Theoretische Physik II, Quantenmechanik I, Bachelor

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1 Woche 18/19-4-17
Theoretische Physik II, Quantenmechanik I, Bachelor-Physik, SS 17
1.
Schrödinger´sche Wellenmechanik
1.1
Einführung
Die Quantenmechanik (QM) stützt sich auf ein widerspruchsfreies abstraktes Denkgebäude,
das aus der Sicht der klassischen Physik wenig intuitiv ist. Aus diesem Grunde gilt sie als
konzeptionell schwierig; eine "quantenmechanische Intuition" wird sich erst im Zuge der
intensiven Auseinandersetzung mit quantenmechanischen Problemen entwickeln.
Wir müssen uns vor allem deshalb mit der QM beschäftigen, weil einige experimentelle
Befunde (nicht nur aus dem atomaren Bereich) klassisch nicht erklärt werden können (vgl.
Vorlesungen Experimentalphysik):
■ Liniencharakter atomarer und molekularer Absorptions- oder Emissionsspektren
Die scharfen Spektrallinien des von Atomen absorbierten oder emittierten Lichts waren ein
starkes Argument zugunsten der Annahme, dass Elektronen in Atomen charakteristische
diskrete Energien besitzen. Ritz fand bereits 1908, dass "durch additive und subtraktive
Kombination bekannter Spektrallinien neue Spektrallinien gefunden werden können" 
Ritz´sches Kombinationsprinzip.
  n  E   E n  E   E m  E m  E n   (  m  m n ) ,
 n   m  m n .
Spektralserien, die aus Linien entsprechend Übergängen aus verschiedenen höheren
Energiezuständen in einen gemeinsamen Grundzustand bestehen, konnten sehr genau
vermessen werden (Balmer-Serie im Wasserstoffatom, z.B.).
Weitere Beispiele:
■ Photo- und Compton-Effekt
■ Beugung von Kathodenstrahlen
■ Supraleitung, Superfluidität
■ Spektrale Energieverteilung der Wärmestrahlung
■ Tunneleffekt ■ …
■ YouTube: Dr. Quantum - The infamous double slit experiment  Let´s go quantum!
1
1.1
Experimentelle Grundlagen.
Lichtteilchen und Materiewellen. Welle-Teilchen-Dualismus
Eine Welle ist ein aus der Experimentalphysik/Elektrodynamik vertrautes, nicht lokalisiertes
Objekt, dass durch Wellenvektor k und Kreisfrequenz  charakterisiert wird.
■ ebene Welle in x-Richtung: u ( x , t )  u 0 e i k x   t  .
Wellen zeigen Interferenz, Beugung, usw.
Teilchen sind lokalisierte Objekte mit Energie E und Impuls p , sowie u.U. mit Ruhemasse
m0, Ladung q, Spin s, usw.
A: Licht: Welle oder Teilchenstrom
Mit der Deutung des Lichts als elektromagnetische Welle im Rahmen der Maxwell´schen
Gleichungen schien sich die Wellennatur des Lichts durchgesetzt zu haben.
Anfang des 20. Jahrhunderts mehrten sich Hinweise, das Licht auch Teilchencharakter
besitzen kann.
 Hohlraumstrahlung schwarzer Körper (Max Planck, 1900):
Auf der Grundlage der Hypothese, die Energie des elektromagnetischen Feldes sei in
Einheiten von E    portioniert ( gequantelt), leitet Planck eine Formel für die seit
langem gesuchte Frequenzverteilung u( ; T ) der Hohlraumstrahlung ab
2

u( ; T )  2 3
 c
3

e k BT  1
Planck´sche Strahlungsformel
Hier bezeichnet c die Lichtgeschwindigkeit, T
die Temperatur des schwarzen Strahlers und kB
die Boltzmann-Konstante. Die Konstante 
ergibt sich durch Vergleich mit dem
Experiment zu
 :
h
 1.055 10 34 Nms
2
 Planck´sches Wirkungsquantum
Geburtsstunde der Quantenphysik
Die Planck´sche Strahlungsformel enthält die bereits vorher experimentell bestätigten
Grenzfälle für niedrige (u ~ 2  Rayleigh-Jeans) und hohe Frequenzen , das Wien´sche
Verschiebungsgesetz (je höher die Temperatur, desto kürzer die Wellenlänge am
Intensitätsmaximum:  max  2,82 k BT ) und auch das Stefan-Boltzmann´sche Gesetz

