieses Entwicklungspfades in Strategieempfehlungen mit Schwierigkeiten behaftet ist. „Dadurch dass im hier beschriebenen Mittelsegment weder eine ausgeprägte Qualitäts- noch Kostenführerschaft realisierbar ist, riskieren Unternehmen, falls es Ihnen nicht gelingt, sich in anderer Weise
einen Alleinstellungsvorteil zu verschaffen, am Ende möglicherweise zwischen allen
Stühlen zu sitzen.“67 Zudem scheint dem „hybriden“ Konsumenten ein Mix aus Hochqualitäts- und Billigprodukten leichter vermittelbar zu sein als eine vernünftige Zwischenlösung.68
D) UPGRADING THE MIDDLE – Anheben der ökologischen Qualität im
Mittelsegment
Ein weiterer Entwicklungspfad besteht in einer Anhebung der ökologischen Standards
im Mittelsegment. Auch dieser Weg ist aus Unternehmenssicht eher kritisch zu
beurteilen, da man damit zum einen Gefahr läuft, sich (strategisch) den auf dem Markt
bereits positionierten Bio-Produkten anzunähern. Zum anderen besteht das Risiko, die
64
65
66
67
68
Die Anhebung des Mindeststandards kann beispielsweise durch technologischen Fortschritt oder freiwillige
Selbstverpflichtungen der Unternehmen zur Verbesserung ihrer Umweltleistung (z.B. im Rahmen von ISO
14001) oder durch die Politik erfolgen.
Vgl. Villiger (2000a), S. 92.
IP steht in der Landwirtschaft für „Integrierte Produktion“, eine Anbauweise, die mit gemässigtem Chemieeinsatz arbeitet. Vgl. hierzu z.B. Villiger (1998).
Villiger/Wüstenhagen/Meyer (2000), S. 24.
Vgl. Villiger (1998), S. 49f.
2. Konzeptionelle Grundlagen
27
reits positionierten Bio-Produkten anzunähern. Zum anderen besteht das Risiko, die
breite Mittelschicht der ein „vernünftiges“ Preis-Leistungsverhältnis suchenden Konsumenten zu verlieren, da die Produkte dieses Segments in der Regel nicht ausgesprochene Qualitätskäufer ansprechen.69 Somit ist eine ökologische Qualitätssteigerung nur
schwer zu vermitteln, insbesondere dann, wenn diese mit höheren Preisen erkauft werden muss. Die Überwindung dieser Hürde erfordert besondere Anreize, etwa ein differenziertes Öko-Label, politischen Handlungsdruck oder die Einführung eines Umweltmanagementsystems nach ISO 14001 mit dem damit verbundenen Zwang zur kontinuierlichen Verbesserung.
E) ECO PLUS – Anheben der ökologischen Qualität im „Premium-Öko-Segment“
Das Anheben der ökologischen Qualität im heutigen Premium-Öko-Segment stellt eine
weitere Alternative auf dem Weg zur Erreichung des ökologischen Massenmarktes dar.
Dies kann entweder durch die Verschärfung bestehender Kriterien (z.B. Senkung von
Grenzwerten) oder durch die Berücksichtigung neuer Kriterien (z.B. Regionalität von
Produkten) bei der ökologischen Beurteilung von Produkten geschehen. Es ist vorstellbar, dass sich das Bio-Segment dadurch in unterschiedliche Qualitätsstandards unterteilt. „Die untere Grenze würde dann möglicherweise von Bio-Produkten oder BioProgrammen gebildet, welche gerade noch die von der Bio-Verordnung vorgeschriebenen Mindestanforderungen einhalten („eco minimum“), wohingegen sich am oberen
Ende der Spannbreite Qualitätslabels herausbilden, zu deren Erlangung die Einhaltung
weiterer und strengerer Kriterien vorgeschrieben sind („Knospe+“).“70 Der BioWettbewerb könnte sich demzufolge zu einem differenzierten Öko-Wettbewerb ausweiten, in dem nicht nur die Anbauweise, sondern auch weitere ökologische Wettbewerbsfelder eine Rolle spielen.71 Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten: Möglicherweise könnte dieser Entwicklungspfad für gewisse Unternehmen neue Positionierungsmöglichkeiten eröffnen. Es könnte aber auch sein, dass das nicht allzu günstige
Aufwands-Ertrags-Verhältnis bzw. die hohen Grenzkosten derartiger ökologischer
Verbesserungen auf hohem Niveau für die Mehrheit der Unternehmen uninteressant
ist.
F) SUSTAINABLE SHRINKING – Verringerung des Gesamtkonsums
Ein alternativer Weg, die Umweltbelastung durch den Konsum herkömmlicher oder
ökologischer Produkte zu verringern, besteht in der Reduzierung des Gesamtkonsums.
Mögliche Szenarien liegen in Bereichen, wie Lebensdauerverlängerung, verändertes
Konsumverhalten, Substitution von Produkten durch Dienstleistungen usw. Aus Sicht
69
70
71
Vgl. Villiger (2000a), S. 93.
Villiger (2000a), S. 94.
Vgl. zu dieser Vision ausführlicher Villiger (1998), S. 66.
28
2. Konzeptionelle Grundlagen
der Lebensmittelbranche lässt sich die Strategie eines „Sustainable Shrinking“ durch
ein „weniger“ und ein „anders“ (z.B. Substitution von tierischen durch pflanzliche
Produkte) umschreiben.72
72
Vgl. Villiger (2000a), S. 94f. sowie Kapitel 6.4.
3. Der deutschsprachige Markt für ökologisch erzeugte Lebensmittel
3
29
Der deutschsprachige Markt für ökologisch erzeugte
Lebensmittel
Zur Beurteilung der Potentiale des Electronic Commerce im Markt für ökologisch erzeugte Lebensmittel und zur Ableitung von strategischen Empfehlungen ist ein Grundverständnis über Grösse, Probleme und Potentiale sowie Spielregeln des Marktes notwendig.73 Hierzu soll der deutschsprachige Markt für ökologisch erzeugte Lebensmittel untersucht werden, d.h. Österreich, Schweiz/Liechtenstein und Deutschland. Diese Länder zählen zu den wichtigsten Märkten innerhalb Europas und bieten
sich auch aufgrund des hohen Entwicklungsstandes bei der Verbreitung der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien als Untersuchungsgegenstand in Bezug
auf die Integrationspotentiale der neuen Technologien an (vergleichbar hohe InternetPenetrationsraten, vgl. Tabelle 1).74 Darüber hinaus sind die Zusammenhänge auf dem
Bio-Markt (Käufer- und Angebotsstruktur) bereits ausführlich untersucht.75
Die Analyse gliedert sich in zwei Schritte:
• Zunächst erfolgt eine übergreifende Betrachtung des Status des ökologischen
Landbaus (Angebotsseite). Hierbei wird der IST-Zustand des deutschsprachigen
Bio-Marktes in Bezug zum weltweiten ökologischen Landbau gesetzt.
• Anschliessend wird die Nachfrageseite analysiert. Hierbei werden sowohl die allgemeinen Nachfragetrends auf dem Lebensmittelmarkt als auch spezifische Defizite und Kaufbarrieren auf Endkundenseite auf Bio-Märkten diskutiert (Nachfrageseite).
Ziel ist es, einen Überblick über den Bio-Lebensmittelmarkt sowie die Besonderheiten
und Probleme auf ökologischen Lebensmittelmärkten zu bekommen.
73
74
75
Vgl. Staehle (1994), S. 586.
Von 100 Bürgern haben in Deutschland 30, in der Schweiz 29 und in Österreich 23 Bürger einen Internetzugang, vgl. Boston Consulting Group (2000), S. 8.
Vgl. Michelsen/Wynen/Roth (1999) sowie Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und
Forsten (1999).
30
3. Der deutschsprachige Markt für ökologisch erzeugte Lebensmittel
InternetPenetrationsrate (in %)
Jährliches Wachstum
(in %)
Schweden
68
170
Grossbritannien
37
280
Niederlande
34
210
Deutschland
30
200
Schweiz
29
110
Norwegen
26
200
Österreich
23
210
Finnland
22
160
Dänemark
20
220
Belgien
16
420
Frankreich
14
215
Italien
9
145
Spanien/Portugal
6
185
Europa Gesamt
24
200
Land
Tabelle 1: Internet-Penetrationsraten in Europa 1999
Quelle: Boston Consulting Group (2000), S. 8
3.1 Angebotsseite: Status des ökologischen Landbaus
3.1.1 Anbauflächen
Der ökologische Landbau ist weltweit auf dem Vormarsch: Derzeit werden ca. 10 Mio.
Hektar ökologisch bewirtschaftet.76 Die grössten Flächen befinden sich in Australien
(5,3 Mio. Hektar), Italien (958.687 Hektar) und den USA (900.000 Hektar). In der Europäischen Union (EU), ihren sechs Beitrittsstaaten (Estland, Polen, Slowenien, Tschechien, Ungarn, Zypern) und den Ländern der Europäischen Freihandelszone
EFTA (Island, Liechtenstein, Norwegen, Schweiz) werden inzwischen knapp 3,5 Millionen Hektar von fast 130.000 Betrieben ökologisch bewirtschaftet. Das sind etwas
über zwei Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche und knapp anderthalb Prozent
der Betriebe.
76
Vgl. Willer/Yussefi (2000), S. 18.
3. Der deutschsprachige Markt für ökologisch erzeugte Lebensmittel
31
Die relativen Anteile ökologisch bewirtschafteter Flächen an der gesamt bewirtschafteten Agrarfläche sind in Europa am höchsten. Allerdings unterscheiden sich die BioMärkte sehr in ihrer Entwicklung und den entsprechenden Marktbedingungen.77 Während in Zypern lediglich 15 Bauern nur 0,2 % der gesamten Landwirtschaftsfläche
ökologisch bewirtschaften, werden in Liechtenstein über 17 % der landwirtschaftlichen
Nutzfläche nach den Richtlinien des ökologischen Landbaus bebaut (vgl. Tabelle 2). In
den beiden anderen – neben Liechtenstein – im Rahmen dieser Arbeit näher untersuchten deutschsprachigen Ländern Österreich und Schweiz liegt der Anteil bei 8,4 %
(Österreich) bzw. bei 7,8 Prozent (Schweiz). Deutschland bewegt sich mit 2,6 Prozent
und ca. 8000 Landwirten innerhalb der EU im vorderen Mittelfeld.
Australien
5.293.723
5.293.723
Italien
Italien
958.687
958.687
USA
900.000
900.000
Deutschland
Deutschland
452.279
452.279
Argentinien
380.000
380.000
Spanien
Spanien
352.164
352.164
Frankreich
316.000
316.000
Österreich
Österreich
Grossbritannien
287.900
287.900
240.000
240.000
Canada
Canada
163.843
163.843
0
84.124
84.124
Schweiz
Schweiz
0
Fläche in ha
1.000.000
2.000.000
3.000.000
4.000.000
5.000.000
6.000.000
Fläche in ha
Abbildung 8: Die zehn Länder mit der grössten ökologisch bewirtschafteten
Landfläche (zusätzlich Schweiz zum Vergleich)
Quelle: in Anlehung an Willer/Yussefi (2000), S. 18
Insgesamt hat in der Europäischen Union zwischen 1986 und 1996 die ökologisch bewirtschaftete Fläche jährlich um durchschnittlich 30 Prozent zugenommen - in allen
Ländern ist die Tendenz weiter steigend.78 Das stärkste Wachstum verzeichnen Skandinavien und die Mittelmeerländer. So haben Schweden and Finnland nahezu den
Entwicklungsstand der Schweiz erreicht. Italien hat neuesten Statistiken zufolge ihre
im Jahre 1996 noch 18.000 ökologisch wirtschaftenden Betriebe auf 40.000 Betriebe
verdoppelt. Auch in Mittel- und Osteuropa findet ein starkes Wachstum statt. Die Aus-
77
78
Vgl. Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (1999) sowie Michelsen/Wynen/
Roth (1999).
Vgl. Willer/Yussefi (2000), S. 52.
32
3. Der deutschsprachige Markt für ökologisch erzeugte Lebensmittel
prägung der Märkte ist insgesamt stark von der historischen Entwicklung, dem Alter
und der Grösse der Märkte abhängig. Die dabei letztlich begrenzend bzw. treibend
wirkenden Faktoren sind die national unterschiedlichen Agrarstrukturen und Ernährungsgewohnheiten. Sie sind der Grund für die zum Teil erheblichen nationalen Unterschiede.
Land
Liechtenstein
Ökologische
Betriebe
% an allen
Betrieben
Ökofläche
in Hektar
% der landw.
Nutzfläche
35
16,00
660
17,00
20.207
8,84
287.900
8,41
Schweiz
5.070
6,80
84.124
7,80
Finnland
5.200
6,10
137.000
6,30
49.018
-
958.678
6,23
Dänemark
3.099
5,20
146.685
6,00
Schweden
3.253
3,80
15.5674
5,50
10.400
2,40
452.279
2,64
473
-
110.756
2,60
1.745
2,30
18.773
1,80
550
0,90
18.572
1,40
11.773
0,90
352.164
1,40
1.356
0,70
240.000
1,20
750
0,20
47.974
1,20
Niederlande
1.216
1,18
22.997
1,15
Frankreich
8.149
1,00
316.000
1,10
Luxemburg
29
1,10
1.002
0,80
Irland
1.058
0,70
32.478
0,70
Island
33
0,80
2.500
0,60
4.231
0,48
15.849
0,47
Estland
114
0,20
4.000
0,40
Slowakei
312
3.000
0,38
Polen
555
11.000
0,30
Zypern
15
-
30
0,02
Ungarn
451
-
34.500
-
129.092
-
3.454.604
Ø 3,01
Österreich
Italien
Deutschland
Tschechien
Norwegen
Belgien
Spanien
Grossbritannien
Portugal
Griechenland
Summe
Tabelle 2: Ökologischer Landbau in der Europäischen Union,
den sechs Beitrittsstaaten und in den EFTA-Ländern
Quelle: Willer/Yussefi (2000), S. 53
3. Der deutschsprachige Markt für ökologisch erzeugte Lebensmittel
33
3.1.2 Marktvolumen und Umsätze an Bio-Lebensmitteln
Detaillierte Zahlen zum internationalen Markt mit Bio-Produkten liegen mit der vom
International Trade Centre (ITC) Ende 1999 veröffentlichten Studie „Organic Food
and Beverages – World Supply and Major European markets“ vor.79 Nach der ITCStudie befinden sich die weltweit grössten Märkte für Bio-Produkte in Europa, USA
und Japan. In dieser Ländergruppe betrug das Marktvolumen 1997 11 Mrd. US$. Für
das Jahr 2000 wurde es mit 20 Mrd. US$ prognostiziert. Der grösste Markt für ökologische Lebensmittel ist Europa mit etwa 6,2 Mrd. US$ in 1997, gefolgt von den USA
mit 4,2 Mrd. US$ und Japan mit 1,1 Mrd. US$.
Innerhalb Europas ist Deutschland der umsatzstärkste Markt (Marktvolumen 1,8 Mrd.
US$, vgl. Tabelle 3), gefolgt von Italien (750 Mio. US$) Frankreich (720), Belgien
(620), Grossbritannien (450), der Schweiz und den Niederlanden (je 350), Spanien
(320), Dänemark (300), Finnland (260), Österreich (225) und Schweden (110).
NaturkostMarktvolumen
(in Mio US$)
Am gesamten
Lebensmittelhandel
(in %)
Jährliches Wachstum
(in %)
Deutschland
1800
1,2
10
Italien
750
0,6
20
Frankreich
720
0,5
20-25
Belgien
620
-
-
Grossbritannien
450
0,4
25-30
Schweiz
350
2
20-30
Niederlande
350
1
15-20
Spanien
320
-
-
Dänemark
300
2,5
30-40
Finnland
260
-
-
Österreich
225
2
15
Schweden
110
0,6
30-40
Gesamt
6255
-
-
Land
Tabelle 3: Naturkost-Marktvolumen
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Willer/Yusseffi (2000), S. 60
79
Vgl UNCTAD/WTO International Trade Centre (1999)
34
3. Der deutschsprachige Markt für ökologisch erzeugte Lebensmittel
Während der gesamte Lebensmittelmarkt stagniert, verzeichnet das Bio-Segment ein
stetiges Wachstum: Die prognostizierten jährlichen Wachstumsraten liegen je nach
Markt zwischen fünf und vierzig Prozent (vgl. Tabelle 3)80; es wird ein Anteil des BioMarktes am gesamten Lebensmittelmarkt in den nächsten Jahren von bis zu zehn Prozent erwartet.81
Der Handel mit Bio-Produkten ist inzwischen zu einem wichtigen Faktor auf dem globalen Lebensmittelmarkt geworden. Insgesamt gesehen spielt der Markt für ökologische Produkte in Europa aus volkswirtschaftlicher Sicht momentan jedoch nur eine untergeordnete Rolle. So betrug der Anteil der ökologisch bewirtschafteten Fläche an der
gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche 1996 durchschnittlich nur ca. 3%.82 Auch
der Marktanteil von Bio-Produkten ist gemessen am Gesamt-Lebensmittelumsatz noch
gering: Selbst in Ländern, wie der Schweiz oder Österreich, mit vergleichsweise hohen
Bio-Umsätzen und grossen Anbauflächen lag er nur bei 2 %. In Deutschland beträgt
der Marktanteil gerade einmal 1,2 %.83 Die Bio-Branche ist immer noch eine Marktnische im gesamten Lebensmittelhandel.84
3.1.3 Hauptabsatzwege für Öko-Lebensmittel in den deutschsprachigen
Ländern
Da im Rahmen dieser Arbeit der Absatz von Bio-Produkten an den Endkunden im
Vordergrund steht (d.h. der sogenannte Business-to-Consumer-Bereich), sollen im folgenden die Hauptabsatzwege für Öko-Lebensmittel näher untersucht werden. Beim
Absatz von Öko-Produkten können, ausgehend von den Einkaufsstätten der Verbraucher, drei wesentliche Absatzkanäle in Deutschland, Österreich und der Schweiz unterschieden werden:85 die Direktvermarktung durch Landwirte, der Absatz über den
Fachhandel (Naturkostfachhandel und Reformhäuser) sowie der konventionelle Lebensmitteleinzelhandel.86
80
81
82
83
84
85
86
So schätzt die Food and Agriculture Organisation (FOA) beispielsweise für Japan und Singapur ein jährliches
Wachstum von 20 %. Auch den Entwicklungsländern werden gute Chancen für die Vermarktung von BioProdukten vorhergesagt, da in diesen Ländern Produkte angebaut werden, die in Europa und Nordamerika
aufgrund der klimatischen Bedingungen nicht angebaut werden können (z.B. Tee, Kaffee, Kakao, Gewürze,
Gemüse, Zitrusfrüchte etc.). Vgl. Willer/Yussefi (2000), S. 24.
Vgl UNCTAD/WTO International Trade Centre (1999).
Vgl. Michelsen/Wynen/Roth (1999), S. 13. sowie Willer/Yussefi (2000), S. 60.
Vgl. Willer/Yussefi (2000), S. 35 und 108.
Vgl. Belz/Schneidewind/Villiger/Wüstenhagen (1997), S. 9.
Vgl. Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (1999); sowie für die Schweiz
Belz/Villiger (1998), S. 297ff; Belz (1997), S. 2ff..
Andere Absatzwege, wie der Verkauf über Fleischereien, Bäckereien und den übrigen Facheinzelhandel spielen nur eine untergeordnete Rolle. Vgl. Michelsen/Wynen/Roth (1999), S. 14.
3. Der deutschsprachige Markt für ökologisch erzeugte Lebensmittel
35
Die Direktvermarktung hat – Getreide, Milch und Rindfleisch ausgenommen – grosse Bedeutung. In allen drei Ländern beträgt diese Absatzform ca. 20 % (vgl. Tabelle
4).87 Hinsichtlich der beiden übrigen Absatzwege sind die Entwicklungen in den drei
Ländern recht unterschiedlich. Der Fachhandel, der den Naturkostfachhandel, die Reformhäuser und das Nahrungsmittelhandwerk umfasst, hat in Deutschland nach wie
vor eine wichtige Stellung in Bezug auf den Absatz von Öko-Produkten (46 %). Allerdings ist hier eine Abschwächung der Wachstumsraten unverkennbar: So stagnierte der
Umsatz in den Reformhäusern in den letzten vier Jahren. Auch in Österreich und der
Schweiz sind die Zahlen rückläufig.88 Hier liegt die Umsatzverteilung nur noch bei
21 % (Schweiz) bzw. 9 % (Österreich). Zurückzuführen ist dies u.a. auch auf den verstärkten Kostendruck innerhalb der Lebensmittelbranche aufgrund der Marktsättigung
im Lebensmittelbereich.
Angaben
in %
Direktvermarktung
Naturkostläden/Reformhäuser
Konventioneller
LEH
Andere
Österreich
18
9
73
0
Schweiz
19
21
57
3
Deutschland
19
46
26
9
Tabelle 4: Umsatzverteilung von Bio-Lebensmitteln nach Vertriebswegen
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Willer/Yussefi (2000), S. 61
Im Wachstum begriffen ist hingegen der Absatz über den konventionellen Lebensmittelhandel: Zahlreiche Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels in Deutschland
widmen dem Öko-Marktsegment bereits Aufmerksamkeit und haben ihr Engagement
in diesem Bereich in jüngster Zeit verstärkt. Abgesehen von einigen eher vorsichtig zu
interpretierenden Umsatzschätzungen wird daraus aber nicht der tatsächliche Umfang
dieses Engagements deutlich, über das auch keine verlässlichen Informationen vorliegen. Es lässt sich feststellen, dass der überwiegende Teil der genannten Unternehmen
Öko-Produkte bei weitem nicht in allen Vertriebsschienen und oft nicht flächen87
88
Vgl. Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (1999), S. 88. Fraglich bleibt aber, ob die
Stagnation nicht auf Mängel oder Ineffizienzen bei der Vermarktung zurückzuführen ist (Kaufbarrieren durch
weite Anfahrtswege, unprofessionelles Marketing, keine Kooperationen der Landwirte etc.) und ob dieser
Absatzweg auch bei einer Nachfragesteigerung nach Öko-Produkten relativ an Bedeutung verlieren wird.
Möglicherweise bieten die neuen Informations- und Kommunikationstechniken wie das Internet ungenutzte
Potentiale, um den Umsatzanteil dieser Absatzform zu erhöhen.
Vgl. zur Entwicklung in den untersuchten Ländern: Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und
Forsten (1999), S. 91f. (Deutschland), S. 104f. (Schweiz), S. 113f. (Österreich), sowie für die Schweiz ausführlicher Villiger/Wüstenhagen/Meyer (2000), S. 61ff. und Villiger (2000a), S. 22ff.
36
3. Der deutschsprachige Markt für ökologisch erzeugte Lebensmittel
deckend in allen Läden einer Vertriebsschiene anbietet.89 So werden in Deutschland
nur 26 % der Bio-Produkten über den konventionellen Lebensmittelhandel umgesetzt,
während dieser Anteil in der Schweiz bereits bei 57 % liegt. Dies ist vor allem auf die
ökologische Vorreiterrolle der beiden grössten Lebensmittelfilialunternehmen Migros
und Coop zurückzuführen, die zusammen einen Anteil am Gesamtlebensmittelmarkt
von knapp 50 % haben.90 Noch höher ist der Bio-Anteil des konventionellen Lebensmitteleinzelhandels in Österreich: Hier werden 73 % der Bio-Produkte über den Detailhandel vertrieben. Als wichtige Handelsunternehmen sind hier vor allem Billa und
Spar zu nennen. Beide Handelsketten zusammen haben einen Gesamtanteil am Lebensmittelmarkt von über 60 %.91 Damit zählt Österreich neben der Schweiz in Europa
zu den Ländern mit dem höchsten Konzentrationsgrad im Lebensmittelhandel.
EXKURS: Historische Entwicklungsstufen im Bio-Lebensmittelmarkt
Betrachtet man die Entwicklung hinsichtlich der drei Absatzformen auf dem BioLebensmittelmarkt, ist eine Verschiebung von den traditionellen Formen der BioVermarktung hin zu professionellen Vermarktungsstrukturen zu erkennen. Die drei
Absatzwege stellen dabei die historischen Entwicklungsstufen im Bio-Markt dar: Die
Direktvermarkter waren die Pioniere der ersten Stunde. Danach folgte die Phase des
Naturkosthandels, der mit missionarischer Überzeugungsarbeit „Bio“ breiteren Käuferschichten eröffnete. Die dritte Stufe des konventionellen Lebensmittelhandels eröffnet Bio-Produkten mit Hilfe professioneller Vermarktungsstrukturen den Weg zu breiteren Bevölkerungsschichten. Folglich lässt sich die These aufstellen, dass die drei
Länder jeweils drei unterschiedliche Entwicklungsstadien der Bio-Vermarktung dokumentieren.92 In „jüngeren“ Märkten, wie in Deutschland, stehen noch Naturkostläden im Mittelpunkt. Diese verlieren mit zunehmender Professionalisierung immer
mehr an Bedeutung und es kommt zu einer Verschiebung des Vermarktungsschwerpunkts auf den konventionellen Lebensmittelhandel (Österreich). Dies legt den Schluss
nahe, dass, wenn der Verbrauch von Öko-Produkten entscheidend gesteigert werden
soll, dies aller Voraussicht nach über den konventionellen LEH erfolgen muss.93
89
90
91
92
93
Vgl. Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten (1999), S. 100.
Vgl. Villiger/Wüstenhagen/Meyer (2000), S. 63.
Vgl. Allerstorfer (1995), S. 6.
Vgl. Belz (1998), S.18ff.
Vgl. Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten (1999), S. 96.
3. Der deutschsprachige Markt für ökologisch erzeugte Lebensmittel
37
3.2 Nachfrageseite: Trends, Zielgruppen und biomarktspezifische
Defizite
3.2.1 Allgemeine Trends auf dem Lebensmittelmarkt
Auf Nachfrageseite sind auf dem deutschsprachigen Lebensmittelmarkt verschiedene
demographische Entwicklungslinien und Trends zu erkennen (vgl. hierzu auch Tabelle
5). So ist beispielsweise in der heutigen Gesellschaft ein zunehmendes Streben nach
Gesundheit/Wellness zu erkennen, das auf die gestiegenen Anforderungen im Beruf,
die Folge von Stress und der zunehmenden Umweltbelastung zurückzuführen ist. Die
Sorge um die eigene Gesundheit führt dazu, dass die Konsumenten vermehrt naturnahe
Produkte und Dienstleistungen nachfragen (z.B. Naturkosmetika, alternative Medizin
etc.). Dieser Trend kann Bio-Produkte Marktchancen eröffnen. Eine weitere Entwicklung auf Nachfrageseite ist die Tendenz zu einer zunehmenden Polarisierung der Gesellschaft: Ein Teil der Bevölkerung leidet unter Arbeitslosigkeit und stagnierenden
Löhnen, während der andere Teil sich an hohen Kapitalgewinnen erfreut. Diese Entwicklung spiegelt sich wieder in der Aufteilung der Nachfrage in preisgünstige Discount-Produkte und in solche hoher Qualität und führt zu einer zunehmenden Ausdünnung im mittleren Preissegment. Da Bio-Produkte i.d.R. vom Nachfrager als qualitativ
hochwertig empfunden werden, könnten sie von dieser Entwicklung profitieren. Eine
weitere Folge ist das sogenannte „hybride Konsumentenverhalten“ das dazu führt, dass
der Konsument in gewissen Konsumbereichen Sparsamkeit und Anpassung zeigt, in
anderen sich jedoch durch extravagante, teure Produkte abzuheben versucht.94 Diese
Entwicklung eröffnet innovativen Unternehmen Profilierungschancen, bspw. „BioConvenience-Erzeugnissen“95 am Markt abzusetzen. Die sich aus den übrigen Trends
ergebenden Folgen für den Verbraucher und die daraus resultierenden Chancen für den
Handel sind in Tabelle 5 im Überblick dargestellt.
94
95
Vgl. zu den folgenden Ausführungen Villiger (2000), S. 66f., vgl. zum hybriden Konsumenten auch Blickhäuser/Gries (1989) oder Schmalen (1984).
Convenience-Produkte sind industriell oder gewerblich vorgefertigte Lebensmittel wie Tiefkühlkost, Fertiggerichte oder Mahlzeiten, die im Mikrowellenherd zubereitet werden können. Vgl. Meier-Ploeger et al.
(1997), S. 24. Solche „Bio-Convenience-Erzeugnisse“ kommen einem „hybriden Produkt“ gleich: Umweltentlastungseffekte, welche durch eine naturnahe Anbauweise erzielt werden, werden durch den höheren Verarbeitungsgrad wieder kompensiert.
38
3. Der deutschsprachige Markt für ökologisch erzeugte Lebensmittel
Trend
Beschreibung
Folgen
Chancen für Handel
Ältere aktive
Konsumenten
Die Lebenserwartung steigt.
Dies führt bei stagnierender
Geburtenrate zu einem
grösseren Anteil älterer aktiver
Konsumenten in der
Gesellschaft.
Ältere Konsumenten weisen
einen höheren
Vitaminverbrauch auf und
gelten in Gesundheitsfragen
als sensibilisierter.
Steigender Absatz von
gesunden Lebensmitteln;
Chancen für HeimlieferDienste
Steigendes
Bildungsniveau
Das Bildungsniveau steigt. Die
Konsumenten werden
kritischer. Die zunehmende
Umweltbelastung erhöht die
persönliche Betroffenheit.
Mit besserer Kenntnis der
Zusammenhänge von
Konsum und
Umweltbelastung wächst das
Verantwortungsbewusstsein
(Resultat: reflektiertes
Einkaufsverhalten).
Chancen für Unternehmen,
welche gesellschaftliche
Verantwortung
wahrnehmen und
transparent informieren.
Chancen für naturnah
produzierte Lebensmittel.
Zeitknappheit
Steigende Anforderungen im
Berufsleben und Vielfalt an
Freizeitangeboten führen zu
subjektiv empfundener
Zeitknappheit.
Dem Konsumenten bleibt
weniger Zeit für den
Lebensmitteleinkauf und die
Zubereitung der Mahlzeit.
Bedarf nach
vorverarbeiteten Produkten;
steigende Bedeutung von
Ausserhauskonsum.
Kleine Haushalte
Die durchschnittliche
Haushaltsgrösse nimmt ab
(Anteil von Ein- und
Zweipersonenhaushalten
steigt).
Mit veränderter
Haushaltsgrösse ändern sich
die Ess- und
Kochgewohnheiten
Sinkende Bereitschaft,
aufwendige Menüs zu
kochen. Steigende
Nachfrage nach kleineren
Portionen und
Convenience.
Individualismus
Mit zunehmender
Individualisierung wird das
Bestreben von Menschen
verstanden, sich von anderen
abzugrenzen, „anders zu sein“
undsich selbst zu
verwirklichen.
Die Segmentierung in
grössere, konsistente
Nachfragersegmente wird in
Frage gestellt.
Fragmentierung der Märkte;
verstärkte Innengerichtetheit
und Sorge um die eigene
Gesundheit.
Gefragt sind eine
Angebotsvielfalt, die eine
individuelle
Zusammenstellung des
Warenkorbes ermöglicht.
Chancen eröffnen sich
gesunden, vorverarbeiteten
Produkten in kleineren
Portionen.
Cocooning
Als Folge der
Unübersichtlichkeit und
Orientierungslosigkeit im Meer
der Konsum- und
Freizeitangebote entsteht das
Bedürfnis nach Vertraut- und
Geborgenheit; Suche nach der
„heilen Welt“.
Rückzug ins traute Heim.
Weiter: Flucht „aufs Land“,
regionale Verbundenheit,
Entdeckung der Langsamkeit
(„Entschleunigung“),
Orientierung an
Altbewährtem; bewusste
Ernährung.
Renaissance traditioneller
Rezepte. Chancen für
regionale Produkte. Einkauf
beim Bauern oder im
Dorfladen. „Währschaftes
Essen“ nach Grosis
Kochbuch als Reaktion auf
Junk-Food-Trend.
Wellness/Fitness
Streben nach Gesundheit und
Ergreifen präventiver
Massnahmen (Folgetrend der
Individualität und gestiegenen
Anforderungen im Beruf; Folge
von Stress oder
Umweltbelastungen).
Sorge um die eigene
Gesundheit sorgt für
Wachstumszahlen
naturnaher Produkte in
verschiedenen Branchen
(Kosmetik/Körperpflege,
Sauna/Massage, alternative
Behandlungsmethoden)
Chancen für Fitness- und
Bio-produkte sowie
Frischekonzepte,
verbunden mit
Einkaufserlebnis. Streben
nach einer gesunden
Ernährung; Kombination mit
Lifestyle-Images.
Polarisierung
Ein Teil der Gesellschaft leidet
unter Arbeitslosigkeit und
stagnierenden Löhnen. Ein
anderer Teil erfreut sich an
hohen Kapitalgewinnen.
Aufteilung der Nachfrage in
preisgünstige (Discount-)
Produkte und in solche hoher
Qualität – auf Kosten des
mittleren Segments.
Konsumenten kaufen preisund/oder umweltbewusst
ein und verhalten sich in
ihren Kaufentscheidungen
kritischer und
anspruchsvoller.
Tabelle 5: Nachfragetrends – Folgen und Chancen für den Handel
Quelle: Villiger (2000), S. 37f.
3. Der deutschsprachige Markt für ökologisch erzeugte Lebensmittel
39
Die Kenntnis der Entwicklungen auf Nachfrageseite bietet dem Anbieter Anhaltspunkte zur Antizipation von Nachfragetrends und Produktinnovationen. Es lässt sich
festhalten, dass sich infolge des steigenden Durchschnittsalters und Bildungsniveaus,
der höheren Informationsverfügbarkeit, der steigenden persönlichen Betroffenheit
durch die Umweltverschmutzung sowie der Individualisierungstendenzen Chancen für
den Absatz gesunder Produkte (wie z.B. Bio-Lebensmittel) oder für Produkte, die für
gesund gehalten werden (z.B. Health Food) eröffnen.
Auch Qualitätsüberlegungen bestimmten in zunehmendem Masse das Kaufverhalten
bei Lebensmitteln: Aufgrund von Lebensmittelskandalen wie BSE, Hormonskandalen
in der Tierzucht und gentechnisch veränderten Produkten wird vermehrt qualitätsbewusst eingekauft. Aspekten, wie Gesundheit, Genuss, Umweltverträglichkeit und Natürlichkeit, kommt eine höhere Bedeutung zu (vgl. Abbildung 9). Da Öko-Produkte
i.d.R. qualitativ hochwertiger und frei von Schadstoffen sind und dieser Trend gleichermassen für normale Konsumenten wie auch Internet-Nutzer zutrifft, könnte er sich
positiv auf den Absatz ökologisch erzeugter Produkte per Internet auswirken.
0,4
0,4
Sozialverträglichkeit
0
Schnelligkeit
0,7
0,7
0,7
Sicherheit
0,4
Leistungsfähigkeit
0,8
0,5
Bequemlichkeit
0,8
Appetitlichkeit
0,8
0,8
Natürlichkeit
0,8
0,9
0,9
0,9
Umweltverträglichkeit
0,8
Genuss
1
1,3
1,3
Gesundheit
0
Durchschnitts-Konsument
0,2
0,4
Online-Käufer
0,6
0,8
1
1,2
1,4
wichtiger
Durchschnittswerte: viel wichtiger +2, etwas wichtiger +1; gleichwichtig 0, etwas weniger wichtig –1; viel weniger wichtig –2
Abbildung 9: Leitmotive beim Essen
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an o.V. (1999b)
40
3. Der deutschsprachige Markt für ökologisch erzeugte Lebensmittel
Bedeutend ist ferner die Erkenntnis, dass der Gesundheitsaspekt bei der Ernährung
nicht auf Kosten der Bequemlichkeit und des Genusses gehen darf. Die kleiner werdenden Haushalte, die wachsende Zeitknappheit sowie der steigende Anteil berufstätiger Frauen fördern den Bedarf nach Convenience-Produkten und versprechen dem
Ausserhauskonsum steigende Absatzzahlen.96 Somit sind nicht nur die Produkte
selbst, sondern auch die produktbegleitenden Dienstleistungen von Bedeutung. Im
Rahmen der Direktvermarktung haben sich hier schon Vermarktungsformen wie Gemüsekisten und Lieferservices etabliert, die stark auf Bequemlichkeit und persönliche
Bindung setzen. Weiter entwickeln sich Verkaufskanäle wie Tankstellenshops oder
Lebensmittelautomaten überdurchschnittlich, die dem Wunsch des Kunden entsprechen, Produkte des täglichen Bedarfs auch ausserhalb der üblichen Ladenöffnungszeiten einkaufen zu können.97
3.2.2 Konsumententypen
Ausgehend von den auf der Basis des Konsumentenverhaltens und durch die Markforschung identifizierten Konsumententypen mit jeweils unterschiedlich ausgeprägten
Bedürfnissen, Motiven und Einstellungen hinsichtlich des umweltbewussten Kaufverhaltens, lassen sich Zielgruppentypologien gewinnen. Ein häufige verwendeter Klassifizierungsansatz ist die Unterscheidung in drei Gruppen:98
• Umweltorientierte Haushalte („Umweltengagierte“): Diese Gruppe zeichnet sich
durch eine positive Einstellung zum Umweltschutz aus und kauft nach Möglichkeit
immer umweltfreundliche Produkte. Insbesondere die Kerngruppe der Umweltengagierten ist bereit, persönliche Einschränkungen hinzunehmen und einen höheren
Preis für umweltverträgliche Produkte zu zahlen.
• Haushalte ohne differenzierte Einstellungen („Umweltbewusste“): Diese Gruppe bringt zwar ihr Interesse und Engagement zum Umweltschutz zum Ausdruck,
kaufen noch nicht konsequent umweltfreundlich oder sind nur in begrenztem Umfang bereit, persönliche Einschränkungen hinzunehmen.
• nicht-umweltorientierte Haushalte („Umweltdesinteressierte“): Diese Gruppe ist
zu wenig Konzessionen bereit. Sie zeichnen sich durch eine indifferente bis negative Einstellung zum Umweltschutz aus und zeigen auch nur in geringem Mass konkretes umweltbewusstes Kaufverhalten.
96
97
98
Amerikanische Konsumenten geben beispielsweise 1997 bereits 43 % ihres Lebensmittelbudgets ausserhalb
traditioneller Lebensmittelgeschäfte aus: in Restaurants, Schnellimbissstuben oder Tankstellenshops. Vgl.
hierzu Poirier/Reiter (1997), S. 26.
Vgl. Villiger (2000), S. 40.
Vgl. Hopfenbeck/Roth (1994), S. 83 sowie Belz (1995), S. 63.
3. Der deutschsprachige Markt für ökologisch erzeugte Lebensmittel
41
Kritisch muss an dieser Stelle angemerkt werden, dass eine Bestimmung der ökologischen Zielgruppen in der Praxis Schwierigkeiten bereitet. Es wäre zu hinterfragen, inwiefern sich die Kerngruppe der Umweltaktiven tatsächlich konsequent am Umweltgedanken orientiert. Viele Käufer verhalten sich im täglichen Leben nicht konsequent
und greifen morgens zum Bio-Joghurt während sie mittags ins Fast Food-Restaurant
gehen.99 Hierfür werden in der Literatur eine Vielzahl von Gründen angeführt – von
höheren Preisen, über eine schlechte Verfügbarkeit bis hin zur Verunsicherung aufgrund des allzu grosszügigen Umgangs mit Öko- und Bio-Siegeln.100
Die Entwicklungen auf Nachfrageseite, wie verstärkter Individualismus, Polarisierung,
hybrides Kaufverhalten usw., führen dazu, dass sich die umweltbewussten Zielgruppen
nicht mehr in die herkömmlichen Marktsegmente einordnen lassen.101 Aufgrund dieser
Unschärfen und Erhebungsschwierigkeiten existieren in der Wissenschaft neben der
oben erwähnten Drei-Teilung eine Vielzahl weiterer Konsumententypologien.102
Im Hinblick auf die Ernähung konnten in einer neueren empirischen Untersuchung des
Instituts für sozial-ökologische Forschung (ISOE) sechs Ernährungsorientierungen
bzw. Lebensstilgruppen ausgemacht werden, die sich für eine Typologisierung in Bezug auf den Lebensmitteleinkauf eignen: I. Gesund und natürlich, II. Gesund und fit,
III. Genussvoll und exklusiv, IV. Traditionell und gut, V. Schnell und bequem, sowie
VI. Schnell und billig (vgl. Tabelle 6).103 Auch diese sechs Ernährungsorientierungen
sind nicht überschneidungsfrei. Sie stellen Idealtypen dar, welche in der Realität häufig
kombiniert werden. Je nach situativem Kontext überwiegt die eine oder andere Orientierung.104
Für die erste Lebensmittelgruppe („gesund und natürlich“) besteht der Nutzen vor
allem in der Gesundheit und der Naturbelassenheit von Lebensmitteln. Sie entspricht in
ihrem Verhalten der Gruppe der umweltorientierten Haushalte und handelt nach ökologischen/ethischen Grundprinzipen. Dafür sind sie auch bereit, höhere Produktpreise
und Beschaffungskosten zu akzeptieren. Bevorzugte Einkaufsstätten sind Bioläden,
Reformhäuser, Wochenmärkte und die Direktvermarktung ab Bauernhof. Aus dieser
Lebensstilgruppe rekrutieren sich die Intensivkäufer, die bereits seit mehreren Jahren
99
100
101
102
103
104
Vgl.Belz, C. (1991), S. 17.
Vgl. zu den Informations- und Unsicherheitsproblematik auch Kapitel 3.2.4.
Vgl. Peattie (1992), S. 119.
Vgl. hierzu ausführlicher Hopfenbeck/Roth (1994), S. 82ff.
Vgl. Empacher/Götz (1999), S. 12-15 zu einer näheren Darstellung der sechs Ernährungsorientierungen bzw.
Lebenstilgruppen.
Vgl. Empacher/Götz (1999), S. 15.
42
3. Der deutschsprachige Markt für ökologisch erzeugte Lebensmittel
Bioprodukte kaufen und im Hinblick auf Ernährung und biologischen Landbau gut informiert sind.
Auch für die zweite Lebensstilgruppe („gesund und fit“) ist Gesundheit ein wichtiges Element, wird jedoch als Mittel zum Zweck gesehen, um fit zu sein. Nahrung muss
funktional sein und den Körper in die Lage versetzen, sportliche (Höchst-) Leistungen
zu erbringen. Diese Gruppe kauft daher vorzugsweise „Functional Food“ (vgl. Exkurs:
Functional- und Health-Food – ein Trend auch im Bio-Bereich?), welches mit Vitaminpräparaten und sonstigen gesundheitsfördernden Zusätzen angereichert ist. Aufgrund des reduktionistischen Verständnisses von Gesundheit ist diese Gruppe für Produkte aus biologischem Landbau nur bedingt zugänglich. Bioprodukte sind daher nur
unter Betonung der Gesundheits- und Leistungsaspekte absatzfähig.105
EXKURS: Functional- und Health-Food – ein Trend auch im Bio-Bereich?
Functional-Food bzw. Health-Food sind Nahrungsmittel mit einem gesundheitlichen
Zusatznutzen, d.h. Lebensmittel, die durch Anreicherung mit neuen oder neu kombinierten Stoffen Krankheiten vorbeugen oder sogar heilen sollen.106 Obwohl noch keine
wissenschaftlich belegten Erkenntnisse vorliegen, dass die künstlichen Zusatzstoffe
diesen Ansprüchen gerecht werden, erlebt Functional-Food im Zuge der Fitness- und
Gesundheitswelle einen ähnlichen Boom wie zuvor die Light-Produkte. Beispiele für
solche Produkte sind in den USA das Getränk „Femme Vitale“ mit Eisen und Calcium
zur Osteoporosevorbeugung speziell für Frauen oder das Getreideprodukt „Ban Buds“
mit Pflanzenhülsen zur Cholesterin- Senkung. In Deutschland werden mit den Zellschutzvitaminen A, C und E angereicherte Drinks oder mit Bakterien versetzte Joghurtkulturen (wie z.B. LC1 von Nestlé) angeboten.107
Die Functional Food-Entwicklung hat heute bereits die Biobranche erreicht. Auch
wenn bisher nur naturbelassene, unveränderte Lebensmittel angeboten wurden und
synthetische Zusätze verboten sind, sind erste Produkte auch im Biohandel erhältlich.
Beispiele sind die nordrhein-westfälische Bio-Molkerei Söbbecke, die Joghurts mit lebenden Bakterienstämmen zur Verbesserung der Darmflora offeriert oder die BioSaftabfüller Beutelsbacher und Voelkel, die den Most mit Vitaminen A, C und E ergänzen.
105
106
So könnte man Bioprodukte bspw. mit einem Slogan wie „Power aus der Natur“ bewerben und vermehrt über
neue Distributionskanäle wie etwa Fitness-Center vertreiben.
Vgl. Oberritter (1996), S. 98.
3. Der deutschsprachige Markt für ökologisch erzeugte Lebensmittel
43
Die dritte Lebensstilgruppe („genußvoll und exklusiv“) präferiert gerne Ausgefallenes wie bspw. internationale Spezialitäten oder Delikatessen. Im Vordergrund steht
der Geschmack; Kochen und gemeinsames Essen wird als sozio-kulturelles Erlebnis
empfunden, das sich insbesondere die Gruppe der finanziell Bessergestellten gönnt.
Sind Bioprodukte besser im Geschmack und weisen sie eine höhere Qualität auf, bestehen gute Aussichten, diese Zielgruppe zu erschliessen.108
Die vierte Lebensstilgruppe („traditionell und gut“) bevorzugt die traditionelle
deutsche Küche mit viel Fleisch, Kartoffeln und einheimisches Gemüse. Sowohl für
den Einkauf (Wochenmarkt, Bauernhof) als auch für die Zubereitung verwenden die
Personen aus dieser Gruppe viel Zeit. Der Einkauf wird dabei zum Erlebnis, der mit
sozialen Kontakten verbunden ist. Schafft man die Verknüpfung von Bioprodukten mit
traditionellen Werten und stellt man den Bio-Bauernhof als Ort der Idylle dar, bestehen
für diese Zielgruppe gute Absatzpotentiale.
Für die fünfte Lebensstilgruppe („schnell und bequem“) stehen ConvenienceAspekte des Einkaufs und der Zubereitung im Mittelpunkt. Aktivitäten rund um die
Ernährung werden als lästig und zeitraubend empfunden – Nahrung soll satt machen.
Bevorzugte Produkte sind Fertig- bzw. Halbfertiggerichte und Fast Food-Angebote.
Sie sind allenfalls dann für Bioprodukte offen, wenn sie als Convenience-Produkte im
Supermarkt angeboten werden.109 Der Lebensmittelhandel zeigt grosses Interesse an
Convenience-Produkten in Bio-Qualität, da die Preissensibilität der Konsumenten in
diesem Bereich nicht so ausgeprägt ist und die Preisdifferenz zwischen herkömmlichen
und biologisch angebauten Produkten vergleichsweise gering ist.110
Für die sechste Lebensstilgruppe („schnell und billig“) ist der Preis aufgrund finanzieller Engpässe zentral für die Kaufentscheidung . Für diese Lebensstilgruppe kommen Bio-Produkte erst dann in Frage, wenn es keine oder nur noch unwesentliche
Preisunterschiede zu konventionellen Produkten gibt.
107
Ein
allgemeiner
Überblick
der
Entwicklung
bieten
http://www.cdonline.de/food/
sowie
http://www.tomorrow.de.
108
Der Geschäftsführer der Bio Suisse, Dietler, sieht in dieser Zielgruppe das zukünftige Wachstumspotential
von Bioprodukten: „Der Anteil der konsequent biologisch ausgerichteten KonsumentInnen wird kaum noch
bedeutend ansteigen. Wachstumspotenziale bestehen hingegen bei den genussorientierten KonsumentInnen.
Sie kaufen Bio-Produkte nicht in erster Linie aus einer ökologischen, sondern eher aus einer ichbetonten
(Selbstverwöhnung!) Grundhaltung heraus. Die Bioprodukte fügen sich in den Megatrend Gesundheit/Wellness ein und gehören zum Alltag der Wellnessgeneration.“ Dietler (1999), S. 5 zitiert nach
Belz (2001), S. 147.
109
Meier-Ploeger. et al. (1997): 24-26 machen ein großes Potential für Bioprodukte in Convenience-Qualität aus.
110
Vgl. Dietler (1999), S. 4.
44
3. Der deutschsprachige Markt für ökologisch erzeugte Lebensmittel
Typ
Ernährungsorientierung
Sozioökonomisches
Merkmal
Gesund und natürlich
• Gesunde und
naturbelassene
Lebensmittel (LM)
• Ausgewogene Ernährung
Bevorzugte Einkaufsstätten sind Direktvermarkter
• Sehr breit verteilt,
jedoch Überhang an
höheren Bildungsschichten
• Viele Familien mit
jüngeren Kindern
• Mehr Frauen als Männer
Gesund und fit
• Gesunde Nahrungsmittel
sind Mittel zum Zweck
(Fitness und Leistung)
• Nahrung fettreduziert,
eiweißreich
• Reduktionistisches
Verständnis von
Gesundheit
• Eher jüngere
• Mehr Männer als Frauen
Genussvoll und exklusiv
• Genuss und Exklusivität
des Essens
• Kochen und Essen als
Erlebnis
• Häufiges Essen außer
Haus
• Finanziell besser Gestellte
• Mehr Männer als Frauen
• Ältere mit höherem
Einkommen
Traditionell und gut
• traditionelle deutsche
Küche (viel Fleisch,
Kartoffeln, Gemüse)
• Einkauf über
Direktvermarktung
• Personen ab 45
• Viele aus ländlichen
Regionen
Schnell und bequem
• Alle Aktivitäten um die
Ernährung werden als
lästig empfunden
• Einkauf/Essen als
Notwendigkeit
• Großer Konsum von
Fertiggerichten,
• häufige Inanspruchnahme
von Fast-Food-Angeboten
• Viele Jüngere, die das
Elternhaus noch nicht
verlassen haben
• Ältere, die im Beruf stark
eingespannt sind
Schnell und billig
• Billige Nahrungsmittel
• Sonderangebote von
Bedeutung
• Einkaufsorte sind
Discounter und große
Verbrauchermärkte
• Finanziell schlechter
Gestellte
• Eher untere
Bildungsschichten
• Viele alleinerziehende oder
doppelt belastete Mütter
Tabelle 6: Lebensstilgruppen im Lebensmittelmarkt
Quelle: in Anlehung an Belz (2001), S. 146
3. Der deutschsprachige Markt für ökologisch erzeugte Lebensmittel
45
3.2.3 Defizite und Hindernisse ökologischer Märkte111
Die Ausführungen haben gezeigt, dass der Lebensmittelmarkt im durch eine Vielzahl
unterschiedlicher Trends gekennzeichnet ist.112 Dies bleibt nicht ohne Auswirkungen
auf den Bio-Lebensmittelmarkt, insbesondere auch aufgrund der Tendenz einer zunehmenden Integration des Bio-Angebotes in die konventionellen Marktstrukturen.
Den Konsumentenpräferenzen Qualität, Convenience, Erlebnis und Genuss wird der
Lebensmittelhandel und damit auch der Handel mit ökologisch erzeugten Lebensmitteln mit einschneidenden Veränderungen entgegnen müssen.113
Wie im folgenden gezeigt wird, existieren auf Bio-Märkte zusätzlich zu den allgemeinen Entwicklungen besondere Defizite und Hindernisse. Diese führen seitens der Konsumenten zu Kaufbarrieren für Öko-Produkte und sollten vom Anbieter bei der Ausgestaltung der Marketing-Strategie und des Marketing-Mixes berücksichtigt werden.114
Grundsätzlich lassen sich hierbei zwei Arten von Kaufbarrieren unterscheiden:115
• Informations- und vertrauensbezogene Kaufbarrieren sowie
• Kosten- und nutzenbezogene Kaufbarrieren.
3.2.4 Informations- und vertrauensbezogene Kaufbarrieren: Unsicherheit,
Opportunismus und adverse Selektion
In der Regel existieren auf Märkten allgemein und auf ökologischen Märkten im besonderen Informationsasymmetrien, d.h. eine ungleiche Verteilung von Information.
Das Verhältnis ist reziprok, denn auf beiden Seiten befinden sich Informationen, die
übertragen, und Informationslücken, die geschlossen werden sollen. So sind auf der einen Seite die Nachfrager besser informiert über ihre persönlichen Daten, Vorlieben
und Nutzungsvorstellungen sowie über ihre Beurteilung der Produktqualität oder Herstellerreputation. Hier versucht der Anbieter, sein Defizit mittels Informationsgenerierung abzubauen.116 Die Anbieter hingegen sind besser informiert über Produktionsund Qualitätssicherungsprozesse, über Unternehmenskultur und umweltbezogene Leitsätze. Gerade hier ergeben sich aus Verbrauchersicht Probleme: Häufig ist nur ein
Bruchteil der (umweltschutzbezogenen) Tätigkeiten eines Unternehmens bekannt,
111
112
113
114
115
116
Vgl. zu folgenden Ausführungen auch Kapitel 2.2 in Kolibius/Nachtmann/Dyllick (2000).
Vgl. Belz/Villiger 1997, 17f.; vgl. Abb. 2.
Vgl. Gröppel-Klein (1999), S. 9ff.
Vgl. Hüser (1996), S. 27. In der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit den Ursachen der Kaufbarrieren
vielfältige Erklärungen gegeben Vgl. z.B. Bänsch (1990); Monhemius (1993); Meffert/Kirchgeorg (1993),
S. 92ff.
In Anlehnung an Kaas (1990), S. 539ff..
Vgl. Hüser (1996), S. 28.
46
3. Der deutschsprachige Markt für ökologisch erzeugte Lebensmittel
während ein Grossteil der übrigen Umweltschutzmassnahmen in den Medien nicht
dargestellt bzw. von den Konsumenten nicht wahrgenommen und dementsprechend
auch nicht honoriert wird (Transparenzdefizit). Die Informationsasymmetrie wird
durch die Sättigungstendenzen am Markt noch verstärkt; immer mehr und ähnlichere
Produkte drängen auf den Markt.117 Um die Produkte weiterhin absetzen zu können,
stiegen die Werbeaktivitäten auf Anbieterseite.118 Folglich sieht sich der Konsument
heute vor einem Informationsüberangebot: Für Deutschland (nur alte Bundesländer)
wurde beispielsweise ein durchschnittlicher Informationsüberschuss von etwa 98 Prozent ermittelt, d.h. nur circa zwei Prozent werden tatsächlich vom Informationsempfänger aufgenommen.119 Dies führt zu geringerer Markttransparenz und letztendlich
sinkt auch das Interesse der meisten Menschen an schwer verständlichen, erklärungsbedürftigen Fakten, wie z.B. der Bedeutung von Abgasen für das Ozonloch.120 Gerade
bei der Kommunikation umweltverträglicher Produkteigenschaften sind solche Informationen jedoch wichtig, da sie die Glaubwürdigkeit der Hersteller unterstreichen und
über die Eigenschaften der ökologischen Produkte aufklären. Über diese Zusammenhänge besteht Unsicherheit.
Aufgrund der geschilderten Marktunvollkommenheiten steht der Hersteller vor zwei
zentralen Problemen:121
• Informationen über das angestrebte Marktsegment und über die Umweltwirkungen
seines Produktes müssen generiert werden.
• Der Konsument muss dazu gebracht werden, die vom Hersteller übermittelten Informationen (z.B. über das Produkt und -eigenschaften) zur Kenntnis zu nehmen
und diese zu glauben.
Die Lösung dieser beiden Hauptaufgaben des Marketings ist bei Gütern mit ökologierelevanten Eigenschaften schwierig. Aus Sicht des Anbieters steht die Marktforschung
vor dem Problem, dass Aussagen von Probanden, die sich auf Umweltschutz beziehen,
der Gefahr der Verfälschung aufgrund der sozialen Erwünschtheit von positiven Äusserungen zum Umweltschutz unterliegen. Ein Hersteller kann sich nicht sicher sein,
dass das zukünftige Kaufverhalten mit den Antworten übereinstimmen wird. Diese
117
Vgl. Hopfenbeck/Roth (1994), S. 29. Vgl. hierzu z.B. auch Andresen (1991), Seite 191 f.
Eine Alternative zur Differenzierung bzw. Profilierung über die Werbung stellt die aggressive Preispolitik
dar. Da Marketing über den Preis jedoch meist nicht nur teuer und schlecht für das Image eines Anbieters ist,
ziehen die Unternehmen verstärkte Werbeaktivitäten oftmals der Preisstrategie vor. Vgl. Andresen (1991),
S. 187.
119
Vgl. Kroeber-Riel (1987), S. 258.
120
Vgl. Berg (1995), S. 53f.
121
Vgl. Hüser (1996), S. 28.
118
3. Der deutschsprachige Markt für ökologisch erzeugte Lebensmittel
47
Unsicherheit ist auch bei anderen Produkten gegeben. Es ist aber zu vermuten, dass der
Effekt bei ökologischen Produkten weitaus stärker auftritt.122 Ein zusätzliches Problem
ergibt sich bei kleineren Bio-Betrieben: Hier führt die geringe Geschäftsgrösse häufig
dazu, dass auf eine professionelle, zielgruppenorientierte Marktforschung aus Kostenaspekten verzichtet werden muss. Zumeist werden keine Daten über potentielle oder
bestehende Kunden erfasst und in die Marketingplanung einbezogen.
Aus Nachfragersicht ergeben sich weitere informationsbedingte Kaufbarrieren: So sind
umweltbezogene Aspekte des Herstellers für den Nachfrager oft nicht nachprüfbar. Es
handelt sich i.d.R. um nicht erkennbare Qualitätseigenschaften (hidden characteristics).123 Für die Leistungsbegründung und die damit zusammenhängende Informationsübermittlung resultiert daraus die Gefahr des konsumentenseitigen Misstrauens.
Dies ergibt sich vor allem aus dem Vertrauenscharakter ökologischer Eigenschaften.
Die Nachfrager haben bei (ökologischen) Vertrauenseigenschaften in der Regel keine
Möglichkeit, zwischen guten und schlechten Qualitäten zu unterscheiden (Qualitätsunsicherheit).
Dies eröffnet Spielräume für opportunistisches Verhalten. Anbieter nichtökologischer Produkte können vorgeben, dass ihre Produkte bestimmte ökologische
Eigenschaften besitzen. Hierzu zählen übertriebene Werbeaussagen des Herstellers,
Vortäuschung einer in Wirklichkeit nicht vorhandenen Qualität usw. Ein weiteres
Problem ist die Fülle an ökologischen Begriffen und Kennzeichnungen (Labels), die
ein Nachfrager nur schwer durchschauen kann.124 Diese Form eröffnet die Möglichkeit
einer bewussten Aufrechterhaltung der Informationsasymmetrie. Der opportunistische
Händler hofft auf die Verwechslung seines Produkts mit dem ähnlichen Original und
partizipiert am positiven externen Effekt der seriösen Produkte und Anbieter (moral
hazard).125
Sind die Kunden nicht in der Lage, die seriösen von den unseriösen Anbietern zu unterscheiden, besteht die Gefahr der adversen Selektion: Kann der Kunde bspw. nicht
sicher sein, dass die Produkte mit dem höheren Preis auch die ökologische Eigenschaf122
123
124
125
Vgl. Kaas (1992), S. 478ff.
Vgl. Belz (1999), S. 171 f.
Eine Vielfalt von über 100 Bio-Handelsmarken und eingetragenen Warenzeichen trägt mit zur Verwirrung
des Verbraucher bei und trotz EG-Bio-Verordnung bleibt das Problem einer klaren und deutlichen Zuordnung
bestehen. Vgl. Meier-Plöger et al. (1997), S. 34. Neben den Zeichen ökologischer Anbauverbände wie Bioland, Demeter oder Naturland hat der konventionelle Lebensmittelhandel eigene Label mit teilweise von der
Bio-Verordnung abweichenden Normen etabliert (z.B. das Naturkind-Label der Tengelmann-Gruppe, das
Füllhorn-Label der Rewe-Gruppe) oder das Natur pur-Label der Spar-Gruppe). Als Vorbild für eine klare
Kommunikation ökologischer Produkteigenschaften dienen Länder wie Schweiz (Knospe), Österreich (BioLogo), Dänemark (Rote Krone) oder Frankreich (Agriculture Biologique). Vgl. Kühl/Neseker (1998), S. 25.
Vgl. Ströbele (1991), S. 113; Varian (1989), S. 520-540; Arnold (1992), S. 1 und 65.
48
3. Der deutschsprachige Markt für ökologisch erzeugte Lebensmittel
ten aufweist, die ihm vom Anbieter versprochen werden (Echtheitszweifel), dann wird
der verunsicherte Nachfrager gegebenenfalls keinem Bio-Anbieter mehr vertrauen. Er
wird unter Umständen umweltschädlichere Produkte vorziehen, da sie günstiger sind.
Als Folge davon können Anbieter qualitativ hochwertiger Güter mit in der Regel höheren Produktionskosten am Markt keine höheren Preise durchsetzen. Entsprechend werden sie von Anbietern mit niedrigeren Herstellungskosten verdrängt. Kann sich der
seriöse Anbieter jedoch von den Trittbrettfahrern absetzen und den Kunden glaubhaft
machen, dass er tatsächlich ökologische Zusatzleistungen anbietet, die einen höheren
Preis rechtfertigen, dann wird er dem Problem der adversen Selektion wirksam begegnen.
3.2.5 Kosten-Nutzen-bezogene Kaufbarrieren
Divergenzen zwischen Umweltbewusstsein und Kaufverhalten und die Existenz von
Kaufbarrieren für ökologische Produkte sind neben informationsbedingten Barrieren
auch auf Kosten-Nutzen-bezogene Anreizdilemmata zurückzuführen.126 Nach der
neueren ökonomischen Verhaltenstheorie resultieren für den Nachfrager aus dem
Wechsel von einem herkömmlichen Produkt zu einer umweltgerechteren Variante
Nutzen- und Kostenfolgen.127 Der Konsument wird sich für die ökologische Produktvariante nur dann entscheiden, wenn deren Kosten-Nutzen-Verhältnis besser ist als das
von herkömmlichen Produkten.128 Dies ist in der Regel häufig nicht der Fall. Folgende
Probleme hindern den Konsumenten am Kauf umweltfreundlicher Bio-Produkte:
Höhere Kosten und geringere Absatzquantitäten von Bio-Produkten
In der Regel sind Bio-Produkte teurer als herkömmliche Lebensmittelprodukte. Über
eine Vergleichsproduktpalette ergibt sich ein Preisunterschied von 40-50%.129 ÖkoWare kann zum Teil sogar zwischen 100 und 250% teurer als vergleichbare konventionelle Ware sein.130 Nach mehreren Untersuchungen liegt die Verbraucherakzeptanz
bei einem Preisaufschlag jedoch nur zwischen 20 und 25 %. Der hohe Preis von BioProdukten stellt somit für viele Konsumenten eine Kaufbarriere dar und führt dazu,
dass die Nutzenzugewinne durch Gesundheitsaspekte von Bio-Produkten relativiert
werden.
126
127
128
129
130
Vgl. Hüser (1996), S. 72.
Aus Sicht der ökonomischen Theorie haben die Art und die Höhe des Nutzens und der Kosten entscheidende
Verhaltensrelevanz. Vgl. Hüser (1996), S. 57.
