Faktenbox Psychotherapie bei Generalisierter Angststörung

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Faktenbox Psychotherapie bei Generalisierter Angststörung
Nutzen und Risiken im Überblick
Jede medizinische Behandlung bringt Nutzen und Risiken mit sich. Diese Faktenbox kann Sie bei Ihrer Entscheidung und der Vorbereitung des Arztbesuchs unterstützen. Die folgenden Informationen und Zahlen basieren
auf den derzeit besten wissenschaftlichen Erkenntnissen für die Bewertung von Psychotherapieverfahren bei
Generalisierter Angststörung.
Was passiert bei einer psychotherapeutischen Behandlung?
Bei einer Psychotherapie finden regelmäßig Gespräche, meist wöchentlich, mit einem Psychotherapeuten statt. In einer Psychotherapie hat der
Patient eine aktive Rolle, das bedeutet: Psychotherapie ist weitestgehend
Anleitung zur Selbsthilfe. Eine Psychotherapie hilft, sich selbst besser zu
verstehen und mit aufkommenden Ängsten aktiv umzugehen.
Für wen kommt eine Psychotherapie in Frage?
Ob eine Psychotherapie infrage kommt, sollte mit dem Arzt oder Therapeuten in einem Informationsgespräch besprochen werden. Besonders
folgende Aspekte sollten dabei eine Rolle spielen:
·
·
·
·
·
Zeitaufwand (wöchentliche Termine über mehrere Monate),
aktive Mitarbeit,
Zeitdauer bis zum Wirkeintritt,
Nachhaltigkeit und
Verfügbarkeit / mögliche Wartezeiten auf eine Psychotherapie.
Eine wichtige Voraussetzung einer Psychotherapie ist das Vertrauen
zwischen Patient und Therapeut. Es hat einen großen Einfluss auf das
Behandlungsergebnis.
Die Behandlung von Angststörungen kann neben psychotherapeutischen
Verfahren auch mit Medikamenten erfolgen. Beides kann auch kombiniert
werden. Persönliche Wünsche und Vorstellungen spielen eine entscheidende Rolle bei der Wahl der Behandlung.
Welche Therapieformen gibt es?
Es gibt verschiedene Psychotherapieverfahren. Die Kosten werden von
den gesetzlichen Krankenkassen für die „Verhaltenstherapie“ und die
„psychoanalytisch begründeten Verfahren“ (tiefenpsychologisch begründete und analytische Psychotherapie) übernommen.
In der (kognitiven) Verhaltenstherapie lernen Sie:
· sich bewusst zu werden, dass Gedanken das Auftreten von Gefühlen
und Verhaltensweisen in häufig ungünstiger Weise beeinflussen.
· dass Gedanken teilweise automatisiert auftreten, ohne dass man realisiert, wie die Emotionen hierdurch beeinflusst werden. Die Patienten
sollen in der Therapie lernen, kritisch zu bewerten, ob die automatisiert
auftretenden Gedanken wirklich zutreffend und/oder hilfreich sind.
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· Fertigkeiten zu entwickeln, um negativ verzerrte und wenig hilfreiche
Gedanken, besonders aber deren zugrundeliegenden Annahmen selbstständig zu erkennen, zu unterbrechen und zu korrigieren, um sich angemessener und situationsangepasster verhalten zu können.
· Fertigkeiten, wie körpernahe Anspannung und Überregung aktiv reduziert werden können.
· sich durch Ängste und Anspannung nicht von wichtigen Dingen abhalten
zu lassen, die Sie sich vornehmen.
Wesentliche Bausteine der Behandlung von Angststörungen in Psychoanalytischer Therapie und Tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie sind:
· Die Behandlung bietet einen „sichere Basis“, welche zur Erkundung der
Umwelt beziehungsweise zur Kontaktaufnahme mit anderen Menschen
ermutigt und unterstützt, sich angstbesetzten Situationen zu stellen und
dies in der Therapie zu besprechen.
· Die akzeptierende Haltung des Therapeuten ermöglicht die Auseinandersetzung mit überhöhten Selbstanforderungen.
· Sie korrigiert die Erfahrung, in wichtigen Beziehungen beschämt worden
zu sein und hilft, sich selbst Halt und Wertschätzung zu geben.
Welche Therapieform hilft mir?
Es gibt mehr als zehn Studien, die die Wirksamkeit von kognitiver Verhaltenstherapie belegen. Menschen, denen eine Verhaltenstherapie nicht
geholfen hat oder die psychoanalytisch begründete Verfahren (tiefenpsychologisch begründete und analytische Psychotherapie) bevorzugen,
können auch diese angeboten werden.
Analytische Psychotherapie zeigte sich in einer Studie jedoch weniger
wirksam als kognitive Verhaltenstherapie bei Patienten mit einer Generalisierten Angststörung. In einer weiteren Studie zeigten die beiden
therapeutischen Verfahren keine Unterschiede. In einer NachsorgeUntersuchung hatte kognitive Verhaltenstherapie langfristigere Wirkungen als analytische Psychotherapie.
Bei Patienten mit einer Generalisierten Angststörung zeigen Untersuchungen weiterhin, dass neben der Verhaltenstherapie die Behandlung
mit Angstmedikamenten ebenso wirksam ist.
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Nutzen und Vorteile
In zahlreichen Studien wurde die Wirksamkeit der kognitiven Verhaltenstherapie untersucht. Dabei haben
Patienten entweder eine Verhaltenstherapie bekommen oder sie standen auf einer Warteliste für eine
Behandlung.
Bei wie vielen Patienten haben sich die Beschwerden nach einem Zeitraum von vier bis 15 Wochen gebessert?