(Gesamtenergie der Strahlung U :  d u( , T ) ~ T4 ). Bis auf die Spektralverteilung können
0
alle diese Gesetze thermodynamisch abgeleitet werden!
 Photoeffekt
1887 findet Heinrich Hertz bei Bestrahlung der Kathode einer Röntgenröhre mit
ultraviolettem Licht, dass Elektronen nur für  > cr emittiert werden  langwellige (rote)
Grenze.
3
Aus der Sicht der Elektrodynamik, also der Vorstellung von Licht als elektromagnetische
Welle ( Interferenz), ist dieser Befund unverständlich, da die Energie der Welle klassisch
nur von der (Amplitude)2 , nicht aber von der Frequenz abhängt.
Interpretation des Ergebnisses durch Albert Einstein (1905): Das einfallende Licht kommt in
kleinen Portionen mit der Energie E  h  f (Photonenhypothese, 1905). Die Energiebilanz in
der Form
me 2
v
2

kinetische Energie des
nichtrelativistischen e 
(die Messgröße)

h f




Energie des absor 
bierten Photons
W
A
Austrittsarbeit
(materialabhängig)
geschrieben, erklärt die Existenz der "roten Grenze" fcr und den linearen Zusammenhang
zwischen der kinetischen Energie der aus der Metalloberfläche herausgeschlagenen
Ladungsträger und der Energie der absorbierten Photonen. Philipp Lenard (1862 – 1947)
identifizierte 1899 die Ladungsträger als Elektronen, indem er ihre spezifische Ladung durch
Ablenkung in einem Magnetfeld bestimmte. Aus dem Anstieg der linearen Abhängigkeit der
kinetischen Energie der Elektronen oberhalb von f > fcr bestimmte Millikan zwischen 1912
und 1915 den Zahlenwert für das Planck´sche Wirkungsquantum experimentell.
4
 Compton-Effekt
1922 beobachtet Arthur Compton (1892-1962) bei der Streuung von Röntgenstrahlen an
Metallfolien eine Änderung der Wellenlänge des gestreuten Lichts.
λ  λ ~ ( 1  cos )
 - Streuwinkel des
einfallenden Photons
Aus Sicht der (klassischen) Elektrodynamik würde eine einfallende elektromagnetische Welle
ein zeitlich veränderliches Dipol induzieren, dass mit Intensität I ~ (1  cos 2 ) abstrahlt. Der
beobachtete Unterschied in der Wellenlänge der einfallenden und gestreuten Welle bleibt
klassisch unklar.
Interpretation von Compton und Petrus Josephus Wilhelmus Debey (1884-1966):
Röntgenstrahlen bestehen aus Photonen mit E    und p   k . Die Energie- und
Impulsbilanz bei der inelastischen Streuung eines Photons an einem schwach gebundenen
(ruhenden) e- lautet (   v / c , me – Ruhemasse des Elektrons)
   
mec 2
1  2
 m e c 2 bzw.
me v

k  k 
.
1  2
Daraus folgt nach einiger Rechnung (Übungsblatt) für die Wellenlängenänderung
λ  λ 
2π 
(1  cos ) .
m ec
Der konstante Faktor
h
:  c heißt Compton-Wellenlänge. Er ist ein Maß für die räumliche
m ec
Ausdehnung des Streuzentrums / hier des Elektrons.
5
B: Elektronen: Teilchen oder Wellen
In der Mechanik und der Elektrodynamik ist uns das Elektron als Punktladung mit der Masse
me und der Ladung  e vertraut.
1927 untersuchten Davisson und Germer die Beugung von Elektronen an Kristallgittern (Ni).
Sie beobachteten ein Interferenzbild, sobald die Wellenlänge der Elektronen in den Bereich
der Gitterkonstanten von einigen Angström (10-10 m) gelangte.
„Welleneigenschaften“ anderer „Teilchen“: Anton Zeilinger hat 1988 Interferenzbilder bei der
Beugung von Neutronen (mn ~ 2000 me) am Doppelspalt mit Gitterkonstante a ~ 0.1 mm
nachgewiesen, im Jahre 2000 sogar bei Verwendung von Fullerenen ("Bälle" aus 70 CAtomen).
Fazit: Welle-Teilchen-Dualismus (de Broglie, 1923):
Alle „Teilchen“ haben „Welleneigenschaften“ alle "Wellen" besitzen Teilcheneigenschaften".
Für freie Teilchen wird die Zuordnung
E   , p   k
 "Teilchenbild"
de Broglie-Relationen
(1.1)
( r , t )   0 e i ( kr   t )  "Wellenbild"
postuliert. Anders Formuliert: In Abhängigkeit von der gewählten experimentellen Situation
müssen das Teilchenbild zur Erklärung der experimentellen Befunde herangezogen werden.
Am Beispiel von Licht und Elektronen bedeutet das:
„Wellenexperiment“
z.B. Beugung am Doppelspalt
, k mit  = c k
Licht
Elektron