Vgl. Hüser (1996), S. 72.
Vgl. Hamm (1995), S. 11, Zambrano/Temeschinko/Hamann (2001), S. 49.
Vgl. Vongehr (1997), S. 42.
3. Der deutschsprachige Markt für ökologisch erzeugte Lebensmittel
49
Die höheren Preise sind zumeist auf höhere Distributions- und Produktionskosten zurückzuführen: Die Klein- und Kleinststrukturen von Bio-Betrieben sind weitgehend
einzelbetrieblich organisiert131 und verfügen häufig nur über eine geringe Kapitalausstattung, was etwa den Einsatz häufig kostenintensiver Technologien und neuer Vermarktungsmethoden erschwert. Werden ökologische Produkte lediglich in kleinen
Mengen hergestellt, können keine Skaleneffekte realisiert werden. Dadurch entstehen
Kostennachteile gegenüber herkömmlichen Produkten.
Beschaffungsphase: Höhere Such-, Informations-, Kontroll- und Wegekosten
Neben dem Preis sind für den Kauf- bzw. Nichtkauf von Bio-Produkten auch die
Kosten ausschlaggebend, die während der Beschaffungs-, Verwendungs- oder Entsorgungsphase eines ökologischen Produktes anfallen (vgl. Abbildung 10).132
Beschaffung
Verwendung
• Informationskosten
• Suchkosten
• Wegekosten
• Kontrollkosten
• Nutzendefizite durch
Ästhetikeinbussen
• Höhere Preise
• Umstellungskosten
• Soziale Risikokosten
Entsorgung
•Transportkosten
• Sammelkosten
• Lagerungskosten
Abbildung 10: Kosten- und nutzenbezogene Kaufbarrieren
Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an Hüser (1996), S. 89
Einen wesentlichen Anteil an den Kosten der Beschaffung haben die bei der Anbahnung von Verträgen anfallenden Such- und Informationskosten. Das Auffinden, die
Aufnahme und die Verarbeitung von Information stellen zwar keine monetären Kosten
dar, rufen aber Transaktionskosten in Form von Zeitaufwand und Mühe hervor. Bei
Bio-Produkten sind diese Informationskosten in der Regel höher als bei herkömmlichen Lebensmitteln, da bei Bio-Produkten meist ein höherer Informationsbedarf wegen
grösserer Informationsasymmetrie und der Unsicherheit auf Bio-Märkten notwendig
ist.133 Es ist einem Ei nicht die Freilandhaltung und dem Kohl nur bedingt der Verzicht
auf Pflanzenschutzmittel anzusehen.
131
132
133
In Deutschland führt die grosse Vielfalt der ökologischen Anbauverbände zu einer Zersplitterung des BioAngebots. Dadurch sind nicht ausreichend grosse und homogene Produktionsvolumen für eine leistungsfähige
Erfassungs- und Vermarktungsstrukur verfügbar. Vgl. Hamm (1996), S. 31. In anderen Ländern wie in Österreich und der Schweiz verringern professionelle Vermarktungsstrukturen des Lebensmittelgrosshandels diese
Probleme, z.B. Migros, Coop (Schweiz) bzw. Edeka, Spar (Österreich).
Vgl. Kaas (1992), S. 474 und Hüser (1996), 72-89.
Vgl. Richter/Furubotn (1996), S. 52ff.
50
3. Der deutschsprachige Markt für ökologisch erzeugte Lebensmittel
Der Zustand vollkommener Information wird auch bei umfangreicher Recherche nicht
erreicht.134 Es bleiben Restrisiken, deren Vermeidung, Verringerung oder Absicherung
weitere Kosten verursachen. Es handelt sich um Kosten für die Kontrolle der anbieterbezogenen Leistungsfähigkeit und des Leistungswillens in Sachen Umwelt sowie vor
allem für die Qualitätsüberprüfung des Produktes vor dem Kauf. Bei ökologischen
Produkten fallen solche Kontrollkosten i.d.R. höher aus als bei herkömmlichen Produkten, da beispielsweise die ökologische Anbauweise und Herkunft der Produkte für
den Verbraucher nicht ohne weiteres nachvollziehbar sind. Sind die Bio-Produkte
schon rein äusserlich durch die Form oder die Oberflächenbeschaffenheit erkennbar,
kann dies unter Umständen die Kontrollkosten senken. Dies führt zu einem Sinken der
Transaktionskosten und somit der Kaufbarrieren für Bio-Produkte. Andererseits kann
gerade die naturbelassene Form oder Oberflächenbeschaffenheit von manchen Konsumenten als nicht ästhetisch empfunden werden; Bio-Produkte können dem direkten
Vergleich mit konventionellen Waren bezüglich des optischen Eindrucks, der Frische
sowie der Konstanz der Produktqualität nur selten standhalten.135 So hat Bio-Obst
meist braune Flecken, da auf chemische Schädlingsbekämpfungsmittel verzichtet wird.
Da die Mehrheit der Konsumenten jedoch an Nahrungsmittel gewöhnt ist, die äusserlich tadellos sind, empfinden solche Käufer diese äusserlichen Ästhetikdefizite als persönliche Nutzeneinbussen (geringerer Anmutungsnutzen) und verzichten häufig auf
den Kauf der Produkte.136
Neben Such- bzw. Informationskosten und Kontrollkosten sind bei der Kaufentscheidung aber auch Wegekosten zu berücksichtigen. Beispielsweise entstehen dem Konsumenten Fahrtkosten (Fahrpreis öffentlicher Nahverkehr, Benzinkosten). Sie hängen
wesentlich von der Erhältlichkeit bzw. dem Distributionsgrad der Produkte und
Leistungen ab: Sind Bio-Produkte lediglich in Spezialgeschäften (Bio-, Naturkostoder Reformläden) erhältlich, entstehen für den Verbraucher höhere Wegekosten.
Während in Ländern, wie Österreich oder der Schweiz, mittlerweile ein grösseres Sortiment an Bio-Produkten in den konventionellen Lebensmittelgrossmärkten zu finden
ist, ist Distributionsdichte in Deutschland und anderen europäischen Ländern bei weitem nicht ausreichend.137 In den wenigsten Fällen ist im Sortiment konventioneller Lebensmittelhändler ein komplettes Vollsortiment an Bio-Produkten erhältlich, das die
Wegekosten senken würde. Durch die Bequemlichkeit grosser Verbrauchergruppen
(One-Stop-Shopping, Alles-aus-einer-Hand) geraten Einkaufsstätten, die nicht einen
134
135
136
137
Vgl. Richter/Furubotn (1996), S. 52.
Vgl. Kühl/Neseker, (1998), S. 26.
Vgl. Belz (2001), S. 143 sowie Bänsch (1990), S. 373; Bänsch (1993), S. 14.
Vgl. Meier-Plöger et al. (1997), S. 31.
3. Der deutschsprachige Markt für ökologisch erzeugte Lebensmittel
51
Kompletteinkauf bieten, genauso ins Hintertreffen wie solche, die abseits der Hauptkundenströme liegen.
Weitere Kosten entstehen durch den Abschluss von Verträgen (sogenannte Verhandlungs- und Entscheidungskosten).138 Allerdings sind dem Konsumenten auf Austauschgütermärkten – im Vergleich zur Leistungsfindung auf Kontraktgütermärkten –
nur bescheidene Möglichkeiten des Aushandelns von Vertragsbedingungen und damit
der Erzielung eines Verhandlungsnutzens gegeben. Verhandlungskosten spielen daher
im Rahmen des ökologieorientierten Konsumentenverhaltens nur eine untergeordnete
Rolle.139
Verwendungsphase: finanzielle, funktionale, psychische und physische Kaufrisiken
Die Verwendung eines Produktes kann Risiken mit sich bringen, die den Verbraucher
dazu veranlassen, zu einer anderen als der eigentlich beabsichtigten Kaufentscheidung
zu gelangen.140 Das Kaufrisiko wird von Konsumenten - bis auf unwesentliche Ausnahmen - negativ bewertet, d.h. sie streben einen Abbau an. 141 Mit dem Kauf von umweltfreundlichen Produkten, die in der Regel auch gesundheitlich unbedenklich sind,
kann der Konsument bspw. das gesundheitliche Risiko reduzieren.142 Das Streben nach
Risikoreduktion übt zudem auch ganz wesentlichen Einfluss auf das Informationsverhalten des Konsumenten aus. Personen mit höher wahrgenommenem Kaufrisiko zeigen
eine deutlich grössere Bereitschaft, sich mehr Informationen von mehreren und vielfältigeren Informationsquellen zu beschaffen und die Entscheidung sorgfältiger vorzubereiten als Personen mit niedriger wahrgenommenem Kaufrisiko.143
Als wichtigste Kaufrisiken gelten das finanzielle, das funktionale bzw. qualitative, das
psychische (aufgrund von Unzufriedenheit mit dem Produkt oder der Aufgabe von
Gewohnheiten), das physische Risiko (aufgrund gesundheitlicher Schäden) sowie das
soziale Risiko (aufgrund sozialer Missachtung).144 Während das finanzielle (z.B. höhere Preise durch niedrigere Produktionsmengen) und qualitative Risiko (z.B. Ästhetikdefizit) in der Beschaffungsphase eine wichtige Rolle in Bezug auf die Kaufentscheidung spielen, sind in der Verwendungsphase vor allem das soziale und das psychische
Risiko von Bedeutung.145
138
139
140
141
142
143
144
145
Vgl. Richter/Furubotn (1996), S. 52.
Vgl. Hüser (1996), S. 77.
Vgl. Monhemius (1993), S. 94.
Vgl. Kroeber-Riel (1992), S. 416.
Vgl. Monhemius (1993), S. 134.
Vgl. Arndt (1970).
Vgl. Monhemius (1993), S. 131.
Vgl. Meffert/Kirchgeorg (1993), S. 97.
52
3. Der deutschsprachige Markt für ökologisch erzeugte Lebensmittel
Der Kauf eines von einer Bezugsgruppe eher gering geschätzten Produktes kann beispielsweise zu dem sozialen Risiko führen, dass Normen der sozialen Umwelt verletzt
werden und der Käufer von Bio-Produkten Sanktionen der Bezugsgruppe befürchten
muss.146 Im Extremfall unterliegt er dem Risiko einer potentiellen sozialen Ächtung
(z.B. „Müsli-Image“).147 Diese Gefahr besteht insbesondere bei Produkten, die im näheren Umfeld des Nachfragers mit einem negativen Image verbunden werden. „ÖkoDeklarationen begründen gegenüber bestimmten Konsumentengruppen eher Distanzen, als dass sie Identifikationen begünstigen.“148 Das gilt vor allem für Produkte, die
das Aussehen des Konsumenten betreffen, wie Kleidung, Accessoires etc.149
Das physische Risiko schliesslich resultiert bspw. aus der Aufgabe von Gewohnheiten
beim Wechsel von der herkömmlichen zur umweltfreundlicheren Produktvariante. So
muss man z.B. bei ökologischen Baukastenwaschmitteln auf die exakte Dosierung der
Einzelsubstanzen achten. Dies erhöht den Aufwand und stellt Transaktionskosten in
Form von Umstellungskosten dar.
Entsorgungsphase: Sammel-, Lager- und Transportkosten
Mit dem Verbrauch des Produktes sind nicht alle Kosten erfasst. In der Entsorgungsphase fallen Kosten für Sammlung, Aufbewahrung und Entsorgung an. Je höher
die Zahl der unterschiedlichen Materialien, die zu selektieren sind, je länger der Weg
zu den einzelnen Abfallmedien, wie z.B. Altglastonne, gelbe Tonne, grüne Tonne, Recyclingcenter usw., desto höher sind die Entsorgungskosten für den Verbraucher bei
vorschriftsmässigem Verhalten. Für eine Mehrwegflasche z.B. fallen Lager- und Reinigungskosten (Joghurt, Milch) sowie Transportkosten an, während der leere Plastikbecher nach Entleerung in das entsprechende Abfallmedium (z.B. gelber Sack) geworfen wird und dort bis zur Entsorgung gelagert wird. Sofern der Kunde für verschiedene
Lebensmittelartikel (z.B. spezielle Joghurtgläser, Flaschen etc.) verschiedene Stellen
146
147
148
149
Vgl. Meffert/Kirchgeorg (1993); S. 97.
Im umgekehrten Fall kann natürlich auch mit der Verwendung von Bio-Produkten ein positiver Nutzen verbunden sein, wenn der Kauf bzw. die Verwendung von Bio-Produkten Lebensstilelement ist bzw. als solches
von der Bezugsgruppe wahrgenommen wird („Öko“ gleichbedeutend mit „modern“, „chic“, „progressiv“ und
„aufgeschlossen“).
Vgl. Bänsch (1990), S. 374.
Vgl. Kroeber-Riel (1992), S. 499.
3. Der deutschsprachige Markt für ökologisch erzeugte Lebensmittel
53
anlaufen muss, könnte dies u.U. als Kaufbarriere wegen zu hoher Transaktionskosten
angesehen werden. Diese Kosten sind beim umweltbewussten Kaufverhalten mit zu
berücksichtigen und möglichst gering zu halten. Insgesamt ergeben sich unter dem Gesichtspunkt der Entsorgungskosten jedoch keine grundlegenden Nachteile für BioProdukte. Es kann davon ausgegangen werden, dass für Bio-Produkte bei gleicher
Verpackung wie im konventionellen Sortiment keine höheren Verpackungs- und Entsorgungskosten im Vergleich zu herkömmlichen Produkten zu erwarten sind.
54
3. Der deutschsprachige Markt für ökologisch erzeugte Lebensmittel
4. Internet und Electronic Commerce
4
55
Internet und Electronic Commerce
Dieses Kapitel beschäftigt sich mit dem neuen Medium Internet und der daraus resultierenden Anwendungsform, dem Electronic Commerce. Das Internet hat insbesondere
für professionelle Informationsvermittler eine zweifache Bedeutung. Zum einen ist das
Internet ein Trägermedium für Informationsleistungen (Internet als Medium). Zum
anderen stellt es die Basis für einen elektronischen Marktplatz dar, auf dem Produkte
und Dienstleistungen angeboten und nachgefragt werden (Internet als Markt).150 Diese Doppelfunktion des Internets führt dazu, dass sich Online-Anbieter gleichzeitig mit
zwei neuen Aspekten beschäftigen müssen:
• Welches sind die Eigenschaften des Trägermediums? (Kapitel 4.1)
• Welches sind die Formen und Eigenschaften eines elektronischen Marktes?
(Kapitel 4.2)
4.1 Internet als Medium
Die Akteure im Electronic Commerce benötigen ein Medium, welches den Austausch
von Informationen oder anderen Objekten, z.B. Produkten oder Dienstleistungen, ermöglicht. Ein solches Trägermedium für Informationen stellt das Internet dar.151 Es
zeichnet sich grundsätzlich durch drei spezifische Merkmale aus, die es von herkömmlichen Medien unterscheidet. Es handelt sich hierbei um die Eigenschaften Interaktivität, Multimedialität und Hypermedialität.152 Die drei Faktoren haben weitreichende Konsequenzen für die Entwicklung internetbasierter Angebote und ergeben sich im
wesentlichen durch eine veränderte Form der Kommunikation (vgl. Exkurs).
150
151
152
Das Internet-Markt-Medium-Konzept wurde von Mischa Kolibius und Matthias Nachtmann im Rahmen ihrer
Dissertations- und Projekttätigkeit entwickelt. Vgl. hierzu auch Kolibius/Nachtmann (2000a) („Internet als
Medium“) sowie Kolibius/Nachtmann (2000b) („Internet als Markt“).
Vgl. Schmid (1999), S. 13.
Vgl. Hoffmann/Novak (1996), S. 54-57.
56
4. Internet und Electronic Commerce
EXKURS: Neues Kommunikationsmodell des Internets
S
I
Medium
E
S
I
Medium
I
E
E
E
S
I
I
S
S
S/E
S/E
S/E
S/E
Abbildung 11: Massenmedien (links) und Internet (rechts) im Vergleich
(S = Sender, I = Informationen, E = Empfänger)
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehung an Shannon/Waever (1972), S. 34;
Hoffmann/Novak (1996). S. 53
Abbildung 11 links zeigt das Kommunikationsmodell, welches die Kommunikation
über Massenmedien (z.B. Rundfunk, Fernsehen, Zeitschriften/Zeitungen) wiedergibt.
Demnach übermittelt der Sender Informationen, die von einem Medium an die Empfänger übertragen werden. Massenmedien sind durch ihre Einseitigkeit der Kommunikation geprägt: Vom Medium wird in Richtung Empfänger kommuniziert, ohne dass
dieser die Möglichkeit zu einer direkten Rückkoppelung und damit zum Wechsel der
Rolle vom Rezipienten zum Kommunikator hätte.
Ein Vergleich des Kommunikationsmodells für das Internet mit dem Modell für die
Kommunikation über Massenmedien zeigt, dass das Online-Medium auch die klassische Kommunikation von Massenmedien ermöglicht und dennoch wesentlich darüber
hinausgeht. Das Internet bietet dem Rezipienten diverse Möglichkeiten, den Medienkonsum aktiv zu gestalten. Beispielsweise kann er Inhalte selbst zusammenstellen, Inhalte hinzufügen, mit anderen Rezipienten Kontakt aufnehmen und folglich die Rolle
des Empfängers mit der des Senders tauschen. (vgl. Abbildung 11, rechte Seite). Ein
wichtiger Unterschied zwischen den Massenmedien und dem Internet kann damit in
der Aufwertung des Rezipienten gesehen werden bzw. in der Auflösung ungleicher
Dominanzstrukturen.153
4.1.1 Interaktivität
Interaktivität ist eines der wichtigsten Merkmale des Mediums Internet. Rafaeli definiert Interaktivität als „an expression of the extent that in a given series of communication exchanges, any third (or later) transmission (or message) is related to degree to
153
Vgl. Höflich (1994), S. 390; für einen ausführlichen Vergleich von face-to-face-Kommunikation, Massenkommunikation und computervermittelter Kommunikation vgl. Ball-Rokeach/Reardon (1988), S. 135-161.
4. Internet und Electronic Commerce
57
which previous exchanges referred to even earlier transmission.“154 Eine wesentliche
Voraussetzung für Interaktivität ist, dass Sender und Empfänger jeweils die Rollen
tauschen können. Übertragene Inhalte beziehen sich demnach auf Inhalte, welche im
vorhergegangenen Kommunikationsprozess übertragen worden sind.
Welche Bedeutung die Interaktivität auf die Entwicklung und insbesondere Konzeption neuer Leistungen für das Internet hat, kann in diesem Abschnitt nur erahnt werden: So ermöglicht erst diese mediale Eigenschaft, dass die im Internet vorhandene
Fülle von Informationen für den Nutzer beherrschbar wird, dass er aktiv Inhalte hinzufügen kann, dass er selbst das Internet als Medium für seine Kommunikationsanliegen
nutzen kann, dass er in den Leistungskoordinationsprozess integriert werden und sein
Nutzungsverhalten studiert werden kann.155
Wichtig ist anzumerken, dass Interaktivität zunächst nur ein Potential darstellt, welches
aktiv durch ein Unternehmen ausgeschöpft werden muss. Nutzen liesse sich das Potential beispielsweise durch eine auf den Endkunden individuell ausgerichtete Massenkommunikation im Sinne eines „Customized Marketing“, d.h. durch individuell gestaltete Produkte, die den Erfordernissen des einzelnen Kunden entsprechen, oder auch
im Sinne des „Relationship-Marketing“, d.h. dem zielgerichteten Aufbau einer langfristigen und individuellen Kundenbeziehung sowie der Generierung eines hohen
Kundenwertes (Customer Lifetime Value). Die finale Evolutionsstufe eines interaktiven Marketing stellt das „Individual“- oder „One-to-One“- respektive „Micro-Marketing“ dar.156 Individual-Marketing beruht auf atomisierter Segmentierung. Der Markt
wird bis auf die kleinste Einheit, den individuellen Kunden, zerlegt. Durch die Interaktivitäts- und damit Individualisierungspotentiale der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien eröffnen sich dem Marketing vollkommen neue Chancen der
Kundenansprache, da eine Individualisierung und Personalisierung von Angeboten
mit relativ geringem Aufwand möglich wird.157
Interaktive Funktionalitäten, wie Email, Diskussions- und Kommunikationsforen etc.,
stiften dem Kunden darüber hinaus einen Zusatznutzen durch erweiterte Formen der
zwischenmenschlichen Kommunikation. Ein Teil der Kunden nutzt das Internet da154
155
156
157
Rafaeli (1988), S. 111.
Vgl. Heeter (1989), S. 221-225.
Vgl. Zerdick/Picot/Schrape (1999), S. 194ff.
Kritisch ist an dieser Stelle anzumerken, dass die Individualmarketing-Ansätze aufgrund der mangelnden
Ausrichtung der Produktionsprozesse auf individuelle Produkte und der damit verbundenen hohen Kosten
heute nur bedingte bzw. keine Bedeutung am Markt haben. Es bleibt abzuwarten, ob das Internet zumindest
mittel- bis langfristig etwas an diesem Umstand verändern wird, indem es die Produktionsprozesse wirklich
„revolutioniert“ oder nicht. Vgl. zum Spannungsfeld von Individual- und Massenmarketing auch Meffert
(2000).
58
4. Internet und Electronic Commerce
bei als Medium für seine Kommunikationsanliegen, u.a. für Anfragen, Austausch mit
Gleichgesinnten usw.158 Der Austausch der so entstehenden Interessengruppen wird
durch virtuelle Plattformen (sogenannte „Communities“)159 gefördert. Die Bündelung
solcher Gemeinschaften kann dann beispielsweise für die Einflussnahme auf das
Marktgeschehen genutzt werden, u.a. für Boykottaufrufe. Hierbei unterstützt das Internet durch schnelle, weitverzweigte Kommunikationswege die Mund-zu-MundPropaganda der Internet-Nutzer.160
Durch die neuen Interaktionsmöglichkeiten ergeben sich aber auch vollkommen neue
Formen der Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen Marktpartnern (Unternehmen-Unternehmen, Unternehmen-Kunde, Unternehmen-Verbände usw.).161 Solche
Zusammenschlüsse führen nicht nur zu verringerten Koordinationskosten, sondern fördern durch die Vernetzung von Interessengruppen auch den (ökologischen) Transformationsprozess und können zur Einflussnahme auf Marktstrukturen und politische
Rahmenbedingungen genutzt werden.162
4.1.2 Hypermedialität
Hypermedialität bedeutet, dass die Informationseinheiten nicht linear organisiert sind,
sondern die Möglichkeit besteht, Informationseinheiten an verschiedenen Stellen abzulegen. Diese Informationseinheiten sind über vom Nutzer aktivierbare Verknüpfungen
(Links) verbunden.163 Daraus ergibt sich die Möglichkeit, Inhalte zu erstellen, die nicht
nur linear konsumierbar sind, d.h. von Anfang bis zum Ende, sondern auch nichtlinear
rezipierbar sind, da sie aus verschiedenen Teilen bestehen, die miteinander verknüpft
sind.164 Der Nutzer kann assoziativ per Link von einem Teil des Textes zu einem anderen Teil springen. Hypermedialität ermöglicht somit eine aktive Nutzung, aber auch
eine neuartige Gestaltung von internetbasierten Inhalten.
158
159
160
161
162
163
164
Vgl. Heeter (1989), S. 221-225.
Vgl. zu den Communities ausführlicher Hagel/Armstrong (1997).
In Europa wurde dieses Instrument bei der Durchsetzung geringerer Telefonpreise für die Internetznutzung
bereits angewandt. Spanien war 1998 das erste Land, in dem ein Streik organisiert wurde: Viele Webmaster
nahmen Websites vom Netz und ersetzten sie durch ein Logo, das ihr Anliegen erklärte. Und viele Surfer übten einen Tag Abstinenz, was die Gebühreneinnahmen der Telefongesellschaften schmälerte. Die spanische
Telefongesellschaft Telefónica senkte daraufhin ihre Tarife. Später erfasste die Protestwelle auch andere europäische Länder wie Italien, Deutschland, Grossbritannien und Frankreich. Vgl. o.V. (1999a).
Heute schon anzutreffende Anwendungsformen sind Handelsplattformen bei Bio-Lebensmitteln, wie z. B. die
Malls von Eco-Mall (http://www.ecomall.com) und Oneworld (http://www.oneworld.de), oder KooperationsBörsen in der Textilbranche (http://www.texweb.de). Vgl. hierzu ausführlicher Kapitel 6.2.5.
Vgl. hierzu ausführlicher Schneidewind/Truscheit/Steingräber (2001).
Vgl. Wagner (1995), S. 34-51 für eine ausführlichere Beschreibung von Hypermedialität.
Vgl. Nielsen (1990), S. 1-4.
4. Internet und Electronic Commerce
59
Hypermedialität hat für das Internet eine entscheidende Bedeutung: Erst diese Eigenschaft ermöglicht die Nutzung der riesigen Informationsmengen im Internet, indem die
Informationen nicht isoliert und sich verlierend dargeboten werden, sondern mittels
Links Verknüpfungen zwischen den einzelnen Informationen angelegt werden. Im
Ökologiebereich können von Bio-Anbietern etwa Verbindungen zu vertrauenswürdigen Organisationen hergestellt oder erklärungsbedürftige Inhalte näher erläutert werden. Diese Funktionalität bringt gerade im von Vertrauensdefiziten geprägten ökologischen Marktumfeld einen grossen Nutzen durch eine grössere Transparenz, die wiederum die Entwicklung von Vertrauen ermöglicht.165 Das assoziative Springen von
einer Texteinheit zu einer nächsten, auch „Browsen“ genannt, stellt dabei eine völlig
andere Aufnahme von Informationen im Vergleich zu den linearen Medien, wie Zeitungen oder Büchern dar.
Die Neuartigkeit des Mediums und dessen Nutzungsmöglichkeiten können ferner zu
einem veränderten, d.h. involvierten und aktiven Nutzerverhalten beitragen. Dieses
Nutzerverhalten beschreiben Hoffmann und Novak mittels des von Csikszentmihalyi
entwickelten Konstruktes des Flow.166 Flow bezeichnet einen Zustand des Nutzers, den
er bei einer optimalen Nutzung oder Erfahrung des Mediums erreicht. Diese FlowErfahrung kann definiert werden als „the state occuring during network navigation,
which is (1) characterized by a seamless sequence of responses facilitated by machine
interactivity, (2) intrinsically enjoyable, (3) accompanied by a loos of selfconsciousness, and (4) self-reinforcing.“ 167 Der Zustand des Flow führt zu erhöhtem
Lernen, explorativem und partizipativem Verhalten sowie positiven, subjektiven Erfahrungen, muss aber durch die angebotenen Inhalte unterstützt werden.168
4.1.3 Multimedialität
Das Internet bietet die Möglichkeit, Inhalte multimedial wiederzugeben. Es kann sowohl statische Inhalte, wie Texte und Bilder, als auch dynamische Inhalte, wie Video
und Audio, transportieren. Ermöglicht wird Multimedialität dadurch, dass Informationen digitalisiert werden und somit in einem einheitlichen Format vorliegen, welches
über das Medium Internet telematisch verbreitet werden kann.
165
166
167
168
Vgl. Booz-Allen & Hamilton (2000), S. 90.
Vgl. Csikszentmihalyi (1998), S. 63-65.
Vgl. Hoffmann/Nowak (1996), S. 57.
Allerdings ist anzumerken, dass heute vor allem technische Barrieren solchen positiven Flow-Effekten noch
entgegenwirken. So brechen Internet-Nutzer häufig das Browsen ab, weil sie sich z.B. über lange Ladezeiten,
fehlerhafte Links oder Updates etc. ärgern, die den Zustand des Flow behindern.
60
4. Internet und Electronic Commerce
Erst durch die Multimedialität wurde eine kommerzielle Nutzung des Internets interessant, weil sich hierdurch die Präsentationsqualität entscheidend verbesserte.169 Durch
die Verknüpfung von Ton, Bild und erklärenden Texten können so Produktvorteile in
vollkommen neuer Art und Weise inszeniert werden. Dadurch ist der Konsument umfassender über die Produkte und Dienstleistungen informiert. Für den Verkauf ökologischer Güter und Dienstleistungen ist eine solche umfassende Informationsmöglichkeit von Vorteil, da sich dadurch die Unsicherheit, getäuscht zu werden, verringert.
Derartige Informationen über die Produktherstellung, z.B. in Form von Live-Kameras
oder Berichten über Hersteller und Anbauweise, schaffen die Basis für eine vertrauensvolle Atmosphäre.170 Durch die multimedialen Fähigkeiten des Internets kann der
Konsument darüber hinaus zu emotionalen Einkaufserlebnissen veranlasst werden
(Impulskäufe).171 Dies geschieht in Form sogenannter „virtueller Erlebniswelten“ für
Lifestyle und Trendprodukte, wie sie häufig im Mode-, Automobil- und Sportbereich
anzutreffen sind (z.B. bei http://www.reebok.com).
4.2 Internet als Markt
In einer Wirtschaft können zwei Basismechanismen zur Koordination von Transaktionen unterschieden werden: Märkte und Hierarchien.172 Während in Märkten die Koordination durch Angebot und Nachfrage erfolgt, geschieht dies in Hierarchien durch
Kontrollen und Weisungen von höheren Hierarchiestufen.
Ohne EDV-Unterstützung fallen die Transaktionskosten einer Hierarchie deutlich geringer aus als die eines Marktes,173 weshalb Unternehmen viele Tätigkeiten selber verrichten (vertikale Integration), statt diese in Form von Marktleistungen einzukaufen.
Durch den zunehmenden Einsatz der Informations- und Kommunikationstechnologien
in der Wirtschaft (z.B. Electronic Commerce) erhalten Märkte jedoch eine bedeutendere Rolle als Koordinationsmechanismen.174 Wie sich die neuen Technologien auf das
Marktgeschehen auswirken, soll im folgenden näher beschrieben werden. Zunächst
werden jedoch wichtige Definitionen und Begriffe erläutert.
169
170
171
172
173
174
Vgl. Picot/Reichwald/Wigand (1998), S. 325.
Vgl. Bauer/Huber/Henneberg (1999), S. 49.
Vgl. z.B. im Sportbereich http://www.reebok.com oder im Biobereich http://www.virtualtree.com. Vgl. zur
Relevanz des emotionalen Einkaufs ausführlicher Kroeber-Riel (1996), S. 672ff.
Vgl. Coase (1937), S. 388, Malone et. al. (1987), S. 485. Viele Autoren unterscheiden zusätzlich noch
Netzwerke, Vgl. z.B. Zbornik (1996); Wigand (1997), S. 3; Schmid/Lindemann (1998).
Vgl. Williamson (1975), Malone et. al. (1987), S. 485.
Vgl. Malone et. al. (1987), S. 489, Wigand (1997), S. 1.
4. Internet und Electronic Commerce
61
4.2.1 Definitionen und Begriffe
In einem Markt werden Güter und adäquate Gegenleistungen mittels sogenannter
Markttransaktionen ausgetauscht.175 Dabei kann eine Markttransaktion in mehrere
Phasen unterteilt werden (vgl. Abbildung 12):176
• Informationsphase: Im Rahmen dieser Phase informieren sich die Anbieter und
Nachfrager über Produkte, Preise, Konditionen und potentielle Marktpartner.
• Vereinbarungsphase: Hier werden die Konditionen der Transaktion ausgehandelt.
Falls sich beide Parteien einig werden, resultiert daraus ein Kaufvertrag, der für beide Seiten rechtlich verbindlich ist.
• Abwicklungsphase: In dieser Phase wird der Kaufvertrag erfüllt, indem die vereinbarte Leistung erbracht wird oder ein physikalisches Produkt an den Käufer ausgeliefert wird. Im Austausch bezahlt der Käufer den Lieferanten.
Anbieter
Gebote
Vertragsabschluss
Abwicklung
Nachfrager
1. Information
über
• Leistungen
• Services
• etc.
2. Vereinbarung
über
• Leistungsumfang
• Preise
• Konditionen
• Lieferleistung
3. Abwicklung
der Vereinbarungen
• Kommissionierung
• Transport
• Zahlung
• ggf. Retouren
.
Abbildung 12: Phasen im Electronic Commerce
Quelle: Schmid (1997)
Während in der ersten Phase grundlegende und meist transaktionsrelevante Informationen über die angebotenen Leistungen ausgetauscht werden, treten die Teilnehmer in
175
176
„Der primär interessierende Gegenstand der Markttransaktion ist der Austausch von Gütern, meist von Geld
gegen ein anderes materielles oder immaterielles Gut oder gegen Dienstleistungen.“ Schmid (1999), S. 10.
Vgl. Schmid/Lindemann (1998); Schmid (1999), S. 11f.; Picot/Reichwald/Wigand (1998).
62
4. Internet und Electronic Commerce
der zweiten Phase in Verhandlungen über die Konditionen des Austausches, der dann
in der Abwicklungsphase vollzogen wird.177
Elektronische Märkte zeichnen sich durch die Besonderheit aus, dass der Prozess der
Leistungskoordination oder zumindest einzelne Phasen durch Informationstechnologien wesentlich unterstützt werden. Elektronische Märkte können somit verstanden
werden als „informationstechnische Systeme zur Unterstützung aller oder einzelner
Phasen und Funktionen der marktmässig organisierten Leistungskoordination“178. Im
Hinblick auf diese Definition kann das Internet als informationstechnisches System bezeichnet werden, welches die Bildung eines oder mehrerer elektronischer Märkte ermöglicht. Dabei sind Märkte, die auf dem Internet basieren, i.d.R. offene Marktplätze,
an denen jeder teilnehmen kann. Neben dem Begriff Elektronischer Markt werden
auch Bezeichnungen, wie Online-Markt, Elektronischer oder Virtueller Marktplatz
verwendet, die im folgenden synonym verwendet werden. Elektronische Märkte sind
nicht erst mit der Entwicklung des Internets entstanden, sondern sind bereits fester Bestandteil der Finanzmärkte. So werden seit 1988 derivate Finanzprodukte an der elektronischen Börse Soffex (Swiss Options and Financial Future Exchange) gehandelt.179
Im Vergleich zu solchen textbasierten elektronischen Märkten zeichnet sich das Internet bzw. das World-Wide-Web (WWW) durch eine hohe Benutzerfreundlichkeit aus,
die im wesentlichen aus der graphischen Benutzeroberfläche resultiert.
Der Begriff Electronic Commerce schliesslich bezeichnet die Vermarktung von Unternehmensleistungen auf elektronischen Märkten mit Hilfe eines umfassenden Einsatzes neuer Informations- und Kommunikationstechnologien.180 Elektronische Märkte
bilden somit eine institutionelle und technische Plattform für Electronic Commerce.
Hierbei werden die wertschöpfenden Aktivitäten und Aufgaben innerhalb der distributiven Wertschöpfung im Absatzkanal unterstützt.181 Dabei findet noch keine Abgrenzung der jeweiligen Marktteilnehmer statt.
177
178
179
180
181
Vgl. Schmid (1993), S. 467.
Schmid (1993), 468. Für den Begriff des elektronischen Marktes (Electronic Marketplace) existiert in der Literatur keine einheitliche Definition. Ein Überblick über die möglichen Definitionen sowie ausführliche Analysen finden sich z.B. bei Himberger (1994), Krähenmann (1994) und Langenohl (1994).
Vgl. Schmid (1993), S. 469-474.
E-Commerce „... is a dynamic set of technologies, integrated appications and multienterprise business process
that link enterprises together. This includes the use of messaging, networking and applications to enable
communication of business information – including procurement, order entry, transaction processing, payment, production, inventory, fulfillment and customer support – within and between entities“, Gartner Group
(1997), S. 2.
Vgl. Schögel/Birkhofer/Tomczak (2000), S. 11.
4. Internet und Electronic Commerce
63
EXKURS: Entwicklung des Internets zu einem elektronischen Markt
Obwohl das Internet immer mehr zu einem elektronischen Markt heranwächst,182 war
es vom Grundgedanken her anfangs nicht als kommerzielles Netz konzipiert. Das in
den 60er Jahren vom amerikanischen Verteidigungsministerium entwickelte ARPAnet
(Advance Research Projects Agency) sollte vielmehr dazu dienen, in Zeiten des Kalten
Krieges bei einem Atomschlag die Kommunikation aufrechtzuerhalten. Durch die dezentrale Struktur des ARPAnet konnte die Kommunikation nicht gezielt lahmgelegt
werden, ein flexibler Datentransfer auch bei Teilausfall des Netzes war möglich. Im
Laufe der Zeit schlossen sich dann immer mehr Forschungseinrichtungen und Universitäten an dieses Netzwerk an und nutzten es zu Informations- und Kommunikationszwecken. In den 80er Jahren gründete die National Science Foundation in den USA
das NSF-Net und übernahm schliesslich das Internet von ARPAnet; das Internet wurde
ein wissenschaftliches Netzwerk. Der eigentliche Durchbruch des Internets vom Wissenschaftsnetz zu einem globalen Informations- und Kommunikationsmedium gelang
aber erst 1989 mit der Implementierung des Word-Wide-Web (WWW). Erst durch die
WWW-Technik wurde eine einfache, multimediale Darstellung von Bild, Ton und
Text möglich,183 was das Internet auch für kommerzielle Einsatzzwecke interessant
machte (vgl. Abbildung 13).184
Anzahl Server
60.000.000
Kommerzialisierung
des Internets
20.000.000
727.000
Internationales
WissenschaftsUS-MilitärNetzwerk
Netz
562
Zeit
1960
1980
1990
Abbildung 13: Entwicklung des Internets zum elektronischen Marktplatz
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Picot/Reichwald/Wigand (1998), S. 326
182
183
184
Vgl. Picot/Reichwald/Wigand (1998), S. 325.
Vgl. hierzu ausführlicher Kapitel 4.1.
Vgl. Picot/Reichwald/Wigand (1998), S. 325.
64
4. Internet und Electronic Commerce
4.2.2 Erscheinungsformen von Electronic Commerce
In der Literatur werden in der Regel drei Marktformen von Electronic Commerce unterschieden:185
• Zwischen Unternehmen (Busines-to-Business)
• Zwischen Unternehmen und Endkonsumenten (Business-to-Consumer)
• Innerhalb einer Organisation (Intraorganizational Electronic Commerce, Intranet)
Autoren im Umfeld von staatlichen Electronic-Commerce-Initiativen führen zusätzlich
die folgenden Formen an:186
• Zwischen Unternehmen und öffentlicher Verwaltung (Business-to-Administration)
• Zwischen Privatpersonen
Administration)
und
öffentlicher
Verwaltung
(Consumer-to-
Da sich diese Arbeit mit der Vermarktung von ökologischen Produkten beschäftigt
(Verkauf von Produkten an die Nachfrager bzw. die Kommunikation mit den Nachfragern), d.h. die Beziehung zwischen den Endkunden und dem Unternehmen im Mittelpunkt steht, werden im folgenden die Charakteristika des E-Commerce im Business-toConsumer-Bereich näher erläutert. Eine Darstellung der übrigen Formen findet sich in
der Literatur.187
Der endkundenbezogene Business-to-Consumer Electronic Commerce wird auch
Marktplatztransaktion genannt.188 Hier kommen verschiedene Interessengruppen (Anbieter und Nachfrager) auf einer gemeinsamen Plattform zusammen, um mit Hilfe
von Koordinationsmechanismen Transaktionen abzuwickeln. Hersteller oder (Zwischen-) Händler treten dabei als Anbieter auf; Nachfrager sind private Haushalte.
Im Unterschied zum traditionellen Handel eröffnet Business-to-Consumer (B-to-C)
Electronic Commerce Unternehmen und Kunden neue Möglichkeiten im Marketing.
B-to-C-Electronic Commerce ermöglicht es z.B., dem Kunden Produkte und Dienstleistungen anzubieten, die seinen Präferenzen am ehesten entsprechen. Obwohl diese
Art des Beziehungsmarketings bereits schon länger eingesetzt wird, schafft erst das In-
185
186
187
188
Vgl. Kalakota/Whinston (1996), S. 219ff.; CommerceNet (1998), 1.2; Mougayar (1998), S. 17f.
Vgl. Booz/Allen/Hamilton (1997), European Commission (1998).
Vgl. Kalakota/Whinston (1996), S. 220.
Vgl. Kalakota/Whinston (1996), S. 219.
4. Internet und Electronic Commerce
65
ternet die Voraussetzung, die dafür erforderlichen Informationen kostengünstig zu generieren.189
Wie für den Business-to-Business-Bereich erwarten die Experten aus Wissenschaft
und Praxis auch für den Business-to-Consumer Bereich hohe Umsatzzuwächse.
Forrester Research prognostiziert in einer aktuellen Studie einen Anstieg des OnlineUmsatzes mit Lebensmitteln bis 2005 auf rund 55 Milliarden Euro. Allein in den
nächsten beiden Jahren soll sich der Anteil am Gesamtvolumen dabei gegenüber den
gegenwärtig eher bescheidenen 0,1 Prozent verzwanzigfachen. Bis 2005 erwartet
Forrester einen Anteil von etwa 5 Prozent. Etwas über dem Schnitt wird dabei Großbritannien mit 7 Prozent liegen, gefolgt von den nordischen Ländern mit rund 6 Prozent
sowie Deutschland und Frankreich mit jeweils 3 Prozent. Von wachsenden Umsätzen
und steigenden Zugriffszahlen angelockt, drängen neue Bio-Anbieter auf den OnlineMarkt (vgl. Exkurs).190
Für das bisher noch verhaltene Ausmass des B-t-C Electronic Commerce werden verschiedene Gründe genannt: Sie reichen von mangelnder Internetverbreitung beim Endkunden über Sicherheitsbedenken bezüglich des elektronischen Einkaufs bis hin zu
mangelhaften Angeboten im Internet.191
EXKURS: Die BSE-Krise lockt neue Bio-Internet-Anbieter auf den Markt
Von wachsenden Umsätzen und steigenden Zugriffszahlen angelockt, drängen neue
Bio-Anbieter auf den Online-Markt. So erwirtschaftete das Münchner Unternehmen
United Nature, nach eigenen Angaben die Nummer eins am Markt, mit seiner Business-to-Consumer-Plattform(„unitednature.com“) und der Business-to-Business-Site
(„unitednaturex.com“), hervorgegangen aus dem Versandhandel Nur Natur, im Jahr
2000 einen Umsatz von 16 Mio. DM. Noch im November 2000 setzte United Nature
rund 20 000 DM im Online-Geschäft mit dem Endverbraucher um. Statt der erwarteten
Januar-Umsätze von rund 40 000 DM bei Frischwaren erreichte der Bio-OnlineHändler einen Umsatz von rund 1 Mio. DM. Angesichts der guten Rahmenbedingungen peilt United Nature für 2001 einen Gesamtumsatz von rund 57 Mio. DM an.
Etablierte Anbieter, wie die Informations-Plattform Naturkost.de, auf der sich BioHandel und -Hersteller präsentieren können, erleben stark steigende Zugriffszahlen.
189
190
191
Vgl. CommerceNet (1998), 5.3.; Hagel/Singer (1999), S. 13.
Vgl. zu Zahlenangaben im Lebensmittelsektor ausführlicher Koyro (2000). Zu den Zahlenangaben im Exkurs
vgl. Sailer (2001).
Vgl. hierzu ausführlicher Kapitel 5.4. Hierbei spielen vor allem Probleme und Schwierigkeiten beim OnlineEinkauf eine Rolle, die dazu führen, dass der begonnene Einkaufsvorgang abgebrochen wird – häufig kurz
vor Abschicken des Bestellformulars. Vgl. Schögel/Birkhofer/Tomczak (2000), S. 39.
66
4. Internet und Electronic Commerce
Die Zugriffe auf Naturkost.de haben sich von September 2000 bis Februar 2001 auf
rund 200 000 pro Monat verdoppelt.
Das Handelsunternehmen Tegut ist ein Beispiel für den Einstieg eines ÖkoLebensmittelhändlers in das Internet-Geschäft. Tegut startete kurz vor Jahreswechsel
seinen virtuellen Bio-Shop mit einem aus rund 140 Produkten bestehenden Trockensortiment und konnte gleich im ersten Monat nach Eröffnung rund 20 000 Besucher
verbuchen. Auch „Natural-products.net“, ein Agrar-, Bio- und Lebensmittelportal
konnte im ersten Monat des Bestehens rund 30 000 Besucher verbuchen.
Abbildung 14: Beispiele für neue Bio-Anbieter auf dem Online-Markt
Quelle: Homepage unitednature.de, naturkost.de, natural-products.net, tegut.de
4.2.3 Eigenschaften elektronischer Märkte
Elektronische Märkte unterscheiden sich von physischen Märkten vor allem durch folgende Eigenschaften:192
• Unmittelbarkeit von Ort und Zeit: Da der elektronische Markt auf Datennetzen
basiert, ist er physisch nicht existent. Ein Besuch beim Online-Laden wird 24 Stunden, 7 Tage die Woche möglich und ist nicht an gesetzliche Ladenöffnungszeiten
gebunden. Damit eröffnen sich z.B. dem Markt für ökologisch erzeugte Lebensmittel Möglichkeiten, die Defizite bezüglich Erreichbarkeit der Einkaufsstellen zu begegnen.
• Hohe Markttransparenz: Elektronische Märkte erhöhen die Markttransparenz, indem sie die Beschaffung von Informationen erleichtern. Folglich lassen sich die
Angebote verschiedener Anbieter besser vergleichen als auf realen Märkten. Elektronische Märkte vereinfachen somit nicht nur den Zugang zu Informationen, sondern ermöglichen auch eine Verbesserung der Informationsbreite und -tiefe.
• Verringerung der Transaktionskosten: Generell können elektronische Märkte die
Kosten der marktlichen sowie der innerbetrieblichen/kooperativen Leistungskoordination senken. Bei der marktliche Leistungskoordination sinken für den Konsumenten in elektronischen Märkten vor allem die Transaktionskosten in der Informa192
Vgl. u.a. Schmid (1993), S. 468, Brandtweiner/Greimel (1998), S. 38.
4. Internet und Electronic Commerce
67
tionsphase: Im Internet kann er wesentlich schneller Leistungen finden, diese und
die Bezugskonditionen (Preise, Lieferbedingungen etc.) vergleichen. Statt einzelne
Kataloge und Prospekte anzufordern oder verschiedene, örtlich getrennte Bio-Höfe
zu besuchen, reicht ein Klick mit der Maus aus, um die gewünschte Information abzurufen. Intelligente Agenten helfen schon in naher Zukunft durch den Vergleich
von Preisen und Leistungen, die Markttransparenz zu verbessern. Neben allgemeinen Suchmaschinen, Verzeichnisdiensten und Einkaufsagenten haben sich bereits
eine Reihe biomarktspezifischer Informationsangebote, wie z.B. naturkost.de (Informationsplattform), whoopee-home.de (Mall) oder one-world.de (Öko-Portal), im
Online-Markt etabliert.
Das Internet kann die unternehmensübergreifende Zusammenarbeit und Koordination in vielen Funktionsbereichen, wie z.B. Planung, Produktentwicklung, Fertigung
und Vertrieb, unterstützen. Es schafft somit die Möglichkeit für Synergien und
Kosteneinsparungen (Innerbetriebliche/kooperative Leistungskoordination).
Insbesondere für kleine und mittelständischen Unternehmen der Bio-Branche („Davids“),193 die nur über begrenzte finanzielle Ressourcen verfügen, ist dies vorteilhaft. Letztendlich erhöht das Internet dadurch die Wettbewerbsfähigkeit kleiner Unternehmen.
193
Vgl. zum Konzept der Davids und Goliaths Wüstenhagen (1998).
68
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
5
69
Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen für die
Vermarktung von Bio-Lebensmitteln
5.1 Einleitende Gedanken zum Thema „Ökologie und Internet“
Nachdem in Kapitel 3 der Markt für Bio-Lebensmittel und in Kapitel 4 die Potentiale
des Internets dargestellt wurden, soll im folgenden Kapitel eine Verknüpfung der beiden Themengebiete „Ökologie“ und „Internet“ versucht werden. Ziel des Kapitels ist
es, die Potentiale und Grenzen des neuen Mediums Internet für die Vermarktung ökologischer Produkte und Dienstleistungen herauszuarbeiten (Stichwort: Von der ÖkoNische zum Massenmarkt).194
Im Rahmen dieser Arbeit soll der Fokus weniger auf den ökologischen Aspekten des
Interneteinsatzes liegen, d.h. es soll keine Diskussion darüber geführt werden, ob das
Internet ein nachhaltiges Medium ist oder nicht bzw. auf welche Art und Weise es sich
positiv oder negativ auf die Umwelt auswirkt.195 Ziel der Arbeit soll es auch nicht sein,
zu hinterfragen, ob das Internet ökologische Produkte nachhaltiger verkaufen kann als
über die herkömmlichen Absatzwege. Die Klärung dieser Fragen würden den Rahmen
dieser Arbeit sprengen.
Vielmehr sollen Wege gefunden werden, mit denen ökologische Produkte unter Berücksichtigung der medialen und marktlichen Potentiale des Internets196 einer breiteren
Bevölkerungsschicht zugänglich gemacht werden können.197 Hierbei sollen innovative
Ansätze gefunden werden, das Internet für die Vermarktung von Bio-Lebensmitteln zu
194
195
196
197
Vgl. Zum gleichlautenden Forschungsprojekt ausführlicher u.a. Belz/Schneidewind/Villiger/Wüstenhagen
(1997) sowie Villiger/Wüstenhagen/Meyer (2000).
Soll das Ziel einer in seiner Gesamtheit ökologisch vertretbaren Internet-Strategie erreicht werden, muss bei
jeder Strategie vorab das Gesamtkonzept auf seine ökologischen Auswirkungen hin überprüft werden. Das Internet wird hierbei als ein Medium verstanden, das sich an seinem Beitrag für oder gegen eine nachhaltige
Entwicklung messen lassen muss und das vor dem ökologisch orientierten Einkäufer auch gerechtfertigt werden muss: Wie nachhaltig ist Internetkonsum? Woraus können unter Umständen durch den Einsatz des Internets höhere ökologische Belastungen resultieren und wie lassen sich diese vermeiden? In welchen Bereichen
schafft die Effizienz des Internets nicht nur marktliche Effizienz, sondern auch ökologische Verbesserungen?
Vgl. hierzu ausführlicher Cohen (1999), Romm/Rosenfeld/Herrmann (1999), Rolf (2000).
Vgl. hierzu die Kapitel 4.1 und 4.2.
Hierbei ist darauf hinzuweisen, dass in gewissen Fällen ein Zielkonflikt zwischen dem technisch Machbaren
und dem ökologisch bzw. ökonomisch Machbaren entstehen kann, d.h. Verbesserungen durch die Potentiale
des Internets können aus ökologischer oder ökonomischer Sicht suboptimal sein. So führt der Einkauf via Internet bspw. zu einem bequemeren Einkauf ohne umständliche Einkaufstouren zu verschiedenen BioBetrieben. Möglicherweise sind solche bequemen Heimlieferungen jedoch aus ökonomischer Sicht ineffizient
oder ökologisch bedenklich.
70
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
nutzen unter weitgehender Berücksichtigung zentraler Nachhaltigkeitsforderungen
(wie Regionalisierung, Minimierung des ökologischen Ressourcenverbrauchs usw.).
Wollen die Unternehmen der Bio-Branche an den aktuellen Entwicklungen am Markt
teilhaben, müssen sie sich den Herausforderungen der neuen Medien stellen. Es gilt,
die Chancen und Risiken der neuen Medien abschätzen zu lernen und die eigenen
Stärken und Schwächen im Bereich Bio-E-Commerce zu identifizieren. Hierfür sollten
Online-Anbieter eine Antwort auf folgende Fragen finden:
• Welchen Einfluss haben die Eigenschaften des Internets auf die Wettbewerbsstruktur innerhalb der Bio-Branche (Anbieterseite, Kapitel 5.2) und den konsumentenbezogenen Einkaufsprozess (Nachfrageseite, Kapitel 5.3) und welche Potentiale lassen sich daraus ableiten?
• Wo liegen die Grenzen der Internet-Vermarktung? Wie sieht der Status Quo der
heutigen Online-Vermarktung im Bio-Bereich aus und welche Stärken und Schwächen lassen sich hieraus identifizieren? (Kapitel 5.4.)
Basierend auf den Antworten dieser Fragen gilt es dann, mögliche strategische Handlungsoptionen und Erfolgsfaktoren für das Online-Marketing für Bio-Produkte abzuleiten.
EXKURS: Ökologische Aspekte des Interneteinsatzes
Es steht ausser Diskussion, dass auch die Internetnutzung und die darauf basierenden
Dienstleistungskonzepte (z.B. Chipherstellung und Heimlieferservices) positive und
negative ökologische Auswirkungen auf Natur und Umwelt haben. 198 So liegen die
Chancen der IuK-Technologie in der Erleichterung und Gewinnung umweltzentrierter
Informationen.199 Neue Arbeitsformen, wie bspw. Telearbeit oder Telekooperation,
können ebenfalls ökologische Belastungen verringern, indem sie die Fahrt zum Arbeitsplatz oder zur Team- und Arbeitssitzung überflüssig machen. Die Risiken hingegen liegen in der Generierung von Transporten. Zum einen erzeugen Information und
Kommunikation Neugier, Kontakte und Transport und verstärken den Trend zur Mobilität. In der Textilbranche hat z.B. die ökonomisch bedingte und informationstechnisch
unterstützte Verlagerung der Produktion ins Ausland bereits zu einem verstärkten
Transportaufkommen geführt. Fraglich ist auch, ob die durch das Internet ermöglichte
198
199
Vgl. zu den ökologischen Effekten des Internets auf die Umwelt ausführlicher Cohen (1999),
Romm/Rosenfeld/Herrmann (1999), Rolf (2000).
Vgl. hierzu ausführlicher Picot (2000), S. 198ff.
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
71
breitere Distribution von Waren oder der weltweite Einkauf zu vermehrtem Transportaufkommen führt, weil auf günstige Angebote aus dem Ausland zurückgegriffen wird
oder Waren quer durch die einzelnen Länder transportiert werden. Es darf also nicht
übersehen werden, dass durch die verstärkte Nutzung von Internet-Technologien bedeutende zusätzliche Energie- und Materialströme ausgelöst werden, welche die BioAnbieter unter Glaubwürdigkeits- und Vertrauensgesichtspunkten berücksichtigen
sollten. Aus ökologischer Sichtweise ist es daher notwendig, die ökologischen Auswirkungen den strategischen Ausgangsüberlegungen des Internet-Engagements gegenüberzustellen (vgl. Tabelle 7).
Die Frage, ob die Chancen oder die Risiken überwiegen, lässt sich nicht allgemein beantworten. Verschiedene Faktoren spielen hierbei eine Rolle und beeinflussen die
Entwicklung in die eine oder andere Richtung. Zu ihnen zählen: Entwicklung der
Transportkosten, Entwicklung neuer Logistikkonzepte, Ausmass und Tempo der weiteren Dematerialisierung, neue Formen von Produkt- und Servicedesigns, Gestaltung institutioneller Anreize (Steuern, Verkehrspolitik, Regulierung, ökologische Produktdifferenzierung) usw. 200
Strategische Steuerungsgrösse
Ökologischer Wirkungszusammenhang
Breitere Zielgruppe
Verwässern ökologischer Standards
Höherer Marktanteil
Ökologische Massenmarktproblematik
Breitere Distribution
Mehr Transport
Tabelle 7: Auswahl strategischer Steuerungsgrössen
und ökologischer Implikationen
Quelle: Kolibius/Nachtmann/Dyllick (2000), S. 15
5.2 Internet-Potentiale auf Anbieterseite: Veränderte
Wettbewerbsstruktur
Der Einfluss der Informationstechnologien auf die bestehende Branchenstruktur wird
in der Literatur bereits seit den frühen 80er Jahren diskutiert. Während viele Autoren
den allgemeinen IT-Einfluss untersuchten,201 beschäftigten sich andere schon früh mit
den Implikationen von Interorganisationssystemen (B-t-B Electronic Commerce)202.
200
201
202
Vgl. Picot (2000), S. 200.
Vgl. hierzu z.B. Parsons (1983), McFarlan (1984), Porter/Millar (1985).
Vgl. hierzu z.B. Cash/Konsynski (1984); Johnston/Vitale (1988).
72
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
Viele dieser Erkenntnisse können auf Electronic Commerce übertragen werden. Wie
sich der Einfluss des Internets auf die Veränderung der Wettbewerbskräfte am Markt
auswirken könnte und welche Potentiale sich hierbei für das Angebot ökologischer Lebensmittel ergeben, soll anhand der Branchenstrukturanalyse von Porter untersucht
werden. Analysiert werden im folgenden die Faktoren: Rivalität im bestehenden Wettbewerb, Verhandlungsmacht von Abnehmern bzw. Lieferanten, Bedrohung durch potentielle neue Konkurrenten sowie Substitutionsgefahren durch neue Produkte und
Dienstleistungen.203 Durch die enge Verzahnung von Lebensmittelhandel mit vor- und
gelagerten Stufen, wie Herstellern (Produktion und Verarbeitung) und Endkunden (vgl.
Abbildung 15) kann es zu Wechselwirkungen der einzelnen Branchenstrukturelemente
untereinander kommen. So steigt z.B. durch die verbesserten Informationsmöglichkeiten des Internets die Verhandlungsmacht beim Endkunden, was dazu führt, dass der
Einfluss herkömmlicher Handelsstrukturen bei Preis- und Sortimentsgestaltung
sinkt.204 Auch kann es durch die Ausschaltung von Zwischenhändlern zu einer Assimilation der Produzenten und Händlerrolle kommen.205 Aufgrund dieser Wechselwirkungen wird im folgenden die Untersuchungs- bzw. Bezugseinheit „Lebensmittelhandel“
dieser Arbeit um die Branchenstrukturelemente Hersteller und Endkunde erweitert.
Produktion
Verarbeitung
Handel
Verbraucher
Direktvermarktung
Lebensmittelhandwerk
Versandhandel
Konventioneller
LEH
Betriebe
Erzeugergemeinschaften
Großverbraucher/
Gastronomie
Endkunden
Verarbeitungs industrie
Verluste
Export/Import
Naturkostgroßhandel
Naturkostfach
LEH
Kunde
Abbildung 15: Erweiterte Analyseeinheit des Bio-Lebensmittelmarktes
Quelle: in Anlehnung an Bundesministerium für Ernährung,
Landwirtschaft und Forsten (1999)
203
204
205
Vgl. Porter (1999a), S. 34.
Vgl. hierzu ausführlicher Kapitel 5.2.2.
Vgl. hierzu ausführlicher Kapitel 5.2.5.
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
73
5.2.1 Rivalität im bestehenden Wettbewerb
Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass sich mit zunehmender Verbreitung der Internet-Technologie und der daraus resultierenden Machtverlagerung zum
Kunden die Rivalität am Markt weiter erhöhen wird. Relativ geringe Umstellungskosten führen beim Lebensmitteleinzelhandel dazu, dass er sein Sortiment auch online
anbietet (Rewe, Spar, Migros etc.). Dadurch konkurriert der Lebensmittelhandel zusätzlich durch einen neuen Vertriebskanal mit den konventionellen Vertriebsstrukturen (Hofverkauf, Naturkostladen, Lebensmitteleinzelhandel). Zunehmend etablieren
sich Anbieter, wie http://www.tengelmann-lieferservice.de, http://www.spar.at oder
http://www.migros.ch, mit entsprechenden Heimlieferservices. Zusätzlich investieren
auch bestehende Wettbewerber aus dem Bio-Umfeld in das Neue Medium Internet. Ein
Beispiel
hierfür
stellt
das
Unternehmen
„Gut
zum
Leben“
dar
(http://www.gutzumleben.de), das bisher als regionaler Anbieter am Markt auftrat.
Insbesondere der Versandhandel versucht den Vertriebsweg Internet möglichst
schnell zu besetzen. Bereits im Jahr 1996 gingen die ersten, heute erfolgreich etablierten Öko-E-Commerce-Angebote online. Versandhändler nutzen ihre bekannten Marken, die bestehende Produktpalette oder die Kompetenzen im Bereich Logistik und
Versand und erlangen so Wettbewerbsvorteile im Internet. Der Versandhandel hat den
grossen Vorteil, dass die logistischen Prozesse bereits etabliert sind und zur Verfügung
stehen.206 Unternehmen, wie United Nature AG, erzielen mit einem klaren strategischen Ansatz mittlerweile knapp 20 % des Gesamtumsatzes online. Aber auch der
Marktführer für den Versand ökologischer Produkte Waschbär erzielt selbst mit einem
wenig professionellen Internetangebot (http://www.waschbaer.de) einen Umsatz von
über 1 Mio. DM im Jahr 1999.207 Ein Vergleich mit den schon weiterentwickelten
E-Commerce für Bio-Lebensmittel in den USA macht darüber hinaus deutlich, dass
das Internet bereits eine Marktplattform für ökologische Produkte darstellt und Nachfrage vorhanden ist.208
Häufig stehen im Electronic Commerce nicht mehr Einzelunternehmen in Konkurrenz
zueinander, es konkurrieren vielmehr Unternehmen, die in strategischen Netzwerken
als partnerschaftlicher Verbund agieren (sogenannten Business-Webs)209, um die
206
207
208
209
Vgl. Siebel (2000).
Vgl. Aussagen des Geschäftsführers von Leo Pröstler, Gründer und Geschäftsführer des Waschbär Umweltprodukt Versandes, anlässlich eines Vortrages im Rahmen der 13. oikos-Konferenz in St. Gallen.
So prognostizieren die beiden Marktführer in den USA, Whole Foods Market und Wild Oats, einen OnlineUmsatz von 5 Prozent am gesamten Biolebensmittelmarkt bis 2005. Vgl. Zambrano/Temeschinko/Hamann
(2001), S. 25.
Zu den Business-Webs ausführlicher Zerdick/Picot/Schrape (1999), 179ff.
74
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
Gunst des Konsumenten zu erlangen. Hierbei gilt es nicht, den Wettbewerb zwischen
einzelnen Unternehmen zu betrachten, sondern die Konkurrenzsituation zwischen den
verschiedenen Business-Webs.210 Die Zusammenarbeit der Unternehmen findet dabei
unter den Bedingungen einer sogenannte Co-Opetition statt (vgl. Abbildung 16).211
Die Business-Web-Partnerunternehmen arbeiten zwar gemeinsam an einer Marktlösung für ein Marktsegment oder eine Kundengruppe, stehen aber in anderen Geschäftsfeldern weiterhin in direktem Wettbewerb zueinander. Im Mittelpunkt steht dabei die
Herausforderung, dem Kunden im Rahmen der Zusammenarbeit im Netzwerk einen
echten Mehrwert zu bieten.212
Kunden
Anbieter
Wettbewerber
Ergänzungsanbieter
Lieferanten
Abbildung 16: Modell der Co-Opetition
Quelle: Schögel/Birkhofer/Tomczak (2000), S. 15
5.2.2 Verhandlungsmacht von Abnehmern
Die von Porter angeführten Bedingungen für die Verhandlungsmacht des Kunden erfahren durch das Internet eine wesentliche Veränderung. Das Kräftegleichgewicht
Verkäufer-Kunde verschiebt sich durch den Electronic Commerce generell in Richtung
des Kunden: In der neuen Welt des World-Wide-Web ist der Nachfrager nicht mehr
das passiv konsumierende, mit Werbespots und Werbebriefen überschüttete Individuum, sondern übernimmt die Rolle des Aktiven: Der Konsument kann selbst ent210
211
212
Vgl. Schögel/Birkhofer/Tomczak (2000), S. 14.
