Der Förderansatz Applied Behavior Analysis mit Verbal Behavior für

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Master of Arts (MA) Erziehungs- und Bildungswissenschaften
Schwerpunkt: Rehabilitationspädagogik
MASTERARBEIT
Der Förderansatz Applied Behavior Analysis mit Verbal
Behavior für Kinder mit einer Autismus-SpektrumStörung in Deutschland
Vorgelegt von
Lotte Elisabeth Schewe
Matrikelnummer: 9455340
4. Fachsemester
Betreuende Gutachterin: Prof. Dr. Gisela Christel Schulze
Zweiter Gutachter: Gerold Jacobs, MA
Oldenburg, den 25. November 2011
1
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
ABLLS-R
Assessment of Basic Learning and Language Skills - Revised
AO
Abolishing Operation
ASS
Autismus-Spektrum-Störung
ATZ
Autismustherapiezentrum
AVT
Autismus-spezifische Verhaltenstherapie
BACB
Behavior Analyst Certification Board
BCaBA
Board Certified assistance Behavior Analyst
BCBA
Board Certified Behavior Analyst
BET
Bremer Elterntraining
CMO
Conditioned Motivating Operation
DGVA
Deutsche Gesellschaft für Verhaltensanalyse
DGVT
Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie
DSM-IV-TR
Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders
DTT
Discrete Trial Teaching
EBI
Evidenz-basierte Intervention
EIBI
Early Intensive Behavior Intervention
EO
Establishing Operation
FC
Faciliated Communication (gestützte Kommunikation)
GKV
Gesetzliche Krankenversicherung
GBA
Gemeinsamer Bundesausschuss
IBT
Intensive Behavioral Treatment
ICD-10
International Classification of Diseases
IFA
Institut für Autismusforschung (Bremen)
ITT
Intensive Trial Teaching
MO
Motivation Operations
NET
Natural Environment Teaching
NLP
Natural Language Paradigm
OMT
On The Move Training
PECS
Picture Exchange Communication System
RDI
Relationship Development Intervention
SD
Stimulus Diskriminativus
SGB
Sozialgesetzbuch
SIG
Special Interest Group
SR
Reinforcing Stimulus
TE
Tiefgreifende Entwicklungsstörung
2
TEACCH
Treatment and Education for Autistic and related Communication
handicapped Children
UMO
Unconditioned Motivating Operation
VT
Verhaltenstherapie
WHO
World Health Organisation
3
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abbildung 1: Diagnostikinstrumente (Bölte, 2009e, S. 158)
11
Abbildung 2: Evidenzgrade (Noterdaeme, 2011)
16
Abbildung 3: Das ABC-Modell (Schramm, 2009)
31
Abbildung 4: Das ABC-Modell im Fallbeispiel Jan (Schewe, 2011 modifiziert nach
Schramm, 2009)
40
Abbildung 5: ABLLS-R-Fähigkeit A1
53
Abbildung 7: ABLLS-R Excel-Tabelle Kategorie E
72
Abbildung 8: Geschlechterverteilung
75
Abbildung 9: Alter der Kinder in Jahren beim Erstberatungstermin
76
Abbildung 10: Kategorie A
77
Abbildung 11: Kategorie B
78
Abbildung 12: Kategorie C
79
Abbildung 13: Kategorie D
80
Abbildung 14: Kategorie E
81
Abbildung 15: Kategorie F
82
Abbildung 16: Kategorie G
83
Abbildung 17: Kategorie H
84
Abbildung 18: Kategorie I
85
Abbildung 19: Kategorien A bis I
86
Abbildung 20: Kategorien A bis I einzeln
87
Abbildung 21: Prozentualer Fortschritt A bis I
87
Abbildung 22: Fähigkeiten und Fortschritt J bis Z
88
Abbildung 23: Anzahl eingestufter Kinder (Kategorien J bis Z)
89
Abbildung 24: Kategorien J bis Z
90
Abbildung 25: Prozentualer Fortschritt (A bis I)*Alter
92
Abbildung 26 : Streudiagramm Alter*Fortschritte A bis I
93
Abbildung 27: Einstufung des Korrelationskoeffizienten (Zöfel, 2003, S.151)
93
Abbildung 28: Korrelationstabelle Alter / Fortschritt
94
Abbildung 29: ABLLS-Datenblatt (Partington, 2006)
115
Abbildung 30: Alter in Monaten bei Beratungsbeginn
117
Abbildung 31: Deskriptive Statistik Fähigkeiten A1 bis Z1
117
Abbildung 32: Deskriptive Statistik Fähigkeiten A2 bis Z2
118
Abbildung 33: Deskriptive Statistik der prozentualen Fortschritte A bis Z
119
Abbildung 34: Korrelationen A*Alter
120
Abbildung 35: Korrelationen B*Alter
120
4
Abbildung 36: Korrelationen C*Alter
120
Abbildung 37: Korrelationen D*Alter
121
Abbildung 38: Korrelationen E*Alter
121
Abbildung 39: Korrelationen F*Alter
121
Abbildung 40: Korrelationen G*Alter
122
Abbildung 41: Korrelationen H*Alter
122
Abbildung 42: Korrelationen I*Alter
122
5
INHALTSVERZEICHNIS
1. Einleitung
1
2. Autismus-Spektrum-Störungen (ASS)
3
2.1 Geschichte und Terminologie
3
2.2 Klassifikation nach ICD-10 und DSM-IV-TR
4
2.2.1 Frühkindlicher Autismus (Kanner-Syndrom)
5
2.2.2 Atypischer Autismus
7
2.2.3 Nicht näher bezeichnete tiefgreifende Entwicklungsstörung / Sonstige
tiefgreifende Entwicklungsstörungen
7
2.2.4 Asperger-Syndrom
8
2.3 Ätiologie
8
2.4 Diagnostik
10
2.5 Prävalenz
13
3. Therapeutische Interventionen bei ASS
14
3.1 Evidenzbasierte Intervention
15
3.2 Allgemeine Interventionsrichtlinien
17
4. Applied Behavior Analysis (ABA) und Verbal Behavior (VB)
19
4.1 Der Begriff Verhaltenstherapie
19
4.2 Verhaltenstherapie für Kinder mit ASS
20
4.3 Definition Applied Behavior Analysis (ABA) und Verbal Behavior (VB)
23
4.3.1 Definition Applied Behavior Analysis (ABA)
23
4.3.2 Definition Verbal Behavior (VB)
25
4.4 Funktionale Verhaltensanalyse
4.4.1 Das ABC-Modell
4.4.1.1 Antecedent (A)
29
30
31
4.4.1.1.1 Stimulus Diskriminativus (SD)
32
4.4.1.1.2 Motivating Operation (MO)
32
4.4.1.1.3 Prompt
34
4.4.1.2 Consequence (C)
36
4.4.1.2.1 Verstärkung
36
4.4.1.2.2 Bestrafung und Löschung
37
4.4.2 Fallbeispiel I
4.5 Lernformate
38
40
4.5.1 Discrete Trial Teaching (DTT)
41
4.5.2 Intensiv Trial Teaching (ITT)
41
6
4.5.3 Natural Environment Teaching (NET)
42
4.5.4 On The Move Training (OMT)
42
4.6 Lernmethoden bei ABA/VB
43
4.6.1 Unterrichten von Mands
43
4.6.2 Shaping
44
4.6.3 Chaining
45
4.6.4 Pairing
45
4.6.5 Unterrichtskontrolle
46
4.6.6 Fehlerfreies Lernen
48
4.6.7 Unterrichtsabwechslung
48
4.6.8 Dokumentation
49
4.6.8.1 Assessment of Basic Learning and Language Skills (ABLLS)
50
4.6.8.2.ABLLS-R-Einstufung
50
4.6.9 Fallbeispiel II
54
5. Applied Behavior Analysis und Verbal Behavior (ABA/VB) in Deutschland
57
5.1 Ausbildung
58
5.2 Home-based-intervention
61
5.3 Finanzierung
61
5.4 ABA/VB-Anbieter in Deutschland
64
5.5 Das Institut Knospe-ABA
65
5.5.1 Mitarbeiter/innen
65
5.5.2 Ziel und Philosophie
66
5.5.3 Arbeitsweise
66
5.5.3.1 Kontaktaufnahme
66
5.5.3.2 Erstberatung
67
5.5.3.3 Folgeberatungen
68
6. Empirische Studie
69
6.1 Methodik, Datenauswahl- und Eingabe
70
6.2 Deskriptive Darstellung der Daten
73
6.2.1 Kategorie A: Verstärkereffektivität und Kooperation
77
6.2.2 Kategorie B: Visuelle Leistungsfähigkeit
78
6.2.3 Kategorie C: Rezeptive Fähigkeiten
79
6.2.4 Kategorie D: Motorische Imitationsfähigkeiten
80
6.2.5 Kategorie E: Sprachliche Imitationsfähigkeiten
81
7
6.2.6 Kategorie F: Bedürfnisäußerung
82
6.2.7 Kategorie G: Bennenungsfähigkeiten
83
6.2.8 Kategorie H: Intraverbale Fähigkeiten
84
6.2.9 Kategorie I: Fähigkeiten des spontanen Vokalisierens
85
6.2.10 Kategorien A bis I
86
6.2.11 Kategorien J bis Z
88
6.3 Korrelationsanalyse
90
6.4 Zusammenfassung der Ergebnisse
95
6.4.1 Kritik
97
6.4.2 Ausblick
99
7. Fazit und Ausblick
101
8. Literaturverzeichnis
103
8.1 Internetquellen
111
8.2 Seminarunterlagen
112
9. Anhang
113
9.1 ABLLS-R-Datenblatt
113
9.2 ABLLS-R-Dokumentationsblatt
116
9.3 Deskriptive Statistik: Alter in Monaten
117
9.4 Deskriptive Statistik: Fähigkeiten A1 bis Z1
117
9.5 Deskriptive Statistik: Fähigkeiten A2 bis Z2
118
9.6 Deskriptive Statistik Fortschritte A bis Z
119
9.7 Korrelationen Fortschritt*Alter
120
8
1. Einleitung
Kinder mit einer tiefgreifenden Entwicklungsstörung aus dem autistischen
Spektrum weisen in allen Entwicklungs- und Lebensbereichen unterschiedlich
stark ausgeprägte Defizite auf. Besonders in der alltäglichen sozialen
Kommunikation und Interaktion werden diese deutlich. Bislang gibt es keine
Form der Intervention, die den Anspruch erheben kann, alle Symptome der
Störung
zu
beseitigen.
Die
Ausprägung
und
der
Schweregrad
der
Kernsymptomatik erfordern daher umfassende und individuell ausgerichtete
Förderpläne, um den Betroffenen eine bestmögliche gesellschaftliche Teilhabe
zu ermöglichen.
Der Förderansatz Applied Behavior Analysis (ABA) zusammen mit Verbal
Behavior (VB) berücksichtigt die Tatsache, dass Kinder mit einer AutismusSpektrum-Störung (ASS) viele Verhaltensweisen nicht im Alltag nebenbei
erlernen können, wie es bei neurotypisch entwickelten Kindern der Fall ist. Daher
lernen Kinder mit ASS bei einer ABA/VB-Förderung mithilfe von Motivation und
Verstärkung
systematisch
vielfältige,
alltagsrelevante,
insbesondere
kommunikative Fähigkeiten und Verhaltensweisen, die ihre soziale Integration
unterstützen.
Im theoretischen Teil der vorliegenden Masterarbeit wird zunächst der Begriff der
Autismus-Spektrum-Störung geklärt. Außerdem wird ein Überblick über die
Klassifikation nach den Kategorien der Weltgesundheitsorganisation (ICD-10 und
DSM-IV-TR), die Geschichte, die Ätiologie, die Diagnostik und die Prävalenz des
Autismus gegeben.
Es folgt ein kurzer Überblick über gängige Interventionen bei ASS in
Deutschland, bevor der Förderansatz Applied Behavior Analysis mit Verbal
Behavior
(ABA/VB)
ausführlich
dargestellt
wird.
Hierbei
werden
die
(lern)theoretischen Hintergründe, die Anwendungsgebiete und die darauf
basierende Methodik erläutert.
Im weiteren Verlauf der Arbeit wird die Situation von ABA/VB-Interventionen in
Deutschland beschrieben und es wird die Arbeitsweise des Instituts Knospe-ABA
vorgestellt, dem derzeit deutschlandweit größten Institut, das eine Förderung
nach dem ABA/VB-Ansatz für Kinder mit ASS anbietet.
1
Der nachfolgende empirische Teil der Arbeit stellt anhand von Daten des Instituts
Knospe-ABA den Verlauf einer ABA/VB-Intervention bei 170 Kindern mit ASS im
ersten Jahr der Förderung deskriptiv dar.
Anschließend
wird
eine
Zusammenfassung
der
im
theoretischen
und
empirischen Teil der Arbeit gewonnenen Ergebnisse gegeben und die mögliche
Entwicklung von ABA/VB in Deutschland diskutiert.
Die
Ausarbeitungen
des
theoretischen
Teils
der
Arbeit
basieren
auf
wissenschaftlichen Standardwerken sowie aktuellen Publikationen und werden
mithilfe eines Fallbeispiels aus meiner persönlichen Erfahrung anschaulich
unterlegt.
Grundlage für die Themenwahl dieser Masterarbeit bietet meine mittlerweile fast
vierjährige Tätigkeit als Tutorin für Kinder mit ASS. Außerdem arbeitete ich in
Südafrika 2005 ein Jahr lang intensiv mit fünf Kindern mit ASS nach dem
klassischen ABA-Ansatz. Seit nunmehr fast drei Jahren arbeite ich, angeleitet
und supervisiert durch das Institut Knospe-ABA, als Tutorin neben dem Studium
mit Kindern nach dem ABA/VB-Ansatz. Durch meine Arbeit in einer kinder- und
jugendpsychiatrischen Praxis und durch den Besuch von wissenschaftlichen
Tagungen, Kongressen und Workshops zum Thema Autismus erhielt ich zudem
die Möglichkeit, mein Wissen über Kinder mit ASS und über verschiedene
Förderansätze zu vertiefen.
2
2. Autismus-Spektrum-Störungen (ASS)
Autismus-Spektrum-Störungen
(ASS)
werden
zu
den
tiefgreifenden
Entwicklungsstörungen (TE) gezählt. Diese sind primär durch zwei Merkmale
gekennzeichnet:

„durch
qualitative
Beeinträchtigungen
in
der
gegenseitigen
Kommunikation und Interaktion und

durch ein eingeschränktes, stereotypes, sich wiederholendes Repertoire
von Interessen und Aktivitäten“ (Remschmidt & Kamp-Becker, 2008,
S.135).
Im folgenden Kapitel wird die Terminologie, die Geschichte, die Klassifikation
nach ICD-10 und DSM IV-TR und die Diagnostik erläutert.
2.1 Geschichte und Terminologie
Das Wort Autismus leitet sich von den griechischen Wörtern „autos“ (selbst) und
„ismos“ (Zustand/Orientierung) ab und bezeichnet ein auf sich selbst bezogenes
Handeln und Denken (Bleuler, 1911). Der Begriff Autismus wurde 1911 von dem
Schweizer Psychiater Bleuler eingeführt. Er bezeichnete damit eines der
Grundsymptome
bei
Schizophrenien
(Bleuler,
1911).
Asperger,
ein
österreichischer Kinderarzt, hielt 1938 in Anlehnung an Bleuler einen Vortrag mit
dem Titel: „Das psychisch abnormale Kind“. Anhand eines Fallbeispieles
skizzierte er die Charakteristika „autistischer Psychopathen“ (Asperger, 1938). In
seiner Habilitationsschrift führte Asperger 1944 diese Theorie weiter aus. Hier
erwähnte er erstmalig die Symptomatik dessen, was heute als AspergerSyndrom bezeichnet wird (Asperger, 1944). Der austro-amerikanische Kinderund Jugendpsychiater Kanner schilderte im Jahr 1943, unabhängig von
Aspergers Ergebnissen, ein Phänomen bei Kindern, das er „Autistic Disturbance
Of Affective Contact“ nannte (Kanner, 1943). Kanner benutzte in seinen
folgenden Schriften erstmals den Begriff „frühkindlicher Autismus“ (Early
Childhood Autism); daher wird dieser heute oftmals auch als „Kanner-Syndrom“
bezeichnet. Die sich auf Kanner und Asperger beziehende und weiter forschende
Wissenschaft fand seit 1943 eine fast unübersehbare Fülle diagnostischer
Merkmale.
Sie
schuf
etliche
neue
Syndrombezeichnungen
für
Entwicklungsstörungen, die sich durch qualitative Einschränkungen im Bereich
der sozialen Interaktion, der Kommunikation und der Sprache sowie durch
stereotypes und repetitives Verhalten auszeichnen. In der Literatur lassen sich
zahlreiche unterschiedliche Termini finden, wenn über Kinder mit autistischem
3
Verhalten referiert wird. Da das Erscheinungsbild von Autismus ein vielfältiges
Kontinuum von unterschiedlichen Symptomen und Symptomausprägungen
beinhaltet,
wird
als
Oberbegriff,
der
alle
autistischen
Ausprägungen
zusammenfasst, vermehrt der Begriff Autismus-Spektrum-Störung (ASS)1
verwendet. Nach Bölte bezeichnet ASS ein „Kontinuum (…) von qualitativ
ähnlichen, nicht kategorial abgrenzbaren Entitäten“ (Bölte, 2009e, S. 34). und
subsumiert somit angemessen alle Erscheinungsformen von Autismus.
2.2 Klassifikation nach ICD-10 und DSM-IV-TR
Zur
Operationalisierung
von
psychischen
Störungen
werden
in
der
wissenschaftlichen und klinischen Praxis die zehnte Ausgabe der International
Classification of Diseases (ICD-10) der Weltgesundheitsorganisation (WHO)
sowie die vierte textrevidierte Ausgabe des Diagnostic And Statistic Manual Of
Mental Disorders (DSM-IV-TR) der American Psychiatric Association verwendet
(Zimbardo & Gerrig, 2004).
Im Gegensatz zu der zunehmend inoffiziellen Nutzung des Begriffes ASS in
Klinik und Forschung, wird dieser Begriff in der ICD-10 und im DSM-IV-TR nicht
verwendet. Bölte geht jedoch davon aus, dass der Begriff „in Zukunft
höchstwahrscheinlich auch formal eingeführt werden wird“ (Bölte, 2009e, S. 37).
Sowohl die ICD-10 als auch das DSM-IV-TR werden zurzeit überarbeitet und es
ist anzunehmen, dass der Begriff ASS in der ICD-11 und im DSM-V-TR zu finden
sein wird (Röttgers, 2011).
In der ICD-10 und im DSM-IV-TR stimmen die diagnostischen Kriterien für ASS
gut überein, in beiden Klassifikationssystemen wird der Oberbegriff „tiefgreifende
Entwicklungsstörung (TE)“ für ASS verwendet. ASS umfasst im engeren Sinne
jedoch nur eine Untergruppe der TE. Zu den ASS zählen: der frühkindliche
Autismus (ICD-10-Klassifikation: F84.0), das Asperger-Syndrom (F84.5), der
atypische
Autismus
(F84.1),
die
nicht
näher
bezeichnete
tiefgreifende
Entwicklungsstörung (F84.9) und sonstige tiefgreifende Entwicklungsstörungen
(F84.8). Bei anderen tiefgreifenden Entwicklungsstörungen wie dem RettSyndrom (F84.3), der anderen desintegrativen Störung des Kindesalters (F84.3)
und
der
überaktiven
Störung
mit
Intelligenzminderung
und
Bewegungsstereotypien (F84.4) werden von ASS abweichende Ursachen
vermutet, obgleich die Symptomatik schweren Formen von Autismus ähnelt.
1 Im Englischen wird der Begriff Autism Spectrum Disorder (ASD) verwendet.
4
Im Folgenden sollen die tiefgreifenden Entwicklungsstörungen, die zur
Subgruppe der ASS gezählt werden, erläutert und ihre individuelle Symptomatik
hervorgehoben werden.
2.2.1 Frühkindlicher Autismus (Kanner-Syndrom)
Kanner unterteilte 1943 die Verhaltensweisen von Kindern mit frühkindlichem
Autismus in zwei Kardinalsymptome:

„extreme Abkapselung von der sozialen Umwelt, keine affektive Reaktion
auf die soziale Umwelt, Isolierung von der Umwelt [und]

ängstlich-zwanghaftes Bedürfnis nach Beibehaltung und Gleichhaltung
der Umwelt“ (Remschmidt, 2008, S. 16).
Die extreme Abkapselung spiegelt sich nach Remschmidt in der Abwesenheit
von kooperativem Spiel, empathischen Fähigkeiten, Blickkontakt und dem Fehlen
von freundschaftlichen Bindungen zu anderen Kindern wider. Zudem fehlt häufig
die
normale
kindliche
Kontaktaufnahme
mittels
Antwortlächeln
und
Antizipationsgesten. Sobald es zu einer Veränderung in der unmittelbaren
Umgebung kommt, wird das ängstlich-zwanghafte Festhalten am Gewohnten
deutlich. Daraus können bei Menschen mit frühkindlichem Autismus leicht Angstund Panikzustände resultieren (Remschmidt, 2008). Aus diesen beiden
Kardinalsymptomen ergeben sich zahlreiche Sekundärsymptome. So sind häufig
unterschiedlich schwere Störungen der Sprachentwicklung zu erkennen. Die
Störung reicht „von Mutismus (völligem Fehlen der aktiven Sprache und des
Sprachverständnisses) bis zu einer gut entwickelten, aber in mancher Hinsicht
abnormen Sprache“ (Bundschuh, 2005, S. 305). Remschmidt zufolge gehören zu
den Sprachauffälligkeiten bei Menschen mit frühkindlichem Autismus „die
verzögerte Sprachentwicklung, die etwa bei der Hälfte der Kinder zu finden ist,
sowie eine Neigung zu Wortneubildungen und zu Echolalien (echoartiges
Nachsprechen von Worten und Lauten)“ (Remschmidt, 2008, S.18). Weitere
mögliche Sekundärsymptome sind „unterdurchschnittliche Intelligenz als Folge
des eingeschränkten Umweltkontaktes“ (Bundschuh, 2005, S.306), sowie
Probleme wie Phobien, Schlaf- und Essstörungen, Wutausbrüche, (Auto-)
Aggressivität und fehlende Angst vor realen Gefahren. Frühkindlicher Autismus
wird als tiefgreifende Entwicklungsstörung bezeichnet „die durch eine abnorme
oder beeinträchtigte Entwicklung definiert ist und sich vor dem dritten Lebensjahr
manifestiert“ (WHO, 2008, S. 282). Zudem ist sie durch eine gestörte
5
Funktionsfähigkeit in drei Bereichen charakterisiert. Die Beeinträchtigung in
diesen drei Bereichen besteht bei allen Kindern mit frühkindlichem Autismus,
kann jedoch in ihrem Ausprägungsgrad stark variieren. Für die Diagnose des
frühkindlichen Autismus müssen nach ICD-10 mindestens sechs Symptome aus
den folgenden drei Bereichen vorliegen. Die Bereiche sind:
1. Qualitative
Auffälligkeiten
der
gegenseitigen
sozialen
Interaktion
(mindestens zwei Symptome)
Die Auffälligkeiten zeigen sich durch eine mangelhafte oder nicht vorhandene
Anteilnahme an anderen Personen. Es scheint, als würden Kinder mit
frühkindlichem Autismus in ihrer eigenen Welt leben. Sie zeigen eine
„unangemessene Einschätzung sozialer und emotionaler Signale, häufig
inadäquate Verhaltensanpassungen im sozialen Kontext (...) und einen geringen
Gebrauch sozialer und emotionaler Signale“ (Remschmidt, 2008, S. 28).
Außerdem wird die qualitative Beeinträchtigung wechselseitiger sozialer
Interaktionen aufgrund fehlender oder unpassender sozialer, emotionaler und
kommunikativer Verhaltensweisen deutlich.
2. Qualitative Auffälligkeiten der Kommunikation (und Sprache)
(mindestens ein Symptom)
Diese treten sowohl in der verbalen als auch in der nonverbalen Kommunikation
auf. Bei der nonverbalen Kommunikation sind Gestik, Mimik und der Blickkontakt
stark beeinträchtigt. Außerdem werden mimische und stimmliche Informationen
nicht
immer
verstanden
und
es
ist
häufig
eine
unangemessene
Sprachanwendung zu beobachten (Bundschuh, 2005).
3. Begrenzte, repetitive und stereotype Verhaltensmuster, Interessen und
Aktivitäten (mindestens ein Symptom)
Das Verhaltensrepertoire von Menschen mit frühkindlichem Autismus zeichnet
sich durch einen hohen Anteil motorischer Stereotypien sowie der monotonen
Beschäftigung mit Gegenständen aus. Es wird vermutet, dass diese Stereotypien
dazu dienen, ein überhöhtes oder zu geringes zentrales Erregungsniveau zu
verändern, welches durch Frustration, Belastung oder zu hohe bzw. zu geringe
Stimulation hervorgerufen werden kann (Bundschuh, 2005).
6
Ergänzend zu den oben genannten Symptomen muss sich für die Diagnose
„frühkindlicher Autismus“ bereits vor dem dritten Lebensjahr eine auffällige und
beeinträchtigte
Entwicklung
manifestieren.
Zudem
sollte
das
klinische
Erscheinungsbild keiner anderen tiefgreifenden Entwicklungsstörung oder einer
anderen psychischen Störung zugeordnet werden können (Bölte, 2009).
Zur Prävalenz des frühkindlichen Autismus ist zu sagen, dass dieser „bei Jungen
drei- bis viermal häufiger (…) als bei Mädchen“ (WHO, 2008, S. 282) auftritt.
2.2.2 Atypischer Autismus
Beim atypischen Autismus handelt es sich um eine Störung, die sich entweder
erst nach Vollendung des dritten Lebensjahres manifestiert oder bei der die
diagnostischen Kriterien nicht in allen drei erwähnten Bereichen erfüllt werden.
Nach ICD-10 werden demnach zwei Varianten des atypischen Autismus
unterschieden: Autismus mit atypischem Erkrankungsalter und Autismus mit
atypischer Symptologie. Bei Autismus mit atypischem Erkrankungsalter sind alle
diagnostischen Kriterien für den frühkindlichen Autismus inhaltlich erfüllt, jedoch
manifestieren sich diese erst nach dem dritten Lebensjahr. Von Autismus mit
atypischer Symptologie spricht man, wenn typische Auffälligkeiten des
frühkindlichen Autismus vorliegen, sie allerdings nicht dem ganzen Bild dieser
Störung entsprechen. Diese Variante geht häufig auch mit einer deutlichen
Intelligenzminderung einher (Remschmidt, 2008).
2.2.3 Nicht näher bezeichnete tiefgreifende Entwicklungsstörung /
Sonstige tiefgreifende Entwicklungsstörung
Diese Diagnosen sind der des atypischen Autismus ähnlich, werden jedoch nur
vage definiert. Meist werden sie gestellt, „wenn qualitative Auffälligkeiten der
sozialen Interaktion vorliegen sowie die Kriterien für einen der beiden anderen
Störungsbereiche erfüllt werden“ (Bölte, 2009, S. 37). Diese Störungen sind
durch
eine
zunächst
unauffällige
altersentsprechende
Entwicklung
gekennzeichnet. In einem Alter von mindestens zwei Jahren kommt es dann
innerhalb weniger Monate zum Verlust von Fähigkeiten aus verschiedenen
Bereichen der Entwicklung sowie zu Auffälligkeiten im Bereich der Sozial-,
Kommunikations- und Verhaltensfunktionen. Darauf folgt entweder der ständig
fortschreitende Verlust von Fähigkeiten oder der weitere Erwerb von Fähigkeiten
stagniert. In den meisten Fällen bleibt eine schwere Intelligenzminderung
bestehen.
7
Da es auch beim frühkindlichen Autismus bisweilen nach einer zunächst normal
verlaufenden Entwicklung zu einem Verlust von Fähigkeiten kommen kann, sind
diese
beiden
Störungen
nicht
immer
klar
voneinander
abzugrenzen
(Remschmidt, 2008).
2.2.4 Asperger-Syndrom
Das Asperger-Syndrom ist grundsätzlich durch die gleichen Merkmale wie der
frühkindliche Autismus gekennzeichnet: Beeinträchtigungen der Kommunikation
und sozialen Interaktion sowie eingeschränktes, stereotypes Verhalten. Jedoch
sind die Betroffenen nicht in ihrer allgemeinen Entwicklung verzögert. Auch die
sprachliche sowie die kognitive Entwicklung verlaufen dem Alter entsprechend.
Allerdings sind die Betroffenen üblicherweise motorisch auffällig ungeschickt. In
erster Linie sind Jungen betroffen; das Mehrheitsverhältnis von Jungen zu
Mädchen ist mit acht zu eins noch deutlicher ausgeprägt als beim frühkindlichen
Autismus (Remschmidt, 2008).
2.3 Ätiologie
Bei keinem anderen Störungsbild in der kindlichen Entwicklung gab und gibt es
so vielfältige Erklärungsansätze wie bei Autismus. In den siebziger Jahren des
letzten Jahrhunderts publizierte Bettelheim die Theorie der „Kühlschrank-Mütter“,
in der er davon ausging, dass Kinder mit Autismus von ihren Müttern zu wenig
emotionale Zuwendung erhielten und sich deshalb sozial
zurückzögen
(Bettelheim, 1967). Auch Zusammenhänge zwischen der Mumps-Masern-RötelnImpfung und Autismus wurden vermutet, konnten jedoch bald widerlegt werden
(Bölte, 2009c).
Nach heutigem Stand ist Autismus eine „kognitive Störung, (…) die sich auf alle
Aspekte der sozialen Entwicklung eines Kindes auswirkt“ (Aarons & Gittens,
2005, S. 9). Die Ursachen der ASS konnten bis zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht
endgültig geklärt werden. In den letzten Jahren wurde die Erforschung der
Ursachen jedoch sehr verstärkt und es konnten „insbesondere im Bereich der
Genetik, der Entwicklungs- und der Neuropsychologie neue Erkenntnisse (…)“
gewonnen werden (Freitag, 2008, S. 24). Die bislang vorliegenden Ergebnisse
deuten auf die Beteiligung folgender Faktoren hin: „genetische Faktoren,
assoziierte
körperliche
Erkrankungen,
Hirnschädigungen
bzw.
Hirnfunktionsstörungen, biochemische Anomalien, neuropsychologische Defizite
sowie die Wechselwirkung dieser Faktoren“ (Remschmidt & Kamp-Becker,
2008,S. 136).
8
Die ASS kann demnach nicht über ein einziges Ursachen-Modell erklärt werden.
Die möglichen Faktoren der ASS zu diskutieren, würde den Rahmen dieser
Arbeit sprengen. Daher sollen nur kurz die oben aufgeführten und zurzeit am
stärksten diskutierten Faktoren beschrieben werden.
Die wichtigste Ursache wird aktuell in der genetischen Belastung gesehen.
Zwillings- und Familienstudien sowie zytogenetische und molekulargenetische
Untersuchungen haben ergeben, dass bei den meisten ASS eine Erblichkeit von
über neunzig Prozent vorliegt. Den Studien zufolge müssten bis zu zwanzig
verschiedene Gene Ursachenträger für Autismus sein. Jedoch ist der Erbgang an
sich weiterhin ungeklärt (Remschmidt, 2008; Remschmidt & Kamp-Becker,
2008).
Weiter wird angenommen, dass bei Menschen mit ASS funktionelle und
strukturelle Störungen des zentralen Nervensystems vorliegen, die aus
genetischen und anderen organischen Prozessen resultieren. So zeigen „40-60%
der Kinder mit frühkindlichem Autismus im Schulalter neurologische Befunde“
(Remschmidt, 2008,S. 29). Zudem leiden etwa fünfzehn bis dreißig Prozent der
Menschen mit ASS an Epilepsie.
Zahlreiche Befunde aus biochemischen Untersuchungen weisen auf Anomalien
von Stoffwechselprozessen bei Menschen mit ASS hin. Zudem gibt es einige
Anhaltspunkte, die auf eine Veränderung von Hormonen und Neurotransmittern
als Ursache von Autismus hinweisen. Jedoch sind diese Befunde sehr
uneinheitlich und bislang noch nicht wissenschaftlich bestätigt.
Eine
genaue
Diagnose
und
die
Erklärung
der
Ursachen
einer
Entwicklungsstörung sind notwendige Voraussetzungen, um Kinder mit ASS
angemessen und erfolgsversprechend fördern zu können (Remschmidt, 2008;
Aarons & Gittens, 2008).
9
2.4 Diagnostik
Die Diagnose ASS beruht aufgrund der bislang ungeklärten Ätiologie immer auf
einer Beschreibung des Verhaltens und bedeutet, dass die entsprechenden
diagnostischen Kriterien nach ICD-10 / DSM-IV-TR für ASS formal erfüllt sind.
Die Diagnostik ist meist ein „umfangreiches multiprofessionelles Geschehen“ und
benötigt viel Zeit und in der Regel mehrere Termine (Bölte, 2009d, S. 157). Sie
umfasst „psychodiagnostische, körperliche, neurologische und genetische
Untersuchungen mit anschließender Integration und Verdichtung der erhobenen
Personendaten in Gestalt multiaxialer Klassifikationen nach ICD-10“ (Bölte,
2009d, S. 157).
Die große Häufigkeit komorbider Störungen2, besonders bei Kindern mit
frühkindlichem Autismus auf den Achsen I-IV, unterstreicht die Notwendigkeit
einer ausführlichen und umfassenden Diagnostik. Komorbide Störungen aus dem
Bereich der Psychiatrie werden auf Achse I, Entwicklungsstörungen auf Achse II
und III und Störungen aus den Bereichen der Neurologie und Genetik auf Achse
IV angezeigt.
Auf
Achse V werden die
besonderen Belastungen im
psychosozialen Umfeld und auf Achse VI die Gesamtbeeinträchtigung kodiert
(Amorosa, 2010a).
Mindestanforderung ist eine detaillierte mündliche und schriftliche Eltern- und
Bezugspersonenbefragung
sowie
eine
strukturierte
klinische
Verhaltensbeobachtung des Kindes, des Jugendlichen oder des Erwachsenen
(Bölte, 2009d).
Es stehen verschiedene Instrumente zur Verfügung, mit deren Hilfe eine
Diagnostik erfolgen kann. Diese sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst.
Die am besten evaluierten und in Deutschland am häufigsten verwendeten sind
fett hervorgehoben
2 Freitag zählt genetische Syndrome, epileptische Erkrankungen, Depressionen, Angst-, und
Zwangsstörungen zu den wichtigsten und häufigsten komorbiden Erkrankungen bei ASS (Freitag,
2008).
10
Fragebögen (schriftliche Befragung)
Allgemeine

