Die Natur des galaktischen Röntgenhintergrunds Nature of the

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Jahrbuch 2006/2007 | Revnivtsev, Mikhail; Sazonov, Sergey; Krivonos, Roman; Chluba, Jens | Die Natur des
galaktischen Röntgenhintergrunds
Die Natur des galaktischen Röntgenhintergrunds
Nature of the Galactic X-ray background
Revnivtsev, Mikhail; Sazonov, Sergey; Krivonos, Roman; Chluba, Jens
Max-Planck-Institut für Astrophysik, Garching
Korrespondierender Autor
E-Mail: [email protected]
Zusammenfassung
Einer Gruppe von Röntgenastronomen gelang es das dreißig Jahre alte Problem, w oher die Strahlung des
galaktischen Röntgenhintergrunds stammt, zu lösen: Es ist die Emission einer großen Zahl einzelner
Punktquellen,
hauptsächlich
Beobachtungsdaten
kataklymischer
verschiedener
Varaiabler
Instrumente
und
kombiniert
koranal
aktiver
(RXTE/PCA,
Sternet.
INTEGRAL/IBIS,
Hierfür
w urden
CHANDRA/ACIS,
ROSAT/PSPC im Röntgenbereich und COBE/DIRBE im Infraroten).
Summary
A team of X-ray astronomers resolved the thirty-years-old puzzle of the origin of the Galactic X-ray background
emission.
Combining
data
from
various
space-based
X-ray
instruments (RXTE/PCA,
INTEGRAL/IBIS,
CHANDRA/ACIS, ROSAT/PSPC) and infrared instruments (COBE/DIRBE) they show ed that the Galactic X-ray
background predominantly consists of emission of a large number of point sources, mostly cataclysmic
variables and coronally active stars.
Seit Ende der 70er-Jahre w eiss man, dass es außer der Strahlung von hellen Röntgenquellen (hauptsächlich
Neutronensternen und Schw arzen Löchern) noch eine über die gesamte Milchstraße ausgedehnte, jedoch
unaufgelöste Röntgenemission gibt. Der Ursprung dieses galaktischen Röntgenhintergrunds (engl. „Galactic
ridge X-ray emission“) w ar jedoch für lange Zeit unklar. Beobachtungen zeigten, dass diese Emission zur
galaktischen Ebene hin konzentriert ist. Das gemessene Röntgenspektrum zeigte jedoch, dass ein die
Strahlung abgebendes Gas zu heiß w äre, um vom Schw erefeld der Milchstraße zusammengehalten zu w erden.
Dann w ürde dieses Gas kontinuierlich entw eichen und dabei enorme Energiemengen mit sich davontragen.
Eine alternative Erklärung für den galaktischen Röntgenhintergrund w urde kurz nach der Entdeckung
vorgeschlagen
und
beruht
auf der Idee, dass
sich
dieser aus
der überlagerten
Strahlung
vieler
Röntgenpunktquellen zusammensetzt, w obei diese Quellen jedoch einzeln zu schw ach sind, um mit den
damals verfügbaren Instrumenten aufgelöst zu w erden. Eine Bestätigung dieser Hypothese erw ies sich jedoch
als schw ierig, da die insgesamte Helligkeit der beitragenden Röntgenquellen sehr unsicher w ar.
© 2007 Max-Planck-Gesellschaft
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Die Ve rte ilung de r Stra hlung de r 6,7 k e V- Em m issionslinie in
de r Milchstra ße (a ufge nom m e n m it C O BE/DIR BE) - e ine s de r
cha ra k te ristische n Me rk m a le de r ga la k tische n
R öntge nhinte rgrunde m ission - ist ä hnlich de r Ve rte ilung de r
Na h-Infra rotsta rhlung norm a le r Ste rne .
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Die neuen Ergebnisse erlauben den W issenschaftlern am MPA nun ein w esentlich besseres Bild des
galaktischen Röntgenhintergrunds zu gew innen. Zunächst w urde eine genaue Himmelskarte unserer Galaxie
im Röntgenlicht erstellt, w elche zeigte, dass die Röntgenflächenhelligkeit, sow ohl innerhalb der galaktischen
Scheibe als auch im zentralen Bereich, der Verteilung des Lichts gew öhnlicher massearmer Sterne im nahen
Infrarot folgt. Dies legt nahe, dass der aus einem Volumen kommende Röntgenfluss proportional zu der Masse
der darin enthaltenen Sterne ist. Um das zu prüfen, w urde für die Sonnenumgebung die Röntgenemissivität
pro stellarer Masse bestimmt, indem die Emission schw acher Röntgenquelle bis zu einer Distanz von etw a 10100 Parsec aufsummiert w urden. Beide Ergebnisse stimmen bemerkensw ert gut überein, w oraus man folgert,
dass sich der galaktische Röntgenhintergrund hauptsächlich von Emission einer großen Zahl akkretierender
w eißer Zw erge
in
Doppelsternsystemen
und
koronal aktiver Sterne
(sow ohl Einzelsterne
als
auch
Doppelsterne) herrührt.
Die Ve te ilung de r ha rte n R öntge nstra hlung (17-60 k e V) de r
Milchstra ße , die durch INTEGR AL- Me ssunge n e rste llt wurde
(Fa lschfa rbe n) stim m t se hr gut m it de m Bild de r Milchstra ße
im na he n Infra rot übe re in (schwa rze Konturlinie n). Die s stützt
die Hypothe se , da ss Em ission ha uptsä chlich von schwa ch
stra hle nde n, k om pa k te n ste lla re n Q ue lle n sta m m t.