Das Konzept der Co-Opetition stellt die Zusammenarbeit zwischen Konkurrenten in der sogenannten Situation des Gefangenendilemmas als erfolgreiche Option einer möglichen Wettbewerbsstrategie dar. Vgl. hierzu
ausführlicher Brandenburger/Nalebuff (1996).
Vgl. Brandenburger/Nalebuff (1996), S. 18.
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
75
scheiden, welche Informationen er nachfragt und welche er dem Anbieter zur Verfügung stellt.213
Das Internet macht es durch seinen Netzwerkcharakter möglich, eine praktisch unbeschränkte Anzahl von Angebots- und Nachfragebeziehungen im Markt zusammenzufassen. Dies vereinfacht Preis- und Qualitätsvergleiche erheblich und trägt zur Markttransparenz bei.214 Dadurch kommt es auch zu einer Entmachtung herkömmlicher
Handelsstrukturen, da der Handel nicht länger über die alleinige Macht zur Sortimentsund Preisgestaltung verfügt und der Konsument aus allen Angeboten selbst das Billigste aussuchen kann.215
Die Verhandlungsmacht des Kunden kann noch stärker werden, wenn bis dahin fragmentierte Käufergruppen gemeinsam auftreten.216 Das Internet unterstützt nämlich
nicht nur die Anbieter-Kunde-Interaktion, sondern auch die Kommunikation von
Gruppen untereinander. Eines der wichtigsten heute anzutreffenden Geschäftsmodelle
sind Community-Sites. Communities versammeln Gleichgesinnte zum Zwecke der Information, Kommunikation und Transaktion.217 Die Sammlung solcher Gruppen ermöglicht die Bündelung von Nachfragermacht. Diese kann zur Erreichung z.B. besserer Preise oder auch zu Boykottaufrufen genutzt werden.218 Auch wenn derartige
Konzepte im Bio-Bereich noch nicht aktiv sind, wird doch deutlich, dass einzelne Sites
entsprechende Angebote vorbereiten (z.B. http://www.nurnatur.de).
5.2.3 Verhandlungsmacht von Lieferanten
Handelt es sich beim Abnehmer nicht um den Endkunden, sondern um einen Lieferanten oder Zwischenhändler, kann sich ein Unternehmen bzw. die Branche der Verhand-
213
214
215
216
217
218
Vgl. hierzu ausführlicher Krause (1998), S. 71ff.
Vgl. Lütge (1999), S. 18.
Die in diesem Zusammenhang auf der Seite der Anbieter häufig geäusserte Furcht vor einer Intensivierung
des Preiswettbewerbs (zu Lasten einer Qualitätsorientierung) scheint dabei unbegründet. Zwar können Preisinformationen schnell und ohne grosse Anstrengungen abgerufen werden, doch ermöglichen verschiedene
Hersteller auch die Suche nach qualitätsspezifischen Produktmerkmalen. Solche qualitätsspezifischen Informationen über kaufrelevante Attribute beeinflussen die Kaufentscheidung vor allem dann, wenn Qualitätsinformationen für den Nachfrager eine hohe Bedeutung besitzen. Dies trifft i.d.R. für Öko-Produkte zu. Im Gegensatz zu konventionellen Produkten sinkt in diesem Fall bei Kunden die Preissensibilität. Es kann davon
ausgegangen werden, dass günstige (Direkt-) Anbieter qualitativ hochwertiger Öko-Produkte bzw. Dienstleistungen daher von dem neuen Medium profitieren werden. Vgl. Bauer/Huber/Henneberg (1999), S. 49.
Vgl. Yankee Group (1998), S. 3
Vgl. zu Communities ausführlicher Kapitel 6.3.2 und 7.5.
Am deutlichsten wird dieser Effekt bei sogenannten Powershopping-Konzepten (http://www.atrada.de,
http://www.powershopping.de, etc.). Für den Zeitraum eines Einkaufs schliessen sich die Interessenten an
einem bestimmten Produkt zusammen, um durch die grössere Absatzmenge einen besseren Preis vom Hersteller zu erhalten. Vgl. ausführlicher Kapitel 7.5.
76
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
lungsmacht entziehen, indem der Handel als Intermediär umgangen wird und das Unternehmen direkt an die nächste Stufe verkauft (z.B. Detailhandel oder Endkunde).219
Diese Ausschaltung der Zwischenhändler, die bisher Aufträge bündelten, Lagerkapazitäten zur Verfügung stellten oder auch die Beratung und den Warenverkauf für einen
Anbieter übernahmen wird als Disintermediation bezeichnet.220 Da durch das WorldWide-Web Distanzen keine Marktbarriere mehr bilden und der Kontakt vom Produzenten zum Konsumenten direkt und ohne Zwischenglieder stattfinden kann, werden
die physischen Distributionsnetze des Handels in ihrer Bedeutung relativiert. Durch die
Disintermediation wird die Wertschöpfungskette optimiert, weil die Kosten der Distribution massgeblich reduziert werden.221 Gleichzeitig wird durch die Ausschaltung
verschiedener Zwischenstufen auch die Kontrolle des Distributionssystems optimiert.222 Die Folgen sind einerseits eine teilweise Assimilation der Produzentenund Händlerrolle sowie eine schwindende Akzeptanz traditioneller Handelsunternehmen (Grosshändler oder traditioneller Verkaufsunternehmen).223
Ein Beispiel für diese Entwicklung sind die beiden Verlage „Altop“ und „gesund essen“. Beides sind zentrale Plattformen der Bio-Branche, die mittlerweile auch als Plattform für den Handel mit ökologischen Lebensmitteln genutzt werden. Der Altop Verlag hat mit http://www.eco-world.de eine Plattform aufgebaut, die mit Produkt- und
Adressdatenbanken sowie mit Pressearchiven nach eigenen Angaben eine Besucherzahl von bis zu 70.000 monatlich anzieht.224 Ähnliche Zahlen erreicht
http://www.naturkost.de vom Verlag gesund essen u.a. mit Rezepten. Durch ihr Internetengagement rücken die Verlage als Dienstleister am Rande der Wertschöpfungskette in das Zentrum der Internetökonomie.
5.2.4 Bedrohung durch potentielle neue Konkurrenten
Andere Märkte hingegen werden von einer der Disintermediation entgegengesetzten
Entwicklung gekennzeichnet sein, dem Auftreten von zusätzlichen Intermediären oder
Zwischenagenten in der Wertschöpfungskette. Dieser Prozess wird als Transintermediation oder Reintermediation bezeichnet.225 Im Extremfall beschränken sich einzel-
219
220
221
222
223
224
225
Vgl. Bloch et. al. (1996) sowie die Ausführungen in Kapitel 5.2.5.
Vgl. Schneider/Gerbert (1999), S. 72; Picot/Reichwald/Wigand (1998), S. 342f.
Vgl. Schögel/Birkhofer/Tomczak (2000), S. 20.
Vgl. Sawhney (1998).
Vgl. Bauer/Huber/Henneberg (1999), S. 49; Sarkar/Butler/Steinfield (1995).
Vgl. Angaben unter http://www.ecofinder.com.
Vgl. Benjam/Wigand (1995), S. 64ff.
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
77
ne Anbieter auf eine Stufe der Wertkette und deren Transaktionsphasen.226 Sie können
sich damit auf den Aufbau einzelner Kernkompetenzen konzentrieren, ohne dabei in
einer potentiellen Aufgabenvielfalt unterzugehen. Die Anbieter, die der Tendenz der
Intermediation folgen, können sowohl Spezialisierungs- als auch Kostenvorteile realisieren.227 Die Transintermediation begünstigt dabei die Entstehung von sogenannten
Infomediären.228 Hierbei handelt es sich um Anbieter, die im Rahmen des Electronic
Commerce die Koordination von Informations- und Transaktionsströmen zwischen den
einzelnen Partnern übernehmen. Suchmaschinen, intelligente Agenten und Auktionshäuser sind erste Beispiele neuer Infomediäre. Vor dem Hintergrund auseinandergefallener Wertketten wird diesen Geschäftsmodellen eine Schlüsselrolle innerhalb der
elektronischen Märkte prophezeit. Sie übernehmen die Engpassleistung der Informationskoordination und werden aufgrund ihres Wissensvorsprungs eine starke Machtposition erhalten.229
So erbringt etwa die Katalogsuchmaschine http://www.oekocity.de nicht nur eine
Dienstleistung durch Strukturieren des ökologischen Internetangebotes. Sie bündelt
ökologische Internetnachfragen auch durch die Bewertung aller Sites nach Inhalt, Bedienung und Design und unterstützt die ökologische Internetnachfrage damit bei der
Orientierung. Weiterhin wird versucht, mit einer Prämierung der besten Bio-Sites ein
höheres Niveau zu initiieren (vgl. Abbildung 17).
Positiv für den Eintritt neuer Konkurrenten wirkt sich die Tatsache aus, dass durch den
Einsatz von Electronic Commerce die Höhe der Markteintrittsbarrieren gesenkt werden
kann. Unabhängig von bestehenden, die Markt- und Machtverhältnisse zementierenden Handelsstrukturen und Vertriebskanälen, die häufig eine Hürde für die
Aufnahme ökologischer Güter ins Handelssortiment darstellten, und ohne kostenintensive klassische Werbemassnahmen230 kann ein regional tätiges, ökologieorientiertes
Pionierunternehmen mit Hilfe der Potentiale des Internets erstmals gleichberechtigt am
Markt auftreten.231
226
227
228
229
230
231
Vgl. Sakar/Butler/Steinfield (1995), S. 2ff.
Vgl. Sarkar/Butler/Steinfield (1995), S. 12.
Ask.com ist bspw. eine Suchmaschine, die nicht mehr nach Kategorien sucht, sondern vollständige Fragesätze
beantworten kann. Schneider/Gerbert (1999), S. 73.
Vgl. Schögel/Birkhofer/Tomczak (2000), S. 19 sowie Hagel/Rayport (1997b).
Electronic Commerce ermöglicht eine deutlich kostengünstigere Promotion von Produkten und Dienstleistungen. Vgl. Bloch et. al. (1996).
Der potentielle Kunde kann anhand der Website nur schwerlich auf die Grösse der Unternehmung schliessen,
es sei denn, dass traditionelle Anbieter mit bekannter Marke im Internet auftreten (z.B. Coop, Rewe etc.).
78
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
Abbildung 17: Katalogsuchmaschine Ökocity
Quelle: http://www.oekocity.de.
Gleichzeitig kommt es zu einer Redefinition der Betriebsgrössenvorteile und einer
Relativierung der Bedeutung von Kapital,232 da das Internet die unternehmensübergreifende Zusammenarbeit und Koordination in vielen Funktionsbereichen, wie z.B.
Planung, Produktentwicklung, Fertigung und Vertrieb, unterstützt. Hierdurch können
Kontakte zwischen potentiellen Transaktionspartnern (Produzenten und Verarbeitern)
nicht nur leichter geknüpft werden, sondern auch Abstimmungen über grössere Entfernungen hinweg vorgenommen werden.233 Im Bereich der Bio-Lebensmittel sind u.a.
Vermarktungsorganisationen für ökologisch erzeugte Lebensmittel denkbar (z.B.
http://www.foodtrader.com), die als Handelsplattformen die Vermittlerfunktion zwischen Landwirten und dem Grosshandel übernehmen (vgl. Exkurs). Weitere neue Geschäftsmodelle ergeben sich aus der Tatsache, dass innovative Angebote, die völlig
neue Leistungsbündel versprechen, auf einfache Art und Weise geschaffen werden
können: So könnte sich der führende Sportartikelhersteller und das beste Reformhaus
ohne grösseren technischen Aufwand im Internet zu einem erfolgreichen Wellness232
233
Vgl. Lawler/Galbraith (1994), S. 12; Bloch et. al. (1996).
Vgl. Reichwald/Koller (1995); Hummel (1997), S. 181ff.
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
79
Shop zusammenschliessen.234 Das Bündeln bzw. die Kombination der Angebotspaletten aus dem Sport- bzw. Bio-Bereich könnte für den Endkunden ein interessantes neues Angebot im Bedürfnisfeld „Gesundheit“ darstellen. Dies wirkt sich nicht nur positiv
auf das „Müsli-Image“ von Bio-Nahrungsmitteln aus, sondern kann durch die breitere
Produktpalette auch zu grösseren Absatzchancen führen.
EXKURS: Neue Geschäftsmodelle verändern die Wettbewerbslandschaft
Welche neuen Geschäftsmodelle treten im Zeitalter des Electronic Commerce in Erscheinung? Im Lebensmittelbereich sind das bspw. Internet-Shops für Lebensmittel
(http://www.laiseacker.de), Food-Börsen (http://www.foodtrader.com), themenbezogene Einkaufszentren (http://www.nurnatur.de), Suchmaschinen für ökologische Produkte und Dienstleistungen (http://www.oekocity.de) oder virtuelle Gemeinschaften
(http://www.naturkost.de). Internet Service Provider, die einen Internetzugang für den
Endkunden bereitstellen (ähnlich wie AOL oder t-online) und intelligente Agenten
sind im Bio-Bereich zur Zeit noch nicht anzutreffen. Abbildung 18 fasst die neuen,
elektronischen Wettbewerbsformen im Überblick zusammen.235
Marktzugang ermöglichen Geschäfte vermitteln
Internet Service
Provider
Produkte verkaufen
Auktionshäuser/
Börsen
Shops
offen
foodtrader.com
laiseacker.de
Suchmaschinen
Agenten
Malls
oekocity.de
offen
nurnatur.de
Communities
naturkost.de
Abbildung 18: Geschäftsmodelle im B-t-C-Electronic Commerce
Quelle: in Anlehnung an Schneider/Gerbert (1999), S. 62
Neben sinkenden Eintrittsbarrieren entstehen aber auch neuartige Barrieren. Diese
werden häufig von den neuen Konkurrenten, d.h. den Unternehmen der digitalen
Ökonomie, selbst aufgebaut. So bildet möglicherweise im Electronic Commerce nicht
mehr der hohe Kapitalbedarf oder der physische Zugang zu bestimmten
Vertriebskanälen die Eintrittsbarriere der Lebensmittel-Branche, sondern
beispielsweise die detaillierten Informationen über die Präferenzen der Kunden. Mit
234
235
Vgl. Schneider/Gerbert (1999), S. 62.
Vgl. zu den Geschäftsmodellen ausführlicher Schneider/Gerbert (1999).
80
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
formationen über die Präferenzen der Kunden. Mit diesen Daten können Anbieter die
Kundenbedürfnisse besser befriedigen. Dies kann mittel- bis langfristig zu mehr Kundenzufriedenheit und -loyalität führen und sichert dem Unternehmen so Vorteile bei
der Marktdifferenzierung.
Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Markteintrittsbarrieren für potentielle Konkurrenten auch durch die Potentiale des Internet nicht von heute auf morgen beseitigt
werden können. So haben die grossen Lebensmittelhandelsunternehmen im Endverbrauchergeschäft über Jahrzehnte starke Markennamen und etablierte Positionen
bei den Verbrauchern aufgebaut. Die Reputation und das Ansehen bei den Verbrauchern ist dementsprechend hoch. Zudem verfügen sie über erhebliche finanzielle Mittel
sowie leistungsfähige logistische Systeme, die es ihnen ermöglichen, in attraktive neue
Geschäftsfelder vorzustossen. Die Markteintrittsbarrieren sind dementsprechend hoch
und sie werden auch in Zukunft bedeutend sein.236
PPRROODDUUZZEENNTTEENN
Handelsunternehmen
Handelsunternehmen
Serviceunternehmen
Serviceunternehmen
KKOONNSSUUM
MEENNTTEENN
Disintermediation
Status
Quo
Reintermediation
Substitution
Abbildung 19: Vier elektronische Vertriebsmodelle
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Loos (1998), S. 98.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Handelsunternehmen von zwei Seiten
Gefahr droht: Zum einen die mögliche Verdrängung durch den Produzenten selbst
(Disintermediation, vgl. Abbildung 19). Zum anderen bekommen bestehende Händler
Konkurrenz durch Dritte, die als spezialisierte, kundenindividuelle Serviceunterneh236
Vgl. Yoffie/Cusumano (1999), S. 81.
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
81
men einen Teil der Handelsmargen einbehalten wollen (Transintermediation bzw.
Reintermediation). Aus dem Szenario der Reintermediation kann sich im ungünstigsten
Fall die vollständige Substitution der heutigen Handelsaufgaben durch dritte, handelsfremde Dienstleister vollziehen.
5.2.5 Substitutionsgefahren durch neue Produkte und Dienstleistungen
Als fünfte und letzte Wettbewerbskraft sind Veränderungen der Branchenstruktur
durch die Substitution in Form neuer Produkte und Dienstleistungen zu nennen. Aufgrund der Konvergenz und Überlappung von Branchen kann die Bedrohung durch
Substitutionsprodukte prinzipiell zunehmen. So können Unternehmen aus weiter entfernten Branchen als Anbieter von Substituten auftreten.237 Hierbei ermöglichen es vor
allem technologische Innovationen und die Verschmelzung von Technologien, Produkte zu entwickeln, die durch neue Funktionen zu Substitutionsprodukten für andere
Branchen werden können. So haben beispielsweise die schweizerische Ascom und die
deutsche RWE gemeinsam die Powerline Communications-Technologie entwickelt.
Diese ermöglicht es, herkömmliche Stromleitungen für die Übertragung von Daten und
Sprache zu nutzen. Damit entsteht ein Substitutionsprodukt für die Telekommunikations- und Internet-Service-Provider-Branche.
Der Einsatz von Electronic Commerce wird mit grosser Wahrscheinlichkeit auch den
Bedarf und die Gestaltung der produktbegleitenden Dienstleistungen massgeblich
beeinflussen und teilsubstituieren. So könnte möglicherweise der Lebensmittelverkauf
– entsprechende Zahlungsbereitschaft und innovative Angebotsformen vorausgesetzt –
in absehbarer Zeit schon nicht mehr über das Lebensmittelgeschäft, sondern über spezialisierte Heimlieferdienste erfolgen.
Weitreichender in Bezug auf die Wettbewerbsstrukturen von morgen wird jedoch nicht
die Substitution von Produkten oder Dienstleistungen sein, sondern eher die in der
vorangegangenen Kapiteln behandelte Substitution bzw. Veränderung der Wertschöpfungsstufen durch neue Technologien. Diese Transformationen innerhalb der Wertschöpfungskette werden neue Wertschöpfungsketten und Marktstrukturen entstehen
lassen. Die Auswirkungen werden bereits heute unter dem Stichwort Kannibalisierung der Wertschöpfungskette diskutiert.238 Der Einfluss der Substitution bliebt
letztlich eher marginal.
237
238
Vgl. Porter (1999a), S. 23.
Vgl. Rosbach/Rode (2000), S. 33ff.
82
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
5.2.6 Zusammenfassung der anbieterseitigen Potentiale des Internets
Fasst man die anbieterseitigen Potentiale des Internets zusammen, so wird deutlich,
dass die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien die Wettbewerbskräfte innerhalb der Branche beeinflussen werden. So wird sich voraussichtlich durch den
Einsatz der neuen Medien die Rivalität im bestehenden Wettbewerb durch alternative
Vertriebskanäle (Verkauf von Waren über konventionellen Handel und über das Internet) sowie die Begünstigung von Kooperationsformen wie der Co-Opetition erhöhen
(vgl. Abbildung 20) 239. Auch neue Konkurrenten können den Wettbewerb innerhalb
der Branche beeinflussen, da das Internet die Markteintrittsbarrieren durch einen
niedrigeren Kapitalbedarf und den einfacheren Zugang zu einem globalen Vertriebsnetz sinken lässt. Trans- und Disintermediationstendenzen führen zum Wegfall alter
und dem Auftreten neuer Dienstleistungen und Produktangebote am Markt. Durch
einen besseren Informationsstand und die damit einhergehende höhere Markttransparenz steigt zudem die Verhandlungsmacht der Abnehmer und Lieferanten.
Neue Konkurrenten
• einfacherer Zugang zu
globalem Vertriebsnetz
• niedriger Kapitalbedarf
• abnehmende Betriebsgrössenvorteile
• Neue Zwischenhändler
(Transintermediation)
Verhandlungsmacht der
Abnehmer
• bessere Kommunikation/
Interaktion
• höhere Markttransparenz
• individuelle Produkte
• Community-Bildung
Rivalität im
bestehenden
Wettbewerb
• Online-Angebote
bestehender Händler
• Business-Webs
• Versandhandel
Verhandlungsmacht
der Lieferanten
bessere Kommunikation/
Interaktion
• Umgehung des
Zwischenhandels
(Disintermediation)
Substitutionsprodukte
• neue Produkte und
Dienstleistungen
Abbildung 20: Wettbewerbskräfte des Electronic Commerce
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Porter (1999), S. 6
239
Die Stärke der jeweiligen Wettbewerbskräfte wird durch die unterschiedliche Grösse der Pfeile visualisiert.
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
83
Es zeigt sich, dass alle fünf Wettbewerbskräfte trotz evolutionärer Veränderungen in
der digitalen Ökonomie bedeutend bleiben, gleichzeitig aber auch beeinflusst werden.
Durch die Dynamik von Branchen und die immer schneller auftretenden Veränderungen wird aber auch eine Zukunftsvoraussage und Positionierung immer schwieriger.
Trotzdem können sich Unternehmen durch eine detaillierte Analyse der fünf Wettbewerbskräfte ein breites und tiefes Verständnis bezüglich stattfindender Umweltveränderungen verschaffen. So können Veränderungen frühzeitig erkannt und Aktionen geplant werden. Die Branchenstrukturanalyse wandelt sich somit von einem spezialisierten Planungsinstrument zu einem Werkzeug, das Unternehmen helfen soll, die relevanten Umweltveränderungen zu identifizieren und zu verstehen.
5.3 Einflüsse des Internets auf die Rolle der Nachfrager
Im vorhergehenden Kapitel wurde eine Reihe von Internet-Potentialen identifiziert, die
es dem Anbieter von Bio-Produkten ermöglichen, Wettbewerbsvorteile am Markt zu
erreichen. Wie können diese Möglichkeiten nun in Bezug auf den Endkunden und
dessen Kaufverhalten genutzt werden, um die in Bio-Märkten bestehenden Kaufbarrieren zu beseitigen?240
Zur Klärung dieser Frage wurden die in Kapitel 3.2 empirisch ermittelten Kaufbarrieren den einzelnen Phasen des Kaufprozesses (Informations-, Vereinbarungs- und Abwicklungsphase zugeordnet (vgl. Abbildung 21). Die Zuordnung der Barrieren im
Markt für ökologische Lebensmittel orientiert sich jeweils an dem Zeitpunkt, an dem
die Barrieren im Kaufprozess ihre wesentliche Wirkung entfalten. Die Wirkung lässt
sich dabei nur bedingt auf eine einzelne Phase beschränken, Implikationen sind über
die Kernphase hinweg spürbar. Für die weitere Arbeit soll jedoch diese Vereinfachung
gelten. Einige Beispiele: Die informations- und vertrauensbezogenen Kaufbarrieren
aufgrund fehlender Markttransparenz (z.B. über Beschaffungsorte, verwirrende Kennzeichnungen etc.) und aufgrund des Vertrauenscharakters ökologischer Güter (z.B. Erklärungsbedürftigkeit von Bio-Produkten) stellen vor allem in der Informations- und
Entscheidungsphase ein Problem dar. Aus den Kaufbarrieren resultiert beim Nachfrager ein Transparenz- und Vertrauensdefizit, das mittels der neuen Medien gelöst werden kann. Als Folge des Transparenz- und Vertrauensdefizites entstehen dem Kunden
höhere Such- und Informationskosten. Höhere Preise von Bio-Produkten aufgrund
niedriger Absatzquantitäten führen beim Kunden ferner zu einem als hoch wahrgenommenen finanziellen Risiko. Dieses wird er in der Entscheidungsphase ebenso berücksichtigen wie die höheren Kontrollkosten bei Bio-Erzeugnissen. In der Abwick240
Vgl. hierzu auch die Ausführungen in Kapitel 4 in Kolibius/Nachtmann/Dyllick (2000).
84
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
lungsphase sind vor allem Transaktionskosten relevant, die sich aus der mangelnden
Erreichbarkeit der Anbieter bzw. der Verfügbarkeit von Bio-Produkten ergeben.
Information
• Transparenz auf
Markt-,
Unternehmens- und
Produktebene
• Erklärungsbedürftigkeit der
Produkte
• Informations- und
Wissensdefizite
• Verwirrende
Kennzeichnung von
Bioprodukten
Entscheidung
• Vertrauensdefizit/
Echtheitszweifel
• Uneinheitliche/
verwirrende
Kennzeichnungen
• Hohes Preisniveau
• Höhere
Beschaffungskosten
durch Kontrollkosten
Abwicklung
• Niedrige
Absatzquantitäten
• Höhere
Beschaffungskosten
durch Wegkosten
• Erreichbarkeit/
Verfügbarkeit der
Verkaufsstellen
Kundenbindung
• Initiierung von
Wiederholungskäufen
• Kostenpflichtige
Dienstleistungen
Abbildung 21: Marktdefizite im Bio-Markt entlang des Phasenmodells
Quelle: Kolibius/Nachtmann/Dyllick (2000), S. 19
Welche konkreten Wirkungen können die Möglichkeiten des Internets im Rahmen der
Kaufphasen entfalten, um die in Bio-Märkten bestehenden Kaufbarrieren zu beseitigen? Hierzu muss für jede Transaktionsphase überlegt werden, wie und welche internetspezifischen Potentiale241 zum Abbau der Kaufbarrieren beitragen könnten. Beispielsweise ermöglicht die örtliche und zeitliche Unmittelbarkeit der Nutzung des Internets eine höhere Unabhängigkeit und Bequemlichkeit bei der Bestellung von ÖkoProdukten. Interaktive Elemente helfen hingegen, mehr Transparenz beim Kauf herzustellen. Im folgenden werden die Potentiale des Internets in Bezug auf den Einkaufsprozess des Endkunden näher analysiert, um daraus strategische Erfolgsfaktoren für
ein Internet-Angebot im Bio-Bereich ableiten zu können.
5.3.1 Informationsphase
In der ersten Phase verschafft sich der Kunde einen Überblick über die Marktsituation,
die Produkte und Produkteigenschaften sowie die Liefer- und Zahlungsbedingungen.
Bio-Marktspezifische Defizite im Rahmen der Informationsphase sind u.a. fehlende
Transparenz auf Markt-, Unternehmens- und Produktebene, hohe Erklärungsbedürftigkeit von Öko-Produkten und verwirrende Kennzeichnungen von Öko-Erzeugnissen.
241
Vgl.Kapitel 4.1 sowie Kolibius/Nachtmann (2000a), Kolibius/Nachtmann (2000b) sowie Kolibius (2000a).
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
85
Diese Probleme führen zu hohen Such- und Informationskosten. Welche Möglichkeiten bietet Electronic Commerce zur Reduzierung dieser Defizite?
Ein zentrales Merkmal des E-Business ist das bedeutende Potential für eine höhere
Markttransparenz. Das Internet hilft bei der Strukturierung grosser Informationsmengen, unterstützt die Suche in unstrukturierten Daten, ermöglicht die Kombination multimedialer Darstellungsformen und kann ohne grossen Aufwand thematische
Schwerpunkte bilden. Es erhöht dadurch die Transparenz in der Informationsphase.
Transparenz durch Strukturierung grosser Informationsmengen
Das Internet trägt mit seiner Eigenschaft der Multi- und Hypermedialität zur Strukturierung grosser Informationsmengen bei. Basierend auf multimedialen Darstellungen
(Text, Bild, Ton und Film) können Inhalte erläutert und im Text strukturiert werden.
So findet man unter der Internet-Adresse: http://www.soel.de/inhalte/oekolandbau/
international_deutschland99.html die Historie des ökologischen Landbaus in Deutschland skizziert. Über Hyperlinks gelangt man auf die Sites der ökologischen Anbauverbände, von Hersteller- und anderen Organisationen oder auch auf nähere Erläuterungen, z.B. der EG-Bio-Verordnung. Dort werden Einzelaspekte, wie bspw. die Geschichte der einzelnen Verbände weiter detailliert erläutert. Dadurch erhält ein Interessent ausführliche oder spezifische Informationen, von denen er je nach Interesse Teilaspekte vertiefen kann. Weiter ist es möglich, ausgehend von einer Produktbeschreibung Links zu weiteren Hintergrundinformationen oder anderen Anbietern zu setzen.
Damit lassen sich Produkte und Dienstleistungen bündeln und so die Such- und Informationskosten im Vergleich zu konventionellen Vertriebswegen senken.
Transparenz durch Suchunterstützung in unstrukturierten Daten
Höhere Transparenz kann durch die Interaktivität des Internets erreicht werden. Ein
Beispiel bietet der Einsatz von Datenbanken und Datenbank-Abfragemöglichkeiten.
Informationen über Produkte, Bezugsquellen oder Herstellungsverfahren werden je
nach Nutzer- bzw. Kundenpräferenz zur Verfügung gestellt. So ist es z.B. unter
http://www.gemuesekiste.de möglich, unter Angabe der Postleitzahl und einer gewünschten Produktgruppe den nächstgelegenen Lieferservice für dieses Produkt
herauszufinden. Auf der Site http://www.genfreinet.de erhält man Informationen über
gentechnisch veränderte Inhaltsstoffe und Lebensmittel. Dass diese Funktionalität von
grosser Bedeutung für die Bio-Branche ist, macht die grosse Nachfrage nach diesen
Leistungen deutlich: Im Fall von http://www.ecofinder.com bietet der Betreiber nur
86
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
noch den Kernservice kostenlos an; erweiterte Suchmöglichkeiten sind kostenpflichtig.242
Eine spezifische Einsatzmöglichkeit von Datenbanken bzw. DatenbankAbfragefunktionalitäten sind Suchmaschinen. Diese haben eine wesentliche Bedeutung für die Strukturierung verfügbarer Informationen über Markt, Unternehmen und
Produkte.243 Aus der Vielzahl von Suchmaschinen lassen sich Katalog-, Schlagwortund Metasuchmaschinen unterscheiden. Letztere suchen explizit nur in für eine bestimmte Zielgruppe interessanten Datenbeständen. Dieses Konzept hat den Vorteil, die
auch durch Suchmaschinen nur noch bedingt zu erfassende Datenmenge im Internet
überschaubar zu halten. Suchmaschinen können, kombiniert mit weiteren Funktionalitäten, wie z.B. E-Commerce-Applikationen, als Öko-Portal für den Internetmarkt ökologisch erzeugter Lebensmittel fungieren. Ein Beispiel hierfür ist ebenfalls wieder die
Suchmaschine http://www.ecofinder.com oder http://www.oekocity.de. Dort sind
Adress-Datenbanken über Stichwortsuche oder Branchenlinks im Rahmen einer Katalogsuche verfügbar. Gleichzeitig dienen sie als Einkaufszentren für Bio-Produkte.
Transparenz durch Schaffung thematischer Schwerpunkte
Weniger die technischen Funktionalitäten als vielmehr die Bündelung nach thematischen Schwerpunkten ist ein weiterer Ansatz zur Schaffung einer höheren Transparenz
im Markt für ökologische Lebensmittel. Der Inhalt themenbezogener Websites zielt
auf die Bedürfnisse einer entsprechenden Zielgruppe.244 So gibt es z.B. unter
http://www.feuerwehr.de alles für den spezifischen Feuerwehrbedarf, von Erfahrungsberichten über Diskussionsforen bis hin zum Einkauf von Sicherheitsbekleidung. Für
den Naturkostbereich bietet http://www.naturkost.de neben einer Vielzahl von Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten zum Thema Naturkost auch erste Ansätze zum Einkauf ökologischer Lebensmittel. Im Gegensatz zu Suchmaschinen wird der
potentielle Kunde in solchen themenbezogenen Websites umfassend begleitet.
Zwischenfazit Informationsphase
Es zeigt sich, dass die internetbasierten Funktionalitäten eine breite Palette an
Einsatzmöglichkeiten bieten, den Informations- und Wissensdefiziten innerhalb der Informationsphase entgegenzuwirken (vgl. Tabelle 8). Insbesondere die medialen Eigen242
243
244
Fraglich bliebt, ob diese kostenpflichtigen Leistungen vom Konsumenten auch bezahlt werden oder ob sie
nicht dazu führen, dass der Kunde die Internetsite verlässt oder sich ggf. die Informationen bei anderen Anbietern kostenlos verschafft.
Vgl. Schneider/Gerbert (1999), S. 62f.
Meist werden die Interessen der Zielgruppen im Rahmen einer themenspezifischen Community zusammengefasst.
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
87
schaften des Internets, wie die Verlinkung von ökologiespezifischen Themen und Inhalten bzw. multimediale Darstellungen, ermöglichen es dem Konsumenten, sich umfassend über ökologische Produkteigenschaften zu informieren. Zudem wird der ökologische Herstellungsprozess transparent. Beides trägt zur Erhöhung der Markttransparenz bei. Weitere Elemente der Informationsphase stellen Datenbanken oder Suchmaschinen dar, welche die gezielte Suche nach Produkten oder Produktinformationen unterstützen. Als Folge reduziert sich der Such-, Informations- und Vergleichsaufwand
des Kunden beim Kaufentscheidungsprozess.
Defizite am Markt für Bio-Lebensmittel
Potentiale des Internets
• Intransparenz auf Markt-,
Unternehmens- und Produktebene
• Informations- und Wissensdefizite
aufgrund der Erklärungsbedürftigkeit
der Produkte
• Verlinkung von Inhalten
• Datenbanken/Suchmaschinen
• Multimediale Darstellungen
• Bündelung von Produkten und
Dienstleistungen
• Zeitersparnis
Folge:
ÿ Reduzierung des Such-,
Informations- und Vergleichsaufwandes führen zu Informationsund Suchkostensenkung
Tabelle 8: Defizite und Internetpotentiale in der Informationsphase
Quelle: Kolibius/Nachtmann/Dyllick (2000), S. 22
Fraglich bleibt, inwieweit der Konsument die Informationsmöglichkeiten in Anspruch
nehmen wird und inwieweit der Kunde bereit ist, für solche Informationen in Zukunft
zu zahlen. Lebensmittel zählen im allgemeinen zu den kurzlebigen Konsumgütern
(Low-Involvement-Produkte), bei denen meist gewohnheitsmässige, sogenannte habitualisierte Kaufentscheidungen gefällt werden.245 Die Konsumenten sind im kurzlebigen Konsumgütermarkt einem enormen Werbedruck ausgesetzt, der das bei LowInvolvement-Produkten generell niedrige Informationsinteresse weiter sinken lässt.
Dies könnte zur Folge haben, dass auch Internet-Auftritten bzw. Produktinformationen
in diesem Bereich nur eine geringe Aufnahmebereitschaft entgegengebracht wird und
die Bereitschaft, für solche Informationen zu zahlen, nur gering ist.
245
Vgl. Böcker (1994), S. 58.
88
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
5.3.2 Kaufentscheidungsphase
Nach der Sammlung von Informationen werden diese miteinander verglichen und bewertet, um eine Kaufentscheidung zu treffen. Kaufentscheidungen in Bio-Märkten
werden durch diverse Defizite behindert. Das zentrale Problem stellt hier das Vertrauensdefizit dar. Es resultiert u.a. aus der uneinheitlichen und verwirrenden Kennzeichnung und wird zusätzlich durch die hohen Transaktionskosten in seiner Wirkung verstärkt.
Im Falle elektronischer Transaktionen im Internet addieren sich hierbei weitere Unsicherheitsaspekte, die durch die virtuelle Natur der Beziehung hervorgerufen werden.
Einflussgrössen sind z.B. das Vertrauen in das Trägermedium und die Identität des Geschäftspartners. So ist der Mangel an Vertrauen in die Sicherheitsmechanismen des Internets einer der zentralen Gründe für den Nicht-Kauf im Internet.246 Virtualität
braucht vor allem Vertrauen. Was notwendig ist, sind institutionelle Intermediäre, die
ähnlich wie im konventionellen Bio-Handel, z.B. als Zertifzierungsstellen, Unternehmen auf die Einhaltung von Richtlinien kontrollieren, das Risiko und die Unsicherheit
im Rahmen von Geschäftstransaktionen verringern und somit Vertrauen schaffen.247
Da Vertrauen von vielen Autoren als ein wichtiger Faktor für die breitere Akzeptanz
des Electronic Commerce angesehen wird,248 existieren bereits eine Vielzahl unterschiedlicher Intermediäre, die diesem Problem begegnen sollen. Es lassen sich drei
verschiedene Gruppen von Institutionen für Vertrauensaufbau, sogenannte „Vertrauensintermediäre“, in gesellschaftlichen Systemen charakterisieren: Garanten (Guarantors), Ratgeber (Advisors) und Unternehmer (Entrepreneurs).249
• Garanten:
Garanten sind vor allem aus Konsumentenperspektive wichtig. Das Vorhandensein
von Garanten ist eine wichtige Voraussetzung für die weitere Verbreitung und Akzeptanz von spontanen Einkaufsentscheidungen. Sie dienen dazu, die Parteien vor
möglichen Folgen eines geschäftlichen Vertrauensbruchs zu schützen.250 Damit
können sie adverse Selektions- und Moral Hazard-Probleme zum grössten Teil
246
247
248
249
250
Vgl. Hofmann/Nowak/Peralte (1998). Zu den allgemeinen Problemen des E-Commerce vgl. auch Bauer/ Huber/Henneberg (1999), S. 48 sowie ökologiespezifisch Kolibius (2000a), S. 316ff.
Vgl. hierzu ausführlicher Stohr/Viswanathan (1998) sowie Salam/Rao/Pegels (1998).
So argumentieren z.B. Wang et. al. „Despite the much-heralded recent successes in utilizing the Internet marketplace, one of the major impediments against full-scale integration on the internet marketplace with modern
business is the lack of confidence Internet consumers have in the newly developed marketing machinery.“
Wang et al. (1998), S. 64.
Vgl. Schubert (1999), S. 64ff.
Vgl. Picot/Reichwald/Wigand (1998), S. 335.
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
89
überwinden. Ihre spezifischen Kenntnisse über besondere Umstände, wie Ort und
Zeit und das allgemeine Erfahrungswissen, erlauben ein effektives Screening und
Monitoring als Privatpersonen. Ähnliche Sicherungsleistungen übernimmt der Handel. Diese umfassen Beratung, Qualitätssicherung, Umtauschleistungen etc, die das
Risiko des Kaufs reduzieren. Intermediäre müssen folglich nicht nur über spezifisches Know-how über die Primärtransaktionen verfügen, die sich auf den Leistungsübergang und die Produkte und Dienste beziehen, sondern auch über die unterstützenden Sekundärtransaktionen, wie z.B. Finanztransaktionen und Logistik.251
• Ratgeber:
Diese Form von Intermediären ist bemüht, fehlende Informationen darzubieten, die
den Konsumenten helfen, ihre Unsicherheit abzubauen und „informierte
Entscheidungen“ zu treffen (Ökologische Strategie der Qualifizierung).252 Dies kann
z.B. durch gezieltes Zusammenführen von Konsumenteninformationen geschehen
(Agenten, Konsumentenberichte, Stiftung Warentests) oder in Form einer Weitergabe von Erfahrungen (virtuelle Gemeinschaften).
• Unternehmer/Entrepreneurs
Zu dieser Kategorie zählen die meisten neu aufkommenden Intermediäre. Ein aus
Sicht der Geschäftspartner vertrauenswürdiges Unternehmen agiert hierbei als Mediator und somit als vertrauenswürdiger Dritter zwischen Anbietern und Nachfragern. Derartige Unternehmen können Wiederverkäufer, Sammelverkäufer, Portal
etc. sein, die dem Kunden ein vertrauenswürdiges Umfeld zur Verfügung stellen
(z.B. Malls).
Im folgenden soll weniger auf die Schaffung vertrauenswürdiger Intermediäre eingegangen werden, als vielmehr die Potentiale des Internets zur Schaffung von Vertrauen
hervorgehoben werden. Eine wesentliche Rolle in der Vermittlung von Nähe und Vertrauen spielt in diesem Zusammenhang die Nähe zum Verbraucher, ein Vorteil, den
Direktvermarkter und Naturkosthandel besitzen.253 Diese Nähe ist beim Vertriebsweg
Internet nicht möglich. Jedoch ermöglicht das Internet, den Nachteil des fehlenden persönlichen Kontaktes zu relativieren: Durch Kooperation mit vertrauenswürdigen
Institutionen, Dokumentation von Produktionsverfahren und Personalisierung
der Betreiber lassen sich „Brücken zur realen Welt“ schlagen.
251
252
253
Vgl. Picot/Reichwald/Wigand (1998), S. 335 sowie Himberger (1994).
Vgl. zur Strategie der ökologischen Qualifizierung ausführlicher Kolibius (2000a), S. 338ff.
Vgl. Belz (1998), S. 14.
90
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
Vertrauensaufbau durch Bezug zu vertrauenswürdigen Institutionen
Ökologischen Anbau-Verbänden, wie Bio Suisse, Demeter oder Bioland, wird von
Verbraucherseite grosses Vertrauen entgegengebracht. Mitgliedsunternehmen dieser
Verbände können ihre Mitgliedschaft über Hyperlinks dokumentieren und damit den
Beleg der Einhaltung entsprechender Produktions- und Verarbeitungsrichtlinien durch
Nennung, Erläuterung oder einfache Verlinkung erbringen. Durch die entsprechenden
Labels für ökologische Produktionsverfahren bzw. Produkte wird die Vertrauenseigenschaft in eine „Quasi-Sucheigenschaft“ überführt.254
Ausschlaggebend für diese Wirkungszusammenhänge sind Glaubwürdigkeit und Bekanntheit des Labels. Je grösser die Glaubwürdigkeit eines Labels, desto sinnvoller
kann dieser Bezug zu vertrauenswürdigen Institutionen sein. Eine besondere Bekanntheit geniessen etwa in der Schweiz die Knospe oder in Deutschland die Embleme der
Anbauverbände Demeter und Bioland. Auf Internetseiten von Verbandsmitgliedern
findet man sehr häufig bereits auf der ersten Seite einen Link auf den jeweiligen Verband (z.B. http://www.bioland.de), Mitgliedsnummern oder Abbildungen der Prüfungsnummern (siehe Abbildung 22).255
Neben den klassischen Trägern des ökologischen Landbaus existiert seit 1993 die EGBio-Verordnung. Diese regelt die Verwendung des Bio-Begriffs. Danach dürfen Produkte nur dann eine Bio-Bezeichnung erhalten, wenn Sie nach den Regeln der Verordnung produziert bzw. verarbeitet wurden. Die Angabe einer Prüfungsnummer weist auf
die Einhaltung der Produktionsstandards auf Unternehmensebene bzw. bei der Produktherstellung und -verarbeitung hin. Ein ebenfalls auf EU-Recht basierender Ansatz
ist die Öko-Audit-Verordnung bzw. die parallele, aber privatwirtschaftlich ausgestaltete ISO-Norm 14001. Sie ermöglicht eine Dokumentation der ökologischen Wertigkeit
des eingesetzten Umweltmanagementsystems.
254
255
Vgl. Hüser (1996), S. 277; Belz (1998), S. 14.
Eine Verlinkung ist sehr einfach herzustellen, so dass auch Nicht-Mitglieder mit einem Link fälschlicherweise
den Eindruck einer Mitgliedschaft und damit der Einhaltung ökologischer Standards vortäuschen könnten.
Hier kommt den Trägern der entsprechenden Labels eine grosse Verantwortung zur Wahrung der Wertigkeit
der Labels zu.
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
91
EG-Prüfungsnummer
Abbildung 22: Vertrauen durch EG-Prüfungsnummer
Quelle: http://www.dirksbiokiste.de
Vertrauensaufbau durch Dokumentation von Produktionsverfahren
Über die Verlinkung hinaus ermöglicht die Multimedialität den Einsatz von Ton- und
Filmdokumenten oder Live-Übertragungen. Vor allem in sensiblen Zusammenhängen kann hierdurch Vertrauen in die Anbauweise oder Tierhaltung erlangt werden. Unter http://www.coop.ch/naturaplan256 können beispielsweise über eine Internetkamera
verschiedene Bereiche ökologisch wirtschaftender Landwirtschaftsbetriebe eingesehen
werden. Ein anderes Beispiel stellt Bergquell dar; hier wird die Bodenhaltung von
Hühnern per Live-Kamera dokumentiert (vgl. Abbildung 23).
Darüber hinaus ist die Erläuterung der entsprechenden ökologischen Anbaumethoden
denkbar. So wird etwa unter http://home.t-online.de/home/willi.peter/ der Anbau von
ökologischen Tomaten inkl. Bildern beschrieben und so die Besonderheiten ökologischer Anbauverfahren deutlich gemacht. Zusätzlich werden Zusammenhänge der
landwirtschaftlichen Produktion dargestellt, belegt und erläutert.
256
Vgl. zu Coop naturaplan ausführlicher Kapitel 6.3.1.
92
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
Abbildung 23: Livekamera auf Bauernhöfen am Beispiel Bergquell
Quelle: http://www.bergquell.de
Vertrauensaufbau durch Personalisierung und Individualisierung
Der persönliche Kontakt spielt eine wesentliche Rolle beim Aufbau von Vertrauen.257
Dabei profitiert die Direktvermarktung vom direkten Kontakt zum Endkunden.258
Eine Möglichkeit, den im Internet fehlenden persönlichen Kontakt auszugleichen, ist
die Personalisierung des Internetangebotes. Gerade regionale Internetangebote haben an dieser Stelle entscheidende Vorteile gegenüber überregionalen Angeboten. Sie
können auf existierenden sozialen Netzen und den entsprechenden Vertrauenszusammenhängen aufbauen, sich durch regionale Besonderheiten profilieren oder durch geringere Kosten etwa im Bereich Logistik Kosteneinsparungen im Vergleich zu überregionalen Projekten durchsetzen.259 Die Möglichkeiten sind breit gestreut: Durch Bilder
von Haus und Hof, der Betriebsleiterfamilie oder Mitarbeitern sowie durch die Schil257
258
259
Vgl. Belz (1998), S. 14.
Vgl. Wirthgen/Maurer (1992), S. 16; Grosch (1991), S. 232.
Vgl. Steinfield/Klein (1999).
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
93
derung der Hofgeschichte, Unternehmenspolitik und -selbstverständnis oder anderen
spezifischen Zusammenhängen wird der Bezug zwischen den konventionellen Vertriebswegen und dem Internetvertrieb hergestellt. Der ökologische Direktvermarkter
Feldhof (vgl. Abbildung 24) nutzt bspw. die Lage im Neandertal, um eine ausführliche
Geschichte über die Entwicklung des Tales bis hin zur Entstehung des Feldhofs zu erzählen. Darstellungen und Erläuterungen des Betriebes, der Einkaufsmöglichkeiten
und der den Hof bewirtschaftenden Familie machen aus dem Internetauftritt des Feldhofs eine gelungene Unternehmensdarstellung mit starker regionaler Einbindung und
persönlichem Bezug.
Weitere Möglichkeiten, einen persönlichen Bezug zum Unternehmen zu schaffen, sind
der direkte E-Mail-Kontakt zu Ansprechpartnern oder die kontinuierliche Information
über aktuelle Aktivitäten des Öko-Anbieters. Durch die ständige Interaktion können
individuelle Fragen, Probleme und Wünsche berücksichtigt und damit eventuelle
Kaufbarrieren erkannt sowie beseitigt werden. Hierdurch kann der Nachteil des fehlenden persönlichen Kontakts zumindest relativiert werden. Diese Ansätze sind insbesondere bei regionalen Angeboten interessant, wo der Kunde die Wahl hat, entweder
über das Internet zu bestellen oder die Waren vor Ort zu kaufen.
Abbildung 24: Verbindung realer und Internet-Welt am Beispiel des Feldhofs
Quelle: http://www.feldhof.de
94
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
Basis der Personalisierung bzw. Individualisierung im Internet ist die Sammlung von
Kundendaten bspw. zur Unterstützung des Kaufentscheidungsprozesses. Mit Hilfe
von Warenkorbsystemen können etwa die ausgewählten Artikel konstant eingesehen,
die Anzahl der gewählten Produkte verändert oder die Gesamtsumme der zu diesem
Zeitpunkt ausgewählten Artikel errechnet werden. Dadurch wird dem Kunden jederzeit
eine hohe Transparenz bezüglich seines aktuellen Einkaufsvorganges geboten. Diese
kann erhöht werden, indem durch vorherige Personalisierung seine bisherige Einkaufshistorie verfügbar wird. So bietet etwa der Internetdrogist vitago.de den Überblick der eigenen Einkaufshistorie an. Auf Basis dieser Informationen ist es dem Internetanbieter auch möglich, Annahmen über die Präferenzen des Kunden zu treffen und
entsprechende Sonderangebote zu platzieren (Eins-zu-Eins-Marketing).
Die Personalisierung wird in der Regel durch Anmelden im Anbietersystem durchgeführt. Sie unterstützt nicht nur die Kaufentscheidung, sondern kann auch grössere
Sicherheit, z.B. im Zahlungsprozess, bieten. So kann durch die personalisierte Einwahl
in Shopsysteme z.B. die Übertragung der Kreditkartennummer verschlüsselt werden.
Vertrauensaufbau durch Kommunikation
Diskutiert man die Vertrauensbildung als wesentliches Element im Verkaufsprozess,
so hat das Internet gegenüber konventionellen Vertriebswegen Nachteile durch den
fehlenden persönlichen Kontakt. Verschiedene Kommunikationsansätze ermöglichen
es, diese Zusammenhänge zu relativieren. Ziel ist es, Rückkopplungsmöglichkeiten zu
schaffen, um Zweifel ab- und Vertrauen aufzubauen. Möglichkeiten sind etwa E-Mail,
Callback-Button, Chats, telephonische Kontaktaufnahme über das Internet oder
Servicenummern.260
Dabei ergänzen sich die Möglichkeiten bezüglich Interaktivität/Individualisierung mit
denen der vorgenannten Hypermedialität/Multimedialität. So gibt es bereits Angebote,
die bei Rückfragen entweder Telephonieren über das Internet ermöglichen oder einen
Rückruf anbieten. So kann etwa bei foodtrader.com oder theorganicshop.com auf einen
Beratungsbutton geklickt werden, der einen Kontakt zum CallCenter herstellt. Bei
unitednature.net ist es dem Nutzer möglich, über einen Callbackbutton seine Telefonnummer einzutragen. Er erhält darauf einen Rückruf aus dem Callcenter. Dadurch wird
eine Verbindung zum Kundencenter des Anbieters hergestellt, der bei bereits getätigten Einkäufen wiederum detaillierte Informationen über den Kunden erhält.
260
Vgl. Symposion Publishing (1999), S. 30.
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
95
Kommunikation ist aber nicht nur ein wesentliches Element in der Anbieter-KundeInteraktion. Gerade die Kommunikation unter Kunden erhält im Internet eine besondere Plattform. So können Kunden unter nurnatur.de die Qualität der gekauften Produkte
bzw. der erbrachten Dienstleistung kommentieren. Bei powershopping.de werden die
Lieferanten und deren Produkte nach einer einfachen Skala bewertet. Wer wiederholt
einen schlechten Service geboten oder ein schlechtes Produkt geliefert hat, wird für alle sichtbar negativ eingestuft.
Kommunikation kann jedoch auch über die Vertrauensbildung hinausgehen. Bei Internetgeschäftsmodellen, wie Agenten, Börsen, Auktionen und PowershoppingKonzepten, ist das wesentliche Element das Zusammenbringen der Marktteilnehmer
und die Kommunikation untereinander. Diese Geschäftsmodelle sind vor allem im Business-to-Business von zentraler Bedeutung. Durch die Bündelung von Angeboten
können den Nachfragern günstigere Produkte angeboten werden, ebenso steigen Sortimentsbreite und –tiefe. Ähnliche Konzepte wären evtl. auch für den Business-toConsumer-Bereich von Vorteil: So zielen etwa Powershopping-Konzepte darauf ab,
die Nachfrage nach Produkten zu bündeln, dadurch die Abnahmemenge zu erhöhen
und letztlich einen besseren Abgabepreis vom Hersteller zu erhalten. Beispiele sind
letsbuyit.com oder powershopping.de. Vergleichbare Konzepte sind gerade für die
Bio-Branche denkbar, deren Produkte ein durchschnittlich hohes Preisniveau haben.
Zwischenfazit Entscheidungsphase
Die zentrale Aufgabe der Entscheidungsphase ist, die Vertragspartner zusammenzubringen und einen Kaufvertrag abzuschliessen. Neben den zentralen Geschäftsmodellen – Börsen, Auktionen etc. – ermöglicht das Internet eine Vielzahl von Ansätzen, den
Vertrauensdefiziten in Bio-Märkten zu begegnen. Von zentraler Bedeutung sind dabei
Ansätze, die zu einer starken Individualisierung bzw. Personalisierung des Angebots
und letztlich zu einer intensiveren Kommunikation zwischen Anbieter und Kunden
bzw. innerhalb von Kundengruppen führen (vgl.Tabelle 9). Deutlich wird diese Entwicklung auch an der Zunahme von Callcenter-Lösungen (z.B. bei
http://www.unitednature.com), welche eine zentrale Kommunikationsschnittstelle darstellen.
Es bleibt jedoch abzuwarten, inwieweit es sich vor allem die kleinen und mittelständischen Unternehmen im ökologischen Lebensmittelhandel (insbesondere Direktvermarkter ab Hof) leisten können, die Kommunikations- und Personalisierungsmöglichkeiten des Internets in ihr Internet-Angebot zu integrieren. Kritische Variablen sind
hierbei insbesondere der hohe Implementierungsaufwand (Installation von LiveKameras, Pflege der Seiten und Kundenprofil-Datenbanken etc.) sowie die hohen Unterhaltskosten in Bezug auf Interaktionselemente (Personal für Beantwortung von
96
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
E-Mails oder Callcenter etc.). Eine mögliche Lösung wäre z.B. die Bündelung mehrerer Klein- bzw. Mittelbetriebe zu einer Eco-Mall, die zentral von einem Intermediär
verwaltet und gepflegt wird.
Defizite am Markt für Bio-Lebensmittel
Potentiale des Internets
• Vertrauensdefizit/Echtheitszweifel
• Uneinheitliche/verwirrende
Kennzeichnungen
• Hohes Preisniveau
• Multimediale Verknüpfung mit
vertrauensfördernden Institutionen
• Personalisierung des Angebotes auf
die Bedürfnisse des Kunden
• Dialog mit dem Kunden
Folge:
ÿ Unterstützung von Vertrauen und
Glaubwürdigkeit
Tabelle 9: Defizite und Internetpotentiale in der Entscheidungsphase
Quelle: Kolibius/Nachtmann/Dyllick (2000), S. 31
5.3.3 Abwicklungsphase
Wesentliches Element der Abwicklungs- oder Transaktionsphase ist der eigentliche
Handel, der Austausch von Gütern (Commerce). Die Transaktionsphase umfasst zwei
Aspekte, die Warentransaktion sowie die finanzielle Transaktion. Zur Unterstützung
der finanziellen Transaktionsphase bestehen im Internet bereits Strukturen in Form
verschiedener Zahlungsvarianten (z.B. E-Cash, Mobile-Transaction usw.). Die Zahlungsverfahren selbst werden im Rahmen dieser Arbeit nicht näher behandelt, da sie
auch keine branchenspezifischen Differenzierungen ermöglichen. Stattdessen wird die
Warentransaktion dargestellt: Das zentrale Problem in der Abwicklungsphase der BioBranche sind die hohen Transaktionskosten u.a. durch schlechte Erreichbarkeit und
Verfügbarkeit der Produkte und Handelsgeschäfte. Das Internet bietet diverse Ansätze,
diese Transaktionskosten zu reduzieren.
• Senkung der Transaktionskosten durch ein grösseres Angebot
• Senkung der Transaktionskosten durch neue Servicekonzepte
• Senkung der Transaktionskosten durch Sonderangebote.
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
97
Senkung der Transaktionskosten durch grösseres Angebot
Der Konsument orientiert sich zunehmend an „Alles aus einer Hand“-Angeboten. Beispiele sind grosse Einkaufszentren auf der „grünen Wiese“ oder Mega-Shops in Innenstädten. Die klassischen Vertriebswege für ökologisch erzeugte Lebensmittel haben
keine entsprechenden Möglichkeiten. Mit Hilfe des Internets kann dieser Nachteil ausgeglichen werden, da es durch die multimediale und interaktive Verknüpfung und den
Einsatz von Datenbanken die Aggregation von Einzelangeboten zu einem grossen,
umfassenden Angebot ermöglicht. So können Offerten von verschiedenen Anbietern,
die jeweils eine spezifische Produktpalette führen, auf einer Internetsite zu einem
Komplettangebot zusammengefasst werden. Die Breite und die Tiefe der Produktpalette lässt sich dabei genauso verbessern wie z.B. die Ausweitung des Liefergebietes. Das
Unternehmen naturwarenhaus.de bündelt beispielsweise Kosmetikartikel, Naturkost,
Bücher und CDs sowie andere Artikel aus dem Umfeld ökologischen Konsums. Das
Unternehmen streamline (http://www.streamline.com) geht noch einen Schritt weiter
und bietet über das Internet ein umfassendes Dienstleistungspaket an. Es umfasst neben Lebensmitteln auch andere Dienstleistungen, wie Textilreinigung oder Filmentwicklung. Streamline funktioniert dabei unabhängig davon, ob der Kunde zu Hause ist.
Die Ware wird in einem von Streamline zur Verfügung gestellten, externen Kühlschrank platziert. Durch dieses System reduzieren sich nicht nur die Transaktionskosten des Lebensmitteleinkaufs (kein Einkauf im Supermarkt notwendig, Entfall der
Opportunitätskosten von Zeit und Weg zum Geschäft etc.), sondern auch die Kosten
der anderen Güter des täglichen Bedarfs (kein Besuch verschiedener Geschäfte notwendig).
Senkung der Transaktionskosten durch neue Servicekonzepte
Das Internet kennt keinen Ladenschluss. Und der Internet-Shop mit all seinen auf Multimedialität/Hypermedialität und Interaktivität/Individualisierung beruhenden Funktionen ist überall nutzbar. Informationen oder Angebote sind über das ganze Jahr 24
Stunden verfügbar. Damit ermöglicht das Internet die Ergänzung, aber auch eine gänzliche Unabhängigkeit von konventionellen Vertriebswegen, wie der Direktvermarktung, dem Naturkosthandel oder dem konventionellen Einzelhandel. Potentielle Kunden können ihre Planungen unabhängig von Ladenöffnungszeiten gestalten. Eine Auslieferung der bestellten Produkte frei Haus verringert ebenfalls die kundenseitigen
Transaktionskosten. Dem Kunden werden damit die Wegekosten abgenommen. Dadurch können insbesondere Personen angesprochen werden, die bisher auf das Angebot verzichtet haben, weil sie vor weiten oder umständlichen Beschaffungswegen für
Bio-Produkte zurückschreckten oder ein breites Bio-Produkt-Sortiment im Handel
vermissten. Vor allem angemessene Dienstleistungen von Öko-Anbietern, wie häufig
98
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
regional begrenzt angebotene Lieferservices oder Abokistensysteme261 haben hierbei Chancen, sich am Markt zu etablieren. Allerdings sind dazu ausgeklügelte Vertriebskonzepte notwendig. Denn selbst wenn die Bestellung unabhängig von Ort und
Zeit ist, muss die Auslieferung real übergeben werden. Hier treten oftmals noch Probleme auf, weil die Person zum Liefertermin nicht erreichbar ist oder das Paket bei der
Post abgeholt werden muss. Aus Sicht der Direktvermarktung ist dabei auch zu bedenken, dass regionale Lieferkonzepte in eigener Regie mit einer bundesweiten Lieferung
überfordert sein können.
Die Höhe der Transaktionskostenersparnisse des Kunden hängen von der Preisgestaltung des Lieferservices und von den Möglichkeiten zur Online-Zahlung ab. So ist es
entweder ab einer bestimmten Einkaufshöhe oder auch grundsätzlich möglich, die Produkte kostenlos geliefert zu bekommen. Durch den Wegfall von Wertschöpfungsstufen
lassen sich diverse Vorteile wie günstigere Preise oder grössere Frische realisieren.
Weiterhin wirkt der direkte Kontakt u.a. durch die Nutzung des positiven Produktimages „direkt vom Hof“ vertrauensbildend. Im Electronic Commerce-Umfeld sind
darüber hinaus Bequemlichkeit und persönliche Bindung zentrale Mehrwerte.262
Soll aus organisatorischen, finanziellen oder strategischen Gründen kein Lieferservice
angeboten werden, zeigt z.B. der Naturkostladen Ambrosia einen interessanten Ansatz,
die Erreichbarkeit des Ladens zu verbessern und gleichzeitig die Umwelt zu schonen.
Unter Nutzung der interaktiven Möglichkeiten des Internets ermöglicht die Ambrosia
die Suche nach der geeigneten Verbindung mit den öffentlichen Verkehrsmitteln (vgl.
Abbildung 25). Man gibt seinen Standort im Stadtgebiet von Braunschweig an und erhält die nächste Verbindung zum Naturkostladen.
261
262
Beim Abokistensystem bekommt der Kunde in gewissen Zeitabständen (ähnlich eines Abosystems) eine Kiste
mit bestellten Waren per Post oder Lieferservice zugestellt.
Vgl. Siebel (2000).
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
99
Abbildung 25: Elektronische Fahrplanauskunft bei Ambrosia
Quelle: http://bs.cyty.com/ambrosia
Senkung der Transaktionskosten durch Sonderangebote
Sonderangebote und Aktionen sollen den Kaufimpuls unterstützen bzw. zur Senkung
von Kaufbarrieren beitragen. Der letzte Klick wird aber noch häufig durch Vorbehalte
und Unsicherheiten erschwert. In konventionellen Internetangeboten gibt es bereits
verschiedene Ansätze zur Lösung dieses Problems, etwa jeden Internetumsatz im
Rahmen eines Punktesystems zu belohnen. Sehr häufig ist die kostenlose Lieferung
innerhalb Deutschlands. Im Bio-Bereich gibt es Ansätze für ermässigte Probeabokisten oder Testangebote. Eine Idee entwickelte bspw. die Erzeuger-VerbraucherInitiative Biomobil, ein Zusammenschluss von 45 Bio-Bauern im Raum Kremstal in
Oberösterreich. In der Anfangsphase ihrer Internet-Aktivitäten gewährte die Initiative
jedem Käufer einen Erstkaufrabatt in Höhe von 10% des Einkaufspreises. Ähnlich initiiert auch das Gut Wulksfelde bei Hamburg den Erstkauf. Wer bis Ende Juli unter
http://www.wulksfelde.de eine Bestellung aufgibt, erhält eine Flasche Olivenöl im
Wert von etwa 25,- DM.
100
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
Zwischenfazit Transaktionsphase
Das Internet bietet im Rahmen der Abwicklungsphase nicht nur die Chance, den Einkaufsprozess für den Kunden bequemer zu machen, indem der Kunden die Ware daheim bequem aussuchen und sich ins Haus liefern lassen kann. Zudem schaffen die Potentiale des Internets auch Ansatzpunkte, das Angebot durch virtuelle Angebotsbündelung und durch neue individualisierte Dienstleistungskonzepte oder Sonderangebote
für den Kunden interessanter zu machen und sich vom Wettbewerb zu differenzieren
(vgl. Tabelle 10).
