Portfolio-Optimierung und Capital Asset Pricing Prof. Dr. Nikolaus Hautsch Institut für Statistik und Ökonometrie Humboldt-Universität zu Berlin CASE, CFS, QPL Econ Boot Camp, SFB 649, Berlin, 8. Januar 2009 1. Einführung 2 Was ist Ökonometrie? ▶ Sprachliche Neuschöpfung aus den griechischen Wörtern Oikonomia (Verwaltung, Wirtschaft) und metron (Maÿ, Messen) ⇒ Messung (Quantizierung) wirtschaftswissenschaftlicher Zusammenhänge auf Basis ⊳ von Daten, ⊳ statistischer Theorie, ⊳ ökonometrischer Software. ∣ 30 1. Einführung Beispiele für ökonometrische Fragestellungen ▶ 3 Wie stark ändern sich Wachstum und Ination, wenn die Zentralbank die Zinsen senkt/erhöht? ▶ Welche Erhöhung der Rendite kann ich erwarten, wenn sich das Risiko meiner Finanzanlage erhöht? ▶ Wie hoch ist das erwartete Ausfallrisiko eines Kredits? ▶ Wie hoch ist die erwartete Volatilität an Finanzmärkten nächsten Monat? ▶ 30 Wie stark und wie schnell ändert sich die Konsumneigung nach Erhöhungen der Mehrwertsteuer? ▶ ∣ Wie erfolgreich sind Arbeitsmarktprogramme? 1. Einführung 4 Agenda 1. Einführung ✓ 2. Portfolioanalyse 3. Das Capital Asset Pricing Modell ∣ 30 2. Portfolioanalyse 5 Grundlegende Konzepte ▶ Pi ,0 : Preis eines Wertpapiers i zum Kaufzeitpunkt ▶ Pi ,1 : Preis eines Wertpapiers i zum Zeitpunkt ▶ Rendite: ▶ Falls t=1 Ri = (Pi ,1 − Pi ,0 ) /Pi ,0 t = 1 in der Zukunft liegt: Erwartete Rendite E[Ri ] ⇒ Tatsächliche Rendite schwankt um diesen Wert. ⇒ Varianz als Maÿ für die Schwankungen (Risiko) der Rendite: ▶ t = 0. V [Ri ] = E[(Ri − E[Ri ])2 ] := 𝜎 2 Frage: Wie bestimmen wir die Varianz V [Ri ]? erwartete Rendite E[Ri ] und ∣ 30 2. Portfolioanalyse Tägliche Renditen, S&P500, 1980-2009 S&P 500 Log−Return, Daily 0.15 0.1 Log−Return 0.05 0 −0.05 −0.1 −0.15 −0.2 −0.25 1980 1985 1990 1995 Time 2000 2005 6 ∣ 30 2. Portfolioanalyse Schätzungen von E[Ri ] und V [Ri ] ▶ 7 ∣ 30 Annahme: Zukünftige Renditen weisen ähnliche Eigenschaften auf wie historische Renditen: ⊳ ⊳ ⇒ Gleicher Mittelwert Gleiche Varianz Schätzung von ▶ E (Ri ) E[Ri ] und V [Ri ] auf Basis historischer Daten. wird geschätzt durch das Stichprobenmittel Ri = ▶ 𝜎2 1 n n ∑ t =1 R i ,t . wird geschätzt durch die Stichprobenvarianz si2 = 1 n n ( ∑ t =1 )2 R i ,t − R i . 2. Portfolioanalyse Mittelwert-Varianz-Diagramm ⇒ Welche Aktie würden Sie präferieren? 8 ∣ 30 2. Portfolioanalyse 9 Rendite und Risiko eines Portfolios ▶ Portfolio aus 2 Aktien mit Portfoliogewichten ▶ Erwartete Rendite des Portfolios: w ∈ [0, 1]) w und 1 ( E[Rp ] = w E[R1 ] + (1 − w ) E [R2 ] . ▶ Geschätzte erwartete Rendite: R p = w R 1 + (1 − w ) R 2 . ▶ Varianz der Portfoliorendite: 𝜎p2 = w 2 𝜎12 + (1 − w )2 𝜎22 + 2w (1 − w )𝜎1,2 ▶ ⇒ Standardabweichung der Portfoliorendite: Was ist 𝜎1,2 ? 𝜎p −w ∣ 30 2. Portfolioanalyse 10 Kovarianz und Korrelation ▶ ∣ 30 Kovarianz: 𝜎i ,j = E[(Ri − E[Ri ])(Rj − E[Rj ])] ⊳ Maÿ für den (linearen) Zusammenhang zwischen Renditen von 2 Wertpapieren. ⊳ Schätzung durch Stichprobenkovarianz: s, i j ▶ Korrelation: ⊳ ⊳ = 1 n n ∑( R, i t t =1 −R R, )( i j t −R ) j 𝜌i ,j = 𝜎i ,j / (𝜎i 𝜎j ) −1 ≤ 𝜌 , ≤ 1. Normiertes Zusammenhangsmaÿ: Schätzung durch r, i j = i j s, ss i j i j . . 