Insekten - eLexikon.ch

Werbung
eLexikon
Bewährtes Wissen in aktueller Form
Insekten | Zoologie - Klassen u. Ordnungen - Klassen etc. der Insekten
Internet:
https://peter-hug.ch/lexikon/insekten/08_0975
HauptteilSeite 8.975
Insekten 7 Seiten, 9'883 Wörter, 72'916 Zeichen
Insekten (Kerbtiere, Kerfe, Hexapoden, Insecta, Hexapoda), die oberste Klasse der Gliederfüßler, luftatmende Tiere, deren
Körper in der Regel deutlich in Kopf, Brust und Hinterleib gesondert und mit drei Bein- sowie meist auch zwei Flügelpaaren versehen
ist. Der Kopf bildet, obwohl er beim Embryo aus vier Segmenten entsteht, eine ungegliederte Kapsel und trägt auf der Oberseite
Augen und Fühler, auf der Unterseite die Kauwerkzeuge. Die Fühler (Fühlhörner, Antennen) sind gegliedert, aber in Form u. Größe
sehr verschieden (keulig, gezahnt, gekämmt etc., s. Abbild. bei Antennen).
Der Mund (Fig. 1-4) ist von den Kauwerkzeugen umgeben. Man unterscheidet die unpaare Oberlippe, welche den Mund von vorn
her bedeckt, u. drei Paar seitlich bewegliche Kiefer, nämlich den rechten und den linken Oberkiefer (Mandibel), rechten und linken
Unterkiefer (Maxilla) und die aus der Verschmelzung von zwei Kiefern hervorgegangene Unterlippe, welche den Mund von hinten
verschließt. Die Oberkiefer sind meist sehr kräftig gebaut und haben keinen Taster, während die übrigen Kiefer je einen solchen
(Kiefer-, resp. Lippentaster) tragen.
Diese Grundform der Freßwerkzeuge ist jedoch nur bei den beißenden und kauenden I. (z. B. bei den Käfern) vorhanden,
erleidet hingegen bei den stechenden, saugenden und leckenden mehr oder weniger große Abänderungen. So sind bei den
Hautflüglern die Unterkiefer sowie die Unterlippe zum Auflecken von Flüssigkeiten stark verlängert; bei den Schmetterlingen legen
sich die Unterkiefer zu einem Rüssel zusammen, während die übrigen Teile fast ganz verkümmern; bei den Zwei- und Halbflüglern
sind die Kiefer meist zu Stechorganen, die Unterlippe dagegen zu
forlaufend einem Saugrüssel umgewandelt. (S. im einzelnen bei den betreffenden Ordnungen.) Der Brustkasten (Thorax) wird aus
drei Segmenten, dem Pro-, Meso- und Metathorax, gebildet, doch schließt sich dem letztern mitunter noch der erste Hinterleibsring
fest an. Jedes Segment besteht aus mehreren Stücken. An den Beinen, von denen jeder Brustring ein Paar trägt, und die je nach
ihrer Verwendung als Lauf-, Schwimm-, Grab- etc. Werkzeuge verschiedene Gestalt zeigen, unterscheidet man fünf Abschnitte,
nämlich Hüfte, Schenkelring, Schenkel, Schienbein und Fuß; letzterer endet mit Krallen oder Klauen oder Haftlappen etc. Die
gleichfalls am Thorax entspringenden Flügel finden sich nur am ausgebildeten Insekt vor und gehen vom Rückenteil des Meso-, resp.
Metathorax als Vorder-, resp. Hinterflügel aus.
Vielfach kommt jedoch nur ein Paar zur völligen Entfaltung, während das andre klein bleibt oder ganz eingeht. Auch völlig
flügellose I. sind bekannt (Wanze, Laus etc.), oder es sind bei derselben Art geflügelte Weibchen neben ungeflügelten Männchen,
und auch umgekehrt, vorhanden. Beim Flug bilden entweder durch besondere Hakenvorrichtungen Vorder- und Hinterflügel
derselben Seite ein Ganzes, oder das Insekt bedient sich überhaupt nur eines Paars, indes das andre als sogen. Deckflügel (Elytren)
in der Ruhe die zartern eigentlichen Flügel schützt.
Die Flügel sind ihrer Entstehung nach nichts als plattgedrückte Hautausstülpungen (Hautblasen) und bestehen daher aus zwei
eng aneinander liegenden Platten, die auf der Außenseite mit Härchen oder Schuppen (bei Schmetterlingen) bedeckt sein können.