Fragebogen zur Sozialen Kommunikation (FSK)
Fragebögen

Fremdbeurteilungsfragebogen
für
tiefgreifende
Entwicklungsstörungen (FBB-TES)

Autismus-Fragebogen (AF)

Fragebogen zur Entwicklung von Verhaltensweisen (WSQ)
Dimensionale

Skala zur Erfassung sozialer Reaktivität (SRS)
Fragebögen

Checkliste für soziale und kommunikative Störungen
(SCDC)
Fragebögen
zur
Selbstbeurteilung
Fragebogen
zur
Sprache
und

Autismus-Spektrum-Quotient (AQ)

Empathie-Quotient (EQ)

Einschätzungsbogen kindlicher Kommunikationsfähigkeiten
(CCC)
Kommunikation
Skalen
Beobachtungsskalen

Diagnostische
Beobachtungsskala
für
Autistische
Störungen (ADOS)

Autismus-Beurteilungsskala (CARS)

Diagnose-Checkliste
für
tiefgreifende
Entwicklungsstörungen (DCL-TES)

Erfassung von ASS bei Minderbegabten (SEAS-M)
Förderdiagnostische

Entwicklungs- und Verhaltensprofil für Kinder (PEP-R)
Beobachtungsskalen

Entwicklungs- und Verhaltensprofil für Jugendliche und
Erwachsene (AAPEP)
Skalen zu Erfassung

Australian Scale for Asperger‟s Syndrom (ASAS)
des

Marburger Beurteilungsskala für das Asperger-Syndrom
Asperger-
Syndroms
(MBAS)

Asperger-Syndrom-Diagnostik-Interview (ASDI)

Adult Asperger Assessment (AAA)
Interview (mündliche Befragung)

Diagnostisches Interview für Autismus revidiert (ADI-R)
Abbildung 1: Diagnostikinstrumente (Bölte, 2009e, S. 158)
11
Zwar kann anhand der oben genannten Fragebögen, Interviews und Skalen die
Diagnose ASS formal gestellt werden, jedoch sollte auch anderen „Verhaltensund Erlebensdeterminanten genügend Aufmerksamkeit geschenkt werden“
(Bölte, 2009f, S. 187); da diese für einen möglichen Therapieverlauf von
Bedeutung sein können.
Eltern bemerken meist bereits in den ersten beiden Lebensjahren die
Auffälligkeiten ihrer Kinder. Auch die Symptomkonstellation zwischen dem 18.
und 24. Lebensmonat ist meist recht typisch. Trotzdem wird die Diagnose in der
klinischen Praxis aufgrund der schwierigen und langwierigen Diagnostik aber
auch aufgrund der Unkenntnis vieler Ärztinnen, Ärzte und Psycholog/innen oft
sehr spät gestellt (Kamp-Becker u. a., 2010). Die Diagnose des frühkindlichen
Autismus wird meist erst ungefähr im sechsten und die Diagnose des AspergerSyndroms erst ungefähr im neunten Lebensjahr gestellt (Amorosa, 2010b).
12
2.5 Prävalenz
Die Prävalenz für frühkindlichen Autismus liegt zurzeit bei 5 / 10.000 und die
Prävelenz für das Asperger-Syndrom bei 20 -100 / 10.000 (Bölte, 2009b;
Röttgers, 2011). Angaben über das Vorliegen einer ASS sind in den letzten
Jahren stark angestiegen. Dies wird von zahlreichen wissenschaftlichen
Forschungsstudien belegt (Bölte, 2009b; Remschmidt & Kamp-Becker, 2008;
Amorosa,
2010).
Jedoch
ist
die
Zunahme
nach
den
verschiedenen
epidemiologischen Studien sehr unterschiedlich. Bölte geht davon aus, dass „die
Entwicklung der Prävalenzraten in erster Linie auf einer expliziten und impliziten
Erweiterung des diagnostischen Konzepts beruht“ (Bölte, 2009b, S. 72).
Amorosa geht ebenfalls davon aus, „dass es sich bei der Zunahme nicht um eine
tatsächliche
Veränderung
der
Prävalenz,
sondern
um
eine
veränderte
Diagnosestellung handelt“ (Amorosa, 2010b, S. 34). Ihrer Meinung nach könnten
die Gründe hierfür die Veränderung in Richtung einer breiteren Definition von
ASS, eine bessere Fallfindung, ein jüngeres Alter bei der Diagnosestellung, vor
allem aber der höhere Bekanntheitsgrad sowohl in der Allgemeinbevölkerung als
auch in Fachkreisen sein. Mit der aktuell recht hohen Prävalenz handelt es sich
demnach bei ASS nicht mehr „nur“ um eine seltene Symptomatik3 . Dies kann
Amorosa zufolge sowohl für die wissenschaftliche Forschung als auch für die
„Behandlung, Förderung und Beschulung von großer Bedeutung sein“ (Amorosa,
2010b).
3 Von den fünfziger bis in die neunziger Jahre wurde die Prävalenz mit lediglich 0,41/10.000
angegeben (Bölte, 2009b).
13
3. Therapeutische Interventionen bei ASS
Seit den ersten Beschreibungen von Asperger und Kanner gibt es Bemühungen,
Menschen mit ASS zu fördern. In Deutschland werden insbesondere Kindern
vielfältige Formen therapeutischer Intervention angeboten. Bislang gibt es
allerdings keine Förderung, die die Kernsymptomatik vollständig beheben kann
(Bölte,
2009c;
Amorosa,
2010a).
Jedoch können mit
den geeigneten
Maßnahmen und gezielter therapeutischer Unterstützung „Verbesserungen der
kognitiven und sozial-adaptiven Entwicklung“ (Baude & Noterdaeme, 2010a, S.
244) und „erhebliche quantitative Verbesserungen der Lebensqualität und des
psychosozialen Funktionsniveaus erzielt werden“ (Bölte, 2009c, S. 225).
Förderansätze, die „schnelle, massive Veränderungen versprechen, können
bislang ausnahmslos als abwegig beurteilt werden“ (Bölte, 2009c, S. 225).
Therapeutische Interventionen sind immer prozesshaft und langwierig. Kinder mit
ASS unterscheiden sich massiv hinsichtlich des Schweregrades und der
Ausprägung der Symptomatik. Aus diesem Grund profitiert nicht jede Person von
derselben Intervention4 (Freitag, 2008b).
In der Praxis innerhalb Deutschlands ist zu beobachten, dass Förderungen eher
nach Praktikabilität und örtlichem Angebot durchgeführt werden, als innerhalb
eines geplanten und wissenschaftlich fundierten Gesamt-Förderplans: „This
means typically two hours per week non-specific, eclectic intervention is the
maximum offered to families of children diagnosed with ASD“ (Keenan,
Dillenburger, Moderato, & Röttgers, 2010, S. 133). Die Orientierung innerhalb der
verschiedenen therapeutischen Ansätze ist schwierig und es schien bis vor
kurzem, als wäre die Auffassung einer geeigneten Autismus-Therapie dem
Wandel der Zeit unterworfen5 (Baude & Noterdaeme, 2010a,b; Remschmidt,
2008; Weiß, 2002). Die zahlreichen Interventionsmöglichkeiten bei ASS werden
je nach Autor/in nach wie vor unterschiedlich klassifiziert und bewertet Wenn
verschiedene Fördermöglichkeiten diskutiert werden, lässt sich jedoch immer
häufiger in der neusten Fachliteratur der Begriff „evidenzbasierte Intervention“
(EBI) finden (Bölte, 2009c; Freitag, 2008a; Baude & Noterdaeme, 2010a;
Poustka, 2009; Steinhausen, 2010).
4 Im weiteren Verlauf der Arbeit wird nur auf die Förderung von Kindern eingegangen.
Förderprogramme für Jugendliche und Erwachsene werden nicht thematisiert.
5 Mehr zur aktuellen Diskussion in Deutschland in Kapitel 5.
14
3.1 Evidenzbasierte Intervention
Evidenz wird im wissenschaftlichen Kontext durch objektive und quantitative
Empirie erreicht. Unter evidenzbasierten Interventionen werden demnach „alle
Maßnahmen
zusammengefasst,
für
welche
ausreichende
datengestützte
Hinweise der Wirksamkeit vorliegen“ (Bölte, 2009c, S. 221). Bölte geht davon
aus, dass evidenzbasierte Interventionen die „bestmögliche Strategie der
allgemeinen
Absicherung
und
Rechtfertigung
von
Maßnahmen
in
der
Gesundheitsversorgung und sozialen Integration“ sind (Bölte, 2009c, S. 226). Es
existieren vier Evidenzstufen6, wobei diese das „Maß der wissenschaftlichen
Grundlage einer spezifischen Therapie“ (Freitag, 2008a, S. 83) benennen. Das
am häufigsten verwendete System zur Gradierung von Evidenz ist das der
Canadian Task Force of the Periodic Health Examination (Bölte, 2009c), das
sechs Evidenzgrade von Ia (höchste Evidenz) bis IV (niedrigste Evidenz)
definiert. Freitag fasst die vier Stufen wie folgt zusammen:
„Stufe I
Es gibt ausreichend Nachweise für die Wirksamkeit aus systematischen
Überblicksarbeiten
(Meta-Analysen)
über
zahlreiche
randomisiert-
kontrollierte Studien;
Stufe II
Es
gibt
Nachweise
für
die
Wirksamkeit
aus
zumindest
einer
randomisierten, kontrollierten Studie;
Stufe III
Es gibt Nachweise für die Wirksamkeit aus methodisch gut konzipierten
Studien ohne randomisierte Gruppenzuweisung;
Stufe IVa
Es gibt Nachweise für die Wirksamkeit aus klinischen Berichten und
Fallbeschreibungen;
Stufe IVb
Meinung
respektierter
Experten,
basierend
auf
klinischen
Erfahrungswerten bzw. Berichten von Expertenkommitees“ (Freitag,
2008a, S. 83-84).
Die aktuellste Einteilung der Therapieverfahren hinsichtlich ihrer empirisch
ermittelten Effektivität präsentierte Noterdaeme am 9.April.2011 während der
6 Der Begriff Evidenzstufen und Evidenzgrade wird synonym verwendet.
15
„Pädiatrietag 2011“ in Bamberg in einem Vortrag mit dem Titel „AutismusSpektrum-Störungen – ein Überblick zum aktuellen Forschungsstand“. In der
zum Vortrag ausgehändigten Zusammenfassung veröffentlicht sie folgende
Übersicht zu Therapieverfahren bei ASS (Noterdaeme, 2011):
Empirisch gut abgesicherte verhaltenstherapeutische
und
anerkannt
Verfahren
und
wirksame Therapieprogramme, auch im Rahmen von
Verfahren (Evidenzgrad II)
Frühförderprogrammen,
psychoedukative
Programme wie TEACCH7, Medikation der
Begleitsymptome,
Empirisch
mäßig Training der sozialen Kompetenz, auch anhand
abgesicherte Verfahren, aber von Theory-of-Mind-Trainings, Social Stories,
potenziell
wirksam gruppentherapeutische Angebote,
(Evidenzgrad III – IV)
Empirisch
nicht Ergotherapie,
abgesicherte, aber potenziell Reittherapie,
wirksame Verfahren
Logopädie,
vor
allem,
Behandlungseinheiten
Physiotherapie,
wenn
in
die
lerntheoretische
Elemente eingebaut werden,
Zweifelhafte Methoden ohne Festhaltetherapie,
Diäten,
empirische Absicherung und Mineralstofftherapien,
ohne
Vitamin-
Sekretin,
und
auditives
wissenschaftlich Integrationstraining, Irlen-Therapie
fundierten Hintergrund
Abbildung 2: Evidenzgrade (Noterdaeme, 2011)
Ähnliche Einteilungen lassen sich bei zahlreichen weiteren Autor/innen finden
(Bölte, 2009c; Poustka, 2008), wobei es insbesondere bei der Nennung der
empirisch nicht abgesicherten Verfahren Unterschiede gibt. Dies lässt sich auf
die große Fülle an möglichen therapeutischen Interventionen bei ASS
zurückführen. Bölte differenziert bei den empirisch gut abgesicherten und
anerkannt wirksamen Verfahren noch präziser. Seiner Aussage nach erreichen
lediglich
drei
Konzepte
zur
Therapie
von
Menschen
mit
ASS
Evidenzgradierungen im Bereich von IIa: Applied Behavior Analysis (ABA),
TEACCH und PECS (Bölte, 2009c).
Ospina und Andere veröffentlichten 2008 eine klinisch-systematische Übersicht
aller Wirksamkeitsstudien zu gängigen Therapieverfahren bei ASS. Die
7 Treatment and Education of Autistic and related Communication handicapped Children
16
Metaanalyse ergab eine klare Evidenz (IIa) für verhaltenstherapeutische
Verfahren sowie eine mäßige Evidenz (IV) für TEACCH, PECS und für eine
Medikation der komorbiden Symptomatik (Ospina u. a., 2008).
Seida u. a. veröffentlichten 2009, anknüpfend an die Übersicht von Ospina u. a.
eine Zusammenschau der Arbeiten und konnten die Ergebnisse bestätigen
(Seida u. a., 2009).
Die erste deutsche Studie zu Therapieverfahren bei ASS wurde 2009 am Institut
Health Technology Assessment (HTA), das ein Teil des Institute for Medical
Documentation and Information (DIMDI) darstellt unter der Schirmherrschaft des
Bundesministeriums für Gesundheit veröffentlicht. Auch diese Studie stellte fest,
dass die höchste Evidenz für ABA vorliegt und „verhaltensanalytische
Interventionen, basierend auf dem Lovaas-Modell weiterhin als die am besten
empirisch
abgesicherten
Frühinterventionen
angesehen werden“
können.
(Weinmann, Begemann, Roll, Willich & Greiner, 2009). Weiterhin fand die Studie
heraus, dass „Vorschulkinder mit Autismus (…) durch verhaltensbasierte
Interventionen mit einer Mindestintensität von 20 Stunden pro Woche
Verbesserungen in kognitiven und funktionalen Bereichen (expressive Sprache,
Sprachverständnis und Kommunikation) erreichen“ (Weinmann u. a., 2009, S. 2)
können.
Aufgrund von bislang fehlenden Studien bleibt jedoch weiterhin unklar, welche
Rolle die Dauer, die Intensität und die Form der verhaltenstherapeutischen
Intervention, das Alter der Kinder bei Förderungsbeginn und die Art der gestellten
Diagnose spielen (Weinmann u. a., 2009).
3.2 Allgemeine Interventionsrichtlinien
In Zusammenhang mit den oben aufgeführten Evidenzgradierungen hat die
Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und
Psychotherapie 2007 grundlegende Leitlinien zur Intervention der Menschen mit
ASS
publiziert.
Diese
Leitlinien
der
Wissenschaftlichen
Medizinischen
Fachgesellschaften sind systematisch entwickelte Hilfen für Ärztinnen und Ärzte
und Therapeut/innen zur Entscheidungsfindung in spezifischen Situationen. Für
Menschen mit ASS ergeben sich folgende Paradigmen:
17

Die Behandlung soll so früh wie möglich beginnen und über einen
längeren Zeitraum durchgeführt werden.

Die Eltern müssen ausführlich über ASS und über die (zusätzlichen)
Entwicklungsdefizite ihres Kindes aufgeklärt und beraten werden.

Im Einzelfall ist eine zusätzliche medikamentöse Behandlung komobider
Symptome hilfreich.

Die effektive Entlastung der Familie und der engen Bezugspersonen sollte
frühzeitig ein bedeutender Bestandteil des Therapieplans sein.

Eine gezielte Therapie soll sich auf die Entwicklung der sozialen
Wahrnehmung, sowie auf soziale Fertigkeiten, die Kommunikation und
die Sprachförderung beziehen.

„Dem Einsatz verhaltenstherapeutischer Techniken (…) kommt ein
besonderer Stellenwert zu.“ (Amorosa, 2007, S. 233)
Zusätzlich führen Baude und Noterdaeme folgende Überlegungen an, die bei
dem Entscheidungsprozess für eine geeignete Therapie hilfreich sein können
(Baude & Noterdaeme, 2010b):

Die Eltern sollen eine Komplianz hinsichtlich der geplanten Maßnahmen
zeigen.