Defizite am Markt für Bio-Lebensmittel
Potentiale des Internets
• Niedrige Absatzquantitäten
• Höhere Beschaffungskosten durch
Wegkosten
• Erreichbarkeit/Verfügbarkeit der
Verkaufsstellen
• Bequemer Einkauf von Zuhause
(Auswahl, Heimlieferung)
• Attraktive Angebote durch
Angebotsbündelung
• Zusatznutzen durch Spezialangebote
(aktuelle Sonderangebote,
individualisierte Produkte)
Tabelle 10: Defizite und Internetpotentiale in der Transaktionsphase
Quelle: Kolibius/Nachtmann/Dyllick (2000), S. 35
Als problematisch erweisen sich in der Bio-Branche immer noch die mangelnde Professionalität der Internet-Angebote.263 So fehlen bei Bio-Anbietern zumeist die von
Grossunternehmen (Amazon, Dell, Migros, ...) eingesetzten Warenkorbbestellsysteme
zum bequemen Online-Einkauf ebenso wie ausgeklügelte Vertriebskonzepte, die eine
schnelle und kostengünstige Zustellung der Lebensmittel garantieren.
5.3.4 Kundenbindungsphase
Die Kundenbindung umfasst sowohl das bisherige Kaufverhalten als auch zukünftige
Wiederkauf-, Zusatzkauf und Weiterempfehlungsabsichten eines Kunden gegenüber
einem Anbieter oder dessen Leistungen.264 Die Bindung des Kunden an das Unternehmen ist seit langem bekannt. Neben der Erzielung von Folgekäufen haben Kundenbindungen vor allem folgende Zielsetzungen: die Steigerung der Kundenzufriedenheit, die
Erhöhung der Markteintrittsschranken und damit die Schaffung von Wettbewerbsvor-
263
264
Vgl. zu den Schwächen bestehender Bio-Internet-Angebote ausführlicher Nachtmann (2001).
Vgl. Meyer/Oevermann (1995).
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
101
teilen gegenüber der Konkurrenz, evtl. die Ausnutzung von Cross-Selling (Herstellung
von Absatzverbünden zwischen Sortimenten und die Verbesserung der Kenntnisse
über Kundenbedürfnisse).265
Die Kundenbindung ist umso erfolgreicher, je klarer ein Anbieter dem Kunden Mehrwerte auf seiner Site vermittelt.266 Mehrwerte umfassen dabei alle zusätzlichen Leistungen, die ohne zusätzliche Kosten für den Kunden erbracht werden. Im Rahmen
ökologischer Internetangebote stehen diverse Mehrwertansätze zur Verfügung:
Interaktive Kundendienste, Möglichkeiten zu Produktkonfigurationen, Gewährleistung
und Garantie, Gewinnspiele, Newsgroups, Anreize zum Wiederkauf durch Rabattbzw. Bonussysteme, Intensivierung der Kommunikation mit dem Kunden, E-Mailbzw. Newsletter zur Information über aktuelle Themen oder Sonderangebote. Jedes
Internetkonzept stellt ein spezifisches Bündel aus den verfügbaren Mehrwertansätzen
zusammen. Die langfristig erfolgreiche Entwicklung elektronischer Marktplätze, wie
Communities oder anderer Internetkonzepte, verlangt eine gezielte Schaffung von
Mehrwerten.267 Zudem sind kurzlebige Konsumgüter, wie Lebensmittel bezüglich ihres Grundnutzens gegeneinander austauschbar. Ähnlich verhält es sich mit dem Internet-Auftritt für diese Produkte. Für Online-Auftritte kurzlebiger Konsumgüter muss
daher im besonderen ein Zusatznutzen generiert werden, damit sie einmal bzw. mehrmals aufgerufen werden (vgl. Abbildung 26).
Es lassen sich produkt-, organisations- und wirkungsbezogene Mehrwerte unterscheiden.268 Aus der Perspektive des Endkunden sind dabei in erster Linie die produkt- und
wirkungsbezogenen Mehrwerte von Bedeutung. Im Unternehmensumfeld kommen zudem die organisationsbezogenen (organisatorischen, strategischen und makroökonomischen) Mehrwerte zum Tragen. Aus Sicht der Bio-Anbieter sind vor allem folgende
Mehrwerte relevant:269
• Produktbezogener Mehrwert durch integrative Verbesserungen
• Produktbezogener Mehrwert durch inhärente Verbesserungen
• Produktbezogener Mehrwert durch agglomerative Verbesserungen
265
266
267
268
269
Vgl. zur Kundenbindung ausführlicher Kapitel 6.2.2.
Grundsätzlich können die hier beschriebenen Mehrwertansätze auch in den übrigen Phasen (InformationsEntscheidungs- und Abwicklungsphase) angeboten werden, da sie auf zielgruppenspezifischem Content (der
Informationsphase), angemessenen Kommunikationsmöglichkeiten (der Entscheidungsphase) und den entsprechenden Transaktionsansätzen (der Abwicklungsphase) basieren. Da Mehrwerte jedoch von übergeordneter Bedeutung für die Kundenbindung sind, werden die Mehrwertansätze in der Kundenbindungsphase gesammelt dargestellt.
Vgl. Picot/Reichwald/Wigand (1998), S. 347.
Vgl. Kuhlen (1995), S. 90ff.; Picot/Reichwald/Wigand (1998), S. 347f.
Vgl. Picot/Reichwald/Wigand (1998), S. 347ff., Kuhlen (1995), S. 90f.
102
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
• Produktbezogener Mehrwert durch komparative Verbesserungen
• Wirkungsbezogener Mehrwert durch Emotionalität
prozentuale Wichtigkeit von
Komponenten bei Online-Auftritten
100
Produktinformationen/Services
75
50
Benefits
25
Entertainmentangebote
0
langlebige Konsumgüter
kurzlebige Konsumgüter
Abbildung 26: Relevanz der Inhaltskomponenten von Internet-Auftritten von
kurz- und langlebigen Konsumgütern
Quelle: Fantapié Altobelli/Hoffmann (1996), S. 241
Produktbezogener Mehrwert durch integrative Verbesserungen
Ein produktbezogener Mehrwert entsteht durch integrative Verbesserungen bzw. ein
integrativer Mehrwert durch Kombination verschiedener Typen von Leistungen. So
kann die Verknüpfung der virtuellen Welt des Internets mit der bestehenden, realen
Welt für den Kunden einen Mehrwert im Vergleich zu den Einzelleistungen darstellen.
Die Kombination der verschiedenen Erlebniswelten bietet u.a. die Möglichkeit, sich
von konventionellen Wettbewerbern zu differenzieren. So können Vorteile regionaler
Anbieter durch Bezug zu sozialen Netzwerken, historischen Besonderheiten und naturraumspezifischen Produkten im Internet dargestellt und erläutert werden.270 Der regionale Bezug ist insbesondere in Bio-Märkten ein wichtiger Vertriebsaspekt und wirkt
u.a. beim Aufbau von Vertrauen. Die Möglichkeiten zur Kombination der virtuellen
und realen Welt zeigen sich nicht nur in den Hinweisen auf die bestehenden Verkaufsstellen, durch Bilder von Hof und Familie oder durch Hinweis auf touristische Angebote. Unter http://www.laiseacker.de werden z.B. Hofführungen angeboten. Die Anmeldung ist per Email möglich. Ein anderer Ansatz ist die interaktive Gestaltung von
Hoffesten. Wie eng das Internetangebot mit einem Hoffest verknüpft sein kann, zeigt
270
Vgl. Steinfield/Klein (1999).
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
103
http://www.wulksfelde.de. Anlässlich des Hoffests im Sommer 2000 wurde in einer
Online-Scheune das neue Online-Engagement vorgestellt. Mit dem Programmpunkt
"Online @uf dem Gut Wulksfelde" wurden an mehreren Terminals dem Besucher die
Bedeutung von Internet, Electronic Commerce und organic networks nähergebracht.
Es kamen 6.000 Besucher, die den emotionalen Hintergrund erfahren und erste Bekanntschaft mit dem Online-Auftritt von Gut Wulksfelde schliessen konnten.271 Das
Hoffest wurde dazu genutzt, den Internetauftritt regional bekannt zu machen und zu
eröffnen.
Produktbezogener Mehrwert durch inhärente Verbesserungen
Ein inhärenter Mehrwert resultiert aus Verbesserungen einzelner Komponenten des
Angebotes. Die Nutzung des Internets muss Unternehmen nicht revolutionieren. Aber
sie kann einzelne Aspekte der Produkt- und Dienstleistungspalette verbessern. So
bleibt die strategische Ausrichtung eines regionalen Bio-Heimlieferdienstes erhalten,
wenn er die Internetmöglichkeiten „nur“ der existierenden, regional begrenzten Zielgruppe näher bringen will. Durch die Möglichkeiten des Internets bleibt zunächst die
Tiefe und Breite seines Produktangebots oder sein Lieferservice unberührt. Stattdessen
können jedoch die Kunden die Produktzusammenstellung für die nach Hause gelieferte
Bio-Kiste am Bildschirm selbst vornehmen oder die wöchentliche Lieferung kurzfristig aussetzen, wenn sie im Urlaub sind usw. Der Anbieter spart hierbei eine Vielzahl von Arbeitsschritten ein (z.B. Telefongespräch, Notiz, Mitteilung an Kollegen
oder Übertragung der Änderungen in die Datenbank etc.).
Eine weitere Anwendungsform sind Rezepte. Kunden, die eine fertig zusammengestellte Bio-Kiste nach Hause geliefert bekommen, sind häufig ratlos beim Kochen,
wenn sie saisonale Ware in ihrer Kiste vorfinden. Wie soll die Ware zubereitet werden? Hier kann das Internet unterstützend wirken. Beispiel Naturkost.de: Durch Eingabe der Gemüsesorte kann in einem virtuellen Rezeptbuch geblättert werden, das verschiedene Zubereitungsvorschläge für unterschiedliche Lebensmittelgruppen anbietet.
Laut Naturkost.de gehört das Rezeptangebot zu den mit am höchsten frequentierten
Seiten des Internetangebotes.272 Ähnliche Mehrwerte im Bereich Beratung bietet die
Site http://www.vitalstoffe.de. Dort ist eine Analyse der gegenwärtigen Ernährungssituation möglich.
Ein anderer Ansatz ist die regelmässige Information des Kunden mit aktuellen Angeboten, Nachrichten oder anderen Informationen aus seinem Interessenumfeld. Entspre271
272
Mündliche Mitteilung sowie Informationen unter http://www.wulksfelde.de.
Mündliche Mitteilung Hr. Mütze, Administration Verlag gesund essen GmbH, Betreiber von
http://www.naturkost.de.
104
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
chende Newsletter sind ein im Internet bereits weit verbreitetes Kundenbindungselement. Sie können nach den individuellen Interessen von Nutzern zusammengestellt
werden. So lassen sich unter http://www.cnn.com aus einer Palette unterschiedlichster
Nachrichtenbereiche die jeweils für die entsprechende Person interessante Kombination, Sendefrequenz und andere Parameter auswählen. Der Newsletter enthält dann die
wichtigsten Schlagzeilen der gewünschten Themengebiete und verweist auf ausführliche Berichte auf der entsprechenden Website. Ein ähnliches Konzept bietet
http://www.lz-net.de für den deutschsprachigen Markt für Lebensmittel oder
http://www.umwelt.de für die deutschsprachige Umweltcommunity an. Der Newsletter
informiert über neue Entwicklungen und Innovationen in der Bio-Branche und verweist auf die ausführliche Berichterstattung der Internetsite. Er kündigt damit Mehrwerte auf der eigentlichen Internetsite an. Ein andere Art von Mehrwert bietet z.B. der
Newsletter des Baby-Öko-Nahrungsmittelherstellers Hipp an: Ein auf ein Jahr begrenzter Newsletter versorgt die Eltern mit Informationen über die Entwicklung von
Säuglingen im ersten Lebensjahr. Zusätzlich wird auf angemessene Produkte aus dem
Hipp-Produktportfolio hingewiesen.
Produktbezogener Mehrwert durch agglomerative Verbesserungen
Der durch geringeren Verkaufsraum bedingte Nachteil im Vertrieb ökologisch erzeugter Lebensmittel kann durch die technischen Möglichkeiten ausgeglichen werden. Die
Agglomeration von Leistungen ist nicht nur geeignet, die Tiefe und Breite der Angebotspalette an ökologisch erzeugten Lebensmitteln zu verbessern, es können auch Produkte und Dienstleistungen angeboten werden, welche die Zielgruppen über das Lebensmittelangebot hinaus interessieren. Ansätze bieten die Themen Kosmetik, Gesundheit, Ernährung/Kochen, Weiterbildung oder Urlaub/Tourismus.
Ein Beispiel ist die Kombination von Einkaufs- und Urlaubsmöglichkeiten. Unter
http://www.zwoelberich.de wird Wein aus ökologischem Anbau angeboten. Unter anderem werden auch Hinweise auf die touristischen Besonderheiten der Region und
Übernachtungsmöglichkeiten erwähnt. Es wird nicht nur eine Online-Weinbestellung,
sondern auch eine reale Weinprobe auf dem Weingut angeboten.
Produktbezogener Mehrwert durch komparative Verbesserungen
Das Angebot neuer Dienstleistungen und Produkte via Internet kann auch zur Veränderung der bisherigen Produktpalette führen. So gab es das Verzeichnis „ökologische
Branchenführer“ aus dem Altop Verlag zunächst als reine Papierversion. Die 1996 gestartete Online-Version ermöglichte eine bequemere und umfangreichere Suche in den
Daten des Branchenführers. Die aufgrund der besseren Funktionalität steigende
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
105
Nachfrage in Form von Internetbesuchen zog weitere Angebote nach sich. Mittlerweile
gehört das Angebot http://www.ecofinder.com zu den besuchsintensivsten Bio-Seiten
im deutschsprachigen Internet. Welche Möglichkeiten der Wechsel zu internetbasierten Geschäftsmodellen bringt, zeigt auch http://www.nurnatur.de. Historisch startete
man als Katalogversand im Umfeld ökologisch erzeugter Produkte. Mittlerweile ist das
Internet wesentlicher Vertriebsweg. Kunden erhalten im Vergleich zur Katalogversion
umfangreichere Informationen zu den Produkten und deren Herstellung sowie über aktuelle ökologische Projekte der Firma „nurnatur“. Über die Site werden Spiele, Gewinne und andere Unterhaltungsmöglichkeiten angeboten.
Wirkungsbezogener Mehrwert durch Emotionalität
Ästhetische und emotionale Aspekte sind ein wesentlicher Ansatz für die Generierung
von Mehrwert im Rahmen der Kundenbindung. Emotionalität vereint in diesem Zusammenhang alle Aspekte, welche die Gefühlswelt des Nutzers ansprechen. Dazu gehören u.a. Gewinne, Vergnügen, Stolz und Sicherheit.273 Die positiven Wirkungen ergeben sich aus der Akzeptanz des Mediums und einem allgemeinen Wohlbefinden.
Das Internet bietet eine Plattform, solchen emotionalen Mehrwert zu generieren. Dies
kann z.B. durch Spiele oder andere unterhaltsame Elemente geschehen. Einen Ansatz,
Kunden immer wieder auf die eigene Homepage zu locken und dadurch Folgekäufe
auszulösen, stellt das Versandunternehmen „United Nature“ vor. Auf seinen Seiten
bietet United Nature das Gewinnspiel „Virtual Tree“ an (vgl. Abbildung 27). Die
Spielidee ähnelt dem Tamagotchi-Konzept: Ziel ist es, einen virtuellen Baum zu pflanzen und eine bestimmte Zeit lang erfolgreich zu pflegen. Für die Gewinner pflanzt
United Nature einen echten Baum in Indien. Dadurch, dass er etwas für die Aufforstung gefährdeter Waldregionen tut, empfindet der Kunde einen Selbstachtungsnutzen. So gelingt es dem Unternehmen mit dem Spiel The Virtual Tree erfolgreich, Kunden zu binden. Spielteilnehmer besuchen die Spielsite durchschnittlich 40 mal und
wechseln davon 18 mal auf die Shopsite.274 Ein weiterer Ansatz zur Interaktion mit
dem Kunden ist die regelmässige Umfrage der Woche. Über einfache Fragen wird
letztlich ein Stimmungsprofil über die Sitebesucher möglich. Diese Informationen
können dazu genutzt werden, das Angebot besser den Kundenbedürfnissen anzupassen.
273
274
Vgl. Rageht (2000), S. 8.
Mündliche Aussage des Geschäftsführers der United Nature AG, F.-J. Grenzebach, im Rahmen der 13. oikosKonferenz vom 28.-30. Juni 2000 in St. Gallen (Schweiz ).
106
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
Abbildung 27: Ansatz für ein ökologisches Online-Spiel
am Beispiel des Virtual Tree von United Nature
Quelle: http://www.virtualtree.com
Zwischenfazit Kundenbindungsphase
Im Internet sind verschiedene Konzepte realisierbar, den Kunden mit einer spezifischen Kombination diverser Mehrwerte regelmässig auf die Site zu führen und ihn zu
Wiederholungskäufen zu veranlassen (vgl. Tabelle 11). Insbesondere ein ansprechender Mix aus Informations-, Kommunikations- und Transaktionsangeboten verspricht
im Rahmen von Communities eine langfristige Bindung von Kunden an den Internetauftritt.275 An dieser Stelle sei jedoch noch einmal darauf hingewiesen, dass – wie in
den drei anderen Kaufentscheidungsphasen auch – in Bezug auf die Kundenbindung
die Entwicklung produktbezogener Mehrwerte in hohem Mass von den finanziellen
und personellen Möglichkeiten des jeweiligen Bio-Anbieters abhängig ist.
275
Vgl. hierzu Kapitel 7.5.
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
Herausforderung in der
Kundenbindungsphase
• Initiierung von Wiederholungskäufen
107
Potentiale des Internets
• Integrative Mehrwerte
• Inhärente Mehrwerte
• Agglomerative Mehrwerte
• Komparative Mehrwerte
• Wirkungsbezogene Mehrwerte durch
Emotionalität
Tabelle 11: Defizite und Internetpotentiale in der Kundenbindungsphase
Quelle: Kolibius/Nachtmann/Dyllick (2000), S. 41
5.3.5 Online-Marketing für landwirtschaftliche Produkte und Dienstleistungen
am Beispiel des Austrian Country Market (ACM)
Im folgenden soll anhand eines Beispiels aus der Praxis veranschaulicht werden, wie
auch im Umweltbereich die Chancen des Internets auf Kundenseite genutzt werden
können. Es handelt sich hierbei um den Austrian Country Market.276 Zur Gründung
des ACM im April 1996 führte die Vision, eine Plattform zwischen regionalen Anbietern von landwirtschaftlichen Spezialitäten und den vorwiegend städtischen, gut ausgebildeten und einkommensstarken Internet-Nutzern zu schaffen. Zu den Teilnehmern
am ACM gehören neben verschiedenen landwirtschaftlichen Verbänden und/oder Initiativen auch zahlreiche Anbieter von ökologisch erzeugten Lebensmitteln. Das Ziel
des ACM bestand dabei darin, zur Einkommenssteigerung der beteiligten österreichischen Landwirte als auch zur Imagesteigerung der österreichischen Landwirtschaft
beizutragen.
276
Der Austrian Country Market (http://www.lisa.at) ist eine Electronic Mall für biologisch erzeugte landwirtschaftliche Produkte und Dienstleistungen im World-Wide-Web. Er wurde 1996 als zweijähriges Forschungsprojekt des Instituts für Agrarökonomik der Universität für Bodenkultur Wien initiiert und erfreut
sich steigender Beliebtheit. Vgl. zum Austrian Country Market auch die Ausführungen in Kolibius (2000a),
S. 343ff.
108
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
Abbildung 28: Der Austrian Country Market
Quelle: http://www.lisa.at
Das Internet-Angebot des ACM gliedert sich in sechs Teilbereiche: Einkauf, Information, Entspannung, Region, Überblick und Aktuelles. Inhaltlich decken diese sechs
Teilbereiche die Funktionen von Information, Entscheidung, Transaktion und Kundenbindung ab und sollen den Konsumenten dazu veranlassen, das Internet-Angebot möglichst häufig wieder zu besuchen, um so eine möglichst hohe Zahl an Wiederkäufen zu
bewirken.277
• Information/Entscheidung: Unter der Rubrik „Information“ können sich interessierte Internet-Besucher z.B. über die Ziele und Teilnehmer des Austrian Country
Market oder das Gütesiegel des Agrarmarkt Austria für österreichische Lebensmittel informieren. Derartige Informationen sollen das Vertrauen in das Angebot erhöhen. Sie dienen gleichsam als Substitut für den fehlenden persönlichen Kontakt
Kunde-Anbieter. Beim ACM wird diese Vertrauenskomponente ferner dadurch positiv beeinflusst, dass der ACM ein durch zahlreiche staatliche bzw. gemeinnützige
277
Vgl. Haas/Schiebel (1999).
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
109
Institutionen und Organisationen getragenes Projekt darstellt und vom Bundeslandwirtschaftsministerium mit Geldmitteln gefördert wird.
Das Zusammenfassen mehrerer Anbieter in einem Shopping-Mall hat zudem den
Vorteil, dass sich die Suchkosten für den Kunden verringern. So genügt beim
ACM eine E-Mail, um die Adresse des nächstgelegenen Bauern im Umkreis von
25 km anzufordern,278 oder um sich einen Preisvergleich verschiedener aktueller
Angebote schicken zu lassen. Dies fördert nicht nur die Markttransparenz, sondern
forciert auch die Vermarktung von Produkten aus der Region und reduziert die
Umweltbelastung durch kurze Transportwege. Ein weiterer Vorteil ist die Aktualität der Informationen im Internet. So kann rasch auf aktuelle Themen reagiert werden. Seit der BSE-Skandal zentrales Medienthema ist, können Internet-User im
ACM auf einen 20 Seiten langen Fragen-Antwort-Katalog zurückgreifen, um sich
ausführlich über die Gefahren und Probleme von BSE-Rindfleisch zu informieren.
• Transaktion: Ziel einer jeden Shopping-Mall stellt der Verkauf von Produkten dar.
Je umfangreicher und breiter die Angebotspalette ist, desto eher wird der Konsument auf die Homepage gelockt. Durch die Bündelung von verschiedenen Unternehmen und Institutionen im Rahmen des ACM kann der Besucher der Mall unter
der Rubrik „Einkaufen“ aus einem heute schon relativ breiten Angebot unterschiedlicher Produkte auswählen. Es reicht von Kürbiskernöl, Wein oder Honig über
Obst, Gemüse oder Fleisch bis hin zu einem biologischen Partyservice. Die meisten
Produkte werden mit Ausnahme des Hauszustellungsdienstes per Versand zugestellt. Bezahlt wird zur Zeit noch per Nachnahme oder Zahlschein, elektronische
Zahlungssysteme sind in Vorbereitung. Durch geschickte Verknüpfung von informativen und absatzbezogenen Angeboten können im Überschneidungsbereich
Transaktion-Information spill-over Effekte erzielt werden. Ein typisches Beispiel
hierfür wäre die Anforderung eines Kataloges „Urlaub auf dem Bauernhof“.279
Durch dieses Informationsangebot könnten Urlauber dazu veranlasst werden, später
Urlaub auf dem Bauernhof zu machen.
• Unterhaltung/Kundenbindung: Durch den ACM begleiten Mona und Lisa.
„Mona, die Kuh mit Liebeskummer, und Lisa, das intellektuelle, leicht zerstreute
Huhn, bringen auf sympathische und amüsante Weise dem Internet-User
landwirtschaftliche Inhalte nahe.“280
278
279
280
Eine Online-Datenbank mit Adressen ist in der Realisierungsphase. Diese soll eine noch komfortablere Suche
bspw. nach Produkten, Regionen, Orten usw. ermöglichen. Vgl. http://www.grueneboerse.at/suchen.htm.
Alleine in bezug auf das Angebot „Urlaub auf dem Bauernhof“ wurden 1997/1998 im Monatsdurchschnitt
130 Kataloge in die ganze Welt versandt. Mittlerweile stieg diese Zahl auf 220 (Stand Mai 1999). Vgl.
Haas/Schiebel (1999).
Vgl. Haas (1997).
110
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
Durch Mona und Lisa wird eine auf emotionalen Aspekten basierende
Differenzierung des ACM von zukünftigen Konkurrenzangeboten im Internet
verfolgt. Die Figuren dienen dabei zur Identifikation des Konsumenten; der
Internet User soll sich nicht einer anonymen Shopping-Mall gegenübersehen,
sondern den vertrauten Persönlichkeiten von Mona und Lisa. U.a. wurde versucht,
die emotionale Bindung dadurch zu erreichen, dass die Bauernmarkt-Besucher
anfänglich beim monatlichen Gewinnspiel Lisa helfen mussten, ihr verlorenes Ei
zu suchen. Das monatliche Gewinnspiel dient dabei nicht nur der Unterhaltung,
sondern gleichzeitig auch als Instrument der Kundenbindung. Zu weiteren
Faktoren, die die Wiederkehrrate erhöhen sollen, zählen u.a. ein Chat, das die
Möglichkeit zum gegenseitigen Meinungsaustausch bietet oder eine
Rezeptsammlung mit Zutaten, die von den angeschlossenen Bio-Anbeiter
produziert werden.
5.4 Status Quo und Zukunft des Online-Marketings für Bio-Produkte
Nachdem in den letzten beiden Kapiteln die Potentiale des Internets und die marktlichen Chancen dargestellt wurden, stellt sich nun die Frage, wie es mit der Umsetzung
dieser Potentiale in der heutigen Unternehmenspraxis steht, d.h. wo unternehmensinterne Schwächen im Bereich E-Commerce liegen (Kapitel 5.4.1). Diese Schwächen
sollten innerhalb der Marketingstrategie mitberücksichtigt werden und ihnen durch geeignete Massnahmen wirksam begegnet werden. Darüber hinaus gilt es zu hinterfragen, welche externen Grenzen und Restriktionen beim Einsatz des neuen Mediums
heute noch anzutreffen sind, um damit den zukünftigen Erfolg dieser Vertriebsform
beurteilen zu können. Denn trotz grosser Wachstumsraten vor allem in den letzten beiden Jahren existiert immer noch ein gewisses Mass an Zurückhaltung für den Electronic Commerce sowohl bei den Bio-Anbietern selbst als auch auf Endkundenseite (Kapitel 5.4.2).
5.4.1 Status Quo: E-Commerce-Angebote mit deutlichen Schwächen
Die derzeitige Zurückhaltung bei der Nutzung von Electronic Commerce ist zumeist
darin begründet, dass das aktuelle Leistungsprofil in vielen Fällen noch zahlreiche
Schwächen aufweist.281 Heutige E-Commerce-Angebote bieten zumeist noch keinen
Mehrwert für den Kunden. Bezüglich einiger Funktionen bestehen sogar noch deutliche Defizite im Vergleich zu den traditionellen Absatzformen. Bei näherer Betrach281
Vgl. Gerth (1998), S. 143.
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
111
tung des derzeitigen Bio-Angebotes im Internet lassen sich vor allem Schwächen hinsichtlich der Nutzung der medialen und marktlichen Eigenschaften des Internets (Interaktivität, Multimedialität, Hypermedialität, Individualisierung, Unmittelbarkeit des
Zugriffs, Senkung von Transaktionskosten etc.)282 feststellen. Die Potentiale des Internets werden von Bio-Anbietern noch zu wenig genutzt, um die am Markt existierenden
Kaufbarrieren zu verringern und dem Kunden einen Zusatznutzen gegenüber herkömmlichen Angeboten zu bieten.283 Nachfolgend seien jeweils die wichtigsten Punkte
herausgegriffen.
Internet-Potentiale
• Interaktivität und Individualität
– Interaktive Elemente (z.B. Call-Back)
– individuelle Beratungsangebote
• Multimedialität/Hypermedialität
– Spiele/Unterhaltung zur Kundenbindung
– Verlinkung
• Transaktionskostensenkung
– Naturkostladen-Vollsortiment
– Lieferservice
– Sonderangebote
• Unmittelbarkeit von Ort und Zeit
– Online-Bestellung
– Download von Artikel-/Preislisten
x % der Sites nutzen...
4%
1%
5%
25 %
0%
30 %
16 %
49 %
8%
Tabelle 12: Nutzung medialer Interneteigenschaften in Bio-Sites
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Kolibius/Nachtmann (2000c)
Interaktivität und Individualität
Interaktivität und Individualität sind in aller Regel Bestandteil erfolgreicher OnlineShops für Bücher, EDV- oder Musikartikel. Eine im Rahmen eines Forschungsprojekts
durchgeführte Untersuchung von Bio-Sites im Lebensmittelbereich ergab, dass im BioBereich wesentliche Ansätze zur Interaktivität fehlen (vgl. Tabelle 12).284 Der Umfang
und die Qualität der angebotenen Informationen entspricht in vielen Fällen noch denen
klassischer Verkaufsprospekte. Nur vereinzelt werden interessante Hintergrundinformationen, Erfahrungsberichte, Testergebnisse usw. mit dem direkten Produktangebot
verknüpft. Die Beratungsqualität reduziert sich vor allem auf das Selbststudium der
282
283
284
Vgl. Kapitel 4.1 und 4.2.3 sowie Kolibius/Nachtmann (2000a und 2000b).
Vgl. zu Analyse und Ergebnissen ausführlicher Nachtmann (2001).
Im Rahmen der empirischen Untersuchung wurden 223 Internet-Auftritte deutschsprachiger BioLebensmittelanbieter in bezug auf die Umsetzung der Potentiale im Endkundenbereich (Informations-, Entscheidungs-, Transaktions- und Kundenbindungsphase) näher analysiert. Vgl. Nachtmann (2001).
112
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
hinterlegten Angebotsbeschreibungen. Zusätzliche Hilfestellungen, wie z.B. direkte
Vergleichsmöglichkeiten, fehlen genauso, wie Einsatztipps, Ergänzungsvorschläge
bzw. Erinnerungsfunktionen. Bei telefonischer Kontaktaufnahme ist in der Regel nur
der Anrufbeantworter zu erreichen, andere interaktive Austauschmöglichkeiten wie
z.B. eine Call-Back-Möglichkeit bieten nur 4 % der untersuchten Sites.285 Hinzu
kommt, dass auch die Aktualität der dargebotenen Daten heute vielfach nicht den
grundsätzlichen Möglichkeiten des Mediums entspricht; meist liegen die Aktualisierungstermine mehrere Monate zurück. Von den untersuchten Sites bieten nur 1 % einen wirklich individuellen Nutzen, z.B. in Form eines Einkaufs- oder Geschenkberaters, der nach Eingabe weniger Informationen Geschenkideen vorschlägt oder Erläuterungen zu den einzelnen Produkten abspielt (Beispiel: http://www.unitednature.com).
Multimedialität/Hypermedialität
Die multimedialen Darstellungsmöglichkeiten (Kombination von Audio, Video, Text,
Bild und Grafik) nutzen die Internet-Anbieter nur in sehr begrenztem Umfang: Die
Produkte werden – bis auf einige wenige Sonderangebote – meist ohne Photos dargeboten. Wenn zudem technische Restriktionen einen Verzicht auf multimediale Darstellungselemente nötig machen (langsamer Seitenaufbau etc.), geht auch das physische
Einkaufserlebnis online verloren.286 Auch wenn die Erfahrungen mit unterhaltenden
Elementen nach Aussagen der betreibenden Unternehmen sehr positiv sind, bieten nur
5% der Sites vergleichbare Unterhaltungs- und Spielmöglichkeiten an, die der Kundenbindung dienlich sind. Wirklich innovative Konzepte, wie die des Virtual Tree von
United Nature, sind selten.287
Besser sieht es in Bezug auf die Nutzung einfacher, hypermedialer Funktionen aus, wie
bspw. die Verlinkung zu vertrauenswürdigen Organisationen für eine grössere Transparenz bzw. für den Vertrauensaufbau. Solche Funktionalitäten werden immerhin von
25% der untersuchten Sites angeboten. Allerdings wird die Verlinkung sehr einseitig
genutzt: Die Mehrzahl der identifizierten Sites verweist in erster Linie auf zentrale
Sites wie http://www.bioland.de oder http://www.naturkost.de. Damit werden letztlich
nur hierarchische Strukturen im Internet geschaffen. Gleichberechtigte ökologisch
285
286
287
Vgl. Zambrano/Temeschinko/Hamann (2001), S. 46.
Vgl. Bauer/Huber/Henneberg (1999), S. 48.
Vgl. http://www.virtualtree.com.
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
113
orientierte Netzwerke oder Webringe288 sind im deutschsprachigen Internet noch nicht
etabliert.
Transaktionskostensenkung
Generell können elektronische Märkte die Kosten der marktlichen, innerbetrieblichen
und kooperativen Leistungskoordination senken. Ansätze aus Kundensicht sind etwa
eine breites Sortiment mit komfortabler Bestellmöglichkeit von zu Hause aus und entsprechender Lieferung frei Haus. Hier existieren noch grosse Defizite: Es gibt zwar
zahlreiche Anbieter im Internet, die Naturkostprodukte führen, aber kaum einer hat bis
jetzt das komplette Sortiment eines Naturkostladens. Es mangelt in der Regel im Frischebereich (Obst und Gemüse gibt es nur als Abo-Kiste und im regionalen Umkreis
des jeweiligen Versenders), Milch- und Käseprodukte fehlen vollständig, ebenfalls
grösstenteils Brot- und Metzgereierzeugnisse.289 Nur etwa ein Zehntel der untersuchten
Bio-Angebote ermöglicht dem Kunden eine bequeme Bestellung mittels eines elektronisch simulierten Warenkorbs. Komplexere Möglichkeiten, wie zum Beispiel eine Online-Konfiguration eines Bio-Kistenabonnements, wurden im Rahmen der Internetanalyse ebenfalls nicht vorgefunden. Dem Kunden würde durch vergleichbare
Funktionalitäten
die
Möglichkeit
gegeben,
selbst
Änderungen
seiner
Abokisteneinstellungen, wie z.B. Liefertermin, Sonderwünsche oder Personenzahl,
vorzunehmen.290
Lieferservices, welche die online bestellten Produkte direkt nach Hause bringen und
damit den Einkaufsweg überflüssig machen, bieten immerhin 30 % der untersuchten
Sites. Allerdings wird dieser Service nur selten detailliert beschrieben. Meist fehlen
wichtige Angaben, beispielsweise zu Zahlungs- und Liefermodalitäten oder den Allgemeinen Geschäftsbedingungen.291 Nur 12 % der Sites machten Angaben zu den Lieferzeiten. Testeinkäufe von 2000 Produkten bei grösseren Bio-Internet-Anbietern haben zudem ergeben, dass die Lieferzeiten in vielen Fällen zu lang sind: So wurden bei
der Hälfte der Internet-Shops die bestellten Waren erst nach 8-11 Tagen ausgeliefert,
ein Viertel lieferte immerhin nach 3 bis 5 Tagen und nur ein Viertel lieferte in weniger
als drei Tagen.292 Ein weiteres Problem stellen in diesem Zusammenhang auch die Zu-
288
289
290
291
292
Webringe bestehen aus durch Hyperlinks miteinander verlinkten Internetsites zu einem gemeinsamen Thema.
Stösst ein Surfer auf eine Seite, die Mitglied eines Webrings ist, kann er sich nach Belieben innerhalb der angeschlossenen Internetsites bewegen. Der grösste Webring heisst „Webring“ (http:://www.webring.org), zwei
weitere wichtige sind „Looplink“ (http://www.looplink.com) und „The Rail“ (http://www.therail.com). Webring-Kritiker geben zu bedenken, dass es eher abgelegene Angebote seien, die in Webringen zu finden sind.
Vgl. o.V. (1999d).
Vgl. Zambrano/Temeschinko/Hamann (2001), S. 46.
Vgl. hierzu auch die Untersuchung von Rudolph/Löffler (2001b).
Vgl. auch Rudolph/Löffler (2001b), S. 6.
Vgl. Zambrano/Temeschinko/Hamann (2001), S. 46f.
114
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
satzkosten dar, die durch Versand entstehen. Aufgrund dessen wird bei kleineren Bestellungen der Preisvorteil meist wieder aufgezehrt.
Auch aktuelle Sonderangebote, die den Kunden einen weiteren Mehrwert durch die
Einsparung von Kosten ermöglichen und somit die Erstkaufhürde im Internet senken,
sind im Bio-Lebensmittelbereich kaum anzutreffen: Lediglich 16 % der Sites verfügen
über ein derartiges Angebot.
Unmittelbarkeit von Ort und Zeit
Ein Besuch beim Online-Laden wird 24 Stunden und 7 Tage die Woche möglich und
ist nicht an gesetzliche Ladenöffnungszeiten gebunden. Damit eröffnen sich etwa dem
Markt für ökologisch erzeugte Lebensmittel Möglichkeiten, den Defiziten bezüglich
der Erreichbarkeit der Einkaufsstätte zu begegnen. Es bieten auch 49% der Sites die
dazu notwendige Online-Bestellung an. Die Möglichkeiten unterscheiden sich jedoch
erheblich in ihrer Qualität. So wurde unter Online-Bestellung auch der Hinweis auf
E-Mail-Bestellung gezählt. Wirklich bequeme Möglichkeiten zur Online-Bestellung
mit einem professionellen Warenkorbsystem bieten nur 11%. Immerhin lassen sich bei
8 % der Anbieter Artikel- und Preislisten herunterladen, so dass die Bestellung alternativ auch per Telefon oder Fax vorgenommen werden kann.
Abschliessend kann festgehalten werden, dass der Markt für ökologisch erzeugte Lebensmittel die wesentlichen Merkmale des neuen Mediums Internet auf Kundenseite
noch nicht aufgegriffen und in biospezifische Mehrwert-Angebote umgesetzt hat. Es
zeigt sich, dass die Möglichkeiten nur bedingt genutzt werden.293 Die Defizite bezüglich der Nutzung der medialen Potentiale des Internets haben zur Folge, dass heute bezüglich der einzelnen Phasen des Kaufentscheidungsprozesses noch Schwächen
existieren. Zum Teil wirken sich die medialen Defizite direkt nachteilig auf die Nutzung der marktlichen Potentiale aus. So bleiben die Schwächen in Bezug auf Interaktion/Individualität nicht ohne Wirkung auf die Entscheidungsphase. Wenn jedoch Interaktionen zwischen den Marktteilnehmern nur bedingt unterstützt werden, Feedbackformulare oder Newsletter per E-Mail fehlen, bietet das Internet-Angebot für den Endkunden keinen Mehrwert. Ähnliche Auswirkungen ergeben sich für die Transaktionsphase aus Schwächen in Bezug auf den eigentlichen Einkaufsvorgang. Eine eingeschränkte Produktpalette ökologischer Internetangebote und wenig nutzerfreundliche
Bestellmöglichkeiten gefährden die Möglichkeiten zur Transaktionskostensenkung
293
Vgl. Kolibius/Nachtmann (2000b).
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
115
oder Steigerung der Bequemlichkeit (Convenience). Eine Differenzierung am Markt ist
damit nicht möglich.
Grundsätzlich wird die Bedeutung der marktlichen und medialen Effekte des Internet von kleinen und mittelständischen Unternehmen heute meist noch unterschätzt. Die Folge ist, dass nur ein geringer Teil der Bio-Lebensmittel-Websites der
inhaltlichen Gestaltung der Website (Content) eine Bedeutung beimisst. Kaum ein Unternehmen kann bislang eine klare Content-Strategie vorweisen und ist darüber
hinaus bereit, in Inhalte zu investieren.294
Als Gründe hierfür könnten neben den in Kapitel 5.3.1 erwähnten Problemen auf Kundenseite (Interesse und Zahlungsbereitschaft für dargebotene Informationen etc.) begrenzte finanzielle und personelle Ressourcen herangezogen werden: So erscheint es
aus Sicht kleinerer Bio-Unternehmen vor allem problematisch, die dargebotenen Informationen aktuell zu halten. Weitere Probleme ergeben sich auch aus den produktspezifischen Besonderheiten beim Verkauf von Lebensmitteln über das Internet (Lieferung, Frische etc.). In der Regel muss nach der Grösse des jeweiligen Betriebes entschieden werden, inwieweit sich der finanzielle und personelle Aufwand für das Unternehmen bezahlbar macht. Eine Lösung des Problems könnten z.B. Kooperationen
(z.B. Zusammenschlüsse in einer Einkaufsgemeinschaft) bieten. Dadurch verteilt sich
der finanzielle Aufwand auf mehrere Unternehmen.
EXKURS: Schwächen auch im konventionellen Lebensmittelhandel
Mit zahlreichen Problemen haben auch die konventionellen Lebensmittelhändler im
Internet zu kämpfen. Die Testkäufe in den Online-Shops sowohl in den USA als auch
in Europa deckten grosse Verbesserungspotentiale in allen Phasen des Lebensmitteleinkaufs auf.295 Dies beginnt bereits beim Bestellen: Manche Anbieter verfügen
über ein so grosses Produktangebot, dass der Einkaufsprozess im Internet länger dauert
als der Weg zum Supermarkt. Vielfach muss sich der Kunde durch lange Listen durchscrollen oder durch zahlreiche Unterkategorien klicken, bevor man zum gewünschten
Produkt gelangt. Häufig sind auch die Produkte nicht ausreichend beschrieben oder es
werden unbekannte Marken angeboten. Informationen zu Rückgabe- und Zahlungsmodalitäten fehlen, sind schwer zu finden, unklar oder sehr klein geschrieben. Auch in
Bezug auf den Preis bietet der Online-Einkauf keine Vorteile für den Kunden. Die
Kosten für die online bestellten Waren sind durchweg höher als im konventionellen
Supermarkt und das bereits ohne die meist zusätzlich zu bezahlenden Lieferkosten.
294
295
Vgl. Kolibius/Nachtmann (2000c).
Vgl. zu den Problemen im Online-Shopping ausführlicher z.B. Burros (1999), S. 9f. (USA) sowie Rudolph/Löffler (2001b) (Schweiz).
116
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
Einige Anbieter verlangen einen Mindestbestellwert, der vor allem beim Einstieg in
das Online-Shopping eine Barriere darstellen kann, weil sich dadurch vor allem das finanzielle Risiko einer Bestellung bei mangelhafter Ware erhöht. Technische Probleme,
wie ein langsamer Seitenaufbau, wirken zusätzlich hemmend auf den Einkaufsprozess.
Grosse Defizite bestehen auch beim Vertrieb der Waren: Die wenigsten Unternehmen
liefern innerhalb weniger Stunden; die schnellste Lieferung boten die Sites, die in der
Region angesiedelt waren.296 Problematisch war die Zustellung der Ware nach Hause.
Bei der Auslieferung trafen die Lieferanten die Kunden häufig gar nicht oder erst zu
spät zu Hause an, oder die Lebensmittel waren, bis sie beim Kunden eintrafen, nicht
mehr frisch und mussten weggeworfen werden (z.B. Eis oder Fisch).297 In anderen Fällen fehlten Waren im Warenkorb, weil bei der Bestellung nicht überprüft werden konnte, ob die Ware vorrätig war. Auch die Rückgabe von Waren funktioniert nicht tadellos. So war die Rückgabe zum Teil nur nach vorheriger Absprache mit dem Kundendienst und Erhalt einer Retourennummer möglich. Dies bedeutet für den Kunden Zusatzaufwand und lässt ihn gegebenenfalls genauso vor Folgeeinkäufen zurückschrecken wie langsame Rückerstattung des Kaufbetrags oder die Rückgabe nur gegen
Gutschrift. Typische Schwächen beim Kundenservice sind: Unhöfliche Behandlung
des Kunden oder keine klaren Verantwortlichkeiten, es erfolgt keine Bestellungseingangsbestätigung.
5.4.2 Zukunft des E-Commerce: Diffusionsbarrieren bergen Risiken
Trotz der vielzitierten Vorteile des privaten Internetkaufs bleibt seine wirtschaftliche
Bedeutung vorerst gering.298 Offensichtlich existieren neben anbieterseiter Schwächen
zusätzlich auch wirksame Diffusionsbarrieren des elektronischen Einkaufs in den
Köpfen der Endverbraucher. Zu diesen exogenen Faktoren zählen technologische,
soziokulturelle, politisch-rechtliche sowie ökonomische Restriktionen.299 Das Aufzeigen dieser externen Barrieren vermag erste Einsichten darüber zu geben, wie sich das
Marktumfeld entwickeln wird und ob die Anbieter zukünftig durch Electronic Commerce grössere Umsätze generieren können.
Technische Restriktionen
In der Mehrzahl der empirischen Studien und theoretischen Abhandlungen über die
Nutzung des Internets und den elektronischen Handel wird auf technische Restriktio296
297
298
299
Vgl. Burros (1999), S. 9.
Vgl. Müller/Preissner (2000), S.202.
Vgl. z.B. Bauer/Fischer/Sauer (2000), S. 1134ff.; Tenbrock (2000); Hoffmann/Novak (1999).
Vgl. Bauer/Huber/Henneberg (1999), S. 48 f.
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
117
nen hingewiesen.300 Als Hindernis für eine weite Verbreitung des Electronic Commerce erweist sich insbesondere die momentan noch geringe Verbreitung von PC-/Internet-Anschlüssen. Die Internet-Penetration – eine wichtige Voraussetzung für den
Online-Handel – variiert in den verschiedenen europäischen Ländern. Sie reicht von 54
% in den nordischen Staaten bis hin zu nur 16 bzw. 18 % in Frankreich bzw. Spanien.301 Länder wie Deutschland, Österreich und die Schweiz sind (neben Schweden
und den Niederlanden) hinsichtlich der Internet-Penetration innerhalb der EU-Staaten
führend, liegen im internationalen Vergleich aber nur im Mittelfeld.302
Auch die hohen Internet-Nutzungsgebühren erweisen sich als Diffusionsbarriere. In
Deutschland, Österreich und der Schweiz sind die Telefongebühren im Vergleich zu
den USA noch relativ hoch, wodurch die Bereitschaft zur Nutzung des Internets sinkt.
So bezahlen europäische Nutzer im Gegensatz zu den USA bis zu 100 % mehr an Telefonkosten, da sie für lokale Telefonverbindungen bezahlen müssen. Ein IntensivSurfer in Deutschland oder Österreich zahlt beispielsweise mehr als dreimal soviel wie
ein US-Bürger. 303
Weitere Hemmnisse ergeben sich aus der unzureichenden Nutzung der technischen
Möglichkeiten. Zum einen werden die WWW-Seiten zunehmend mit optisch aufwendigen Gestaltungen versehen, die eine verlangsamte Übertragungsgeschwindigkeit
von Daten mit sich bringen. Hierdurch verringert sich die Zugriffsgeschwindigkeit.
Gleichzeitig erhöhen sich die psychologischen Opportunitätskosten des Wartens,304
was zum Abbruch des Einkaufsvorgangs führen kann. Ähnliches gilt für Orientierungsprobleme im Internet, die beim Recherchieren von Produkten entstehen. Suchmaschinen beispielsweise leisten noch nicht den Komfort, den der Anwender sich
wünscht. Wer dringt schon zum 148. gefundenen Eintrag eines recherchierten Stichwortes vor? Durch die enorme Angebotsfülle des Internets, die umfangreiche Informationssammlung ohne Vorstrukturierung sowie die teilweise verwirrende und umständliche Benutzerführung ist eine gezielte Suche häufig schwierig. Jedoch nicht nur das
Finden, sondern auch das Wiederfinden einmal besuchter Seiten stellt ein gravierendes
Problem dar. In der Folge entstehen auch hier beim Nutzer Opportunitätskosten (Suchkosten), die von der Mehrheit der Internet-Nutzer beklagt werden.
300
301
302
303
304
Vgl. z.B. Bauer/Fischer/Sauer (2000); Clement/Peters/Preiss (1998); Rudolph/Löffler (2000a).
Vgl. IDC (1999).
Vgl. auch Fittkau/Maas (2000).
Vgl. hierzu ausführlicher z.B. Burger (1997); Klietmann (1998); Kordey (1996).
Vgl. Bauer/Fischer/Sauer (2000), S,. 1140.
118
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
Politisch-rechtliche Restriktionen
Ein diffuses Wettbewerbsumfeld mit zahlreichen politisch-rechtlichen Restriktionen
wirkt sich ebenfalls geschäftshemmend auf den Online-Handel aus.305 So fehlen rechtliche Regelungen zur Verschlüsselung und Speicherung von Daten zum Schutz der
Nutzer weitgehend und bedürfen aufgrund der globalen Reichweite des OnlineMarktplatzes internationaler Regulierungen. Sicherheitsprobleme bestehen insbesondere in Form von Systemfehlern und -ausfällen sowie Risiken, die aus irrtümlichen
Handlungen oder mutwilligen Fälschungen und Betrug resultieren können. Unter anderem wird die Privatsphäre bspw. durch die sogenannten „Cookies“306 gefährdet, die
sich regelrecht im Computer einnisten und das Nutzerverhalten registrieren (besuchte
Web-Seiten, angeklickte Informationen, bestellte Produkte etc.
Ebenso wird die Sicherheit finanzieller Transaktionen von vielen Endkunden als
unzureichend angesehen.307 Neben Sicherheitsbedenken bei der Übermittlung von
Kreditkarteninformationen ist es vor allem die fehlende Möglichkeit, kleinere Geldbeträge online zu verrechnen, die sich geschäftshemmend auswirkt.308
Soziokulturelle Restriktionen
Wengleich die technischen und politisch-rechtlichen Restriktionen im Zuge des Technologie-Pushs bzw. der weltweiten Bemühungen der Länder in Bezug auf die weitere
Verbreitung des E-Commerce zukünftig nicht mehr die zentrale Barriere für die Ausbreitung des elektronischen Handels sein werden,309 gilt es vor allem den sozialen
Hemmnissen zu begegnen. Zu leicht wird hierbei jedoch in technisch machbaren Visionen argumentiert (Transparenz von Preisen und Produktqualitäten, Aktualität von
Informationen, Reduktion von Suchkosten etc.), ohne soziale Verhaltensweisen und
kulturelle Kontexte zu bedenken. Das Internet stellt zweifelsohne eine innovative Form
des Einkaufens für Konsumenten dar, die sich deutlich von den gewohnten Verhaltensmustern unterscheidet. So fehlt im Internet der persönliche Kontakt zu anderen
Menschen. Der persönliche Kontakt ist wichtig für den Aufbau von Vertrauen in das
Geschäft. Vertrauensdefizite können die Endkunden vom Online-Shopping abhalten.
Es kann sich hierbei um fehlendes Vertrauen der Konsumenten gegenüber dem Anbie-
305
306
307
308
309
Vgl. Bauer/Fischer/Sauter (2000), S. 1141f.
Cookies (zu deutsch: Plätzchen) sind kleine Dateien, die beim Aufruf einer Internetseite unbemerkt im Computer des Internetnutzers abgelegt werden Vgl. Hendricks (1997).
Vgl. Symposion Publishing (1999), Bauer/Fischer/Sauer (2000), S. 1141.
Zu den grundlegenden Problemen der Zahlungsabwicklung in Datennetzen vgl. Heise (1996), S. 140ff.
Vgl. Zerdick/Picot/Schrape (1998), S. 146.
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
119
ter und seiner Beratung sowie der angebotenen Waren und deren termingerechter Auslieferung handeln (vgl. Exkurs).
EXKURS: Fehlendes Vertrauen der Konsumenten gegenüber...310
1. ... dem Anbieter: Die Anonymität, die hinter dem Online-Angebot steht, schliesst
eine Vorspielung falscher Tatsachen nicht aus. Der Kunde hat keine Gewissheit, ob
es sich tatsächlich um den genannten Händler dreht.
2. ... der Beratung: Aufgrund des fehlenden persönlichen Verkäufers wird oft die Beratungsqualität in Frage gestellt.
3. ... der angebotenen Ware: Eine Coca-Cola-Studie zur Zukunft des Lebensmittelgeschäftes (1996) deckt eine Reihe möglicher Vorbehalte des Konsumenten gegenüber Online-Shopping auf; unter anderem sind dies die fehlenden Möglichkeiten des
Anfassens, Sehens und Riechens oder der Auswahl der besten Qualität und Frische
bei Obst und Gemüse.
4. ... der (termingerechten) Auslieferung: Das Fehlen der direkten Rückmeldung
nach einem Kauf stellt ein weiteres Problem dar. So befindet sich der Surfer in der
Ungewissheit, ob er die Ware tatsächlich erhalten wird oder nicht. Des weiteren besteht beim Kunden die Sorge, dass die Ware während der Auslieferung beschädigt
oder nicht richtig behandelt wird (Unterbrechung der Kühlkette). Diese Bedenken
werden durch die Tatsache, dass dem Kunden bei der Order von Lebensmitteln kein
gesetzlich verbrieftes, bedingungsloses Rückgaberecht zusteht, intensiviert.
Ferner ist Einkaufen heute eine Freizeitaktivität geworden, die mehr als nur den Erwerb von Waren verspricht. Der Konsument sucht beim Einkauf ein Erlebnis und
soziale Kontakte.311 Beim Online-Shopping fehlt diese soziale Komponente; virtuelle
Realitäten sind meist leblos und erzeugen eine weitgehend emotionslose Umgebung.312 Dies kann sich nachteilig auf die Nutzung des Mediums auswirken.313 Oder
anders ausgedrückt: „Zu einem richtigen Marktplatz gehören eben nicht nur Händler,
sondern auch ein Rathaus, eine Kirche und ein Gasthaus. All das sind Metaphern für
das ‚Gute Leben’“.314
Ein Hemmnis bilden auch Gewohnheitsbarrieren: So wird beim Übergang zum
Online-Shopping von den Konsumenten ein hohes Mass an Transferleistungen erwartet. Speziell ältere Menschen, die technisch weniger versiert sind, stellt dies vor grosse
310
311
312
313
314
Vgl. Heilig (1999), S. 20f.
Vgl. Mertens/Schumann (1996), S. 515ff..
Vgl. Bauer/Fischer/Sauer (2000), S. 1140.
Vgl. Roll (1996), S. 52.
Rolf (2000), S. 428.
120
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
Schwierigkeiten.315ÿ Kunden müssen Denkmuster, Rollen etc., die sie in der normalen
Einkaufsumgebung mittels Sozialisierung gelernt haben, dem neuen Medium anpassen.
Beispielsweise entfällt beim Online-Shopping die physische Inaugenscheinnahme von
Produkten vor dem Kauf.316 Lebensmittel gehören jedoch zu der Produktkategorie, bei
denen die Auswahl in hohem Mass vom sogenannten „touch-and-feel“-Effekt beeinflusst wird: Da der Apfel keine braunen Flecken oder der Salat eine bestimmte Kopfgrösse haben soll, möchte der Endkunde ihn vor dem Kauf anfassen und begutachten.
Dies ist beim Internetkauf nicht ohne weiteres möglich und kann den Kunden vom
Einkauf abhalten.
Aber auch eher einfache Vorgänge im Einkaufsprozess, wie die Angabe der gewünschten Menge, werden beim elektronischen Einkauf verändert und stellen für den
Verbraucher häufig Kaufbarrieren dar: Beispielsweise wird an der realen Käsetheke
per Handzeichen verdeutlicht, wie gross das gewünschte Stück sein soll. Im virtuellen
Supermarkt hingegen wird entweder die Grösse in Gramm angegeben oder es fehlen
jegliche Mengenangaben. Selbst bei einer vorhandenen Grammangabe bereitet dies
den Kunden zu Beginn eindeutige Einschätzungsprobleme.
Soll der elektronische Handel eine ernstzunehmende Alternative zum konventionellen
Einkauf darstellen, ist es notwendig, dem Kunden die Vorteile dieser Handelsform zu
verdeutlichen und ihn mit der neuen Technologie vertraut zu machen. Hierbei kann
davon ausgegangen werden, dass die Akzeptanz des neuen Mediums steigt, je länger
und häufiger ein Kunde das Internet nutzt.317
Restriktionen in Bezug auf die Produkteignung im WWW und im Bereich der Logistik
Speziell für den Lebensmittelhandel ist zusätzlich auch die Problematik der Adäquanz
von Produktkategorien für den Handel im WWW zu berücksichtigen. In der Literatur
finden sich hierzu zum Teil widersprüchliche Aussagen. 318 Grundsätzlich sei hier auf
die Parallelen im Versandhandel verwiesen. Demnach können zur Beurteilung der
Eignung von Produkten für den Absatz via Internet zum einen die Eigenschaften des
Internets herangezogen werden. Die interaktiven und multimedialen Möglichkeiten
des Internets eignen sich insbesondere für beratungsintensive und für individuell angepasste Güter. Dies trifft für ökologische Produkte im allgemeinen zu, da es sich bei
Öko-Produkten i.d.R. um erklärungsbedürftige Waren handelt. Tendenziell scheinen
315
316
317
318
Vgl. Bauer/Huber/Henneberg (1999), S. 48.
Vgl. hierzu auch die Ausführungen zur„Strategie der ökologischen Qualifizierung“ in Kapitel 6.3.1.
Vgl. Bauer/Fischer/Sauer (2000), S. 1141.
Vgl. Hansen (1996), S. 130f. sowie Hoffmann (1998), S. 42f.
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
121
vor allem leicht lagerbare, standardisierte und relativ preiswerte Konsumgüter für das
Angebot im Versandhandel erfolgsversprechend zu sein, da sich hierdurch das finanzielle Risiko für die Unternehmen erheblich verringert. Dies bestätigen auch die Umsätze in den einzelnen Produktkategorien: Computer, Hard- und Software, Reisen,
Finanztransaktionen und Bücher machen dreiviertel des Online-Umsatzes aus.319
Demgegenüber scheinen Lebensmittel weniger geeignet für das Online-Shopping zu
sein; der online verkaufte Anteil an Lebensmitteln beträgt heute in allen drei Ländern
(Deutschland/Österreich/Schweiz) nur ca. 5 % des Gesamtumsatzes.320
Ursache hierfür sind die Probleme, die der Versand von Lebensmitteln mit sich bringt:
Lebensmittel sind i.d.R. schwer lagerbar (Frischeproblem, Kühlung) und bedürfen
daher eines ausgereiften Logistiksystems. Insbesondere für ökologische Waren gilt
dies, da sich der „idealtypische Warenkorb“ eines Bio-Konsumenten zu fast 50% aus
frischen Produkten, wie Obst und Gemüse, Brot- und Backwaren sowie Milch und
Molkereiprodukten, zusammensetzt (vgl. Abbildung 29).321
Fleisch, Wurst, Snacks
3%
Tee, Kaffee, Kakao
4%
Süsswaren, Gebäck, Pudding
4%
Würzmittel, Öle, Fette
5%
Brotaufstriche, Honig, Nussmuse
5%
sonstige Waren
6%
Getränke/Wein
6%
Nudeln, Trockenfrüchte, Müsli
6%
Getreide, Ölsaaten, Nusskerne
6%
9%
Kräuter, ätherische Öle, Körperpflege, Waschmittel
Brot und Backwaren
13%
Milch, Molkereiproduke, Eier und Tofu
16%
Obst, Gemüse, Sprossen, Pilze
17%
0%
2%
4%
6%
8%
10%
12%
14%
16%
18%
Abbildung 29: Anteil der Warengruppen im Naturkosthandel
Quelle: BNN (1999b)
Es erfordert folglich grosse organisatorische, logistische und technische Anstrengungen für den Anbieter, individuell zu kommissionierende Bio-Lebensmittel mit gleich-
319
320
321
Vgl. hierzu z.B. GfK (2000), Rudolph/Löffler (2000a), Symposion Publishing (1999).
Vgl. z.B. GfK (2000) für Deutschland; Rudolph/Löffler (2000a) für die Schweiz.
Vgl. BNN (1999b).
122
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
bleibender Qualität und zuverlässigen Lieferzeiten über das Internet zu liefern.322 Die
Etablierung solcher Vertriebsstrukuren ist zwingende Voraussetzung für jeden Lebensmittelanbieter, um dem Wunsch des Kunden nach schneller, kostengünstiger und
zuverlässiger Lieferung zu genügen (Schaffen von Zusatznutzen und Senkung von
Transaktionskosten). Die Bereitstellung derartiger Strukturen kann i.d.R. jedoch nur
von den etablierten Lebensmittelhandelsunternehmen oder dem Versandhandel geleistet werden, die diese Strukturen bereits besitzen. Selbst hier bestehen jedoch grosse
Defizite: Rund 28 % aller Online-Einkäufe scheitern aufgrund technischer Mängel und
Lieferprobleme (vgl. hierzu auch den Exkurs).323
EXKURS: Peapod scheitert an der Logistik
Peapod zählt zu den grössten US-Lebensmittelhändlern im Internet.324 Als virtueller
Supermarkt verkauft Peapod seine Waren ausschliesslich im Internet und liefert sie
dem Kunden nach Hause. Vor allem Probleme mit der Logistik der Lebensmittel führten bei Peapod zu einer ernsthaften Krise. Bei der Auslieferung trafen die Lieferanten
die Kunden häufig gar nicht oder erst zu spät zu Hause an, oder die Lebensmittel waren, bis sie beim Kunden ankamen, nicht mehr frisch und mussten weggeworfen werden.325 Zusätzlich liess der Einkauf von Waren im gewöhnlichen Supermarkt die Handelsspanne nahezu auf Null schrumpfen – der danach beschlossene Aufbau von eigenen Lagerräumen führte dazu, dass das Kapital knapp wurde und der ehemalige
AT&T-Chef William Malloy das Unternehmen verliess. Nachdem daraufhin auch potentielle Geldgeber ihre Kreditzusagen zurückzogen, wurde das Unternehmen zahlungsunfähig. Vor einigen Monaten wurde das Internet-Unternehmen durch den niederländischen Handelskonzern Ahold übernommen.
Für reine Internet-Händler oder den Grossteil kleiner Bio-Betriebe wird die Implementierung eines leistungsfähigen Logistik- und Distributionssystems an den hohen finanziellen Aufwendungen scheitern. Die bereits bestehenden Heimlieferdienste einzelner
kleinerer Bio-Unternehmen werden sicherlich kaum zu wesentlichen Steigerungen
322
323
324
325
Diese Aufwendungen führen dazu, dass die grossen Lebensmittelhandelskonzerne für den Internethandel zunächst Insellösungen etablieren. Vor allem in den Grossstädten Berlin, Hamburg, München und Düsseldorf
werden daher Internet-Lebensmittellieferservices etabliert. Dort konzentriert sich die Kaufkraft der potentiellen Kundengruppen. Vgl. Rode (1999)
Vgl. Aussage von Horst Wildemann, Wissenschaftlicher Leiter des Transfer-Zentrums für ProduktionsLogistik und Technologie-Management (TCW) in München, in „E-Commerce und Logistik: Die Früchte des
Ärgers“, http://www.wirtschaftswoche.de.
Vgl. Müller/Preissner (2000), S.202.
Vgl. Müller/Preissner (2000), S.202.