Zwischen den Platten verlaufen die Tracheen und Nerven für den Flügel und zeichnen sich auf der Oberfläche als sogen. Rippen
oder Adern ab, deren Anordnung von den Systematikern zur Unterscheidung der Gattungen und Arten benutzt wird. Bei den Fliegen
und Mücken, den sogen. Zweiflüglern, sind die Hinterflügel in kleine, gestielte Bläschen, die Schwingkölbchen oder Halteren (s. d.),
umgewandelt.
Der Hinterleib (Abdomen), an welchem bei den erwachsenen Tieren die Beine fehlen, besteht aus höchstens zehn Leibesringen,
von denen jeder wieder aus einem Rücken- und Bauchteil zusammengesetzt ist. Alle diese Teile sind durch weiche, dehnbare
Gelenkhäute verbunden, so daß der Hinterleib einer starken Ausdehnung, wie sie z. B. beim Weibchen in der Trächtigkeitsperiode
stattfindet, fähig ist. An den hintern Segmenten befinden sich oft allerlei Anhänge um den After oder die Geschlechtsöffnung herum,
welche als Legescheiden, Legebohrer, Giftstachel (Fig. 5), Afterzangen etc. dienen; es sind entweder umgewandelte Segmente
selbst oder deren Gliedmaßen.
Der After liegt stets am Ende des letzten Ringes, die Geschlechtsöffnung einige Ringe mehr nach vorn auf der Bauchseite. Die
Haut der I. besteht aus einer einzigen Lage dünner, weicher Zellen und der von diesen abgeschiedenen Chitinschicht, die dünn
bleiben, aber auch große Dicke und Härte erlangen kann. Kalksalze, die bei dem Hautpanzer der Krebse eine so große Rolle spielen,
tragen hier nur selten zur Erhöhung der Hautfestigkeit bei. Die Färbung der Haut ist äußerst mannigfaltig und wird teils vom Chitin,
teils von der Zellenschicht darunter bedingt; sehr häufig liegt ihr aber kein wirklicher Farbstoff, sondern nur eine Interferenz des Lichts
zu Grunde (z. B. bei den Prachtkäfern). Von den innern Organen erlangt der Verdauungskanal (Fig. 5) meist eine hohe Ausbildung.
Der zwischen den Mundteilen liegende Schlund, in welchen die oft umfangreichen Speicheldrüsen münden, führt in eine meist enge
Seite 1 / 6
eLexikon
Bewährtes Wissen in aktueller Form
Insekten | Zoologie - Klassen u. Ordnungen - Klassen etc. der Insekten
Internet:
https://peter-hug.ch/lexikon/insekten/08_0975
Speiseröhre, welche in der Brust gelegen
^[Abb.: Fig. 1-4. Mundteile von Insekten.
Fig. 1. Mundteile von Schmetterlingen. a von Zygaena, b von Noctua.
Fig. 2. Mundteile einer Mücke (Culex, Zweiflügler).
Fig. 3. Mundteile von Anthophora retusa (Hautflügler).
Fig. 4. Mundteile der Schabe (Blatta), Ordnung der Geradflügler. Unterlippe deutlich aus zwei Hälften zusammengesetzt. A
Antennen, G1 Zunge, H Stechborste, Lb Unterlippe, Lbr Oberlippe, Lt Lippentaster (Labialtaster), Md Mandibeln, Mx Maxilla (Rüssel),
Mxt Maxillartaster, O Augen, Oc Nebenaugen, Pg Nebenzungen.]
forlaufend ist und sich am Ende häufig in Form eines Ballons (Kropfes) erweitert. Es folgt dann im Hinterleib der eigentliche
Magen (Chylusmagen), der aber häufig nicht scharf nach vorn und hinten abgegrenzt ist, und darauf der Darm. Bei manchen
Raubinsekten schiebt sich zwischen Kropf und Chylusmagen ein Vor- oder Kaumagen ein, dessen kräftige muskulöse Wandung
innen mit dickem Chitin überzogen und mit stärkern Leisten, Zähnen und Borsten besetzt ist. Schlund, Speiseröhre und Kaumagen
gehören ebensogut wie der Enddarm der äußern Haut an, sind nur Einstülpungen derselben und wechseln bei den Häutungen (s.
unten) ihre Chitinbekleidung.