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Eine
auf Punktquellen
basierende
Deutung
des
galaktischen
Röntgenhintergrunds
ermöglicht
einige
Vorhersagen für Beobachtungen im harten Röntgenbereich. Erstens, da in diesem Bild (Abb. 1) ein Großteil der
Strahlung von akkretierenden w eißen Zw ergen in Doppelsternsystemen kommt, w elche zu der normalen
(alten)
Sternenpopulation
gehören,
sollte
die
harte
Röntgenemission,
w ie
im
Falle
der
w eichen
Röntgenstrahlung (6,7 keV), ebenfalls der Verteilung des Lichts im Nahen-Infrarot in unserer Galaxie folgen
(Abb. 1). Zw eitens, müsste das Spektrum des Röntgenhintergrunds (Abb. 2) bei Energien von 20-30 keV steil
abfallen,
entsprechend
der
maximalen
Temperatur
thermischer
Strahlung
aus
Freisetzung
von
Gravitationsenergie an der Oberfläche des akkretierenden w eißen Zw erges.
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He lligk e itsve rte ilung de r ga la k tische n ha rte n
R öntge nstra hlung (GR XE Stra hlung, 17-60 k e V) e ntla ng de r
ga la k tische n Ebe ne (rot schra ffie rt). Die bla ue Linie
re prä se ntie rt die Le uchtk ra ftve rte ilung de r Milchstra ße im
na he n Infra rot.
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Diese Vorhersagen w urden mit der modernen Röntgenkamera IBIS an Bord des Internationalen Gamma-Ray
Laboratory (INTEGRAL, Internationales Gammastrahlen-Observatorium) getestet. Mit Daten, w elche innerhalb
von vier Jahren mit diesem Instrument gesammelt w urden, konnte die schw ache, harte Röntgenstrahlung
unserer Galaxie kartiert und deren Spektrum bestimmt w erden. Die Karte stimmt nicht gut überein mit der
entsprechenden
Karte
der
Gammastrahlung
unserer
Milchstraße.
Das
legt
nahe,
dass
der
harte
Röntgenhintergrund nicht aus der Wechselw irkung der kosmischen Strahlung mit interstellarer Materie
stammt. Statt
dessen
Materiedichteverteilung
folgt
(Abb.
der galaktische
3),
w as
harte
w iederum
Röntgenhintergrund
nahelegt,
dass
w eitestgehend
der
Großteil
der
der stellaren
galaktischen
Hintergrundemission in diesem Energiebereich von schw achen kompakten Objekten herrührt. Insbesondere im
17-100 keV- Energiebereich sollte der dominierende Beitrag zur Hintergrundemission von den akkretierenden
w eissen Zw ergen in Doppelsternsystemen stammen. Dieses Ergebniss w urde unterstützt durch den
beobachteten steilen Abfall des Hintergrundspektrums bei hohen Energien hin.
R öntge nque lle n in de r Um ge bung de s ga la k tische n Ze ntrum ,
be oba chte t m it C HANDR A. Die Kre ise ze ige n die P ositione n
von be oba chte te n P unk tque lle n.
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Die endgültige Antw ort auf die Frage, ob sich der galaktische Röntgenhintergrund durch die Strahlung vieler
einzelner Punktquellen erklären lässt oder doch auf der Emission diffusen interstellaren Gases beruht,
erfordert aber die direkte Beobachtung der Quellen. Das hierfür beste Instrument ist momentan das
Röntgenobservatorium CHANDRA, w elches mit seiner hohen W inkelauflösung (Bogensekunden) und großen
Empfindlichkeit erlaubt, die schw achen Quellen aufzulösen (Abb. 4).
Man konnte mittels Chandrabeobachtungen des galaktischen Zentrums von insgesamt rund einer Million
Sekunden Dauer den Nachw eis erbringen, dass Punktquellen mit Röntgenhelligkeiten über 10 31 erg/s
mindestens 40 % zum gesamten Röntgenhintergrund dieser Region beitragen. Außerdem zeigte ein Vergleich
der
rekonstruierten
Leuchtkraftverteilung
dieser
Punktquellen
mit
der
schon
vorher
gemessenen
Leuchtkraftverteilung von Röntgenquellen in der Nachbarschaft der Sonne eine gute Übereinstimmung. Dieser
Befund legt nahe, dass sich die restlichen 60% des galaktischen Röntgenhintergrunds aus der Strahlung von
koronal-aktiven Sternen und Doppelsternsystemen mit w eißen Zw ergen, mit einer Leuchtkraft unter 10 31
erg/s (der momentanen Empfindlichkeitsgrenze von Chandra) zusammensetzt (Abb. 5).
Le uchtk ra ftfunk tion L de r schwa che n R öntge nque lle n, in de r
Um ge bung unse re r Sonne (rote r Be re ich), und de s
ga la k tische n Ze ntrum s (gra ue r Be re ich). Be ide stim m e n re cht
gut m ite ina nde r übe re in. Die Q ue lle n de s gra ue n Be re iche s
tra ge n e twa 40-50% zum ge sa m te n R öntge nfluss a us de m
ga la k tische n Ze ntra lge bie t be i, wä hre nd sich de r R e st
ve rm utlich durch we ite re schwa che Q ue lle n e ntspre che nd
de ne n in de r Na chba rscha ft unse re r Sonne e rk lä re n lä sst.
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