p
 k2
E
mit ( k ) 
, k


2m e
„Teilchenexperiment“
z.B. Compton- oder Photoeffekt
E    , p   k mit E = c p (Photon)
E, p mit E 
p2
(nichtrelativistisch)
2m0
oder E  m o2 c 4  c 2 p 2 (relativistisch)
6
Einige numerische Abschätzungen:
■ Sandkorn: Sei v  1 mm s 1 , m  106 g folgt  
h
 6  10  22 m .
p
Zum Vergleich: Protonendurchmesser  10-15 m → makroskopische Körper besitzen extrem
kleine de Broglie-Wellenlängen.
■ Für niederenergetische (nicht relativistische) Elektronen mit

p2
 1eV folgt
2m e
o
h
 10 9 m  10 A .
p
o
Solche Elektronen können bei Beugung an Kristallen mit Gitterkonstanten von einigen A
Interferenzbilder erzeugen (Davisson, Germer).
1.2
Die Schrödinger-Gleichung (SG)
19-4-17
A: Freie Teilchen
Erinnere: Eine (1D) ebene Welle u ( x , t )  u 0 e i k x   t  löst die lineare Wellengleichung
 2u 1  2u

 0 ( Licht als elektromagnetische Welle im Vakuum), wenn
x 2 c 2 t 2
(ik ) 2 
E
p
( i ) 2
 c , d.h. E  c p gilt. Das ist die
 0 , also   c k bzw. (de Broglie)
2
c


relativistische Energie-Impuls-Beziehung für Teilchen ohne Ruhemasse, wie die Photonen.
Frage: Wie könnte eine Wellengleichung für freie Teilchen mit der nichtrelativistischen
p2
Energie-Impuls-Relation E 
aussehen, damit ihre Lösungen ebene de Broglie-Wellen
2m
( x, t )   0 ei ( kx  t ) sind?
Für E 
p2
ist wegen E    und p   k nicht wie oben  ~ k ( lineare Dispersion),
2m
sondern  ~ k 2 ( nichtlineare Dispersion). Deshalb versuchen wir den Ansatz
 2


 0 . Für die Konstante  ergibt sich (ik ) 2  i  0 . Daraus folgt
2
x
t
 
2m
p2
 k 2 2k 2
, also    E 
, d.h. i   2m und somit   
i.

i
i 
i 

7
Insgesamt erhalten wir
i
p2

 2  2
 k2
i ( k x  t )
mit
der
Lösung
für
bzw.
.
(
k
)
E


(
x
,
t
)


e



0
2 m x 2
2m
2m
t
Diese Gleichung beschreibt ein freies, nichtrelativistisches „quantenmechanisches" Teilchen
 k2
, der wegen der de Broglieals ebene Welle mit nichtlinearer Dispersionsrelation ( k ) 
2m
p2
Relationen die gewünschte Energie-Impuls-Beziehung E 
entspricht.
2m
B:
Schrödinger-Gleichung für die Bewegung im Kraftfeld U(r,t).
Statistische Interpretation der Wellenfunktion
Erwin Schrödinger (1887-1961) postulierte für die Bewegung eines Teilchens unter dem
Einfluss der Kraft F(r,t) = - grad U(r,t) die Gleichung
i
 ( r , t )
2 2

  ( r , t )  U ( r , t ) ( r , t )
t
2m
 Schrödinger-Gleichung (1926)
(1.2)
für die i.a. komplexe Wellenfunktion (WF) ( r, t ) .
Welcher Zusammenhang besteht zwischen der komplexwertigen WF und dem (qm) Teilchen?
 Statistische Interpretation der Wellenfunktion (WF) als Wahrscheinlichkeitsamplitude
durch Max Born (1882-1970) im Jahr 1927:
2
( r , t ) d 3 r  ( r , t )   ( r , t ) d 3 r
(1.3)
ist die Wahrscheinlichkeit, das Teilchen zum Zeitpunkt t im Volumenelement d3r am Ort mit
dem Radiusvektor r aufzufinden/nachzuweisen.
8
Wegen dieser statistischen Interpretation interessieren uns nur die normierbaren Lösungen
( r, t ) der SG (1.2), für die