An der Grenze von Magen und Darm münden in letztern eine Anzahl (vier oder mehr, selbst Hunderte) langer, fadenförmiger
Blindschläuche, die sogen. Malpighischen Gefäße (s. d.), welche harnartige Stoffe absondern und daher die Nieren der I. vorstellen
(Fig. 5). Dicht beim After sind manchmal noch besondere Drüsen vorhanden, deren ätzendes oder übelriechendes Sekret
ebensowohl wie der manchmal willkürlich entleerte Kot als Verteidigungswaffe dient. Andre in der Haut gelegene Drüsen sind die
Wachsdrüsen, die namentlich bei gewissen Cikaden den Leib mit flockigem Wachs (Puder) einhüllen.
Ferner sind hier noch die Spinndrüsen zu nennen, zwei lange, im Hinterleib liegende Blindschläuche, deren Ausführungsgang auf
der Unterlippe mündet und ein bei Zutritt der Luft zu einem Faden gerinnendes Sekret absondert. Diese Fäden dienen zur
Befestigung von Geweben und Hüllen, welche den Larven und ganz besonders den Puppen zum Schutz dienen (s. unten). Bei
Wanzen finden sich in Brust oder Hinterleib eigentümliche Stinkdrüsen vor. Endlich besitzen viele Weibchen von Hautflüglern im
Hinterleib Giftdrüsen (Fig. 5), deren in einer besondern Blase aufbewahrter Saft durch Muskeldruck auf dieselbe in den Giftstachel
entleert und so in die Stichwunde gebracht werden kann. (In ähnlicher Weise fließt bei manchen saugenden I. der Speichel aus den
Speicheldrüsen in die mit den Kiefern gemachte Wunde.) Der Zirkulationsapparat ist auf ein Herz in der Mittellinie des
Hinterleibsrückens beschränkt, welches durch Quereinschnürungen in Kammern geteilt ist und sich in ein durch Brust und Kopf
hindurchziehendes Rohr, die Aorta, verlängert.
Das meist farblose Blut, welches konstante Blutzellen enthält, strömt durch seitliche Öffnungen in die Kammern ein, wird durch
Zusammenziehung des Rückengefäßes aus der einen in die andre Kammer, endlich in die Aorta getrieben, ergießt sich dann frei in
den Leibesraum und strömt von da in den Lücken zwischen den Organen wieder zum Herzen. Diese Vereinfachung des
Zirkulationsapparats erklärt sich aus der ausgedehnten Verbreitung und reichen Verästelung der Respirationsorgane, welche sich als
luftführende Röhren, Tracheen (s. d.), in allen Organen verzweigen und ihren Luftbedarf durch spaltförmige Öffnungen in der
Körperhaut (Atemlöcher, Stigmen) erhalten.
Die Stigmen liegen auf der Grenze zweier Körperringe, fehlen aber stets am Kopf; der Thorax besitzt meist zwei, das Abdomen
höchstens acht Paare. Wasserbewohnende Larven von Käfern, Fliegen etc. haben aber oft nur zwei Stigmen am Ende des
Hinterleibes oder auch gar keine Stigmen (sogen. geschlossenes Tracheensystem); in letzterm Fall geschieht die Aufnahme der im
Wasser gelösten Luft in die Tracheen entweder durch besondere blattartige oder fadenförmige Kiemen (Tracheenkiemen), oder durch
den Darm, oder endlich durch die gesamte Körperhaut.
Bei guten Fliegern befinden sich an den Tracheen besondere kleine Säcke (Tracheenblasen), die vor dem Flug voll Luft gepumpt
werden. Ein eigentümliches Organ ist der Fettkörper (corpus adiposum), der sich besonders reichlich während der Larvenzeit unter
der Haut in den Zwischenräumen zwischen den Eingeweiden vorfindet und aus Haufen fetthaltiger Zellen besteht, zwischen und an
welchen sich zahlreiche, überaus feine Tracheen verästeln. Er ist wahrscheinlich zunächst als Magazin von Reservestoffen zu
betrachten, die bei der Ausbildung des vollkommenen Insekts zur Anlage neuer Körperteile und zum Wachstum der
Geschlechtsorgane benutzt werden. In ihrem Bau schließen sich dem Fettkörper die Leuchtorgane der Leuchtkäfer (Lampyriden) an,
paarige, zarte Platten an der Bauchfläche verschiedener Hinterleibssegmente, welche teils aus blassen, eiweißreichen, teils aus
körnchenreichen harnsäurehaltigen Zellen bestehen, zwischen denen sich Tracheen und Nerven in äußerst reichen Verzweigungen
ausbreiten. Die Vorgänge, unter denen das Leuchten stattfindet, sind noch nicht genau bekannt.
