Pharmakotherapien und Kombinationstherapien bei Angststörungen

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Pharmakotherapien und
Kombinationstherapien bei
Angststörungen
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Gliederung
1. Neurologische Ursachen
2. Angststörungen und Psychopharmaka
3. Kombinationstherapien
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Neuronale Ursachen
Phobien:
• psychophysiologische Übererregbarkeit (meist in Gegenwart des phobischen
Objektes)
• Befunde aus pharmakologischen Provokationstests: Überaktivität im
noradrenergen System, Dopaminminderaktivität
Panikstörung:
• Während der Attacke noradrenerge Überaktivität, möglicherweise spontane
Aktivität des Locus coeruleus (Gabe von Substanzen, die selektiv Locus coeruleus
stimulieren, kann Panikattacken auslösen)
• Evtl. Stimulation bestimmter Serotoninrezeptoren
Generalisierte Angststörung:
• Weniger aktives GABAerges System, evtl. durch Mangel bzw. geringere
Empfindlichkeit der GABA- oder Benzodiazepin Rezeptoren
• Diskutiert wird außerdem Dysregulation im serotonergen System
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Angststörungen und Psychopharmaka
Benzodiazepine
Antidepressiva
Buspiron
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Anxiolytika: Benzodiazepine
z.B. Tavor, Diazepam, Librium
• Wirkung über ionotropen GABA-Rezeptor
• steigern die Wirkung des Neurotransmitters GABA (GammaAminobuttersäure) im Gehirn
• Übertragung elektrischer Impulse wird gehemmt
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Anxiolytika: Benzodiazepine
•
•
•
Angstlösende, sedierende, antiaggressive, muskelrelaxierende, antikonvulsive
Wirkung
Wirkung schnell und zuverlässig
Zielsyndrome: Angst, innere Unruhe, motorische Spannung, Hypervigilanz,
Schlafstörungen
Toleranzentwicklung:
•
•
•
gegenüber anxiolytischer Wirkung nicht bekannt, d.h. Dosissteigerung zur Wirkungserhaltung in der Regel
nicht notwendig
Gegenüber sedierender, muskelrelaxierender und antikonvulsiver Wirkung Toleranzenzentwicklung
möglich
Gesamtgabe sollte auf möglichst kurzen Zeitraum (4-6 Wochen) beschränkt
werden
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Anxiolytika: Indikation von Benzodiazepinen
Panikstörung mit und ohne Agoraphobie
•
•
Kupierung von akuten Panikattacken
Bei Beginn der Behandlung einer schweren Panikstörung evtl. überlappende
Therapie mit Benzodiazepinen und Antidepressiva
Generalisierte Angststörung
•
•
Akutbehandlung, Krisenintervention
Hilfreich bei im Vordergrund stehenden vegetativen Beschwerden, die manchmal
durch Antidepressiva verstärkt werden können
Phobische Störungen
Agoraphobie: bei Panikattacken Indikation für Benzodiazepine
Soziale Phobie: Benzodiazepine scheinen wirksam
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Benzodiazepine: Nebenwirkungen
Abhängigkeitsentwicklung
• Verabreichung hoher Dosen, Verabreichung über längeren Zeitraum
• Bei plötzlichem Absetzen Entzugsproblematik:
a) Reboundsymptome: Unruhe, Angst, Schlaflosigkeit können akut ausgeprägt sein,
verschwinden aber in der Regel innerhalb einiger Tage
b) Rückfallsymptome: wiederkehrende Angstsymptomatik, abzugrenzen von
Absetzsymptomatik
c) Entzugssymptome: vor Verordnung der Medikation nicht vorhanden, treten ca. 2-10 Tage
nach Absetzen der Medikation auf und dauern gewöhnlich 5-15 Tage
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Benzodiazepine: Nebenwirkungen
Abhängigkeitsentwicklung:
• Verabreichung hoher Dosen, Verabreichung über längeren Zeitraum
• Bei plötzlichem Absetzen Entzugsproblematik:
a) Reboundsymptome: Unruhe, Angst, Schlaflosigkeit können akut ausgeprägt sein,
verschwinden aber in der Regel innerhalb einiger Tage
b) Rückfallsymptome: wiederkehrende Angstsymptomatik, abzugrenzen von
Absetzsymptomatik
c) Entzugssymptome: vor Verordnung der Medikation nicht vorhanden, treten ca. 2-10 Tage
nach Absetzen der Medikation auf und dauern gewöhnlich 5-15 Tage
Vorbeugung von Benzodiazepinentzugssymptomen:
Stufenweise Dosisreduktion, über Wochen, manchmal über Monate
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Antidepressiva
• Trizyklische Antidepressiva
• Selektive-Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI)
• Monoaminoxidase-Hemmer (MAO-Hemmer)
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Trizyklische Antidepressiva
• Z.B. Saroten, Tofranil, Pertofran
• Reuptake-Hemmung: TZA besetzen Monoaminbindungsstellen an den
Carrier-Proteinen und verhindern Rückschleusung der Transmitter
(Serotonin und Noradrenalin) in die präsynaptische Nervenzelle
• Nebenwirkungen: vegetative Begleitsymptome wie Mundtrockenheit,
Verstopfung, Gewichtszunahme, etc.