V
d 3 r ( r , t )
2
 1 (für alle t)
(1.4)
gilt, wobei V der dem Teilchen zugängliche Raumbereich ist. Da mit ( r, t ) auch
const  ( r, t ) Gleichung (1.2) löst, ist die Forderung der Normierbarkeit unproblematisch,
solange ( r, t ) quadratisch integrabel ist.
Die statistische Interpretation der Wellenfunktion ist eine der Ursachen der „konzeptionellen
Schwierigkeiten“ der QM, ihre tiefere Analyse führt auf die Unschärferelation.
 Statistische Interpretation und Zeitinvarianz
Klassische Mechanik: Die Newton´sche Bewegungsgleichung m
d2 r
 F für die Bahnkurve
dt 2
r(t) ist invariant gegen Zeitumkehr t   t . Mit der Bewegung r ( t ) („Film vorwärts“)
verstößt auch die Bewegung r (  t ) („Film rückwärts“) gegen kein einziges Gesetz der
klassischen Mechanik.
Quantenmechanik: Mit ( r, t ) ist  ( r, t ) , nicht jedoch ( r, t ) Lösung der SchrödingerGleichung, denn diese ist invariant unter t   t bei gleichzeitiger komplexer Konjugation.
Damit ist die für die Messung relevante Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte invariant
gegenüber Zeitumkehr
t  t
( r, t )   ( r, t )  ( r, t )  ( r, t )   ( r,(  t ))   ( r,(  t ))   ( r, t ) ( r, t ) -
auch die SG beschreibt eine reversible Zeitentwicklung!
9
 Kontinuitätsgleichung für Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte w( r, t ) : ( r, t )  ( r, t )
Nach einfachen Umformungen folgt aus der Schrödinger-Gleichung
w ( r , t )
 div j ( r , t )  0
t
mit w( r, t ) :  ( r, t ) ( r, t )
und j ( r , t ) :
i
  ( r , t ) ( r , t )  ( r , t ) ( r , t )  .
2m
(1.5)
Gleichung (1.5) ist die Kontinuitätsgleichung für die Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte
w( r, t ) , d.h. j ( r , t ) gibt die Wahrscheinlichkeitsstromdichte an. Die Kontinuitätsgleichung
kann als lokale Formulierung der Normierungsbedingung (Erhaltung der Wahrscheinlichkeit)
interpretiert werden.
Beweis :
2 2


   U | 
2m
t
2 2 
 
 i

   U | 
2m
t
i
)
---------------------------------------------------------

 
  
2
2
2
  

       
i  
t
t 
2m




i
2 1  2

2

  
      
       
2m i
2m
t
denn          ( )       ()              .
2

2
2
2

FAZIT:
Die Gleichungen (1.2) bis (1.4) bilden die Basis der Schrödinger´schen Wellendynamik.
Es hat sich gezeigt, dass sie nichtrelativistische Teilchen ohne Spin korrekt beschreiben.
10
 Bewegung im zeitunabhängigen Feld
Klassische Mechanik:
2

d2 r
dr
d 2 r dr dr
d  m  dr 
m 2   grad U( r ) 
, m 2    grad U( r )  0 ,
    U( r )   0
dt
dt
dt dt dt
dt  2  dt 

 Energieerhaltung bei Bewegung im zeitunabhängigen Potenzial/konservativen Feld.
Wellenmechanik:
i

 ( r , t )
2 2 


  ( r , t )  U ( r ) ( r , t )
t
2m

Separationsansatz ( r , t )  ( r ) T ( t ) führt auf
i 
dT
2
2

T   UT
dt
2m

1 dT 1   2 2
:  T  0  i
  
   U    const : E
dt
  2m

T

 



r  unabhängig
t  unabhängig
Linke Seite der Gleichung: i
i
 Et
1 dT
 E  T( t )  T0 e  .
T dt
Vergleichen wir das mit dem de Broglie-Postulat ( r , t )   0 e i ( kr  t ) für das freie
Teilchen, U( r , t )  const , so folgt E    , d.h., die zunächst unbekannte Separationskonstante E entspricht der Energie.
Rechte Seite der Gleichung: Der r-abhängige Anteil der Wellenfunktion genügt der Gleichung

2 2
  ( r )  U ( r ) ( r )  E  ( r )
2m
 stationäre Schrödinger-Gleichung
(1.6)
FAZIT: Bei Bewegung im zeitunabhängigen Potenzial lautet die Wellenfunktion
~ (r, t)   (r) e 

i
E t

, wobei ( r ) die Lösung der stationären Schrödinger-Gleichung
(1.6) und E die zulässigen Werte für die Energie des Teilchens sind. Die
Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte ist zeitunabhängig
11
i
i
~ ( r, t ) 2  
~ ( r, t ) 
~  ( r , t )   ( r ) e   E t  ( r ) e   E t   ( r )  ( r )   ( r )