Seite 2 / 6
eLexikon
Bewährtes Wissen in aktueller Form
Insekten | Zoologie - Klassen u. Ordnungen - Klassen etc. der Insekten
Internet:
https://peter-hug.ch/lexikon/insekten/08_0975
Das Nervensystem der I. (Fig. 6 a u. b) besteht, wie bei allen Gliederfüßlern, aus Gehirn und Bauchstrang. Letzterer setzt sich in
seiner ursprünglichsten Form (bei sehr vielen Larven und bei manchen ausgebildeten Tieren) aus einer Kette von Ganglien
zusammen, von denen jedes das ihm zugehörige
^[Abb.: Fig. 5. Verdauungsapparat der Biene.]
forlaufend Körpersegment samt Anhängen (Beinen etc.) versorgt. Im Thorax sind also drei vorhanden, im Hinterleib aber
höchstens nur acht, da das letzte einen Komplex mehrerer im Embryo noch getrennter Ganglien darstellt. Bei andern I. verschmelzen
dann die Hinterleibsganglien mehr und mehr miteinander und endlich auch mit den drei Brustganglien, so daß im extremsten Fall der
Verkürzung der Bauchkette nur eine einzige in der Brust befindliche Nervenmasse existiert. Das im Kopf gelegene Gehirn ist
besonders in seiner obern Partie (dem Oberschlundganglion O) stark ausgebildet, am vollkommensten bei den seelisch am höchsten
stehenden Hautflüglern; es entsendet die Sinnesnerven und scheint der Sitz der seelischen Thätigkeiten zu sein.
Die untere Gehirnpartie (das Unterschlundganglion U) versorgt die Mundteile mit Nerven und scheint die Bewegungen zu regeln.
Außerdem entspringt vom Gehirn das System der Schlundnerven, und in der Nähe eines Ganglions der Bauchkette zweigen sich
Nerven ab, welche vielleicht dem Sympathicus der Wirbeltiere entsprechen. Von den Sinnesorganen sind Augen sehr allgemein
vorhanden und zu hoher Vollkommenheit ausgebildet; sie kommen als zusammengesetzte oder Netzaugen und als einfache
Punktaugen vor.
Letztere stehen meist zu dreien auf dem Scheitel und heißen deshalb Scheitelaugen (Fig. 1, 3, 4). Die beiden nur selten
fehlenden oder durch einfache Augen ersetzten Netzaugen, auch wegen der aus vielen einzelnen Flächen (Facetten) bestehenden
Hornhaut facettierte Augen genannt, liegen an beiden Seiten der Stirn und breiten sich nicht selten über einen großen Teil des Kopfes
aus; die Zahl ihrer Korneafacetten erreicht oft mehrere Tausende. Das Sehen mit den Punktaugen geschieht genau so wie bei den
Wirbeltieren, mit den zusammengesetzten Augen jedoch in andrer Weise.
Jede Facette entwirft nämlich nicht ein Bildchen des ganzen Gegenstandes auf der Netzhaut, sondern bildet nur den ihm gerade
gegenüberliegenden Punkt ab; somit erhält das Insekt nur ein einziges, aber aus vielen Punkten mosaikartig zusammengesetztes
Bild des Gegenstandes (vgl. Auge, S. 73). Gehörorgane in Blasenform mit Hörsteinen (Otolithen) im Innern kommen bei I. nur
äußerst selten vor, doch kann die Fähigkeit zu hören nicht bezweifelt werden, und so finden sich denn auch bei gewissen
Heuschrecken entweder am Anfang des Hinterleibes oder an den Vorderbeinen eigentümliche Bildungen vor, die höchst
wahrscheinlich die Tonempfindung vermitteln.
Der Tastsinn wird vorzugsweise durch die Fühler, die Taster der Mundteile und die Tarsenglieder der Beine, aber auch durch
Anhänge der gesamten Haut, z. B. die Tastborsten am Körper zarter Insektenlarven, vermittelt. Geruchsorgane kommen, wie es
scheint, allgemein verbreitet vor und haben ihren Sitz auf der Oberfläche der Fühler meist in besondern Grübchen. Zahlreiche I.
erzeugen willkürlich Laute und zwar meist durch Reiben von Körperteilen aneinander, z. B. der Schenkel an den Flügeln oder des
einen Flügels am andern (Heuschrecken) oder der Hinterleibsringe an den Flügeldecken (Käfer) etc. Ein trommelartiges Stimmorgan
führen die Männchen der Cikaden am Anfang des Hinterleibes; Maikäfer, Bienen, Fliegen u. a. besitzen in den Tracheenmündungen
besondere dünnhäutige Zungen, welche beim Flug vibrieren und zusammen mit dem Eigenton der schwirrenden Flügel das Summen
hervorbringen.