2. Portfolioanalyse Portfolios aus 2 Wertpapieren ⇒ Welche Kombination ist optimal? 11 ∣ 30 2. Portfolioanalyse Portfolios aus 4 Wertpapieren 12 ∣ 30 2. Portfolioanalyse Portfoliotheorie nach Markowitz ▶ ▶ 13 ∣ 30 Harry M. Markowitz: Nobelpreis 1990. Markowitz, H. M. (1952), Portfolio Selection, The Journal of Finance 7 (1), 7791. ▶ Umfassende Methodik zur Portfolioanalyse. ▶ Bestimmung ezienter Portfolios 2. Portfolioanalyse 14 ∣ 30 Eziente Portfolios ▶ Investoren wollen erwartete Rendite maximieren und Risiko minimieren. ▶ ▶ Eziente Portfolios: ⊳ Minimieren Risiko für gegebene erwartete Rendite. ⊳ Maximieren erwartete Rendite für gegebenes Risikoniveau. Investor wählt optimales Portfolio aus dem ezienten Set entsprechend persönlicher (Risiko-)Präferenzen. 2. Portfolioanalyse 15 ∣ 30 Idiosynkratisches Risiko & Diversizierung ▶ ▶ Portfolio aus ⇒ Wertpapieren mit Gewichten wi , i = 1, . . . , N . Portfoliovarianz: 𝜎p2 = ▶ N Für N ∑ N ∑ i =1 j =1 N→∞ wi wj 𝜎ij = ⇒ N ∑ i =1 wi2 𝜎i2 + 2 𝜎i2 wird reduziert durch die Verwendung von Aktienkombinationen mit kleinen (oder negativen) ⊳ i =1 j =i +1 wi wj 𝜎ij ∑ ∑N 𝜎p2 → 2 N i =1 j =i +1 wi wj 𝜎ij Einuÿ idiosynkratischen Risikos ⊳ N ∑ N ∑ 𝜎ij 's die Verwendung von groÿen Portfolios. 2. Portfolioanalyse Erweiterung des Grundmodells 16 ∣ 30 James Tobin: Nobelpreis 1981. ▶ Markowitz: Eziente Portfolios aus riskanten Wertpapieren. ▶ Erweiterung durch Tobin: Risikolose Anlage (z.B. Schatzbriefe, Spareinlagen) mit Verzinsung Rf . 2. Portfolioanalyse 17 Kombination aus riskofreien und risikobehafteten Anlagen ▶ Portfolio aus einer risikofreien und einer risikobehafteten Anlage. ▶ Erwartete Rendite: E [R p ] = w f R f ▶ ⇒ Varianz: + (1 − wf ) E [Ri ] . 𝜎p2 = (1 − wf )2 𝜎i2 . Wie sieht das optimale Portfolio aus, wenn Investoren auch risikolos anlegen können? ∣ 30 2. Portfolioanalyse Risikofreie Anlage und Aktie 18 ∣ 30 2. Portfolioanalyse 19 Risikofreie Anlage und riskantes Portfolio ⇒ Riskantes Portfolio T ist optimal! ∣ 30 2. Portfolioanalyse 20 ∣ 30 Tobin-Separation (i) Bestimmung des optimalen riskanten Portfolios: ⊳ ⊳ Ermittlung ezienter Portfolios. Ermittlung des Tangentialportfolios. (ii) Bestimmung des optimalen Portfolios inklusive der risikolosen Anlage: ⊳ Kombination aus (riskantem) Tangentialportfolio mit risikoloser Anlage. ⊳ Wahl der Kombination hängt ab von der individuellen Risikoaversion 3. Das Capital Asset Pricing Modell 21 ∣ Das Capital-Asset-Pricing-Modell (CAPM) ▶ Gleichgewichtsmodell für Wertpapierrenditen auf Basis der Portfoliotheorie nach Markowitz und Tobin. ▶ Entwickelt von Jack Treynor, William Sharpe, John Lintner und Jan Mossin (unabhängig voneinander). ▶ William F. Sharpe: Nobelpreis 1990. 30 3. Das Capital Asset Pricing Modell 22 ∣ 30 Implikationen des CAPM ▶ Annahmen: ⊳ Investoren handeln gemäÿ der Portfoliotheorie nach Markowitz und Tobin. ⊳ Investoren haben identische Schätzungen für erwartete Renditen und (Ko-)Varianzen (homogene Erwartungen). ⊳ ▶ Risikofreier Zins für jeden Anleger gleich. Implikationen des CAPM: ⊳ ⊳ Ezientes Set für jeden Investor identisch. Alle Anleger halten das gleiche riskante Portfolio ⇒ Tangentialportfolio = Marktportfolio. 