Die Therapieziele sollen konkret sein und in einem überschaubaren
Zeitrahmen erreicht werden können; der Erfolg soll überprüfbar sein.
18
4. Applied Behavior Analysis (ABA) und Verbal Behavior (VB)
Anspruch der vorliegenden Arbeit ist es nicht, alle Interventionsformen für ASS
zu
erläutern,
zu
vergleichen
und
hinsichtlich
ihres
Evidenzgrades
zu
untersuchen. Dies würde den Umfang einer Masterarbeit weit übersteigen.
Vielmehr
soll
im
Folgenden
verhaltenstherapeutische
auf
das
Verfahren
nach
Stufe
Applied Behavior
IIa
evidenzbasierte
Analysis
(ABA)
in
Verbindung mit Verbal Behavior (VB) und die Anwendbarkeit für Kinder mit ASS
eingegangen werden. Diese Interventionsmethode entspricht den Leitlinien der
deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und
Psychotherapie.
4.1 Der Begriff Verhaltenstherapie
Um das Prinzip von ABA verständlich zu machen, wird zunächst das zugrunde
liegende
Konzept
klinischem
Psychologie
der
Wörterbuch
Verhaltenstherapie
ist
die
Verhaltenstherapie
(Verhaltensforschung
psychotherapeutisches Verfahren;
erläutert.
und
Laut
ein
Pschyrembels
„auf
Lerntheorien)
empirischer
basierendes
Verhalten und Erleben werden durch
störungsspezifische und -übergreifende Verfahren konkret und operationalisiert
modifiziert.
Nach
Störungsdiagnostik
und
individueller
Verhaltens-
und
Problemanalyse setzt Verhaltenstherapie an prädisponierenden, auslösenden
und/oder aufrechterhaltenden Störungsbedingungen an. Verhaltenstherapie ist
stark handlungsorientiert, interveniert häufig auch außerhalb von Praxis oder
Klinik, bemüht sich um Transparenz gegenüber Patienten und ein Verständnis
als Hilfe zur Selbsthilfe“ (Pschyrembel, 2007, S. 83).
Der Begriff der Verhaltenstherapie wurde, basierend auf den Erkenntnissen der
behavioristischen Lerntheorien, die sich auf Pawlow und Skinner zurückführen
lassen, in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts erstmalig verwendet. Ab
1960 wurde der Begriff von Eysenck verbreitet.
Die
Grundsätze
der
Verhaltenstherapie
gehen
auf
die
frühe
Assoziationspsychologie von Ebbinghaus und Müller zurück (Matzies, 2004).
Pawlow griff zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts die Überlegungen von
Ebbinghaus und Müller auf und entwickelte daraus die Theorie der Klassischen
Konditionierung, die auch als „Reiz-Reaktions-Lernen“ oder „Respondentes
Lernen“ bezeichnet wird. Lebewesen reagieren instinktiv auf äußere Reize. Diese
instinktiven Reaktionen können mit anderen Reizen verknüpft und so für
Lerneffekte genutzt werden (Gudjons, 2008). Darauf aufbauend stellte Skinner
19
einige Jahre später fest, dass nicht nur Instinkte, sondern auch die Reaktionen
der Umwelt Lerneffekte hervorrufen. Das Individuum wirkt Skinner zufolge aktiv
mit seinem Verhalten auf seine Umwelt ein und erwirkt Reaktionen. Diese
Konsequenzen bestimmen im Weiteren die Häufigkeit des Auftretens eines
Verhaltens. Skinner versuchte, die Auftretenswahrscheinlichkeit bestimmter
Verhaltensweisen zu beeinflussen. Mit Hilfe so genannter Verstärkung oder
Bestrafung gelang ihm das. Er nannte den Vorgang „operantes Konditionieren“
(Gudjons, 2008; Zimbardo & Gerrig, 2004). Verhaltenstherapien nutzen so
definierte Lernvorgänge, um sozial erwünschtes Verhalten aufzubauen und
sozial
unerwünschtes
Verhalten
zu
verlernen.
„Kernprinzip
der
verhaltenstherapeutischen Intervention ist die Modifikation des Verhaltens mittels
der Prozesse des Neulernens, Verlernens und Umlernens, da Verhalten als
Ergebnis von Lernprozessen aufgefasst wird“ (Matzies, 2004, S. 63).
Nach Petermann ist eine verhaltenstherapeutische Behandlung bei einer Vielzahl
von Diagnosen in der klinischen und therapeutischen Praxis indiziert (Petermann,
2006).
4.2 Verhaltenstherapie für Kinder mit ASS
Lovaas, ein norwegischer Forscher, war der erste Wissenschaftler, der sich ab
1964 die Prinzipien der verhaltenstherapeutischen Intervention für die Therapie
von Kindern mit ASS zunutze machte. Bis zu seinem Tod im August 2010 war
Lovaas Professor für Psychologie an der Universität von Los Angeles (UCLA)
und arbeitete an der Verbesserung seiner verhaltenstherapeutisch orientierten
Programme für Kinder mit ASS. Unter der Lovaas-Therapie versteht man eine
früh
einsetzende,
zeitlich
intensive
Verhaltenstherapie,
die
alle
Entwicklungsbereiche des Kindes umfasst, und die das von Lovaas entwickelte
Curriculum verfolgt (Früh, 2002).
Lovaas stützte sich bei der Entwicklung dieser Therapie auf Ferster, der
zusammen mit Skinner an der Entwicklung des Modells der operanten
Konditionierung gearbeitet hatte. Lovaas war der erste Wissenschaftler, der die
Ursachen von ASS nicht im emotionalen Bereich suchte, sondern Autismus als
Lernproblem ansah: “Most professionals viewed autistic children‟s problems as
an indicative of an underlying emotional disturbance, but Ferster suggested, that
their problems could instead be viewed as a failure to learn“ (Lovaas & Smith,
1989, S. 23). Da Kinder mit ASS, so Lovaas, nicht genügend vom
Verstärkerangebot ihrer Umwelt profitieren, müssen diesen Kindern primäre
Verstärker angeboten werden, um ihnen die Lernprozesse zu erleichtern.
20
An diese Theorie knüpften Lovaas und Smith 1989 mit ihrer „Comprehensive
Behavioral Theory of Autism“ an. Diese Theorie bildet die Grundlage für die
Lovaas-Therapie.
Um Lovaas‟ Interventionsansatz zu verstehen, muss vorab sein Verständnis von
Autismus geklärt werden. Lovaas und Smith beschreiben Autismus als eine
„multiplicity of behavior problems with a multiplicity of etiologies“(Lovaas & Smith,
1989, S. 19). Aus diesem Grund ist es ihrer Meinung nach schwierig, eine
Theorie zur Erklärung von Autismus zu formulieren, die Grundlage für eine
Intervention sein kann. Sie schreiben die bisherigen Schwierigkeiten, die
Ätiologie
der
autistischen
Störungen
zu
erforschen
und
effektive
Interventionsmethoden zu entwickeln, hauptsächlich zwei Gründen zu: Zum
Einen führen sie sie auf die große Heterogenität des autistischen Spektrums
zurück; zum Anderen weisen sie auf die Ähnlichkeit von autistischen
Verhaltensweisen mit „normalem“ Verhalten in der frühen Kindheit hin. Demnach
betrachten sie Autismus als ein hypothetisches Konstrukt, welches die
Forschung und Therapie erleichtern soll (Lovaas & Smith, 1989).
Da das Konstrukt Autismus so wenig greifbar erscheint, teilen sie es in kleine
Einheiten.
Arbeitsgrundlage
seien
demzufolge
einzelne,
spezifische
Verhaltensweisen des jeweiligen Kindes, die analysiert und einzeln therapiert
werden müssten. Der Therapieplan müsse, so Lovaas und Smith, auf induktivem
Wege individuell, auf der Basis von einzelnen Beobachtungen, auf das Kind
ausgerichtet werden. Im Vergleich zum deduktiven Vorgehen ergebe sich hierbei
ein umfassenderes Bild jedes einzelnen Kindes mit seinen Fähigkeiten und
Problemen. In ihrer Comprehensive Behavioral Theory of Autism gehen die
beiden Forscher von vier Grundsätzen aus:
1. Die behavioristische Lerntheorie kann das Verhalten autistischer Kinder
erklären und ist deshalb als Basis für die verhaltenstherapeutische
Intervention geeignet.
2. Die Auftretenswahrscheinlichkeit einer bestimmten Verhaltensweise hängt
von der Verstärkung sowie von negativen Sanktionen durch die Umwelt
ab.
3. Kinder mit Autismus haben viele verschiedene Schwierigkeiten, die
insgesamt als Entwicklungsverzögerung und nicht als Krankheit zu sehen
sind.
21
4. Kinder mit Autismus zeigen eine Vielzahl von Verhaltensschwierigkeiten,
die jede für sich, Schritt für Schritt, angegangen werden müssen, damit
sich das gesamte Verhalten ändert (Lovaas & Smith, 1989).
Auf der zusammen mit Smith erarbeiteten theoretischen Basis erstellte Lovaas
ein Programm speziell zur Förderung von Kindern mit Autismus und anderen
Entwicklungsverzögerungen. Dieses wurde im Laufe der Jahre sowohl von
Lovaas und seinem Forscher/innenteam als auch von anderen Autor/innen
modifiziert. In dem 1981 veröffentlichten Handbuch für Eltern und Lehrkräfte
„Teaching Developmentally Disabled Children: The ME Book“ (Lovaas, 1981)
werden die elementaren Prinzipien der Lovaas-Therapie, das Vorgehen, sowie
die
Basisprogramme
dargestellt.
Durch
den
1993
veröffentlichten
Erfahrungsbericht von Catherine Maurice „Ich würde euch so gerne verstehen“,
in dem sie beschreibt wie sie die Prinzipien der Lovaas-Therapie bei ihren zwei
Kindern mit ASS anwendete und sie dadurch von der Diagnose Autismus
„befreite“, stieg das internationale Interesse an ABA für Kinder mit ASS (Maurice,
1995). Zahlreiche Forscher/innen beschäftigten sich in den darauffolgenden
Jahren mit der Lovaas-Therapie und seiner Anwendung bei Kindern mit ASS.
1996 veröffentlichte Maurice in Zusammenarbeit mit Green und Luce dann ein
auf den Prinzipien der Lovaas-Therapie basierendes Handbuch mit dem Titel
„Behavioral Intervention for Young Children with Autism“ (Maurice, Green, &
Luce, 1996). Dieses bietet einen Leitfaden für die Lovaas-Therapie mit vielen
praktischen Tipps für die Anwendung. 1999 wurden die Handbücher von Leaf &
McEachin weiterentwickelt und unter dem Namen „A Work in Progress“
herausgegeben (Leaf & McEachin, 1999).
2003 erschien eine überarbeitete Neuauflage des ursprünglichen Lovaas-Buches
mit dem Titel „Teaching Individuals with Developmental Delays: Basic
Intervention Techniques“ (Lovaas, 2003). Im Vergleich zum Handbuch von 1981
wurden einige Lehrmethoden und die Inhalte der Einzelprogramme verändert. Im
Vorwort von 2003 wird zudem auf ein ergänzendes Handbuch verwiesen, das
Programme für Fortgeschrittene enthalten und in Kürze erscheinen sollte8.
Die Lovaas-Therapie ist auch unter den Begriffen Early Intensive Behavioral
Intervention (EIBI) oder Intensive Behavioral Treatment (IBT) bekannt. Zudem
wird sie häufig auch unter dem Begriff ABA geführt.
8 Aufgrund seines Todes wurde das Buch bislang jedoch nicht veröffentlicht.
22
4.3 Definition Applied Behavior Analysis (ABA) und Verbal Behavior (VB)
Auf
Grundlage
der
oben
beschriebenen
allgemeinen
Prinzipien
der
Verhaltenstherapie, insbesondere für Kinder mit ASS, werden nun die Begriffe
Applied Behavior Analysis und Verbal Behavior erläutert. Anschließend werden
die in der ABA/VB-Intervention verwendeten grundlegenden Konzepte und
Methoden aufgeführt.
4.3.1 Definition Applied Behavior Analysis (ABA)
Wörtlich ins Deutsche übersetzt bedeutet bedeutet Applied Behavior Analysis
(ABA) „angewandte Verhaltensanalyse“. Dieser Begriff ist sehr allgemein und
weit gefasst und bezeichnet die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der
Verhaltensänderung von Menschen und Tieren. ABA ist eine Form der
Verhaltenstherapie, die die Anwendung operanter Lernmethoden beinhaltet, sich
jedoch nicht nur auf diese beschränkt (Matson, 2009; Alberto, 2000; Austin,
2000). „Bei der ABA werden Lerntheorien aus der experimentellen Psychologie
angewendet,
um
systematisch
Verhaltensveränderungen
herbeizuführen“
(Weinmann u. a., 2009, S. 27). ABA ist eine analytische und angewandte
Wissenschaft, die von Baer, Wolf und Risley in dem 1986 veröffentlichen Artikel
im
Journal of
Applied Behavior
Analysis
durch sieben grundsätzliche
Dimensionen definiert wird.
Nach Baer, Wolf und Risley ist ABA angewandt (applied), verhaltensorientiert
(behavioral), analytisch (analytic), technologisch (tecnological), systematisch
(conceptually systematic), effektiv (effective) und allgemeingültig (generality)
(Baer, Wolf, & Risley, 1968, S. 95). Die folgenden Definitionen der
grundlegenden Charakteristika helfen, ABA als eine Methodologie zu definieren
„that can select change and evaluate human behavior“ (Matson, 2009, S. 17).
Diese Elemente werden im nachfolgend im Einzelnen erläutert:
Angewandt (applied)
Eine Förderung nach ABA sollte angewandt sein. Dies bedeutet, dass “the
behavior or stimulus addressed was chosen because of its importance to
humankind and society, rather than its importance to theory” (Matson, 2009, S.
16). Lehrende sollten sich demnach „um funktionale und sozial bedeutsame
Therapieziele bemühen“ (Bernard-Opitz, 2009, S. 245). Für Kinder mit ASS
bestehen diese vorrangig in der Verbesserung der sozialen Interaktion,
insbesondere der (non)verbalen Kommunikation und des Sozialverhaltens.
23
Verhaltensorientiert (behavioral)
Eine Förderung nach ABA sollte stets auf ein bestimmtes Verhalten bezogen
sein, das verändert werden soll: “the focus should be in what individuals can be
brought to do” (Matson, 2009, S. 16). Zudem sollte das spezifische Verhalten
messbar sein, „um festzustellen ob die therapeutischen Maßnahmen in einem
direkten Zusammenhang mit Verhaltensänderungen stehen“ (Bernard-Opitz,
2009, S. 245).
Analytisch (analytic)
“ABA requires a believable demonstration of the events responsible for the
behavior” (Matson, 2009, S. 16). Lehrende müssen demnach die Beziehung
„zwischen den veränderten Bedingungen und dem Zielverhalten“ (Bernard-Opitz,
2007, S. 245) aufzeigen können.
Technologisch (technological)
Es muss von den Lehrenden sichergestellt werden, dass “the techniques making
up a particular behavioral application are completely identified and described”
(Baer u. a., 1968, S. 95). Somit soll gewährleistet werden, dass auch andere
Lehrende die gleichen Techniken anwenden können und Forscher/innen
Ergebnisse der Förderung replizieren können.
Systematisch (conceptually systematic)
Das Kriterium “conceptually systematic” für ABA soll “tie the technological
description to basic principles of behavior analysis” (Baer u.a., 1968, S. 95).
Demnach müssen die eingesetzten Methoden in einer nachvollziehbaren
systematischen Beziehung zu den theoretischen Konzepten stehen.
Effektiv (effective)
Die eingesetzten verhaltenstherapeutischen Maßnahmen bei ABA sollten „large
enough effects to be of practicable value“ (Baer u. a., 1968, S. 96) produzieren.
Das heißt, dass sie das Verhalten des Kindes mit ASS signifikant verbessern
sollten und diese Verhaltensänderungen sich positiv auf das Kind und seine
Umwelt auswirken sollten.
24
Allgemeingültig (generality)
Die durch ABA erzielten Verhaltensveränderungen sollten dauerhaft und auf eine
Vielzahl von Situationen und anderer ähnlicher Verhaltensweisen übertragbar,
ergo generalisierbar, sein (Matson, 2009).
ABA wird als Überbegriff für eine Vielfalt von Methoden verwendet, die ständig
weiterentwickelt und evaluiert werden. ABA an sich ist demnach keine reine
Fördermethode
für
Kinder
verschiedenen
Arten
von
mit
ASS,
sondern
findet
Entwicklungsstörungen,
Anwendung
Lernschwächen
bei
und
Beeinträchtigungen. Das, was heutzutage unter einer ABA-basierten Förderung
für Kinder mit ASS verstanden wird, enthält grundlegende Aspekte des
ursprünglich von Lovaas entworfenen Therapiekonzeptes, ist jedoch durch
zahlreiche Forscher/innen überarbeitet worden.
Eine häufig verwendete Methode im Zusammenhang mit ABA ist Verbal Behavior
(VB), die im Folgenden erläutert wird.
4.3.2 Definition Verbal Behavior (VB)
Verbal Behavior (VB) 9, zu Deutsch „Sprachliches Verhalten“, geht zurück auf das
Buch „Verbal Behavior“, das 1957 von dem US-amerikanischen Psychologen
Skinner herausgegeben wurde und als eines der bedeutendsten Werke des
Behaviorismus gilt (Skinner, 1957; Barbera & Rasmussen, 2007).
Sein Buch beinhaltet unter anderem eine theoretische Analyse des sprachlichen
Verhaltens aus der Sichtweise der Verhaltensanalyse. Skinners Grundannahme
ist, dass sprachliches Verhalten den gleichen Gesetzmäßigkeiten wie anderes
Verhalten unterliegt. Demnach kann Sprache auch mit den Gesetzmäßigkeiten
von ABA unterrichtet werden. Skinner definiert sprachliches Verhalten nicht nur
als gesprochene Sprache, sondern auch als Zeichensprache, geschriebene und
gedruckte Sprache sowie Gestik (Skinner, 1957). Er beschreibt die Einheiten von
Sprache als verbale Operanten, die „die Beziehung zwischen antezedenter
Motivation
und
steuerbaren
Reizen,
verbalem
Verhalten
und
Verhaltenskonsequenzen“ darstellen (Schramm & Claypool-Frey, 2009, S. 261).
Skinner geht somit davon aus, dass jedes sprachliche Verhalten individuelle
vorausgehende Bedingungen und Konsequenzen hat. Sollte ein Wort in einem
bestimmten Zusammenhang gelernt werden, bedeutet das nicht, dass die
9 ABA/VB wird häufig unter dem Namen ABA oder AVB geführt (Freitag, 2008).
25
Fähigkeit besteht, das Wort auch auf andere Zusammenhänge zu übertragen10.
Skinner definiert mehrere reine verbale Operanten. Die ersten drei zählt er zu
den elementaren verbalen Operanten. Im Folgenden werden diese aufgeführt
und erläutert:
1. Mand
Die Begriffe Mand und Manding sind von Skinner eingeführte
Neologismen, die er von dem englischen Wort „demand“ ableitet, was mit
Forderung oder Bitte übersetzt wird. Er bezeichnet damit die Fähigkeit
nach gewünschten Gegenständen, Aktionen oder Informationen zu
fragen. Demnach hat ein Mand gewöhnlich eine bestimmte Konsequenz
in der Umwelt des Sprechers zur Folge. Ein Beispiel für Manding wäre:
Jan sagt zu seiner Mutter: „Ich will ein Bonbon haben!“. Die Mutter
gibt ihm ein Bonbon.
2. Tact
Tact oder Tacting wird mit Benennen oder Bezeichnen übersetzt.
Demnach wird ein Tact als die Fähigkeit definiert, Objekte, Handlungen
und Ereignisse verbal zu erkennen (Schramm, 2007). Ein Beispiel hierfür
wäre:
Jan sieht ein Bonbon und sagt zu seiner Mutter: „Das ist ein
Bonbon.“
3. Intraverbal
Dieser verbale Operant bezeichnet die Fähigkeit, Fragen zu beantworten
oder Unterhaltungen zu führen. Beim intraverbalen Verhalten werden
Worte durch andere Worte beherrscht. Ein Beispiel wäre:
Jan sagt zu seiner Mutter: „Ich habe heute ein Bonbon
bekommen.“ Die Mutter antwortet: „Schön, von wem denn?“. Jan
sagt: „Von Lisa.“
10 So kann ein Kind, das Keks sagt, weil es hungrig ist, nicht zwangsläufig auch Keks sagen, wenn
es nicht hungrig ist und einen Keks sieht .
26
4. Codic
a. Textual
Der verbale Operant Textual bedeutet soviel wie Textkenntnis. Er
bezeichnet die Fähigkeit, geschriebene Wörter zu lesen.
b. Transcription
Transcritption wird mit Übertragung übersetzt. Dieser verbale Operant
bezeichnet die Fähigkeit, gehörte oder gesehene Wörter zu
schreiben, zu tippen oder mit den Fingern zu buchstabieren.
5. Dublic
a. Echoic
Der verbale Operant Echoic (zu Deutsch ‚echoartig‟) bezeichnet die
Fähigkeit, etwas zuvor Gehörtes (teilweise) zu wiederholen. Ein
Beispiel wäre:
Die Mutter sagt: „Bonbon heißt auf Englisch candy“. Jan
wiederholt: „candy“.
b. Mimetic
Mimetic betrifft die Imitation und ist dem verbalen Operant Echoic
sehr ähnlich. Er bezeichnet die Fähigkeit eine zuvor gesehene
motorische Handlung zu imitieren (Skinner, 1957).
Verbale Operanten treten in der alltäglichen Sprache in reiner Form eher selten
auf. Häufiger treten sie in verschiedenen Kombinationen auf. So würde
beispielsweise die Situation, wenn Jan ein Bonbon sieht und seine Mutter
daraufhin fragt, ob er eins haben darf, als Mand-Tact bezeichnet werden. Die
Situation, wenn Jan ein Bonbon sieht, die Mutter ihn fragt was er möchte, und
Jan mit „Bonbon“ antwortet, würde als Intraverbal-Mand-Tact bezeichnet werden
(Frost & Bondy, 2006).
Skinners Vermutung, dass (reine und komplexe) verbale Operanten funktionell
unabhängig erworben werden (Skinner, 1957; 2009) konnte mittlerweile durch
zahlreiche Forschungsstudien belegt werden (Schramm & Claypool-Frey, 2009).
Demnach muss jeder einzelne verbale Operant als abhängig von den
Umweltbedingungen und als das Produkt einer bestimmten Situation betrachtet
werden. Die Umweltbedingungen bewirken dabei, ob und wann der Operant
geäußert wird.
27
Die Wissenschaftler Sundberg und Partington und ihr Forscher/innenteam
erkannten erstmals die Möglichkeit, mit den Erkenntnissen der verbalen
Operanten aus Skinners Buch Applied Behavior Analysis für Kinder mit ASS zu
verbessern und zu ergänzen. Sie gehen davon aus, “that language is behavior
that is primarily caused by environmental variables such as reinforcement,
motivation, extinction and punishment” (Sundberg & Partington, 1998, S. 98).
Aus diesem Grund sollte Sprache so früh wie möglich mit den Methoden von
ABA erlernt werden, da sonst die Gefahr besteht, dass verschiedene Formen von
sozial unerwünschtem Verhalten die Hauptformen der Kommunikation für Kinder
mit ASS darstellen (Sundberg & Partington, 1998).
Traditionelle ABA-Ansätze differenzieren lediglich zwischen rezeptiver und
expressiver Sprache. Das Kind soll zunächst ein rezeptives Sprachverständnis
entwickeln. Dieses soll dann im Verlauf der Förderung mithilfe der ABAPrinzipien zur expressiven Sprache weiterentwickelt werden.
Der Verbal-Behavior-Ansatz hingegen legt den Schwerpunkt zunächst auf die
Förderung der grundlegenden expressiven Sprache und unterrichtet Sprache
nicht nach Form (rezeptiv und expressiv) sondern in all ihren Funktionen, die
anhand der verbalen Operanten definiert werden (Barbera & Rasmussen, 2007).
“Verbal Behavior (VB) is based on ABA principles but is focused on the
acquisition of functional language“ (Matson, 2009, S. 72).
Somit bietet der VB-Ansatz „eine verhaltensanalytische Intervention (…) im
Rahmen der Applied Behavior Analysis“ (Schramm & Claypool-Frey, 2009,
S.260), die sowohl Methoden von ABA als auch Skinners Analyse des
Sprachverhaltens
und
der
Motivationsvorgänge11
verwendet.
Durch
die
Weiterentwicklung von ABA durch den VB-Ansatz können „motivationale
Faktoren und das Unterrichten von kommunikativen und sozialen Fähigkeiten“
(Schramm & Claypool-Frey, 2009, S. 260) stärker gewichtet werden.
Da die Kommunikation und die soziale Interaktion meist die größten Probleme im
alltäglichen Leben der Kinder mit ASS darstellen, ist eine Fokussierung auf den
sprachlichen Bereich als sinnvoll zu erachten (Freeman, 1997). Daher
repräsentiert der VB-Ansatz eine erfolgversprechende Ergänzung, in der
Förderung von Kindern mit ASS.
11 Dieser Begriff wird in Kapitel 4.4.1.1.2 im Zusammenhang mit dem ABC-Modell noch genauer
erläutert.
28
Die Effizienz von ABA in Verbindung mit dem VB-Ansatz konnte durch mehrere
systematische Fallstudien bestätigt werden (Matson, 2009). Diese Fallstudien
weisen
aufgrund
ihrer
Methodik
jedoch
keine
wissenschaftliche
Evidenzgradierung auf.
4.4 Funktionale Verhaltensanalyse
Im Folgenden werden die Grundlagen von ABA/VB sowie die spezifischen
eingesetzten Fördermethoden beschrieben12.
Die Verhaltensanalyse ist die grundlegende Methode bei ABA/VB und stellt ein
wichtiges diagnostisches Verfahren in der Förderplanung dar. Sie hilft, Verhalten
zu strukturieren und zu beschreiben, die Entstehung und Aufrechterhaltung von
Problemen zu erfassen und Veränderungsstrategien abzuleiten. Durand zufolge
sind die Hauptfunktionen von Verhaltensweisen folgende:
 Wunsch nach Aufmerksamkeit,
 Vermeidung von Anforderungen,
 Wunsch nach sensorischer Stimulation,
 Zwänge und
 Zugang zu materieller Verstärkung (Durand, 2003).
ABA/VB ist eine Methode, mit deren Hilfe menschliches Verhalten in Bezug auf
seine Funktionen analysiert werden kann und somit Ansatzpunkte für
Verhaltensänderungen bietet. Es geht folglich nicht um eine objektive Bewertung
des Verhaltens, sondern es wird beobachtet, inwiefern wichtige (Alltags-)
Funktionen ausgeführt werden können. Insbesondere wird der Zusammenhang
zwischen dem Verhalten und den umgebenden Bedingungen analysiert. Beim
ABA/VB-Ansatz wird, anders als bei traditionellen ABA-Ansätzen, insbesondere
auch das verbale Verhalten eines Kindes hinsichtlich formeller und funktioneller
Aspekte analysiert.
„Die Voraussetzung für den Einsatz effektiver therapeutischer und pädagogischer
Maßnahmen ist die Verhaltensanalyse“ (Freitag, 2008a, S. 99). Durch eine
12 Im Folgenden wird stets der Begriff ABA/VB verwendet um das gesamte Konzept von ABA/VB
darzustellen. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass viele Methoden auch beim klassischen ABA,
beim EIBI oder anderen verhaltenstherapeutischen Ansätzen verwendet werden.
29
„möglichst detaillierte, auf das konkrete, beobachtbare Verhalten des Kindes und
seiner Umgebung bezogene Beschreibung“ (Baude & Noterdaeme, 2010a, S.
244) und durch Gespräche mit den Eltern und Bezugspersonen kann eine
umfassende
Verhaltensanalyse
hinsichtlich
der
Funktion
kommt
das
von
Verhalten
durchgeführt werden.
4.4.1 Das ABC-Modell
Bei
der
funktionalen
Verhaltensanalyse
ABC-Modell
zur
13
Anwendung . ABC steht für Antecedent – Behavior - Consequence. Antecedent
(das Vorhergehende) steht hierbei für alles, was sich in der Umgebung des
Kindes befindet, bevor dieses ein Verhalten zeigt. Behavior (Verhalten) ist
sowohl alles, was das Kind tut, als auch jede messbare Bewegung des Kindes.
Consequence (Konsequenz) ist alles, was einem Verhalten des Kindes
unmittelbar folgt (Verstärkung, Bestrafung, Löschung14) (Schramm, 2007).
Ausgehend vom ABC-Modell werden bei der Analyse des Verhaltens eines
Kindes drei Fragen gestellt:

Was hat das konkrete Verhalten des Kindes ausgelöst oder welche
Situation ging dem konkreten Verhalten des Kindes unmittelbar voraus?

Mit welchem Verhalten reagiert das Kind?

Welche Konsequenz folgt der konkreten Verhaltensweise?
Durch die Aufschlüsselung in diese Komponenten kristallisieren sich Faktoren
heraus, die das Verhalten des Kindes beeinflussen. Werden diese Faktoren
verändert, wird sich auch das Verhalten des Kindes verändern (Schramm, 2007).
Das zugrunde liegende zentrale Konzept ist, dass jedes Verhalten erlernt ist und
dass Verhalten (B) durch vorhergehende Umweltfaktoren (A) und Konsequenzen
(C) determiniert ist.
13 In diesem Zusammenhang wird häufig auch das S-O-R-C-K Modell benannt, welches die
gleichen Aspekte wie das ABC-Modell enthält: Eine bestimmte Person mit spezifischen
biologisch/physiologischen sowie psychosozialen Organismuseigenschaften (O) zeigt ein
bestimmtes Verhalten (Reaktion, R) unter bestimmten situativen Bedingungen (antezendente
Stimuli, S), das durch bestimmte Handlungsfolgen (Consequenes, C) aufrecht erhalten wird, wenn
es regelmäßige und nachvollziehbare Beziehungen zwischen den situativen Bedingungen und dem
Verhalten sowie dem Verhalten und den Konsequenzen gibt (Kontingenz-Kontiguität) (K) (Baude &
Noterdaeme, 2010a; Freitag, 2008).
14
In Kapitel 4.4.1.2 werden diese Begriffe noch näher erläutert.
30
Verhalten
wird
zunächst
systematisch
beobachtet;
dann
werden
die
Umweltbedingungen, die mit diesem Verhalten in Zusammenhang stehen
könnten, experimentell verändert. Ziel ist eine Modifikation des zunächst
gezeigten Verhaltens - nicht durch direkte Intervention, sondern mittelbar durch
Stimulation und Motivation, die sich aus den veränderten Umweltbedingungen
ergeben (Moln r, 2005). Es handelt sich somit um eine Form des operanten
Konditionierens, das jedoch der Initiative der Kinder verstärkt Raum lässt. Das
ABC-Modell, das häufig auch als Vierfach-Kontingenz bezeichnet wird, beinhaltet
verschiedene Faktoren die im folgenden Schaubild dargestellt sind und
anschließend erläutert werden.
Abbildung 3: Das ABC-Modell (Schramm, 2009)
4.4.1.1 Antecedent (A)
Das Wort Antezedenz leitet sich vom lateinischen Wort „antecedes“ ab, was mit
„das Vorausgehende“ oder „Ursache“ übersetzt wird. Beim ABC-Modell, das bei
der funktionalen Verhaltensanalyse bei ABA/VB angewandt wird, zählen zu den
Antezedenzien
 der Stimulus Discriminativus (diskriminativer Stimulus; SD),
 Motivating Operations (MO), sowie
 Prompts (Hilfestellungen).
31
4.4.1.1.1 Stimulus Diskriminativus (SD)
Ein Stimulus Diskiminativus (SD), ein diskriminativer Reiz, ist alles, was in der
Vergangenheit kontinuierlich ein spezielles Verhalten hervorgerufen hat. Somit
signalisiert ein SD dem Kind, „dass aktuell eine Bedingung gegeben ist, unter der
(…) eine Verstärkung erfolgen kann“ (Mietzel, 2007, S. 166). Im Rahmen von
ABA/VB ist der SD meist eine Aufforderung oder eine Instruktion. Ein SD
signalisiert somit die Verfügbarkeit einer Konsequenz, hat jedoch keinen Einfluss
auf den Wert der Konsequenz (Schramm, 2007).
4.4.1.1.2 Motivating Operation (MO)
Die Motivation eines Kindes ist für ein erfolgreiches Förderprogramm sehr
wichtig.
Durch
die
Fokussierung
der
ABA-Forschung
auf
Verhaltenskonsequenzen wurden Motivationsvorgänge in wissenschaftlicher
Forschung und Praxis jedoch in den letzten zwanzig Jahren vernachlässigt
(Schramm & Claypool-Frey, 2009). Der VB-Ansatz berücksichtigt neben den
nach Skinner definierten verbalen Operanten auch die so genannten Motivating
Operations (MO).
Der Begriff ‚Motivating Operations‟ (MO), zu Deutsch „Motivationsfaktoren“
(Danne, 2009), wurde von Laraway, Snycerski, Michael und Poling 2003
erstmalig definiert und verwendet (Laraway, Snycerski, Michael & Poling, 2003).
MO
sind
Umgebungsvariablen,
die
die
Wirksamkeit
eines
Verstärkers
beeinflussen können. Es gibt mehrere Arten von MO; die wichtigsten sind die
Abolishing Operation (AO) und die Establishing Operation (EO).
AO vermindern die Wirksamkeit eines Verstärkers: Dies kann zum Beispiel durch
die (Über)sättigung mit Nahrungsmitteln oder durch einen vorhergegangenen
Überfluss entstehen15. EO erhöhen die Wirksamkeit eines Verstärkers durch
beispielsweise vorherigen Entzug oder Mangel16 (Danne, 2009; Schramm, 2007).
MO beeinflussen folglich (negativ und positiv) den Wert einer Konsequenz.
Wird der Wert einer Konsequenz durch einen EO positiv beeinflusst, demnach
gesteigert, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines durch den
diskriminativen Stimulus geforderten Verhaltens. Dies wird als evokative Wirkung
15 Wenn ein Kind beispielsweise schon zehn Kekse gegessen hat oder stundenlang mit einem
Auto gespielt hat, vermindert dies den Wert des Kekses und des Autos als Verstärker.
16 Wenn ein Kind beispielsweise schon eine gewisse Zeit lang keine Kekse gegessen hat und
hungrig ist oder seit längerem nicht mehr mit seinem Lieblingsauto gespielt hat, wird dies den
Verstärkungswert des Kekses und des Autos erhöhen.
32
bezeichnet. Wird der Wert einer Konsequenz durch einen AO negativ beeinflusst,
demnach vermindert, verringert sich die Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines
durch den SD geforderten Verhaltens. Dies wird als abative Wirkung bezeichnet
(Schramm & Claypool-Frey, 2009).
Bei den MO wird zudem zwischen unkonditionierten (ungelernten, angeborenen)
MO (Unconditioned MO; UMO) und konditionierten (erlernten) MO (Conditioned
MO; CMO) unterschieden. UMO sind Schramm und Claypool-Frey zufolge
Bedürfnisse, wie Essen, Trinken, Schlafen, Bewegung, Sex, Wärme, Kälte, Luft
und
Schmerzminderung;
demnach
alle
Bedürfnisse,
die
mit
der
Überlebensnotwendigkeit zu tun haben (Schramm & Claypool-Frey, 2009).
CMO sind ehemals neutrale Reize, die durch Zusammenführung mit einem
anderen MO oder durch Erfahrung zu einem CMO werden. CMO lassen sich in
drei weitere Arten einteilen:

Surrogate CMO (Ersatz-CMO; CMO-S)
o Ehemals
neutrale
Ereignisse
erhalten
“durch
ihre
Wechselbeziehung mit einem UMO oder bereits bestehenden
CMO ähnlich motivierende Wirkung” (Schramm & Claypool-Frey,
2009, S. 261).