Fortpflanzung der Insekten. Die Fortpflanzung der I. ist vorwiegend zweigeschlechtlich. Die männlichen und weiblichen Organe
sind durchweg auf verschiedene Individuen verteilt, korrespondieren aber in ihren Teilen und ihren Lagebeziehungen mit den übrigen
Organen des Körpers. Schon im Embryo werden sie angelegt, entwickeln sich jedoch erst in der letzten Periode des Larvenlebens
oder im Puppenzustand und treten fast immer nur bei dem vollendeten Insekt in Funktion, wenn sie nicht, wie bei den meisten
weiblichen Individuen der gesellig lebenden I., auf einer frühern Entwickelungsstufe stehen bleiben.
Männchen und Weibchen unterscheiden sich auch äußerlich: gewöhnlich sind erstere schlanker gebaut, mit vollkommenen
Sinnesorganen, größern Fühlern, schönerer Färbung versehen und bewegen sich leichter und schneller. Bisweilen bleiben die
Weibchen flügellos und larvenähnlich, doch kann auch das Verhältnis umgekehrt sein. Von den Geschlechtsorganen selbst sind die
Keimdrüsen (Hode, resp. Eierstock) fast stets paarig, übrigens aber in sehr wechselnder Form und Zahl vorhanden. Samen und Eier
gelangen in die paarigen Samen-, resp. Eileiter und werden entweder (nur bei den Eintagsfliegen) direkt nach außen entleert, so daß
also für jedes Geschlecht zwei Geschlechtsöffnungen vorhanden sind, oder treten in einen unpaaren Gang und von da aus in das
gleichfalls unpaare Begattungsorgan (Rute, resp. Scheide) ein. Besondere Drüsen, deren Saft einen Kitt zur Befestigung der Eier
liefert oder zum
^[Abb.: Fig. 6. Nervensystem (a) eines Käfers (Coccinella), b der Larve. s Stirnganglien, A Augenganglien, O Gehirn
Seite 3 / 6
eLexikon
Bewährtes Wissen in aktueller Form
Insekten | Zoologie - Klassen u. Ordnungen - Klassen etc. der Insekten
Internet:
https://peter-hug.ch/lexikon/insekten/08_0975
(Oberschlundganglien), U Unterschlundganglien, G Ganglien des Bauchstranges.]
forlaufend Einölen der Geschlechtsorgane bei der Begattung dient, finden sich bei manchen I. vor. Fast allgemein ist im Weibchen
ein Behältnis für den aufgenommenen Samen (receptaculum seminis) vorhanden, in welchem derselbe oft jahrelang lebendig und
tauglich bleibt. Die Befruchtung der Eier findet dann bei ihrem Durchgang durch den Eileiter statt, indem aus jenem Behälter ein
wenig Same austritt. Bei zahlreichen I. entwickeln sich aber auch unbefruchtete Eier teils zufällig, teils regelmäßig und mehrere
Generationen hindurch. So findet sich Parthenogenesis (s. d.) gesetzmäßig bei gewissen Schmetterlingen und Blattläusen, Bienen,
Wespen, Gall- und Blattwespen.
Aus den unbefruchteten Eiern entstehen im allgemeinen beide Geschlechter, bei den in Tierstaaten lebenden Hymenopteren
(Bienen etc.), wie es scheint, nur Männchen. Bei den Blattläusen u. a. folgt auf eine oder mehrere solche eingeschlechtliche
Generationen, während welcher also nur Weibchen vorhanden sind, stets eine zweigeschlechtliche Generation mit Männchen und
Weibchen; die eingeschlechtlichen Generationen selbst können wieder unter sich verschieden sein.
Wirkliche ungeschlechtliche Fortpflanzung (durch Teilung oder Knospung) kommt jedoch nirgends vor, so daß alle hier
erwähnten Erscheinungen nicht dem Generationswechsel, sondern der Heterogonie angehören (s. Generationswechsel). Übrigens
sind bei einigen Zweiflüglern (Cecidomyia, Miastor) die Larven fortpflanzungsfähig, indem sich in ihrem Innern junge Larven auf
Kosten des Fettkörpers und der zerfallenden Organe der Mutterlarve entwickeln. Nur wenige I. gebären lebendige Junge, die übrigen
legen die Eier ab. Die Entwickelung des Embryos nimmt sehr verschiedene Zeit in Anspruch, ist wesentlich von der Temperatur
abhängig und kann durch diese auf lange Zeit gehemmt werden.