2
,
deshalb sprechen wir von stationären Zuständen.
Kompakte Schreibweise der Schrödinger-Gleichung: Formal können wir schreiben
i
 ( r , t )
 Ĥ ( r, t )
t
mit
Ĥ : 
2 2
  U( r, t ) → Hamilton-Operator
2m
(1.2a)
Der Operator Ĥ entsteht aus der klassischen Hamilton-Funktion des physikalischen Systems
H( p, r, t ) 
p
2
2m
 U( r, t ) über die formale Ersetzung/Korrespondenz
H( p, r, t )  Ĥ( p̂, r̂, t ) entsprechend p  p̂   i  , r  r̂  r  Korrespondenzprinzip
1.3 Einschub:
Korrespondenz zwischen klassischer Mechanik (KM) und Quantenmechanik (QM,
Wellenmechanik) im Lichte der Hamilton-Jacobi-Theorie
Wir betrachten die Bewegung eines Teilchens in einem Kraftfeld U(r, t ) , d.h. es ist
H ( p, r , t ) 
p
2
2m
 U( r, t ) .
KM: Die Bahnkurve des Teilchens kann aus Hamilton-Jacobi-Gleichung (HJG)

 S ( r, t )
1
 H  r ,  S, t  
( S) 2  U ( r , t )
t
2m
bestimmt werden. Das ist eine nichtlineare partielle Differentialgleichung für S( r , t ) . Entlang
der gesuchten Bahnkurve stimmt S ( r , t ) mit der (reellen) Wirkung überein.
12
QM: Schrödinger-Gleichung für die (komplexe) Wellenfunktion
i

 Ĥ 
t
Korrespondenz 

prinzip
H(r̂, p̂, t )   
2 2
   U(r, t ) 
2m
( r̂  r , p̂   i  ).
Wir versuchen, die SG durch Reihenentwicklung nach Potenzen von i in der Form
i
( r , t )  e 
S( r ,t )
, S( r , t )  S0 ( r , t )  i S1 ( r , t )  (i) 2 S 2 ( r , t )  ...
zu lösen. Dabei beschränken wir uns auf den ersten und zweiten Term der Reihe und setzen
i
( r , t )  e 
( S0  i S1 )
i
 e
S0  S1
i
: a ( r , t ) e 
S0 ( r , t )
.
Eingesetzt in die SG finden wir unter Verwendung von
  e
i
S0

i


 a  a  S0 



i
S0 
2i
1
2i

2
2
2
   e    a  a   S0  2 a ( S0 ) 2  a  S0 





i
i
S0 

a
S 
 a 0 
 e   i
t
t 
 t
die Relation
a
 S0
a
a
i
i
2 2
2
 i 
(  S0 ) 2 
a  S0  a   S0 
 a  Ua  0.
t
 t 2m
2m
m
2m
*****
*******

***************

(H1)

Die Terme der Ordnung  0 sind ( für a  0 )
 S0
1

(  S0 ) 2  U  0
 t 2m
(H2)
d.h. S0 genügt der HJG: Im Sinne eines Grenzübergangs QM  KM bei   0 ist die HJG
der klassische Grenzfall der SG.
13
Die Terme der Ordnung  0 sind der Realteil von (H1), abgesehen vom Beitrag
1 2 2
 a,
a 2m
der aber bereits von der Ordnung O( 2 ) ist. Dieser Term beschreibt quantenmechanische
Korrekturen zur klassischen Bewegung.
Die Terme der Ordnung 1 ergeben
a
1
2

a  S0   a   S0  0 . Nach Multiplikation mit
 t 2m
2a folgt
 2
  S0 
a  div  a 2
  0.
t
m 

(H3)
Zur Interpretation dieser Gleichung ist es hilfreich, die Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte
2
 (r, t ) in der betrachteten Näherung auszurechnen
2
i
   *  e 
S0  S1
e
i
 S0  S1

 e 2 S1  a 2 .
Also handelt es sich bei (H3) um die Kontinuitätsgleichung für die quantenmechanische
Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte. Wir erkennen, dass die durch die Wellenfunktion
beschriebene Bewegung i.a. nicht in eine Bewegung entlang einer bestimmten Bahnkurve
2
übergeht. Stattdessen verschiebt sich die Wahrscheinlichkeitsdichte  (r, t ) im Laufe der
Zeit in Übereinstimmung mit den Gesetzen der KM, denn
S0 p

ist ja die
m
m
Geschwindigkeit des klassischen Teilchens.
14
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