• Indikation bei Panikstörung und generalisierter Angststörung
Aufgrund der nicht selektiven Wirkung (Blockierung von Histaminrezeptoren,
anticholinerge Wirkung) wird jedoch oft auf selektive Wiederaufnahmehemmende Substanzen zurück gegriffen.
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Monoaminoxidase Hemmer
• Hemmung des Enzyms Monoaminoxidase, verminderter Abbau der
Monoamintransmitter in präsynaptischer Zelle, erhöhte
Transmitterausschüttung in den synaptischen Spalt
• Gelten als nebenwirkungsarm
• Indikation bei sozialer Phobie, Panikstörung
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Selektive-Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer
(SSRI)
•
•
•
Inhibition der Serotonin Wiederaufnahme durch Besetzung der Bindungsstellen an den
Carrier Proteinen
Wirkungsvollere Behandlung psychischer Störungen, die auf Veränderungen im serotonergen
Haushalt basieren
Keine Wirkung auf noradrenerges System, keine Blockierung von Histaminrezeptoren, sowie
keine anticholinerge Wirkung
Wegfallen diverser Kontraindikationen der TZA
•
•
Dennoch Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen, Libido- oder Potenzstörungen, etc.
Indikation bei Phobien, Panikstörungen
Einsetzen der Wirkung von Antidepressiva in der Regel erst nach ca. 3
Wochen, sodass eine Initialbehandlung mit Benzodiazepinen zu erwägen ist.
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Buspiron
• Angstlösend, dabei nicht sedierend
• Kaum Nebenwirkungen, kein Suchtpotential
• Wirkt vermutlich an Serotoninrezeptoren verstärkend/ an
Dopaminrezeptoren hemmend
• Indikation bei generalisierter Angststörung, oft in
Kombination mit SSRI
• Wirkungseintritt nach 1 bis 2 Wochen
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Kombinationstherapien
Faktoren zur Entscheidung bzgl. einer Kombinationstherapie:
1.
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3.
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6.
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Komorbidität
Schweregrad der Angstsymptomatik
Vorbestehende Medikation mit Antidepressiva
Vorbestehende Medikation mit Benzodiazepinen
Motivationslage
Vorgehensweise bei der Medikation
Komorbidität
• Häufig Komorbidität mit anderen psychischen Störungen wie Depression
oder Suchterkrankung
höhere Therapieresistenz
• Schwere komorbide Depressionen können Motivation sowie Belastbarkeit
für Verhaltenstherapie reduzieren und erschweren
• Generalisierung von einzelnen Therapieerfolgen kann aufgrund von
depressiver Befindlichkeit unzureichend bleiben
• Medikation sollte noch während der Therapie abgesetzt werden, sodass
der Patient Erfolge bei der Angstbewältigung nicht ausschließlich auf das
Medikament zurückführen kann
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Schweregrad der Angstsymptomatik
• bei leichter bis mittelschwerer Angstsymptomatik kann vorübergehende
medikamentöse Therapie mit Antidepressiva ausreichend sein, sofern
Patient motiviert und in der Lage ist, Belastungen zu vermindern
bei
Misserfolg Indikation für Verhaltenstherapie
• Bei sehr ausgeprägter Angstsymptomatik Indikation für
Kombinationstherapie, um durch Psychopharmaka Verhaltenstherapie
überhaupt möglich zu machen
Reduktion der Ängste durch
Antidepressivum, um Expositionsübungen zu ermöglichen
• Zeigen Expositionen Erfolge, sollten Antidepressiva stufenweise abgesetzt
werden (besonders bei stationärer Behandlung ist zu berücksichtigen,
inwieweit Entlassung mit zusätzlichen Belastungen verbunden ist
evtl. Medikation als Rückfallprophylaxe)
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Vorbestehende Medikation mit Antidepressiva
• Bei Patienten mit Angststörungen vor Verhaltenstherapie oft bereits
psychopharmakologische Behandlung
• Oei et al., 1997: von Patienten, die Medikamente absetzten, nur ca. 38 %
ohne Rückfall
• Zusätzliche Verhaltenstherapie : erhöht Wahrscheinlichkeit, bei Absetzen
von Antidepressiva frei von Rückfall zu sein
• Vergleich von Patientengruppen, die vor Verhaltenstherapie
Antidepressiva nahmen, und jenen, die ohne Medikation in
Verhaltenstherapie gingen: tendenziell kein Unterschied im
Behandlungserfolg
• Aber: fast die Hälfte der Patienten nach Beendigung der
Verhaltenstherapie medikamentenfrei
• Verhaltenstherapie scheint Erfolgsquote bei Absetzen von Antidepressiva
zu erhöhen
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Vorbestehende Medikation mit Benzodiazepinen
• Negativer Effekt auf verhaltenstherapeutische Expositionen
• Medikation sollte vor Behandlung grundsätzlich stufenweise abgesetzt
werden
• Benzodiazepin als Amulettfunktion: Patient trägt Tablette als Art
„Amulett“ bei sich, nimmt diese aber selten oder gar nicht ein.