Die dem Ei entschlüpfende Larve ist in der Regel von dem geschlechtsreifen Tier verschieden und wandelt sich meist erst durch
eine Reihe von Häutungen und Metamorphosen in die Form des letztern um. Dieser Übergang vollzieht sich bei der sogen.
unvollkommenen Metamorphose (Halbflügler, Geradflügler) allmählich, auch bleibt dabei das Tier beweglich, frißt, erhält mit
zunehmender Größe Flügelstummel etc. Die Larve besitzt dabei entweder schon annähernd die gleiche Lebensweise wie das
vollendete Insekt, oder weicht auch in dieser Beziehung wesentlich ab und lebt, wie z. B. die Larven der Eintagsfliegen und Libellen,
im Wasser.
Bei der vollkommenen Metamorphose verwandelt sich dagegen die Larve zunächst in eine ruhende, keine Nahrung
aufnehmende Puppe oder Chrysalide, aus welcher nach mancherlei Umformungen der innern Organe das geflügelte Insekt (Imago)
ausschlüpft. Die Larven dieser I. weichen in Gestalt, Lebensweise und Ernährungsart sehr stark von den Geschlechtstieren ab; auch
besitzen sie häufig provisorische Gliedmaßen an Körperteilen, an welchen solche später fehlen.
Wurmförmige Larven ohne Gliedmaßen und auch wohl ohne besondern Kopf heißen Maden, solche mit deutlich
unterscheidbarem Kopf- und Brustabschnitt sowie mit drei Paar Füßen an letzterm Raupen; diese haben häufig am Hinterleib noch
die sogen. Afterfüße. Ganz allgemein nehmen die Larven sehr reichliche Nahrung auf, entwickeln unter wiederholten Häutungen, von
denen sogar die Haut des Vorder- und Hinterdarms betroffen wird, alle Teile des Geschlechtstiers, lagern namentlich auch in dem
mächtig entwickelten Fettkörper das zur weitern Umwandlung nötige Nahrungsmaterial ab und verpuppen sich dann; hierbei
verfertigen sie oft mittels ihrer Spinndrüsen über oder unter der Erde ein schützendes Gespinst (Kokon, s. d.) und treten dann unter
Abstreifung der Haut in die Gestalt der Puppe ein.
Bei dieser liegen die äußern Körperteile des geflügelten Insekts entweder frei (pupae liberae), oder unter der hornigen
Puppenhaut (pupae obtectae), oder selbst noch unter der letzten Larvenhaut (pupae coarctatae). Während des Puppenstadiums
vollendet sich die Umgestaltung des innern Baues; die Körperbedeckung des geflügelten Insekts gewinnt an Festigkeit, und endlich
arbeitet sich das Tier aus der Puppenhaut hervor, breitet unter lebhafter Einatmung die zusammengefalteten Teile aus, welche nun
völlig erhärten, entläßt den in der frühern Periode angesammelten Harn und ist dann als Imago zur Fortpflanzung bereit.
Lebensweise der Insekten. Einteilung. Die Lebensweise der I. ist ungemein mannigfaltig. Als Nahrung dienen allerlei pflanzliche
und tierische Stoffe. Da die Zahl der Pflanzenfresser (Phytophagen) unter den I. diejenige der Pflanzenarten sehr beträchtlich
übersteigt, die Individuenzahl der meisten Arten eine sehr ansehnliche und der Nahrungsbedarf vieler Larven ein verhältnismäßig
großer ist, so würden die Eingriffe der I. in die Pflanzenwelt bald den Untergang der letztern zur Folge haben, wenn nicht wieder
andre I., welche als Larven im Leib der Pflanzenfresser schmarotzen, in entgegengesetzter Richtung wirksam einträten.
Auch die Insektenfresser unter den Säugetieren, die Sing- und Klettervögel und manche Reptilien vertilgen die I. in großen
Massen. Für die Pflanzenwelt haben aber die I. noch eine andre Bedeutung, insofern sie bei deren Befruchtungsgeschäft so
wesentlich mitwirken, daß manche Pflanzen bei aller Gunst des Klimas und des Bodens in gewissen Gegenden nicht fortkommen,
weil dort die I. fehlen, welche in der Heimat der Pflanze die Befruchtung besorgen. Pflanzen und I. haben sich für diese Verhältnisse
Seite 4 / 6
eLexikon
Bewährtes Wissen in aktueller Form
Insekten | Zoologie - Klassen u. Ordnungen - Klassen etc. der Insekten
Internet:
https://peter-hug.ch/lexikon/insekten/08_0975
gegenseitig angepaßt, und so sind für gewisse Pflanzenarten ganz bestimmte Insektenarten als Befruchter nachzuweisen (weiteres s.
