Wie bin ich dazu gekommen? - caroline

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Mu
Nichts
Je mehr sich die Dinge dem Nichts nähern, umso vollkommener werden sie.
Entschlossen gehe ich meinen Weg
Die japanische Schriftkunst ist die Kunst der maximalen Reduktion.
Wie bin ich dazu gekommen?
Mit der chinesisch-japanischen Schriftkunst bin ich schon als junge Modedesignerin auf
meinen zahlreichen beruflichen und privaten Reisen nach Asien in Berührung gekommen.
Ich war fasziniert von der Schrift und der, für uns Westler, Andersartigkeit von
Kommunikation und Sprache. Ich entdeckte für mich nicht einfach eine weitere Sprache,
sondern eine eigene, neue Art der Lebenshaltung und eine Kunstform diese auszudrücken.
Vor über 10 Jahren, als ich meine Karriere längst mit Mutterschaft eingetauscht hatte, habe
ich angefangen regelmässig Unterricht zu nehmen bei einer japanischen Shodô-Meisterin,
hier in Zürich. Wie das für eine Japanische Meisterin üblich ist, bleibt man bei seinem Sensei
(Lehrer) bis an sein Lebensende, was sie mir ebenfalls nach wenigen Lektionen in Aussicht
gestellt hat. Das ist auch der Grund, warum ich immer noch regelmässig zu ihr in den
Unterricht gehe, meine Arbeiten mit ihr bespreche, und kontinuierlich an meiner Technik
arbeite und mich durch beinahe tägliche Übung stetig weiterentwickle.
Shodô
In Japan ist das Kunstschreiben oder Shodô, künstlerisch gleichgestellt mit der Malerei, denn
Shodô was so viel wie“ der Weg des Schreibens gehen“ heisst, hat nichts mit der
Bezeichnung, Kalligrafie im Westlichen Sinne gemeinsam wo es die Schönschrift eines
Zeichensystems für praktische Zwecke bedeutet.
Für mich persönlich ist es der lebendige Ausdruck meiner Wahrnehmungen, Beobachtungen
und Erlebnissen im Alltag. Der Ausgangspunkt bildet das entsprechende und sorgfältig
ausgewählte Schriftzeichen.
Die Möglichkeiten des persönlichen und künstlerischen Ausdrucks sind fast unbegrenzt. Man
spricht vom Abbild des Herzens, weil aus dem schreiben heraus eine in Worte nicht zu
beschreibende Verbundenheit und Präsenz entsteht, die innere Haltung entwickelt sich und
manifestiert sich auf dem Papier. Man könnte von der Seele des Bildes sprechen.
Shodô ist auch die Kunst der Striche und ihrer Verteilung in der Fläche. Der Betrachter kann
nach folgenden Gesichtspunkten und Kriterien ein Schriftkunstwerk Beurteilen.
1. Die Form des Schriftzeichens und die Verteilung in der Fläche. Die Proportionen und
Verhältnisse von leerem und gefülltem Flächenanteil .
2. Die Qualität der Striche, deren Klarheit. Ist es eine geübte, sicher Hand, die den Pinsel
führt?
3. Die Unterschiede in der Farbe Schwarz. Die Beschaffenheit, der von Hand angeriebenen
Tusche und deren unzählige Abstufungen von tiefem Schwarz bis zu hellem Grau. Sie kann
wässrig auslaufend ins Papier fliessen oder trocken, gebrochene Striche hervorbringen.
4. Der Rhythmus der Striche. Der Rhythmus in dem der Pinsel geführt wird spielt eine
zentrale Rolle für die Ausdruckskraft der Stiche, der Übergänge, und deren Spannung und
Verhältnisse zueinander
5. Die „Seele“, der wahre Charakter. Ich hoffe sehr, dass die Betrachter meiner Bilder sich
diesem öffnen und ohne kulturelle Barriere direkt begegnen können. Denn die Sprache der
Seele ist universell.
Natürlich spielen die Wahl des Papiers, das Format, die Beschaffenheit des Pinsels und der
Pinselhaare und vieles mehr ebenfalls eine grosse Rolle.
Alles das sind Aspekte des ästhetischen Gestaltens eines oder mehrerer dieser japanischen
Bedeutungsträger, Kanji genannt. In meinem Falle mischen sich das typisch, japanische
Empfinden, mit meinem typisch, europäischen, ja sogar schweizerischen Empfinden für
Form und Gestaltung.
Allowing
Zulassend sein, ist das Thema meiner Ausstellung.
Zulassen ist eine dynamische, lebendige Form von absoluter Präsenz im jetzigen
Augenblick. Zulassen bedeutet Annahme der Realität und dieser wertefrei zu begegnen.
Leer und frei sein vom Gewohnten und Bekannten ermöglicht Offenheit für das Unbekannte
und Tatsächliche. Zulassen im Sinne von Annahme setzt Loslassen voraus. No-mind ist ein
Zustand der Gedankenleere, des Nichts.
Und somit komme ich abschliessend zu meinem Einleitungssatz zurück: Je mehr sich die
Dinge dem Nichts nähern umso vollkommener werden sie.
Zulassen führt uns Schritt für Schritt zum Nichts. Zum wertefreien Raum, wo die Dualität
aufhört und die Einheit beginnt. Die Japaner nennen das nichts auch die absolute Freiheit.
In dieser Ausstellung zeige ich Interpretationen von Bedeutungsträgern, also japanischen
Schriftzeichen, die mit dem Zulassen in Zusammenhang stehen. Es ist meine Wahrnehmung
verschiedener Aspekte, des zulassend seins, die ich mit Pinsel und Tusche auf dem Papier
ausdrücke.
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