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
123
beim internetbasierten Absatz führen. Sofern sie nicht schon weitgehend über den bestehenden Kundenstamm ausgelastet sind, werden sie durch zusätzliche InternetBestellungen schnell an ihre Leistungsgrenzen stossen. Dies gilt insbesondere auch für
den überregionalen Bereich, den diese Anbieter aufgrund der Frischeproblematik nicht
abdecken können.326 Eine Lösung könnte in der Kooperation mit LogistikDienstleistern oder im Zusammenschluss mehrerer Bio-Anbieter zu einem Grossverteiler bestehen.327
Auch die Demographie der WWW-Nutzer hat Auswirkungen auf die Produktnachfrage und kann Hinweise in Bezug auf die Internet-Tauglichkeit von Produkten geben.
Die Popularität von Angeboten in den Bereichen Computer und Musik lässt sich bspw.
durch die schwerpunktmässige Vertretung bestimmter Bevölkerungsgruppen im
WWW mit spezifischen Interessen erklären. Die hohen Umsätze im Bereich Software
und Computer lassen darauf schliessen, dass bisher vornehmlich Männer im Internet
einkaufen. Es bleibt abzuwarten, inwieweit durch die zunehmende Verbreitung des Internets auch die Heterogenität der Nutzerstruktur steigen und inwieweit sich diese
Entwicklungen auf den Absatz von Lebensmitteln auswirken wird. Abzuwarten bleibt
auch, ob die ähnlichen soziodemographischen Nutzerstrukturen bei Online-Käufern
und Bio-Kunden einen positiven Einfluss auf den Absatz von Bio-Lebensmitteln haben
werden. Möglicherweise könnte die Fokussierung auf eine Nutzergruppe ausserhalb
des traditionellen Nutzerkreises im Sinne einer Segmentierungsstrategie Erfolg versprechen, zumal sich das Angebot im WWW gegenwärtig stark auf die traditionellen
Nutzersegmente konzentriert und die Bereitschaft, Lebensmittel online einzukaufen,
durchaus gegeben ist.328 Durch innovative Angebote für bestimmte Zielgruppen (wie
z.B. Mütter mit Kleinkindern) könnten evtl. neue Kundengruppen über das Internet angesprochen werden.
5.5 Zusammenfassung
Während in Kapitel 3.2 die grundlegenden Defizite und Kaufbarrieren beim Endkunden auf Bio-Märkten näher beschrieben wurden, standen in diesem Kapitel die Potentiale des Internets zur Verringerung oder Lösung der Probleme im Vordergrund. Zudem wurden wichtige aktuelle Schwächen und Restriktionen der Bio-InternetVermarktung aufgezeigt. Es stellt sich nun die Frage, welche Defizite am Bio-Markt
326
327
328
Eine Belieferung von Kunden ausserhalb des Einzugsgebietes per Post wird nur für das Trockensortiment
möglich sein. Frischwaren, Tiefkühl- oder Kühlprodukte können nur mittels geeigneter LKW ausgeliefert
werden.
Vgl. hierzu ausführlicher Den Erfolgsfaktor „Commerce“ in Kapitel 7.4.
Vgl. Fittkau (1998).
124
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
tatsächlich mit Hilfe des Internets behoben werden können und welche nicht. Hierzu
werden Defizite, Potentiale und Schwächen für jede Phase noch einmal zueinander in
Bezug gesetzt.
• Informationsphase: Die Möglichkeiten, biospezifische Kaufbarrieren wie Marktintransparenz, Informations- und Wissensdefiziten oder der Verunsicherung durch
die verwirrende Kennzeichnungsvielfalt mit Hilfe der medialen Eigenschaften des
Internets entgegenzuwirken und biospezifische Differenzierungsansätze zu entwickeln, sind in der Informationsphase am grössten. Die Potentiale werden daher
auch von 34% der identifizierten Shops genutzt. Zudem sind sie mit den Mitteln des
Internets leicht umzusetzen. So können Anbieter dem Nachfrager auf ihrer Homepage ohne grosse Mühen Informationen zu ökologischen Produkten und den entsprechenden Herstellungsverfahren zur Verfügung stehen. Diese Informationen, wie
auch der Bezug zu Besonderheiten der Unternehmen oder der Region, ermöglichen
eine starke Differenzierung bzw. Profilierung des Angebotes und gehören zu den
Stärken, die biospezifische Internetangebote nutzen können. Darüber hinaus wird
die Markttransparenz durch Suchmaschinen und Communities unterstützt. Grundsätzlich stiegen die Kosten für Bio-Anbieter , je ausführlicher (Umfang des WebAngebotes) und intensiver (Häufigkeit der Aktualisierung) sie den Endkunden informieren. In der Regel muss nach der Grösse des jeweiligen Betriebes entschieden
werden, inwieweit sich der finanzielle und personelle Aufwand für das Unternehmen bezahlbar macht. Eine Lösung des Problems könnten z.B. Kooperationen (z.B.
Zusammenschlüsse in einer Einkaufsgemeinschaft) bieten. Dadurch verteilt sich der
finanzielle Aufwand auf mehrere Unternehmen.
• Entscheidungsphase: Kaufbarrieren der Entscheidungsphase sind vor allem Vertrauensdefizite und Echtheitszweifel bei Bio-Produkten. Die Möglichkeiten des Internets liegen hier vor allem im Bereich der Kommunikation mit dem Endkunden. Ziel
ist es, ihn durch intensive Beratung und Interaktion bei seiner Kaufentscheidung zu
unterstützen und ihn damit auch langfristig zu binden. Biospezifische Angebote
greifen diese Potentiale auf (immerhin 16% der untersuchten Shops bieten hier Lösungsalternativen), allerdings besteht bei der Vielzahl der Bio-Internetangebote
grundsätzlicher Verbesserungsbedarf. So fehlen Kommunikationsangebote, wie z.B.
Kundenzentren, Service-Nummern, oder Feedbackformulare auf den Webseiten
weitgehend. Wie schon in der Informationsphase ist hier das AufwandErtragsverhältnis zu überprüfen, allerdings kann aus Sicht des Autors davon ausgegangen werden, dass hier ein geringer Aufwand (z.B. in Form vom E-Mails in Verbindung mit persönlicher Kommunikation) grosse Chancen für den Anbieter eröffnet.
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
125
• Transaktion: Im Rahmen der Transaktionsphase stellen u.a. höhere Preise durch
niedrige Absatzquantitäten oder höhere Beschaffungskosten durch schlechte Erreichbarkeit oder Verfügbarkeit von Bio-Produkten Kaufbarrieren dar. Das Internet
bietet auch hier Potenziale (Online-Bestellung und -Bezahlung 24-h/7-Tage die
Woche, Lieferung frei Haus, größere Produktpalette durch Angebotsbündelung), allerdings bedarf es hier grösserer Anstrengungen als in der Informations- und Entscheidungsphase. Grundsätzlich verschaffen die existierenden Direktvermarktungsstrukturen, insbesondere Lieferservices, Bio-Angeboten hierbei einen Vorteil gegenüber konventionellen Angeboten, jedoch werden die Möglichkeiten zur Transaktionskostensenkung oder Steigerung der Bequemlichkeit nur durch ein professionelles Warenbestellsystem ausgeschöpft. Dies erfordert jedoch z.T. hohe technische
(Programmierung, Einrichtung), personelle (Wartung und Pflege des WebAngebotes, Auslieferung) und somit auch finanzielle Aufwendungen für das Unternehmen. Viele Bio-Anbieter sind zu klein, als dass sich diese Ausgaben rechnen
würden. Ein Blick in die Praxis zeigt, dass diese Möglichkeiten auch nur von 19%
der identifizierten Shops genutzt werden, vielfach ist die Produktpalette hierbei häufig sehr eingeschränkt. Möglichkeiten, online zu bezahlen oder zu bestellen, werden
zumeist nicht angeboten oder nicht transparent genug dargestellt und erläutert. Insgesamt bedarf es hier innovativer Lösungen oder Kooperationen, um die Kaufbarrieren wirkungsvoll zu beseitigen.
• Kundenbindung: Die Möglichkeiten des Internets, Kunden über den Erstkauf hinweg als Käufer zu binden, nutzen gerade einmal 5% der untersuchten Shops. Es
fehlt an Kaufanreizen und -impulsen, wie Sonderangeboten oder anderen Angeboten, die dem Kunden einen Mehrwert verschaffen. Dabei bieten die Potentiale des
Internets hier gute Ansatzpunkte zur Verbesserung des Verhältnisses KundeAnbieter: Applikationen wie Diskussionsforen oder Newsgroups kommen den Bedürfnis nach sozialen Kontakten entgegen. Teilnehmer können sich dadurch über
bestimmte Produkte austauschen und Stellungnahmen zu diversen ökologiebezogenen Themen hinterlegen. Weitere technisch anspruchsvollere Applikationen sind
Chatbereiche (z.B. Chats mit Experten aus dem Biobereich), die eine Kommunikation über das Medium Internet ermöglichen. Auch Gewinnspiele oder Zusatzleistungen wie Rezeptsammlungen oder Newsletter tragen zur Kundenbindung bei und
Veranlassen den Verbraucher ggf. zu Wiederholungskäufen. Ähnlich wie die Potentiale innerhalb der Informations- und Entscheidungsphase sind auch die Möglichkeiten im Rahmen der Kundenbindungsphase ohne grossen finanziellen oder technischen Aufwand einfach zu verwirklichen. Leicht zu konfigurierende Diskussionsforen oder Newsletter-Generatoren sind zumeist kostenlos im Web nutzbar, Rezeptsammlungen lassen sich einfach in Datenbanken hinterlegen und selbst bei Gewinnspielen bedarf es nur der Phantasie der Anbieter.
126
5. Ökologie und Internet: Potentiale und Grenzen
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass - unter Berücksichtigung der identifizierten Stärken und Schwächen des aktuellen Status – das Internet in gewissen Bereichen
des Kaufentscheidungsprozesses Erfolgspotentiale beim Abbau der Kaufbarrieren bietet, in gewissen Bereichen nur unter Einschränkungen (vgl. Abbildung 30). Daraus lassen sich Schlussfolgerungen für die Nutzung der Potenziale im Rahmen des OnlineMarketing-Mixes für Bio im Internet treffen.329 Doch zunächst sollen die grundsätzlichen Potentiale des Internets für die Ableitung von strategischen Handlungsoptionen
im E-Commerce jenseits der Öko-Nische erarbeitet werden.
Information
Defizite
Bio-Markt
Potentiale
Internet
Schwächen
Bio im Internet
Entscheidung
Abwicklung
Kundenbindung
• Mangelnde
• Vertrauensdefizit/Markt-, Unternehmens-,
Echtheitszweifel
und Produkttransparenz
• Informations- und
Wissensdefizite
• Verwirrende
Kennzeichnung von
Bio-Produkten
• Niedrige Absatzquantitäten • höhere Beschaffungskosten durch Wegekosten
• Höhere Preise
• Initiierung von
• Wiederholungskäufen
-
• Informationen zu
Produkt, Herstellung,
Unternehmen und
Region
• Markttransparenz
durch Verlinkung und
Suchmaschinen
• Kommunikationsmöglichkeiten mit
Anbietern
• Bezug zu EUVerordnung
und anderen
Verbänden
• Vorhandene
Vermarktungsstrukturen
(z.B. Lieferservice)
• Emotionalität
• Cross-Selling
• Online-OfflineKombination
• Keine klareContent-Strategie
• Finanzielle, personelle
Restriktionen
• Mangelnde-Sicherheits
mechanismen
• Fehlende Kommunikationselemente
• Finanzielle, personelle
Restriktionen
• Mangelhafte Online-.
Bestellung und
-Bezahlung
• Kleine Produktpalette
• Finanzielle, personelle
Restriktionen
• Fehlen überzeugender
Mehrwerte
Chancen für
biospezifische
Differenzierung
Abbildung 30: Gegenüberstellung von Defiziten, Chancen und Schwächen und
daraus resultierenden Chancen einer biospezifschen Differenzierung entlang
der Phasen der Kaufentscheidung
Quelle: Eigene Darstellung
329
Vgl. hierzu ausführlicher Kapitel 7.
6. Strategisches Öko-Online-Marketing jenseits der Öko-Nische
6
127
Strategische Handlungsoptionen für Bio-Produkte
im E-Commerce
6.1 Zwei Wege zum Massenmarkt
Im Rahmen der letzten Kapitel wurden sowohl die Potentiale und Erfolgsvoraussetzungen erarbeitet als auch auf den Status Quo und die Grenzen des E-Commerce aus
Anbieter- und Kundensicht eingegangen. Es stellt sich die Frage, wie die in Anlehnung
an das in Kapitel 2.1 beschriebene Portersche Wettbewerbssstrategie-Konzept330 identifizierten internen (Stärken und Schwächen) und externen Rahmenbedingungen
(Chancen/Risiken) für die Modellierung strategischer Handlungsempfehlungen zur Erlangung von Wettbewerbsvorteilen genutzt werden können – konkret: Welche möglichen Entwicklungspfade aus der Öko-Nische ergeben sich aus für ökologische Güter
und Dienstleistungen durch die Nutzung der Potentiale des Internet?331
Zur Beantwortung dieser Frage wird auf das Konzepts der Landkarte des ökologischen
Masenmarktes zurückgegriffen. Hierzu werden die sechs Entwicklungspfade den beiden Dimensionen der Landkarte des ökologischen Massenmarktes zugeordnet: Ausdehnung des Marktanteils und Anhebung der relativen ökologischen Qualität.332 Während die Pfade A (Eco-Growth) und C (Enlarging the Middle) auf einer Ausdehnung
des Marktanteils des „Eco-„ bzw. „mittleren“ Segments basieren, wird bei den Pfaden B (Upgrading Conventionals), D (Upgrading the Middle) und E (Eco-Plus) eine
Anhebung der relativen ökologischen Qualität der Produkte angestrebt. Pfad 6
(Sustainable Shrinking) zielt auf eine Verringerung der ökologischen Belastungen, indem der Gesamtkonsum reduziert wird. Hierbei wird u.a. auch auf Fragen, wie Marktsegmentierung, Zielgruppen und Positionierungsüberlegungen etc. eingegangen, die im
Rahmen des Marketings wichtig sind.
330
331
332
Vgl. zum Kontext der Formulierung von Wettbewerbsstrategien Kapitel 2.2.
An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass die meisten der nachfolgend beschriebenen Handlungsoptionen
bisher kaum von Bio-Unternehmen in Bezug auf den E-Commerce erkannt und umgesetzt werden. Wirklich
erfolgsversprechende, professionelle Beispiele wie im klassischen E-Commerce-Umfeld (Amazon, Dell, ...)
sind in der Bio-Lebensmittel-Branche noch eher selten. Dennoch lassen sich auch im Bio-E-Commerce erste
gute Ansätze identifizieren. Diese gründen vor allem auf einzelnen innovativen Funktionalitäten, insgesamt ist
jedoch festzustellen, dass meist noch eine Gesamtstrategie fehlt, in die diese Funktionalitäten eingebettet sind.
Die Darstellung komplexer Fallstudien ist daher nicht möglich. Stattdessen werden mögliche Handlungsoptionen anhand einzelner innovativer Beispiele aus der bisherigen Online-Praxis von Lebensmittelanbietern
näher erläutert. Zusätzlich werden innovative Ideen aus anderen Branchen vorgestellt und deren Übertragbarkeit auf die Bio-Branche diskutieren, um weitere Entwicklungsmöglichkeiten für den Bio-E-Commerce abzuleiten.
Vgl. zu den folgenden Überlegungen auch Kolibius (2000a), S. 328ff.
128
6. Strategisches Öko-Online-Marketing jenseits der Öko-Nische
E - Eco Plus
Höhere
ökologische
Qualität im
Gesamtmarkt
Relative ökologische Qualität
der Produkte
hoch
A - Eco Growth
Hohe
Qualität
FSustainable
Shrinking
D - Upgrading the Middle
C - Enlarging
the Middle
„Bio“
Mittlere
Qualität
B - Upgrading
Conventionals
„IP“
Niedrige Qualität
„konventionell“
niedrig
0%
Marktanteil
100 %
Vergrösserung des
(relativen) Marktanteils
Abbildung 31: Zwei Pfade aus der Öko-Nische
Quelle: Eigene Darstellung
6.2 Ausdehnung der Marktanteile von Produkten hoher und
mittlerer Qualität
Das Internet bietet verschiedene Möglichkeiten, den Marktanteil in den Segmenten hoher („Eco“) bzw. mittlere Qualität („Middle“) auszudehnen. Mögliche Handlungsoptionen sind:
• die Gewinnung von Neukunden über das Internet (6.2.1),
• eine Erhöhung der Kundenbindung durch die multimedialen Eigenschaften des
Internets (6.2.2),
• die Erzielung von Mehrumsätzen durch Cross-Selling (6.2.3),
• innovative Preisstrategien (6.2.4) sowie
• virtuelle Kooperationen und Netzwerke (6.2.5).
6.2.1 Gewinnung von Neukunden
Einer der meistgenannten Effekte ist die Gewinnung von Neukunden über das Netz.
Dies trifft für Endkunden ebenso zu wie für Geschäftskunden. Gründe hierfür können
ein erweitertes Einzugsgebiet (neue Regionen, Länder) oder die Ansprache neuer Ziel-
6. Strategisches Öko-Online-Marketing jenseits der Öko-Nische
129
gruppen sein.333 Ferner werden bestehende Marktpotentiale besser ausgeschöpft, da eine breitere Marktabdeckung durch Aufhebung räumlicher und zeitlicher Beschränkungen erreicht wird.334
Wenngleich die genannten Gründe für alle Internetanbieter, d.h. auch für nichtökologische Unternehmen gelten, so lassen sie sich für Bio-Märkte in idealer Weise
nutzen: Vor allem durch den in Kapitel 5.2.4 genannten Aspekt der Eröffnung neuer,
von bestehenden Distributionskanälen des Handels unabhängige Vertriebswege ergeben sich interessante Anknüpfungspunkte im Bio-Bereich. Meist handelt es sich bei
den Neukunden um Personen, die zuvor auf das Angebot verzichtet haben, weil die
bisherigen Absatzformen nicht geeignet waren, sie anzusprechen. Dieser Umstand
trifft gerade auch auf ökologisch orientierte Käuferschichten zu, die teilweise vor weiten oder umständlichen Beschaffungswegen für Bio-Produkte zurückschrecken oder
ein breites Bio-Produkt-Sortiment im Handel vermissen. Grundsätzlich stellt der Lebensmitteleinkauf für den Konsumenten ein eher „lästiges Grundübel“ dar.335
Zudem hat auch die Aufhebung räumlicher und zeitlicher Beschränkungen positiven
Einfluss auf die Ausbreitung ökologischer Produkte. So wird ein Besuch beim BioBauern 24 Stunden und 7 Tage die Woche möglich und ist nicht an kurze Hoföffnungszeiten gebunden. Das macht Bio-Produkte bspw. auch für Berufstätige interessant, die abends aufgrund der meist kurzen Ladenöffnungszeiten von Bio-Höfen oder Läden auf den Konsum von Bio-Produkten verzichten mussten. Geschickte Anbieter
von Bio-Lebensmitteln schöpfen das Marktpotential dieser Kundengruppe bereits aus.
Beispiel Frankfurt am Main: Wer morgens bestellt, dem wird zur Mittagspause sein
individuelles Lunch-Packet aus Bio-Produkten in seinen „Lunch-Briefkasten“ frei
Haus zugestellt.336
Positiv für die Vermarktung von Produkten über das Internet könnten sich auch die
ähnlichen soziodemographischen Profile der „Online-Käufer“ und „Bio-Käufer“
auswirken. Beide Konsumentengruppen zeigen grosse Parallelen hinsichtlich der Altersverteilung, des Bildungs- und Einkommensniveaus und bestimmter Lebensmittel-
333
334
335
336
Das Internet eröffnet Chancen für die Bildung neuer Interessengruppen und deren ökonomisch attraktive Versorgung mit medialen Inhalten. Diese Inhalte können äusserst divers oder sogar randlastig sein (wie im Umweltbereich häufig anzutreffen), sie erschliessen aber ein bisher brachliegendes Potential: Die Ansprache mittelgrosser Interessengruppen von weniger als 10.000 Personen, die bislang mit elektronischen Medien nicht
gesondert versorgt wurden. Kleine Umweltmärkte lassen sich hierdurch wesentlich besser und kostengünstiger bearbeiten. Vgl. Zerdick/Picot/Schrape (1999), S. 205.
Vgl. Herrmanns/Wissmeier (1999), S. 1357.
So ermittelte Roland Berger in einer Studie, dass 77 % der deutschen Verbraucher den Lebensmitteleinkauf
als Last empfinden. Vgl. Hausruckinger (1998), S. 13.
Vgl. Kolibius/Nachtmann (2000c).
130
6. Strategisches Öko-Online-Marketing jenseits der Öko-Nische
Warengruppen (vgl. Exkurs).337 Der höhere Bildungsstand und die zumeist höhere
Geldausgabebereitschaft von Online-Usern stellen dabei Faktoren dar, die sich auch
günstig für den Absatz von Bio-Produkten auswirken könnten: Während der höhere
Bildungsstand ein höheres Gesundheitsbewusstsein nach sich zieht und sich dadurch
unterstützend auf den Kauf gesundheitsfördernder Produkte auswirken kann, relativiert
das höhere Einkommen die höheren Preise für ökologisch erzeugte Lebensmittel.
EXKURS: Bio- und Internet-Nutzer im Vergleich338
Altersverteilung: Das Publikum im WWW ist in den letzten Jahren nicht nur stark angewachsen, sondern zusätzlich hat sich das Internet auch in seiner Struktur deutlich
verändert:339 Der heutige Internet-Nutzer ist nicht mehr der Computer-Enthusiast von
gestern, sondern ein anspruchsvoller Erwachsener, dem das Internet sowohl das berufliche als auch das private Leben bereichern und erleichtern soll.340 Seit 1995 wurde die
Alterspyramide der deutschsprachigen WWW-Nutzer immer flacher. Sowohl in den
jüngeren als auch insbesondere in den älteren Nutzergruppen sind kontinuierliche Steigerungsraten zu verzeichnen. Der Anteil der 30-40-jährigen ist hier am grössten. Eine
ähnliche Altersverteilung ergibt sich für die Gruppe der Käufer von BioLebensmitteln, auch hier ist der Anteil der 30-40-jährigen Personen am grössten. (vgl.
Abbildung 32).341
45%
40%
35%
30%
25%
20%
15%
10%
5%
0%
bis 20
21-30
31-40
Naturkost-Kunden
41-50
>50
Internet-Nutzer
Abbildung 32: Altersverteilung Naturkostkunden und Internetnutzer
Quelle: Eigene Darstellung nach BNN (1999a); GfK-Online-Monitor (1999)
337
Vgl. hierzu auch Zambrano/Temeschinko/Hamann (2001), S. 40f.
Die Zahlen beziehen sich auf den deutschen Markt, lassen sich aber aufgrund ähnlicher Entwicklungen in den
beiden anderen Ländern, Österreich und Schweiz, auf diese übertragen. Vgl. Gräf (1999), S. 76f.
339
Vgl. GfK (2000).
340
Vgl. o.V. (Yahoo-Studie, 1997), S. 14; Gräf/Tomczak/Belz (1997), S. 79.
341
Vgl. Förster (1993), Meyer-Ploeger (1997), Baade (1988).
338
6. Strategisches Öko-Online-Marketing jenseits der Öko-Nische
131
Der steigende prozentuale Anteil der Internet-shoppenden Frauen342 korreliert dabei mit
dem höheren Anteil von Frauen an Bio-Käufern. Da Frauen aus Öko-Marketingsicht
eine wichtige Zielgruppe für den Absatz von Bio-Produkten sind (sie übernehmen häufig den Einkauf von Familien und achten auf gesundheitsbewusste Ernährung)343, können sich positive Auswirkungen für den Absatz von Bio-Lebensmitteln via WorldWide-Web ergeben.
Bildungsniveau: Auch beim Bildungsniveau sind Übereinstimmungen der beiden
Kundengruppen zu erkennen: Das WWW erreicht im oberen Drittel der Gesellschaft
die höchste Reichweite.344 Etwa zwei Drittel der deutschsprachigen WWW-Nutzer
können laut der jährlich durchgeführten GfK-Umfrage das Abitur vorweisen. Auch bei
Bio-Käufern wird in Studien immer wieder ein Bildungsniveau festgestellt, das über
dem Durchschnitt liegt.345
Einkommensverteilung:. Ähnlichkeiten bei Bio- und Internet-Kunden können auch
bezüglich der Einkommensverteilung unterstellt werden: Bei den Internet-Nutzern
kann generell ein mittleres bis gehobenes Einkommensniveau festgestellt werden.346
Bei den Bio-Käufern hat sich das Einkommensniveau in den letzten Jahren ebenfalls in
Richtung der kaufkräftigeren Haushalte verschoben: Während in älteren Studien ÖkoKäufer eher in der Gruppe mit geringem Einkommen zu finden waren,347 überwiegen
bei aktuelleren Studien die höheren Einkommensklassen.348
Aus Sicht des hier untersuchten Bio-Lebensmittelhandels im Internet sind nach den
Ergebnissen von Andersen Consulting sowie einer österreichischen Untersuchung vor
allem drei Konsumentengruppen als neue Zielgruppen des ökologieorientierten Online-Marketings interessant:349
• Familien am Stadtrand von Ballungszentren mit strikten Zeitbeschränkungen
• Ältere oder behinderte Menschen
• Personen in Grossstädten, die nach einem besonderen Zusatznutzen suchen (z.B. in
Form von Schnäppchen oder besonderen Dienstleistungsangeboten).
342
343
344
345
346
347
348
349
Vgl. Symposion Publishing (1999). S. 19.
Vgl. BNN (1999a), S. 17ff. sowie Meier-Ploeger et. al. (1997).
26,6 % haben Fachhochschul- und Universitätsabschluss, 21,7 % das Abitur und 17,0 % einen Berufsakademieabschluss. Vgl. Symposion Publishing (1999), S. 40.
Vgl. BNN (1999a); Prummer (1994); Förster (1993).
Vgl. Symposion Publishing (1999), S. 38.
Vgl. Langerbein/Wirthgen (1988); Baade (1988).
Vgl. Prummer (1994); Kesseler (1994); BNN(1999a).
Vgl. Ergebnisse von Heikillä/Kallio/Saarinen (1998) sowie Prummer (1994), Kesseler (1994), Fricke (1995).
132
6. Strategisches Öko-Online-Marketing jenseits der Öko-Nische
Für jede der drei Zielgruppen resultiert durch den Online-Einkauf ein positiver Mehrwert (Zusatznutzen): Während die Familien am Stadtrand von Ballungszentren vor allem von den Zeitersparnissen durch die Hauslieferung profitieren, schafft der Einkauf
für ältere Leute vor allem Erleichterung beim Transport der Lebensmittel vom Supermarkt nach Hause. Die Gruppe der „Grossstädter“ wird den Einkauf via Internet präferieren, da sie im allgemeinen technologischen Neuerungen offen gegenübersteht, das
Nutzenportfolio des E-Commerce erkannt hat und für ihre individuellen Präferenzen
nutzt. Im Unterschied zu den Familien und den älteren oder behinderten Kundengruppen nutzt die Gruppe der Grossstädter in erster Linie die Mehrwertangebote. Hierbei
kann entweder die Informations-, Spass- oder Prozess- bzw. Zeitorientierung im Vordergrund stehen. Beispiele sind u.a.:
• Informationsphase: Einkaufsagenten, Produktdatenbanken, Call-Center
• Entscheidungsphase: Einkaufsberatung, Auktionssysteme, Einkaufsrabatte
• Abwicklungsphase: Lieferservices, Online-Bezahlung, Geschenkverpackung, EMail zum Bestellstatus etc.
• Kundenbindungsphase: kostenlose Servicenummern, gebührenfreier Rückruf (Callback) E-Mail-Newsletter, die über Sonderangebote oder -aktionen informieren, Einkaufsgutscheine, Bonussysteme, Treueprämien, Gewinnspiele
EXKURS: Gut Wulkfelde: Bio-Lebensmittel für den Ballungsraum Hamburg
Das Gut Wulksfelde im Norden Hamburgs gilt als Modell für die Verbindung von ökologischer Landwirtschaft, ökonomischem Erfolg und zukunftsorientierten Arbeitsplätzen. Es erhielt 1995 den Agrar-Kultur-Preis der Schweisfurth-Stiftung für eine zukunftsweisende Landwirtschaft.
Mitte 2000 wurde der Internetshop unter http://www.gut-wulksfelde.de freigeschaltet.
Die Ziele sind u.a.: ein modernes Öko-Image über die Zukunftstechnologie Internet zu
vermitteln, Erschliessung neuer Kundengruppen aus der Region für Lieferservice und
EcoGourmet-Versand sowie eine stärkere Kundenbindung über verbesserten Service
und mehr Information zu erreichen.350
Folgende Kundengruppen versucht das Gut Wulksfelde mit Hilfe des Internets anzusprechen (vgl. Tabelle 12):
350
Vgl. Nachtmann (2001).
6. Strategisches Öko-Online-Marketing jenseits der Öko-Nische
133
ÿStammkunden
ÿBerufstätige, insbesondere Mütter mit Kindern
ÿÖko-Yuppies
ÿGourmets
ÿAlle, die sich gut ernähren möchten, aber die typischen Naturkostläden nicht betreten
ÿMedien
ÿBeratungsklientel: Behörden, Unternehmen, Organisationen
ÿTrend-Scouts
ÿÖkologische Landwirte
Tabelle 13: Zielgruppen Gut Wulksfelde
Quelle: Kolibius/Nachtmann (2000c)
Das Internet-Angebot ist durch eine breite Produktpalette und professionelle Abwicklung des Bestell- und Lieferprozesses gekennzeichnet: Neben den klassischen BioKisten sind Frisch- und Trockenlebensmittel, Spezialitäten sowie Haushaltswaren und
Kosmetika verfügbar, die über E-Mail, Fax und Telefon bestellt werden können. Die
Internet-Bestellung wird zudem durch ein Warenkorbsystem unterstützt, bei dem nicht
nur die zu liefernde Produktkombination, sondern auch die Lieferfrequenz (z.B. einmalig, wöchentlich, 14-tägig) individuell gewählt werden kann. Vor einer Bestellung
müssen sich Kunden durch ihre persönlichen Angaben bzw. ein persönliches Kennwort
personalisieren. Die Auslieferung der kompletten Produktpalette ist auf die Reichweite
des eigenen Lieferservice beschränkt und wird nur für die Region Hamburg sichergestellt. Das Spezialitätenangebot hingegen wird über einen bundesweiten Paketversand
geliefert.
Abbildung 33: Bestellsystem unter
Quelle: http://www.wulksfelde.de
134
6. Strategisches Öko-Online-Marketing jenseits der Öko-Nische
Wichtig ist, dass Bio-Food-Anbieter für jede der drei Konsumentengruppen entsprechende Angebotsformen bereithalten, um deren Konsumentenpräferenzen in jeder Phase des Kaufprozesses durch marktspezifische Lösungen zu erfüllen.351 Hierbei ist zu
beachten, dass der Verkauf von Waren über das Internet nicht zwangsläufig zu Neukunden führt, der traditionelle Verkauf von Waren kann aber von einer OnlineUnterstützung profitieren (hybrides Geschäftsmodell).352 So verknüpft Kaufhof den
Offline- und Online-Vertrieb, um insbesondere bei Produkten mit hohen Einzelkosten
und niedriger Umschlagfrequenz Kosten zu sparen bzw. freiwerdende Flächen effizienter zu nutzen.353 Auch Amazon kooperiert mit dem klassischen Buchhandel
(Libri). Von dieser Kombination kann z.B. die Direktvermarktung ökologischer Lebensmittel profitieren. So hat das Unternehmen „Gemüsebetriebe Arzt“ in Kitzingen
einen entsprechenden Internetauftritt realisiert. Der Bioland-Gemüsehof von Marcus
Arzt kann inzwischen auf eine 10-jährige Geschichte zurückblicken und verfolgt auf
Basis eines bereits bestehenden Lieferservices mit dem Internetengagement folgende
Ziele: Neue Absatzchancen in Form neuer Zielgruppen nutzen, Kundenbindung
verbessern, Imagegewinn durch angemessenen Einsatz innovativer Technologien, optimierte Abläufe und resultierende Aufwandsreduzierungen durch angemessenen IuKEinsatz.354
6.2.2 Erhöhte Kundenbindung
Die Bindung von Kunden an das Unternehmen ist auch im E-Business massgebend für
den Erfolg des Online-Geschäfts.355 Eine erfolgreiche Kundenbindung führt – sowohl
im klassischen als auch im Online-Marketing – zu einer Erhöhung der Markteintrittsschranken und damit zur Schaffung von Wettbewerbsvorteilen gegenüber der Konkurrenz.356 Auch aus ökonomischer Perspektive sind loyale Endkunden von Bedeutung, da
damit nicht nur die Kosten der Neuakquisition von Kunden gespart werden können,357
sondern loyale Kunden dem Unternehmen durch Wiederholungskäufe auch Folgeer351
352
353
354
355
356
357
Vgl. Heikillä/Kallio/Saarinen (1998), S. 134.
Vgl. Symposion Publishing (1999), Vgl zum hybriden Geschäftsmodell ausführlicher z.B. Wise/Christner/
Bryne (1999).
Vgl. Nachtmann (1999), S. 12.
Vgl. hierzu das Modellprojekt für den Bioland-Bundesverband. In dem Modellprojekt geht es darum, ausgesuchte Biolandbetriebe bei der Etablierung eines elektronischen Handelskonzeptes zu unterstützen, um die
Praxistauglichkeit eines solchen Bio-E-Commerce Konzeptes beurteilen zu können. Die Betriebe zeichnen
sich durch innovationsfreudige Betriebsleiter und etablierte Lieferservicekonzepte aus, wodurch insgesamt
günstige Rahmenbedingungen für das Projekt bestehen. Durch die vergleichbare Unternehmens-, Produktund Dienstleistungsstruktur können Synergien genutzt werden. Vgl. Kolibius/Nachtmann (2000a), S. 324.
Vgl. Reichheld/Schefter (2001), S. 70.
Vgl. ausführlicher hierzu Kapitel 7.
Vgl. Reichheld/Schefter (2001), S. 71.
6. Strategisches Öko-Online-Marketing jenseits der Öko-Nische
135
träge generieren. So ergab eine Untersuchung im stationären, konventionellen Einzelhandel von Bain & Company in Zusammenarbeit mit der Harvard Business School,
dass, wenn die Kundenbindung um 5 % gesteigert werden kann, sich die Gewinne um
25 bis 95 Prozent erhöhen.358 Ähnliche Ergebnisse wurden auch im Internet-Handel
festgestellt (vgl. Abbildung 34).359
Gewinn pro Kunde (in Dollar)
80
60
40
20
-20
-40
-60
-80
0 Jahre
Nach 1 Jahr
Unterhaltungselektronik
Bücher
Nach 2 Jahren
Nach 3 Jahren
Lebensmittel
Kleidung
Abbildung 34: E-Commerce-Wirtschaftlichkeit eines Kunden über die Jahre
Quelle: Reichheld/Schefter (2001), S. 71
Über diesen Mehreffekt hinaus empfehlen loyale Kunden ihre Lieferanten häufig weiter, wodurch sich neue Gewinnquellen ergeben. Da Webshops ihr Sortiment zudem relativ leicht erweitern können, verbreitert und vertieft sich die Kundenbeziehung mit
der Zeit. Eine erhöhte Kundenbindung bietet aus ökonomischer Sicht somit gleich
mehrere Optionen zur Gewinnung von Marktanteilen.360
Zwingende Voraussetzung für die Loyalität von Kunden ist die Gewinnung von Vertrauen. Prinzipiell gilt diese Voraussetzung schon immer; im Internet aber, wo ein Geschäft auf eine gewisse Distanz abgeschlossen wird, und wo die Risiken und Unsicherheiten weitaus grösser sind, spielt Vertrauen noch eine grössere Rolle als der Preis
oder breite Auswahl. Wenn Kunden einem Online-Anbieter vertrauen, erhöht sich die
Bereitschaft des Konsumenten, individuelle Präferenzen, soziodemographische Daten
und Interessen an die Anbieter zu übermitteln. Diese Informationen ermöglichen es
dem Unternehmen wiederum, eine viel engere Beziehung aufzubauen: Es kann dem
358
359
360
Vgl. Reichheld/Schefter (2001), S. 71.
Vgl. hierzu die Studie von Bain & Company und Mainspring in: Reichheld/Schefter (2001), S. 71f.
Vgl. hierzu ausführlicher z.B. Link/Tiedke (1998).
136
6. Strategisches Öko-Online-Marketing jenseits der Öko-Nische
Kunden auf dessen individuelle Bedürfnisse abgestimmte Produkte und Dienstleistungen anbieten, was wiederum dessen Vertrauen und Loyalität stärkt. Die beschriebene
Wirkungskette wird idealtypisch fortlaufend durchschritten und führt so zu einer Situation, von der sowohl der Anbieter als auch der Kunde profitiert und die damit letztlich
zu einer längerfristigen Anbieter-Kunden-Beziehung beitragen kann. Aus einem derartigen Regelkreis kann ein strategischer Wettbewerbsvorteil entstehen (vgl. Exkurs).
EXKURS: Zentrale Wirkungskette aus Mehrwert, Transaktion und Vertrauen
Entscheidend für eine erfolgreiche Internet-Strategie ist das Zusammenspiel der Faktoren Mehrwert, Transaktion und Vertrauen.361 Ausgangspunkt hierfür ist der grundlegende Zusammenhang zwischen dem Mehrwert, der einem Kunden geboten wird, und
dem Vertrauen, das der Kunde einem Anbieter daraufhin entgegenbringt. Zwischen
dem Vertrauen in einen Anbieter und dem gebotenen Mehrwert wird eine positive Korrelation unterstellt. Ein Anbieter kann um so bedürfnisorientierter Mehrwerte generieren, je besser er seine Kunden bzw. Kundensegmente kennt.362
Um jedoch mehr über die Bedürfnisse und Gewohnheiten seiner Kunden erfahren zu
können, muss er mit diesen interagieren. Der Anbieter ist also auf möglichst viele
Transaktionen angewiesen, um die notwendigen Informationen in Form von Kundendaten zu gewinnen. Vertrauen stellt an dieser Stelle, als Voraussetzung für das Zustandekommen von Transaktionen, die Verbindung zum Mehrwert und damit dem Ausgangspunkt der Wirkungskette dar.
Als Folge der vertrauensbildenden Wirkung des gesteigerten Mehrwertes wird die
Häufigkeit der Transaktionen zunehmen. Dies führt wiederum zu optimierten Kundendaten, die ihrerseits über eine erneute Anpassung des Produkt- und Dienstleistungsangebotes weitere Mehrwerte für die Kunden zur Folge haben. Der Zusammenhang zwischen Mehrwert, Transaktionen und Vertrauen stellt Abbildung 35 noch einmal im
Überblick dar.
361
362
Vgl. hierzu auch Schögel/Birkhofer/Tomczak (2000), S. 41.
Vgl. Hagel/Rayport (1997b), S. 61, vgl. hierzu auch Hagel/Rayport (1997a).
6. Strategisches Öko-Online-Marketing jenseits der Öko-Nische
137
Das Vertrauen in einen Anbieter steigt
mit dem gebotenen Mehrwert.
Als Folge des gebotenen
Mehrwerts wird die Häufigkeit
der Transaktion zunehmen.
Je besser ein Anbieter über einen
Kunden und ähnliche Kundensegmente
Bescheid weiss, um so zielgenauer kann
er Mehrwerte generieren.
Voraussetzung für
Transaktionen ist das
Vertrauen des Kunden.
Um Gewohnheiten und Bedürfnisse
der Kunden zu ermitteln, benötigen
Anbieter möglichst viele Transaktionen
mit ihren Kunden.
Abbildung 35: Wirkungskette aus Mehrwert, Transaktion und Vertrauen
Quelle: Schögel/Birkhofer/Tomczak (2000), S. 41
Die hohe Bedeutung der Informations- und Kommunikationstechnologien für die
Schaffung von Vertrauen bzw. zur Erhöhung der Kundenbindung wurde in der Literatur bereits häufiger diskutiert.363 Netzwerke, wie das Internet mit seinen Fähigkeiten
der Multimedialität und Interaktivität beschleunigen, intensivieren und internationalisieren den uneingeschränkten Austausch von Informationen und können damit die
Grundlage für eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Anbieter und Nachfrager
schaffen. Für den Verkauf ökologischer Produkte und Dienstleistungen ist eine solche
vertrauensvolle Atmosphäre von Vorteil, weil sich dadurch das Risiko des Kunden, getäuscht zu werden, verringert.
363
Vgl. bspw. Hermanns/Flory (1995), S. 389ff., in bezug auf das Internet auch Eusterbrock/Kolbe (1995), S.
144.
138
6. Strategisches Öko-Online-Marketing jenseits der Öko-Nische
Wie sehen nun mögliche strategische Handlungsoptionen aus, um die Kundenbindung
positiv zu beeinflussen? Grundsätzlich lassen sich drei Ansätze unterscheiden,364 die
auch unter dem Aspekt der Anhebung der relativen ökologischen Qualität bedeutsam
sind:365
• Kundenbindung und Vertrauensaufbau durch Kundeninformation und
-aufklärung:366 Mit Hilfe des World-Wide-Web ist es problemlos möglich, die
Kunden über die angebotenen Lebensmittel aufzuklären (z.B. über Inhaltsstoffe,
Vitamingehalt etc.) sowie Hintergrundinformationen (z.B. zu Gentechnik oder
Handlungsempfehlungen nach Lebensmittelskandalen wie BSE) zur Verfügung zu
stellen. Auch Mehrwerte, wie die einfache und schnelle Kommunikation per
E-Mail oder Live-Kameras etc. schaffen die Basis für eine vertrauensvolle, persönliche Atmosphäre, die im Idealfall mit dem Tante-Emma-Laden um die Ecke vergleichbar ist.367 Noch wichtiger als die Information über Vorteile und Eigenschaften der Produkte bzw. Produktionsprozesse ist die möglichst umfassende Information und Aufklärung über mögliche Gefahren und Risiken. Hierbei wird bewusst auf eine objektive und kritische Darstellung der gegenwärtigen Probleme
beim Lebensmittelkonsum geachtet. Diese Strategie verfolgt beispielsweise die
Vanguard-Gruppe mit grossem Erfolg:368 Das am schnellsten wachsende Versicherungsunternehmen der vergangenen zehn Jahre warnt seine Anleger-Kunden bei
der Investition in bestimmte Fonds, wenn von einem Abschluss eher abzuraten ist.
Der Anleger wird auch auf nahe Dividendenausschüttungen hingewiesen und darauf, dass es aus steuerlichen Gründen vielleicht ratsam ist, das Investment zu verschieben. Auch werden bestimmte Fonds markiert, die besonders hoch notieren, so
dass Anleger von zukünftigen Wertentwicklungen nach unten bewahrt werden. All
diese Dinge stehen in einem völligen Gegensatz zur Praxis der meisten anderen
Fondsfirmen, die Investoren fast ausnahmslos mit den Renditen ihrer „heissesten“
Fonds zu ködern versuchen. Im Lebensmittelhandel ist die Verunsicherung der
Verbraucher seit den Lebensmittelskandalen, wie BSE, Maul- und Klauenseuche
und gentechnisch veränderten Lebensmitteln, nahezu vergleichbar mit den Unsicherheiten auf dem heutigen Aktienmarkt. Der Ruf nach Vertrauen in die Lebensmittel wird seitens der Verbraucher immer lauter. Nicht umsonst wurde in den ver364
365
366
367
368
Vgl. Reichheld/Schefter (2001), S. 70ff.
So weisen die im Rahmen der „Kundenbindung durch Information und -aufklärung“ bzw. „Kundenbindung
durch virtuelle Communities“ erwähnten Handlungsoptionen grosse inhaltliche Parallelen in Bezug auf die
Strategie der ökologischen Qualifizierung bzw. zur Strategie der ökologischen Marktentwicklung auf. Vgl.
Kapitel 6.3.1 und 6.3.2.
Vgl. hierzu auch die Ausführungen zur Strategie der ökologischen Qualifizierung in Kapitel 6.3.1.
Vgl. Bauer/Huber/Henneberg (1999), S. 49 sowie Kapitel 5.3.4.
Vgl. Reichheld/Schefter (2001), S. 74f.
6. Strategisches Öko-Online-Marketing jenseits der Öko-Nische
139
gangenen Monaten in Deutschland ein neues Ministerium für Verbraucherschutz
eingerichtet. Folglich bietet sich diese Strategie der Kundeninformation und aufklärung auch für Bio-Food-Anbieter an. Durch die umfassende, möglichst objektive Aufklärung der Verbraucher über Gefahren und Alternativen können nicht
nur neue Kunden gewonnen werden (solche, die bisher z.B. auf den Konsum von
Bio-Fleisch verzichtet haben), sondern beim bestehenden Kundenstamm auch die
Loyalität für Bio-Produkte erhöht werden. Einen guten Ansatz in diese Richtung
verfolgt naturkost.de. Auf einer eigens dafür eingerichteten Homepage informiert
das Internet-Magazin ausführlich über das Thema BSE. Hierbei werden nicht nur
die Schwachstellen des heutigen Agrarsystems näher beleuchtet, sondern es wird
auch über mögliche Gesundheitsgefahren durch BSE-Fleisch informiert. Des weiteren kann man nach Adressen für den Bezug von Bio-Fleisch suchen.
Abbildung 36: Aufklärung über BSE und Einkaufsquellen für Bio-Fleisch
Quelle: http://www.naturkost.de
140
6. Strategisches Öko-Online-Marketing jenseits der Öko-Nische
• Kundenbindung und Vertrauensaufbau durch Nutzung von CommunityAttributen: Es wird immer wieder über die Bedeutung und den Erfolg virtueller
Gemeinschaften im Internet, sogenannten Communities berichtet.369 Virtuelle
Communities/Gemeinschaften sind ein relativ junges Phänomen der Netzwerkbildung auf der Grundlage der Internet-basierten Kommunikationsmöglichkeiten. Es
werden u.a. Communities of Interest (Interessengemeinschaften, z.B. www.weinonline.de), Transaktionsgemeinschaften (im kommerziellen Bereich, z.B.
www.ecomall.com) sowie Communities of Fantasy (Phantasiegemeinschaften, z.B.
in Form von über das Internet gespielten interaktiven Abenteuerspielen, z.B.
www.virtual-tree.de) unterschieden.370 Für einen Anbieter besteht der grösste Anreiz zum Aufbau einer Community in der Möglichkeit, die Bindung der Mitglieder
an Marken und das eigene Unternehmen zu erhöhen und somit Nachfrage zu generieren.371 Das in der Community aufgebaute Vertrauen lässt sich dabei auch auf die
Unternehmen übertragen, welche die Communities pflegen. Gerade auch für die
Bio-Branche und ökologische Lebensmittelanbieter im speziellen bietet sich das
Errichten einer Online-Gemeinschaft an, da ökologische Fragestellungen und Probleme in weiten Teilen der Gesellschaft wesentliche Beachtung finden und vor allem in letzter Zeit aufgrund der Verunsicherung der Verbraucher vermehrt diskutiert werden (Lebensmittelskandale wie BSE, etc.). Hierbei spielt vor allem das
Verhältnis der Community-Mitglieder untereinander eine zentrale Rolle (vgl.
Exkurs).372
EXKURS: Typologisierung der Mitglieder einer Transaktionsgemeinschaft
Es lassen sich Besucher, Kommunikatoren, Shopper und Experten unterscheiden. Besucher sind Interessierte, die sich einen Überblick über die Community verschaffen
wollen. Sie zeichnen sich durch eine geringe Informationsbereitstellung und -abfrage
aus. Ihre Mitgliedschaft oder ihr Interesse kann unter Umständen nur kurzfristig sein.
Dennoch können sie die Basis bilden, aus der sich die zukünftig aktiveren Typen der
Mitgliedschaft entwickeln.373 Shopper beschränken sich in erster Linie auf den Einkauf
von Waren. Sie möchten vor allem von den besonderen Konditionen der Transaktionsgemeinschaft profitieren. Durch den generierten Umsatz und den damit verbundenen
369
370
371
372
373
Vgl. hierzu auch ausführlicher Kapitel 6.3.2.
Vgl. Hagel/Armstrong (1997).
Vgl. Meyer, J. (2000), S. 67.
Vgl. hierzu ausführlicher Meyer, J. (2000).
Da sie im Regelfall die Möglichkeit besitzen, Meinungen anderer zu bewerten und Fragen zu stellen, bilden
sie ein wichtiges Motivationspotential für die Kommunikationstätigkeit der übrigen Community. Vgl. Meyer,
J. (2000), S. 59.
6. Strategisches Öko-Online-Marketing jenseits der Öko-Nische
141
Involvement
Vorteilen für die Betreiber der Community (Mund-zu-Mund-Propaganda, Informationen über Kaufverhalten etc.) tragen sie wesentlich zur Attraktivität der Community bei.
Im Gegensatz zu den Shoppern zeichnen Kommunikatoren sich durch eine nur geringe Transaktionstätigkeit aus. Sie besuchen die Gemeinschaft vor allem aus sozialen
Gründen, d.h. sie legen Wert auf den persönlichen Interessenaustausch mit
Gleichgesinnten. Kommunikatoren weisen ein hohes Mass an Informationsabfrage und
-bereitstellung auf, was v.a. auf ihre soziale Motivation zurückzuführen ist. Sie bilden
gleichsam den kommunikativen Kern der Community und sorgen damit für die soziale
Bindung der übrigen Mitglieder. Die Experten schliesslich sind die wertvollste Ressource einer Einkaufsgemeinschaft. Sie vereinen die intensive Interaktion der Kommunikatoren mit der Transaktionskompetenz der Shopper. Die Ursache der relativ hohen
Anzahl getätigter Käufe kann in ihrer Rolle als Innovatoren begründet sein, die stets
über die aktuellsten Produkte und Dienstleistungen verfügen wollen und sich hierüber
austauschen. Vor diesem Hintergrund erlangen sie als Meinungsführer und Testpersonen zusätzliche Bedeutung für die übrigen Gemeinschaftsmitglieder.
Kommunikator
Experte
Besucher
Shopper
Transaktionsvolumen
Abbildung 37: Typologisierung der Mitglieder einer virtuellen Community
Quelle: Meyer, J. (2000), S. 55
• Kundenbindung und Vertrauensaufbau durch Fokussierung: Viele Unternehmen sehen im Internet die Chance, eine der Hauptrestriktionen in der herkömmlichen Geschäftswelt zu umgehen: die Notwendigkeit, sich kundenseitig zu fokussieren. Sie versuchen, mit dem Internet möglichst viele Kunden anzulocken und bewerten ihren Erfolg nur nach der Zahl der Seitenklicks, einmaliger Besuche und der
zu verzeichnenden Umsätze. Die Tatsache, dass eine sorgfältige Kundenauswahl
stets eine Grundlage für Geschäftserfolge ist, wird damit völlig ignoriert. Insbesondere die Strategie der Kostenführerschaft durch Massenmarketing bringt dem Bio-
142
6. Strategisches Öko-Online-Marketing jenseits der Öko-Nische
Anbieter wenig, da die zumeist teuren Bio-Produkte in der Regel nicht mit den herkömmlichen Angeboten des Lebensmittelhandels konkurrieren können. Für das Internet bieten sich vielmehr Differenzierungsstrategien an oder ein Fokussieren auf
Schwerpunkte,374 insbesondere weil ein Mangel an Kundenfokus den Aufbau von
Loyalität erheblich erschwert. Je breiter das Spektrum der Kunden ist, desto komplizierter wird die Website, da alle Grade an fachlicher Expertise, diverse Serviceanforderungen, verschiedenste Preisvorstellungen, Produkte und Marken angeboten
werden müssen. Die Folge ist, dass die Website immer langsamer wird, Kunden irren orientierungslos darauf herum und kommen selten wieder. Kunden wünschen
sich jedoch einfach gestaltete Websites, die sich rasch aufbauen und bequem nutzen lassen.
Da das Internet zudem eine Fülle an Informationen über das Kaufverhalten des
Kunden liefert, bietet es den Unternehmen ungeahnte Möglichkeiten, ihre Kunden
genau kennenzulernen und ihre Angebote exakt nach deren Vorstellungen zu gestalten.375 Eine Möglichkeit besteht in der Integration des Kunden im Rahmen der
Leistungserbringung.376 Ziel ist es, dem Kunden so ein möglichst auf seine Bedürfnisse abgestimmtes Produkt anzubieten. Die Folge ist eine grössere Zufriedenheit
des Kunden als bei standardisierten Leistungen. Dies kann die Vorbedingung für
Wiederholungskäufe sein. Ein Beispiel für eine solche Integration des Kunden findet sich bspw. beim deutschen Anbieter für Designerwäsche Bruno Banani: Auf
seinen WWW-Seiten findet man einen Bereich, in dem Besucher beurteilen sollen,
welche Produkte ihrer Meinung nach die Angebotspalette von Bruno Banani am
besten ergänzen. Hierzu werden Produktskizzen in Form von Bildern gezeigt. Die
Antwort kann in einem Formular übermittelt werden. Weitere Konzepte im Bekleidungsbereich sind u.a. die Massanfertigung von Kleidungsstücken, Kundenumfragen etc. Ähnliche Angebote wären auch für den Lebensmittelbereich denkbar: So
könnte ein Bio-Anbieter anhand der gekauften Waren und der heruntergeladenen
Rezepte dem Kunden neue Kaufempfehlungen für Bio-Lebensmittel machen. Die
geschickte Verknüpfung von Kundenbindung und Ökologie könnten ökologieorientierte Anbieter auch zur ökologischen Optimierung von Produkten nutzen:
374
375
376
Vgl. zur Strategie der Kostenführerschaft, Differenzierungsstrategie und Strategie der Konzentration auf
Schwerpunkte Porter (1999a) sowie im ökologischen Kontext Dyllick/Belz/Schneidewind (1997).
Falls ein Kunde die Website bspw. nach Erscheinen des Preises auf dem Bildschirm verlässt, darf eine gewisse Preissensibilität vermutet werden. Und springt der Kunde von Seite zu Seite, ohne je einen Kauf zu tätigen,
ist er wahrscheinlich frustriert darüber, nicht das gefunden zu haben, was er sucht. Vgl. Reichheld/Schefter
(2001), S. 78.
Vgl. Engelhardt/Freiling (1995), S. 38ff.
6. Strategisches Öko-Online-Marketing jenseits der Öko-Nische
143
Durch den Dialog und die Kooperation bei der Entwicklung von Neuprodukten wäre so die Generierung von umwelt- und kundenfreundlichen Produkten möglich.377
6.2.3 Cross-Selling-Aktivitäten
Cross-Selling-Aktivitäten können – ähnlich wie die Gewinnung von Neukunden oder
die erhöhte Kundenbindung – durch Mengenwirkungen zu einer Erhöhung des Marktanteils beitragen: Das im vorigen Abschnitt beschriebene Individual-Marketing wird
den Anbieter in die Lage versetzen, dem Kunden umfassende, auf seine individuellen
Bedürfnisse zugeschnittene Ergänzungsvorschläge zu machen.378 Übertragen auf den
Lebensmittelbereich könnten Lebensmittelsupermärkte bspw. innerhalb des konventionellen Segments auf neue Öko- oder IP-Produkte aufmerksam machen. Hierdurch
ergibt sich ein doppelter Umsatzeffekt.379 Zudem liesse sich auch die Möglichkeit einer Quersubventionierung biologischer Lebensmittel durch konventionell produzierte
Waren unterstützen.380
Durch die Zusammenfassung mehrerer ökologieorientierter Unternehmen auf Basis einer gemeinsamen Handelsplattform (sogenannte „Shopping-Malls“) können die Effekte des Cross-Selling auch branchenübergreifend Wirkung zeigen. Hierdurch könnten Konsumenten von Bio-Lebensmitteln dazu veranlasst werden, neben BioLebensmitteln auch Öko-Erzeugnisse aus anderen Produktsegmeneten zu kaufen (z.B.
ökologische Textilien oder Strom aus regenerativen Energiequellen). Ferner könnten
sich Anbieter durch das Angebot von individuell auf den Kunden zugeschnittenen
„Öko-Packages“, d.h. durch einen Mix aus Angeboten (z.B. der Bereiche Strom-,
Energie und Textilien) auf dem Markt differenzieren. Der Erfolg solcher Öko-Portale
hängt im wesentlichen von einer professionellen Dachorganisation381 ab, welche das
Marketing (Bekanntmachung beim Konsumenten) und die Koordinationsaktivitäten
zwischen den (z.B. Internet-Schulung der Mitarbeiter) und für die angeschlossenen
Bio-Betriebe (z.B. Logistik) übernimmt.
377
378
379
380
381
Vgl. hierzu ausführlicher Kapitel 7.4.2.
Die bekannteste Form des Cross-Selling ist der Outfit- oder Coordinates-Gedanke in der Bekleidungsindustrie. Hierbei kann sich der Käufer eines Jacketts zusätzlich die passende Hose oder Schuhe auf dem Bildschirm als Kombination darstellen lassen. Anstelle passender Kleidungsaccessoires wäre es auch möglich, ergänzende Zusatzleistungen wie die Pflege oder die umweltfreundliche Reinigung der Textilien anzubieten.
Vgl. Villiger (2000b), S. 223.
Vgl. Villiger (2000b), S. 230.
Zu diesen zählen z.B. http://www.oneworld.de, http://www.unitednature.com, http://www.oekocity.de,
http://www.naturkost.de oder http://www.umwelt.de.
144
6. Strategisches Öko-Online-Marketing jenseits der Öko-Nische
6.2.4 Neue Preisstrategien
Mengenwirkungen sind eng mit den Preisen der angebotenen Produkte und Dienstleistungen verknüpft. Das hohe Preisniveau im Bio-Bereich führt bisher dazu, dass der
Kundenkreis stark eingeschränkt ist. Das Internet bietet aufgrund der schnellen und
kostengünstigen Verbreitung von Informationen vollkommen neue Ansatzpunkte für
innovative Formen von Preisstrategien. Diese könnte dem bisherigen „HochpreisImage“ im Bio-Bereich entgegenwirken.382 Insbesondere die Strategie des „Followthe-free“ findet immer öfter Anwendung. Bei Follow-the-free werden Produkte zunächst kostenlos verkauft, um eine möglichst hohe Marktpenetration zu erlangen, die
wiederum durch zusätzliche Attraktivität und über positive Feedbacks eine weitere Beschleunigung der Marktdurchdringung herbeiführt.383 Populärstes Beispiel ist die Firma Netscape mit ihrem Internet-Browser Navigator. Sie verschenkte ihren Browser,
um möglichst schnell bei zahlreichen Nutzern präsent zu sein. Die Refinanzierung der
vorab getätigten Investitionen erfolgte im nachhinein durch den Verkauf von kostenpflichtigen Komplementärleistungen, Upgrades oder leistungsfähigeren PremiumProdukten.
Dass sich diese Preisstrategie nicht nur für Software nutzen lässt, sondern sich ohne
weiteres auch für klassische Produkte anbietet, lässt sich am Beispiel D. Rockefellers
zeigen: Schon vor etwa 100 Jahren verschenkte er Petroleumlampen, um anschliessend
am Verkauf des Petroleums zu verdienen. Innovative Unternehmen, wie das amerikanische Unternehmen FreePC (http://www.freepc.com), verschenken einen kompletten
PC und finanzieren sich durch Werbung und Zusatz-Service-Angebote. Ähnlich wird
auch in Deutschland bei den Mobilfunkanbietern vorgegangen: Durch die subventionierte Abgabe von Handys bei Abschluss eines Nutzungsvertrages wird in den Aufbau
einer installierten Basis investiert. Umsätze werden in diesem Fall durch den Verkauf
der Komplementärleistung „Telefondienst“ generiert. Das Investment finanziert sich
somit über Gesprächsgebühren.384
Übertragen auf die Bio-Branche würden denkbare Ansätze z.B. wie folgt aussehen:
Anbieter ökologisch erzeugter Lebensmittel könnten bspw. passende (Zusatz-)Produkte oder Accessoires zusammen mit der bestellten Ware verkaufen („Bundling“).
382
383
384
Eine Studie des Bundesverbandes Naturkost Naturwaren (BNN) ermittelte, dass 52 % der Befragten das
Preisniveau für Bio-Produkte für „etwas zu teuer“, 17 % für „teuer“ und 1,4 % für „völlig überteuert“. Vgl.
BNN (1999a), S. 62.
„Follow-the-free“ stellt eine Extremform der Penetrationsstrategie dar. Vgl. Zerdick/Picot/Schrape (1999),
S. 190 ff.
Vgl. Zerdick/Picot/Schrape (1999), S. 192.
6. Strategisches Öko-Online-Marketing jenseits der Öko-Nische
145
Grosshändler, wie Migros oder Coop, könnten dem ‘konventionellen Warenkorb’ auf
die Konsumentenbedürfnisse abgestimmte kostenlose Bio-Proben beilegen, die mit
Hilfe der konventionellen Angebote quersubventioniert würden. Nach erfolgreicher
Etablierung der Bio-Produkte sowie eingetretener Kaufhabitualisierung der Konsumenten erfolgt eine schrittweise Anhebung der Preise. In Grossbritannien existieren
solche Ansätze bereits (vgl. Exkurs).
Statt der Ware selbst könnten auch kostenlose Zusatzleistungen den Einkauf der BioProdukte interessant erscheinen lassen. Denkbar wären z.B. Bonusprogramme oder anfänglich kostenlose Heimlieferservices, die für bestimmte Konsumentengruppen (z.B.
Mütter mit Kindern) eine attraktive Alternative zum Einkauf im Supermarkt darstellen
könnten (Senkung der Transaktionskosten für Zeit und Weg zum Supermarkt). Eine
andere Möglichkeit wären Rezepte, die entsprechend der bestellten Ware beigelegt
werden. Dadurch lernen die Konsumenten unter Umständen nicht nur neue Produkte
kennen, sondern gleichzeitig haben sie einen Mehrwert durch neue Kochvariationen.385
Generell stellt die Vorgehensweise des „Follow-the-free“ aufgrund des anfänglichen
Verzichts auf Umsätze eine erhebliche Investition in die Zukunft dar, die zwangsläufig
mit einem hohen unternehmerischen Risiko verbunden ist. Auch bietet sich diese Strategie meist eher für digitale Produkte (Software, Telekommunikationsdienstleistungen)
an, da diese einfach über das Internet bezogen und abgerechnet werden können. Lebensmittel sind aufgrund der höheren Transaktionskosten (z.B. für Transport zum
Kunden) hierfür weniger geeignet. Dennoch bietet diese Preisstrategie zwei entscheidende Vorteile für Anbieter in Umweltmärkten: Erstens hat die kostenlose Abgabe von
Öko-Produkten einen hohen Publicity-Effect. Damit könnte der Anbieter in idealer
Weise auf sich und sein Produktsortiment aufmerksam machen. Zweitens besteht die
Möglichkeit, sich einen neuen Kundenstamm aufzubauen, indem Erstkäufer durch
die erst später in Anspruch zu nehmenden Zusatzleistungen u.U. die Attraktivität des
übrigen Warensortiments kennenlernen und sich möglicherweise auch langfristig an
das Unternehmen binden lassen.
385
Das Angebot an Rezeptsammlungen stellt für Bio-Kunden einen wichtigen Mehrwert dar. Vgl. hierzu Kapitel
5.3.4.