Warteliste
Verhaltenstherapie
100
44
50
14
0
44
Bei
von 100 Patienten
haben sich die Beschwerden gebessert.
14
Bei
von 100 Patienten
haben sich die Beschwerden gebessert.
Die Zahlen zeigen, dass sich bei einem kleinen Teil der Patienten, die auf der Warteliste für eine Verhaltenstherapie stehen, die Symptome bessern. Bei den Patienten, die eine Verhaltenstherapie bekommen, sind es
jedoch deutlich mehr.
Des Weiteren belegen Studien, dass Verhaltenstherapie wirksamer als die Einnahme eines Placebos (Scheinmedikament) ist.
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Risiken und Nachteile
· Die Wirkung tritt erst nach ungefähr 4 bis 15 Wochen ein.
· Psychotherapie beansprucht Zeit und Energie (wöchentliche Termine, eigene Mitarbeit).
· Manchmal werden Sie mit Sichtweisen auf das eigene Leben konfrontiert, die zunächst unangenehm sein können.
Es kann daher vorkommen, dass sich die Beschwerden vorübergehend verschlimmern.
· Wenn Sie in einer Psychotherapie Ihr Verhalten verändern, kann dies – neben positiven Auswirkungen – auch zu
Konflikten in Ihrem Umfeld führen.
· Oft haben Psychotherapeuten längere Wartezeiten, sodass die Behandlung nicht sofort begonnen werden kann.
Lassen Sie sich davon nicht entmutigen. Oft müssen Sie mehrere Therapeuten anrufen, bevor Sie einen Platz
finden.
Welche anderen Behandlungen kommen noch infrage?
Bei Patienten mit einer Generalisierten Angststörung werden auch Entspannungsverfahren, wie die sog. „Progressive Muskelentspannung“ eingesetzt. Dabei wird angestrebt, die mit der Angst auftretende körperliche Anspannung zu reduzieren. Es kann dabei in Einzelfällen und vorübergehend auch zu einer Zunahme der Angstsymptomatik kommen; die Anwendung sollte daher individuell besprochen und erprobt werden.
Körperliche, soziale Aktivitäten und Sport können zur Besserung der Symptome beitragen, da hierdurch auch ein
mit Angststörungen verbundenes Rückzugs- und Schonverhalten behandelt wird. Als alleinige Maßnahme gegen
Angsterkrankungen reicht Sport allerdings nicht aus.
Die wichtigsten Fakten
·
·
·
·
Wirkt gut.
Hilft, sich selbst besser zu verstehen.
Eigene Stärken können erkannt und aufgebaut werden.
Behandlungsmethoden und Ziele können individuell gestaltet werden, z. B. kann man ein
Entspannungsverfahren lernen oder sich auf andere Art und Weise mit den Sorgen auseinanderzusetzen.
· Durch aktive Veränderungen wird das Vertrauen in die eigenen Bewältigungsmöglichkeiten gestärkt.
· Ein Transfer des in der Therapie Gelernten ist wichtig für nachhaltige Besserung.
· Die Wirkung tritt erst nach einigen Wochen ein.
· Beansprucht Zeit und Energie (wöchentliche Termine über mehrere Monate, Mitarbeit).
· Die Auseinandersetzungen mit den Sorgen oder anderen Lebensschwierigkeiten kann
am Anfang der Behandlung belastend sein.
· Oft gibt es Wartelisten bei Psychotherapeuten, daher muss man evtl. warten, bis die
Therapie beginnen kann.
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Eine Entscheidungshilfe, die Sie Schritt für Schritt bei der Wahl der für Sie richtigen Behandlung unterstützt,
finden Sie auf den Seiten von psychenet.de: http://entscheidungshilfen.psychenet.de
Zusätzliche Informationen
Diese Faktenbox wurde erstellt in Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf – Institut
und Poliklinik für Medizinische Psychologie.
Autoren
PD Dr. Rüya-Daniela Kocalevent, MPH (Diplom-Psychologin und Master of Public Health)
Sarah Liebherz (Diplom-Psychologin und Psychologische Psychotherapeutin)
Dr. Jörg Dirmaier (Diplom-Psychologe und Psychologischer Psychotherapeut)
Prof. Dr. Dr. Martin Härter (Arzt, Diplom-Psychologe und Psychologischer Psychotherapeut)
Beteiligte Experten
Prof. Dr. med. Borwin Bandelow
Dr. Dipl.-Psych. Jörg Angenendt
Angaben zur Aktualität und Gültigkeit
Diese Faktenbox wurde im November 2015 erstellt.
Weiterführende Informationen
www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/051-028p_S3_Angstst%C3%B6rungen_2015-01.pdf
www.psychenet.de
Verwendete Quellen
Alle Informationen entsprechen dem aktuellen Stand der Forschung und wurden aus den aktuellen Versorgungsleitlinien (www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/051-028l_S3_Angstst%C3%B6rungen_2014-05_2.pdf) entnommen, die von Vertretern vieler Fachgesellschaften erarbeitet wurde. Ergänzend wurden weitere aktuelle wissenschaftliche Arbeiten einbezogen, die nach dem Erscheinen der Leitlinie veröffentlicht wurden.
Haftungshinweis:
Diese Faktenbox wurde mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt. Dennoch können wir keine Gewähr für die
Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität der Inhalte geben. Gleiches gilt insbesondere für die Inhalte externer
Links. Insbesondere ersetzt die Faktenbox keinen Arztbesuch oder eine ärztliche Beratung und Untersuchung.
Die in den Faktenboxen veröffentlichten Informationen sollen Ihnen als Unterstützung für die Vorbereitung
des Arztgespräches dienen.
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