Blütenbestäubung, S. 74). Endlich treten die I. auch wirksam bei der Beseitigung abgestorbener Pflanzen sowie toter Tiere auf.
Schädlich werden I. besonders durch Zerstörung von Kulturgewächsen (s. Waldverderber, mit Tafeln); lästig werden viele den
Menschen und höhern Tieren als Parasiten. Direkten Nutzen gewähren nur wenige, wie Seidenspinner, Bienen, Scharlachläuse, die
Spanische Fliege etc.
Die I. nehmen unter den Wirbellosen neben den höhern (zehnfüßigen) Krebsen und den Tintenschnecken (Cephalopoden) die
höchste Stufe ein, wie aus den vielseitigen und oft wunderbaren, auf seelische Lebensäußerungen hindeutenden Handlungen
hervorgeht, welche bei den Vereinigungen zahlreicher Individuen zu gemeinsamem Wirken in sogen. Tierstaaten (Bienen, Ameisen,
Termiten) mit ausgeprägter Arbeitsteilung besonders auffällig werden. Die Zahl der bekannten Arten beträgt mehr als 200,000,
diejenige der wirklich vorhandenen wird aber auf eine Million geschätzt.
Sie finden sich über die ganze Erde bis zu den äußersten Grenzen der Vegetation verbreitet; nach den Polen zu nimmt die
Artenzahl sowie Größe und Farbenpracht der Individuen ab, die Zahl der letztern dagegen vielleicht zu. Die kleinen, unscheinbaren
Arten überwiegen natürlich allenthalben. Bedingt wird die Verbreitung in vieler Beziehung auch von der Pflanzenwelt. Manche Arten
verbreiten sich weit durch Wanderungen, die sie einzeln oder scharenweise unternehmen; andre sind durch
forlaufend Kolonialwaren, lebende Pflanzen oder Tiere (als Parasiten) verschleppt, auch direkt, wie die Bienen, übergesiedelt
worden. Fossil finden sich I. bereits in den ältesten Schichten und zwar in so verschiedenen Formen vor, daß schon damals ein
großer Reichtum an ihnen geherrscht haben muß. Zur Steinkohlenzeit scheinen bereits Schmetterlinge existiert zu haben, obwohl im
allgemeinen die Ordnungen der Käfer, Gerad- und Netzflügler vorherrschen (s. auch die Libelle von Solnhofen auf Tafel
»Juraformation I«). Reich an Arten und Individuen sind die Tertiärschichten, aber immer noch finden sich verhältnismäßig wenige
gegenüber dem Reichtum der Gegenwart. Aus dem Miocän sind gegen 1300 Arten bekannt und gehören fast alle lebenden
Gattungen an.
Die Einteilung der I. hat seit den Zeiten Linnés, der sie nach den Flugorganen versuchte, sehr gewechselt; in der Gegenwart
nimmt man auf die natürliche (d. h. Bluts-) Verwandtschaft Rücksicht und ist dabei zu folgenden Ergebnissen gekommen. Die ältesten
I. sind zweifellos diejenigen, bei denen in keinem Lebensalter eine Spur von Flügeln vorhanden ist; von den übrigen sind die mit
beißenden Mundteilen mehr der ursprünglichen Form treu geblieben als die mit saugenden Mundteilen. Im einzelnen lassen sich
allerdings die Beziehungen der Ordnungen zu einander noch nicht genau ermitteln, indessen ist es doch z. B. ziemlich sichergestellt,
daß die Schmetterlinge von den Phryganiden abstammen etc. Auf Grund dieser Überlegungen lassen sich folgende 10 Ordnungen
der I. ausstellen.
1) Flügellose (Aptera, Apteren). Die hierher gehörigen I. werden übrigens häufig als eine Abteilung der Geradflügler aufgefaßt.
2) Geradflügler (Orthoptera, Orthopteren).