146
6. Strategisches Öko-Online-Marketing jenseits der Öko-Nische
EXKURS: Innovative Preispolitik im Internet - Ein Beispiel aus England
Das 1999 ausgezeichnete Angebot einer landwirtschaftlichen Kooperation in Herefordshire unter http://www.organicsdirect.co.uk (vgl. Abbildung 38) bietet dem Kunden
durch diverse Mehrwert- und Sonderangebote Kaufimpulse. So können sich Kunden
an einem Bonus-Programm beteiligen (5 % Preisersparnis bei wöchentlichen Bestellungen), erhalten mit der ersten Lieferung kostenlos ein Paket Kartoffeln, werden für
Freundschaftswerbung materiell belohnt und können aus regelmässigen Sonderangeboten auswählen.
Abbildung 38: Argumente für den Kauf bei organicsdirekt
Quelle: http://www.organicsdirect.co.uk
6. Strategisches Öko-Online-Marketing jenseits der Öko-Nische
147
6.2.5 Virtuelle Kooperationen und Netzwerke
Ein weiterer Weg, Mengeneffekte durch verminderte Preise zu generieren, besteht darin, dass die Herstellungskosten gesenkt werden. Hierbei spielen Synergien virtueller
Kooperationen und Netzwerke eine entscheidende Rolle.386 Während Partnerschaften in der traditionellen Distribution vor allem zwischen den Wertschöpfungsstufen
Hersteller – Handel diskutiert wurden, bieten sich vor dem Hintergrund der CoOpetition im E-Commerce vielfältige Kooperationsmöglichkeiten an.387 Das Internet
bietet hierbei mit seiner vernetzten Struktur und den Vorteilen einer kostengünstigen,
betriebssystemunabhängigen Teilnahme an solchen Kooperationen von und an der
Kommunikation zwischen Unternehmen und deren Anspruchsgruppen (Kunden, Lieferanten, etc.) ideale Ausgangsvoraussetzungen. Die Potentiale von Partnerschaften sollen im folgenden anhand zweier Kooperationsformen aufgezeigt werden: Kooperationen mit anderen Anbietern und Kooperationen mit Kunden.
Filialisierung: Partnerschaften mit anderen Anbietern
Heute schon anzutreffende Anwendungsformen sind Handelsplattformen bei BioLebensmitteln (z.B. die Malls von Eco-Mall388 und Oneworld oder die virtuelle
Grossmarkthalle in Berlin) oder Kooperations-Börsen (vgl. das Modellprojekt „Texweb.de“ von future e.V. in der Textilbranche). Während die Handelsplattform durch
den horizontalen Zusammenschluss vieler unterschiedlicher Anbieter Skaleneffekte realisieren kann, interagieren bei den Kooperationsbörsen auch vor- und nachgelagerte
Stufen der Wertschöpfungskette miteinander: Rohstofflieferanten, Bio-Verarbeiter sowie -Händler. In beiden Realisierungsformen besteht das Ziel darin, sowohl die Suchkosten zu verringern als auch durch höhere Einkaufs- und Verarbeitungsmengen die
Produktionskosten zu senken und somit am Markt günstiger anbieten zu können.389
Insbesondere kleine und mittelständische ökologieorientierte Unternehmen („Davids“),
die nur über sehr begrenzte finanzielle Ressourcen verfügen, können hiervon profitieren: Professionelle Web-Auftritte mit umfangreichen Funktionalitäten, wie Bestellmöglichkeit, ausführlichen Produktdarstellungen usw., sind sehr aufwendig und damit
teuer. Auch sind die Unternehmen selten in der Lage, den notwendigen Inhalt („Content“) für die Website selbst zu erbringen. Durch Kooperationen und Netzwerke können sowohl die Kosten als auch die Aufgaben unter mehreren Unternehmen aufgeteilt
386
387
388
389
Insbesondere durch steigende Anforderungen eines globalen Wettbewerbs, eine sich ändernde Marktstruktur
und das Potential weltweiter Informations- und Kommunikationstechnik gewinnen diese virtuellen Kooperationsformen an Bedeutung. Vgl. Klein (1994), S. 309.
Vgl. Schögel/Birkhofer/Tomczak (2000), S. 43 f.
Vgl. http://www.ecomall.com.
Vgl. Schneidewind (1998), S. 226.
148
6. Strategisches Öko-Online-Marketing jenseits der Öko-Nische
werden. Das verringert die Eintrittsbarriere in das World-Wide-Web für kleine und
mittlere Bio-Anbieter und erhöht den Professionalisierungsgrad der Web-Präsenz390
sowie den Mehrwert für den Kunden.
Neben diesen Kosteneffekten bieten virtuelle Kooperationen und Netzwerke aber auch
die Möglichkeit, das Angebot inhaltlich oder räumlich zu komplettieren.
• Inhaltliche Komplettierung: Um den Markt zu entwickeln, ist eine bestimmte
Breite und Tiefe des Produkt- und Dienstleistungsportfolios wichtig, um für den
Endkunden als Einkaufsstätte attraktiv zu sein.391 So bieten Handelsplattformen neben den oben erwähnten Skaleneffekten auch die Möglichkeit, ein möglichst heterogenes Angebot an Bio-Produkten zu gewährleisten und damit als interessante Anlaufstelle für die Konsumenten zu fungieren. So beinhaltet die Internetplattform des
Austrian Country Market392 eine Vielzahl unterschiedlicher Bio-Anbieter (Gemüse,
Fleisch, Urlaub auf dem Bauernhof, Behörden und Institutionen usw.). Für den
Kunden erscheinen die Leistungen der virtuellen Handelsplattform wie „aus einer
Hand“, obwohl sie faktisch das Ergebnis einer auf viele unabhängige Träger verteilten Leistungserstellung sind.393
• Räumliche Komplettierung: Ein anderer Ansatz besteht in der räumlichen Komplettierung des Angebotes. Hierbei wird versucht, unter einer einheitlichen Dachmarke verschiedene regionale Kundengruppen anzusprechen. Beispielsweise verknüpft das Unternehmen „Gutzuleben“ die Produktpalette von verschiedenen regionalen Anbietern zu einem geschlossenen Internetangebot, das bundesweit einheitlich verfügbar ist. Die Einzelanbieter sind dabei nicht mehr als solche wahrnehmbar.
Die Verbindung von einzelnen Unternehmen zu einem Angebot zeigt auch der Verband bäuerlicher Gemüselieferbetriebe, der unter http://www.oekokiste.de ein einheitliches Internetangebot etabliert hat. Die Unternehmen haben eine vergleichbare
Produktpalette. Sie unterscheiden sich im Liefergebiet. Eine solche Dachmarke hat
durch die Kooperation nicht nur mehr finanzielle Mittel (z.B. für Marketingaktivitäten) zur Verfügung und kann somit potentielle Kunden besser ansprechen, sondern
390
391
392
393
Heute setzt die Mehrzahl der Öko-Internet-Anbieter ihre Internetpräsenz noch schrittweise um: Der Aufbau
der Site beginnt mit einem Grundgerüst; unter Rubriken wie z.B. „Wir über uns“, „Produkte“ oder „Herstellung“ werden die entsprechenden Aspekte in Text und Bild erläutert. Danach wird die Website um einzelne,
weitergehende Funktionalitäten wie Warenkorb, Datenbankabfragen usw. weiterentwickelt. Zwar minimiert
diese Vorgehensweise den Ressourceneinsatz für den Bio-Anbieter, allerdings steht sie einer klaren strategischen Positionierung entgegen. Zudem könnten Wettbewerber bereits den Markt besetzen.
Auf der anderen Seite können durch die räumliche Komplettierung des Marktes die durch das Internet möglichen Grössen- und Effizienzvorteile genutzt werden.
Vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel 0.
Vgl. Mertens/Faisst (1996).
6. Strategisches Öko-Online-Marketing jenseits der Öko-Nische
149
National
Regional
Zielgruppe
prägt sich aufgrund eines einheitlichen Auftritts am Markt auch besser in den Köpfen der Konsumenten ein.
Räumliche
Komplettierung
Inhaltliche
Komplettierung
Einzelanbieter
klein
groß
Produktpalette
Abbildung 39: Strategische Handlungsoptionen im Rahmen
von Kooperationen und Netzwerken
Quelle: Kolibius/Nachtmann (2000c)
Sowohl die inhaltliche als auch die räumliche Komplettierung senken die Transaktionskosten des Konsumenten und vereinfachen den Einkaufsprozess, da die InternetNutzer sich die Suche nach einzelnen Produkten bei unterschiedlichen InternetAnbietern ersparen können. Da der Kunde ferner de facto nur Vertragspartner eines
Unternehmens ist, entfällt für ihn das mühevolle Studium verschiedener Liefer- und
Geschäftsbedingungen. Dies schafft Vorteile in Bezug auf das Vertrauen des Konsumenten.
Affiliate Networks: Partnerschaften mit Kunden
Eine weitere attraktive Option stellt die Kooperation mit dem Kunden dar. Hierbei
wird mit den Abnehmern über die eigentliche Transaktion hinaus zusammengearbeitet.
Eine Möglichkeit besteht in der Integration des Kunden in den Prozess der Leistungserbringung, wie es auch schon in Kapitel 6.2.2 (Kundenbindung) näher erläutert wurde. Der Kunde gibt sein Urteil zu den Produkten und Dienstleistungen des Herstellers
ab und der Hersteller kann mit diesen Anregungen sein Angebot so verbessern, dass sie
150
6. Strategisches Öko-Online-Marketing jenseits der Öko-Nische
in Zukunft noch mehr den Wünschen der Endkunden entsprechen. Dies könnten ökologieorientierte Unternehmen auch zur Optimierung von Produkten nutzen: Durch den
Dialog und die Kooperation bei der Entwicklung von Neuprodukten wäre so die Generierung von umwelt- und kundenfreundlichen Produkten möglich. Alternativ könnte
das Unternehmen seine Umsätze jedoch auch durch Freundschaftswerbeprogramme
(vgl. das Beispiel von http://www.organicsdirect.co.uk in Kapitel 6.2.4) erhöhen. Der
Kunde erhält dabei eine materielle Entlohnung für den nächsten Einkauf. Ein ganz anderes Beispiel für Partnerschaften mit den Kunden stellt das Partnerprogramm von
Amazon dar. Amazon-Kunden wird hierbei die Möglichkeit gegeben, auf ihrer eigenen
Homepage ein Werbebanner zu Amazon.de zu schalten. Der Kunde profitiert von dieser Massnahme, indem er 10 Prozent Rabatt auf seine Buchkäufe erhält, während
Amazon so seine Präsenz bzw. Reichweite im Netz erhöht.394 Durch ähnliche Aktionen
könnten auch mittlere bis grössere Bio-Anbieter ihre Werbe-Reichweite erhöhen.
6.3 Anhebung der relativen ökologischen Produktqualität
Die Anhebung der relativen ökologischen Qualität der Produkte stellt einen weiteren
Weg auf der Landkarte des ökologischen Massenmarktes dar.395 Wie ist eine solche
Anhebung der ökologischen Produktqualität grundsätzlich möglich?
Ein Weg besteht im Festsetzen oder der Verschärfung (z.B. Senkung von Grenzwerten) bestehender Standards. Grundsätzlich scheidet diese Variante jedoch aus Unternehmenssicht aus, da eine Anhebung der Qualität durch die Änderung von Grenzwerten und das Setzen ökologischer Mindeststandards ein umweltpolitisches Instrument ist
und daher allein dem Staat vorbehalten. Aus unternehmensstrategischer Sicht kommt
daher nur ein zweiter Weg in Frage, der auf marktlichen Einflussfaktoren beruht.
Dieser Ansatz setzt nicht an umweltpolitischen Steuerungsmechanismen an, sondern
am Markt selbst und wirkt indirekt auf bestehende Standards und die ökologische Qualität am Markt. Der Ansatz basiert auf der Überlegung, dass die Qualität im Gesamtmarkt auch dadurch steigen kann, wenn das ökologische Bewusstseins im Markt gesteigert wird (vgl. Exkurs). Mögliche Handlungsoptionen in Bezug auf das Internet
sind die „Strategie der ökologischen Qualifizierung“ des Verbrauchers durch Informationen sowie die „Strategie der ökologischen Marktentwicklung“. Während Strategie
der ökologischen Qualifizierung am Kaufentscheidungsprozess des Nachfragers an394
Zur Zeit nehmen bereits mehr als 11.000 Kunden an diesem Programm teil. Vgl. Schögel/Birkhofer/Tomczak
(2000), S. 44f.
395
Vgl. hierzu die Überlegungen in Kapitel 2.
6. Strategisches Öko-Online-Marketing jenseits der Öko-Nische
151
setzt und hier insbesondere wichtige Einflussgrossen des umweltbewussten Kaufverhaltens positiv beeinflusst, setzt die am Markt und dessen Anspruchsgruppen als Ganzes an und versucht diesen ökologisch weiterzuentwickeln.
EXKURS: Ökologisches Bewusstsein und umweltbewusstes Kaufverhalten
Wie hängen ökologisches Bewusstsein und ökologische Qualität am Markt zusammen?
Hierbei wird auf Erkenntnisse der Verhaltenspsychologie und der empirischen Sozialforschung zurückgegriffen, die sich mit dem Zusammenhang von Umweltbewusstsein
und umweltbewusstem Kaufverhalten beschäftigen. Ergebnis ist ein relativ komplexes
Abbild der Kaufentscheidung (vgl. Abbildung 40), wonach das umweltbewusste Kaufverhalten von einer Reihe verschiedener Faktoren abhängig ist:396
• dem Umweltbewusstsein,
• internen psychischen Faktoren (Kaufmotive, Kaufinvolvement, Kaufbarrieren)
sowie
• externen Faktoren während der Kaufsituation (Produktverfügbarkeit, Bereitstellung von Informationen durch das Verkaufspersonal bzw. durch die Produkte
selbst).
Interne und externe Faktoren
während der Einkaufssituation
Umweltbewusstsein
Interne, kaufaktivierende
psychische Prozesse:
• Kaufmotive (angestrebte Bedürfnisbefriedigung,
z.B. Wunsch, die Umwelt zu schonen)
• Kaufinvolvement ( Wissen beim Produktkauf)
• Kaufrisiken (innere Konflikte beim Produktkauf,
z.B. hoher Preis)
Umweltbewusstes
Kaufverhalten
Externe Faktoren am Verkaufsort:
• Produktauswahl/Produktverfügbarkeit
• Bereitstellung von Informationen
(Produkt als Informationsträger,
Verkaufspersonal als Informationsquelle)
Abbildung 40: Einflussfaktoren des umweltbewussten Kaufverhaltens
Quelle: Monhemius (1993), S. 93
396
Vgl. hierzu u.a. Monhemius (1993), S. 93 ff., Meffert/Kirchgeorg (1993), S. 96.
152
6. Strategisches Öko-Online-Marketing jenseits der Öko-Nische
Der Kunde wird mit einem mehr oder weniger umfassenden Wissen über die Umweltproblematik und die potentiellen umweltgefährdenden Folgen des eigenen Verhaltens
ein Geschäft betreten. Je höher das Umweltbewusstsein und je breiter das Umweltbewusstsein in der Bevölkerung verteilt ist, desto eher wird der Konsument umweltbewusst einkaufen und desto höher ist in der Regel auch die ökologische Qualität am
Markt. Allerdings wird das Umweltbewusstein allein den Käufer jedoch nicht immer
zum Kauf umweltfreundlicher Produkte bzw. zum Kauf überhaupt veranlassen, da das
Umweltbewusstsein nur indirekt auf das Kaufverhalten wirkt. Von zentraler Bedeutung sind hierbei die psychischen Prozesse (Motive, Involvement, Kaufrisiken) am
Verkaufsort.397 Hierbei ist allerdings zu beachten, dass insbesondere die Kaufmotive
vom Umweltbewusstsein beeinflusst werden: Der Konsument wird bei hohem Umweltbewusstsein selbst bei einem teuren Produkt die umweltverträglichere der preiswerten, umweltschädlicheren Variante vorziehen, da sein Umweltverträglichkeitsmotiv
durch sein hohes Umweltbewusstsein besonders stark ausgeprägt ist. Natürlich ist es
ebenso möglich, dass die Zielorientierungen der Motive (Umweltverträglichkeit versus
Preisgünstigkeit) zueinander im Widerspruch stehen können, was dazu führt, dass er
Konsument trotz Umweltbewusstein zur konventionellen Produktvariante greift (Motivkonflikt). Neben dem Umweltverträglichkeits- und Preismotiv existieren noch zahlreiche weitere Kaufmotive, die eine zielgerichtete Antriebsenergie beim Kauf auslösen. Hierzu gehören u.a. Motive wie der Wunsch nach Qualität oder nach sozialer Akzeptanz. Das Marketing ist gefordert, Motivkonflikte zwischen dem Umweltverträglichkeits- und anderen Motiven zu vermeiden bzw. abzubauen (z.B. durch eine
Koppelung von Gesundheitsbewusstseins- und Umweltverträglichkeitsmotiv).
Auch das Kaufinvolvement spielt eine Rolle bei der Kaufentscheidung: Je nach Grad
des Involvements werden in unterschiedlichem Ausmass kognitive Aktivitäten bzgl.
der Informationsaufnahme, -verarbeitung und -speicherung beansprucht.398 Stark involvierte Personen zeigen sich informationsbewusster und aktiver bei der Informationssuche und -verarbeitung. Das Marketing muss diesen unterschiedlich stark involvierten
Käufergruppen durch eine jeweils spezifische Ansprache gerecht werden, damit die
ökologische Bewusstseinsbildung funktioniert. Schwach involvierte Personen sollten
eher durch emotionale Inhalte angesprochen werden, da sie einer „Aufklärungskampagne“ durch Informationen eher gleichgültig oder sogar abwehrend gegenüberstehen
dürften. Das Gegenteil trifft für stark involvierte Personen zu.
397
398
Vgl. Monhemius (1993), S. 95ff.
Vgl. hierzu ausführlicher Kapferer/Laurent (1985), S. 290; Rothschild (1979), S. 194.
6. Strategisches Öko-Online-Marketing jenseits der Öko-Nische
153
Während Kaufmotive und das Involvement dafür sorgen, dass ein Konsument sich für
ein bestimmtes Produkt entscheidet, tragen Kaufrisiken bei der Produktauswahl zur
Versicherung bei und können zu Kaufbarrieren führen.399 Das Kaufrisiko wird vom
Konsumenten – bis auf unwesentliche Ausnahmen – negativ bewertet und ein Abbau
angestrebt. Das Streben nach Risikoreduktion übt zudem auch einen ganz wesentlichen
Einfluss auf das Informationsverhalten aus. Personen mit höher wahrgenommenen
Kaufrisiko zeigen eine deutlich grössere Bereitschaft, mehr Informationen zu beschaffen und die Entscheidung sorgfältiger vorzubereiten als Personen mit niedrig wahrgenommenen Risiko. Für das Marketing bedeutet dies, durch eine glaubwürdige offensive Kommunikationspolitik die wahrgenommenen Risiken (insbesondere was hohe
Preise und Qualität angeht) zu reduzieren. „Es ist aufzuzeigen, wofür in welcher Höhe
Mehrkosten entstehen, um diesen Blockierungsfaktor ‚Man versucht hier, mit unserem
Umweltbewusstsein Kasse zu machen!’ zu reduzieren.“400 Dadurch kann Vorbehalten
gegenüber umweltschönenden Produkten entgegengewirkt und der Weg zu mehr Ökologie am Markt frei gemacht werden.
Zu den intrapersonalen Faktoren (Kaufmotiven und Kaufinvolvement) treten in der
Realität eine Vielzahl verschiedener Faktoren aus der Umwelt des Verbrauchers (externe, situative Faktoren). Hierzu gehören beispielsweise die Produktverfügbarkeit, das
Verkaufsambiente, die Produktmerkmale.401 Vergleichbar mit den Funktionen von Produktmarken fungiert beispielsweise das Umweltzeichen402 als ein Wahrnehmungsanker,
der dem Konsumenten die Umweltverträglichkeit des Produktes signalisiert.403 Auch
Hinweise auf der Produktverpackung zu ökologischen Wirkungen des Produkts reduzieren tendenziell die Wahrnehmung eines gesundheitlichen Risikos. Für das Marketing böten sich z.B. knapp formulierte Argumente am Produkt an, die die gesundheitliche Verträglichkeit („ph-neutral“, hautfreundlich“) oder die ökologische Unbedenklichkeit („biologisch abbaubar“, „umweltschonend“) betonen. Zudem könnte durch eine breite Sortimentsabdeckung mit umweltfreundlichen Varianten eine besseres Pro-
399
400
401
402
403
Vgl. zu den Kaufrisiken bzw. Kaufbarrieren Kapitel 3.2.3.
Bänsch (1990), S. 368.
Dabei kann den ökologiebezogenen Produktmerkmalen ein genereller Einfluß auf das umweltbewußte Kaufverhalten zugeschrieben werden, während die Einflüsse von Produktverfügbarkeit und -beratung angesichts
der individuell unterschiedlichen Produktwünsche und -bedürfnisse nur im Zusammenhang mit den Käufertypen zu erklären sind. Vgl. Monhemius (1993), S. 142 und S. 240.
Das Umweltzeichen ist ein Instrument der Umweltpolitik, das zum produktbezogenen Umweltschutz beitragen und dem Konsumenten die Gewähr geben soll, durch den Kauf von Produkten mit dem Umweltzeichen
den bestmöglichen individuellen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten. Vgl. hierzu ausführlicher Umweltbundesamt (1988).
Das Umweltzeichen kann als eine Art Gütesiegel oder Markenzeichen verstanden werden, durch das sich der
Verbraucher des ökologischen Einkaufs sicher sein kann und somit keine weiteren Produktinformationen zu
Inhaltsstoffen und Verpackung eingeholt werden müssen. Vgl. ausführlicher zum Umweltzeichen: Wicke
(1991)
154
6. Strategisches Öko-Online-Marketing jenseits der Öko-Nische
duktverfügbarkeit erreicht werden404, was der ökologischen Produktvermarktung ebenso entgegenkommt, wie eine verbesserte Produktberatung am Point of Sale, die
Vorbehalten und Unsicherheiten, insbesondere auch Glaubwürdigkeitsproblemen, an
Ort und Stelle wirkungsvoll begegnet.
6.3.1 Beratung/Information und Strategie der ökologischen Qualifizierung
Sofern der Konsument besser über ökologische Qualitätseigenschaften oder das Zustandekommen höherer Preise für Bio-Produkte informiert ist, verringert sich die Unsicherheit beim Kauf (Risikoreduktion, vgl. Exkurs) – das Vertrauen des Nachfragers
steigt, die Kaufbarrieren für Bio-Produkte verringern sich und das Konsumverhalten
verschiebt sich in Richtung „mehr Ökologie“ (d.h. dem vermehrten Kauf umweltschonender Öko-Produkte).
Insbesondere der Kommunikationspolitik des Anbieters kommt im Rahmen der „ökologieorientierten Bewusstseinsschaffung“ eine besondere Rolle zu. Wie Untersuchungen zeigen, steigt die Kaufintensität biologischer Lebensmittel mit dem Wissen über
gesundheitliche und ökologische Folgen der Lebensmittelproduktion.405 Das Wissen
um diese Zusammenhänge bildet somit die (lerntheoretische) Grundlage für eine positive Entscheidung zugunsten biologischer Lebensmittel vor dem Lebensmittelregal.406
Zudem verringert es die Angst um evtl. zu befürchtende Kaufrisiken und erhöht das
Kaufinvolvement. Zu berücksichtigen ist, dass sich die Käufer der Öko-Nische auch in
ihrem Informationsverhalten von den trägeren Konsumentenschichten jenseits dieser
Nische unterscheiden. Während in der Öko-Nische aus ideologischen und finanziellen
Gründen für biologische Programme kaum Werbung betrieben wird, ist dies im Zusammenhang mit einer breiteren Kundenerschliessung unerlässlich. Damit sich die
Meinungsführer im Ausbreitungsprozess eine Meinung über ein neues Produkt bilden
können, kommt in einer frühen Phase des Lebenszyklussees dem Informationsnutzen
404
405
406
Vgl. Monhemius (1993), S. 141ff.; Bänsch (1990), S. 369.
Vgl. Villiger (2000a), S. 126.
Jung konnte in einer Studie eine Beziehung zwischen der Kaufintensität biologischer Lebensmittel und dem
Wissen über ökologische Zusammenhänge nachweisen. Öko-Käufer verfügen über einen bedeutend höheren
Wissensstand über ökologische Zusammenhänge als Nichtkäufer biologischer Produkte. Dies verweist auf die
Bedeutung der Wissensvermittlung um ökologische Zusammenhänge sowie bestehende Wissensdefizite bei
den Nichtkäufern. Vgl. Jung (1998), S. 121 f. sowie zu den Wissensdefiziten im Hinblick auf Öko-Labels und
Produkte aus ökologischem Anbau Spiller (1996).
6. Strategisches Öko-Online-Marketing jenseits der Öko-Nische
155
eine wichtige Funktion zu.407 Das Internet kann hierbei mit seiner Beratungs- und Informationsfunktion wertvolle Unterstützungspotentiale bieten. Im einfachsten Fall
können die ökologischen Produktangebote eines Herstellers mit den entsprechenden
Institutionen, Umweltschutzorganisationen oder staatlichen Richtlinien und Verordnungen verknüpft („verlinkt“) werden.408 Auf diese Art können sich Konsumenten vor
dem Kauf ausführlich über die Produkteigenschaften, aber auch über die hinter den
Labels stehenden Organisationen und gesetzlichen Mindeststandards- oder Richtlinien
informieren.
Geht man noch einen Schritt weiter und nutzt die Möglichkeiten des Internets, um sich
von anderen Anbietern zu differenzieren, bietet sich die Strategie der ökologischen
Qualifizierung an. Die Strategie der ökologischen Qualifizierung betrachtet den Nachfrager als Kunden, der in die Lage versetzt werden soll, Entscheidungen eigenverantwortlich zu treffen (Consumer Empowering).409 Der Anbieter übernimmt hierbei die
aktive Rolle, indem er den Nachfrager mit den entscheidungsrelevanten Informationen
versorgt410 und seinen Informationsvorsprung gegenüber dem Nachfrager abbaut. Es
kommt zu einer Reduzierung der am Markt herrschenden Informationsasymmetrie.
Gleichzeitig vermindert sich auf diese Weise auch die Unsicherheit beim Kauf umweltgerechter Güter und Leistungen. Ziel ist es, durch Offenheit Kompetenz zu signalisieren, Vertrauen in das Unternehmen, seine Informationspolitik und seine Leistungen aufzubauen. Die Strategie der Qualifizierung ist demnach eine Massnahme zur
Vertrauensbildung und dem Aufbau von Reputation zu sehen.411 Insbesondere im
Hinblick auf langfristige oder wiederholte Käufe stellt Reputation einen zentralen Erfolgsfaktor dar.
EXKURS: Die Strategie der ökologischen Qualifizierung am Beispiel von
Coop NATURAplan
Einen guten Ansatz in Richtung einer Strategie der ökologischen Qualifizierung stellt
der Internetauftritt des Schweizer Grosshandelsunternehmens Coop dar: Der Lebensmittelhändler übernimmt eine aktive Rolle bei der Informationspolitik und bietet dem
407
408
409
410
411
Im Verlaufe der voranschreitenden Diffusion ist in der Werbung dem Animationsnutzen verstärkt Achtung zu
schenken (Unterhaltungswert, Aufmerksamkeit gewinnen). Vgl. Villiger (2000a), S. 126 sowie zum Animationsnutzen ausführlicher Hüser/Mühlenkamp (1992), S. 149ff.
Vgl. hierzu auch die Ausführungen in Kapitel 5.3.1.
Zerdick/Picot/Schrape (1999), S. 198.
Der Signaling-Ansatz unterstellt, dass die Initiative von der besser informierten Seite ausgeht. Vgl. Kaas
(1991), S. 359 sowie Hopf (1983), S. 31f. Signaling stellt neben Reputation und Eingehen von Selbstbindungen einen Weg dar, um sich von sogenannte Trittbrettfahrern im Markt zu differenzieren. Vgl. Kaas (1992),
S. 480f.
Vgl. Kaas (1992), S. 481.
156
6. Strategisches Öko-Online-Marketing jenseits der Öko-Nische
interessierten Bio-Kunden auf seinen Internet-Seiten in Form einer „Entdeckungsreise
ins Coop Naturaplan-Land“ verschiedenste und zum Teil sehr detaillierte
Informationsinhalte an. Das Informationsangebot beinhaltet z.B. (vgl. Abbildung 41):
Abbildung 41: Naturaplan-Entdeckungsreise bei Coop Schweiz
Quelle: http://www.coop.ch
• Unter der Rubrik „Produkteinfos“ können ausführliche Informationen zur Produktherstellung, wie artgerechte Haltung von Nutztieren, schonender Umgang mit Rohstoffen, umweltgerechtes Landwirtschaften abgerufen werden.
• Ein zusätzlicher Link zu „Coop naturaplan & Co“ informiert über das Konzept
von Coop naturaplan, Grundsätze der biologischen Landwirtschaft und das Sortiment. Im Sortimentsbereich können sogar gezielt Produktgruppen und einzelne
Produkte angewählt werden. Der Kunde erhält damit einen guten Einblick über die
Tiefe und Breite des Bio-Sortiments. Hyperlinks zu unabhängigen Prüforganisationen und -instituten (Bio Suisse und Knospenlabel) sowie die Möglichkeit zum
Dialog mit dem Unternehmen erhöhen das Vertrauen in die Unternehmung.
6. Strategisches Öko-Online-Marketing jenseits der Öko-Nische
157
Das Informationsangebot wird ergänzt durch verschiedene Unterhaltungselemente:
• Videoclips zeigen, wie auf den Bio-Bauernhöfen naturnah gewirtschaftet wird: Bei
der Tierhaltung, beim Anbau von Obst, Gemüse, Getreide und beim täglichen Leben
auf dem Hof.
• Per Internet-Live-Kameras (z.B. bei Familie Bärtschi im Emmental mit 360°
Filmkamera) und bei Familie Günthardt im Furttal) kann sich der Kunde einen Einblick in die Stallhaltung (Schweine, Rinder, Hühner etc.) verschaffen und so die Informationen zur artgerechten Tierhaltung auch von zu Hause per Mausklick überprüfen.
• Darüber hinaus kann man sich das Kurzportrait einzelner Bio-Bauern von Coop
naturaplan anzeigen lassen. Neben Photos vom Hof und den Familienmitgliedern
beinhalten die Seiten auch Informationen über die Geschichte des Hofes, das angebaute Bio-Produktsortiment sowie gemeinsam geteilte Überzeugungen in bezug auf
den biologischen Anbau.
Ziel der Entdeckungsreise ist es, den Kunden einerseits so ausführlich wie möglich
über das Thema biologische Landwirtschaft zu informieren und ihm andererseits durch
emotionale Elemente eine Art vertrauensvolle „vor-Ort“-Atmosphäre vermitteln.
6.3.2 Ökologische Marktentwicklung
Ein weiterer Weg zur Erhöhung der relativen ökologischen Qualität liegt in der Einflussnahme auf das Marktgeschehen. Diese – in Europa noch kaum genutzte – Möglichkeit der unmittelbaren Interaktion aller Marktakteure durch das World-Wide-Web
schafft die Voraussetzung zur Bildung sogenannter „Virtueller Communities“.412
Virtuelle Communities sind Gruppen von Nutzern mit gleichgelagerten Interessen und
Bedürfnissen, die sich mit dem Ziel des Gedankenaustausches und der Gemeinschaftsbildung online treffen (um in unserem Fall bspw. über ökologische Probleme, Produkte, etc. zu kommunizieren).413 Communities lassen sich durch eine breite Palette an interessanten Services sowie Möglichkeiten des Meinungsaustausches, der Unterhaltung
etc. aufbauen. Sie befriedigen die Neugier, wecken Interesse und Emotionen.414 Durch
die gewonnene Attraktivität für den einzelnen Internetuser wird eine Community zur
412
413
414
Trotz der vielfältigen Potentiale virtueller Communities im Zusammenhang mit ökologischen Produkten und
Dienstleistungen finden sich in diesem Bereich bisher nur sehr wenige praktische Umsetzungen und theoretische Forschungsarbeiten. Dabei gibt es durch im ökologischen Kontext ähnliche Interessen und Werthaltungen hervorragende Voraussetzungen für die Etablierung virtueller Communities. Vgl. Schneidewind/Spiller/Truffer (2001), S. 2.
Vgl. Armstrong (1997a), S. 143.
Vgl. Duchrow (1999), S. 441.
158
6. Strategisches Öko-Online-Marketing jenseits der Öko-Nische
zentralen Anlaufstation. Ferner beginnen sich Communities ab dem Erreichen einer
kritischen Masse nicht nur selbst zu organisieren,415 sondern versammeln als Interessengruppen auch spezifisch konzentrierte Nachfrage und können somit auch zur Ausbreitung des relativen Marktanteils genutzt werden (vgl. Kapitel 0.). Bedeutender als
die Generierung von Nachfrage ist aus marketingstrategischen Überlegungen jedoch
vor allem der Aspekt der Mund-zu-Mund-Propaganda im Rahmen der PromotionAktivitäten der Online-Anbieter: Besonderes Charakteristikum einer Community ist es,
dass Konsumenten die Möglichkeit haben, selbst eigene Inhalte dem Angebot beizufügen.416 Aus strategischer Sicht bietet sich so den Betreibern virtueller Marktplätze die
Chance, Einfluss auf die Branche oder bestimmte Branchensegmente zu nehmen
(sogenannte Multiplikatoren). Virtuelle Communities verändern insofern das traditionelle Marktmodell, indem sie die herkömmlichen Informationsasymmetrien quasi umdrehen. Zwei Formen sind denkbar:
• Indirekte Einflussnahme auf das Marktgeschehen: Die Interaktion kann aus einem lockeren Informationsaustausch bestehen. Hat ein Konsument bspw. mit einem Unternehmen oder Produkt besonders gute oder schlechte Erfahrungen gemacht, kann er diese im Internet auf einfache Art und Weise an andere CommunityMitglieder weitergeben. Die übrigen Mitglieder können dann auf dieses Statement
reagieren und ebenfalls ihre Meinung im Internet kundtun (z.B. in themenspezifischen Diskussionsforen und Newsgroups). Erfolgreiche Beispiele für Communities
sind Amazon oder Tripod. Bei Amazon können sich Internetuser über Bücher austauschen, während Tripod das Lebensgefühl einer ganzen Generation (18- bis 35jährige) oder Kundengruppe verkörpert. Die Anziehungskraft dieser Gemeinschaften könnte für die Diffusion ökologischer Einstellungen, Meinungen usw. genutzt
werden („Umweltbewusst ist trendy“). Somit würde der Umweltgedanke nicht nur
kostengünstig und unterhaltsam in einem – zwar weiterhin begrenzten – aber breiteren Kreis der Gesellschaft gestreut, sondern könnte möglicherweise auch zu einer
Erhöhung des Öko-Produkt-Absatzes beitragen. Letztendlich könnten dadurch auch
Marktstrukturen und die politischen Rahmenbedingungen positiv beeinflusst werden.
Eine völlig neue Rolle könnte in der Zukunft Nicht-Regierungs-Organisationen
(NGOs), Umweltverbänden (Bioland, Demester, Bio Suisse) oder -initiaiven
(Greenpeace, www.genfreinet.de etc.) zukommen. Sie sehen im Web in erster Linie
eine bislang nicht dagewesene Chance, umfassend und aktuell zu informieren und
415
416
Vgl. Duchrow (1999), S. 442.
Vgl. Hagel/Armstrong (1997), S. 145.
6. Strategisches Öko-Online-Marketing jenseits der Öko-Nische
159
informiert zu sein. Zudem ist das Web eine Schlüsseltechnologie, um Informations- und Kommunikationsstrukturen auf kommunaler, regionaler, nationaler wie
globaler Ebene zu implementieren und so die Visionen der nachhaltigen Entwicklung zu verbreiten: Gemeinschaftsnetzwerke im Rahmen der Lokalen Agenda 21,
das Greening of Industry (http://www.greeningofindustry.org) oder EnviroLink
Network (http://www.envirolink.netforchange.com) sind Beispiele für neue diskursive Kooperationsformen. Der Aufbau solcher Wissensnetzwerke stellt vermutlich
eine der wichtigsten Strategien dar, um Wissen und Informationen über Sustainable
Development global zu verteilen und zu teilen.
• Direkte Einflussnahme auf das Marktgeschehen: Eine zweite Form nutzt die
strategischen Potentiale der Community, indem sie - eine entsprechend kritische
Masse vorausgesetzt - die Interessen gezielt bündelt und kanalisiert. Denkbare
Formen sind u.a. Boykottaufrufe einzelner Organisationen oder Interessenkreise,
wie sie bspw. zum Streik gegen überhöhte Telefongebühren bei der Internetnutzung
organisiert wurden (vgl. grauer Kasten).417 Hierdurch kann u.U. ein Rückgang der
herkömmlich erzeugten Produktangebote bewirkt werden („Sustainable Shrinking“)418 oder zum Erhalt bzw. der grösseren Verbreitung ökologischer Produkte
und Produktstandards aufgerufen werden.
EXKURS: Boykottaufruf per Internet: „S.O.S. - Save Organic Standards“
In den USA wurde 1997 durch das Landwirtschaftsministerium ein Gesetzesentwurf
veröffentlicht, durch den eine Verwässerung der bisherigen Standards befürchtet wurde. So standen der Einsatz von Gentechnik, Bestrahlung von Lebensmitteln sowie die
Verwendung von Klärschlämmen als Düngemittel zur Diskussion. Die öffentliche
Kommentierung wurde von über 270.000 Personen und Organisationen genutzt und
der Gesetzesentwurf wurde zurückgezogen.419 Ausgangspunkt der grossen Protestflut
war die Site http://www.purefood.org. Dort gab es Hintergrundinformationen zum
Thema, herunterladbare Kopiervorlagen für Handzettel und vor allem mehrere Musterbriefe, die per Mausklick abgeschickt werden konnten.
Ähnlich positive Auswirkungen auf die Umwelt gehen von Kooperationen zwischen
ökologischen Unternehmen bzw. Umweltschutzverbänden oder Verbrauchergruppen
aus. Zum einen können solche Zusammenschlüsse den nötigen Druck auf weniger oder
417
418
419
Vgl. o.V. (1999a).
Vgl. ausführlicher zum Sustainable Shrinking Kapitel 6.4.
Vgl. Kreuzer (2000), S. 42.
160
6. Strategisches Öko-Online-Marketing jenseits der Öko-Nische
nicht umweltgerecht produzierende Unternehmen oder den Staat ausüben. Dies würde
sowohl die Verbreitung ökologischer Angebote fördern als auch die Weiterentwicklung der gesetzlichen Voraussetzungen für eine umweltverträglichere Wirtschaftsweise
forcieren. Zum anderen liesse sich durch den Dialog mit den unterschiedlichen Anspruchsgruppen des Unternehmens auch die Entwicklung umweltgerechter Neuprodukte und Dienstleistungen vorantreiben: So könnte der Kunde bereits frühzeitig aktiv
in die Produktgestaltung mit einbezogen werden, indem online umweltrelevante Produktideen gesammelt und bewertet, Prototypen graphisch im WWW dargestellt und
beurteilt werden oder Online-Fragebögen über die Resonanz bei Kunden Auskunft geben würden. Solche Massnahmen korrelieren zudem unmittelbar mit der Kundenzufriedenheit: Ökologieorientierte Unternehmen könnten bspw. durch eine gezielte Abfrage kaufrelevanter Faktoren ihre Produkte so gestalten, dass sie unter der Nebenbedingung einer möglichst geringen Umweltbelastung eine maximale Kundenzufriedenheit erzielen.
6.4 Sustainable Shrinking - Verringerung des Gesamtkonsums
Ein wichtiger Teil der ökologischen Belastungen im Bedürfnisfeld Ernährung wird
durch die Produktnutzung bestimmt (Ernährung, Art der Zubereitung, Rückgriff auf
Tiefkühlkost, etc.).420 Ziel einer nachhaltigeren Entwicklung wäre es, diese Umweltbelastungen zu verringern.
Ein alternativer Weg besteht darin, den Gesamtkonsum insgesamt zu verringern. Aus
Sicht der Lebensmittelbranche lässt sich diese Strategie eines „Sustainable Shrinking“
durch ein „weniger“ und ein „anders“ (z.B. Substitution von tierischen durch pflanzliche Produkte) verwirklichen:421
•
420
421
„Weniger“: Heute leiden viele Menschen in den Industrienationen an den Folgen einer Überernährung, so dass eine Verringerung des Gesamtkonsums von
Lebensmitteln nicht nur aus ökologischer, sondern auch aus gesundheitlicher
Perspektive sinnvoll wäre. Ein Sustainable Shrinking entspräche damit der Anpassung an veränderte Lebensformen. So führte in der Vergangenheit die steigende Motorisierung sowie die weitgehende Mechanisierung zahlreicher Arbeitsprozesse zu einem verringerten Kalorienbedarf des Menschen.
Vgl. Schneidewind/Spiller/Truffer (2001), S. 5.
Vgl. Villiger (2000b), S. 117f.
6. Strategisches Öko-Online-Marketing jenseits der Öko-Nische
•
161
„Anders“: Neben einer Über- ist auch eine Fehlernährung zu beobachten. „Die
Menschen essen heute im allgemeinen nicht nur zu viel, sondern auch zu fett, zu
salzig und zu süss, und sie nehmen zu wenig Vollkornprodukte (Ballaststoffe)
zu sich.“422 Die Substitution von tierischen durch pflanzliche Produkte wäre
ein denkbarer Ansatz für eine nicht nur gesündere, sondern auch nachhaltigere
Ernährung, da sich durch den Verzicht auf Fleisch der Anteil der klimarelevanten Emissionen verringert.423 Auch die Anpassung der Essgewohnheiten an die
jeweilige Jahreszeit könnte helfen, ökologische Belastungen z.B. durch den Anbau von Gemüse im Gewächshaus zu vermindern.
Erreicht werden könnte diese Art des Sustainable Shrinking durch Informations-, Beratungs- und Aufklärungsangebote. Diese Informations- und Beratungsangebote
findet man heute noch am ehesten im Facheinzelhandel, während sie in Selbstbedienungsläden immer mehr in den Hintergrund gedrängt worden sind. Zwar gibt es auch
dort beratendes Verkaufspersonal, aber meist nur in sehr begrenztem Umfang. Dieser
Rückgang der Beratung ist vor allem mit der Einsparung von Kosten begründet worden. Im E-Commerce ist die Situation hingegen ganz anders, weil dort das Bereitstellen von Informationen über Produkteigenschaften und die interaktive Beratung eines
individuellen Kunden gemäss seinen Präferenzen nur mit marginalen Kosten verbunden ist.424 Das Internet ermöglicht hierbei z.B. durch Informations-, Aufklärungs-, und
Beratungsangebote oder auch Communities, die sich mit Fragen der Nahrungsauswahl
und
-zubereitung beschäftigen,425 vielfältige Ansatzpunkte. Bezüglich der Informationsbereitstellung bietet z.B. der virtuelle Lebensmittelhändler peapod.com den Service an,
ein Sortiment von Lebensmitteln nach einer Vielzahl von Eigenschaften sortieren zu
lassen. So kann man bspw. verschiedene Kartoffelchips nach Cholesteringehalt oder
sogar dem Preis nach Gramm in eine Rangfolge bringen lassen.426 Erste Ansätze im
Bio-Bereich finden sich bspw. bei dem Internetangebot www.naturkost.de. Diese Plattform bietet eine umfangreiche Rezeptsammlung für die Zubereitung ökologischer Lebensmittel (z.B. entsprechend den Jahreszeiten, für Allergiker), eine Suchfunktion für
422
423
424
425
426
Rigendinger (1997), S. 29, zitiert nach Villiger (2000b), S. 118.
Es wird geschätzt, dass 85% der Klimabelastung aus der Nahrungsmittelbereitstellung auf das Konto tierischer Nahrungsmittel gehen. Mit einer Senkung des Fleischkonsums auf ein auch der Gesundheit förderliches
Mass könnte ein Viertel oder mehr der klimarelevanten Emissionen vermieden werden. Vgl. Villiger (2000a),
S. 95, Belz/Schneidewind/Villiger/Wüstenhagen (1997), S. 18 sowie Enquete-Kommission „Schutz der Erdatmosphäre“ des Deutschen Bundestages (1995), S. 1323.
Vgl. Albers/Peters (1997), S. 75.
Solche Gemeinschaften haben auch in der realen Welt eine lange Tradition (z.B. in Form von Kochgemeinschaften, -kursen) und sind leicht auf die neuen Medien übertragbar. Vgl. Schneidewind/Spiller/Truffer
(2001), S. 5.
Vgl. http://www.peapod.com.
162
6. Strategisches Öko-Online-Marketing jenseits der Öko-Nische
bestimmte Zutaten sowie zahlreiche Ernährungstipps (Verzicht auf Fleisch oder Informationen zu BSE).427
Auch innovative Dienstleistungen, welche die bestehenden Kundenbedürfnisse besser
bedienen, können zu einer Verringerung der ökologischen Belastungen des Lebensmittelkonsums führen.428 So ermitteln auf den Internetangeboten von BioLebensmittelhändlern integrierte elektronische Fahrpläne eine optimale Beförderung
zu einem gewünschten Fahrtziel und helfen somit, den Autokonsum bzw. den CO2Ausstoss zu vermindern.429
427
428
429
Vgl. http://www.naturkost.de.
Vgl. Villiger/Wüstenhagen/Meyer (2000), S. 70.
Vgl. hierzu auch das in Kapitel 5.3.3 erwähnte Beispiel des Naturkostenladens Ambrosia, bei dem per Mausklick die ÖPNV-Verbindungen vom eigenen Wohnort zum Bioland-Betrieb abgerufen werden kann. Vgl.
http://bs.cyty.com/ambrosia.
7. Öko-Online-Marketing-Mix und Erfolgsfaktoren
7
163
Öko-Online-Marketing-Mix und Erfolgsfaktoren
7.1 Online-Marketing-Mix: Vom „P“ zum „C“
Abschliessend stellt sich die Frage nach den Marketing-Mix-Variablen für das OnlineMarketing für Bio-Lebensmittel. Für die Analyse dieser „Online-Marketing-MixVariablen“ eignet sich eine am klassischen Marketing-Mix (Preis-, Produkt-. Kommunikations-, und Distributionspolitik) orientierte Betrachtung.430 Dabei ist beim Einstieg
in die neue digitale Welt jedoch zusätzlich zu berücksichtigen, dass in der New Economy andere Gesetzmässigkeiten der Kundenansprache gelten als bei der traditionellen
Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen. Die herkömmlichen vier „P’s“
(Price, Product, Placement, Promotion) sind zwar weiterhin wichtige Steuergrössen,
verlieren jedoch in der Internet-Ökonomie als alleinige Marketing-Variablen ihre Bedeutung. Traditionelle Marketing-Strategien müssen unter den Gesichtspunkten der digitalen Ökonomie entweder ergänzt oder zum Teil neu formuliert werden. In diesem
Fall kann von einem Übergang der „P’s des klassischen Marketing zu den „C’s“ des
Online-Marketing gesprochen werden (vgl. Abbildung 42).
Product
Content
Price
Commerce/Convenience
Place
Co-location
Promotion
Communicaton/Community
Abbildung 42: Marketing-Mix im E-Commerce: Vom „P“ zum „C“
Quelle: Eigene Darstellung
430
Vgl. Kotler (1986), S. 117 ff. sowie Kotler (1991), S. 407.
164
7. Öko-Online-Marketing-Mix und Erfolgsfaktoren
• „P“ für Product: Speziell im E-Commerce für Lebensmittel zählt das Produkt allein
wenig, da nur über das Produkt selbst kaum eine Differenzierung gegenüber dem
Wettbewerb (konventionelle Supermärkte, andere Internet-Shops etc.) erreicht
werden kann. Für das Online-Marketing ist die Einbindung der Produkte in einen
attraktiven Kontext wichtig. Aus „P“ (Product) wird „C“ (Content). Hierbei handelt es sich z.B. um Informationsangebote zur Verringerung von Unsicherheit beim
Kauf oder emotionale Mehrwerte, die den Kunden an das Angebot binden (z.B.
Gewinnspiele etc.).
• „P“ für Price: Im Internet sind bekanntermassen zahlreiche Internet-Shopper auf
Schnäppchenjagd. Dennoch bleibt es zweifelhaft, ob allein der günstige Preis eines
Produktes zum Erfolg im Online-Handel führen wird, denn auch Discountstrategien
liefern im Internethandel für Lebensmittel kaum mehr Vorteile. Zudem formieren
sich Kunden, um noch günstigere Preise zu erzwingen: Elektronische Einkaufsgemeinschaften suchen Mengenrabatte und der Kunde bestimmt, was er zu zahlen bereit ist. Wenn über die Preispolitik aber keine Differenzierung mehr möglich ist,
tritt der Preis zugunsten des Erfolgsfaktors Kundenservice/bequemes Einkaufen
(z.B. durch Lebensmittel-Heimlieferservices) in den Hintergrund. Aus „P“ wie
Preis wird „C“ wie Commerce.
• „P“ für Place: Auch im Internet gibt es gute und schlechte Lagen: Die grossen Portale zählen aufgrund ihrer hohen Besucherzahlen sicherlich zu denjenigen, die Aussicht auf viel Laufkundschaft bieten. Nur die grossen Namen können es sich jedoch
erlauben, unter allseits bekannter Adresse auf die Kunden zu warten. Alle anderen
müssen ihre speziellen Zielgruppen entweder im Netz oder durch innovative Kombinationsangebote aus realer und virtueller Welt (hybride Geschäftsmodelle, vgl.
das Beispiel Amazon.de) suchen. Erfolgsfaktor für das Online-Marketing im
E-Commerce ist demnach weniger das „P“ für Place als vielmehr das „C“ für Colocation, d.h. möglichst nahe beim Kunden sein.
• „P“ für Promotion: Massensendungen (per E-mail), Anzeigenwerbung (Banneradvertising), Pressemitteilungen (auf elektronischem Wege) sind Mittel zur Promotion, die bereits hinlänglich aus dem traditionellen Handel bekannt sind. Im Prinzip
findet nur eine Übertragung in ein anderes Medium statt. Promotion im OnlineMarketing bedeutet jedoch nicht nur, neue Kunden für Produkte zu finden, sondern
zielt in erster Linie auf Interaktion mit dem Kunden und in einem zweiten Schritt
auf die langfristige Bindung des Kunden an das Unternehmen ab. Wie schwierig
dieses Vorhaben ist, verdeutlichen empirische Untersuchungen. So ermittelte Forrester Research Konversionsraten von durchschnittlich 2%, d.h. von 100 Besuchern
einer E-Commerce-Site entschlossen sich nur zwei User das Produktangebot in An-
7. Öko-Online-Marketing-Mix und Erfolgsfaktoren
165
spruch zu nehmen.431 Wenn die Kosten für die Akquisition eines neuen Kunden um
die hundert Mark betragen, ist die Betonung der Kundenbindung, die vor allem in
Communities hoch ist, durchaus erklärlich. An die Stelle von „P“ wie Promotion
könnte in Zukunft also eher das „C“, wie Communication bzw. Community, treten.
Grundsätzlich ist bei der Ausgestaltung der vier C’s zu beachten, dass das OnlineMarketing grundsätzlich nie als Substitut zum klassischen Marketing gesehen werden
darf. Ansonsten können die Synergien, die beide Vertriebswege dem Management bieten, nicht voll ausgeschöpft werden. Vielmehr muss der Online-Marketing-Mix am
klassischen Marketing-Mix ausgerichtet werden bzw. der klassische Marketing-Mix
muss um die neuen Online-Marketingmassnahmen ergänzt werden, d.h. es ist eine bewusste Abstimmung der Einzelkommunikationsinstrumente notwendig, mit dem Ziel
die Potentiale der Instrumente synergetisch zu nutzen (vgl. Exkurs).432
EXKURS: Integration des Online-Marketing-Mix in den klassischen
Marketing-Mix
Grundsätzlich ist bei der Ausgestaltung der vier C’s zu beachten, dass das OnlineMarketing grundsätzlich nie als Substitut zum klassischen Marketing gesehen werden
darf. Ansonsten können die Synergien, die beide Vertriebswege dem Management bieten, nicht voll ausgeschöpft werden. Vielmehr muss der Online-Marketing-Mix am
klassischen Marketing-Mix ausgerichtet werden bzw. der klassische Marketing-Mix
muss um die neuen Online-Marketingmassnahmen ergänzt werden, d.h. es ist eine bewusste Abstimmung der Einzelkommunikationsinstrumente notwendig, mit dem Ziel
die Potentiale der Instrumente synergetisch zu nutzen.433
• Produktpolitik: Das Angebot von Pre- und After-Sales Services (OnlineProduktberatung, Online-Problemhilfe, Online-Beipackzettel usw.) berührt die Servicepolitik eines Unternehmens, die einen Teil der Produktpolitik darstellt434.
• Distributionspolitik: Der Vertrieb von Produkten und Dienstleistungen auf der eigenen Webseite oder über eine Shopping-Mall kann zu Konflikten mit der klassischen
431
432
433
434
Vgl. Schögel/Birkhofer/Tomczak (2000), S. 39.
Vgl. hierzu auch Hanser (1995), S. 35; Roll (1997), S. 88; Dreyer/Summa (1996) sowie Hopfenbeck (1997),
S. 848.
Vgl. hierzu auch Hanser (1995), S. 35; Roll (1997), S. 88; Dreyer/Summa (1996) sowie Hopfenbeck (1997),
S. 848.
Vgl. Fink/Wamser (1996); S. 196f.
166
7. Öko-Online-Marketing-Mix und Erfolgsfaktoren
Distributionspolitik führen.435 Darüber hinaus wird auch der persönliche Verkauf
durch Aussendienstmitarbeiter einerseits durch die Produktberatung auf Websites
und andererseits durch die Online-Vereinbarung von Besuchsterminen beeinflusst.436
• Preispolitik: Niedrigere Preise beim Online-Direktvertrieb können zu Problemen mit
den klassischen Handelspartnern führen, die hierdurch einen Umsatzrückgang verzeichnen.437 Aber auch die Konditionenpolitik wird vom Online-Marketing berührt.
Einzelnen Geschäftskunden können online unterschiedliche Rabatte eingeräumt
werden, und die Beratung für bestimmte Produkte kann durch Finanzierungsangebote ergänzt werden.
• Kommunikationspolitik: Am stärksten wird die klassische Kommunikationspolitik
durch Online-Marketing beeinflusst. Zum einen kann hierbei die konventionelle Öffentlichkeitsarbeit durch Veröffentlichung von Pressemitteilungen, Unternehmensinformationen, Reden und Zeitschriftenartikeln im WWW ergänzt werden. Die Darstellung von Produktangeboten, interaktive Beratung sowie Bannerschaltung ergänzen die traditionelle Werbung. Auch das Direkt-Marketing kann durch das WWW
unterstützt werden.
7.2 Content
Um die Kunden bei der täglich wachsenden Zahl an Internet-Angeboten auf die eigene
Website zu bringen oder sie zum wiederholten Besuch zu veranlassen, erweist sich
heute ein attraktiver Inhalt der Website als ein entscheidender Erfolgsfaktor. Wirklich
gute Inhalte im Web sprechen sich unter den interessierten Nutzern schnell herum. Nebenbei verbessert der umfassende und thematisch passende Inhalt auf der Website auch
die Auffindbarkeit des Angebots in Suchmaschinen. Es besteht ebenfalls die Möglichkeit, den Content mehrfach zu nutzen, ihn zum Beispiel per Newsletter zu verschicken
und dem Nutzer damit einen zusätzlichen Mehrwert zu bieten. Als Push-Medium, das
dem Nutzer regelmässig in seine Mailbox zugestellt wird, kommt dem Newsletter ein
hohes Aktivierungspotential zu.
435
436
437
Vgl. Palupski (1995b), S. 268.
Mit dem Internet können den Aussendienstmitarbeitern auch detaillierte Informationen über den Kunden bereitgestellt werden (Computer Aided Selling). Vgl. Link/Hildebrand (1994), S. 107f.
Vgl. Eusterbrock/Kolbe (1995), S. 144.
7. Öko-Online-Marketing-Mix und Erfolgsfaktoren
167
Vor allem die Information des Kunden gewinnt dabei an Bedeutung.438 Informationen zu Produkten und Dienstleistungen können dem Kunden nicht nur einen Mehrwert
(z.B. in Form einer höheren Markttransparenz) liefern, sondern sind zusätzlich aus
Öko-Marketing-Gesichtspunkten von hoher Bedeutung für die Schaffung von Vertrauen und Glaubwürdigkeit. Vor allem Hintergrundinformationen zu Qualität und Herkunft lassen sich – wie in Kapitel 5 beschrieben – leicht mit den Potentialen des Internets realisieren. Die dargebotenen Informationen müssen vor allem aktuell sein, wenn
sie als wertvoll empfunden werden sollen.439 Der Serviceaspekt von Informationen
gewinnt hingegen dann stark an Bedeutung, wenn die dargebotenen Detail- und Hintergrundinformationen sonst nur über aufwendige Recherchen erhältlich wären.440 Dies
senkt die Transaktionskosten des Endverbrauchers; der Interneteinkauf wird deutlich
erleichtert, da wichtige Grundlageninformationen, von Zahlungssicherheit bis hin zu
Einkaufstipps, schon vor der Kaufentscheidung bereitliegen.
Zusätzlich zur Informationskomponente ist im E-Commerce auch die Einbindung der
Produkte in einen attraktiven Kontext wichtig.441 Im elektronischen Handel steht
immer weniger das „Was“, d.h. das Produkt, als vielmehr das „Wie“ im Vordergrund.
Mit dem Begriff „Produkt“ ist also nicht mehr allein die angebotene Ware gemeint,
sondern auch Dienstleistungen und jegliche Ansätze zur Generierung von Mehrwert.
Das beginnt mit der Gestaltung des Online-Shops, der Präsentation der Produkte, der
intuitiven Navigation durch das Angebot und geht weiter bis zur Abwicklung der
Transaktionen; wobei hier die Sicherheit der sensiblen Kundendaten und die bequemen
Zahlungsmöglichkeiten im Vordergrund stehen.
Unternehmen greifen hierbei oft auf emotionale Inhalte zurück, die einen Mehrwert
beim Konsumenten in Form eines sogenannte „Konsumerlebnisses“ schaffen. Die
emotionale Positionierung strebt die Verbindung von Spass, Genuss und Lebensfreude
mit dem umweltbewussten Konsum an. Kunden ökologisch erzeugter Lebensmittel
messen dem Erlebnis „Einkauf“ einen hohen Stellenwert bei; nach einer aktuellen Umfrage des Bundesverband für Naturkostwaren (BNN) ist Naturkostkunden der Genussund Spassaspekt beim Einkauf wichtig.442 Nicht nur die Höhe der Ausgaben für den
Einkauf lassen sich damit positiv beeinflussen, sondern auch die Kundenbindung. Der
Erlebnisaspekt trägt folglich zur Ertragssteigerung bei. Für den Einsatz von Entertain-
438
439
440
441
442
Vgl. Gräf (1999), S. 120.
Vgl. Werner/Stephan (1998), S. 76.
Vgl. Gräf (1999), S. 121.
Vgl. Schögel/Birkhofer/Tomczak (2000), S. 49 sowie Bachem/Stein/Rieke 1999), S. 66.
Vgl BNN (1999a), S.39.
168
7. Öko-Online-Marketing-Mix und Erfolgsfaktoren
ment-Elementen auf einer Website bieten sich dem Unternehmen grundsätzlich zwei
Ansatzpunkte:443
• Verknüpfung der emotionalen Elemente mit den angebotenen Produkten oder
Dienstleistungen, um eine Erlebniseinkaufssituation zu erzeugen. Die Produkte
werden in ein multimedial erzeugtes Ambiente eingebettet, das sie in einem emotionalen Zusammenhang präsentiert. Die Verbindung mit einem Kaufabschluss
kann hierbei auf einem Kontinuum unmittelbar in den Vordergrund gestellt werden
oder aber eher subtil und indirekt erfolgen. Letztere Strategie verfolgen vor allem
Unternehmen mit bekannten Markenprodukten. So hat Pepsi bspw. auf seiner Website einen aufwendigen Themenpark „Pepsi World“ errichtet, der verschiedenste
Unterhaltungselemente beinhaltet. Das Schweizer Lebensmittelunternehmen
Migros hingegen positioniert sich eher durch unternehmens- und produktbezogene
Elemente (vgl. zu weiteren Positionierungsbeispielen auch den Exkurs).
• Daneben können Entertainment-Elemente auch losgelöst von den angebotenen Produkten oder Dienstleistungen eingesetzt werden. Beispiele hierfür sind
Gewinnspiele oder andere unterhaltende Zusatzleistungen, wie Verlosungen,
Online-Games, E-Mail-/Grusskartenservices usw. Diese Elemente werden als
ergänzende Bestandteile gezielt eingesetzt, um Besucher auf die Homepage zu
ziehen, führen aber weniger zu unmittelbaren Kaufabschlüssen. Sie dienen primär
dem Aufbau von Sympathie für einen Anbieter.444
Exkurs: Wie positionieren sich ökologische Anbieter im Internet?
Zur Beantwortung dieser Frage wurden in einer Untersuchung des Internet-Status im
Umfeld von Produktion und Handel mit ökologisch erzeugten Lebensmitteln 230 Internet-Sites begutachtet. Folgende Positionierungsansätze liessen sich zuordnen (vgl.
Abbildung 43):445
• Typus A: Sachlich und unternehmensbezogene Positionierung (Beispiel:
http://www.hipp.de): Der Internetauftritt des Unternehmens zeichnet sich vor allem durch die Sachlichkeit und den Umfang der vermittelten Informationen aus. Er
umfasst neben einer ausführlichen Darstellung über Bio-Qualität bei Hipp auch einen Ratgeber für Mütter sowie Unternehmensinformationen zu Umweltmanagement und Öko-Bilanz. Dieser Wissensfundus wird durch interaktive Elemente, wie
Newsletter und individuelle Online-Beratung ergänzt.
443
444
445
Vgl. Schögel/Birkhofer/ Tomczak (2000), S. 49.
Vgl. Schögel/Birkhofer/Tomczak (2000), S.49.
Vgl. Kolibius/Nachtmann (2000c) sowie zur Analyse ausführlicher Nachtmann (2001).
169
A
B
D
C
Produktbezogen
Werbeobjekt Unternehmensbezogen
7. Öko-Online-Marketing-Mix und Erfolgsfaktoren
sachlich
Werbebotschaft
emotional
Abbildung 43: Positionierungsansätze für Werbebotschaften im Internet
Quelle: Meffert/Kirchgeorg (1992), S. 225
• Typus B: Emotional und unternehmensbezogene Positionierung (Beispiel:
http://www.coop.ch/naturaplan): Die Vermittlung von Image und Lebensgefühl
steht für die Bio-Produktreihe Coop-NATURAplan im Mittelpunkt. Dazu werden
weniger klare Positionen kommuniziert, als vielmehr an Emotionen appelliert. Als
Medien werden dazu unterschiedlichste Ansätze genutzt, so z.B. ein Online-Spiel,
ein Fitnesstest, eine Coop-NATURAplan-Entdeckungsreise oder vom Internetnutzer
steuerbare Live-Kameras mit Bildern von ausgewählten Biobetrieben.