Reflexive CMO (CMO-R)
o Ein Stimulus, „dessen Anwendung die Motivation erzeugt,
ebendiesen
Stimulus
zusammen
mit
der
möglicherweise
nachfolgenden aversiven Situation zu vermeiden“ (Danne, 2009,
S. 18).

Transitive CMO (CMO-T)
o Transitive CMO sind MO die von einem neutralen Objekt oder
einer neutralen Aktivität auf ein anderes Objekt oder eine andere
Aktivität übertragen werden. CMO werden vermehrt bei ABA/VB
eingesetzt und auch als Stiumuls-Stimulus-Pairing bezeichnet
(Schramm & Claypool-Frey, 2009). Wie mithilfe von transitiven
CMO ein positiver Beziehungsaufbau gefördert werden kann, wird
in Kapitel 4.5.5 ausführlich erläutert.
33
4.4.1.1.3 Prompt
Das dritte Merkmal der Antezedenzien beim ABC-Modell ist das Prompt
(Hilfestellung). Ein Prompt ist definiert als alles, was einem SD hinzugefügt wird,
um dem Kind zu helfen, die Zielreaktion zu zeigen (Schramm, 2007). Nach
Schramm existieren verschiedenen Formen des Prompts, die sich in zwei
Oberkategorien einteilen lassen (physische und verbale Prompts) und an dieser
Stelle kurz aufgeführt werden. Die Prompts sind von der stärksten Hilfestellung
zur schwächsten Hilfestellung aufgelistet (Schramm, 2007):
Physische Prompts

Voll physische Prompts
Die Lehrenden geben dem Kind manuelle Hilfestellung bei der
Ausführung der korrekten Reaktion.

Teilweise physische Prompts
Die Lehrenden geben dem Kind teilweise manuelle Hilfestellung bei der
Ausführung der korrekten Reaktion. Das Kind muss die geforderte
Bewegung jedoch selbstständig beenden.

Imitierende Prompts
Die Lehrenden geben dem Kind eine visuelle Demonstration der
gewünschten Antwort, die das Kind nachahmen kann. Voraussetzung ist,
dass das Kind bereits Bewegungen imitieren kann.

Gestik-Prompts
Hierbei wird dem Kind durch Zeigen oder Hinweisen demonstriert, wohin
es sehen soll oder wie es die richtige Reaktion finden kann.

Positions-Prompts
Das Kind soll ein bestimmtes Objekt unter Anderen auswählen. Um
hierbei die Wahrscheinlichkeit einer korrekten Antwort zu erhöhen, wird
das „richtige“ Objekt ein wenig näher am Kind positioniert.
34
Verbale Prompts

Voll echoartige Prompts
Hierbei sagen die Lehrenden das ganze Wort oder den ganzen Satz vor.

Teilweise echoartige Prompts
Hierbei sagen die Lehrenden das Teil eines Wortes oder eines Satzes
vor, was vom Kind wiederholt werden soll.

Direkte verbale Anweisungsprompts
Hierbei sagen die Lehrenden dem Kind genau das, was sie von ihm
möchten. Zum Beispiel: „Gib der Frau die Hand!“

Indirekte verbale Anweisungsprompts
Hierbei sagen die Lehrenden dem Kind etwas, worüber das Kind
nachdenken soll. Zum Beispiel: „Was macht man, wenn man jemanden
trifft, den man kennt?“
Lovaas ergänzt diese Liste noch um zwei weitere Prompt-Arten:

Prompts, die mit einer vorherigen Antwort einhergehen:
Hierbei helfen die Lehrenden, dem Kind die korrekte Antwort zu geben,
indem sie im vorhergehenden Durchgang dem Kind eine Antwort geben,
die das Kind als Hinweis für die nächste Antwort benutzen kann. Zum
Beispiel:
„Welches Tier macht MIAU?“
„Katze.“
„Richtig! Welches Tier hat Fell und jagt Mäuse?“
„Katze.“

Hilfestellung für emotionale Reaktionen:
Zum Beispiel kann ein Kuss auf die Wange, der das Kind kitzelt, ein
Lächeln hervorrufen. Wenn das Lächeln die korrekte Antwort darstellt,
wird es verstärkt (Lovaas, 1981).
Ein Nachteil von Prompts ist, dass das Kind nicht für eine korrekte Antwort,
sondern für eine korrekte Antwort in der Verbindung mit einer Hilfestellung
verstärkt wird. Um die Gefahr abzuwenden, dass das Kind nach einiger Zeit von
35
der
Hilfestellung
abhängig
wird
(Prompt
Dependency),
müssen
die
Hilfestellungen langsam ausgeblendet werden (Prompt Fading). Dies erfolgt
durch eine kontinuierliche Verringerung der Intensität der Hilfestellungen.
Generell sollte stets so viel Hilfestellung wie nötig und so wenig wie möglich
gegeben werden (Schramm, 2007).
4.4.1.2 Consequence (C)
Es gibt drei Arten von Konsequenzen: Verstärkung, Bestrafung und Löschung.
Diese werden im folgenden Absatz ausführlich beschrieben.
4.4.1.2.1 Verstärkung
Es existieren zwei Formen von Verstärkern. Zum einen die primären, ungelernten
Verstärker wie Nahrung oder Wärme, die eher an biologischen Bedürfnissen
ansetzen, zum anderen die sekundären, gelernten Verstärker wie Lob, Lächeln,
Anerkennung, Aufmerksamkeit, Spiele oder Lieblingspersonen, die in ihrer Natur
eher sozial sind.
Durch das wiederholte Zusammenbringen von primären Verstärkern mit
neutralen Stimuli können neue sekundäre Verstärker entstehen (CMO-T; siehe
Kapitel 4.4.1.1.2). Bei ABA/VB wird dieser Prozess „Pairing“ genannt17.
Positive Verstärkung bedeutet, dass ein positiver Stimulus auf ein erwünschtes
Verhalten folgt und dadurch die Wahrscheinlichkeit steigt, dass dieses Verhalten
in Zukunft vermehrt auftreten wird.
Verhalten tritt auch dann vermehrt auf, wenn dadurch ein unangenehmer
Zustand vermieden werden kann. Dies wird als negative Verstärkung bezeichnet.
Verstärker, ob negativ oder positiv, sind nicht für jedes Kind gleich wirksam.
Daher ist das Finden von effektiven Verstärkern für das jeweilige Kind zu Beginn
der Förderung von elementarer Relevanz (Matzies, 2004).
Primäre Verstärker sollten immer mit sekundären Verstärkern gekoppelt werden,
wobei der Primärverstärker zuerst gegeben werden sollte. Der Verstärker sollte
dem Kind immer direkt (am besten innerhalb einer Sekunde) nach der
erwünschten Antwort gegeben werden, um die Effektivität des Verstärkers zu
erhöhen. Um Sättigung zu vermeiden, sollten die Verstärker variiert und stets nur
in kleinen Mengen dargeboten werden.
Außerdem sollte zwischen kontinuierlicher und intermittierender Verstärkung
differenziert werden. Kontinuierliche Verstärkung bedeutet, dass auf jedes
17 Dies wird in Kapitel 4.7.4 noch ausführlich beschrieben.
36
korrekte Verhalten unmittelbar eine Konsequenz folgt. Sie wird verwendet, um
ein Verhalten zu lehren. Die intermittierende Verstärkung, bei der nur auf jedes
zweite oder dritte korrekte Verhalten eine Konsequenz folgt, wird verwendet, um
ein bereits gezeigtes Verhalten aufrechtzuerhalten.
4.4.1.2.2 Bestrafung und Löschung
Bestrafung und Löschung sind Prozesse, die beim Abbau von unerwünschten
Verhaltensweisen
funktionale
eingesetzt
werden
Verhaltensanalyse
soll
können.
Durch
herausgefunden
eine
umfassende
werden,
welche
Konsequenzen für das Aufrechterhalten der unerwünschten Verhaltensweise
verantwortlich sind. Nach Danne sind dies hauptsächlich (negative und positive)
Aufmerksamkeit
(beispielsweise
durch
Schimpfen
mit
dem
Kind),
Selbststimulation und Flucht vor oder Vermeidung von Aufgaben (Danne, 2009).
Als Bestrafung wird bei ABA/VB alles bezeichnet, was sich nach einem Verhalten
ereignet und die Wahrscheinlichkeit verringert, dass das Verhalten in Zukunft
wieder eintritt (Schramm, 2007).
Bei der Bestrafung wird, wie auch bei der Verstärkung, zwischen positiver und
negativer
Bestrafung
unterschieden.
Positive
Bestrafung
bedeutet
das
Hinzufügen eines aversiven Reizes zur Umwelt. Dies wurde in den anfänglichen
ABA-Programmen zum Beispiel in Form von Wasserspritzern ins Gesicht des
Kindes praktiziert (Lovaas, 1981). In den modernen ABA/VB-Programmen wird
positive Bestrafung so gut wie nicht mehr eingesetzt. Zum Einen aus ethischen
Gründen, zum Anderen aber auch, da der Beziehungsaufbau in den modernen
Ansätzen, besonders bei ABA/VB, eine große Rolle spielt. Durch die Koppelung
von positiver Bestrafung mit der Bezugsperson wird die Bezugsperson selbst zur
positiven Bestrafung und so ist die Grundlage für eine positive Lernsituation nicht
mehr gegeben. Negative Bestrafung bedeutet den unmittelbaren Entzug eines
Verstärkers, sobald unerwünschtes Verhalten gezeigt wird18.
Ein weiteres Konzept zum Abbau von unerwünschtem Verhalten ist das Prinzip
der Löschung (extinction). Löschung bedeutet, ein zuvor verstärktes Verhalten
nicht mehr zu verstärken und so die Wahrscheinlichkeit zu verringern, dass das
Verhalten erneut auftritt. Ein Verhalten, das zuvor verstärkt wurde und dann
gelöscht werden soll, wird mit großer Wahrscheinlichkeit zunächst häufiger
18
Ein Beispiel hierfür wäre das Time-Out: Dem Kind wird für eine kurze Zeit der Verstärker
Aufmerksamkeit entzogen.
37
auftreten. Das Kind wird meist andere unerwünschten Verhaltensweisen zeigen,
um die Verstärkung zu erlangen. Dies wird von Schramm als Löschungstrotz
bezeichnet (Schramm, 2007). Löschungstrotz bedeutet, dass unerwünschtes
Verhalten bei Einsatz der Löschprozedur erst häufiger und teils auch intensiver
auftritt und dann erst abnimmt. In den meisten Fällen ist es ratsam, durch
Verstärkung neue Verhaltensweisen aufzubauen, um dem Kind so eine
erwünschte, angemessene Verhaltensalternative zu bieten.
4.4.2 Fallbeispiel I
Da die Verhaltensanalyse die Basis für eine erfolgreiche ABA/VB Intervention
bietet, soll im Folgenden ein Praxisbeispiel zur Verdeutlichung gegeben
werden19.
Jan, ein fünfjähriger, nonverbaler Junge mit der Diagnose „frühkindlicher
Autismus“ zeigt immer wieder unerwünschtes Verhalten in Form von
plötzlichem
lauten,
scheinbar
grundlosen
Schreien
und
Weinen
(B=behavior). Mithilfe der Eltern und eines Verhaltensanalytikers wird
eine Verhaltensanalyse in der natürlichen Umgebung des Kindes
durchgeführt. Zunächst wird die Frage geklärt, was das konkrete
Verhalten von Jan auslöst, beziehungsweise welche Situation dem
konkreten
Verhalten
Jans
unmittelbar
vorausging.
Nach
einem
ausführlichen Interview mit den Eltern und einer längeren Beobachtung
von Jan stellt sich heraus, dass Jan nur dann plötzlich laut schreit und
weint, wenn er sich in einem Raum befindet, in dem es Nahrungsmittel
gibt (Küche, Esszimmer, Supermarkt, Tankstelle) (A=antecedent). Weiter
wird analysiert, welche Konsequenzen dem Verhalten von Jan folgen. Es
stellt sich heraus, dass die Eltern, wenn Jan anfängt zu schreien oder zu
weinen, unmittelbar zu ihm gehen und ihm Lebensmittel zum Essen in die
Hand geben (meist Kleinigkeiten in Form von Obst, Schokolade oder
Gummibärchen)
(C=consequence),
da
ihnen
vor
allem
in
der
Öffentlichkeit die negative Aufmerksamkeit ihrer Umgebung unangenehm
ist. Aber auch zu Hause empfinden sie den Lärm, den Jan in solchen
Situationen produziert, unerträglich. Wenn Jan etwas zu essen bekommt
hört er sofort auf, zu weinen und zu schreien. Diese Konsequenz stellt für
Jan demnach eine positive Verstärkung dar. Jan hat also in der
Vergangenheit gelernt, dass die unerwünschte Verhaltensweise „Schreien
19 Das Beispiel entnehme ich meiner Tätigkeit als Tutorin.
38
und Weinen“ mit sofortiger Wirkung positiv verstärkt wird.
Um diese Verhaltensweise zu löschen, also die Wahrscheinlichkeit zu
verringern, dass dieses Verhalten in Zukunft weiter auftritt, müssen die
Eltern die Verstärkung des unerwünschten Verhaltens aufgeben.
Demnach müssen sie in Zukunft jegliches Schreien und Weinen von Jan
in den oben beschriebenen Situationen ignorieren und ihn weder mit
Aufmerksamkeit noch mit Essen verstärken.
Im weiteren Verlauf zeigte Jan bald erheblichen Löschungstrotz in Form
von noch lauterem und längeren Weinen und Schreien. Er begann auch,
Gegenstände umzustoßen und zu werfen. Die Eltern mussten lernen,
diese unerwünschten Verhaltensweisen eine Zeitlang auszuhalten und
nicht mehr zu verstärken. Zudem wurde dafür gesorgt, dass Jan in der
Zeit, in der er die unerwünschten Verhaltensweisen zeigte, jeglicher
Zugang zu Verstärkung entzogen wurde. Dies geschah durch negative
Bestrafung. Beispielsweise nahmen die Eltern Jan ein Spielzeug, welches
er während der unerwünschten Verhaltensweisen in der Hand hielt weg,
oder verließen den Raum (Entzug von Aufmerksamkeit). Dies war im
häuslichen Umfeld auch dank Tutor/innen und der engangierten
Geschwister realisierbar. In außerhäuslichen Situationen, beispielsweise
im Supermarkt, erforderte es von den Eltern viel Durchhaltevermögen.
Hier wurde jedoch trotzdem stets sehr darauf geachtet, dass Jan für sein
unerwünschtes Verhalten in keinem Fall verstärkt wurde. .
39
Das oben aufgeführte ABC-Modell (Abbildung 3) soll in der folgenden Abbildung
4 nun auf das vorgestellte Fallbeispiel angewandt werden:
Abbildung 4: Das ABC-Modell im Fallbeispiel Jan (Schewe, 2011 modifiziert nach
Schramm, 2009)
Damit Jan Verhaltensweisen aufbauen kann, mit denen er in Zukunft sein
Bedürfnis nach Essen auf angemessene Art und Weise signalisieren kann, sind
vielfältige Methoden nötig. Diese werden in den folgenden Kapiteln 4.5 und 4.6
erläutert. Im Anschluss daran wird das Fallbeispiel wieder aufgegriffen.
4.5 Lernformate
Bei ABA/VB gibt es verschiedene Lernformate, die sich hinsichtlich des Lernziels
und der natürlichen Motivation des Kindes unterscheiden. Die Lernformate
basieren alle auf dem von Lovaas eingeführten Discrete Trial Teaching (DTT). Es
werden drei Unterrichtsarten unterschieden: Das Intensive Trial Teaching (ITT)
(Unterrichten in intensiven Lernreihen), das Natural Environment Teaching (NET)
(Unterrichten in natürlicher Umgebung) und das On-The-Move-Training (OMT)
(Unterwegs-Unterricht), welches eine Unterform des NET darstellt (Schramm,
2007). Sundberg und Partington diskutieren in ihrem Buch “Teaching Language
to children with Autism or other Developmental Disabilities” den Einsatz von ITT
und NET ausführlich und kommen zu der Schlussfolgerung, dass “the balance
between ITT and NET may change (…) but training should always include both
approaches“ (Sundberg & Partington, 1998, S. 270). Im Folgenden werden die
verschiedenen Lernformate kurz erläutert.
40
4.5.1 Discrete Trial Teaching (DTT)
Der Begriff Discrete Trail Teaching (DTT) wurde von Lovaas geprägt (Lovaas,
1981). Trial bedeutet im Deutschen ‚Durchgang‟ oder ‚Versuch‟. Ein Discrete Trial
hat stets einen definierten Anfang und ein definiertes Ende. Somit erfolgt Lernen
in einzeln aufeinander aufgebauten, klar abgegrenzten Schritten (Richman,
2004).
Jede Lerneinheit (Trial) beginnt mit einer verbalen oder nonverbalen Instruktion,
auch SD (siehe oben) genannt, die ein bestimmtes Verhalten auslösen soll. Der
SD ist im Falle des DTT eine konkrete Aufforderung oder Anweisung, die in der
Vergangenheit ein bestimmtes Verhalten hervorgerufen hat. Danach folgt die
Reaktion des Kindes. Die Reaktion des Kindes wird mit „R“ (Response)
bezeichnet. Die Reaktion eines Kindes wird als jedes Verhalten definiert, das das
Kind aufgrund eines SD zeigt (Schramm, 2007). Auf die Reaktion des Kindes
folgt eine Konsequenz. Diese Konsequenz wird auch als „reinforcing stimulus“
oder „reacting stimulus“ = SR bezeichnet.
Wenn die Reaktion des Kindes dem erwünschten Verhalten entspricht, wird sie
sofort positiv verstärkt. Entspricht die Reaktion des Kindes nicht dem
erwünschten Verhalten, wird dem Kind durch Prompts geholfen, die gewünschte
Reaktion zu zeigen, und es wird daraufhin unmittelbar verstärkt. Um den
Lernerfolg des Kindes zu gewährleisten, sind klare und einfache Instruktionen,
die von allen Teammitgliedern in gleichem Maße und auf gleiche Weise
verwendet werden sollten, vor allem zu Beginn der Förderung vonnöten.
“Consistency in instructions minimizes the student‟s confusion and maximizes
learning“ (Lovaas, 2003, S. 62). Das Zeitintervall zwischen SD und Reaktion
sollte nicht länger als drei Sekunden betragen, da das Nervensystem des Kindes
nur so die Verbindung zwischen SD und eigener Reaktion herstellen kann.
Reagiert das Kind nicht innerhalb von drei Sekunden, wird dies als „keine
Antwort“ gewertet. Der SD sollte wiederholt werden. Wenn das Kind wieder nicht
innerhalb von drei Sekunden reagiert, sollte der SD erneut wiederholt werden
und die korrekte Reaktion durch ein Prompt herbeigeführt werden (Lovaas,
2003).
4.5.2 Intensiv Trial Teaching (ITT)
Beim ITT werden Ziele unterrichtet, die künstlich in das Umfeld des Kindes
eingeführt werden, obwohl keine natürliche Motivation des Kindes vorliegt. Der
Unterricht ist auf geplante Ziele ausgerichtet und findet häufig am Tisch statt
(Freitag, 2008a). Beim ursprünglichen Lovaas-Programm wurde ausschließlich
41
nach diesem Lernformat unterrichtet. Sundberg und Partington empfehlen den
Einsatz des ITT hauptsächlich für

den Erwerb von akademischen Fähigkeiten (Lesen, Schreiben, Rechnen)
und

für das strukturierte Lernen in der Grundschule (Sundberg & Partington,
1998).
4.5.3 Natural Environment Teaching (NET)
Das NET, auch als Natürliches Lernformat bezeichnet (Natural Language
Paradigm), wurde von Koegel und Koegel 1988 aus sprachtherapeutischen
Ansätzen heraus entwickelt (Koegel & Koegel, 2006). In der Weiterentwicklung
des
Natural
Language
Paradigm
entstand
das
Training
von
Schlüsselverhaltensweisen (pivotal response training). Beim NET ist der
Unterricht zwar auf festgelegte Ziele ausgerichtet, jedoch liegt das Interesse oder
die Motivation des Kindes vor. Deswegen werden „natürliche Stimuli und
natürliche Verstärker, um den Kindern auch komplexe soziale Verhaltensweisen
beizubringen“ eingesetzt (Freitag, 2008a, S. 109). Die Aufgaben sind in
natürliche Alltagssituationen eingebettet und beziehen die „Spontaneität,
Wünsche und Aktivitäten des Kindes“ (Baude & Noterdaeme, 2010b, S. 251) mit
ein. Zentrales Ziel des NET ist es, die Generalisierung von im ITT erlernten
Fähigkeiten zu fördern, zu generalisieren und dem Kind Verhaltensweisen
beizubringen, mit denen es auf Anforderungen seines Umfelds angemessen
regieren kann. Sundberg und Partington empfehlen den Einsatz von NET für
 den Erwerb der ersten Fähigkeiten der Bedürfnisäußerung,
 den
Erwerb
der
Fähigkeit,
generell
Instruktionen
zu
befolgen
(compliance),
 Unterrichtskontrolle,
 Pairing und
 generell für soziales Lernen (Sundberg & Partington, 1998).
4.5.4 On-The-Move-Training (OMT)
Beim OMT ist der Unterricht nicht auf vorher festgelegte Ziele ausgerichtet.
Stattdessen zeigt das Kind von sich aus Interesse und Motivation. Der Ansatz
des zufälligen Unterrichtens („incidental training“) wurde insbesondere in
42
Zusammenhang mit dem Erlernen von Sprache von Hart und Risley eingeführt
(Hart & Risley, 1975). Beim OMT geht es darum, dem Kind vielfältige „zufällige“
Lernmöglichkeiten zu bieten. Beispielsweise ist im Lernprogramm nicht
vorgesehen dem Kind die Fähigkeit „Brot schmieren“ zu beizubringen. Wenn das
Kind aber nun ein Brot haben möchte und zusammen mit dem Vater in der
Küche ist, kann versucht werden dem Kind mithilfe von Prompts, Chaining und
Shaping das nicht geplante Ziel „Brot schmieren“ beizubringen. Wie beim NET
auch wird der Eigeninitiative des Kindes viel Raum gegeben und das
Unterrichten durch OMT fördert die Generalisierung von bereits erlernten
Verhaltensweisen.
Kombiniert sollten ITT, NET und OMT nach Sundberg und Partington bei
folgenden Lernzielen eingesetzt werden:

Fragen und Bitten stellen,

Benennungsfähigkeiten,

rezeptiver Spracherwerb,

motorische Imitation,

verbale Imitation und

erste Konversationsfähigkeiten (Sundberg & Partington, 1998).
4.6 Lernmethoden bei ABA/VB
Bei ABA/VB wird eine Vielfalt an Methoden eingesetzt, um das Kind zu fördern
und zu unterrichten. Im Folgenden werden die wichtigsten Methoden vorgestellt.
4.6.1 Unterrichten von Mands
ABA/VB liegt viel Wert darauf, dass Kinder lernen, ihre Bedürfnisse zu äußern.
Solche
formalisierten
Bedürfnisäußerungen,
Mands,
werden
als
Schlüsselfähigkeiten angesehen, die beim Erwerb weiterer Fähigkeiten hilfreich
sein können (Bosch & Fuqua, 2001). Wenn ein Kind lernt, seine Bedürfnisse in
angemessener Form zu äußern, kann es sich Zugang zu verstärkenden
Gegenständen
oder
Aktivitäten
verschaffen.
Dies
verringert
die
Auftretenswahrscheinlichkeit von unerwünschtem Verhalten. Ein Mand macht
sich die Eigenschaften des natürlichen MO zunutze und befähigt so das Kind,
durch sprachliches Verhalten zu dem zu gelangen, was es möchte (Schramm &
Claypool-Frey, 2009).
43
4.6.2 Shaping
Shaping kann mit „Formen und Umformen von Verhaltensweisen“ (Freitag,
2008a, S. 106) übersetzt werden. Es erfolgt eine sukzessive Annäherung an das
Zielverhalten bei differentieller Verstärkung. Dies ist insbesondere bei dem
Erlernen von komplexen motorischen Abläufen oder dem Erlernen von
sprachlichen Lauten sinnvoll (Freitag, 2008a). Das Kind wird für jedes Verhalten
verstärkt, das dem Zielverhalten ähnlich ist. Wenn das Kind ein Verhalten, das
dem Zielverhalten ähnelt, kontinuierlich beherrscht, wird die Verstärkung immer
weiter an eine Verstärkung für das Zielverhalten angenähert. Schließlich wird nur
noch das eigentliche Zielverhalten verstärkt.
Ein Vorteil dieser Methode ist, dass das Kind nur wenige Misserfolge hat und
deshalb motiviert ist und es auch bleibt. Ein Nachteil besteht darin, dass es sehr
lange dauern kann, bis ein gewünschtes Verhalten erlernt wird (Lovaas, 2003).
Zudem
ist
es
erforderlich,
dass
das
Zielverhalten
sehr
genau
in
Approximationsstufen untergliedert und deren Erreichung genau registriert wird
(Poustka, 2009).
44
4.6.3 Chaining
Chaining (Verkettung) „baut komplexes Verhalten durch die Kombination
einfacher Verhaltensweisen auf, die in Sequenzen ein einziges komplexes
Verhalten formen.“ (Matzies, 2004, S. 96). Es gibt zwei Arten von Chaining: zum
Einen das so genannte Forward Chaining (Vorwärtsverkettung), bei dem mit dem
ersten Schritt der Verhaltenskette begonnen wird. Zum anderen gibt es das so
genannte Backward Chaining (Rückwärtsverkettung), bei dem mit dem letzten
Schritt der Verhaltenskette begonnen wird. Um Verhalten nachhaltig zu
verketten, müssen, so Lovaas, vier Schritte befolgt werden (Lovaas, 2003)20:

Das Zielverhalten muss identifiziert werden.

Das Zielverhalten muss in kleine Schritte aufgeteilt werden.

Die einzelnen Schritte müssen dem Kind beigebracht werden, wobei
separate Instruktionen verwendet werden sollten und jeder Schritt einzeln
verstärkt werden sollte.