3) Falschnetzflügler (Pseudoneuroptera, Pseudoneuropteren), von den echten Netzflüglern hauptsächlich durch das
Vorhandensein einer vollkommenen Metamorphose, von den Geradflüglern, mit denen sie oft vereinigt werden, durch den Bau der
dünnhäutigen Flügel unterschieden. Hierher die Thripidae oder Blasenfüßer, Psocina oder Holzläuse, Termitina oder Termiten,
Ephemeridae oder Eintagsfliegen und Libellulidae oder Wasserjungfern.
4) Netzflügler (Neuroptera, Neuropteren).
5) Fächerflügler (Strepsiptera, Strepsipteren).
6) Käfer (Coleoptera, Koleopteren).
7) Hautflügler (Hymenoptera, Hymenopteren).
8) Halbflügler (Hemiptera, Hemipteren).
9) Zweiflügler (Diptera, Dipteren).
10) Schmetterlinge (Lepidoptera, Lepidopteren).
[Litteratur.]
Die Litteratur über die Insektenkunde oder Entomologie ist ungemein reichhaltig. Zu nennen sind in erster Linie: Swammerdam,
Bijbel der natuure, of historie der Insekten (Leiden 1737-38);
Réaumur, Mémoires pour servir à l'histoire des Insectes (Par. 1734-42, 6 Bde.);
Bonnet, Traité d'insectologie (das. 1740, 2 Bde.);
Rösel v. Rosenhof, Insektenbelustigungen (Nürnb. 1746-55), nebst Kleemanns Beiträgen (1792-95, mit trefflichen Abbildungen);
Seite 5 / 6
eLexikon
Bewährtes Wissen in aktueller Form
Insekten | Zoologie - Klassen u. Ordnungen - Klassen etc. der Insekten
Internet:
https://peter-hug.ch/lexikon/insekten/08_0975
de Geer, Mémoires pour servir à l'histoire des Insectes (Stockh. 1752-78, 8 Bde.);
Lyonet, Traité anatomique de la Chenille qui ronge le bois de saule (Haag 1760);
Fabricius, Philosophia entomologica (Kopenh. 1778), Genera Insectorum (1777) und Entomologia systematica, emendata et
aucta (1792-96, 4 Bde.; Supplement 1798-99);
Latreille, Histoire naturelle des Crustacés et des Insectes (Par. 1802-1805, 14 Bde.);
Kirby und Spence, Introduction to Entomology (Lond. 1819-22, 4 Bde.; deutsch von Oken, Stuttg. 1823-33, 4 Bde.);
Burmeister, Handbuch der Entomologie (Berl. 1832-55, 5 Bde.);
Savigny, Mémoires sur les animaux sans vertèbres (Par. 1816);
Straus-Dürkheim, Considérations générales sur l'anatomie comparée des animaux articulés (Straßb. 1828, Anatomie des
Maikäfers);
Grenacher, Untersuchungen über das Sehorgan der Arthropoden (Götting. 1879);
Palmén, Zur Morphologie des Tracheensystems (Helsingf. 1877);
Stein, Weibliche Geschlechtsorgane der Käfer (Berl. 1847);
Lacaze-Duthiers, Recherches sur l'armure génitale des Insectes (Par. 1849-54);
Weismann, Entwickelung der Dipteren (Leipz. 1863-65);
Landois, Ton- und Stimmapparate der I. (das. 1867);
Derselbe, Tierstimmen (Freiburg 1874);
Kollar, Naturgeschichte der schädlichen I. (Wien 1837);
Ratzeburg, Die Forstinsekten (Berl. 1837-1844, 3 Bde.; neue Ausgabe, Wien 1885);
Derselbe, Die Waldverderber und ihre Feinde (8. Aufl., Wien 1885);
Nördlinger, Die kleinen Feinde der Landwirtschaft (2. Aufl., Stuttg. 1869);
Derselbe, Lebensweise von Forstkerfen (2. Aufl., das. 1880);
Taschenberg, Praktische Insektenkunde (Brem. 1878-1880, 5 Tle.);
Graber, Die I. (Münch. 1877-79);
Schlechtendal und Wünsche, Die I. (Leipz. 1879);
Herm. Müller, Befruchtung der Blumen durch I. (das. 1873).
Ende Insekten
Quelle: Meyers Konversations-Lexikon, 1888; Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte
Auflage, 1885-1892;8. Band, Seite 975 im Internet seit 2005; Text geprüft am 9.8.2006; publiziert von Peter Hug; Abruf am
23.10.2017 mit URL:
Weiter: https://peter-hug.ch/08_0976?Typ=PDF
Ende eLexikon.
Seite 6 / 6
Herunterladen