• Typus C: Emotional und produktbezogene Positionierung (Beispiel:
http://www.viana.de): Als Aufhänger der Internetpräsentation der Viana Naturkost
GmbH wurde das Produkt Tofustäbchen in den Mittelpunkt gerückt. Mit Animationen, wie einem über das Meer fahrenden Schiff, und der Verwendung von Kapitän
‚Tofu‘ werden nur indirekt Produkteigenschaften angesprochen - vielmehr wird auf
die Wünsche des vor allem jüngeren Publikums eingegangen und so ein eigenständiges Produkt-Image entwickelt.
• Typus D: Sachlich und produktbezogene Positionierung (Beispiel:
http://www.zwoelberich.de): Das Angebot an ökologischen Spirituosen wird klar
strukturiert im Internet präsentiert. Bereits auf der Einstiegsseite ist eine Auswahl an
unterschiedlichen Weiss-, Rot- und Schaumweinen sowie Likören und Destillaten
dargeboten. Zu jeder Produktgruppe lassen sich per Mausklick detaillierte Informationen zu Geschmack, Herstellung und Prämierungen abrufen. Unternehmensinformationen rücken zugunsten der detaillierten und graphisch ansprechenden Präsentation der Weine in den Hintergrund.
170
7. Öko-Online-Marketing-Mix und Erfolgsfaktoren
Aus ökologischer Perspektive sind vor allem Mischformen von informativen und unterhaltenden Inhalten für das Internet interessant. Es gilt das Prinzip: „Appelliere an
ein Bedürfnis und informiere über Eigenschaften eines Gegenstandes, die dazu dienen,
dieses Bedürfnis zu befriedigen.“446 Während es das Ziel des Einsatzes informativer
Elemente ist, Vertauen zu gewinnen, ein positives ökologisches Image aufzubauen und
somit Wiederkäufer zu gewinnen, zielt die emotionale Komponente darauf ab, Umsatz
durch erhöhte Kundenbindung bzw. Impulskäufe oder Wiederkehr der Kunden zu erlangen. Beides führt zu neuen Marktpotentialen für Bio-Anbieter. Wichtig ist dabei,
das Online-Angebot mit der entsprechenden Positionierung auf die jeweilige Zielgruppe abzustimmen.447
7.3 Communication
Kommunikation und Interaktivität stellen im Zeitalter des E-Commerce eine doppelte
Herausforderung für ein Unternehmen dar: eine unüberschaubare Menge von Kunden
zu erreichen und sie dennoch individuell zu bedienen. Online-Marketing ist folglich
individuelles Direktmarketing und bedarf der intensiven persönlichen Kommunikation
mit dem Kunden. Interaktive Elemente beim Online-Angebot bilden die Basis für die
persönliche Kommunikation. Sie kommen sowohl dem Wunsch des Konsumenten
nach sachlicher Beratung durch den Hersteller, unabhängige Experten oder Dritte als
auch dem Bedürfnis nach sozialen Kontakten (Diskussion mit anderen Konsumenten
etc.) entgegen.
Wie wichtig der Austausch mit anderen Personen für den Kaufentscheidungsprozess
ist, zeigen verschiedene empirische Untersuchungen.448 Wasmuth/Kalkowski differenzieren hierzu die Bedeutung von kaufentscheidungsrelevanten Informationen anhand
der Dimensionen Informationswert und Verfügbarkeit, um die Bedeutung der kommunikativen Aspekte des Internets bei der Kaufentscheidung zu verdeutlichen (vgl.
Abbildung 44). Dabei unterstellen sie, dass Angaben eines Herstellers zwar am leichtesten verfügbar sind, aber auch den geringsten Informationswert besitzen, da sie das
Ziel verfolgen, die Leistung des Anbieters abzusetzen. Mit zunehmender Unabhängigkeit des Anbieters und/oder steigender Bewertung des Anbieters durch Dritte steigt der
Informationswert. Objektiv betrachtet stellen zwar Testberichte (z.B. Stiftung Warentest) die fundiertesten und nachvollziehbarsten Informationsquellen dar, empirische
446
447
448
Kroeber-Riel (1996), S. 133.
Vgl. Gräf (1999), S. 121.
Vgl. u.a. Stauss (1998), S. 139ff; Kroeber-Riel/Weinberg (1999), S. 245; Kozinets (1999), S. 256.
7. Öko-Online-Marketing-Mix und Erfolgsfaktoren
171
Erhebungen haben jedoch gezeigt, dass Käufer bei der Kaufentscheidung andere Informationsquellen heranziehen als diejenigen, die von ihnen hoch eingeschätzt werden.449 So wurde insbesondere der Information von Vertrauenspersonen der höchste
Informationswert zugesprochen.450
Informationswert
verlässlich
bestätigt
persönlich
unabhängig
informativ
Bewertete
Infos von
Vertrauenspersonen
Bewertete
Infos von
Käufern
Infos von
Käufern, die
nicht von
Professionelle
Dritten
Testberichte
bewertet
wurden
Herstellerangaben
Verfügbarkeit
Abbildung 44: Wert und Verfügbarkeit
kaufentscheidungsrelevanter Informationsquellen
Quelle: Wasmuth/Kalkowski (2000)
Für das Online-Marketing bedeutet dies, dass Bio-Anbieter zwar weiterhin grossen
Wert auf verlässliche Herstellerangaben und Hintergrundinformationen, wie Prüfangaben von unabhängigen Organisationen (Funktionskomponente Content), legen sollten,
dieses Informationsangebot jedoch durch interaktive Elemente in ihrer Wirkung stützen sollten. Die Funktionsebene Communication umfasst dabei verschiedene Applikationen, die eine Kommunikation mit dem Medium oder über das Medium unterstützen.451 Eine besondere Rolle kommt dabei Applikationen, wie Diskussionsforen oder
Newsgroups zu, wie sie häufig in virtuellen Communities zu finden sind.452 Sie kommen dem Bedürfnis nach sozialen Kontakten entgegen und ermöglichen es den Teilnehmern, sich über aktuelle Themen, bewertete oder unbewertete Infos von Käufern,
bestimmte Produkte usw. auszutauschen sowie Stellungnahmen zu diversen ökologiebezogenen Themen zu hinterlegen. Beispiele hierfür sind z.B. Verbraucherportale, wie
449
450
451
452
Vgl. Meyer, J. (2000), S. 26.
Ausschlaggebend für die Bedeutung der Informationsquellen sind die tatsächlich genutzten Ressourcen der
Nachfrager, wobei anzunehmen ist, dass sie denen der Offline-Welt entsprechen, in der die persönliche
Kommunikation die wichtigste Rolle spielt. Vgl. Meyer J. (2000), S. 26.
Vgl. Gräf (1999), S. 122.
E-Mail-Anwendungen stellen insgesamt zwar die am stärksten genutzte Kommunikationsform dar, ermöglichen jedoch nur eine synchrone, elektronische Übermittlung von Nachrichten. Sie sind somit wenig interaktiv
und können keinen direkten Dialog aufbauen (Kommunikation mit dem Medium).
172
7. Öko-Online-Marketing-Mix und Erfolgsfaktoren
dooyoo.de oder ciao.com.453 Hier können Verbraucher ihre Erfahrungen mit Produkten
anderen Verbrauchern mitteilen (vgl. Abbildung 45). Die umfangreiche Nutzung solcher Portale bestätigt die Bedeutung eines solchen Austausches für die Konsumenten
und sollte daher für das ökologische Online-Marketing genutzt werden. Weitere technisch anspruchsvollere Applikationen sind Chatbereiche (z.B. Chats mit Experten aus
dem Bio-Bereich), die eine Kommunikation über das Medium Internet ermöglichen.
Auch diese Informationsquellen wirken sich durch ihren hohen Grad an Interaktion positiv auf das Vertrauen des Endkunden aus.
Abbildung 45: Interaktion von Verbrauchern auf Verbraucherportalen
Quelle: http://www.ciao.com
453
So sind z.B. unter Ciao.com rund 2 Millionen Erfahrungsberichte für rund 200.000 Produkte von 550.000
Verbrauchern für Verbraucher abzurufen. Bei Dooyoo sind es 2 Millionen Erfahrungsberichte für ca. 600.000
Produkte von 600.000 registrierten Mitgliedern. Die Seiten von Ciao.com und dooyoo.de werden monatlich
über 20 Mio. mal bzw. 31 Mio. aufgerufen (Stand: März 2001). Vgl. http://www.ciao.com,
http://www.dooyoo.de.
7. Öko-Online-Marketing-Mix und Erfolgsfaktoren
173
7.4 Commerce
Geht die Online-Leistung über die reine Präsentation hinaus und werden Waren und
Dienstleistungen über das Internet angeboten, so gewinnt die Verkaufskomponente an
Bedeutung. Folgende Potentiale des Internets schaffen dabei einen Zusatznutzen für
den Kunden: Bestellung 24 Stunden, 7 Tage die Woche, Lieferung frei Haus, grössere Produktpalette durch Angebotsbündelung. Der Verkauf von Waren und
Dienstleistungen via Internet (Online-Shopping) kann somit für Bio-Anbieter zur Gewinnung neuer Kunden (Markterschliessung) genutzt werden, die diesen Vertriebskanal bisher aufgrund der Hindernisse bei Öko-Produkten (hohe Suchkosten) nicht nutzen.
Durch die Erfassung individueller Kundendaten aus vorhergehenden Käufen besteht
ferner die Möglichkeit, den gesellschaftlichen Individualisierungstendenzen mit massgeschneiderten Angeboten Rechnung zu tragen. Mit der Mikrosegmentierung verfolgen Unternehmen im Massenmarkt das Ziel, einzelne Segmente bis hin zu einem Kunden mit seinen individuellen Bedürfnissen wieder besser kennenzulernen und gezielter
ansprechen zu können. Im Idealfall soll eine Anbieter-Kunde-Beziehung ähnlich dem
Tante-Emma-Laden aufgebaut werden. Man spricht hier vom Eins-zu-EinsMarketing.454 Die Datengewinnung kann auf zwei Arten erfolgen: Zum einen können
die Kunden beim Einkauf aktiv nach Daten - z.B. Demographie, Interessen, Präferenzen - gefragt werden, zum anderen können Daten aber auch durch passives Sammeln
über die Analyse von Server-Log-Files oder sogenannte Cookies generiert werden. Auf
Basis der so gewonnenen Profile suchen Vergleichstools adäquate Inhalte und weisen
diese den Profilen zu, so dass dem Nutzer das Ergebnis dann auf einer individuellen
Web-Page präsentiert werden kann.
Als problematisch für kleinere Bio-Anbieter erweist sich die Tatsache, dass Funktionalitäten wie Warbenkorbsystem und umfangreiche Datenbanksysteme zur Erfassung und
Verwaltung der individuellen Kundendaten häufig teuer sind. Auch der technische
Aufwand die Daten auszuwerten und zu pflegen, erweist sich vor allem für Anbieter
mit nur kleinem Kundenkreis als nicht tragbar. Grundsätzlich stellt die CommerceKomponente daher für Kleinbetriebe eine nicht so zentrale Rolle als Erfolgsfaktor dar.
Grössere Bio-Anbieter hingegen können sich durch die Commerce-Komponente vom
Markt differenzieren. So könnten vor allem bestehende Heimlieferservices grösserer
Unternehmen Wettbewerbsvorteile beim Kundenservice schaffen. Erfolgsfaktoren sind
454
Vgl. hierzu ausführlicher Zerdick/Picot/Schrape (1999), S. 194ff.
174
7. Öko-Online-Marketing-Mix und Erfolgsfaktoren
die schon in Kapitel 5.4.2 erwähnten Zusammenschlüsse kleinerer Unternehmen oder
Kooperationen mit Logsitikdienstleistern. Auch neue Geschäftsideen könnten Vorteile
bei der Logistik schaffen (vgl. Exkurs).
EXKURS: Innovative Geschäftsideen zur Lösung der Logistikprobleme
Innovative Geschäftsideen zur Lösung heute noch anzutreffender Logistikprobleme
existieren bereits oder sind in Planung:455 So können die Kunden des Starnberger Unternehmens Shopping Box Logistics für monatlich fünf Mark ihre bestellte Ware an
Schliessfachterminals abholen. Lebensmittel, Bücher oder Drogerieartikel werden im
Foyer von Bürohochhäusern in eigens konstruierten Schränken gelagert – wahlweise
ungekühlt, gekühlt oder tiefgekühlt. Kunden können sich nach Identifizierung mit ECKarte und persönlichem Code rund um die Uhr an den Fächern bedienen. Ein anderes
Startup-Unternehmen geht ähnlich kreative Wege: Interneteinkäufer sollen demnach in
Zukunft ihre Pakete nicht mehr zu Hause empfangen, sondern an sogenannten PickPoints, an Abholpunkten, die sie ohnehin häufig frequentieren – Tankstellen, Videotheken, Fitnessstudios. Kommt die Bestellung dort an, erhält der Kunde eine SMSMitteilung auf sein Handy oder eine E-Mail.
Noch einen Schritt weiter geht das „Cargo Cap“-Projekt des Bochumer Professors
Dietrich Stein. Nach dem Vorbild eines Berliner Rohrpostnetzes soll der Warenverkehr
unter der Erdoberfläche erfolgen. Eine Frachtkapsel-U-Bahn soll im Internet bestellte
Waren zu den Empfängern bringen. Dadurch soll der Verkehr in Ballungsgebieten
deutlich reduziert und auch die Autobahn um bis zu 60 Prozent entlastet werden (pro
Stunde würde Cargo Cap rund 400 Lastkraftwagen ersetzen). Stein hält Cargo Cap für
die Lösung des „Letzte-Meile“-Problems. Geht es nach ihm, entsteht ein Netzwerk mit
Hauptarterien, von denen immer kleinere Adern abzweigen – und schliesslich in jedem
Haus enden.
7.5 Communities
Zusätzlich zu den drei Basis-Funktionsebenen lässt sich ein vierter Bereich, die sogenannte Community (Interessengemeinschaft) identifizieren.456 Communities setzen die
Existenz der drei ersten Funktionsebenen voraus; sie vereinen zielgruppenspezifische
Inhalte, Kommunikations- und Einkaufsmöglichkeiten. Als zentrale Anlaufstelle einer
455
456
Vgl. o.V. (2001).
Vgl. zu Communities ausführlicher Kapitel 6.3.2 sowie Hagel/Armstrong (1997).
7. Öko-Online-Marketing-Mix und Erfolgsfaktoren
175
Zielgruppe vereinen sie Kaufkraft, die in der Summe Preise, Produktentwicklung oder
andere Interessenschwerpunkte beeinflussen kann. In neueren Publikationen über das
Marketing im E-Business wird sogar davon ausgegangen, dass Unternehmen (insbesondere im Konsumgüterbereich), die keiner Community angehören, in Zukunft gar
keine Produkte mehr verkaufen können.457
Lebensmittel haben sich in vielen Produktkategorien von einem reinen Conveniencezu einem mit erheblichen emotionalen Produktkulturen verbundenen Produktfeld entwickelt. Es ist daher nicht verwunderlich, dass virtuelle Produkt-Communities sich
heute auch schon bei Markenprodukten im Lebensmittelbereich finden (z.B. Milka,
Puschkin).458 Hierbei spielen – wie in Kapitel 6.3.2 beschrieben – vor allem die Mundzu-Mund-Propaganda im Rahmen der Promotion-Aktivitäten der Online-Anbieter
eine bedeutende Rolle sowie die direkten und indirekten Möglichkeiten der Einflussnahme auf das Marktgeschehen.
Communities sind zudem von besonderer ökonomischer Bedeutung für den
E-Commerce. So zeigen empirische Untersuchungen, dass erfolgreiche OnlineCommunities sehr viel schneller wachsen als das gesamte Web. Einige Communities
weisen monatliche Mitglieder-Wachstumsraten von 15-20% auf. Dies eröffnet neue
Marktpotentiale. Zudem zeigen Community-Besucher eine hohe Verweildauer im
Netz: Während Kunden auf herkömmlichen Unternehmens-Websites lediglich ca. 7
Minuten verweilen,459 steigt die Verweildauer auf Community-Sites auf durchschnittlich 20 Minuten bis zu einer halben Stunde.460 Auch nimmt die Ausgabenbereitschaft
der Kunden zu. Durch Einbindung geeigneter E-Commerce-Angebote können hier
Einnahmen für den Online-Anbieter generiert werden.
Die Versammlung grosser Gruppen ermöglicht zudem die Bündelung von Nachfragemacht.461 Diese kann z.B. zur Erreichung besserer Preise genutzt werden. Am
deutlichsten wird dieser Effekt auf Nachfrageseite bei sogenannten PowershoppingKonzepten (z.B. http://www.letsbuyit.com, vgl. Abbildung 46). Für den Zeitraum eines
Einkaufs schliessen sich die Interessenten für ein bestimmtes Produkt zusammen, um
durch die grössere Absatzmenge bessere Einkaufskonditionen zu erreichen.462 Power457
458
459
460
461
462
Vgl. hierzu z.B. die Thesen 30 und 39 des Manifestes („The community of discourse is the market“, „Companies that do not belong to a community of discourse will die“. Auch Strategieberatungsunternehmen halten
das „Community Building“ für einen zentralen Erfolgsfaktoren im E-Business: vgl. z.B. die Studie von Booz,
Allen & Hamilton (2000), S. 129 ff.
Vgl. Schneidewind/Spiller/Truffer (2001), S. 2.
Vgl. Schögel/Birkhofer/Tomczak (2000), S. 50.
Vgl. Duchrow (1999), S. 440.
Vgl. Schubert (1999), S. 29f.
Vgl. Kreutzer (2000).
176
7. Öko-Online-Marketing-Mix und Erfolgsfaktoren
shopping zielt in der Regel auf die Vermittlung von hochpreisigen Produkten, wie
Kommunikations- und Unterhaltungselektronik. Unter http://www.vitago.de werden
aber auch bereits Güter des täglichen Bedarfs nach einem vergleichbaren Konzept angeboten. Erste Anbieter im Bio-Bereich bereiten ebenfalls entsprechende Angebote vor
(z.B. http://www.nurnatur.de)463. Insgesamt bleibt jedoch abzuwarten, ob sich diese
Konzepte am Markt durchsetzen und sich auch im Bio-Bereich etablieren werden.
Kurz- bis mittelfristig werden sich voraussichtlich Zusammenschlüsse einzelner BioAnbieter in Form von Einkaufs- (Produktbörsen, vgl. z.B. www.foodtrader.com) oder
Verkaufsgemeinschaften (sogenannte Eco-Malls) eher am Markt etablieren. Diese haben den Vorteil, dass sie das Angebot verschiedener Bio-Bauern bündeln und dass
durch die damit verbundenen Skaleneffekte grösserer Absatzmengen auch die Preise
für den Endkunden sinken. Zudem sinkt der Kapitalbedarf bei der Erstellung bzw.
beim Unterhalt eines Online-Angebotes durch die gemeinsame Nutzung einer InternetPlattform.
Weiterhin sind Community-Besucher eine gut charakterisierbare Zielgruppe. Durch die
längere Verweildauer und i.d.R. höhere Aktivität stehen mehr Informationen zu ihren
Präferenzen und ihrem Konsumprofil zur Verfügung (Information über die Gemeinschaft).464 So ist zu erwarten, dass die Konsumpräferenzen von http://www.weinonline.de-Besuchern zumindest in Bezug auf das Bedürfnisfeld Weingenuss vergleichbar sind. Diese Informationen über Kunden sind ein wachsender Schlüsselfaktor für erfolgreichen Wettbewerb.
Ferner sammeln Communities Informationen über den Einkauf und Gebrauch von Produkten. Diese gesammelten Erfahrungen stehen anderen Teilnehmern als wichtige Entscheidungsgrössen zur Verfügung. Auch Unternehmen können von diesen Informationen profitieren, z.B. für Produktentwicklung, ökologische Käuferinformation etc. Bestehende Communities können demnach die Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten des Internets auch für eine höhere Markt- und Unternehmenstransparenz
nutzen (Information der Gemeinschaft).
463
464
Mündliche Aussage des Geschäftsführers von unitednature, F.-J. Grenzebach.
Vgl. Schubert (2000), S. 98.
7. Öko-Online-Marketing-Mix und Erfolgsfaktoren
177
Abbildung 46: Grundidee des Powershopping: Gemeinsam mehr erreichen
Quelle: http://www.letsbuyit.com
Beim Aufbau einer Community ist zu beachten, dass sie nur zum Teil von den Unternehmen gesteuert werden kann.465 Es handelt sich um soziale Prozesse, die zwar vom
Anbieter in Gang gesetzt und unterstützt werden sollten, dabei aber nicht zwangsläufig
immer die gewünschte kritische Masse an Kunden, welche die Community akzeptiert,
erreichen. Erst eine hinreichend grosse Mitgliederanzahl erlaubt jedoch die Bildung eines Informationspools und sorgt für eine ausreichend grosse Nachfragemacht und Anzahl von Präferenzprofilen, um eine Community wirtschaftlich zu nutzen und
Markteintrittsbarrieren gegenüber potentiellen Wettbewerbern zu schaffen. Eine
Community aufzubauen, benötigt Zeit und ein gewisses Durchhaltevermögen.
Da die Community auch für die Qualität der Angebote, die den Mitgliedern aufgrund
der von ihnen erhobenen Präferenzprofile unterbreitet werden, verantwortlich gemacht
wird, muss besondere Aufmerksamkeit auf die Wahl der Anbieter gelegt werden, denen sie die Profile überlässt. Die Community muss v.a. dafür Sorge tragen, dass ihre
Mitglieder nicht übervorteilt werden und die angebotenen Leistungen hinsichtlich Qua-
465
Vgl. Zupancic (1999).
178
7. Öko-Online-Marketing-Mix und Erfolgsfaktoren
lität und Preis konkurrenzfähig sind. Zudem muss sie vor eventuellen Nachteilen (z.B.
lange Vertragsbindung, eingeschränkte Garantie) warnen.466
Von existentieller Wichtigkeit ist auch die Wahrung der Glaubwürdigkeit der
Community. Da die Mitglieder nicht gezwungen sind, ihre Transaktionen über die
Community abzuwickeln und die Eigentumsrechte ihrer Präferenzprofile besitzen, verfügen sie gegenüber der Community über einen mächtigen Sanktionsmechanismus.
Vertrauen kann u.a. durch die Offenlegung der Finanzierungsstruktur oder der Eigentümer- und Werbekundenstruktur erreicht werden.467
Grundsätzlich kann das Unternehmen zwei unterschiedliche Ansatzpunkte beim Aufbau einer Community wählen:
• Die Community wird nur im Internet errichtet. Die Folge ist, dass die Kunden und
Nutzer primär in einem elektronischen, interaktiven Kontakt miteinander stehen.
Der Mehrwert für die Community-Besucher liegt im Aufbau eines Forums und evtl.
dessen Ausbau zu einer Plattform sowie dessen Anreicherung mit zielgruppenspezifischen Inhalten (Contents). Der Anbieter unterstützt die indirekte Interaktion zwischen den Nachfragern i.d.R. durch Chat-Foren, die einen direkten Austausch von
Produkterfahrungen, Informationen, Tipps ermöglichen, sowie durch Bulletin
Bords, an denen Informationen längerfristig hinterlegt werden können.468 Beispiele
für solche Communities sind www.umwelt.de oder www.naturkost.de, die interessierten Internet-Nutzern verschiedene Informations-, Transaktions- und Interaktionsangebote zur Verfügung stellen.
• Bereits bestehende reale Communities und Beziehungsnetze im Sinne eines gezielten Managements der Geschäftsbeziehungen469 werden um virtuelle CommunityElemente ergänzt. Hierbei werden den Personen in einem bestehenden sozialen Beziehungsnetzwerk über das Internet wichtige Informationen angeboten, die Interaktionen erfolgen aber auch im traditionellen sozialen Austauschprozess. Bisher sind
im Bio-Bereich nur wenige dieser Communities zu finden. Ein Beispiel ist die vom
Altop-Verlag betriebene Eco-World. Diese stellt die bislang in Papierform erschienenen Adressen und Kontakte des „Alternativen Branchenbuches“ nun im Internet
zur Verfügung (Eco-Adress) und bietet darüber hinaus den aufgeführten BioBetrieben die Möglichkeit, ihre Waren auch über die Eco-Word-Plattform zu vertreiben (Eco-Shop). Ferner können sich Kunden durch verschiedene Informations466
467
468
469
Vgl. Meyer J. (2000), S. 64.
Vgl. Meyer, J. (2000), S. 64.
Vgl. Schögel/Birkhofer/Tomczak (2000), S. 50.
Vgl. zum Management der Geschäftsbeziehungen ausführlicher Belz, Ch. et. al. (1998).
7. Öko-Online-Marketing-Mix und Erfolgsfaktoren
179
angebote klicken und miteinander interagieren (Eco-Market, Eco-Business usw.).
Ein weiteres Beispiel mit auf bestehenden Beziehungsnetzwerken basierenden
Community-Elementen stellt der Internet-Auftritt des Schweizer Verbands „Bio
Suisse“ dar (vgl. hierzu den Exkurs: Verbände als virtuelle Communities). Hier
werden den der Bio Suisse angeschlossenen Produzenten und Lizenznehmern mit
Hilfe des Internets z.B. zielgruppenspezifische Informationen vermittelt, wie Preisinformationen für Direktvermarkter oder Marktinformationen zu Produktgruppen
(Milch, Fleisch, Gemüse, Eier etc.). Geplant ist auch, den einzelnen Regionalverbänden der Bio Suisse und den daran angeschlossenen Direktvermarktern mit Hilfe
von herunterladbaren Informationsbroschüren (Übersicht über Leistungen der Bio
Suisse) oder Chatforen Marketingunterstützung über das Internet anzubieten. Die
Bio Suisse unterstützt, bietet Plattform, vernetzt, vermittelt und administriert dabei
die Geschäfte. Ziel soll der einfache Zugang zu sämtlichen relevanten Marktdaten
für Marktagenten und eine Marktübersicht über alle Knospe-Marktagenten mit detaillierten, handelsorientierten Marktinformationen sein.470
EXKURS: Verbände als virtuelle Communities
Verbände haben gute Voraussetzungen als Betreiber von virtuellen Communities. Im
Lebensmittelbereich existieren in Form der unterschiedlichen ökologischen Anbauverbände schon lange etablierte, reale Gemeinschaften und Communities. Sie haben in der
Bevölkerung ein zumeist positives Markenimage und einen hohen Bekanntheitsgrad.
Die Virtualisierung eröffnet vollkommen neue Möglichkeiten des Austausches (z.B.
über Anbau-, Pflanzenschutz und Zertifizierungsmethoden). Auch die Diskussion zwischen den unterschiedlichen Verbänden und insbesondere ein internationaler Erfahrungsaustausch kann durch die Virtualisierung erheblich erleichtert werden und damit
Produktinnovationsschübe auslösen.471 Dieses Potential steht auch ökologischen Produkten in Bezug auf die Produktvermarktung offen.472 Zwei Entwicklungsmöglichkeiten sind denkbar: Verbände als Informationsplattform, d.h. als erste Anlaufstelle für
Bio-Produkte, bzw. Verbände als zentrale Handelsplattform für Bio-Produkte.473
• Community als Informationsplattform: Der Mehrwert, den eine Community in
Form einer Informationsplattform Konsumenten, angeschlossenen Verbandsmitgliedern (Direktvermarktern, Lizenznehmern...) sowie potentiellen Abnehmern (z.B.
Grosshandel) bieten könnte, besteht neben Inhalten, wie Grundinformationen zum
Verband, Markt- und Preisinformationen, auch in Informationen über die einzelnen
470
471
472
473
Vgl. Kolibius (2000b).
Vgl. Schneidewind/Spiller/Truffer (2001), S. 5.
Vgl. Schneidewind/Spiller/Truffer (2001), S. 5.
Vgl. Kolibius (2000b).
180
7. Öko-Online-Marketing-Mix und Erfolgsfaktoren
Produzenten (z.B. Hofberichte, Livekameras etc.). Verknüpfungen mit wichtigen
nationalen und internationalen Institutionen, wie der Umweltverwaltung, sind ebenfalls denkbar. Hierdurch würde das Vertrauen in die einzelnen Bio-Angebote der
Landwirte gestärkt.
• Community als Handelsplattform: Die besondere Bedeutung von Verbänden im
Rahmen des E-Commerce resultiert darüber hinaus auch aus der Funktion der Verbände für die Produktvermarktung, was neben organisatorischen oder Marktleistungen vor allem die Kommunikation mit dem Endkunden einschliesst. Denn Grösse ist
ein wesentlicher Faktor im Internet: Notwendig sind eine grosse Produktpalette, eine flächendeckende Lieferung, grosse Kundengruppen etc., um für den Kunden interessant zu sein. Für ökologische Anbieter ist dieser Faktor häufig nicht allein zu
erreichen. Dadurch sind insbesondere Versandhäuser oder Geschäfte im Vorteil, die
bekannte Markennamen aus der realen Welt in das Internetgeschäft einbringen können. Dem können etwa regionale oder kleine Anbieter insbesondere durch die Kooperation in Verbänden entgegenwirken. Auf Basis der jeweiligen Strategie für eine
verbesserte Marktkoordination und Markterschliessung liegt es auch für Verbände
nahe, die bestehenden Kooperationen mit Hilfe des Internets weiterzuentwickeln.
7.6 Co-location
Das World-Wide-Web steht in der Regel als Synonym für den globalen Marktplatz, die
Globalisierung wird als Treiber für die Verbreitung des E-Commerce betrachtet. Auf
den ersten Blick scheinen die kleinen Anbieter mit beschränktem Einzugsgebiet gegenüber den überregionalen Anbietern im Nachteil zu sein, denn das verfügbare Investitionsvolumen kleiner Unternehmer ist beschränkt. Die Kosten für den Aufbau eines professionellen Electronic Commerce Angebotes sind aber nahezu gleich,
ungeachtet, ob es sich nur auf eine Region bezieht oder ein auf nationaler Ebene tätiger
Filialist sein Netz um ein virtuelles Geschäft erweitert.
Es muss aber nicht unbedingt bei einer elektronischen Filiale bleiben. So sind Partnerprogramme für Händler, die logistische Probleme lösen können, eine attraktive
Möglichkeit. Umsatzbeteiligungen sichern nicht nur dem bekanntesten Pionier auf diesem Gebiet, Amazon, ein ertragreiches Filialnetz, das über 280.000 Verkaufsstellen
umfasst.474 Erfolgsfaktor für das Online-Marketing im Electronic Commerce ist weni-
474
Vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel 6.2.5.
7. Öko-Online-Marketing-Mix und Erfolgsfaktoren
181
ger das P für Place als vielmehr das hybride Geschäftsmodell oder C für „Co-location“,
dem unbegründete Berührungsängste weichen müssen.
Auch der Amerikaner Charles Steinfield und der Münsteraner Stefan Klein haben in
ihrer Forschungstätigkeit empirische Indizien für den zunehmenden Erfolg regionaler
Geschäfts- und Marktmodelle mit E-Commerce gesammelt.475 Ihre Ergebnisse stützen die These, dass die meisten web-basierten kommerziellen Aktivitäten regional fokussiert sind.476 Unter anderem weisen sie darauf hin, dass regionale Geschäfte den
grossen Vorteil haben, in soziale Netzwerke zum Kunden eingebettet zu sein, die sich
zumeist auf eine bestehende Vertrauensbasis stützen können. Diese Basis ist auch für
die Vermarktung ökologischer Produkte eine wichtige Grundvoraussetzung und ihr
Fehlen offensichtlich eine grosse Schwäche des global-orientierten E-Commerce.477
Die implizite Annahme, das Kaufverhalten reguliere sich allein über den Preis, ist in
der Realität kaum gegeben: Vielmehr spielen Qualität, Vor-Ort-Service, Reputation
des Geschäftes und auch ökologische Aspekte bei der Kaufentscheidung eine nicht zu
unterschätzende Rolle. Darüber hinaus sind die Logistikkosten im regionalen Bereich
erheblich geringer.
Angesichts dieser Vorteile rechnen Steinfield und Klein mit einer Renaissance
regionaler Geschäftsmodelle, sofern es gelingt, professionelle hybride Infrastrukturen
in den Regionen aufzubauen, d.h. bestehende persönliche Kontakte durch virtuelle zu
unterstützen und umgekehrt. So können Synergien entstehen. In dem Masse, in dem
das World-Wide-Web weiterhin eher als ein Informationsmedium als ein
Transaktionsmedium angesehen wird, weil die soziale Vertrauensbasis über das Netz
nur schwer herzustellen ist, können regionale E-Commerce-Anwendungen genau
dieses Defizit überwinden. Für die Praxis bedeutet dies: Regionale Akteure sollten den
Aufbau von E-Commerce mit regionalem Fokus und Inhalten fördern und sich um den
Aufbau regionaler Communities bemühen. Dies alles sind Faktoren, die bei
ökologischen Produkten eine wichtige Rolle spielen und sich für die InternetVermarktung günstig auswirken könnten.
475
476
477
Vgl. Steinfield/Klein (1999), S. 45ff.
Vgl. zur Regionalisierung auch Hofer/Stalder (1998).
Vgl. zum Zusammenhang von Vertrauen und E-Commerce auch Kapitel 6.3.1 „Zentrale Wirkungskette aus
Mehrwert, Transaktion und Vertrauen“.
182
7. Öko-Online-Marketing-Mix und Erfolgsfaktoren
7.7 E-Commerce-Erfolgsfaktoren jenseits der Öko-Nische: Content,
Communication, Commerce, Community und Co-location
In den Kapitel 7.1. – 7.6. wurden zentrale Variablen des Online-Marketing behandelt.
Werden diese Variablen den einzelnen Phasen der Kaufentscheidung (Informations-,
Entscheidungs-, Transaktions-, Kundenbindungsphase) gegenübergestellt, lassen sich
diese Variablen auch als anbieterseitige Erfolgsfaktoren für den E-Commerce interpretieren, da sie im wesentlichen die Bedürfnisse des Nachfragers in den einzelnen Kaufphasen befriedigen sollen: In der Informationsphase das Bedürfnis nach möglichst umfassender Aufklärung und Information, in der Entscheidungsphase der Wunsch nach
Kommunikation mit dem Anbieter, in der Transaktionsphase die Option bequemer Bestellmöglichkeiten und in der Kundenbindungsphase ein möglichst umfassender Service. Konkret bedeutet dies, dass der Anbieter dann erfolgreich sein wird, wenn er dem
Endkunden in der Informationsphase beispielsweise aktuelle Angebote und Informationen über die Produkte etc. zur Verfügung stellt (Content). In der Entscheidungsphase sollte er dem Kunden unter anderem Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme und Interaktion einräumen (z.B. eine Online-Beratung), damit der Kunde auch das nötige
Vertrauen in den Hersteller/Anbieter bekommt (Communication). Die Transaktionsphase sollte durch einen einfachen Bestellvorgang gekennzeichnet sein, damit der Käufer den Bestellvorgang nicht abbricht. Eine weitere Möglichkeit bildet z.B. das Angebot der bequemen Lieferung nach Hause (Commerce). Zusatzservices, wie die Zusendung von Sonderangeboten per Newsletter, der Meinungsaustausch mit Gleichgesinnten binden den Kunden darüber hinaus an das Unternehmen. Meist wird diese Kundenbindung durch Community-Elemente erreicht. Zudem hat die Praxis gezeigt, dass
insbesondere regionale Geschäfts- und Marktmodelle zunehmenden Erfolg beim
E-Commerce zeigen.478
Zusammenfassend lassen sich also fünf Funktionsebenen identifizieren, die zentral für
eine Internet-Präsenz sind: Content, Communication, Commerce, Community und
Co-location.479 Sie sollen in folgenden als Erfolgsfaktoren für ein ökologisch orientiertes Online-Marketing jenseits der Nische verstanden werden. (vgl. Abbildung 47).
478
479
Vgl. Steinfield/Klein (1999), S. 45ff.
In der Literatur finden sich auch Klassifizierungen, die von 6 bzw. 7 C’s ausgehen (Greunke/Eppler (2000)
bzw. o.V. (2000). Neben den im Rahmen dieser Arbeit erwähnten 5 C‘s finden sich hier noch Erfolgsfaktoren
wie Customer Care (Kundenbindung), Convenience (Service, Suche, Navigation...), Connectivity (Feedback,
Kanäle, WAP...) oder Compliance (Informationspflichten, Private Policy, Legal Content). Diese zusätzlichen
C’s lassen sich je nach Klassifzierungsschema jedoch den fünf Obergruppen zuordnen (Convenience zu
7. Öko-Online-Marketing-Mix und Erfolgsfaktoren
183
Internet als Markt
Information
Internet als Medium
Abwicklung
Kundenbindung
• Aktuelle Angebote und
Informationen
• Zeitnahe Vergleichsmöglichkeiten
• Online-Beratung
• ...
• Online-Bezahlung
• E-Mail zum
Bearbeitungsstatus
• ...
• Zeitnahe
Kundenbetreuung
• Feedback
• ...
• Datenbanken/Suchmaschinen
• Geringerer Such- und
Vergleichsaufwand
• ...
• Unterstützung
durch Lieferservices
• ...
• Sonderangebote und
Lieferrabatte
• ...
• Unterstützung von
Vertrauen
• Transparente Abläufe
• ...
• Transparente Lieferund Bezahlvorgänge
• ...
• Cross -Selling
• Emotionalität
• ...
Unmittelbarkeit
Transaktions kostenreduzierung
Entscheidung
• ...
• Verlinkung von
Hypermedialität / Inhalten
Individualität/
Interaktivität
• ...
Content
Communication
Confidence
Commerce
Community
Co - location
Abbildung 47: Internetpotentiale im Öko-E-Commerce und
wichtige Erfolgsfaktoren aus Kundensicht
Quelle: Eigene Darstellung
EXKURS: Phasen des Digitalen Marketings
Es kann eine enge Verzahnung der Erfolgsfaktoren Content, Communication, Commerce und Community beim elektronischen Handel festgestellt werden (vgl.
Abbildung 48). Dies sollte auch bei der Erstellung des Marketing-Mixes berücksichtigt
werden: Web-Inhalte sollen informativ, unterhaltsam, ansprechend und einfach abzurufen sein, um die Aufmerksamkeit des Kunden zu wecken (attract) und ihn durch aktuelle oder einzigartige Inhalte zu Wiederholungsbesuchen zu veranlassen (retain).480
Darüber hinaus soll es Ziel eines interaktiven Direktmarketing sein, den Konsumenten
durch interaktive Elemente in das Webangebot einzubinden (engage). Gleichzeitig
lernt der Anbieter aus den Kundenangaben, indem er z.B. bei Einkäufen über den
Kunden Informationen sammeln kann, diese systematisch in einer Kundendatenbank
480
Commerce bzw. Content, Customer Care zu Commerce bzw. Community) oder verlieren aufgrund zukünftiger Standardisierung meines Erachtens an Bedeutung (insbesondere Compliance und Connectivity).
Vgl. Gräf (1999), S. 149.
184
7. Öko-Online-Marketing-Mix und Erfolgsfaktoren
auswerten und damit sein Webangebot besser auf die individuellen Kundenpräferenzen
abstimmen kann (learn).
Dadurch kann er dem Kunden personalisierte Angebote machen, die wiederum beim
Nutzer als Zusatznutzen empfunden werden können, die Kundenbindung erhöht (relate) und neuerlich das Interesse des Kunden wecken (attract).
Aufmerksamkiet des Konsumenten
für eine bestimmte Anwendung im
Web gewinnen, z.B.
• Marken,
• bewegte Elemente
‚attract‘
Interesse
wecken
Personalisierte Interaktion
und Zusatznutzen
(Customization), z.B.
• Realtime Interaktionen,
• Links zum Kerngeschäft
‚engage‘
‚relate‘
Personalisieren
‚learn‘
Aus dem Kundendialog lernen, z.B.
• Informationen sammeln,
• systematische Auswertungen
der Kundendatenbank,
• kontinuierliches Lernen
aus den
KundenEingaben
lernen
Angebot in
das Web
einbinden
Interesse gewinnen und
den Kunden einbinden, z.B.
• kreative Gestaltung,
• interaktiver Inhalt,
• Nutzer-generierter Inhalt,
• Transaktionsmöglichkeiten
bieten
‚retain‘
an das WebAngebot
binden
Einen Wiederholungsbesuch des
Konsumenten sicherstellen, z.B.
• dynamische Inhalte,
• Communities,
• einzigartige Inhalte
Abbildung 48: Phasen des digitalen Marketing
Quelle: Gräf (1999), S. 149
8. Schlussbetrachtung und Ausblick
185
8 Schlussbetrachtung und Ausblick
8.1 Ausgangspunkt und Zielsetzungen
Der Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit ist zum einen die Öko-Nische, eine
Marktsituation, in der die Verbreitung von ökologischen Konsummustern kaum ausgeprägt und daher die Nachfrage nach ökologischen Produkten begrenzt ist. Aus diesem
Grund werden ökologische Produktvarianten vorwiegend über alternative Distributionsformen ohne bedeutenden Marktanteil oder als Randangebote beim Grosshandel
vertrieben. Die Ökologisierung von Massenmärkten ist für einen ökologischen Strukturwandel im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung jedoch eine unverzichtbare Voraussetzung.481 Die Forderung nach einer Ökologisierung von Massenmärkten auf der
einen und die Realität der Öko-Nische auf der anderen Seite zeigen die zu Beginn der
Arbeit angetroffene Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit auf.
Weite Teile der Prozesse moderner Volkswirtschaften befinden sich in einem grundlegenden Umbruch. Die Diskussion über den Weg in die Informationsgesellschaft wird
vor allem von einem Phänomen beherrscht – dem Internet. Das Internet bzw. die „New
Economy“ im speziellen ist zum Schlüsselwort für eine neue Ära geworden. Das gilt
gleichermassen für unternehmensinterne Prozesse und für Transaktionen mit Lieferanten und Endkunden.
Im Zusammenhang mit dieser Ausgangssituation stellt sich die Frage, welche Potentiale das Internet zur Relativierung der auf ökologischen Märkten vorherrschenden Probleme bietet und wie das neue Medium für eine breitere Vermarktung ökologischer
Produkte und Dienstleistungen genutzt werden kann. Ziel war es, diese Ausgangsfragestellung sowohl mit Hilfe geeigneter theoretischer Konzepte und Modelle (Neue Institutionenökonomie und Strategisches Management) näher zu beleuchten und diese
um praktische Handlungsanleitungen im Rahmen eines strategisch angelegten Marketing-Konzeptes zu ergänzen.
481
Vgl. Mohr (1999) zitinert nach Villiger (2000b), S. 259.
186
8. Schlussbetrachtung und Ausblick
8.2 Zusammenfassung der Ergebnisse
Im folgenden sollen die zentralen Ergebnisse und Kernaussagen der Arbeit noch einmal zusammenfassend dargestellt werden. Zur besseren Übersicht wird auf die forschungsleitenden Fragestellungen aus Kapitel 1 rekurriert:
• Welche besonderen Probleme existieren auf Anbieter- und Nachfrageseite, die
dazu führen, dass Bio-Produkte in der Nische verharren?
• Welche Potentiale bietet das Internet zur Lösung dieser Probleme beim Endkunden und Anbieter durch die Veränderung der Marktstrukturen?
• Was sind geeignete strategische Handlungsoptionen eines ökologisch orientierten Online-Marketing jenseits der Öko-Nische?
• Welche Erfolgsfaktoren in Bezug auf das Marketing-Mix lassen sich aus Unternehmenssicht für ein erfolgreiches Online-Marketing jenseits der Öko-Nische
ableiten?
• Wo liegen die Grenzen des Öko-Online-Marketings?
Zu den Problemen auf ökologischen Märkten zählen vor allem informations- und vertrauensbezogene sowie kosten- und nutzenbezogene Kaufbarrieren. Aufgrund der geschilderten Informationsasymmetrien und Unsicherheiten besteht die Gefahr, dass unvollständige, verzerrte oder mehrdeutige Informationen übermittelt werden, wenn dies
für den Anbieter Vorteile bringt. Der Nachfrager unterliegt daher der Gefahr, dem
opportunistischen Verhalten eines weniger ökologischen Anbieters zum Opfer zu fallen. Unter kosten-nutzen-bezogenen Aspekten sind Produkte aus ökologischer Landwirtschaft aus der Sicht der Konsumenten zwar gesünder, haben teilweise einen besseren Geschmack und vermitteln ein gutes Gewissen (Ökologie/Ethik), weisen aber auch
höhere Preise und Beschaffungskosten als herkömmliche Produkte auf.
Ansatzpunkte für die erfolgreiche Vermarktung von Bio-Produkten sind zum einen
Massnahmen der Verringerung der Informationsasymmetrien bzw. der Unsicherheit.
Zum anderen haben Nutzensteigerungen und/oder Kostensenkungen positive Auswirkungen für den Absatz von Bio-Produkten.
8. Schlussbetrachtung und Ausblick
187
Grundsätzlich bietet E-Commerce als Technologie viele verschiedene Vorteile für den
Kunden, insbesondere aufgrund der vernetzten Struktur der neuen Informations- und
Kommunikationstechnologien. Im Rahmen der Arbeit wurde ausführlich diskutiert,
dass durch Electronic Commerce biomarktspezifische Defizite reduziert und neue Geschäftsmodelle entwickelt werden können. Aus der Sicht des Endkunden können mit
Hilfe des Internets u.a. eine höhere Markttransparenz erreicht, der Aufbau von Vertrauen unterstützt und Transaktionskosten gesenkt werden. Massgeblich für den Erfolg
sind dabei neben Internetshops auch neue Geschäftsmodelle, wie z.B. Communities,
die neue Wertschöpfungsmöglichkeiten für die Bio-Branche eröffnen. Diese Entwicklungen sind vor allem auf zwei Eigenschaften des Internets zurückzuführen:
• seine medialen Aspekte (Interaktivität, Unmittelbarkeit, Transaktionskostensenkung, Hypermedialität) sowie
• seine marktlichen Aspekte im Rahmen der Informations-, Kommunikations-,
Abwicklungs- und Kundenbindungsphase (Unmittelbarkeit von Ort und Zeit,
hohe Markttransparenz, bessere Marktkoordination)
Sieht man einmal von den zahlreichen heute noch existierenden Barrieren für eine weite Verbreitung des E-Commerce (z.B. mangelnde Internetverbreitung, soziale und
rechtliche Restriktionen) sowie Problemen im Produkthandling bei Lebensmitteln ab,
bestehen vor allem anbieterseitig noch grosse Schwächen. Vielfach werden die technologischen Möglichkeiten der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien
isoliert betrachtet. Dies gilt insbesondere für die Bio-Branche: Da sind zum einen die
Unternehmen, die nach dem Motto "Es wird schon nicht schaden" mit ein paar mehr
oder weniger gut gestalteten Web-Seiten halbherzig ein Internetprojekt starten, zum
anderen übertragen viele Firmen ihre traditionellen Konzepte „Eins zu Eins“ auf das
Internet. Beim Einstieg in die neue, digitale Welt ist jedoch zu berücksichtigen, dass in
der New Economy andere Gesetzmässigkeiten der Kundenansprache gelten als bei der
traditionellen Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen. Herkömmliche Marketing-Strategie-Tools, wie die 4 P’s – Price, Product, Place, Promotion – sind zwar
weiterhin wichtige Steuergrössen, verlieren jedoch als alleinige Marketing-Variablen
ihre Bedeutung. Sie sind kaum ausreichend, um in der New Economy langfristig erfolgreich zu sein. In den meisten Fällen werden durch diese Vorgehensweise nur „sunk
costs“ produziert – obwohl die Ladenöffnungszeiten im Internet nicht beschränkt sind
und Kunden aus aller Welt der Zugang offen steht.
Um in einem Absatzkanal einen echten Mehrwert für den Kunden zu generieren und
diesen gegenüber der Konkurrenz zu behaupten, sind die technologischen Möglichkeiten jedoch nur eine Voraussetzung. „Technology is not the object, but merely the
188
8. Schlussbetrachtung und Ausblick
enabler that faciliates the delivery of value to the end user.“482 Viel wichtiger ist es,
den grundsätzlichen Nutzen des Internets für den Kunden entsprechend dessen Erwartungen und Bedürfnissen im Einkaufsprozess zu analysieren. Wie in der realen Welt
müssen im E-Commerce Ansätze gefunden werden, die dem Kunden einen entsprechenden Mehrwert bieten. Eine reibungslose Bestellung und Lieferung der Ware erwartet der Kunde auch von einer stationären Verkaufsstätte oder einem Versandgeschäft. Dieser Mehrwert reicht also allein nicht für eine Differenzierung am Markt mittels
E-Commerce. Folglich ist vor allem das Marketing gefordert, innovative Ansätze zu
entwickeln und zu implementieren, die den Eigenschaften der neuen Technologien
Rechnung tragen und zu einer erfolgreichen, kundenorientierten Gestaltung der Anbieter-Kunden-Beziehung im E-Commerce beitragen.483
Es stellt sich die Frage, wie solche innovativen Ansätze – vor dem Hintergrund bzw.
Ziel einer „Ökologisierung des Massenmarktes“ – im Rahmen eines OnlineMarketing-Konzepts für Bio-Produkte aussehen könnten. Dazu bedarf es vor allem der
Weiterentwicklung und Neuinterpretation bestehender Marketing-Konzepte. Hierzu
wurde auf das Konzept der „Landkarte des ökologischen Massenmarktes“ zurückgegriffen. Das Konzept der ökologischen Landkarte ermöglicht es, beide im Hinblick auf
die „Ökologisierung des Massenmarktes“ wichtigen Steuergrössen, die ökologische
Qualität sowie die Marktanteile von Produkten, zueinander in Bezug zu setzen. Mit
Hilfe des Konzepts lassen sich sowohl die Zielsetzung eines „ökologischen Massenmarktes“ als auch alternative Wege dorthin (d.h. verschiedene Entwicklungspfade, die
eine Annäherung an das Ziel ermöglichen) veranschaulichen. Grundsätzlich lassen sich
dabei zwei Entwicklungsdimensionen feststellen:
• eine Ausdehnung des Marktanteils des „Eco-„ bzw. „mittleren“ Segments oder
• eine Anhebung der relativen ökologischen Qualität.
Im Rahmen dieser Entwicklungsmöglichkeiten wurden verschiedene Handlungsoptionen vorgestellt, die sich für die Vermarktung von Bio-Produkten als erfolgversprechend herausstellen könnten. Sie reichen von der Gewinnung von Neukunden über
verbesserte Kundenbindungs-, Cross-Selling- und Preisstrategien bis hin zu virtuellen
Kooperationen und dem Aufbau von Communities. Betrachtet man die aktuelle Situation in den Diskussionen um den E-Commerce, so lassen sich zwei Gruppen von Anbietern mit spezifischen Herangehensweisen an den E-Commerce unterscheiden, die
482
483
Hagel/Bergsma/Dheer (1996), S. 67.
Vgl. Schögel/Birkhofer/Tomczak (2000), S. 58.
8. Schlussbetrachtung und Ausblick
189
den beiden bisher beschriebenen strategischen Handlungsoptionen der Landkarte des
ökologischen Massenmarktes (Vergrösserung des relativen Marktanteils sowie Erhöhung der relativen ökologischen Qualität) sehr ähnlich sind: Vertrauensorientierte Strategien und transaktionsorientierte Strategien. Beide Ansätze gehen von unterschiedlichen Voraussetzungen aus, sind aber für die Vermarktung von Bio-Produkten als erfolgversprechend zu beurteilen.
Abschliessend wurden die aus operativen Gesichtspunkten wichtigen Erfolgsfaktoren
für ein ökologieorientiertes Online-Marketing für Bio-Lebensmittel erarbeitet. Für die
Analyse der Erfolgsfaktoren eignete sich dabei eine an den vier bzw. sechs P’s orientierte Betrachtung, wobei hinsichtlich des Online-Marketings ein Übergang von den
„P“s des klassischen Marketings zu den „C“s des Online-Marketings festgestellt werden konnte. Es handelt sich dabei um die Erfolgsfaktoren Content, Communication
und Commerce bzw. deren Kombination in Form einer Community im Umfeld eines
regional begrenzten Marktplatzes (Co-location, vgl. Abbildung 49).
CONTENT
Information/Präsentation
COMMUNICATION
Kommunikation
COMMUNITY
COMMERCE
Bestellabwicklung/Transaktion
Co-location
Abbildung 49: Faktoren eines erfolgreichen Interneteinsatzes
Quelle: Eigene Darstellung
Die vier Erfolgsfaktoren basieren auf den klassischen 4 „P“s des Marketings, berücksichtigen die technologischen Potentiale der neuen Informations- und Kommunikationsmedien und sind den Erfordernissen der Konsumenten der neuen digitalen Ökonomie angepasst. Laut Seybold repräsentieren sie einen fünf-phasigen Evolutionszyklus
190
8. Schlussbetrachtung und Ausblick
von Internet-Angeboten.484 Nachdem im ersten Schritt Unternehmen nur Informationen ins Netz stellen, steht anschliessend die Endkundeninteraktion im Vordergrund
(z.B. in Form einer Kunden-Support-Hotline). In einer dritten Phase werden erstmals
Transaktionen vorgenommen, bevor im vierten Schritt versucht wird, eine personalisierte Interaktion mit dem Kunden einzugehen. In der fünften Phase ist jedes Unternehmen schliesslich bestrebt, eine eigene Community zu etablieren, um die Kunden an
das Unternehmen zu binden. Letztlich haben alle Erfolgsfaktoren zum Ziel, die Kundenzufriedenheit zu maximieren, um so den Internet-User an das Unternehmen zu binden und damit den langfristigen Bestand des Unternehmens zu sichern.
8.3 Ausblick: Bio im Cyberspace?
Dem einen oder anderen Leser mag es schon beim Titel der Arbeit aufgefallen sein:
Online-Marketing für Bio-Produkte?! Auf den ersten Blick scheinen die beiden Themenfelder so gar nicht zusammen zu passen: Einerseits die sogenannte „New Economy“, Sinnbild des Progressiven und Zukunftorientierten, der Informationsgesellschaft,
der Globalisierung, des Siegeszuges der Marktwirtschaft, der Beschleunigung des
Wirtschaftslebens etc. Andererseits die Öko-Branche, die mit Begriffen wie Natürlichkeit, Technologiefeindlichkeit, Regionalität und staatlicher Subventionspolitik verbunden wird. Neueste Informations- und Kommunikationstechnologien und Ökologie –
ein Widerspruch in sich?
Schnell kommt einem hier ein Bild in den Sinn, wie es dem Autor immer wieder auf
Tagungen und Kongressen begegnet ist: Vom interessierten, aber dem E-Commerce
kritisch gegenüberstehenden Öko-Bauern und dem technophilen E-Commerce-Berater,
der aber von den Eigenarten der Bio-Branche wenig Kenntnis hat. Der Berater wird
dem Bio-Bauern mit zahlreichen farbigen Präsentationsfolien und Begriffen wie
‚E-Procurement’, ‚Warenkorbsystem’, ‚24h-7-Tage-die-Woche’ usw. eine zukunftsweisende „Bio-E-Business-Plattform“ verkaufen wollen. Der Bio-Bauer wird sich
überfordert zurücklehnen und kritisch entgegnen, dass die neuen Medien das Problem
der Vermarktung ökologischer Lebensmittel auch nicht beheben können; es funktioniere ja momentan noch nicht einmal im konventionellen Lebensmittelhandel. Er wird eine Vielzahl unterschiedlicher Barrieren hervorbringen, die einer raschen Ausbreitung
des E-Commerce entgegenstehen und den Verkauf von Bio-Produkten per World Wide
Web als „Spielerei“ abtun: Bio im Cyberspace – Nein Danke! Der Berater wird ihm
darauf den enttäuschenden Status Quo bei der Online-Vermarktung ökologischer Le484
Seybold/Marshak (1998), S. 46.
8. Schlussbetrachtung und Ausblick
191
bensmittel vorhalten. Er wird den Kopf darüber schütteln, warum der Bio-Bauer mal
wieder den Zahn der Zeit verpasst und weiter seine unprofessionellen MarketingMethoden der Öko-Nische anwendet. Eine Annäherung der beiden – unmöglich.
Der Wissenschaftler hingegen wird die Probleme des Bio-Bauern berücksichtigen und
sie mit den Ideen des E-Commerce-Beraters zu lösen versuchen, um die Vorteile des
Internets für die Bio-Branche zu nutzen. Auf den vergangenen 200 Seiten sollte so ein
Versuch gemacht werden, d.h. die Herausforderungen der Bio-Branche aufzunehmen
und sie mit Hilfe der Möglichkeiten der neuen Medien zu nutzen, um einen von vielen
Wegen aus der Öko-Nische zu finden. Auf Basis bestehender Forschungsergebnisse
aus den Bereichen Ökologie und Neue Medien wurde eine Reihe von Denkanstössen
und Ideen formuliert, die dem Bio-Bauern bei seinen Vermarktungsproblemen hilfreich sein könnten. Es wurden aber auch die Grenzen deutlich, die einem erfolgreichen
BioE-Commerce heute noch im Wege stehen. Und letztlich bleiben – wie in jedem Forschungsfeld – noch viele Fragen offen: Wird das Internet wie einst Elektrizität und
Verbrennungsmotor die Geschäftsbeziehungen grundlegend verändern, Produktionsprozesse auf den Kopf stellen und steigende Produktivität und Wachstum bringen und
so für einen Pradigmenwechsel sorgen? Oder wird das Internet in seiner jetzigen Form
nur die Fortsetzung einer ganzen Reihe von wichtigen Fortschritten im zwischenmenschlichen Nachrichtenverkehr sein – nicht weniger, aber auch nicht mehr? Wird
die Nutzung der Potentiale des Internets eher zu einer Verschlechterung der ökologischen Umwelt führen und somit ein breiter Einsatz dieses Mediums den Weg zu einer
Ökologisierung des Massenmarktes ad absurdum führen? Oder wird die Umwelt durch
Prozessverbesserung tatsächlich entlastet? ...
Ob das Internet letztendlich bei der Vermarktung (von Bio-Lebensmitteln) eine wichtige Rolle spielen wird, ist heute schwer abzuschätzen. Eine definitive Antwort auf diese
Frage wird erst in den nächsten Jahren möglich sein. Zu sehr sind die Entwicklungen
im Bereich der Neuen Medien im Umbruch. Noch kann auch die ganze wirtschaftliche
Tagweite des Internets nicht erahnt werden.485 Insofern wird auch in Zukunft die Diskussion, ob die Wirtschaft des 21. Jahrhunderts anders aussehen wird als die des
20. Jahrhunderts, weitergehen.
485
Es lassen sich lediglich Handlungsszenarien modellieren, die dem Leser einen ersten Eindruck von der Zukunft vermitteln sollen, wie die Entwicklung im Bereich Bio-E-Commerce verlaufen könnte. Ebenso wie der
Disput vom kritischen Bio-Bauern und technophilen E-Commcere-Berater ist der zum Teil ein wenig ironisch
zugespitzte Ausflug ins Jahr 2005 (vgl. Exkurs) primär der Phantasie des Autors entsprungen, gepaart mit
dem in den letzten Jahren gesammelten Wissen über Eigenschaften der Biobranche und den Entwicklungen
im Bereich der Neuen Medien. Auf unterhaltsame Art und Weise soll dem Leser ein mögliches Zukunftsbild
vermittelt werden, das jedoch nicht den Anspruch einer validen Prognose besitzt.
192
8. Schlussbetrachtung und Ausblick
Bleibt abschliessend noch hinzuzufügen, dass manchmal schon ein Blick in die Geschichte reicht, der zeigt, dass alles anders kommt als erwartet: Schon einmal gab es
zahlreiche Diskussionen bei der Einführung einer neuen Kommunikationstechnologie,
die Räume und Entfernungen zunichte und den Globus so klein gemacht hat wie nie
zuvor. Ein weltweites Kommunikationsnetz überspannte Kontinente und Ozeane, Geschäftspraktiken wurden revolutioniert.486 Die Rede war nicht vom Internet, sondern
vom Telegrafen. Das war im Jahre 1840.
Ein Ausflug ins Jahr 2005...
Ein ganz gewöhnlicher Donnerstag im Jahre 2005. Es ist schon wieder 20.30 Uhr und
der E-Commerce Berater und eingefleischter Öko-Kunde Matthias N. sitzt immer noch
im Büro an einer Präsentation für eine grosse Online-Biofood-Börse. Als Herr N. aus
seinen Unterlagen auf die Uhr sieht, erschrickt er: Er hat total vergessen, Essen für seine heutige Verabredung einzukaufen! Sein Bio-Händler „Öko-Gut“ hat trotz liberalisierter Ladenschlusszeiten schon geschlossen. Doch da dieser seit zwei Jahren Mitglied
des Bio-Netzwerkes „bio2000hessen.de“ (einem Zusammenschluss zahlreicher BioBauern und Naturkosthändler, die über eine Agentur eine gemeinsame Einkaufs- und
Verkaufsplattform betreiben) ist, nimmt Herr N. heute den Einkauf via Internet vor. Er
loggt sich mit seinem Benutzernamen und Passwort beim virtuellen Einkaufszentrum
„http://www.bio2000hessen.de“ ein und wird nach erfolgter Anmeldung von seiner
persönlichen Einkaufsassistentin Agricola (EA) begrüsst:
EA:
Guten Abend, Herr N., suchen Sie „Spezielle Angebote“
oder möchten Sie nur „Bummeln“?
Herr N.:
Spezielle Angebote.
EA:
Art des gewünschten Angebots?
Herr N.:
Lebensmittel.
EA:
Anlass?
Herr N.:
3-Gänge-Abend-Menü.
EA:
Gewünschte Hauptspeise?
Herr N.:
Lamm.
Auf Basis von Matthias N.’s Vorstellungen und aufgrund der vom System gelernten
generellen Einkaufsvorlieben von Matthias N., macht sich die EA auf die Suche nach
gewünschten Essensvorschlägen. Nach einigen Sekunden erhält er drei Alternativmenüs mit Lamm als Hauptspeise zur Auswahl. Ein Blick auf die Kurzübersicht und er
486
Vgl. o.V. (2000).
8. Schlussbetrachtung und Ausblick
193
entscheidet sich für das erste Menü. Mit einem weiteren Mausklick sind sämtliche Zutaten in seinem Warenkorb. Gleichzeitig empfiehlt ihm Agricola noch einen passenden
Wein, den schon andere Käufer zu diesem Menü ausgewählt haben. Alle Produkte
stammen dabei von Bauern oder Lieferanten aus der Region Hessen. Durch die Kooperation im Rahmen einer Einkaufsgemeinschaft unterscheiden sich die Preise nicht wesentlich von denen herkömmlicher Produkte. Nachdem er die Menüauswahl beendet
hat, bestellt sich Herr N. noch ein kostenloses Probierpaket des neuen „regio200hessen.de“-Anbieters „BreadandBreakfast“, einem Bio-Bäcker, der sich auf das
Angebot eines Frühstücksservices spezialisert hat. Es umfasst ein komplettes SonntagMorgen-Frühstücksbufett inklusive Sekt, Bio-Brötchen Bio-Brotaufstrich und Hauszustellung. Durch optimierte Routenplanung, so erfährt Herr N. auf der Website des Unternehmens weiter, ist die Zustellung frei Haus ökologisch günstiger als die Fahrt per
Auto zum nächsten Bäcker im Ort. Ein weiteres Angebot von Agricola, ein neues auf
seinen Energieverbrauch zugeschnittenes „Solarstrom-Mini-Usage-Package für selten
daheimlebende Berater und Wenigverbraucher“, lehnt Herr N. genauso ab, wie den
neuen Kühlschrank „IntelliFrost“, der den aktuellen Füllstand an die Bio-Mall meldet
und bei Bedarf selbst Bestellungen aufgibt. Zum Schluss klickt sich Herr N. noch
durch die aktuellen Sonderangebote, die ihm regelmässig per Newsletter auf sein Handy geschickt werden und beendet seine Internet-Sitzung mit einem freundlichen „Bis
Bald!“ seiner Einkaufsagentin.