Die einzelnen Instruktionen sowie Prompts und Verstärkungen sollten mit
der Zeit langsam ausgeblendet werden, bis es nur noch eine Instruktion
am Anfang der Kette und eine Verstärkung am Ende der Kette gibt.
4.6.4 Pairing
Elementar für jede Intervention nach ABA/VB ist der Beziehungsaufbau. Es wird
davon ausgegangen, dass ein Kind nur lernen kann, wenn es motiviert ist. Dazu
muss zunächst der Aufbau einer positiven Beziehung stattfinden. Das erste
Lernziel ist die Vermittlung der Erfahrung, dass das Zusammensein mit
Menschen, insbesondere den Eltern, Spaß machen kann. Bevor begonnen
werden kann, das Kind zu unterrichten, muss daher Pairing praktiziert werden:
Der/die Lehrende21 beschäftigt sich mit dem Kind und lässt sich dabei von
dessen Interessen leiten.
Das Kind soll die Erfahrung machen, dass die Beschäftigung mit einem
Spielzeug gemeinsam mit einer Bezugsperson ihm mehr Spaß bringen kann als
20 Jan soll beispielsweise lernen, sich selbstständig die Zähne zu putzen. Die Zielformulierung
lautet: „Jan kann eigenständig die Zähne putzen“. Die Einzelziele könnten sein: „Jan kann
Zahnbürste halten“, „Jan kann Zahnpasta auf Zahnbürste auftragen“, „Jan kann Wasserhahn aufund abdrehen“ und „Jan kann Zahnbürste im Mund bewegen“.
21 Welche Personen dies bei einer häuslichen ABA/VB-Förderung sein können, wird in Kapitel
4.6.2 noch näher erläutert.
45
die selbständige Beschäftigung damit. Es soll generell den Kontakt zu Menschen
und somit die Lernsituation als etwas Positives erleben. Dies erhöht die
Wahrscheinlichkeit dafür, dass es gerne mitarbeiten wird. Um das für Menschen
mit ASS typische Ausweichverhalten zu vermeiden, muss der/die Lehrende
während der Pairingsituation über Verstärkerkontrolle verfügen. Das bedeutet,
dass sämtliche Verstärker in Besitz der behandelnden Person sein müssen. Es
darf nichts, für das sich das Kind interessieren könnte, frei zugänglich sein. Das
Kind darf sich, wenn es möchte, mit seinen Verstärkern beschäftigen, jedoch
nicht alleine. Das heißt, dass ihm nicht erlaubt werden darf, sich sein
Lieblingsspielzeug zu nehmen und sich damit zurückzuziehen22 (Schramm,
2007).
Durch Variationen und Kombinationen verschiedener Verstärker, gekoppelt mit
Interaktionen, soll das Kind die Erfahrung machen, dass ihm das Zusammensein
mit Menschen Spaß machen kann und dass dies interessanter als das
selbständige Spiel sein kann. Hier kommt das Prinzip der transitiven CMO zur
Anwendung (siehe Kapitel 4.3.1.1.2). Idealerweise sollte jede Zeit der
Beschäftigung mit dem Kind zu drei Vierteln aus Pairing bestehen; nur ein Viertel
der Zeit sollte durch gezieltes Bearbeiten von Aufgaben in Anspruch genommen
werden (Schramm, 2007).
4.6.5 Unterrichtskontrolle
Neben dem oben beschriebenen Beziehungsaufbau ist eines der ersten Ziele
das Erlangen der Unterrichtskontrolle. Sundberg und Michael gehen bei einer
nicht vorhandenen Unterrichtskontrolle davon aus, dass das Kind mit
verweigerndem oder unerwünschten Verhalten reagiert, wenn es eine Aufgabe
gestellt bekommt (Sundberg & Michael, 2001). Schramm und Claypool-Frey
zufolge kann Unterrichtskontrolle durch folgende Schritte erreicht werden:

Koppelung
von
neutralen
oder
negativ
besetzten
Reizen23
mit
bestehenden Verstärkern. Durch diesen Prozess, der auch StimulusStimulus-Pairing genannt wird, können neutrale oder negativ besetzte
Reize zu positiven konditioniert werden (siehe auch Kapitel 4.3.1.1.2).
22 Dies stellt einen wichtigen Schritt zur Erlangung der Unterrichtskontrolle dar, die im nächsten
Kapitel (4.6.5) erläutert wird.
23 Wie zum Beispiel das am Tisch-Sitzen, bestimmte Unterrichtsmaterialien oder Instruktionen.
46

Wenn ein erfolgreicher Beziehungsaufbau (Pairing) stattgefunden hat,
muss
darauf
geachtet
werden,
dass
„der
Übergang
von
nicht
verhaltensabhängiger (…) Verstärkung zur Verstärkung für die Lösung
von Unterrichtsaufgaben (…) kaum wahrnehmbar ist“ (Schramm &
Claypool-Frey, 2009, S. 264).
Besonders der zweite Schritt zur Erlangung der Unterrichtskontrolle macht
deutlich,
dass
es
wichtig
ist,
die
Aufgabenanforderungen
in
einem
ausgewogenen Verhältnis zu positiver Verstärkung stehen zu lassen um das
Kind die Lernsituation als positiv erleben zu lassen.
Schramm geht von sieben Schritten aus, die auf den Prinzipien von Verstärkung
und Motivation aufbauen und zur Erlangung der Unterrichtskontrolle führen.
Diese sind:
1. Dem Kind soll gezeigt werden, dass nur die Erwachsenen die
Kontrolle über seine Lieblingsgegenstände besitzen, und dass nur sie
entscheiden, ob und für wie lange es diese erhält und sich mit ihnen
beschäftigen darf.
2. Dem Kind soll gezeigt werden, dass das Zusammensein mit anderen
Menschen (insbesondere Eltern, Tutor/innen und Bezugspersonen)
Spaß macht. Jede Interaktion sollte eine erfreuliche Erfahrung und so
spaßig wie möglich für das Kind sein. Damit wird erreicht, dass das
Kind sich an Aufforderungen hält, um dieses positive Zusammensein
so oft und so lange wie möglich zu erleben (siehe auch Kapitel 4.6.4).
3. Dem Kind soll gezeigt werden, dass es Erwachsenen vertrauen kann.
Deshalb soll immer klar und deutlich gesagt werden, was von dem
Kind erwartet wird und vom Kind sollte immer erwartet werden, dass
es jegliche Forderung erfüllt. Wenn das Kind aufgefordert wird, etwas
zu tun, darf es keinen Zugang zu Verstärkung haben, bis es der
Aufforderung nachgekommen ist.
4. Dem Kind soll gezeigt werden, dass sich das Befolgen von
Aufforderungen „lohnt“ und dass dies der beste Weg ist, das zu
bekommen, was es möchte. Um dem Kind Erfolgserlebnisse zu
ermöglichen, sollen so oft wie möglich einfache Anforderungen
47
gestellt werden, die bei Befolgung zur umgehenden positiven
Verstärkung führen.
5. Zu
Beginn
des
Erlangens
der
Unterrichtskontrolle
soll
jede
gewünschte Antwort oder Reaktion des Kindes verstärkt werden. Mit
der Zeit soll dann das Prinzip der intermittierenden Verstärkung
angewandt werden (siehe auch Kapitel 4.4.1.2.1).
6. Es soll das Prinzip der variablen Verstärkung angewandt werden.
Dem Kind soll gezeigt werden, dass seine Vorlieben genau bekannt
sind.
7. Dem Kind soll gezeigt werden, dass es keine Verstärkung erhält,
wenn
es
Aufforderungen
ignoriert
oder
unangemessenes
unerwünschtes Verhalten zeigt (Schramm, 2007).
4.6.6 Fehlerfreies Lernen
Auch der Einsatz des Prinzips des fehlerfreien Lernens trägt dazu bei, dass das
Kind die Unterrichtssituation als positiv und erfolgreich erlebt. Durch die
Ermöglichung von Erfolgserlebnissen kann das Kind in häufigen Kontakt mit
positiver Verstärkung gebracht werden. Beim fehlerfreien Lernen werden dem
Kind genügend Prompts gegeben, um sicher zu sein, dass es erfolgreich ist und
für jedes angemessene Verhalten verstärkt wird. Durch Prompt-Fading und
variable Verstärkung kann so das Kind ohne Frustration und Misserfolge neue
Fähigkeiten erlernen.
4.6.7 Unterrichtsabwechslung
Verschiedene Studien haben gezeigt, dass eine Mischung von Aufgaben, sowie
Reizabwechslung ein unangemessenes und vermeidendes Verhalten beim Kind
verringert und stattdessen die Motivation des Kindes erhöht (Dunlap & Koegel,
1980). Dies bedeutet, dass in einer Lerneinheit verschiedene Fähigkeiten
unterrichtet werden sollten. Zudem sollten bereits erlernte und neue Fähigkeiten
abwechselnd trainiert werden, um eine Überforderung des Kindes zu vermeiden.
Studien belegen zudem, dass „ein höherer Anteil von einfachen und bereits
erlernten Aufgaben zur Reduzierung von Problemverhalten führt“ (Schramm &
Claypool-Frey, 2009, S. 267).
48
4.6.8 Dokumentation
„Datenbasierung
ist
beim
Einsatz
verhaltenstherapeutischer
Programme
obligatorisch“ (Schramm & Claypool-Frey, 2009, S. 268). Die Dokumentation soll
„Ausgangsfähigkeiten des jeweiligen Kindes erfassen, Lehrplanziele vorgeben
und (…) das Erlernen von Fähigkeiten messen“ (Schramm & Claypool-Frey,
2009,
S.
263).
In
traditionellen
ABA-Interventionen
wurde
jeder
Trail
dokumentiert. Da dies bei ABA/VB aufgrund der vielfältigen natürlichen
Unterrichtssituationen nicht mehr realisierbar ist, werden häufig “first cold probe
data“
(erste
vorläufige
Versuchsdaten)
gesammelt.
Dies
geschieht
folgendermaßen:
 Zu Beginn einer Unterrichtseinheit müssen vom Kind die aktuellen
Aufgaben ohne Prompts bearbeitet werden, um zu testen, ob das Kind
die entsprechende Fähigkeit beherrscht.
 Das Ergebnis der Testung wird folgendermaßen vermerkt: S+ = schnelles
selbstständiges Bearbeiten; S- = langsames selbstständiges Bearbeiten
und W = Weigerung.
 Nach der Unterrichtseinheit oder am Ende des Tages wird für die
einzelnen Fähigkeiten erneut eine Testung durchgeführt. Dieses Mal
wird auch das nötige Prompt vermerkt.
 Erst wenn ein Kind über die Mindestdauer von drei Tagen hinweg eine
Fähigkeit mit dem Kriterium S zeigt, gilt diese als gemeistert.
Diese kontinuierliche Dokumentation24 erleichtert es, bei mehreren Lehrenden
den Überblick darüber zu behalten, welche Fähigkeiten das Kind bereits
beherrscht und bei welchen es noch Hilfestellung benötigt.
Bei ABA/VB werden die Fähigkeiten häufig sowohl zu Beginn, als auch im
Verlauf der Förderung mithilfe des Assessment of Basic Learning and Language
Skills (ABLLS-R) eingestuft und dokumentiert. Dieses Instrument wird im
folgenden Kapitel vorgestellt.
24 Im Anhang 9.2 ist ein Beispiel zu finden.
49
4.6.8.1 Assessment of Basic Learning and Language Skills - Revised
(ABLLS-R)
Das Buch Assessment of Basic Learning and Language Skills, kurz ABLLS,
wurde 1998 von Sundberg und Partington in Zusammenarbeit mit dem USUnternehmen Behavior Analysts Inc., basierend auf Skinners Buch „Verbal
Behavior“ entwickelt und veröffentlicht. 2006 wurde ein modifiziertes ABLLSBuch, das ABLLS-Revised (ABLLS-R) von Partington herausgegeben, welches
sich allerdings nur geringfügig von der älteren Version unterscheidet.
Das ABLLS-R ist ein Prozessdiagnostikum, bestehend aus 25 einzelnen Pfaden
zur Einschätzung von verschiedenen Sprach- und Lernfähigkeiten. Es ist in
folgende vier Subgruppen gegliedert: die einfachen Lernfähigkeiten (A-P)25, die
akademischen Fähigkeiten (Q-T), die Selbsthilfefähigkeiten (U-X) und die
motorischen Fähigkeiten (Y-Z). Diese Subgruppen haben wiederum bis zu 57
Unterpunkte, so dass insgesamt 544 Fähigkeiten aufgelistet sind. Jeder
Unterpunkt enthält bis zu vier Kriterien für den Grad der Ausprägung der
Fähigkeit.
Nach Aussage von Sundberg und Partington umfasst die Auflistung der ABLLS-R
alle Fähigkeiten, die ein neurotypisch entwickeltes Kind im Vorschulalter
erworben haben sollte. Es sind bislang keine vergleichenden Standardnormen
vorhanden, demnach repräsentieren die in den ABLLS-R vermerkten Fähigkeiten
die auf Erfahrungswerten beruhende Einschätzung der beiden Wissenschaftler.
Im Folgenden wird erläutert, wie eine ABLLS-R-Einstufung vorgenommen wird.
4.6.8.2.ABLLS-R-Einstufung
Durch das bestimmte Vorgeben eines Reizes eines/einer ABA/VB-Berater/in soll
bei dem Kind eine bestimmte Reaktion hervorgerufen werden, die anschließend
bewertet wird. So kann der/die ABA/VB-Berater/in für jeden Fähigkeitsbereich
eine
Einschätzung
vornehmen.
In
Microsoft-Excel-Tabellen
werden
die
getesteten und vorhandenen Fähigkeiten des Kindes bei jedem Beratungstermin
in einer anderen Farbe markiert. Dies bietet sowohl für die Eltern, als auch für
das behandelnde Team eine schnelle Übersicht, in welchen Bereichen das Kind
Fortschritte erzielen konnte. Es folgt eine Übersichtsliste über die 25 Pfade der
ABLLS-R mit Erklärung26:
25 Buchstabe O ist bislang nicht benannt.
26
Da das ABLLS-R bislang nur in englischer Sprache vorliegt, wurde die deutsche Übersetzung
von mir vorgenommen und ist daher nicht standardisiert, bzw. zertifiziert.
50
A.
Die Verstärkereffektivität und Kooperation (A1 - A19, 30 Kriterien) zeigt
an, wie gut ein Kind auf Motivation und Verstärkung reagiert / antwortet.
B.
Die visuelle Leistungsfähigkeit (B1 - B27, 76 Kriterien) zeigt die Fähigkeit
des Kindes an, Dinge wie Puzzle oder Bilder visuell zu interpretieren.
C.
Die rezeptive Fähigkeit (C1 – C 57; 162 Kriterien) beschreibt die Fähigkeit
eines Kindes, Sprache zu verstehen.
D.
Die motorische Imitationsfähigkeit (D1- D27; 46 Kriterien) zeigt die
Fähigkeit des Kindes an, motorische Bewegungen von Anderen zu
imitieren.
E.
Die sprachliche Imitationsfähigkeit (E1 - E20; 36 Kriterien) zeigt die
Fähigkeit des Kindes an, Laute und Worte von Anderen zu imitieren.
F.
Die Bedürfnisäußerung (F1-F29; 68 Kriterien) zeigt die Fähigkeit des
Kindes an, Bedürfnisse zu äußern. Wird auch als Manding, abgeleitet von
dem von Skinner definierten verbalen Operant Mand, bezeichnet.
G.
Die Benennungsfähigkeit (G1 – G 47; 142 Kriterien) zeigt die Fähigkeit
des Kindes an, Objekte und ihre Funktionen sowie Eigenschaften und
Klassen zu benennen.
H.
Die intraverbale Fähigkeit (H1 - H49; 164 Kriterien) zeigt die Fähigkeit des
Kindes an, auf Worte zu reagieren, wenn kein Objekt oder Motivator
präsent ist.
I.
Die Fähigkeit des spontanen Lautierens (I1 -I 9; 28 Kriterien) zeigt die
Fähigkeit des Kindes an, Worte oder Laute ohne Hilfestellung zu
verwenden.
J.
Die Syntax- und Grammatikfähigkeit (J1 - J20; 44 Kriterien) zeigt an, wie
gut ein Kind Wörter und Sätze zusammenfügen kann.
51
K.
Die Spiel- und Freizeitfähigkeit (K1 - K15; 36 Kriterien) Zeigt an, wie gut
ein Kind alleine und in einer Gruppe spielen kann.
L.
Die soziale Interaktionsfähigkeit (L1 - L35; 58 Kriterien) zeigt die Fähigkeit
des Kindes an, mit Gleichaltrigen und Erwachsenen zu interagieren.
M.
Die Fähigkeit in der sozialen Umgebung (M1 - M12; 34 Kriterien) zeigt an
wie gut ein Kind in einer Gruppe (nicht in einer Eins-zu-Eins-Situation)
lernen kann.
N.
Die Schulfähigkeit (N1 - N10; 24 Kriterien) zeigt an, wie gut ein Kind
gewöhnlichen Schulroutinen und –regeln folgen kann.
P.
Die Generalisierungsfähigkeit (P1 - P6; 12 Kriterien) zeigt die Fähigkeit
an, gelernte Aufgaben zu generalisieren und im alltäglichen Leben oder
neuen Situationen anzuwenden.
Q.
Die Lesefähigkeit (Q1 - Q17; 48 Kriterien) zeigt die Kenntnisse des Kindes
beim Buchstabieren und Lesen von geschriebener Sprache an.
R.
Die Mathematikfähigkeit (R1 - R29; 72 Kriterien) zeigt die Fähigkeiten des
Kindes im Bereich Zahlen, zählen, Größer-Kleiner-Gleich und einfacher
Addition und Subtraktion an.
S.
Die Schreibfähigkeit (S1 - S10; 32 Kriterien) zeigt die Fähigkeiten des
Kindes im Bereich von (Aus- und Ab)malen, Zeichnen und Schreiben an.
T.
Die Buchstabierfähigkeit (T1 - T7; 24 Kriterien) zeigt die Fähigkeit des
Kindes zu buchstabieren.
U.
Die Anziehfähigkeit (U1 – U 15; 32 Kriterien) zeigt die Fähigkeiten des
Kindes an, sich selbstständig an- und auszuziehen.
V.
Die Essfähigkeit (V1 - V10; 20 Kriterien) zeigt die Fähigkeit des Kindes
an, selbstständig zu essen und einfache Speisen selbst zuzubereiten.
52
W.
Die Körperpflegefähigkeit (W1 - W7; 14 Kriterien) zeigt die Fähigkeit des
Kindes an, selbstständig für die eigene Körperhygiene zu sorgen.
X.
Die Toilettengangfähigkeit (X1 – X 10; 22 Kriterien) zeigt die Fähigkeiten
des Kindes an, selbstständig auf die Toilette zu gehen.
Y.
Die grobmotorische Fähigkeit (Y1 - Y30; 28 Kriterien) zeigt die
grobmotorischen Fähigkeiten, wie zum Beispiel Ballspielen, Schwimmen,
Krabbeln, Rennen, Springen, etc. an.
Z.
Die feinmotorische Fähigkeit (Z1 – Z28; 28 Kriterien) zeigt die
feinmotorischen Fähigkeiten des Kindes, wie zum Beispiel Seiten
umdrehen, Ausschneiden, Kleben, etc. an (Partington, 2006).
Anhand des Beispiels der Fähigkeit A1 soll verdeutlicht werden, wie die
Einschätzungen vorgenommen werden.
Aufgabe
Aufgaben-
Aufgabenziel
Frage
Beispiel
Kriterien
Erläuterung
name
A1
Nimmt
Wenn
dem Wenn Sie dem Jan
angebotenen
Kind
Verstärker
bekannter
bekannten
Schokolade.
verstärkender
Verstärker
Es wird ihm entweder nicht Schokolade
Gegenstand
präsentieren,
wiederholt ein immer
angeboten
wird das Kind Stück
ein Kind
mag 1 = Nimmt den Jan
einen gerne
verstärkenden
jedes
Gegenstand
das
Stück
braucht
länger von
dreier Sekunden
Schokolade
als
diesen.
angeboten.
Sekunden,
annehmen?
Mal
oder innerhalb
wird, nimmt es diesen
Verstärker
nimmt
drei
und isst es
2= nimmt den auf.
verstärkenden
Demnach
Gegenstand
beherrscht er
immer
die Fähigkeit
innerhalb
drei A1
Sekunden.
unter
dem
Kriterium 2.
Abbildung 5: ABLLS-R-Fähigkeit A1
53
4.6.9 Fallbeispiel II
Im Kapitel 4.3.2 wurden anhand eines Fallbeispiels die Analyse einer
unerwünschten Verhaltensweise und die Veränderung der Konsequenz anhand
eines Fallbeispiels beschrieben. Nun soll mithilfe der oben aufgeführten
Methoden erläutert werden, wie ‚Jan„ neue Verhaltensweisen beigebracht
werden können, mit denen er in Zukunft sein Bedürfnis nach Nahrung in
angemessener Form äußern kann.
Da Jan nicht spricht, soll ihm zunächst mithilfe von Gebärden die
Möglichkeit gegeben werden, sein Nahrungsbedürfnis zu äußern. Dies
geschieht mithilfe des Unterrichtens von Mands. Aufgrund der Tatsache,
dass Jan am liebsten Äpfel isst, wird ihm zunächst die Gebärde für Apfel,
später die Gebärde in Zusammenhang mit dem Laut „A“ und (vorerst)
zuletzt das Wort „Apfel“ beigebracht (Prozess des shapings). Aufgrund
einer intensiven, spaßigen Beschäftigung seiner Eltern und zwei weiterer
Lehrende mit Jan (Pairing), hat er bereits eine positive Beziehung zu
ihnen aufgebaut.
Das Erlernen und Üben der Gebärde, des Lautes und des Wortes kann im
Intensive Trail Teaching als auch im Natural Environment Teaching
stattfinden27.
Beim ITT wird Jan von der/dem Lehrenden, unabhängig davon ob Jan
hungrig ist oder nicht (also unabhängig vom MO), ein Stück Apfel
präsentiert. Hier stellt der Apfel den SD dar, da er die Erreichbarkeit des
Verstärkers signalisiert. Hinzugefügt wird ein weiterer verbaler SD: „Sag
Apfel!“ Dabei macht der/die Lehrende die vorher festgelegte Gebärde28 für
Apfel vor (Faust an Kinn). Wenn Jan die Aufforderung ohne Hilfestellung
befolgen kann, wird er in Form von Lob und einem Stück Apfel verstärkt
(positive Verstärkung). Wenn Jan die Aufforderung nicht sofort befolgt,
wird ihm durch einen Prompt geholfen (Prinzip des fehlerfreien Lernens).
Der/die Lehrende präsentiert den Apfel, sagt: „Sag Apfel!“, nimmt Jans
Hand und hilft ihm die Gebärde auszuführen (vollphysischer Prompt).
27 Da es ein geplantes Ziel ist, kann hier nicht im On-the-move-training unterrichtet werden.
28 Hierbei ist es nicht wichtig, für jedes Kind einheitliche Gebärden zu finden, bzw. sich an der
internationalen Gebärdensprache zu orientieren. Vielmehr sollte darauf geachtet werden, dass die
Gebärde eine einfache motorische Handlung darstellt, die von dem Kind bereits beherrscht wird,
bzw. sehr leicht zu erlernen ist.
54
Daraufhin bekommt er als Verstärkung ein Apfelstück.
Im weiteren Verlauf wird der Prompt langsam ausgeblendet (Promtfading), indem immer weniger Hilfestellung gegeben wird. Wenn Jan
kontinuierlich den Mand „Apfel“ spontan und auch außerhalb von
strukturierten Situationen beherrscht, kann damit begonnen werden, die
Gebärde mit dem Laut „A“ zu verknüpfen. Hierbei wird zunächst jeder von
Jan produzierte Laut, der in Zusammenhang mit der Aufforderung: „Sag
Apfel!“ auftritt, verstärkt. Wenn Jan den Laut „A“ in Zusammenhang mit
der Gebärde für Apfel beherrscht, kann der Einsatz der Gebärde langsam
ausgeblendet werden und damit begonnen werden, ihm das Wort „Apfel“
beizubringen. Auch hier kommen wieder die oben beschriebenen
Prinzipien zur Anwendung.
Besonders sollte darauf geachtet werden, dass das Prinzip des
fehlerfreien Lernens und eine variable Verstärkung angewendet wird. Jan
sollte also erstens keine Misserfolge haben (bei unterschiedlichen
Lehrenden hilft die Dokumentation, herauszufinden, welchen Prompt Jan
zurzeit benötigt) und für besonders gute und schnelle Antworten mit
einem größeren Stück Apfel belohnt werden als für verzögerte oder
ungenaue
Reaktionen.
Auch
das
Prinzip
der
intermittierenden
Verstärkung sollte angewandt werden. Zunächst muss Jan für jede
positive Reaktion belohnt werden, also ein Stück Apfel erhalten, später
nur noch für jede dritte oder vierte Reaktion. So lernt er, dass er nicht
immer sofort eine Verstärkung erhält29.
Beim Natural Environment Teaching läuft der Vorgang ähnlich wie beim
Intensive Trail Teaching ab. Der Unterschied besteht jedoch darin, Jans
natürliche Motivation zu nutzen. Dies kann zum Beispiel erfolgen, wenn
die Familie am Essenstisch sitzt oder wenn Jan in einem Supermarkt ist
und einen Apfel sieht. In jeder Situation also, in der Jan Hunger hat (MO)
und ein Apfel vorhanden ist (SD), kann die Gebärde, beziehungsweise
der Laut „A“ oder das Wort „Apfel“, unterrichtet werden.
Im weiteren Verlauf der Förderung können Jan immer mehr Mands
beigebracht werden, so dass er ein Repertoire an angemessenen
Verhaltensweisen aufbauen kann, die ihm ermöglichen, seine (Nahrungs-)
Bedürfnisse in sozial verträglicher Form zu äußern.
In der ABLLS-R-Einstufung wäre bei dem Mand mit Prompt und
29 Ein neurotypisches Kind würde normalerweise auch nicht immer alles auf Nachfrage erhalten.
55
präsentem Verstärker (Apfel) die Fähigkeit F2 mit dem Kriterium 1 und
ohne Prompt die Fähigkeit F3 mit dem Kriterium 1 erlangt.
56
5. Applied Behavior Analysis und Verbal Behavior (ABA/VB) in Deutschland
Zahlreiche Wissenschaftler/innen haben in der fast fünfzigjährigen Geschichte
von ABA zur Erweiterung und Modifizierung der Methode beigetragen. So kann
mittlerweile
auf
ein
breites
Repertoire
an
verhaltenstherapeutischen
Interventionen für Kinder mit ASS zurückgegriffen werden. Bernard-Opitz
beschreibt unter anderem Varianten wie Präzisionslernen, das ausführlich
beschriebene Verbal Behavior, ‚Natürliches Lernen„ und das Training von
Schlüsselfähigkeiten (Pivotal Response Training) (Bernard-Opitz, 2007; 2009).
Keine dieser Methoden ist jedoch ausreichend evaluiert und kann den Anspruch
erheben, für alle Kinder mit ASS „die richtige“ zu sein. Bislang gibt es „nur
wenige Ansätze für eine Charakterisierung von „Respondern“ und „NichtRespondern“ für bestimmte ABA-Methoden“ (Bernard-Opitz, 2009, S. 242).
ABA/VB-Interventionen besitzen bislang in Wissenschaft und Praxis keinen
hohen Stellenwert in Deutschland und waren bis vor ein paar Jahren nur mäßig
bekannt (Keenan u. a., 2010). Erst durch die 2009 herausgegebene Studie des
Health Technology Assessment (Weinmann u. a., 2009) scheint sich der
Bekanntheitsgrad zu verändern.
ABA/VB schein in Deutschland viele Kritiker zu haben. Dies wurde zum Beispiel
in einer Diskussionsrunde im Anschluss an einen Vortrag von Kamp-Becker am
18. März 2011 auf dem zweiten Autismus-Kongress in Frankfurt deutlich. Sie
referierte über den „Vergleich von Elternbasierten Therapieverfahren bei Kindern
mit Autismus-Spektrum-Störungen“. Besonders kritisiert wurde das angebliche
Versprechen mancher ABA-Anbieter, die Intervention könne, wenn sie nur
intensiv und lange genug durchgeführt würde, eine vollständige Normalisierung
der Entwicklung der betroffenen Kinder bringen. Zudem geht Kamp-Becker
davon aus, dass die Ablehnungshaltung in Deutschland historische Gründe
habe. So verstehen Viele unter ABA noch das Programm, welches (in den
siebziger Jahren) von Lovaas entwickelt wurde und unter anderem auch aversive
Konsequenzen enthält. Diese Anfänge von ABA würden in Deutschland als
„Drill“, der die Kinder zu „Robotern“ mache, angesehen und abwertend als
„Gummibärchentherapie“ bezeichnet.
Auch im angelsächsischen Sprachraum meint man, die in Deutschland übliche
Denkweise so beschreiben zu können: “The erroneous view of ABA as “based on
Lovaas therapy” rather than the other way around is only one of the problems in
Germany because despite these recommendations the everyday reality of autism
57
interventions looks very different” (Keenan u. a., 2010, S. 213).
Seit Kurzem taucht gehäuft der Begriff „Autismus-spezifische Verhaltenstherapie
(AVT)“
30
auf. Dieser wurde von Röttgers ins Leben gerufen und steht in
Zusammenhang mit ABA. In seinem Vortrag „Autismus-Spektrum-Störungen:
Evidenzbasierte
Interventionen
und
die
reale
Versorgungssituation
in
Deutschland“ am 8.Juni 2011 an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
definiert Röttgers AVT als Sammelbegriff für alle evidenzbasierten Interventionen
bei Menschen mit ASS (Röttgers, 2011).
Bernard-Opitz stellt den amerikanischen Begriff ABA dem deutschen Begriff der
AVT gegenüber. Ihr zufolge ständen bei ABA eher die verhaltensanalytischen
und bei AVT eher die therapeutischen Konzepte im Vordergrund. Daneben wird
ABA, wie oben erwähnt, oft mit der (meist negativ besetzten) intensiven
Frühförderung des Lovaas-Ansatzes in Verbindung gebracht (Bernard-Opitz,
2009). Des Weiteren würde AVT, eher als ABA, dem breiten Kontinuum an
autismusspezifischen Problemverhalten gerecht, da auch „kognitive VT für
Individuen am oberen Ende des Spektrums miteinbezogen werden kann“
(Bernard-Opitz, 2009, S. 242). In weiterer deutscher Fachliteratur lässt sich der
Begriff AVT bislang nicht finden31.
5.1 Ausbildung
Freitag bemerkt, dass viele der verhaltenstherapeutischen Interventionen für
Kinder mit ASS „eine spezifische Ausbildung, die bisher in Deutschland kaum
möglich ist“ verlangen (Freitag, 2008a, S. 141). Auch Keenan und Andere
bemängeln, dass “fully trained and qualified behavior analysts are non-existent in
the statutory sector and are urgently needed“, und weiter: “Germany needs
training courses at university levels” (Keenan u. a., 2010, S. 137).
30 Die Abkürzung AVT wird in der Psychologie auch für „apparative Verhaltenstherapie“ und den
„Anstrengungsvermeidungstest“ und „Asthma-Verhaltenstraining“ verwendet. Apparative
Verhaltenstherapie wird bei der Reinlichkeitserziehung von Kindern angewendet und bezeichnet
die Anwendung von Klingelgeräten, die beim Einnässen des Kindes ein Signal abgeben (Fegert,
2010). Der Anstrengungsvermeidungstest dient der Erfassung der „Neigung von Schülern,
schulischen Anstrengungen aus dem Weg zu gehen“ (Myschker, 2008, S. 182). AsthmaVerhaltenstraining ist ein Verhaltenstraining für asthmakranke Kinder (Schneider & Margraf, 2009).
31 Auch bei der Internetsuchmaschine „Google“ erzielte der Suchbegriff „Autismusspezifische
Verhaltenstherapie“ am 2.4.2011 lediglich 88 Treffer, eine Vielzahl davon wies auf noch in diesem
Jahr stattfindende Veranstaltungen hin, die wenigsten auf Forschungsvorhaben, Veröffentlichungen
oder Therapie-Angebote.
58
Freitag betont dabei, dass die grundlegenden verhaltenstherapeutischen
Prinzipien in anderen, in Deutschland etablierten (sonder)pädagogischen
Ausbildungsgängen, erworben werden können, was deren Umsetzung in
Kindergarten oder Unterricht ermöglicht (Freitag, 2008a).
Dies widerspricht jedoch der Auffassung der Autism Special Interest Group (SIG)
der Association for Behavior Analysis International. Diese Organisation hat sich
zum Ziel gesetzt, Nutzer/innen von ABA-Dienstleistungen, sowie die hochwertige
wissenschaftliche Forschung bezüglich ABA zu unterstützen.
Diese Organisation veröffentlichte 1998 die „Consumer Guidelines for Identifying,
Selecting, and Evaluating Behavior Analysts Working with Individuals with Autism
Spectrum Disorders“ und modifizierte diese in den Jahren 2004 und 2007 In
diesen Richtlinien wird ausdrücklich der Einsatz von Verhaltensanalytiker/innen,
die durch das Behavior Analyst Certification Board (BACB) zertifiziert sind, bei
ABA-Förderprogrammen für Kinder mit einer ASS empfohlen (Autism Special
Interest Group (SIG) of the Association for Behavior Analysis International,
2007).
Das BACB ist eine Non-Profit-Organisation, die 1998 gegründet wurde „to meet
certification needs identified by consumers such as state governments” (Matson,
2009, S. 12). Das BACB akkreditiert die Ausbildung von BCBAs (Board Certified
Behavior Analysts) und BCaBAs (Board Certified assistance Behavior Analysts).
Ein BCBA ist zurzeit die Ausbildung der mit der höchsten Qualifikation im Bereich
der angewandten Verhaltensanalyse im angelsächsischen Raum. Zum jetzigen
Zeitpunkt umfasst die BACB circa viertausend Absolventen in zwanzig
verschiedenen Ländern. Um das Zertifikates eines BCaBAs zu erlangen, müssen
folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