• Förderung der Expositionsmotivation, im Laufe der Therapie wird der
Patient ermutigt, das Medikament immer seltener bei sich zu tragen
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Motivationslage
• Behandlungsplan in Abstimmung mit den Wünschen des
Patienten
• Bei ausdrücklichem Wunsch nach Pharmakotherapie sollte
diese nicht verwehrt werden, sondern evtl. Alternativen mit
dem Patienten diskutiert werden
• Durch initiale Pharmakotherapie kann über die Verbesserung
der Therapeut- Patient- Beziehung sukzessive die Motivation
für eine Verhaltenstherapie erhöht werden
• Gilt nicht für Benzodiazepine (Suchtgefahr)
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Vorgehensweise bei der Medikation
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Aufklärung bzgl. Zweck einer kombinierten Therapie sowie möglichen
medikamentösen Nebenwirkungen
Antidepressiva sind Benzodiazepinen vorzuziehen, Ausnahme sind „AngstNotfälle“ oder „Amulettfunktionen“ (max. 4 Wochen)
Patienten sollten über viel eigenständige Kontrolle bzgl. Zeitpunkt evtl.
Dosiserhöhungen sowie Einnahmezeiten verfügen
Erhöht Compliance, vermindert Wahrscheinlichkeit eines Abbruches aufgrund von
Nebenwirkungen
Dauer der medikamentösen Behandlung richtet sich nach Erfolgen in der
Verhaltenstherapie
Absetzen meist dann möglich, wenn Patient sich zutraut, Strategien zur
Angstbewältigung umzusetzen
Stufenweises Absetzen, Überprüfen der Stabilität der Behandlungserfolge im
Rahmen der Verhaltenstherapie
Abhängigkeit von Belastungen im Alltag und Ausprägung komorbider Störungen
Allgemein
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Aus publizierten Studien kann für keine der versch. Angststörungen eine generelle
Überlegenheit der parallelen Kombinationstherapie belegt werden
Jedoch scheint bei Kombinationstherapie sowie alleiniger Verhaltenstherapie das
Rückfallrisiko geringer zu sein als bei medikamentöser Monotherapie
Pharmakologische Behandlung kann die Verhaltenstherapie unterstützen und
unter Umständen überhaupt erst möglich machen
Grundsätzlich ist Entscheidung für oder gegen Kombinationstherapie in
Abhängigkeit der individuellen Krankheitssymptomatik des Patienten zu treffen
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Literatur
Berking, M., Grawe, K. (2005). Angststörungen aus einer „neurotherapeutischen“
Perspektive. Psychotherapie im Dialog, 4; 408-413.
Köhler, T. (2003). Erregungsbildung in Neuronen; synaptische Übertragung und ihre
Beeinflussung; Grundlagen der Psychopharmakatherapie. In Köhler, T. , Medizin für
Psychologen und Psychotherapeuten (pp. 70-123). Schattauer Verlag.
Krauß, H. (2005). Angststörungen und Psychopharmaka. Psychotherapie im Dialog, 4;
414-418.
Rufer, M., Hand, I., Peter, H. (2001). Kombinationstherapie bei Angststörungen:
Aktuelle Datenlage und Empfehlungen für den klinischen Alltag.
Verhaltenstherapie, 11; 160-172.
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