3. Das Capital Asset Pricing Modell Marktportfolio und Kapitalmarktlinie 23 ∣ 30 3. Das Capital Asset Pricing Modell 24 CAPM-Gleichung ▶ Gemäÿ des CAPM gilt für Wertpapier ∣ 30 i: E [Ri ] = RF + 𝛽i (E [RM ] − RF ) . 𝛽i ▶ Erwartete Rendite hängt positiv von ▶ Beta beschreibt die Stärke der linearen Abhängigkeit zwischen E [R i ] − R F ⊳ 𝛽 = 1: ⊳ 𝛽 = 0: ⊳ 𝛽 < 0: i i i und (Beta) ab. (E [R M ] − R F ). i Überrendite von i Überrendite von i Überrendite von identisch mit Marktüberrendite. unabhängig von Marktüberrendite. negativ abhängig von Marktüberrendite. ⇒ Aber durch was wird 𝛽i eigentlich determiniert? 3. Das Capital Asset Pricing Modell Beta als Maÿ für Systematisches Risiko ▶ ∣ 30 CAPM impliziert: 𝛽i = ▶ 25 Beta = 𝜎 i ,M 2 = 𝜎M Kovarianz zw. Asset i und Marktportfolio Varianz des Marktportfolios Standardisierte Kovarianz = zwischen Rendite i . Maÿ für Abhängigkeit und Marktrendite ▶ Intuition: Beta miÿt Beitrag eines Wertpapiers zum Marktrisiko ▶ Je höher Beta, desto gröÿer ist das systematische, d.h. nicht diversizierbare Risiko von Wertpapier ▶ i Je höher Beta, desto höher die notwendige Kompensation: ⇒ E[Ri − RF ] = 𝛽i |E[Rm{z− Rf }] Risikoprämie>0 3. Das Capital Asset Pricing Modell Wertpapierlinie 26 ∣ 30 3. Das Capital Asset Pricing Modell 27 Von der Theorie zur Empirie ... E [Ri ] = RF + 𝛽i (E [RM ] − RF ) . ▶ CAPM: ▶ Daten über Perioden ▶ t = 1 . . . , n: ⊳ Renditen eines Wertpapiers oder Portfolios ⊳ Renditen des Marktportfolios ( ⊳ Risikofreier Zinssatz ( i (Ri ,t ) RM , t ) R F ,t ) Lineares Regressionsmodell Ri ,t − RF ,t = 𝛼i + 𝛽i (RM ,t − RF ,t ) +𝜀i ,t , | wobei ▶ 𝜀 i ,t Rie,t {z } | ein zufälliger Störterm mit Gemäÿ CAPM: 𝛼i = 0 e ,t RM {z } E[𝜀i ,t ] = 0 ist. ∣ 30 3. Das Capital Asset Pricing Modell 28 ∣ 30 Kleinst-Quadrate-Schätzung ▶ Berechnung von Schätzwerten für 𝛼 und 𝛽 durch Minimierung der Summe der quadrierten Residuen SSR = ▶ n [ ∑ t =1 ]2 e . Rte − 𝛼ˆ − 𝛽ˆ RM ,t Lösungen: 1 n 𝛽ˆi = ∑n t =1 ( e Rie,t − R i )2 e − Re R M t =1 M ,t n e e 𝛼 ˆi = R − 𝛽ˆi R M . 1 ∑n ( e e −R RM M ,t )( ) , 3. Das Capital Asset Pricing Modell 29 Datensätze ▶ 30 S&P500: ⊳ ⊳ ▶ ∣ S&P500-Index und 30 Aktien mit der gröÿten Gewichtung. Monatliche Renditen Feb. 1984 - Okt. 2009. Industrie-Portfolios: ⊳ Klassikation von NYSE-, AMEX- und NASDAQ-Aktien auf Basis von SIC-Codes (Standard Industrial Classication). ⇒ ⊳ ▶ 30 Portfolios. Monatliche Renditen Jan. 1963 - Sep. 2009. Size-Book-to-Market-Portfolios: ⊳ Klassikation von NYSE-, AMEX- und NASDAQ-Aktien nach Marktkapitalisierung (Size). ⊳ (Book-to-Market-Ratio). ⊳ ⊳ ⇒ 5 Portfolios. Klassikation nach Buchwert-Marktwert-Verhältnis ⇒ 5 Portfolios. 25 Portfolios als Schnittmengen. Monatliche Renditen Jan. 1963 - Sep. 2009. 3. Das Capital Asset Pricing Modell 30 ∣ 30 Fragestellungen ▶ Portfolio-Optimierung: ⊳ Auf welche Branchen sollte sich ein renditemaximierender und risikominimierender Investor konzentrieren? Welcher Industriezweig sollte bevorzugt werden, falls der Anleger auch risikolos investieren kann? ▶ Capital-Asset-Pricing-Modell: ⊳ Welche Branchen sind dem Marktrisiko besonders stark ausgesetzt? ⊳ Halten die Annahmen des Capital-Asset-Pricing-Modells einer Überprüfung auf Zeitreihen- und Querschnittsbasis stand?