194
8. Schlussbetrachtung und Ausblick
9. Literaturverzeichnis
9
195
Literaturverzeichnis
Albers, S./Peters, K. (1997): Die Wertschöpfungskette des Handels im Zeitalter des Electronic Commerce,
Marketing ZFP, Heft 2, 1997
Allerstorfer, H. (1995): Bio-Boom im Supermarkt. bio-land 5/95, S. 30-32
Anderson, Ch. (1997): In Search of the Perfect Market, in: The Economist, A Survey of Electronic Commerce,
Vol. 343, Nr. 8016, 10. Mai 1997, S. 3-5
Andresen, Th. B. (1991): Informationsgesellschaft und Werbung, in: Szallies, R. / Wiswede, G. (Hrsg.) (1991):
Wertewandel und Konsum: Fakten, Perspektiven und Szenarien für Markt und Marketing, Landsberg/Lech 1991, S. 185-214
Andrews (1987): The Concept of Corporate Strategy, Homewood, IL, 1971, 3. Auflage 1987
Andrews, K.R. (1987): The Concept of Corporate Strategy, Homewood, IL, 1987
Arndt, J. (1970): Methodisches Beispiel einer Untersuchung über Mundwerbung, in: Behrens, Ch. (1970): Handbuch der Werbung, 1. Auflage, Wiesbaden 1970, S. 1103-1125
Arnold, V. (1992): Theorie der Kollektivgüter, München 1992
Baade, E. (1988): Analyse des Konsumentenverhaltens bei alternativ erzeugten Lebensmitteln - Ergebnisse einer
Kundenbefragung in München. Agrarwirtschaft, Sonderheft 119
Bachem, Ch./Stein, I./Rieke, H.-J. (1999): Erfolgsfaktoren von Internet-Sites, in: Absatzwirtschaft, Heft 6, 1999,
S. 60-66
Ball-Rokeach, S.J./Reardon, K (1988): Monoloque, Dialoque, and Telelog: Comparing an Emergent Form of
Communication with Traditional Forms, in: Hawkins, R. P. et al. (Hrsg.): Advancing Communication
Science: Merging Mass and Interpersonal Processes, Newbury Park 1988, S. 135-161
Bänsch, A. (1993): Marketing für umweltfreundliche(re) Konsumgüter: Prinzipielle Möglichkeiten und Grenzen.
In: UmweltWirtschaftsForum (UWF), 36. Jg., 1990, Nr.4., S. 360-379
Bänsch, A.(1990): Marketingfolgerungen aus Gründen für den Nichtkauf umweltfreundlicher Konsumgüter, in:
Jahrbuch der Absatz- und Verbraucherforschung. Nr. 4/1990, S. 360-379
Barney, J. B. (1997): Gaining and Sustaining Competitive Advantage, Reading MA, Addison-Wesley 1997
Bauer, H.H./Fischer, M./Sauer, N.E. (2000): Barrieren des elektronischen Einzelhandels – Eine empirische Studie zum Kaufverhalten im Internet, in: Zeitschrift für Betriebswirtschaft, 70 Jg. (2000), Heft 10,
S. 1133-1156
Bauer, H.H./Huber, F./Henneberg, S.C.M. (1999): Klick & Kauf – Electronic Commerce als strategische Option
für den Handel, in: THEXIS 1/99, S. 47-52
Belz, Ch. (1989): Konstruktives Marketing Marketing - Diagnose und Lösungen für umkämpfte Märkte in Sättigung, Stagnation und Schrumpfung, Dissertation St. Gallen 1989
Belz, Ch. (1991): Situatives Öko-Marketing, Dokumentation zur Betriebswirtschaft Nr. 3, herausgegeben von der
Gesellschaft zur Förderung der schweizerischen Wirtschaft, Zürich 1991
Belz, Ch. et. al. (1998): Management von Geschäftsbeziehungen – Konzepte, integrierte Ansätze, Anwendungen
in der Praxis, 2. unveränderte Auflage, St. Gallen 1998
Belz, F. (1995): Ökologie und Wettbewerbsfähigkeit in der Schweizer Lebensmittelbranche, Bern/Stuttgart/Wien
1995
Belz, F. (1998): Entstehung und Entwicklung des Biomarktes – Eine wirtschaftstheoretische Analyse aus institutionstheoretischer und wettbewerbsstrategischer Perspektive, IWÖ-Diskussionsbeitrag Nr. 66, St. Gallen
1998
Belz, F. (1999): Integratives Öko-Marketing: Erfolgreiche Vermarktung von ökologischen Produkten im Konsumbereich, in: Bellmann, K. (Hrsg.): Betriebliches Umweltmanagement in Deutschland: Eine Positionsbestimmung aus Sicht von Politik, Wissenschaft und Praxis, Wiesbaden 1999, S. 163-189
196
9. Literaturverzeichnis
Belz, F. (2001): Integratives Öko-Marketing: Erfolgreiche Vermarktung von ökologischen Produkten und Leistungen, Wiesbaden 2001
Belz, F./Schneidewind, U./Villiger, A./Wüstenhagen, R. (1997): Von der Öko-Nische zum ökologischen Massenmarkt im Bedürfnisfeld Ernährung. Konzeption eines Forschungsbeitrages. IWÖ-Diskussionsbeitrag
Nr. 40, Universität St. Gallen 1997
Belz, F./Villiger, A. (1997), Zum Stellenwert der Ökologie im schweizerischen Lebensmittelhandel: Eine wettbewerbsstrategische Analyse, IWÖ-Diskussionsbeitrag Nr. 46, Hochschule St. Gallen 1997
Benjamin, R./Wigand, R. (1995): Electronic Markets and Virtual Value Chains on the Information Superhighway, in: Sloan Management Review, Winter 1995, S. 62-72
Berg, K. (1995): Konsumentenverhalten im Umbruch - die Entdeckung des „unvernünftigen Verbrauchers“ im
modernen Marketing, Berlin 1995
Blickhäuser, J./Gries, T. (1989): Individualisierung des Konsums und Polarisierung von Märkten als Herausforderung für die Konsumgüterindustrie, in: Marketing ZFP, Heft 1, I. Quartal, S. 5-10
Bloch, M./Pigneur, Y./Segev, A. (1996): On the Road of Electronic Commerce – a Business Value Framework,
Gaining
Competitive
Advantage
and
Some
Research
Issues,
http://www.stern.nyu.edu/~mbloch/docs/roadtoec/ec.htm, März 1996
Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN) (1999a): Den Kunden im Blick – Kundenumfrage zu ökologischen
Lebensmitteln und deren Verkaufsstellen, Köln 1999
Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN) (1999b): Trendbericht Naturkost 1999,
http://www.n-bnn.de/pr_mitt_tren99.htm#Umsatz mit Frische
Böcker, F. (1994): Marketing, 5. Auflage, Stuttgart 1994
Bollier, D. (1996) : The Future of Electronic Commerce – A Report of the Fourth Annual Aspen Research Institute Roundtable on Information Technology, Washington, DC 1996
Booz-Allen & Hamilton (1997): G7 Global Marktetplace for SMEs, First Annual Conference, Bonn,
7.-9. April 1997, Scoping of Issues for the Panel Debate on Conclusion of the Conference.
http://www.ispo.cec.be/ecommerce/sme/reports/wayforward.htm
Booz-Allen & Hamilton (2000): 10 Erfolgsfaktoren im e-business: Die Strategien der Gewinner. Eine Analyse
neuer Geschäftsmodelle im Internet, Frankfurt a. Main 2000
Boston Consulting Group (2000): The Race for Online-Riches: E-Retailing in Europe, Boston 2000,
http://www.bcg.com/publications/files/ERetailing in Europe 1999.htm
Brandenburger, A.M./Nalebuff, B.J. (1996), Co-opetition, New York 1996
Brandtweiner, R./Greimel, B. (1998): Elektronische Märkte, in: WiSt, Heft 1, Januar 1998, S. 37-42
Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (1999): Der Markt für ökologische Produkte in
Deutschland und ausgewählten europäischen Ländern: Derzeitiger Kenntnisstand und Möglichkeiten künftiger Verbesserungen der Marktinformation, Schriftenreihe des Bundesministeriums für Ernährung,
Landwirtschaft und Forsten, Heft 481, Bonn 1999
Burros, M. (1999): Untangling the Grocery Web, in: New York Times, 22. September 1999, S. 9-10
Busch, R. (1995): Integriertes Marketing : Strategie, Organisation, Instrumente, Wiesbaden 1995
Cash, J. I. Jr./Konsynski, B. R. (1985): IS Redraws Competitive Boundaries, in: Harvard Business Review, Vol.
64, Nr. 2, März-April 1985, S. 134-142
Christensen, C.R./ Andrews, K.R./Brower J.L./Hamermesh, R.G./Porter, M.E. (1987): Business Policy: Text and
Cases, Homewood, IL 1987
Clement, M./Peters, K./Preiss, F.J. (1998): Entwicklung interaktiver Medien und Dienste: Electronic
Commerce, in: Albers, S./Clement, M./Peters, K. (Hrsg.): Marketing mit Interaktiven Medien – Strategien
zum Markterfolg, Frankfurt am Main 1998, S. 49-64
Coase, R. H. (1937): The Nature of the Firm, in: Economica, New Series, Vol. 4, Nr. 16, November 1997,
S. 386-405
Coase, R.H. (1960): „The Problem of Social Cost“, Journal of Law and Economics, 3, 1960, S. 1-44
Cohen, N. (1999): Greening the Internet: Ten Ways E-Commerce Could Affect the Environment and What We
Can Do, http://www.cisp.org/imp/october_99/10_99cohen.htm
9. Literaturverzeichnis
197
CommerceNet (1998): Introduction to Electronic Commerce: An Introductory Course for Small and MediumSized Enterprises, Palo Alto, CA, August 1998
Csikszentmihalyi, M. (1998): Flow, in: Cashual, 10/1998, S. 63-65
Darby, M.R./Karni, E. (1973): Free Competition and the Optimal Amount of Fraud, in: Journal of Law and Economics, 16. Jg., 1973, S. 67-88
Dietler, C. (1999): Solides Wachstum dank Innovation und Eigenverantwortung. In: Bio Suisse (Hrsg.): BIOBarometer steigt, Medienunterlagen anlässlich der Pressekonferenz vom 23. März 1999 in Bern
Downes, L./Mui, Ch. (1998): Unleashing the killer app digital strategies for market dominance, Harvard Business
School Press 1998
Dreyer, W./Summa, H. (1996): Internet Business: Online-Marketing, Electronic Commerce und Intranet (Loseblattsammlung), München 1996
DSGV Deutscher Sparkassen- und Giroverband (Hrsg.) (1997): Outlook Handel: Wie sehen Handelsberater und
Handelsmanager die Entwicklung des Handels?, Stuttgart 1997
Duchrow, M. (1999): Virtuelle Communities – Die Konsumgesellschaften der Zukunft, in: Hermanns, A./Sauter,
M. (1999) (Hrsg.): Management-Handbuch Electronic Commerce, München 1999
Dyllick, T./Belz, F./Schneidewind, U. (1997): Ökologie und Wettbewerbsfähigkeit, Zürich 1997
Empacher, C./Götz, K. (1999): Ansprüche an ökologische Innovationen im Lebensmittelbereich. Ergebnisse einer Verbraucherbefragung im BMBF-Projekt „Wissenstransfer“, ISOE Diskussionspapiere 10, Frankfurt/Main 1999
Engelhardt, W.H./Freiling, J. (1995): Integrativität als Brücke zwischen Einzeltransaktionen und Geschäftsbeziehung, in: Marketing ZFP, Jg. 17, Nr. 1, 1995, S. 37-43
Enquete Kommission „Schutz der Erdatmosphäre“ des Deutschen Bundestages (1995): Mehr Zukunft für die Erde. Nachhaltige Energiepolitik für dauerhaften Klimaschutz. Schlussbericht, Bonn 1995
Ernst & Young (1998): E-commerce & Connecting to the Customer, 1998 Special Report – Technology in Banking & Financial Services, 1998
European Commission (1998): Electronic Commerce – An Introduction, http://www.ispo.cec.be/ecommerce/
answers/introduction.html, 4. Juni 1998
Eusterbrock, C./Kolbe, L. (1995): Aufbau und Gestaltung von Online-Services für den privaten Haushalt, in: Der
Markt , Nr. 3, 1995, S. 133-146
Fantapié Altobelli, C./Hoffmann, S. (1996): Die optimale Online-Werbung für jede Branche, München 1996
Fink, D.H./Wamser, C. (1996): Die klassischen 4 P’s mit Multimedia reicher machen, in: Marketing Journal, Nr.
3, 1996, S. 194-196
Fittkau, S./Maas, H.(2000): 11. WB3-Umfrage: Das deutschsprachige World Wide Web (W3B): WWWBenutzer-Analyse. Studie Nr. 11. Ergebnisband: E-Commerce: Shopping im WWW, November 2000
Forrester Research (1999): The UK Internet Survey 1999, http://www.abseits.de/interneterfolg.htm
Förster, D. (1993): Preisempfindung und Preisgünstigkeitsbeurteilung beim Kauf von Nahrungsmitteln aus ökologischem Landbau (Befragung). Diplomarbeit. Institut für Agrarpolitik und Landwirtschaftliche Marktlehre der Universität Hohenheim, Stuttgart 1993
Fricke, A. (1995): Nachfrageanalyse für Bio-Produkte, in: Dewes T./Schmitt, L. (Hrsg.): Wissenschaftstagung
zum Ökologischen Landbau 1995 in Kiel, Giessen 1995, S. 133-136.
Gartner Group (1997): Defining EC, Ems and other Terms, in: Price Waterhouse (Hrsg.): Global Enterprise Advisor, Heft Oct. 97, S. 2-3
Gerth (1998): Bedeutung des Online-Marketing für die Distributionspolitik in: Link, J./Tiedke, D. (Hrsg.): Wettbewerbsvorteile durch Online Marketing : Die strategischen Perspektiven elektronischer Märkte, Berlin
1998
GfK (2000): GfK Online-Monitor, 5. Untersuchungswelle, Präsentation der zentralen Ergebnisse,
http://www.gfk.de
Gierl, H. (1989): Ökologische Einstellungen und Kaufverhalten im Widerspruch, in: Markenartikel 1/1989,
S. 2-8
Gräf, H. (1999): Online Marketing: Gestaltungsempfehlungen für die erfolgreiche Endkundenbearbeitung auf
elektronischen Märkten, Dissertation an der Hochschule St. Gallen, St. Gallen 1999
198
9. Literaturverzeichnis
Gräf, H./Tomczak, Th./Belz, Ch. (1997) (Hrsg.): Online-Marketing. Chancen und Risiken der Nutzung elektronischer Märkte für Kunden und Unternehmen am Beispiel der Electronic Mall Bodensee (Ergebnisse
einer empirischen Untersuchung). Fachbericht Nr. 2, St. Gallen, Thexis 1997
Greunke, U./Eppler, M. (2000): Running an E-Business, Vortrag in Rahmen des St. Galler Ehemaligen-Forums
„E-Business, E-Commerce: Eine neue Herausforderung für die Wirtschaft und Verwaltung“, St. Gallen,
2. Juli 2000
Grosch, P. (1991), Der Markt für Lebensmittel aus anerkanntem ökologischem Landbau, in: Vogtmann, H.
(Hrsg.): Ökologische Landwirtschaft – Landbau mit Zukunft, Alternative Konzepte Nr. 70, Karlsruhe
1991
Haas, R. (1997): Electronic Marketing für landwirtschaftliche Produkte und Dienstleistungen im Internet gezeigt
am Beispiel des Austrian Country Market – Angewandte Marketingforschung in einem neuen Kommunikationsmedium, Online-Publikation der Universität Wien, http://www.boku.ac.at/iao/ haas.artikel2.html
Haas, R./Schiebel, W. (1999): Fallbeispiel: Marketing und Internet: Handlungsalternativen, Entscheidungs-, und
Erfolgskriterien, in: Wagner, P. (Hrsg.): Marketing in der Agrar- und Ernaehrungswirtschaft, Stuttgart
1999
Hagel, J./Armstrong, A.(1997): Net Gain – Expanding Markets through Virtual Communities, in: The McKinsey
Quarterly, Heft 1/97, S. 141-153
Hagel, J./Bergsma, E./Dheer, S. (1996): Placing Your Bets on Electronic Networks, in: The McKinsey Quarterly,
Heft 2, 1996
Hagel, J./Rayport, J. F. (1997a): The coming battle for customer information, in: Harvard Business Review, Heft
1, 1997, S. 53-65
Hagel, J./Rayport, J. F. (1997b): The new infomediaries, in: The McKinsey Quarterly, Heft 4, 1997, S. 55-70
Hagel, J./Singer, M. (1999): Net Worth: Shaping Markets When Customers Make the Rules, Boston, MA 1999
Hambrick, D.C. (1990): The Adolescence of Strategic Management, 1980-85: Critical Perceptions and Reality,
in: Frederickson, J. W. (Hrsg.): Perspectives on Strategic Management, New York, 1990, S. 237-261
Hamel, G./Sampler, J. L. (1998): The E-Corporation, in: Fortune, International Edition, Vol. 138, Nr. 11,
7. Dezember 1998, S. 52-63
Hamm, U. (1995), Gemeinsam neue Wege in der Vermarktung beschreiten – Perspektiven der Vermarktung von
Produkten aus ökologischem Landbau, in: Ökologie & Landbau H. 100, S. 30-33
Hansen, U. (1996): Marketing im gesellschaftlichen Dialog, Frankfurt am Main 1996
Hanser, P. (1995): Die neue Welt des Marketing: Aufbruch in den Cyberspace, in: Absatzwirtschaft, Heft 8,
1995, S. 34-37
Hausruckinger, G. (Roland Berger & Partner) (1998): Home shopping: How to make it profitable. 5th Strategic
Home Shopping Conference, Brüssel, 1.12.1998
Hax, A.C./Majluf, N.S. (1984) : Strategic Management – An Integrative Perspective. Englewood Cliffs, NJ,
Prentice-Hall, 1984
Heeter, C. (1989): Implications of New Interactive Technologies for Conceptualizing Communication, in:
Salvaggio, J. L./Bryant, J. (Hrsg.): Media Use in the Information Age: Emerging Patterns of Adaption and
Consumer Use. Hillsdale 1989, S. 217-235
Heikillä, J./Kallio, J./Saarinen T./Tuunainen, V. (1998): Diffusion of Electronic Grocery Shopping: Expectations
of current suppliers and potential service providers in Finland, in the proceedings of the 6th European
Conference on Information Systems, June 4-6 1998, in Aix-en-Provence, France, in: Baets, W.R.J.
(Hrsg.): University of Aix-Marseille III, Vol. I, S. 218-232
Heilig, J. (1999): Empirische Erhebung zur Analyse des Online-Shopping für Lebensmittel, Diplomarbeit JustusLiebig-Universität Giessen, Giessen 1999
Heise, G. (1996): Die Online-Dienste, in: Hünerberg, R./Heise, G./Mann, A. (Hrsg.): Handbuch OnlineMarketing – Wettbewerbsvorteile durch weltweite Datennetze, Landberg/Lech 1996, S. 53-81
Hendricks, B. (1997): Gefährliche Kekse, in: Wirtschaftswoche Nr. 44, 1997, S. 202-204
9. Literaturverzeichnis
199
Hermanns, A./Flory, M. (1995): Elektronische Kundenintegration im Investitionsgütermarketing – Eine Studie
über die Akzeptanz von vertriebsunterstützenden Informations- und Kommunikationstechnologien durch
Kunden, in: Jahrbuch der Absatz- und Verbrauchsforschung, Jg. 41, Nr. 4. 1995, S. 387-406.
Hermanowski, R. (1996): Vermarktung ökologisch erzeugter landwirtschaftlicher Produkte, in: Eschricht, M./
Leitzmann, C. (Hrsg.) (1996): Handbuch Bio-Lebensmittel, Hamburg 1996
Herrmanns, A./Wissmeier; M. (1999): Mode Marketing via Internet, in: Hermanns, A./Schmitt/Wissmeier, M.
(Hrsg.): Handbuch Mode-Marketing: Grundlagen, Analysen, Strategien, Instrumente; Ansätze für Praxis
und Wissenschaft, Frankfurt am Main 1997
Himberger, A. (1994): Der Elektronische Markt als Koordinationssystem, Dissertation St. Gallen 1994
Hinterhuber, H. H. (1990): Wettbewerbsstrategie, 2. Auflage, Berlin/New York 1990
Hinterhuber, H. H. (1992): Strategische Unternehmensführung, Band 1: Strategisches Denken. 5. Auflage, Berlin
1992
Hofer, K./Stalder, U. (1998): Regionale Produktorganisationen in der Schweiz: Situationsanalyse und Typisierung. SPPU-Diskussionspapier Nr. 9 des Geographischen Instituts der Universität Bern, Bern 1998
Hoffmann, D. L./Novak, T. P. (1996): Marketing in Hypermedia Computer-Mediated Environments: Conceptual
Foundations, in: Journal of Marketing, Vol. 60, July 1996, S. 50-68
Hoffman, D. L./Nowak, T.P./Peralte, M. (1998): Building Consumer Trust in online Environments: The Case for
Information Privacy, http://E-Commerce.vanderbuilt.edu
Hoffmann, S. (1998): Optimales Online-Marketing: Marketingmöglichkeiten und anwendergerechte Gestaltung
des Mediums Online, Wiesbaden 1998
Höflich, J.R. (1994): Der Computer als „interaktives Massenmedium“, in: Publizistik, 39. Jahrgang, Heft 4,
1994, S. 389-408
Hopf, M. (1983): Informationen für Märkte und Märkte für Informationen, Dissertation Frankfurt am Main 1993
Hopfenbeck, W. (1997): Allgemeine Betriebswirtschafts- und Managementlehre. Das Unternehmen im Spannungsfeld von ökonomischen, sozialen und ökologischen Interessen, 11. Auflage, Landsberg/Lech 1997
Hopfenbeck, W./Roth, W. (1994): Öko-Kommunikation: Wege zu einer neuen Kommunikationskultur, Landsberg/Lech 1994
Hummel, J. (1997): Strategisches Öko-Controlling. Konzeption und Umsetzung in der textilen Kette. Wiesbaden
(Zugleich Dissertation Nr. 1951 an der Universität St. Gallen)
Hüser, A. (1996): Marketing, Ökologie und ökonomische Theorie, Wiesbaden 1996
Hüser, A./Mühlerkamp, C. (1992): Werbung für ökologische Güter. Gestaltungsaspekte aus informationsökonomischer Sicht, in: Marketing ZFP, Heft 3, 1992, S. 149-156.
IDC (1999): An IDC consumer survey: European Internet and eCommerce – Ready for 2000?, December 1999,
in Boston Consulting Group (2000): The Race for Online-Riches: E-Retailing in Europe, Boston 2000,
URL: http://www.bcg.com/publications/files/ERetailing in Europe 1999.htm
Johnston, H. R./Vitale, M. R. (1988): Creating Competitive Advantage with Interorganizational Systems, in: MIS
Quarterly, Vol. 12, Nr. 2, Juni 1988, S. 153-165
Jung, A. (1998): Qualitätsunsicherheit auf dem Markt für Lebensmittel aus ökologischem Anbau. Erklärungsansätze für träges Umweltverhalten unter besonderer Berücksichtigung informationsökonomischer Erkenntnisse, Frankfurt am Main 1998
Kaas, K.P. (1990): Marketing als Bewältigung von Informations- und Unsicherheitsproblemen im Markt, in: Die
Betriebswirtschaft, Heft 4, 1990, S. 539-548
Kaas, K.-P. (1991): Marktinformationen: Screening und Signaling unter Partnern und Rivalen, in: ZfB, Jg. 61,
Heft 3, 1991, S. 357-370
Kaas, K.P. (1992): Marketing für umweltfreundliche Produkte. Ein Ausweg aus den Dilemmata der Umweltpolitik?, in: Die Betriebswirtschaft, Nr. 52, Heft 4/1992, S. 473-487
Kaas, K.P. (1994): Ansätze einer institutionenökonomischen Theorie des Konsumentenverhaltens, in: Forschungsgruppe Konsum und Verhalten (Hrsg.): Konsumentenforschung, gewidmet Werner Kroeber-Riel
zum 60. Geburtstag, München 1994, S. 245-260
Kaas, K.P. (1995a): Informationsökonomik. In: Tietz, B./Köhler, R./Zentes, J. (Hrsg.): Handwörterbuch des
Marketing, 2. Auflage, Stuttgart 1995, Sp. 971-981
200
9. Literaturverzeichnis
Kalakota, R./Whinston, A.B. (1996): Frontiers of Electronic Commerce. Mass. Addison Wesley 1996
Kapferer, J.-N. / Laurent, G. (1985): Consumer’s Involvement Profile: New Empirical Resuluts, in: Hirschman,
E.C. / Holbrook, M.B. (Hrsg.): Advances in Consumer Research, Band 12, Association for Consumer Research, 1985, S. 290-295
Kesseler, T. (1994): Fluch oder Chance? Produkte des kontrolliert-biologischen Anbaus im konventionellen Einzelhandel, in: Stiftung Ökologie und Landbau (Hrsg.): Ökologie und Landbau, Heft 90. Bad Dürkheim
1994, S. 45-48
Kierzowski, A./Mc Quade, S./Waitman, R./Zeisser, M. (1997): Marketing to the Digital Consumer, in:
TheMcKinsey Quarterly, Heft 2, 1997, S. 4-21
Kirchgässner, G. (1991): Homo oeconomicus. Das ökonomische Modell individuellen Verhaltens und seine Anwendung in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Tübingen 1991
Klein, S. (1994): Virtuelle Organisation, in: WiSt Heft 6, Juni 1994, S. 309-311
Kolibius, M. (2000a): Ein Cyberausblick: Mit dem World-Wide-Web aus der Öko-Nische?, in: Villiger, A./
Wüstenhagen, R./Meyer, A. (2000): Jenseits der Öko-Nische, Birkhäuser Verlag, Basel 2000
Kolibius, M. (2000b): Positionierungschancen der Bio Suisse mit Hilfe des Internet, unveröffentlichter
Projektantrag, St. Gallen 2000
Kolibius, M./Nachtmann, M. (2000a): Biofood im Cyberspace: Electronic Commerce am Beispiel ökologisch
erzeugter Lebensmittel, Berlin 2000
Kolibius, M./Nachtmann, M. (2000b): Eco-Ecommerce im Business-to-Consumer-Bereich - das Beispiel Lebensmittelbranche, in: Schneidewind, U./Truscheit, A./Steingräber, G. (Hrsg.): Nachhaltige Informationsgesellschaft, Marburg 2000
Kolibius, M./Nachtmann, M. (2000c): Biofood im Cyberspace – Eine Analyse heutiger BioPositionierungsansätze im Internet, in: Zeitschrift für Ökologisches Wirtschaften 1/2000.
Kolibius, M./Nachtmann, M. (2000c): Öko-Portale im Internet: Wege für die erfolgreiche Vermarktung ökologischer Produkte und Dienstleistungen im Internet. Vortrag im Rahmen der 13. Oikos-Konferenz „Neue
Medien - Grüne Medien“ vom 28-30. Juni 2000 an der Universität St. Gallen
Kolibius, M./Nachtmann, M./Dyllick, Th. (2000): E-Business für ökologische Produkte und Dienstleistungen:
Potentiale und Erfolgsfaktoren aus Kundensicht, Diskussionsbeitrag Nr. 85 des Instituts für Wirtschaft
und Ökologie an der Universität St. Gallen, St. Gallen 2000
Kotler, P. (1986): Megamarketing. In: Harvard Business Review, Nr. 3 und 4/86, S. 117-124.
Kotler, P. (1991): Marketing Management Analysis, Planning, Implementation and Control, Prentince-Hall, 7th
Edition, New Jersey 1991
Koyro, R. (2000): Aus dem Web frisch auf den Tisch,
http://www.electronic-commerce.org/shops/best-practice/lebensmittel.html
Kozinets, R. (1999): E-Tribalized Marketing? The Strategic Implications of Virtual Communities of Consumption, in: European Management Journal, Vol. 17, Nr. 3/1999, S. 252-264
Krähenmann, N. (1994): Ökonomische Gestaltungsanforderungen für die Entwicklung elektronischer Märkte,
Hochschule St. Gallen 1994
Krause, J. (1998): Electronic Commerce: Geschäftsfelder der Zukunft heute nutzen, München 1998
Kreikebaum, H. (1981): Strategische Unternehmensplanung, Stuttgart u.a. 1981
Kreutzer, K. (2000): Bio-Kampagnen im Internet, in: Öko-Test Biofach Messejournal 2000, S. 42-44
Kroeber-Riel, W. (1987): Informationsüberlastung durch Massenmedien und Werbung in Deutschland, in: Die
Betriebswirtschaft, 47. Jahrgang, 3/1987, S. 257-258
Kroeber-Riel, W. (1996): Konsumentenverhalten, 6. Auflage, München 1996
Kroeber-Riel, W./Weinberg, P. (1999): Konsumentenverhalten, 7. Auflage, München 1999
Krol, G.-J. (1993): Ökonomische Verhaltenstheorie, in: May, H. (Hrsg.): Handbuch zur ökonomischen Bildung,
2., durchgesehene Auflage, München/Wien 1993, S. 17-31
Kubicek, H. / Thom, N. (1976): Umsystem, betriebliches, in: Grochla, E. / Wittmann, W. (Hrsg.) (1976): Handwörterbuch der Betriebswirtschaftslehre, 4. Auflage, Band 3, Stuttgart 1976, Sp. 3977-4017
9. Literaturverzeichnis
201
Kuckartz, U. (1998): Umweltbewusstsein und Umweltverhalten, Studie im Auftrag der Enquete-Kommission
„Schutz des Menschen und der Umwelt“ des 13. Bundestages, Berlin 1998
Kühl, R.; Neseker, H. (1998), Entwicklung und Umsetzungsmöglichkeiten von Franchise-Konzepten in der Vermarktung ökologischer Lebensmittel, Forschungsberichte Nr. 63 des Instituts für Landwirtschaftliche Betriebslehre, Bonn 1998
Kuhlen, R. (1995): Informationsmarkt: Chancen und Risiken der Kommerzialisierung von Wissen, Schriftenreihe
zur Informationswissenschaft Bd. 15, Konstanz 1995
Langenohl, Th. (1994): Systemarchitekturen elektronischer Märkte, Dissertation St. Gallen 1994
Langerbein, R./Wirthgen, B. (1998): Naturkost im Supermarkt - Ergebnisse und Konsequenzen aus einer
Verbraucherbefragung. AID-Verbraucherdienst, Heft 5, 1998, S. 91-101
Lawler, E. E. III./Galbraith, J. R. (1994): Avoiding the Corporate Dinosaur Syndrome, in: Organizational Dynamics, Vol. 23, Nr. 2, Herbst 1994, S. 5-17
Lichtl, M. (1999): Ecotainment: Der neue Weg im Umweltmarketing: Emotionale Werbebotschaften, Sustainability, Cross-Marketing, Wien 1999
Link, J./Hildebrand, V.G. (1994): Database Marketing und Computer Aided Selling, in: Marketing ZFP, Heft 2,
1994, S. 107-120
Link, J./Tiedke, D. (1998) (Hrsg.): Wettbewerbsvorteile durch Online Marketing : Die strategischen Perspektiven
elektronischer Märkte, Berlin 1998
Loos, C. (1998): Online-Vertrieb von Konsumgütern, Wiesbaden 1998
Lopes, A. B./Galletta, D. (1997): Resource-Based Theory and a Structural perspective of Strategy. Applied to the
Provision of Internet Services, in: Gupta, J. N. D. (Hrsg.): Proceedings of the Thrid American Conference
on Information Systems AIS’97, 15.-17. August 1997, Indianapolis, S. 254-259
Lütge, G. (1999): Weil das Internet die Welt beschleunigt, geraten die ökonomischen Gesetze durcheinander, in:
Die Zeit, Nr. 4. vom 21. Januar 1999, S. 17-18
Malone, Th. W./Yates, J./Benjamin, R. I. (1987): Electronic Markets and Electronic Hierarchies, in: Communications of the ACM, Vol. 30, Nr. 6, Juni 1987, S. 487-497
Mayring, P. (1990): Einführung in die qualitative Sozialforschung. Eine Anleitung zu qualitativem Denken,
München 1990
McFarlan, F. W. (1984): Information Technology Changes the Way You Compete, in: Harvard Business Review,
Vol. 62, Nr. 3, Mai-Juni 1984, S. 98-103
Meffert, H. (1993): Umweltbewußtes Konsumentenverhalten: Ökologisches Marketing im Spannungsfeld zwischen Individual- und Sozialnutzen, in: Marketing ZFP, Heft 1, 1993, S. 51-54
Meffert, H. (1998): Marketing. Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung. Konzepte – Instrumente –
Praxisbeispiele, 8. Auflage, Darmstadt 1998
Meffert, H. (2000): Neue Herausforderungen für das Marketing durch interaktive elektronische Medien: Auf dem
Weg zur Internet-Ökonomie, Klagenfurt 2000
Meffert, H. /Kirchgeorg, M. (1993): Marktorientiertes Umweltmanagement - Grundlagen und Fallstudien, Stuttgart 1993
Meier-Ploeger, A./Merkle, W./Mey, I./Wörner, F. (1997): Stärkung des Verbrauchs ökologisch erzeugter Lebensmittel, Forschungsprojekt im Auftrag des Hessischen Ministeriums des Innern und für Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz (Hrsg.), Wiesbaden 1997
Mertens, P./Faisst, W. (1996): Virtuelle Unternehmen, eine Organisationsstruktur für die Zukunft?, in: WiSt 25
(1996) 6 , S. 280-285
Mertens, P./Schumann, P. (1996): Electronic Shopping – Überblick, Entwicklungen und Strategie, in: Zeitschrift
für Wirtschaftsinformatik (1996), Nr. 5, 1996, S. 515-530
Meyer, A. (2000): Jenseits der Öko-Nische im Bekleidungshandel, in: Villiger, A./Wüstenhagen, R./Meyer, A.
(Hrsg.) (2000): Jenseits der Öko-Nische, Basel 2000
Meyer, E. (2000), Bio-Produkte im Einzelhandel, ZMP-Materialien zur Marktberichterstattung Band 31, Bonn
2000
Meyer, J. (2000): Der Einsatz Virtueller Gemeinschaften im Marketing. Eine netzwerkanalytische Betrachtung
von Virtual Communities, Arbeitspapier zur Marketingtheorie, Nr. 10, Trier 2000
202
9. Literaturverzeichnis
Meyer, A./Oevermann, D. (1995): Kundenbindung, in: Tietz,/Köhler, R./Zentes, J. (Hrsg.): Handwörterbuch des
Marketing, 2. Auflage, Stuttgart 1995, S. 1340 - 1351
Michelsen, J./Hamm, U./Wynen, E./Roth, E. (1999), Organic Farming in Europe – The European market for organic products, Stuttgart-Hohenheim 1999
Mohr, A. (1999): Unveröffentlichte Begutachtung zu Villiger, A./Wüstenhagen, R./Meyer, A. (2000): Jenseits
der Öko-Nische, Bern 2000
Monhemius, K. Ch. (1993): Umweltbewusstes Kaufverhalten von Konsumenten: ein Beitrag zur Operationalisierung, Erklärung und Typologie des Verhaltens in der Kaufsituation, Frankfurt am Main 1993
Mougayar, W. (1998): Opening Digital Markets: Battle Plans and Business Strategies for Internet Commerce, 2.
Auflage, New York 1998
Müller, E./Preissner, A. (2000):Die Stunde der Wahrheit, in: Managermagazin 6/2000, S. 196-207
Nachtmann, M. (1999): Elektronischer Handel - Grundsätzliche Überlegungen aus Sicht des Einzelhandels in:
Mann, E./Gora, W. (Hrsg.): Handbuch zum Electronic Commerce, Berlin 1999,: http://www.unioldenburg.de/produktion/infodoks/
Nachtmann, M. (1999): IuK-Potentiale in Landwirtschaft und Ernährung unter besonderer Berücksichtigung des
elektronischen Handels mit ökologisch erzeugten Lebensmitteln, Oldenburg 1999
Nachtmann, M. (2001): Electronic Commerce im Naturkosthandel: Status Quo der Vermarktung ökologischer
Lebensmittel im Internet, Dissertation an der Universität Oldenburg 2001, Wiesbaden 2001 (forthcoming)
Nielsen, J. (1990): Hypertext und Hypermedia, San Diego 1990
Oberritter, H. (1996): Neuartige Lebensmittel – gesundheitsfördernde Lebensmittel: Was bringt der Markt?,
DGE-Info 7/1996
o.V. (1997): Online-Studie von Yahoo-Europe: Internet legt Freak-Image ab. Pressemitteilung, in: Screen Multimedia, Heft 9, 1997, S.20
o.V. (1999a): Netzgeflüster: „Modems auf Halbmast!“ – Europäische Surfer proben den Aufstand, Neue Züricher
Zeitung (NZZ) vom 15.1.99.
o.V. (1999b): Ernährung 2011, http://www.lz-net.de/specials/
o.V. (1999c): Shopping 2011, http://www.lz-net.de/specials/
o.V. (1999d): Ringel, Ringel, Reihe... Webrings können eine Alternative zu Suchmaschinen sein, in: Neue Züricher Zeitung (NZZ) vom 9.4.1999
o.V. (2000): Zu schön, um wahr zu sein. Die These von der revolutionären Wirkung der New Economy gerät ins
Wanken, Die Zeit, Nr. 29/2000, http://www.ZEIT.de/tag/aktuell/2000029.internet_new_ec.html
o.V. (2001): E-Commerce und Logistik: Früchte des Ärgers, in: http://www.wirtschaftswoche.de, 8.3.2001
Palupski, R. (1995): Virtual Reality und Marketing, in: Marketing ZFP, Heft 4, 1995, S. 264-271
Parsons, G. L. (1983) : Information Technology : A New Competitive Weapon, in : Sloan Management Review,
Vol. 25, Nr. 1, III/1983, S. 3-14
Paulus, J. (1996): Ökologie und Wettbewerbsfähigkeit in der Computerindustrie – Perspektiven für eine ökologieverträgliche Informationsgesellschaft, Dissertation an der Universität St. Gallen, St. Gallen 1996
Peattie, K. (1995): Environmental Marketing Management. Meeting the Green Challenge, London 1995.
Pecaut, D./Silverstein, M./Stanger, P. (2000): "Winning the Online Consumer: Insights into Online Consumer
Behavior", Boston Consulting Group 2000, http://www.bcg.com/publications/search_view_
reports.asp?pubID=560
Poirier, C.C./Reiter, S.E. (1997): Die optimale Wertschöpfungskette. Wie Lieferanten, Produzenten und Handel
bestens zusammenarbeiten, Frankfurt a.M./New York 1997
Picot, A. (2000): Die grenzenlose Unternehmung: Chancen und Risiken für eine umweltorientierte Unternehmensführung, in: Fichter, K./Schneidewind, U. (Hrsg.): Umweltschutz im globalen Wettbewerb: Neue
Spielregeln für das grenzenlose Unternehmen, Berlin 2000
Picot, A./Reichwald, R./Wigand, R.T. (1998): Die grenzenlose Unternehmung: Information, Organisation und
Management, 3. überarbeitete Auflage, Wiesbaden 1998
9. Literaturverzeichnis
203
Porter, M.E. (1996): What is Strategy?, in: Harvard Business Review, Vol. 74, Nr. 6, November-Dezember
1996, S. 61-78
Porter, M.E. (1999a): Wettbewerbsvorteile. Spitzenleistungen erreichen und behaupten, Frankfurt am Main 1999
Porter, M.E. (1999b): Wettbewerbsstrategie. Methoden zur Analyse von Branchen und Konkurrenten, Frankfurt
am Main 1999
Porter, M.E./Millar, V. E. (1985): How Information Gives You Competitive Advantage, in: Harvard Business
Review, Vol. 63, Nr. 4, Juli-August 1985, S. 149-160
Prummer, S. (1994): Bestimmungsgründe der Nachfrage nach Produkten des ökologischen Landbaus in Bayern.
Ergebnisse computergestützter Befragungen. Marketing der Agrar- und Ernährungswirtschaft, Band 12,
Kiel 1994
Rafaeli, S. (1988): Interactivity. From New Media to Communication, in: Hawkins, R. P. et al. (Hrsg.): Advancing Communication Science: Merging Mass and Interpersonal Processes, Newbury Park 1988,
S. 110-134
Raffée, H. / Wiedmann, K.-P. (1989): Wertewandel und gesellschaftsorientiertes Marketing - Die Bewährungsprobe strategische Unternehmensführung, in: Raffée H. / Wiedmann, K.-P. (Hrsg.): Strategisches Marketing, 2. Auflage, Stuttgart 1989, S. 552-612
Rageth, L. (2000): Vermittler gewinnen im Internet, in: Marketing & Kommunikation, 5/2000, S. 8-10
Reichheld, F. F./Schefter, P. (2001): Warum Kundentreue auch im Internet zählt, in: Harvard Business
Manager 1/2001, S. 70-80
Reichwald, R./Koller, H. (1995): Informations- und Kommunikationstechnologien, in: Tietz, B./Köhler,
R./Zentes, J. (Hrsg): Handwörterbuch des Marketing, 2. Aufl., Stuttgart 1995, Sp. 947-962
Richter, R./Furubotn, E. (1996): Neue Institutionenökonomik: Eine Einführung und kritische Würdigung, Tübingen 1996
Rigendinger, L. (1997): Blick über den Tellerrand – nachhaltige Entwicklung am Beispiel Ernährung – Ein Beitrag zur Strukturierung des Themas in der Bildungspraxis. Diskussionspapier IP Gesellschaft Teilprojekt
3, ETH Zürich, Zürich 1997
Rode, J. (1999): Das große Kalkül, in: Sortimente im Visier, LZ-Spezial 3/99, S. 110-117
Rolf, A. (2000): Mit Internet und Informationstechnik zu einer nachhaltigen Informationsgesellschaft!?, in:
Schneidewind, U./Truscheit, A./Steingräber, G. (Hrsg.): Nachhaltige Informationsgesellschaft: Analyse
und Gestaltungsempfehlungen aus Management- und institutioneller Sicht, Marburg 2000
Roll, O. (1996): Marketing im Internet: Neue Märkte erschliessen, München 1996
Roll, O. (1997): Doppelt vernetzt, in: Absatzwirtschaft, Heft 1, 1997, S. 88-89
Romm/Rosenfeld/Herrmann (1999) „The Internet Economy and Global Warming: A Scenario of the Impact of
E-Commerce on Energy and the Environment“, The Center for Energy and Climate Solutions, 1999
Rosbach, B./ Rode, J (2000): Kapital, Kurse, Konditionen, in: Lebensmittel Zeitung Spezial 1/2000,
E-Commerce, Das Web revolutioniert die Handelswelt, Frankfurt am Main 2000
Rothschild, M.L. (1979): Advertising Strategies for High and Low Involvement Sitautions, in: Maloney, J.C. /
Silverman, B (Hrsg.): Attitude Research Plays for High Stakes, 8th Attitude Reaearch Conference, Chicago 1979, S. 74-93
Rudolph, Th/Löffler, C. (2001): Internetnutzung Schweiz 2001: Eine Studie des Gottlieb Duttweiler Lehrstuhls
für Internationales Handelsmanagement, St. Gallen 2001
Rudolph, Th/Löffler, C. (2001): Fulfilment-Studie 2001: Eine Studie des Gottlieb Duttweiler Lehrstuhls für Internationales Handelsmanagement, St. Gallen 2001
Sachs, W. (1993): Die vier E’s. Merkposten für einen massvollen Wirtschaftsstil, in: Politische Ökologie, September/Oktober 1993, S. 69-72
Sailer, R. (2001): Bio-Online-Produkte jetzt mit grossen Chancen, LZ-Net vom 12.04.2001,
http://www.lz-net.de/news/webtechnews/pages/showmsg.prl?id=21430&type=3
Sakar, M./Butler, B./Steinfield, C. (1995): Intermediaries and Cybermediaries: A Continuing Role for Mediating
Players in the Electronic Marketplace, in: Journal of Computer-Mediated Environments, Special Issue on
electronic Commerce, Heft 3/95, http://www.usc.edu/dept/annenberg/voll/issue3 /sarkar.html, 17.12.97
204
9. Literaturverzeichnis
Salam, A.F./ Rao, H.R./Pegels, C.C. (1998): An Investigation of Consumer-perceived Risk in Electronic Commerce Transactions: The Role of Institutional Trust and Economic Incentive in a Social Exchange
Framework, in: Proceedings of the 4th Conference of the Association for Information Systems, Baltimore,
August 1998
Sawhney, M. (1998): The new middlemen in the networked economy, in: New Marketing Media – Beilage der
Financial Times, Heft 11/98, S. 5-6
Schanderl, M. (1993): Vermarktungskonzeption für Produkte des ökologischen Landbaus unter besonderer Berücksichtigung des Franchise-Systems, in: Marketing der Agrar- und Ernährungswirtschaft, Band 8, Kiel
1993
Schmalen, H. (1994): Das hybride Kaufverhalten und seine Konsequenzen für den Handel, in: Zeitschrift für Betriebswirtschaft, 64. Jg., Heft 10, S. 1221-1240
Schmid, B. (1993): Elektronische Märkte, in: Wirtschaftsinformatik Nr. 5, 1993, S. 465-480
Schmid, B. (1999): Elektronische Märkte – Merkmale, Organisation und Potentiale, in: Hermanns, A./Sauter, M.
(Hrsg.): Management-Handbuch-Electronic-Commerce, München 1999, S. 31-48
Schmid, B./Lindemann, M.A. (1998): Elements of a Reference Model for Electronic Markets. In: Proceedings of
the 31st Annual Hawaii International Conference on Systems Science HICSS’98, 6.-9. Januar 1998, Vol.
IV, S. 193-201
Schneider, D./Gerbert, Ph. (1999), E-Shopping: Erfolgsstrategien im Electronic Commerce: Marken schaffen,
Shop gestalten, Kunden binden, Wiesbaden 1999
Schneidewind, U. (1998): Die Unternehmung als strukturpolitischer Akteur. Marburg 1998
Schneidewind, U./Spiller, A./Truffer, B. (2001): Virtuelle Öko-Communities als Instrument zur Entwicklung,
Durchsetzung und Nutzung nachhaltiger Produkt- und Dienstleistungsinnovationen, unveröffentlichte Projektskizze im Rahmen des Förderschwerpunktes „Nachhaltiges Wirtschaften: Möglichkeiten und Grenzen
von neuen Produktnutzungsstrategien – Teil B: Bedürfnisfelder“ des Bundesministerium für Bildung und
Forschung (BMBF), Ausschreibung vom 17.06.2000
Schneidewind, U./Truscheit, A./Steingräber, G. (Hrsg.): Nachhaltige Informationsgesellschaft, Marburg 2000
Schoder, D. et al. (1998) : Electronic Commerce Enquête (ECE) 1997/98, Executive Research Report, Computer
Zeitung, Institut für Informatik und Gesellschaft, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Gemini Consulting
1998
Schögel, M./Birkhofer, B./Tomczak T. (2000): E-Commerce im Distributionsmanagement, Status Quo und Entwicklungstendenzen, Zeitschrift Thexis, Heft 2/2000
Schubert, P. (1999): Virtuelle Transaktionsgemeinschaften im Electronic Commerce: Management, Marketing
und Soziale Umwelt, Dissertation St. Gallen 1999
Seybold, P.B./ Marshak, R.T. (1998): Customers.com. How to create a profitable business strategy for the Internet and beyond New York 1998
Shannon, C. E./Weaver, W. (1972): The Mathematicl Theory of Communication, London 1972
Siebel, L. (2000): Food-Logistics – Lebensmittel via Internet: Trends, Konzepte und logistische Probleme, Düsseldorf 2000
Simon, H.A. (1978): Rationality as Process and Product of Thought. In: American Economic Review, 68. Jg,
1978, S. 1-16
Spiller, A. (1996): Ökologieorientierte Produktpolitik, Marburg 1996
Staehle, W. H. (1994): Management: eine verhaltenswissenschaftliche Perspektive, München 1994
Stauss, B. (1998): Internet-Kunden-Kommunikation: Globale Kundenkritik im World Wide Web und
Newsgroups, in: Marktforschung und Management, Heft 4, 1998, S. 139-144
Steinfield, C./Klein, S. (1999): Local vs. Global Issues in Electronic Commerce, in: Electronic Markets, Vol. 9
(1/2): 1-6, http://www.electronicmarkets.org
Stohr, E./Viswanathan, S. (1998): Recommendation Systems: Decision Support for the Information Economy,
New York University, Stern School of Business, Working Paper #IS-98-17, New York 1998
Ströbele, W.J. (1991): Externe Effekte als Begründung von Umweltökonomik und -politik, in: Beckenbach, F.
(Hrsg.): Die ökologische Herausforderung für die ökonomische Theorie, Marburg 1991
9. Literaturverzeichnis
205
Swoboda, B. (1996): Interaktive Medien am Point of Sale - Verhaltenswissenschaftliche Analyse der Wirkung
multimedialer Systeme, Wiesbaden 1996
Symposion Publishing (1999): Internetshopping Report 2000: Die grosse Nutzerumfrage. Käufer, Produkte, Zukunftsaussichten, Symposion Publishing, Düsseldorf
Thomé (1981): Produktgestaltung und Ökologie, München 1981
Tischler, K. (1996): Ökologische Betriebswirtschaftslehre, München u.a. 1996
Truffer, B./Bloesch, J./Bratrich, C./Wehrli, B. (1998): „Ökostrom“: Transdisziplinarität auf der Werkbank, in:
GAIA, Nr. 1/98, S. 26-35
Tully, S. (1998): How Cisco Mastered the net, in: Fortune, Vol. 138, Nr. 4, 17. August 1998, S. 207-210
Ulrich, H. (1981): Die Betriebswirtschaftslehre als anwendungsorientierte Sozialwissenschaft, in: Geist,
M./Köhler, R: (Hrsg.): Die Führung des Betriebes, Stuttgart 1981, S. 1-26
Ulrich, H. (1984): Die Betriebswirtschaftslehre als angewandte Sozialwissenschaft, in: Ulrich, H.: Management,
Hrsg. von Dyllick, T./Probst, G.J.B., Bern, Stuttgart 1984, S. 168-200
Umweltbundesamt (Hrsg.) (1988): Das Umweltzeichen: Ziele - Hintergründe - produktgruppen, Berlin 1988
UNCTAD/WTO International Trade Centre (1999): Organic Food and Beverages: World supply and major
European markets, New York am 1999, http://www.intracen.org
Varian, H.R. (1989): Grundzüge der Mikroökonomik, München 1989
Vershofen, W. (1955): Zum Ausbau der Nutzenlehre. In: Die Unternehmung, 9. Jg., 1955, Nr. 1, S. 6-11
Villiger, A. (1998): Vom Subventionsverdruss zum Bio-Boom. Analyse der Diffusion biologischer Lebensmittel
anhand des ökologischen Transformationsprozesses. Diskussionsbeitrag Nr. 70 des Instituts für Wirtschaft
und Ökologie, Universität St. Gallen 1998
Villiger, A. (2000a): Jenseits der Öko-Nische in der Lebensmittelbranche, in: Villiger, A./Wüstenhagen,
R./Meyer, A. (Hrsg.) (2000): Jenseits der Öko-Nische, Basel 2000
Villiger, A. (2000b): Von der Öko-Nische zum ökologischen Massenmarkt: Strategien und Perspektiven für den
Lebensmittelsektor, Wiesbaden 2000
Villiger, A./Wüstenhagen, R./Meyer, A. (Hrsg.) (2000): Jenseits der Öko-Nische, Basel 2000
Vongehr, U. (1997): Goldgrube wartet auf Erschliessung, in: Lebensmittel-Zeitung Nr. 8, S. 42-43
Wagner, M (1995): Interaktive Hypertext-Anwendungen in Vertrieb und Marketing, Essen 1995
Wang, H./Lee, M./Wang, C. (1998): Consumer Privacy concerns about Internet Marketing, in: Communications
of the Association for Computing Machinery (CACM), Vol. 41, Nr. 3, März 1998, S. 63-70
Weiber, R./Adler, J. (1995): Informationsökonomisch begründete Typologisierung von Kaufprozessen, in:
Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, 47. Jg., 1995, Nr. 1, S. 43-65
Weinhold-Stünzi (1996): Cyberspace im Einzelhandel, in: Thexis, Heft 4, 1996, S. 2-8
Weinhold-Stünzi, H (1989): Kommunikation und Information mit IES – jetzt und in Zukunft, in: Thexis, Heft 5,
1989, S. 2-6
Werner, A./Stephan, R. (1998): Marketing-Instrument Internet, Heidelberg 1998
Wicke, L. (1991): Umweltökonomie, 3. Auflage, München 1991
Wigand, R. T. (1997): Electronic Commerce: Definition, Theory and Context, in: The Information Society, Special Issue: Theory and Practice of Electronic Commerce, Vol. 1, Nr. 3, Dezember 1995,
http://jcmc.huji.ac.il/vol1/issue3/wigand.html
Wilder, C. (1997): Electronic Commerce – Strictly Business Know How to Make Real Money on the Web?
Think business-to-business, in: Information Week, 17. März 1997, S. 42
Willer, H./Yussefi, M. (2000): Ökologische Agrarkultur Weltweit – Statistiken und Perspektiven, Stiftung
Ökologie und Landbau, 2. überarbeitet Auflage, SÖL-Sonderausgabe Nr. 74, Bad Dürkheim 2000
Williamson, O. E. (1975): Markets and Hierarchies: analysis and Antitrust Implications, New York 1975
Williamson, O.E. (1990): The Economic Institutions of Capitalism, New York 1985 (deutsch: Die ökonomische
Institutionen des Kapitalismus, Tübingen 1990)
Windhoff-Héritier (1987): Policy-Analyse. Eine Einführung. Frankfurt am Main/New York 1987
Wirthgen, B./Maurer, O. (1992): Direktvermarktung, Stuttgart 1992
206
9. Literaturverzeichnis
Wise, R./Christner, Ch./Bryne, T. (1999): E-venge of the incumbents? How to build a hybrid business model that
will prevail in the internet economy. A Mercer commentary, Mercer Management Consulting, Boston
1999
Wiswede, G. (1991): Der „neue Konsument“ im Lichte des Wertewandels, in: Szallies, R. / Wiswede, G. (Hrsg.)
(1991): Wertewandel und Konsum: Fakten, Perspektiven und Szenarien für Markt und Marketing, 2. Auflage, Landsberg/Lech 1991, S. 11-40
Wüstenhagen, R. (1998): Greening Goliaths vs. Multiplying Davids – Pfade einer Coevolution ökologischer
Massenmärkte und nachhaltiger Nischen, Diskussionsbeitrag Nr. 61 des Instituts für Wirtschaft und Ökologie, Universität St. Gallen 1998
Wüstenhagen, R. (2000a): Jenseits der Öko-Nische in der Elektrizitätsbranche, in: Villiger, A./Wüstenhagen,
R./Meyer, A. (Hrsg.) (2000): Jenseits der Öko-Nische, Basel 2000
Wüstenhagen, R. (2000b): Öko-Strom – Von der Öko-Nische zum Massenmarkt. Entwicklungsperspektiven und
Marketingstrategien für eine zukunftsfähige Elektrizitätsbranche, Dissertation St. Gallen, Zürich 2000
Wüstenhagen, R./Meyer, A./Villiger, A. (1999): Die „Landkarte des ökologischen Massenmarktes“, in: Ökologisches Wirtschaften, 1/1999, S. 27-29
Yankee Group (1998): Internet’s Impact to Vary Widely by Business-to-Business Market, Internet Marketing
Strategies, Report, Vol. 4, Nr. 8, Mai 1998
Yoffie, D. B./Cusumano, M. A. (1999): Judo Strategy: The Competitive Dynamics of Internet Time, in: Harvard
Business Review, Vol. 77, Nr. 1, Januar-Februar 1999, S. 71-81
Zambrano, A./Temeschinko, M./Hamann, G. (2001): Zambrano Naturkost: unveröffentlichter Businessplan der
Firma Zambrano Naturkost
Zbornik, S. (1996): Elektronische Märkte, elektronische Hierarchien und elektronische Netzwerke, Konstanz
1996
Zerdick, A./Picot, A./Schrape, K. (1999): Die Internet-Ökonomie: Strategien für die digitale Wirtschaft, Berlin/Heidelberg 1999
Zupancic, D. (1999): Ein Blick in die Zukunft virtueller Gemeinschaften, in: io-Management, Heft 5/99,
S. 42-46
Anhang
207
Anhang: URL- Verzeichnis der Unternehmensbeispiele
Konventionelle Lebensmittelhandel
Unternehmen
(Kernmarkt/Ausrichtung)
Coop
(Schweiz)
Migros
(Schweiz)
Peapod
(USA)
Spar
(Österreich)
Streamline
(USA)
Tengelmann
(Deutschland)
Branche/Produkte
URL
Lebensmittelhandel
http://www.coop.ch
Lebensmittelhandel
http://www.migros.ch
Internet-Lebensmittelhandel
http://www.peapod.com
Lebensmittelhandel
http://www.spar.at
Internet-Handel
http://www.streamline.com
Lebensmittelhandel, Heimlieferdienst
http://www.tengelmannlieferservice.de
Naturkosthandel
http://bs.cyty.com/ambrosia
Naturkosthandel, Heimlieferdienst
http://www.dirksbiokiste.de
Direktvermarktung ab Hof
Erzeugergemeinschaft
http://home.tonline.de/home/willi.peter/
http://www.bergquell.de
Suchmaschine
http://www.ecofinder.de
Bio-Anbieter
Ambrosia
(Deutschland, regional)
Dirk`s Biokiste
(Deutschland, regional)
Bio Hof Willi Peter
(Deutschland, regional)
Bergquell
(Deutschland, bundesweit)
Ecofinder
(Deutschland)
Ecomall
(Deutschland)
Virtuelle Einkaufsplattform für
ökologische Produkte und Dienstleistungen
Eco-World
Internetplattform für ökologische
(Deutschland, Österreich, Schweiz) Produkte und Dienstleistungen
Feldhof
Naturkosthandel
(Deutschland)
Gemüsekiste
Naturkosthandel, Heimlieferdienst
(Deutschland)
Gutzuleben
Öko-Versand
(Deutschland)
Hipp
Baby-Nahrungsmittelhersteller
(Europa)
Laiseacker
Bioland Direktvermarkter, Heimlie(Deutschland, regional)
ferdienst
Austrian Country Market
Virtuelle Einkaufsplattform für
(Österreich)
ökologische Produkte und Dienstleistungen
Naturkost.de
Online-Community
(Österreich)
http://www.ecomall.com
http://www.eco-world.de
http://www.feldhof.de
http://www.gemuesekiste.de
http://www.gutzumleben.de
http://www.hipp.de
http://www.laiseacker.de
http://www.lisa.at
http://www.naturkost.de
208
Nurnatur
(Europa)
Oekocity.de
(Deutschland)
Oekokiste
(Deutschland)
Oneworld
(Europa)
Organicsdirekt
(Grossbritannien)
Umwelt.de
(Deutschland)
United Nature
(Europa)
Viana
(Deutschland)
Virtual Tree
(International)
Vitago.de
(Deutschland)
Vitalstoffe.de
(deutschsprachig)
Whoopee-Home.de
(Deutschland)
Wulksfelde
(Deutschland, regional)
Zwölberich
(Deutschland)
Verbände
Bioland
(Deutschland)
Bio Suisse
(Schweiz)
Stiftung Ökologie und Landbau
SÖL
(Deutschland)
Sonstige
Atrada.de
(deutschsprachig)
Ciao.com
(International)
CNN
(International)
Dooyoo.de
(deutschsprachig)
Feuerwehr.de
(Deutschland)
Foodtrader.com
(International)
Free-PC
(USA)
Anhang
Online Shop für ökologische Lebensmittel und Wellness
Suchmaschine
http://www.nurnatur.de
Direktvermarkter, Heimlieferdienst
http://www.oekokiste.de
Software- und Internetagentur
http://www.oneworld.de
Internet-Lebensmittelanbieter
http://www.organicsdirect.co.uk
http://www.oekocity.de
Internet-Plattform für Ökologie und http://www.umwelt.de
Umwelt, Community
Internet-Lebensmittelanbieter
http://www.unitednature.com
Hersteller pflanzlicher Bioprodukte http://www.viana.de
Entertainment-Angebot
http://www.virtualtree.com
Wellness- und Healthcare-InternetShop
Internetsite zum Thema Vitamine,
Mineralstoffe und Naturkost
Öko-Informations-Portal
http://www.vitago.de
Direktvermarkter, Heimlieferdienst
http://www.wulksfelde.de
Weinhandel, Heimlieferdienst
http://www.zwoelberich.de
Biologischer Anbauverband
http://www.bioland.de
Biologischer Anbauverband
http://www.bio-suisse.ch
http://www.vitalstoffe.de
http:www.whoopee-home.de
Stiftung zur Förderung des ökologi- http://www.soel.de
schen Landbaus
Auktionsplattform
http://www.atrada.de
Verbraucherportal
http://www.ciao.com
Nachrichten
http://www.cnn.com
Verbraucherportal
http://www.dooyoo.de
Community
http://www.feuerwehr.de
Lebensmittelbörse
http://www.foodtrader.com
PC-Online-Handel
http://www.freepc.com
Anhang
Genfreinet.de
(deutschsprachig)
Grünebörse.at
(Österreich, regional)
Looplink
(International)
Lebensmittelzeitung
(deutschsprachig)
Letsbuyit.com
(deutschsprachig)
Purefood.org
(USA)
Reebok
(International)
Texweb.de
(Deutschland)
Therail.com
(International)
Waschbär
(Deutschland)
Wein-Online.de
(Deutschland)
209
Verbraucherinitiative
http://www.genfrei.de
Internetplattform des Landesverbandes für bäuerliche Direktvermarkter in Niederösterreich
Webring
http://www.grueneboerse.at
http://www.looplink.com
Internet-Newsdienst
http://www.lz-net.de
Powershopping-Plattform
http://www.letsbuyit.com
Verbraucherinitiative
http://www.purefood.org
Sportartikelhersteller
http://www.reebok.com
Business-to-Business-InternetPlattform
Webring
http://www.texweb.de
http://www.therail.com
Öko-Versand
http://www.waschbaer.de
Online-Community
http://www.wein-online.de
Lebenslauf
Mischa Kolibius
geboren am 11. Juni 1971 in Stuttgart, Deutschland
1991
Abitur am Eichendorff Gymnasium, Ettlingen
1991 – 97
Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Universität Augsburg
1994 – 97
freier Projektmitarbeiter am Institut für Management und Umwelt
(imu), Augsburg
1997 – 1998
Doktorandenstudium an der Universität St. Gallen
1997 – 2001
Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Wirtschaft und
Ökologie an der Universität St. Gallen (IWÖ-HSG)
Herunterladen