ein Bachelorabschluss in Verhaltensanalyse oder einem verwandten
Studiengang,

255 Theoriestunden über Verhaltensanalyse32,

1500 praktische Arbeitsstunden unter der Supervision eines BCBA.
Die Erlangung eines BCBA-Zertifikates verlangt neben den oben aufgeführten
Kriterien auch einen Masterabschluss in Verhaltensanalyse oder einem
ähnlichem Studiengang.
32 Diese entfallen, wenn bereits nachweisbare theoretische Kenntnisse über Verhaltensanalyse
durch eine Lehrtätigkeit, Veröffentlichungen oder eine Doktorarbeit erworben wurden.
59
In Europa gibt es zurzeit etwa hundert Personen mit BCBA- und BCaBAAbschluss, von denen allein 72 in Großbritannien und lediglich sechs, die in
Deutschland registriert sind33. Vergleicht man nun (sonder)pädagogische und
therapeutische Ausbildungsgänge in Deutschland mit den Standards einer
BCBA-Ausbildung, wird deutlich, dass ein BCBA wesentlich mehr theoretische
und praktische Kenntnisse der angewandten Verhaltensanalyse vermittelt, als ein
(sonder)pädagogisches oder psychologisches Studium in Deutschland. Auch die
drei-
bis
fünfjährige
Jugendlichenpsychotherapeut/in
Ausbildung
mit
dem
zum/zur
Schwerpunkt
Kinder-
und
Verhaltenstherapie
enthält derzeit nur wenige theoretische und praktische Elemente im Bereich der
Verhaltensanalyse. Keenan und Andere bestätigen, dass bis zum jetzigen
Zeitpunkt „the BCBA system is not formally compatible with academic
psychotherapy training in Germany“ (Keenan u. a., 2010, S. 137).
Bislang scheint es, als würde die Anerkennung und Etablierung von BCBAs in
Deutschland an der Unvereinbarkeit des amerikanischen und des deutschen
Sozialsystems scheitern.
Es gibt zurzeit jedoch einige Ansätze, dem Mangel an qualifizierten Kräften
entgegenzutreten und die Situation in Deutschland zu verbessern. Im Mai 2011
wurde die Deutsche Gesellschaft für Verhaltensanalyse e.V. (DGVA) von den in
Deutschland agierenden BCBAs und BCaBAs gegründet. Die DGVA hat es sich
zum Ziel gesetzt, eine dem BCBA gleichwertige Ausbildung in Deutschland zu
etablieren und auch an die internationale ABA-Forschung in Deutschland
anzuknüpfen. Wie dies in der Praxis umgesetzt werden soll, ist bislang jedoch
nicht bekannt.
Ein Anfang könnte der seit dem Wintersemester 2010 / 2011 an der
Fachhochschule Münster angebotene Masterstudiengang „Clinical Casework“ mit
dem Modul „Verhaltenstherapeutische Interventionen bei Autismus-SpektrumStörungen“ sein.
In Bremen wird vom Institut für Autismusforschung (IFA) in Zusammenarbeit mit
der Deutschen Gesellschaft für Verhaltenstherapie e.V (DGVT) bereits zum
vierten Mal die „Fortbildung in Autismustherapie“ angeboten, die unter Anderem
eine „Einführung in die hochwirksame autismusspezifische Verhaltenstherapie
(AVT)“ (IFA-Bremen, 2011) bietet.
Um die wissenschaftliche und praktische Qualität von ABA/VB zu erhalten,
33 Frankreich: 8, Schweiz: 1, Schweden: 6, Polen: 2; Niederlande: 3, Italien: 8, Griechenland: 2
(Behavior Analyst Certification Board, 2011).
60
umzusetzen und für alle Kinder mit ASS verfügbar zu machen, bedarf es einer
intensiven und spezifischen Ausbildung, die sich in Deutschland erst noch
großflächig etablieren muss.
5.2 Home-based-intervention
Aufgrund der oben geschilderten Situation in Deutschland finden zurzeit
hauptsächlich home-based-interventions, also Interventionen im häuslichen
Umfeld der Kinder statt. ABA/VB ist in jeder Institution, in der mit Kindern mit ASS
gearbeitet wird, einsetzbar.
Bei einer home-based-intervention sollte das Förder-Team aus einem Board
Certified Behavior Analyst (BCBA)34, das heißt aus einem oder einer
Verantwortlichen, und mehreren Tutor/innen35 bestehen. Für die Tätigkeit als
Tutor/in ist keine spezielle Ausbildung vonnöten, es sollte jedoch Spaß an der
Arbeit mit dem Kind, ein grundlegendes Verständnis von ASS und eine intensive
Einarbeitung in das Thema ABA/VB gewährleistet sein. Die oder der
Verantwortliche informiert die Eltern, führt eine umfassende Verhaltensanalyse
durch, nimmt die Einstufung anhand der ABLLS-R vor, legt gemeinsam mit den
Eltern die Förderziele fest, modifiziert und evaluiert diese und leitet die
Tutor/innen und Eltern in der praktischen Arbeit mit dem Kind an. In Kapitel 5.5.1
wird die Zusammensetzung des behandelnden Teams und der Ablauf einer
home-based-intervention nach ABA/VB anhand des Instituts Knospe-ABA
genauer erläutert.
5.3 Finanzierung
ASS wird in Deutschland als eine Krankheit eingestuft, die nicht „heilbar“ ist. Der
gemeinsame Bundesausschuss (GBA) der (Zahn-) Ärztinnen und (Zahn-) Ärzte,
Psychotherapeut/innen und der Krankenhäuser in Deutschland bestimmt anhand
von Leitlinien den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung
(GKV). Diese Leitlinien legen fest, welche Leistungen der medizinischen
Versorgung von den Krankenkassen erstattet werden. In der Auflistung der
anerkannten Therapien ist für Menschen mit ASS keine Therapie indiziert, die
von den Krankenkassen übernommen würde. Daher ist die gesetzliche
Krankenversicherung bislang nicht verpflichtet, eine Therapie (wie dies bei
34 In jedem Fall sollte ein BCBA die Förderung und die daran beteiligten Lehrenden supervisieren.
35 Häufig wird auch das Wort Co-Therapeut/in verwendet.
61
anderen Krankheiten der Fall ist) zu zahlen. Stattdessen wird die Finanzierung
von autismusspezifischen Interventionen durch die Sozial- und Jugendämter
realisiert. Lediglich die Behandlung der komorbiden Störungen kann eventuell
über die Krankenkassen abgerechnet werden.
Grundsätzlich bestehen folgende gesetzliche Möglichkeiten, Kinder mit ASS zu
behandeln und zu fördern:

Das Kinder- und Jugendhilfe-Gesetz (SGB VIII) garantiert in §35a
Kindern, die „seelisch“ behindert oder von einer seelischen Behinderung
bedroht sind, einen Anspruch auf Eingliederungshilfe. Diese Leistungen
werden von den Jugendämtern gewährt

Der Anspruch auf Eingliederungshilfe, den Kinder und Jugendliche haben,
die „körperlich oder geistig“ behindert sind oder von einer solchen
Behinderung bedroht sind, leitet sich aus dem Rehabilitationsrecht (SGB
XII, §§53ff) her. Dieses Gesetzbuch ist der Nachfolger des ehemaligen
Bundessozialhilfegesetzes; die Leistungen werden von den Sozialämtern
gewährt.

Früherkennung
von
Krankheiten,
Krankenbehandlungen
und
medizinische Rehabilitation werden vor allem von Ärztinnen und Ärzten
und
anerkannten
Psychotherapeut/innen
erbracht
und
von
den
Krankenkassen bezahlt (SGB V).
Es erschließt sich ohne Weiteres, dass bei ASS die Abgrenzung zwischen
geistiger und seelischer Behinderung nicht leicht fallen kann. Auch die
wissenschaftliche Frage, ob ASS eine Behinderung oder eine Krankheit ist,
erzwingt praktische Konsequenzen: Nach Rehabilitationsrecht dürfen nur
Leistungen gewährt werden, wenn eine nach ICD-10 eingestufte Behinderung
vorliegt, nicht bei Krankheit oder Erziehungsdefiziten. Die Unsicherheit für
Kostenträger und Eltern wird verstärkt durch die in dieser Master-Arbeit
diskutierte Frage, welche Art der Förderung die richtige für Kinder mit ASS ist.
Außerdem kann das Interesse der Kostenträger, eigene Kosten zu minimieren,
zu Unsicherheiten für die betroffenen Familien führen. Grundsätzlich sind die
Leistungen nach SGB VIII und IX nachrangig; sie werden nicht getragen, wenn
es andere Möglichkeiten gibt, die Kosten zu tragen, beziehungsweise gehen die
Träger nur in Vorleistung (Subsidaritätsprinzip). Die Bundesregierung sieht dies
62
kritisch: „Die unterschiedliche Behandlung seelisch behinderter Jungendlicher
einerseits und körperlich und geistig behinderter Kinder andererseits führt in der
Praxis immer wieder zu Zuständigkeitsstreitereien“ (Wiesner, 2006, S. 452).
Dabei sah der Gesetzgeber die Notwendigkeit der Frühförderung von Kindern
durchaus: Die Paragraphen 30 und 56 SGB IX geben den Eltern von Kindern mit
Behinderungen den Anspruch auf „einheitliche Komplexleistungen (…). Sie
umfassen
therapeutische,
psychologische,
heilpädagogische,
sonderpädagogische sowie psychosoziale Leistungen und die Beratung der
Erziehungsberechtigten, in der Regel durch interdisziplinäre Frühförderstellen
oder sozialpädiatrische Zentren. Eine in 2003 in Kraft getretene Verordnung
enthält die erforderlichen Bestimmungen zur Abgrenzung der Leistungen und zur
Kostenteilung zwischen den Rehabilitationsträgern“ (Haines, 2006, S. 467).
Zurzeit werden Interventionen für Menschen mit ASS meist über die
Autismustherapiezentren (ATZ) in Form von zwei ambulanten wöchentlichen
Therapiesitzungen, die in der Regel eine Dreiviertelstunde dauern, geleistet.
Diese verfolgen jedoch häufig keinen einheitlichen Gesamt-Therapieplan: „(…)
the everyday reality of autism interventions looks very different. Most so-called
autism therapy centers choose an eclectic, polypragmatic approach mainly based
on therapist preference, i.e., every therapist does what he or she thinks might be
useful” (Keenan u. a., 2010, S. 131). Röttgers betont ebenfalls, dass die Therapie
in ATZ sich häufig nicht nach evidenzbasierten Interventionsansätzen, sondern
nach Vorliebe und Qualifikation der Therapeut/innen richtet (Röttgers, 2011).
Eltern, die sich mit den zweistündigen ambulanten Therapiesitzungen in den ATZ
nicht zufrieden geben wollen und sich aufgrund eigener Recherchen für eine
intensive ABA/VB-Therapie ihres Kindes entscheiden, werden vor das Problem
gestellt, selber die Finanzierung organisieren zu müssen: “(…) in Germany (…)
statutory ABA-based services that are free to the end user are virtually nonexistent. In most cases parents still lose their fight for funding home-based early
intensive behavioral intervention programs and end up funding them themselves”
(Keenan u. a., 2010, S. 125). Dies bedeutet meist einen erheblichen
behördlichen Aufwand und ist nicht zuletzt abhängig vom sozialen Status der
Eltern und von der persönlichen Einschätzung des/der Amtsarztes/Amtsärztin
oder des zuständigen Sozialamtes.
63
Zusätzlich zu den oben beschriebenen Finanzierungsmöglichkeiten können
folgende Leistungen der Pflegekasse in Anspruch genommen werden: Das
Pflegegeld, welches, abhängig von der festgestellten Pflegestufe, monatlich
gezahlt wird; die Verhinderungspflege, die einmalig für bis zu 28 Kalendertage im
Jahr gezahlt wird und die sogenannte erhöhte zusätzliche Betreuungsleistung,
die über einen anerkannten Pflegedienst abgerechnet werden muss.
Die Pflegekasse finanziert jedoch nur Betreuung und keine „Therapie“. Demnach
können die Ansprüche an die Pflegekasse offiziell nicht die Finanzierung von
Tutor/innen für eine intensive ABA/VB-Intervention unterstützen. Die Rechtslage
ist sehr komplex und es sind oft langwierige Prozesse notwendig um den
Anspruch einzuklagen36.
5.4 ABA/VB-Anbieter in Deutschland
In Deutschland gibt es zurzeit vier kommerzielle Anbieter von ABA/VB, die eine
home-based-intervention nach dem oben beschriebenen Modell anbieten. Dazu
zählen das Melody Learning Center in Donaueschingen, die Praxis von Mareike
Overhof in Göttingen, die Praxis von Cathrin Wolf in Braunschweig und das
Institut Knospe-ABA in Hespe. Es sind auch noch die Praxis von Melanie Taxer
in Rosenheim, Bautismus in Bruchsal das Early Autism Projekt in Stuttgart und
das Bremer Elterntraing (BET) in Bremen zu nennen. In diesen Institutionen wird
allerdings nicht explizit nach ABA/VB, sondern eher nach dem klassischen ABAAnsatz unterrichtet37.
Die erste und bislang größte Institution, die home-based-interventions für Kinder
mit ASS in Deutschland anbietet, ist das Institut Knospe-ABA.
Da die in Kapitel 6. beschriebene empirische Studie mit Daten von Kindern, die
durch das Institut Knospe-ABA betreut werden, realisiert wurde, soll das Institut
Knospe-ABA und seine Arbeitsweise im folgenden Kapitel vorgestellt werden.
36 Dies wird in zahlreichen Internetforen, in denen sich betroffene Eltern austauschen können,
deutlich. So zum Beispiel auf den Webseiten des Bundesverband ABA-Eltern e.V. (ABA-Eltern
e.V., 2011)
37
Alle Adressen sind im Literaturverzeichnis zu finden.
64
5.5 Das Institut Knospe-ABA
Das Institut Knospe-ABA wurde im Jahr 2004 von Robert Schramm (MA, BCBA)
und seiner Frau Nadine Knospe gegründet und ist in Deutschland das am
längsten praktizierende Institut mit den meisten Klient/innen, das eine Förderung
nach ABA/VB für Kinder mit ASS anbietet. Der Name, der sich aus dem
Nachnamen von Nadine Knospe ergibt, soll gleichzeitig ein Sinnbild für die
Entwicklung eines Kindes mit Autismus darstellen. Zusammen mit seinem Team
bietet Robert Schramm Workshops und Beratungen für Familien mit Kindern mit
ASS und ähnlichen Entwicklungsstörungen in Europa an. Diese hauptsächlich in
Deutschland, Österreich und in der Schweiz stattfindenden Workshops
beinhalten die Entwicklung von Förderprogrammen nach den Prinzipien der
ABA/VB-Methode. Zudem geben er und sein Team Workshops in Schulen,
Kindergärten, Autismustherapiezentren und ähnlichen Einrichtungen. Das Team
des Instituts Knospe-ABA unterstützt zurzeit die Förderung von über dreihundert
Kindern in Deutschland und den umliegenden deutschsprachigen Ländern. Der
Sitz des Instituts liegt im niedersächsischen Hespe, die Mitarbeiter/innen sind
jedoch in ganz Deutschland situiert. Dem Institut zufolge besteht eine lange
Warteliste und ständig werden neue Anfragen von Familien aus ganz
Deutschland an das Institut herangetragen.
Es wurde bislang eine knapp dreijährige (zwischen Januar 2004 und Dezember
2006) interne Evaluation mithilfe von Elternbefragungen hinsichtlich der
Fortschritte der Kinder und der Zufriedenheit der Eltern durchgeführt. Dem
Institut zufolge lieferte diese durchweg positive Ergebnisse. Eine externe
Evaluation wurde 2009 von Oefner realisiert. In dieser Studie (n=30) untersuchte
sie mithilfe von Fragebögen die Zufriedenheit der Eltern mit einer ABA/VBIntervention durch das Institut Knospe-ABA. Die Studie konnte folgende
Hypothese verifizieren: „Die Förderung nach ABA/VB ist, gemessen an der
Zufriedenheit der Eltern, in besonderem Maße geeignet, um die ganzheitliche
Entwicklung von Kindern mit einer Autismus- Spektrum- Störung zu fördern“
(Oefner, 2009, S. 126).
5.5.1 Mitarbeiter/innen
Das Team des Instituts Knospe-ABA besteht insgesamt aus sechzehn
Mitarbeiter/innen sowie zurzeit zwei Voluntären. Hinzu kommen zahlreiche
Tutor/innen, meist Student/innen, die nebenamtlich in den Familien arbeiten.
Diese sind nicht beim Institut Knospe-ABA, sondern direkt bei den Familien
angestellt. Fünf der Mitarbeiter/innen (Robert Schramm, Benno Böckh, Veneta
65
Dimitrova,
Mike
Myers
und
Silva
Kleinfeld)
sind
staatlich
anerkannte
Verhaltensanalytiker (BCBA). Die elf weiteren Mitarbeiter/innen werden als
Consultants (Berater/innen) bezeichnet, besitzen unterschiedliche Qualifikationen
(Diplom-Psycholog/in,
Diplom-Sozialpädagog/in,
Diplom-Sozialarbeiter/in,
Diplom-Ergotherapeutin, Erzieher/in) und arbeiten in Vollzeit für das Institut
Knospe-ABA.
Zwei
der
Consultants
arbeiten
berufsbegleitend
an
der
Qualifizierung zum BCaBA und BCBA. Jede/r der Berater/innen ist für etwa
fünfzehn bis zwanzig Familien zuständig. Die Zuordnung der Berater/innen zu
den Familien erfolgt abhängig vom Wohnort. Alle Mitarbeiter/innen haben an
verschiedenen Weiterbildungen und Workshops zu dem Thema ABA/VB
teilgenommen und sich zusätzlich vor Beginn ihrer Arbeit einem intensiven
Training durch den Leiter und Supervisor des Instituts unterzogen.
5.5.2 Ziel und Philosophie
Ziel des Instituts Knospe-ABA ist es, Eltern, Lehrer/innen, Erzieher/innen,
Therapeut/innen, Psycholog/innen und anderen Fachkräften das Konzept von
ABA und VB zu vermitteln, damit diese Kinder mit ASS bestmöglich fördern
können. Die damit zusammenhängende Philosophie des Instituts Knospe-ABA
wird von Robert Schramm auf der Internetseite des Instituts publiziert: „Kinder mit
einer Autismus-Spektrum-Störung können und werden von ihrem Umfeld und
von der ABA-Methode lernen. Durch die Wissenschaft der angewandten
Verhaltensanalyse (Applied Behavior Analysis - ABA) und Verbal Behavior
können wir ihr Umfeld auf verschiedene Art und Weise verändern, um somit zu
einer deutlich verbesserten Lebensqualität beizutragen“ (Institut Knospe-ABA).
5.5.3 Arbeitsweise
Die Förderung eines Kindes mit ASS nach ABA/VB durch das Institut KnospeABA beinhaltet verschiedene Schritte, die im Folgenden kurz dargestellt werden.
5.5.3.1 Kontaktaufnahme
Eltern eines Kindes mit ASS oder ähnlichen Entwicklungsstörungen wenden sich
telefonisch oder schriftlich an das Institut Knospe-ABA. Diese sind meist durch
Freund/innen, Bekannte, durch Literaturrecherche oder durch das Internet auf
das Institut Knospe-ABA aufmerksam geworden. Daraufhin sollten die Eltern
(und
mögliche
wichtige
Bezugspersonen)
an
einem
ABA/VB-
Einführungsworkshop teilnehmen, der normalerweise zwei Mal im Jahr
angeboten wird. In diesem Workshop werden den Eltern und Bezugspersonen
66
erste theoretische Grundlagen der ABA/VB-Methode vermittelt. Die Eltern
werden bezüglich der Finanzierungsmöglichkeiten einer ABA/VB-Intervention im
Vorfeld meist per E-Mail oder Telefon beraten. Wenn die Eltern sich nach dem
Einführungsworkshop entscheiden, eine Förderung ihres Kindes nach ABA/VB
zu beginnen, wird eine Erstberatung festgelegt, die in der Regel drei Tage
dauert. Die Länge der Erstberatung hängt davon ab, wie schnell sich Eltern,
Tutor/innen und Bezugspersonen sicher genug fühlen, um ABA/VB mit ihrem
Kind auch ohne eine präsente Beratungsperson durchzuführen. Bestenfalls
sollten sich die Eltern zudem vor dem Erstberatungstermin um Tutor/innen
bemühen und sich in das Thema ABA/VB einlesen.
5.5.3.2 Erstberatung
Bei der Erstberatung, die in der häuslichen Umgebung des Kindes stattfindet, ist
die/der für den Wohnort der Familie zuständige Berater/in anwesend. Nach
Möglichkeit sollten zudem die gesamte Familie, die Tutor/innen und sonstige
Bezugspersonen des Kindes zugegen sein. Im Laufe der drei Tage werden dann
das Verhalten und die Fähigkeiten des Kindes analysiert und anhand ABLLS-R
eingeordnet. In jedem Fall werden die Fähigkeiten der ersten neun Kategorien (A
bis I) getestet und eingestuft. Bei einigen Kindern, die bereits viele Fähigkeiten
zeigen, werden auch die restlichen Kategorien eingestuft. Meist geht es in der
Erstberatung vorwiegend darum, den Eltern, Bezugspersonen und Tutor/innen zu
vermitteln, wie sie die Unterrichtskontrolle erreichen können, damit das Kind
Spaß und Freude am Lernen findet und somit eine erhöhte Lernbereitschaft zeigt
(siehe Kapitel 5.3).
Auf Basis der Protokollierung und Auswertung des ABLLS-R-Verfahrens sowie
der Beobachtungen und Verhaltensanalyse wird der jeweilige Förderplan erstellt.
Die Eltern, Geschwister, Bezugspersonen und mögliche Tutor/innen werden von
den Berater/innen in der praktischen Arbeit mit dem Kind angelernt. Der jeweilige
individuelle Förderplan des Kindes enthält unter Anderem genaue Einzelziele für
jede Fähigkeit, die das Kind lernen soll. Ziel ist es vor Allem, insbesondere die
Eltern so anzuleiten, dass sie die ABA/VB-Prinzipien während der Interaktion mit
dem Kind in den Alltag einfließen lassen können, um somit - wann immer möglich
- am Aufbau von angemessenen Verhaltensweisen und Fähigkeiten zu arbeiten.
Anschließend sollen nun die Eltern, Bezugspersonen und Tutor/innen nach den
Prinzipien von ABA/VB anhand des Förderplans mit dem Kind arbeiten. Bei
Fragen und Problemen können sie sich telefonisch, per Video oder schriftlich an
den/die zuständige Berater/in wenden.
67
5.5.3.3 Folgeberatungen
Nach der dreitägigen Erstberatung finden im ersten Förderjahr Folgeberatungen
im Regelfall an einem Tag monatlich, statt (je nach Bedarf auch alle zwei Monate
an zwei Tagen). Im zweiten Jahr der Förderung kann der Beratungsumfang
oftmals schon reduziert werden auf beispielsweise einen Beratungstag alle sechs
Wochen. Die Häufigkeit richtet sich jedoch stets nach dem individuellen Bedarf
der Familie und ist deshalb recht unterschiedlich. In diesen Folgeberatungen wird
der Förderplan kontrolliert, angepasst und weiterentwickelt. Außerdem können
mögliche Probleme besprochen werden.
Der/die Berater/in sollte auch dabei behilflich sein, Tutor/innen anzulernen oder
weitere Bezugspersonen des Kindes (Erzieher/innen, Lehrer/innen etc.) über die
Förderung des Kindes aufzuklären. Im Anschluss an die Beratungstermine, die
sowohl bei den Familien zu Hause als auch in der Schule, dem Kindergarten
oder in sonstigen relevanten Institutionen stattfinden können, aktualisiert der/die
zuständige Berater/in einen aktuellen Förderplan. Sollte es nötig sein
überarbeitet er oder sie die ABLLS-R-Ziele, die den Familien daraufhin
zugesandt werden. Wie oft Beratungstermine stattfinden, wird individuell
festgelegt. Außerdem bietet das Institut Knospe-ABA einen weiteren Workshop
an, in dem fortgeschrittene Unterrichtsmethoden behandelt werden, die von den
Eltern, Bezugspersonen und Tutor/innen besucht werden können.
68
6. Empirische Studie
„Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) sind bei den einschlägigen Experten wie
auch in Forschung und Medien populär geworden“ (Poustka, 2011, S. 73). Nicht
allein durch den 2009 veröffentlichten Bericht des Health Technology
Assessment (siehe Kapitel 3.1) steigt die Bekanntheit von ABA/VB für Kinder mit
ASS, insbesondere in Deutschland rapide.
Das oben beschriebene Institut Knospe-ABA ist die derzeit größte Institution in
Deutschland, die eine häusliche ABA/VB-Förderung für eine Vielzahl von Kindern
mit ASS anbietet.
Es stellt sich die Frage ob, und wenn ja welche Ergebnisse die dortige Förderung
der Kinder zeigt.
Ist die Förderung nach der ABA/VB-Methode effektiv, lernen die Kinder hinzu?
Welche Fähigkeiten können Kinder mit ASS durch eine solche Förderung lernen,
welche nicht? Ist es wichtig früh mit der Förderung zu beginnen, oder zeigen sich
Ergebnisse erst nach langen Jahren elterlicher und professioneller Förderung?
Selbstverständlich können im Rahmen einer Master-Arbeit solche Fragen nicht
vollständig beantwortet werden. Es können jedoch einige Ergebnisse der
Förderung beschrieben werden – um anschließend weiteren Forschungsbedarf
aufzuzeigen. Aussagekräftig könnte etwa sein, wie schnell Kinder auf die
Förderung ansprechen: Zeigen sich schon Ergebnisse im ersten Förderjahr?
Welche Fähigkeiten lernen die Kinder durch diese Fördermethode? Ist eine
besonders frühe Förderung besonders effektiv?
Ausschlaggebend
für
die
Forschungsplanung
war
die
technische
und
methodische Durchführbarkeit im Rahmen einer Master-Arbeit.
Es soll deskriptiv dargestellt werden, welche und wie viele Fähigkeiten Kinder mit
ASS, die durch eine ABA/VB- basierte Intervention durch das Institut KnospeABA, gefördert werden und wurden, innerhalb des ersten Jahres der Förderung
erworben haben. Zudem soll eine mögliche Korrelation zwischen dem Alter der
Kinder bei Förderungsbeginn und dem erzielten Fortschritt untersucht werden.
69
6.1 Methodik, Daten- auswahl und -eingabe
Aufgrund des vorhandenen Datenmaterials soll ein quasiexperimenteller
Eingruppen-Pretest-Posttest-Plan realisiert werden (Bortz & Döring, 2006).
Vom Institut Knospe-ABA wurden für das Forschungsvorhaben alle ABLLS-RDaten38 (siehe Kapitel 4.6.8.2) anonymisiert zur Verfügung gestellt, die dort seit
der Gründung des Instituts im Jahr 2004 bis März 2011 angefallen waren. Es
handelt sich hierbei um 302 Datensätze. Somit kann eine Vorauswahl durch das
Institut Knospe-ABA ausgeschlossen werden. Die Grundgesamtheit der Daten
repräsentiert demnach eine Vollerhebung.
Das Institut Knospe verfügt für jedes Kind über einen Dateiordner in dem alle
relevanten Informationen gesammelt werden (Briefe, ABLLS-R-Einstufungen,
Berichte etc.). Dieser wird ständig von den zuständigen Berater/innen
aktualisiert. Durch Einsicht in die Ordner konnte zu jedem ABLLS-R-Datensatz
das Geburtsdatum des jeweiligen Kindes ermittelt werden.
Da sich bei der Durchsicht der Datensätze herausstellte, dass nicht alle
vollständig ausgefüllt waren, mussten aus der Grundgesamtheit Datensätze
ausgewählt werden um die Daten vergleichen zu können. Weil Lernerfolge im
ersten Förderjahr beschrieben werden sollen, mussten auch Fälle eliminiert
werden, in denen die Förderung (bisher) kürzer dauerte. Ferner mussten
überhaupt Ergebnisse im relevanten Zeitraum erhoben worden sein; das heißt es
musste eine Einstufung der Fähigkeiten des Kindes nach einem Jahr Förderung
vorgenommen worden sein. Auch dies war nicht überall der Fall. Den relevanten
Zeitraum grenzte ich aus Gründen der Praktikabilität auf den Zeitraum von zehn
bis 13 Monaten nach der Erstberatung ein. Folglich waren die Daten der
Grundgesamtheit nach folgenden Kriterien zu filtern:
 Der Datensatz ist vollständig ausgefüllt;
 das Datum der Erstberatung liegt mindestens zehn Monate oder länger
zurück;
 es ist ein Beratungsdatum vorhanden, das zwischen zehn und 13
Monaten nach dem Erstberatungsdatum liegt und an dem eine ABLLS-REinstufung stattgefunden hat.
38 Diese enthalten neben den Einstufungen auch die Termine der Beratung und das Geschlecht
des Kindes.
70
Aufgrund der oben genannten Kriterien konnten nur 170 von 302 Datensätzen in
der Datenanalyse verwendet werden. Die in dieser empirischen Studie
untersuchte Fallzahl beträgt folglich n=170, immerhin mehr als die Hälfte (56,3%)
der bisher im Institut Knospe-ABA geförderten Kinder.
Die Daten lagen in Form von elektronischen Tabellen vor, die mit dem MicrosoftRechenprogramm Excel verfasst waren39. Diese Tabellen enthielten graue
Markierungen für alle Fähigkeiten, die die Kinder schon zum Zeitpunkt der
Erstberatung zeigten. Die Tabellen waren dann jeweils aktualisiert worden: Jede
zusätzliche Fähigkeit des betreffenden Kindes war farbig markiert worden. Die
Farbe symbolisierte ein Beratungsdatum. Bei der Auswertung konnten nun also
durch Auszählen erste Ergebnisse erhalten werden.
Um die Anzahl der Fähigkeiten beim Erstberatungstermin für die jeweiligen
Bereiche (A-Z) zu erhalten, wurden die grau markierten Felder ausgezählt und
jedes Kriterium als eine Fähigkeit gewertet. Die Anzahl der Fähigkeiten bei der
Erstberatung wurde mit A1, B1, C1…Z1 bezeichnet. Um die Anzahl der
Fähigkeiten bei der Folgeberatung zu erhalten, wurden die bunt markierten
Felder ausgezählt und zu der Anzahl der Fähigkeiten beim Erstberatungstermin
(graue Felder) addiert. Diese wurden mit A2, B2, C2…Z2 bezeichnet.
Um Fehler bei der Dateneingabe zu vermeiden und zur Qualitätssicherung
beizutragen, wurde folgende Vorgehensweise gewählt:
 Programmierung von Excel-Makros, die den Farben die Zahl des
Colourindexes zuweisen,
 Definieren von Excel-Funktionen „Zähle wenn“ für die mithilfe der ExcelMakros gewonnen Zahlen des Colourindexes für A1 bis Z1 und für A2 bis
Z2,
 Kontrolle der Dateneingabe durch zwei weitere unabhängige Personen40
und Vergleich der Ergebnisse.
39
40
In leerer Form ist eine Übersicht der ABLLS-R Excel-Tabelle in Anhang 9.1 zu finden.
Indah Siemon und Anna Taube
71
Zur Verdeutlichung der Vorgehensweise wird das folgende Beispiel (Abbildung 7)
der
ABLLS-R-Kategorie
E
(36
Kriterien)
gegeben.
Hier
sind
zum
Erstberatungszeitpunkt E1 (grau) 34 und zum zweiten Zeitpunkt der Einstufung
E2 (grau und rot) 35 Fähigkeiten vorhanden:
15
15
15
15
15
15
15
15
15
15
15
15
15
15
15
15
15
15
E
verbale
Imitation
E1
E2
9
9
9
9
15
15
15
15
15
15
15
15
15
3
15
15
9
9
7
8
grau:
Colourindexnummer 15;
rot:
Colourindexnummer 3;
Ergebnis:
15
15
15
15
15
E1
9
9
9
7
E1 = 9 + 9 + 9 + 7 = 34
E2
9
9
9
8
E2 = 9 + 9 + 9 + 8 = 35
mithilfe der Excel-Funktion „zählewenn15“ (E1)
und „zählewenn15 + zählewenn3“ (E2)
gewonnene Werte
Abbildung 7: ABLLS-R Excel-Tabelle Kategorie E
Aus dieser rein quantitativen Übersicht lassen sich keine validen Ergebnisse
gewinnen. Um Antworten auf die eingangs in Kapitel 6 formulierten Fragen zu
erhalten, mussten die Daten unter relevanten Gesichtspunkten summiert und
eingeteilt werden. Dies geschah mithilfe des Statistikprogrammes SPSS 18
(Statistical Package for the Social Sciences). Folgende Variablen konnten
aufgrund der Excel-Tabellen entwickelt werden:

Datum der Erstberatung,

Datum der relevanten Folgeberatung,

Geburtsdatum der Kinder,

Geschlecht der Kinder,

Anzahl der Fähigkeiten der Kinder zum Zeitpunkt der Erstberatung
(A1; B1;C1…Z1),

Anzahl der Fähigkeiten der Kinder nach zehn bis 13 Monaten (A2;
B2;C2…Z2).
Diese Variablen beschreiben jeweils einzelne Kinder. Um die Forschungsfragen
zu beantworten, bedurfte es geeigneter Untersuchungsvariablen: Benötigt
wurden Angaben über das Alter der Kinder sowie vergleichende Angaben über
72
ihre Fähigkeiten zu verschiedenen Zeitpunkten. Das Alter der Kinder zum
Förderungsbeginn lässt sich auf Basis ihrer Geburtsdaten und dem Termin der
Erstberatung errechnen. Um eventuelle Zeitfenster für Lernfortschritte genauer
eingrenzen zu können, wurde das Alter sowohl in Jahren als auch in Monaten
errechnet. Die ABLLS-R-Kriterien können dazu genutzt werden, den Anteil
beherrschter Fähigkeiten im Vergleich zu den Fähigkeiten von neurotypisch
entwickelten Kindern zu beschreiben. Am einfachsten lässt sich dieser Anteil in
Prozent ausdrücken. Dieser Prozentsatz kann an zwei Zeitpunkten erhoben
werden. Also wurden mit SPSS folgende neue Variablen berechnet:

Alter der Kinder beim Erstberatungstermin in Jahren,

Alter der Kinder beim Erstberatungstermin in Monaten,

prozentuale Fähigkeiten beim Erstberatungstermin für jede ABLLS-RKategorie

prozentuale Fähigkeiten nach zehn bis 13 Monaten für jede ABLLS-RKategorie,

prozentualer Fortschritt für jede ABLLS-R-Kategorie.
6.2 Deskriptive Darstellung der Daten
Insgesamt bestehen die ABLLS-R-Fähigkeiten aus 25 Kategorien mit 544
Kriterien, die im Folgenden noch einmal kurz aufgeführt werden (siehe auch
Anhang 9.1):
A.
Verstärkereffektivität und Kooperation (30 Kriterien),
B.
visuelle Leistungsfähigkeit (76 Kriterien),
C.
rezeptive Fähigkeit (162 Kriterien),
D.
motorische Imitationsfähigkeit (46 Kriterien),
E.
sprachliche Imitationsfähigkeit (36 Kriterien),
F.
Bedürfnisäußerung (68 Kriterien),
G.
Benennungsfähigkeit (142 Kriterien),
H.
intraverbale Fähigkeit (164 Kriterien),
I.
Fähigkeit des spontanen Vokalisierens (28 Kriterien),
J.
Syntax- und Grammatikfähigkeit (44 Kriterien),
K.
Spiel- und Freizeitfähigkeit (36 Kriterien),
L.
soziale Interaktionsfähigkeit (58 Kriterien),
M.
Fähigkeit in der sozialen Umgebung (34 Kriterien),
N.
Schulfähigkeit (24 Kriterien),
73
P.
Generalisierungsfähigkeit (12 Kriterien),
Q.
Lesefähigkeit (48 Kriterien),
R.
Mathematikfähigkeit (72 Kriterien),
S.
Schreibfähigkeit (32 Kriterien),
T.
Buchstabierfähigkeit (24 Kriterien),
U.
Anziehfähigkeit (32 Kriterien),
V.
Essfähigkeit (20 Kriterien),
W.
Körperpflegefähigkeit (14 Kriterien),
X.
Toilettengangfähigkeit (22 Kriterien),
Y.
grobmotorische Fähigkeit (28 Kriterien),
Z.
feinmotorische Fähigkeit (28 Kriterien)
Die Fähigkeiten A bis I wurden bei allen 170 Kindern sowohl bei der ersten als
auch bei der zweiten relevanten Einstufung nach zehn bis 13 Monaten getestet.
Ob und welche Fähigkeiten der Kategorien J bis Z getestet wurden, hing davon
ab, über wie viele Fähigkeiten der Kategorien A bis I die Kinder beim
Erstberatungstermin bereits verfügten und wie der individuelle Förderplan jedes
Kindes aussah. Es lag im Ermessen der Berater/innen des Instituts Knospe-ABA,
welche Fähigkeiten der Kategorien J bis Z getestet wurden.
Aus diesem Grund wurden die Fähigkeiten der Kategorien J bis Z nur bei einigen
Kindern getestet (91; 53,5 %). Bei 79 Kindern (46,5 %) wurde keine der
Fähigkeiten J bis Z innerhalb der ersten zehn bis 13 Monate getestet. Aber auch
bei den oben genannten 91 Kindern wurde nicht jede Kategorie von J bis Z
getestet. Keines der Kinder wurde im ersten Jahr der Förderung in allen
Kategorien (A bis Z) getestet. Die Anzahl der Kinder, bei denen die Fähigkeiten
der Kategorien J bis Z getestet wurden, wird daher stets bei der Beschreibung
der Daten mit angegeben.
74
Wie aus dem unten stehenden Kreisdiagramm (Abbildung 8) zu entnehmen ist,
sind von den 170 Kindern 141 männlichen (82,9 %) und 29 (17,1 %) weiblichen
Geschlechts. Diese Ungleichheit in der Geschlechterverteilung resultiert aus dem
in Kapitel 2 beschriebenen Mehrheitsverhältnis der ASS bei Jungen.
Abbildung 8: Geschlechterverteilung
Aus der unten stehenden Abbildung 9 ist zu entnehmen, dass die Kinder beim
Erstberatungstermin zwischen einem und 13 Jahren alt waren. Daraus ergibt sich
ein Mittelwert von 4,9. Demnach waren die Kinder durchschnittlich etwa vier
Jahre und neun Monate alt, als mit einer Förderung durch das Institut KnospeABA begonnen wurde. Da, wie in Kapitel 2.3 beschrieben, die Diagnose ASS
meist erst zwischen dem sechsten und dem neunten Lebensjahr gestellt wird, ist
dies als ein sehr junges Alter bei Förderungsbeginn zu werten. Ein möglicher
Erklärungsansatz hierfür könnte sein, dass sich Eltern schon bei ersten
Verdachtsmomenten und vor einer formal gestellten Diagnose (die häufig erst
nach langen Wartezeiten erfolgt) an das Institut Knospe-ABA wenden, um mit
einer Förderung ihres Kindes zu beginnen.
75
Abbildung 9: Alter der Kinder in Jahren beim Erstberatungstermin
Um die Darstellung und die später folgende Korrelationsanalyse übersichtlich zu
gestalten, wurde hier das Alter der Kinder in Jahren angegeben. Im Anhang 9.3
ist die deskriptive Statistik des Alters der Kinder in Monaten zu finden.
Die für die Studie relevanten Beratungstermine an denen eine ABLLS-REinstufung stattfand, liegen zwischen zehn und 13 Monaten. Bei allen Kindern
fanden in diesen zehn bis 13 Monaten weitere Beratungstermine statt, die jedoch
nur zum Teil einer ABLLS-R-Einstufung dienten. Diese wurden hier nicht erfasst.
Im Folgenden werden die ABLLS-R-Kategorien A bis I zunächst einzeln
ausführlich beschrieben und die Fähigkeiten und Fortschritte in den jeweiligen
Kategorien graphisch dargestellt.
76
6.2.1 Kategorie A: Verstärkereffektivität und Kooperation
Die ABLLS-R-Kategorie „Verstärkereffektivität und Kooperation“ (A) besteht aus
30 Kriterien. Jedes vorhandene Kriterium wird als eine Fähigkeit definiert. Die
Fähigkeiten aus dem Bereich A sind die Grundlage für eine erfolgversprechende
Lernsituation. Daher wird diesem Bereich zu Beginn jeder Förderung besonders
viel Beachtung geschenkt: „It is very important to develop the child`s cooperation
and to gradually thin the schedule of reinforcement for participation in learning
task“ (Partington, 2006, S. 30). Das Kind soll durch effektive Verstärker lernen,
mit den Personen in seiner Umwelt zu kooperieren und die ihm gestellten
Aufgaben zu befolgen. Dazu gehört unter anderem die Fähigkeit, angemessen
am Tisch zu sitzen, auf die Austeilung der Arbeitsmaterialien und eine
Arbeitsaufforderung zu warten und dann die gestellte Aufgabe zeitnah zu
erledigen (Partington, 2006). Konkrete Ziele in der Kategorie A sind zum Beispiel:
„Das Kind antwortet auf Instruktionen immer innerhalb von drei Sekunden“, oder:
„Das Kind reagiert auf soziale Verstärkung und arbeitet fünfzehn Minuten für ein
Lob“.
Aus dem unten stehenden Balkendiagramm (Abbildung 10) ist zu entnehmen,
dass die geförderten Kinder durchschnittlich 39,73 % der Fähigkeiten in der
Kategorie A zum Zeitpunkt der Erstberatung (A1) beherrschten. Zum Zeitpunkt
der Zweitberatung (A2) waren durchschnittlich 68,49 % der Fähigkeiten der
Kategorie A vorhanden. Somit wurde in dem Zeitraum zwischen Erst- und
Zweiteinstufung ein durchschnittlicher Fortschritt (A) von 28,76 % erzielt. Die
Kinder haben folglich durchschnittlich etwa zwölf neue Fähigkeiten erworben.
Abbildung 10: Kategorie A
77
6.2.2 Kategorie B: Visuelle Leistungsfähigkeit
Die ABLLS-R-Kategorie „Visuelle Leistungsfähigkeit“ (B) besteht aus insgesamt
76 Kriterien. Viele Kinder ohne oder nur mit sehr eingeschränktem sprachlichen
Ausdrucksvermögen zeigen „considerable strength
in attending to and
manipulating nonverbal stimuli“ (Partington, 2006, S. 30). Daher sollen bei den
ABLLS-R-Zielen der Kategorie B Fähigkeiten gefördert werden, die auf den
Stärken des Kindes aufbauen, so dass das Kind durch einfache, ihm nicht
schwer fallende Aufgaben Verstärkung erhalten kann. Somit erfährt das Kind
eine positive Lernerfahrung, während gleichzeitig die Fähigkeit trainiert wird, die
Aufmerksamkeit des Kindes gegenüber visuellen Reizen aus seiner Umwelt und
die Unterscheidungsfähigkeit zwischen verschiedenen Reizen zu fördern. Ein
Beispiel für eine Fähigkeit der Kategorie B ist das Matching (Zuordnen). Hier soll
das Kind lernen, gleiche oder ähnliche Gegenstände, Formen, Farben und
Handlungen einander zuzuordnen. Ein weiteres Beispiel ist die Fähigkeit,
Puzzles in unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen zu komplettieren.
Aus der folgenden Abbildung 11 ist zu entnehmen, dass die Kinder zu Beginn der
Förderung (B1) über 31,93 % der Fähigkeiten der Kategorie B verfügten. Nach
etwa einem Jahr ABA/VB-Intervention (B2) waren durchschnittlich 61,33 % der
Fähigkeiten vorhanden. Somit wurde ein durchschnittlicher Fortschritt (B) von
29,40 % erzielt. Dies entspricht etwa 22 neu erworbenen Fähigkeiten. Die Kinder
konnten ihre Fähigkeiten in dieser Kategorie demnach durchschnittlich fast
verdoppeln.
Abbildung 11: Kategorie B
78
6.2.3 Kategorie C: Rezeptive Fähigkeiten
Die ABLLS-R-Kategorie „Rezeptive Fähigkeiten“ (C) besteht aus insgesamt 162
Kriterien. Bei den rezeptiven Fähigkeiten geht es darum, das Sprachverständnis
des Kindes zu fördern. Dem Kind soll beigebracht werden, verschiedenen
einfachen bis schweren Anweisungen zu folgen sowie Wörter und Sätze rezeptiv
zu verstehen. Ein Beispiel für Fähigkeiten der Kategorie C ist, verschiedene
Gegenstände, Bilder, Körperteile oder Kleidungsstücke nach Aufforderung zu
zeigen, zu berühren oder zu holen. Die Fähigkeiten der Kategorie C sind
ebenfalls elementar für eine positive und erfolgreiche Unterrichtssituation. Denn
erst
wenn das Kind
gelernt
hat,
verschiedene sprachliche Reize
zu
diskriminieren, können auch komplexere Anweisungen gestellt werden.
Aus dem unten stehenden Balkendiagramm (Abbildung 12) ist zu entnehmen,
dass die Kinder zu Beginn (C1) 30,26 % der Fähigkeiten der Kategorie C
beherrschten. Nach etwa einem Jahr (C2) waren 51,58 % der Fähigkeiten
vorhanden. Dies bedeutet einen durchschnittlichen Fortschritt (C) von 21,32 %,
was einem Fähigkeitserwerb von etwa 35 Fähigkeiten entspricht.
Abbildung 12: Kategorie C
79
6.2.4 Kategorie D: Motorische Imitationsfähigkeiten
Die ABLLS-R-Kategorie „Motorische Imitationsfähigkeiten“ (D) besteht aus
insgesamt 46 Kriterien und entspricht dem von Skinner definierten verbalen
Operanten „mimetic“ (Skinner, 1957). Imitationsfähigkeit ist die Vorraussetzung
für fast alle Lernprozesse. “Teaching students with developmental delays to
imitate is a major step toward helping them overcome their delays“ (Lovaas,
2003, S. 85). Durch Imitation kann schnell und einfach komplexes Verhalten
gelernt werden. Neurotypisch entwickelte Kinder imitieren bereits im sehr frühen
Kindesalter. Da Kinder mit ASS aufgrund fehlender Motivation und Verstärkung
häufig nicht oder nur wenig imitieren, ist es ihnen meist nicht möglich, durch
Nachahmung von ihrer Umwelt zu lernen. Daher sollen in der Kategorie D
imitative Fähigkeiten gelernt werden, um sich auf verschiedenen Gebieten
weiterzuentwickeln. Zudem kann motorische Imitationsfähigkeit dazu beitragen,
“develop the student‟s ability to attend to an instruction for a longer period of time
and to attend to the dynamic characteristics of the requiered responses“
(Partington, 2006, S. 32). Beispiele aus der ABLLS-R-Kategorie D sind die
Imitation von grob- und feinmotorischen Bewegungen wie in die Hände Klatschen
oder Zungerausstrecken. Aus der unten stehenden Abbildung 13 ist zu
entnehmen, dass die Kinder zu Beginn der Förderung (D1) über 32,67 % der
Fähigkeiten der Kategorie D verfügten. Zum zweiten Messzeitpunkt (D2)
beherrschten die Kinder 63,51% der Fähigkeiten der Kategorie D. Somit wurde in
etwa einem Jahr Förderung ein durchschnittlicher Fortschritt (D) von 30,84 %
erzielt, was einem Erwerb von etwa 14 Fähigkeiten entspricht.
Abbildung 13: Kategorie D
80
6.2.5 Kategorie E: Sprachliche Imitationsfähigkeiten
Die ABLLS-R-Kategorie „Sprachliche Imitationsfähigkeiten“ (E) besteht aus
insgesamt 36 Kriterien. Nahezu alle Kinder mit ASS vokalisieren. Jedoch
verfügen die meisten von ihnen über keine oder nur über wenig expressive
Sprache, da sie nicht mithilfe von Wörtern kommunizieren. Aus diesem Grund
soll bei der Kategorie E der Grundstein für die Sprachentwicklung vor allem bei
nonverbalen Kindern gelegt werden. Sie entspricht dem von Skinner definierten
verbalen Operant „echoic“ (Skinner, 1957).
Die ersten Laute, die mithilfe der verbalen Imitation gelehrt werden, sollen für
Kinder, die keine oder nur wenige „Echofähigkeiten“ zeigen, einfache Laute sein,
die das Kind von sich aus in der Vergangenheit bereits produzierte. Ergänzt
werden sie durch einfache Laute, wie zum Beispiel „aah“, „eeh“, „buh“, „mmm“
oder „tut“. Schwierige Laute, wie beispielsweise Konsonanten, werden erst bei
Beherrschung der einfachen Laute gelehrt. Aus den einzelnen Lauten, die das
Kind im Laufe der Zeit gelernt hat, können dann Silben zusammengesetzt
werden. Diese werden anschließend zu Wörtern und zuletzt zu Sätzen
verbunden, die dann vom Kind imitiert werden sollen.
Aus der unten stehenden Abbildung 14 ist zu entnehmen, dass die Kinder zu
Beginn der Förderung (E1) durchschnittlich 34,15 % der Fähigkeiten der
Kategorie E beherrschten. Zum zweiten Messzeitpunkt (E2) beherrschten sie
durchschnittlich 50,98 % der Kategorie E. Demnach konnten die Kinder im ersten
Jahr der Förderung durchschnittlich etwa sechs Fähigkeiten erwerben, was 16,83
% der gesamten Kategorie E entspricht (E).
Abbildung 14: Kategorie E
81
6.2.6 Kategorie F: Bedürfnisäußerung
Die ABLLS-R-Kategorie „Bedürfnisäußerung“ (F) besteht aus insgesamt 68
Kriterien. Diese Kategorie entspricht der von Skinner definierten Kategorie des
„mand“ (Skinner, 1957). In dieser Kategorie geht es darum, dem Kind
beizubringen, auf nonverbale und verbale Art seine Bedürfnisse zu äußern. Dies
ist ebenfalls zu Beginn der Förderung sehr wichtig, da davon auszugehen ist,
dass jede Erweiterung der Kommunikationsmöglichkeiten positive Auswirkungen
auf das Sozialverhalten des Kindes hat. Aufgrund von fehlenden verbalen
Fähigkeiten haben Kinder mit ASS oftmals sozial unerwünschte oder
unangemessene Strategien (beispielsweise Schreien oder Weinen) entwickelt,
um an Verstärker oder Informationen zu gelangen und so ihre Bedürfnisse zu
befriedigen41. Demnach ist es unerlässlich, dem Kind durch das Erlernen von
angemessenen und sozial akzeptierten Verhaltensweisen die Möglichkeit zu
bieten, seinen Wunsch nach Verstärkung zu erfüllen. Beispiele hierfür sind das
Zeigen auf Gegenstände oder Personen, der Gebrauch von einfacher
Zeichensprache und für Kinder mit verbalen Fähigkeiten das Fragen nach
Gegenständen, Personen oder Aktivitäten mit einzelnen Wörtern oder ganzen
Sätzen. Aus der unten stehenden Abbildung 15 ist zu entnehmen, dass die
Kinder zum Zeitpunkt der Erstberatung (F1) durchschnittlich über 26,81% der
Fähigkeiten der Kategorie F verfügten. Im Laufe des ersten Jahres der ABA/VBFörderung wurden 18,37 % der Fähigkeiten hinzugewonnen (F), was etwa 12
neu erworbenen Fähigkeiten entspricht. Somit beherrschten die Kinder zum
zweiten Zeitpunkt der Einstufung (F2) 45,18 % der Kategorie F.
Abbildung 15: Kategorie F
41 Siehe auch das Fallbeispiel in Kapitel 4.3.2.
82
6.2.7 Kategorie G: Bennenungsfähigkeiten
Die ABLLS-R-Kategorie „Benennungsfähigkeiten“ (G) besteht aus insgesamt 142
Kriterien. Diese Kategorie entspricht dem von Skinner definierten verbalen
Operant „tact“ (Skinner, 1957). Bei den Fähigkeiten der Kategorie G geht es
darum, dem Kind beizubringen Objekte, Personen, Tätigkeiten, Handlungen und
Ereignisse verbal und nonverbal zu benennen. Auch soll dem Kind beigebracht
werden, Objekte zu benennen, nachdem eine Beschreibung der Funktion, des
Merkmals oder der Klasse gegeben wurde42. Diese Fähigkeiten werden dem
Kind jedoch nur beigebracht, wenn es bereits Fähigkeiten in der Kategorie E
beherrscht. Beispiele für Fähigkeiten, die in der Kategorie G erreicht werden
sollen, sind das Benennen von Bildern mit alltäglichen Handlungen (verbal oder
mithilfe von Gebärden) oder das Benennen von Objekten, nachdem deren
Funktion vorher genannt wurde.
Aus der unten stehenden Abbildung 16 ist zu entnehmen, dass die Kinder
durchschnittlich zu Beginn der ABA/VB-Förderung (G1) über etwa 14,76 % der
Fähigkeiten der Kategorie G verfügten. Während des ersten Jahres der
Förderung wurde ein durchschnittlicher Fortschritt (G) von etwa 13,78 % erzielt,
was einem Zuwachs von etwa zwanzig Fähigkeiten entspricht. Nach dem ersten
Jahr der Förderung (G2) waren durchschnittlich etwa 28,54 % der Fähigkeiten
der Kategorie G vorhanden.
Abbildung 16: Kategorie G
42
Hier wird oftmals von FFC (feature, function, class) gesprochen.
83
6.2.8 Kategorie H: Intraverbale Fähigkeiten
Die ABLLS-R-Kategorie „Intraverbale Fähigkeiten“ (H) besteht aus insgesamt
164 Kriterien und entspricht dem von Skinner definierten verbalen Operant
„intraverbal“ (Skinner, 1957). Die Fähigkeiten dieser Kategorie „are usually
appropriate for a vocal child who can request at least a few items or activities,
and has some labeling and receptive language skills“ (Partington, 2006, S. 33). In
dieser Kategorie geht es hauptsächlich darum, dem Kind beizubringen, Fragen
zu beantworten oder Unterhaltungen zu führen wobei Wörter mit anderen
Wörtern verbunden sein sollen. Die Fähigkeiten lassen sich in zwei Klassen
aufteilen: die Beantwortung von W-Fragen (warum, wo, wie, was, wer etc.) und
die sogenannten „fill-ins“, bei denen das Kind vorgegebene Sätze sinnvoll
vervollständigen soll. Beispiele aus der Kategorie H sind das Ergänzen von
einzelnen Wörtern, von Liedern oder das Beantworten von Was-Fragen zu
Gegenständen in der Umgebung.
Aus der unten stehenden Abbildung 17 ist zu entnehmen, dass die Kinder zu
Beginn der Förderung (H1) durchschnittlich über 7,78 % der Fähigkeiten der
Kategorie H verfügten. Nach einem Jahr ABA/VB-Intervention (H2) konnten
durchschnittlich 19,74 % der Fähigkeiten der Kategorie H festgestellt werden.
Dies bedeutet einen durchschnittlichen Fortschritt von 11,96 %, was etwa
zwanzig neu erworbenen Fähigkeiten entspricht.
Abbildung 17: Kategorie H
84
6.2.9 Kategorie I: Fähigkeiten des spontanen Vokalisierens
Die ABLLS-R-Kategorie I besteht aus insgesamt 28 Kriterien. Bei dieser
Kategorie geht es darum, die spontane Produktion von Lauten, Worten und
Sätzen zu fördern. Häufig ist es nicht notwendig und teilweise auch nicht
möglich, spezielle Unterrichtseinheiten für diese Fähigkeiten zu etablieren, da
“spontaneous language often increases as a direct result of the naturallyoccuring reinforcement of using language“ (Partington, 2006, S. 34). Wenn ein
Kind bereits eine Reihe von verbalen Fähigkeiten erworben hat, diese jedoch
nicht spontan benutzt, kann es sinnvoll sein, an Zielen der Kategorie I zu
arbeiten, indem die Lehrenden „review the motivational factors related to the use
of the student‟s skills“ (Partington, 2006, S. 34). Beispiele für Fähigkeiten der
Kategorie I sind das unaufgeforderte spontane Singen von Liedern oder
spontane Benennungen von Objekten oder Tätigkeiten.
Aus der unten stehenden Abbildung 18 ist zu entnehmen, dass die Kinder zu
Beginn der ABA/VB-Förderung (I1) durchschnittlich über 40,48 % der Fähigkeiten
der Kategorie I verfügten. Nach etwa einem Jahr (I2) waren durchschnittlich
55,61 % dieser Fähigkeiten vorhanden. Dies entspricht einem durchschnittlichen
Zuwachs (I) von 15,13 % der Fähigkeiten, was etwa vier neu erworbenen
Fähigkeiten gleichkommt.
Abbildung 18: Kategorie I
85
6.2.10 Kategorien A bis I
Die Kategorien A bis I werden bei jeder Erstberatung durch das Institut KnospeABA getestet. Außerdem wird an ihnen intensiv während des ersten Jahres der
Förderung gearbeitet, da sie die Grundlage für eine erfolgversprechende
Intervention darstellen. Nur bei Kindern, die bereits einen Großteil der
Fähigkeiten der Kategorien A bis I beherrschen, wird auch an den Kategorien J
bis Z gearbeitet.
Aus der unten stehenden Abbildung 19 ist zu entnehmen, dass die Kinder
durchschnittlich zu Beginn der Förderung über 28,73 % der Fähigkeiten der
Kategorien A bis I verfügten. Im ersten Jahr der Förderung wurde ein Fortschritt
von durchschnittlich 20,71% der Fähigkeiten der Kategorien A bis I erzielt. Dies
entspricht einem Neuerwerb von etwa 145 Fähigkeiten. Insgesamt beherrschten
die Kinder zum zweiten Messzeitpunkt nach etwa einem Jahr durchschnittlich
49,44 % der Fähigkeiten der ersten neun Kategorien.
Abbildung 19: Kategorien A bis I
Zur besseren Übersicht werden in der folgenden Abbildung 20 nochmals die
Kategorien A bis I mit den durchschnittlichen prozentualen Fähigkeiten zum
ersten und zweiten Einstufungszeitpunkt in einem Diagramm dargestellt.
86
Abbildung 20: Kategorien A bis I einzeln
Aus der unten stehenden Abbildung 21 lässt sich entnehmen, dass der
durchschnittlich größte prozentuale Fortschritt mit 30,84 % in der Kategorie D
(motorische Imitationsfähigkeit), der zweitgrößte in der Kategorie B (visuelle
Leistungsfähigkeit) mit 29,4 % und der drittgrößte in der Kategorie A
(Verstärkereffektivität und Kooperation) mit 28,76 % erzielt wurde. Die geringsten
Fortschritte lassen sich in der Kategorie H (intraverbale Fähigkeiten) mit 11,96 %
verzeichnen.
Abbildung 21: Prozentualer Fortschritt A bis I
87
6.2.11 Kategorien J bis Z
Die Kategorien J bis Z werden nicht bei jeder Erstberatung durch das Institut
Knospe-ABA getestet und eingestuft. Es unterliegt der individuellen Einschätzug
der Berater/innen des Instituts Knospe ABA, ob und welche der Kategorien J bis
Z im ersten Jahr der Förderung eingestuft werden Dies resultiert daraus, dass es
zunächst elementar ist, die grundlegenden Fähigkeiten für eine erfolgreiche
Intervention zu fördern. Besonders bei nonverbalen Kindern mit wenigen
Anfangsfähigkeiten wird daher im ersten Jahr verstärkt an den ersten neun
Kategorien gearbeitet. Daher kann keine Aussage darüber getroffen werden, ob
bei den Kinder, bei denen einige Werte in den Kategorien J bis Z vorhanden sind,
in den Kategorien von J bis Z, in denen sie einen Wert gleich Null aufweisen,
keine Fähigkeiten und Fortschritte gezeigt haben oder lediglich nicht getestet
worden sind. Daher macht es an dieser Stelle aus methodischen Gründen keinen
Sinn, die Kategorien J bis Z einzeln und ausführlich zu erläutern.
Aus der folgenden Abbildung 22 ist zu entnehmen, dass die Kinder (n=91) zu
Beginn der Förderung durchschnittlich über 4,06 % der Fähigkeiten der
Kategorien J bis Z verfügten. In etwa einem Jahr ABA/VB-Intervention konnten
12,57 % der Fähigkeiten hinzugewonnen werden, so dass nach etwa einem Jahr
Intervention 16,63 % der Fähigkeiten der Kategorien J bis Z vorhanden waren.
Abbildung 22: Fähigkeiten und Fortschritt J bis Z
Da nicht alle der 91 Kinder auch wirklich in jeder der Kategorien J bis Z getestet
wurden, sind die durchschnittlichen prozentualen Fähigkeiten und Fortschritte
88
sehr gering. Aus der unten stehenden Abbildung 23 ist daher zu entnehmen
wieviele Kinder (n) jeweils in den Kategorien J bis Z getestet wurden. Es werden
nur die Kinder aufgeführt, die in den einzelnen Variablen J2 bis Z2 (zum zweiten
Messzeitpunkt) einen Wert größer Null aufweisen.
Abbildung 23: Anzahl eingestufter Kinder (Kategorien J bis Z)
Auf Basis der n-Werte (Abbildung 23) wird in der folgenden Abbildung 24 eine
Übersicht über die durchschnittlichen prozentualen Fähigkeiten der Kategorien J
bis Z zu Beginn der Beratung (T1) und des durchschnittlichen prozentualen
Fortschrittes der Kategorien J bis Z gegeben.
89
Abbildung 24: Kategorien J bis Z
Aus Abbildung 24 lässt sich entnehmen, dass die Kinder, bei denen Einstufungen
in den Kategorien J bis Z vorgenommen wurden, erhebliche Fortschritte
erzielten.
So
konnten
18
Kinder
in
der
Kategorie
„Syntax-
und
Grammatikfähigkeiten“ (J) durchschnittlich 50 % der erlernbaren Fähigkeiten
hinzugewinnen und in der Kategorie „Generalisierungsfähigkeiten“ (P) 13 Kinder
durchschnittlich 48,08 % der erlernbaren Fähigkeiten hinzugewinnen. Die Kinder,
bei denen eine Einstufung in den Kategorien J bis Z vorgenommen wurde,
konnten im ersten Jahr einer ABA/VB-Förderung durch das Institut Knospe-ABA
einen durchschnittlich 36,61% aller Fähigkeiten der Kategorien J bis Z
hinzugewinnen.
6.3 Korrelationsanalyse
Bisher existiert keine randomisierte, kontrollierte, wissenschaftliche Studie zu
Interventionen bei ASS, die einen Zusammenhang von Alter der Kinder mit ASS
bei Interventionsbeginn und Fortschritten belegen könnte (Weinmann u. a.,
2009). Es gibt demnach „keine solide direkte Evidenz für eine Überlegenheit
eines frühen Beginns der Intervention“ (Weinmann u. a., 2009, S. 89) bei Kindern
mit ASS.
90
Dennoch wird in der Literatur vermehrt darauf hingewiesen, dass eine frühzeitig
einsetzende Förderung die meisten Fortschritte verspricht (Bernard-Opitz, 2007;
Freitag, 2008a; Schramm, 2007; Steinhausen, 2010; Trefzger, 2009). Weiterhin
ist in der Psychologie allgemein bekannt, dass es jüngeren Kindern leichter fällt,
Fähigkeiten zu erlernen, beizubehalten und auf verschiedene Situationen zu
übertragen (Zimbardo & Gerrig, 2004). Auch die Deutsche Gesellschaft für
Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie befürwortet
in ihren 2007 veröffentlichten grundlegenden Leitlinien zur Intervention für
Menschen mit ASS eine möglichst früh einsetzende Förderung (Deutsche
Gesellschaft
für
Kinder-
und
Jugendpsychiatrie,
Psychosomatik
und
Psychotherapie, 2007).
Aufgrund dieses theoretischen Hintergrundes und meiner eigenen persönlichen
Erfahrungen mit der Förderung von Kindern mit ASS nach ABA/VB lautet die zu
prüfende Hypothese, dass eine negative Korrelation zwischen Alter der Kinder
bei Beginn der Förderung und der Anzahl der Fortschritte besteht.
Anders ausgedrückt: Je früher die Kinder eine ABA/VB-Förderung erhalten,
desto mehr Fortschritte werden sie erzielen.
In
der
folgenden
Korrelationsanalyse,
die
mithilfe
des
Microsoft-
Statistikprogrammes SPSS 18 erstellt wurde, werden nur die Fähigkeiten der
Kategorien A bis I berücksichtigt, um ein möglichst unverfälschtes Abbild der
Grundgesamtheit (n=170) zu gewährleisten.
Das unten stehende Liniendiagramm (Abbildung 25) zeigt die durchschnittliche
prozentuale Verteilung der Fortschritte in den Kategorien A bis I, abhängig vom
Alter, an. Anhand dieser Abbildung lässt sich eine leichte negative Korrelation
von Alter bei Beginn der Beratung und durchschnittlichem prozentualen
Fortschritt in den Kategorien A bis I feststellen.
91
Abbildung 25: Prozentualer Fortschritt (A bis I)*Alter
Um eine bessere Übersicht zu erhalten, ist in der folgenden Abbildung 26 ein
Streudiagramm mit den Korrelationen der prozentualen Fortschritte von A bis I
und dem Alter der Kinder und der dazugehörigen linearen Regressionslinie zu
finden. Das Streudiagramm und die Regressionslinie lassen auf einen
schwachen negativen Zusammenhang schließen.
92
Abbildung 26 : Streudiagramm Alter*Fortschritte A bis I
Mithilfe des Korrelationskoeffizienten nach Pearson soll nun geprüft werden, ob
ein linearer Zusammenhang zwischen dem Alter der Kinder in Jahren und den
Fortschritten der Kategorie A bis I vorliegt.
Nach Zöfel ist folgende Einstufung üblich:
Korrelationskoeffizient
Einstufung
I r I <= 0,2
sehr geringe Korrelation
0,2 < I r I <= 0,5
geringe Korrelation
0,5< I r I < = 0,7
mittlere Korrelation
0,7 < I r I <= 0,9
hohe Korrelation
0,9 < I r I <= 1
sehr hohe Korrelation
Abbildung 27: Einstufung des Korrelationskoeffizienten (Zöfel, 2003, S.151)
Die
unten
stehenden
Korrelationstabelle
(Abbildung
28)
weist
einen
Korrelationskoeffizient nach Pearson von r= -,185 auf. Demnach ist diese
Korrelation als sehr gering zu werten (Zöfel, 2003). Bei einem festgelegten
Signifikanzniveau von 0,05 ist die Korrelation mit einem Signifikanzwert von .016
93
als zweiseitig statistisch signifikant zu werten.
Demnach liegt, Pearson zufolge, nur eine geringe statistisch relevante, negative
Korrelation zwischen dem Alter der Kinder bei Förderungsbeginn und dem
durchschnittlichen prozentualem Fortschritt der Kategorien A bis I vor.
Prozentualer
Fortschritt A bis
Alter
Korrelation nach Pearson
Alter in Jahren
I
1
-,185
Signifikanz (2-seitig)
N
Fortschritte_A_I_Prozent
*
,016
170
Korrelation nach Pearson
-,185
Signifikanz (2-seitig)
,016
N
170
170
*
1
170
*. Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,05 (2-seitig) signifikant.
Abbildung 28: Korrelationstabelle Alter / Fortschritt
Werden die prozentualen Fortschritte der Kategorien A bis I einzeln mit dem Alter
der Kinder korreliert (alle Korrelationen sind im Anhang 9.7 zu finden), lassen
sich keine nach Zöfel definierten mittleren bis sehr hohen Korrelationen
feststellen. Lediglich bei den Kategorien F und I lassen sich Korrelationen finden,
die, Zöfel zufolge, als gering zu werten sind. Bei der Kategorie F liegt r bei -,209
mit einem Signifikanzwert von ,006 und bei der Kategorie I liegt r bei -,250 mit
einem Signifikanzwert von ,001.
Abschließend kann daher festgehalten werden, dass nur eine geringe negative
statistisch
relevante
Korrelation
zwischen
dem
Alter
der
Kinder
bei
Förderungsbeginn und den durchschnittlichen prozentualen Fortschritten der
Kategorie A bis I vorliegt.
Wird jedoch berücksichtigt, dass jeder noch so kleine Fortschritt für Kinder mit
ASS einen wichtigen Schritt zur gesellschaftlichen Teilhabe, zum Abbau von
Problemverhalten und zum Erwerb von Sprache darstellen kann, unterstützt
diese Korrelationsanalyse die oben beschriebene Forderung, Kinder mit ASS
möglichst früh intensiv zu fördern.
94
6.4 Zusammenfassung der Ergebnisse
Die oben beschriebenen Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Die 170 Kinder mit ASS, die durch das Institut Knospe-ABA gefördert wurden
und werden, sind zu 82,9 % männlichen Geschlechts und im Durchschnitt 4,9
Jahre alt. Sie besitzen zum Zeitpunkt der Erstberatung durchschnittlich etwa 175
(28,73%) der von den ABLLS-R-Kategorien A bis I definierten Fähigkeiten und
gewinnen
im
ersten
Jahr
der
Förderung
in
diesen
Kategorien
etwa
durchschnittlich 142 (20,71%) neue Fähigkeiten hinzu. Die Kategorien J bis Z
wurden nicht näher betrachtet, da diese aus oben genannten Gründen nicht bei
allen 170 Kindern getestet wurden.
Weiter konnte herausgefunden werden, dass eine sehr geringe negative
Korrelation zwischen dem Alter der Kinder bei Förderungsbeginn und den
Fortschritten in den Kategorien A bis I besteht.
Der erworbene Fortschritt in den Kategorien A bis I kann zur Verdeutlichung in
drei Gruppen zusammengefasst werden. Die Einteilung der Gruppen wurde
mithilfe einer Clusteranalyse des Statistikprogrammes SPSS 18 vorgenommen.
Die erste Gruppe besteht aus den Kategorien A, B und D mit einem
durchschnittlichen Fortschritt von etwa 30%43. Die zweite Gruppe aus den
Kategorien C und F mit einem durchschnittlichen Fortschritt von etwa 20%44 und
die dritte Gruppe aus den Kategorien E, G, H und I mit einem durchschnittlichen
Fortschritt von etwa 15%45.
Die erste Gruppe umfasst Fähigkeiten der Bereiche Verstärkereffektivität und
Kooperation
(A),
visuelle
Leistungsfähigkeit
(B)
und
motorische
Imitationsfähigkeiten (D). Fähigkeiten in diesen drei Bereichen sind besonders
zur Etablierung einer positiven und erfolgversprechenden Lernsituation von
elementarer Bedeutung. In dieser Gruppe konnte der größte durchschnittliche
Fortschritt erzielt werden.
In der Kategorie Verstärkereffektivität und Kooperation (A) erfährt das Kind, dass
Lernen und das Zusammensein mit anderen Menschen Spaß machen kann und
43 Kategorie A: 28,76%; Kategorie B: 29,4%; Kategorie D: 30,85%
44 Kategorie C: 21,32%; Kategorie F: 18,37%
45 Kategorie E: 16,83%; Kategorie G: 13,78%; Kategorie H: 11,96%; Kategorie I: 15,13%
95
lohnenswert ist. Erst wenn effektive (soziale) Verstärker etabliert sind und das
Kind ausreichend motiviert ist, kann erfolgreiches Unterrichten stattfinden.
Fortschritte im Bereich der visuellen Leistungsfähigkeit (B) zeigen, dass das Kind
gelernt hat, einfache gestellte Aufgaben zu befolgen.
Die Fähigkeiten im Bereich der motorischen Imitation (D) sind die Voraussetzung
für einen schnellen Aufbau von komplexen Verhaltensweisen. Daher kann
aufgrund der erheblichen Fortschritte in diesem Bereich davon ausgegangen
werden, dass das Kind das Imitieren gelernt hat.
Da nach etwa einem Jahr intensiver ABA/VB-Förderung durchschnittlich jeweils
etwa 65%46 der Fähigkeiten der Kategorien A, B und D vorhanden waren, kann
davon ausgegangen werden, dass die sieben Schritte zur Unterrichtskontrolle
weitgehend erreicht wurden (siehe Kapitel 4.6.5). Außerdem wurde durch die
verbesserte Imitationsfähigkeit die Grundlage für ein einfaches und schnelles
Erlernen von schwierigen Verhaltensweisen im weiteren Verlauf der Förderung
geschaffen.
Die Gruppe mit dem zweitgrößten Fortschritt von durchschnittlich etwa 20%
besteht aus den Bereichen rezeptive Fähigkeiten (C) und Bedürfnisäußerung (F).
Durch
den
erheblichen
Zuwachs
im
Bereich
des
rezeptiven
Sprachverständnisses (C) wird die Voraussetzung geschaffen, dass das Kind
verschiedene Aufforderungen und Instruktionen unterscheiden und diese auch
befolgen kann. Wie in Kapitel 4.6.1 beschrieben, stellen selbst vereinzelte
Fähigkeiten der Bedürfnisäußerung (F) einen wichtigen Schritt zum Abbau von
Verhaltensproblemen dar (siehe auch das Fallbeispiel in Kapitel 4.6.9). Aus
diesem Grund kann bei einem etwa zwanzigprozentigen Fortschritt in dieser
Kategorie davon ausgegangen werden, dass dieser eine erhebliche Verringerung
von unerwünschtem Verhalten bewirkt.
In der dritten Gruppe, in der die Kategorien sprachliche Imitationsfähigkeiten (E),
Benennungsfähigkeiten (G), intraverbale Fähigkeiten (H) und Fähigkeiten des
spontanen Vokalisierens (I) zusammengefasst sind, konnten die Kinder
durchschnittlich etwa 15% Fortschritt erwerben. Die Fähigkeiten, die in diesen
Kategorien erworben werden sollen, bauen auf den Fähigkeiten der Kategorien
A, B, C, D und F auf. Denn erst, wenn mithilfe der Fähigkeiten der Kategorien A,
B, C und D die Grundlage für eine positive erfolgreiche Lernsituation geschaffen
46 Kategorie A: 68,49%; Kategorie B: 61,33%; Kategorie D: 63,52%
96
wurde und mithilfe der Kategorie F, insbesondere bei nonverbalen Kindern,
Problemverhalten abgebaut werden konnte, ist es möglich an Fähigkeiten der
Kategorien E, G, H und I intensiv zu arbeiten. Es lässt sich demnach vermuten,
dass im weiteren Verlauf der Förderung in diesen Bereichen größere Fortschritte
erzielt werden könnten.
Die vorliegenden Ergebnisse zeigen, dass im ersten Jahr einer ABA/VBFörderung durch das Institut Knospe-ABA große Fortschritte in den Bereichen
erzielt wurden, die der Etablierung einer positiven Beziehung zum Kind und einer
erfolgreichen Lernsituation dienen. Daraus lässt sich schließen, dass im ersten
Jahr der Grundstein für eine positive Entwicklung in allen anderen Bereichen
gelegt wird.
6.4.1 Kritik
Die
dargestellten
Ergebnisse
können
zwar
einige
erfolgsversprechende
Tendenzen angeben, müssen jedoch aufgrund des gewählten Studiendesigns
kritisch betrachtet werden.
Vorrangig ist zu bemerken, dass die erzielten Fortschritte keinen direkten
Rückschluss auf die ABA/VB-Förderung zulassen, da die Ergebnisse der
untersuchten Kinder nicht denen einer Vergleichsgruppe gegenübergestellt
wurden. Aus diesem Grund ist in dieser Studie die interne Validität nicht
gewährleistet. Bortz und Döring geben an, dass „Evaluationsstudien, bei denen
die unabhängige „Variable“ nur aus der zu bewertenden Maßnahme besteht,
wenig aussagekräftig sind, weil die auf der abhängigen Variable festgestellten
Merkmalsausprägungen nicht zwingend auf die Maßnahme zurückgeführt
werden können“ (Bortz & Döring, 2006, S. 118). Bisher ist unbekannt, wie sich
Kinder mit ASS ohne Förderung entwickeln. Zu vermuten ist jedoch, dass sich
Verhaltensprobleme
verstärken
und
ohne
die
Etablierung
positiver
Lernsituationen keine oder nur wenige neue Fähigkeiten erworben werden.
Aus ethischen Gründen kann keine Studie durchgeführt werden, in denen die
Ergebnisse einer ABA/VB-Interventionsgruppe mit denen einer Nullgruppe
verglichen werden könnten.
Um die Wirkung einer ABA/VB-Intervention wissenschaftlich fundiert zu belegen
und die gewonnen Ergebnisse einzuordnen, müsste sie daher mit einer oder
mehrerer anderer Interventionen für Kinder mit ASS über einen längeren
Zeitraum verglichen werden.
97
Ein weiterer Aspekt, der kritisch betrachtet werden muss, ist die Wahl des
ABLLS-R-Instruments als Ergebnisparameter. Das ABLLS-R wurde gewählt, da
das Institut Knospe-ABA mit diesem Instrument arbeitet und dadurch auf
vorhandene Daten zurückgegriffen werden konnte. Dies ermöglichte die
Untersuchung einer größtmöglichen Anzahl von Studienteilnehmer/innen im
Rahmen einer Masterarbeit. Problematisch sind dabei jedoch die Aspekte der
Objektivität und der Reliabilität anzusehen.
Die Fähigkeiten wurden von Berater/innen des Institut Knospe-ABA eingestuft
und protokolliert. Die Einstufung repräsentiert demnach nur die Fähigkeiten, die
am Tag der Einstufung auch vom Kind gezeigt werden, bzw. die Dokumentation
und die Aussagen von Eltern und Tutor/innen. Zudem unterliegt die Einstufung
stets auch der Fähigkeit der Berater/innen, das Kind zu motivieren, bestimmte
Verhaltensweisen zu zeigen.
Weiter ist fraglich, ob das ABLLS-R in Deutschland als Instrument für eine
Interventionsevaluationsstudie geeignet ist.
Die Einstufung aller Kategorien erfordert durch die erhebliche Komplexität (25
Kategorien mit 544 Kriterien) sehr viel Zeit. Für die Einstufung aller Kategorien
müssen zwischen zehn und 14 Stunden veranschlagt werden. Zudem setzt die
Einstufung eine intensive Einarbeitung und Erfahrungen in der Arbeit mit ABA/VB
voraus.
Da es, wie in Kapitel 5 beschrieben, in Deutschland bisher nur sehr wenig
fachlich qualifiziertes Personal gibt, das über ABA/VB- und ABLLS-R-Kenntnisse
verfügt, wird es schwierig sein, externe Evaluatoren zu finden, die ABLLS-REinstufungen vornehmen können. Da jedoch erstens „externe Evaluatoren (…)
einer Selbstevaluation vorzuziehen“ sind (Bortz & Döring, 2006, S. 104), und
zweitens der Vergleich zu neurotypischen Kindern (der beim ABLLS-RInstrument aufgrund von fehlenden Standardnormen nicht gegeben ist47) sinnvoll
wäre, ist es ratsam für weitere Studien andere gängige Instrumente zu wählen,
mit denen relevante Ergebnisparameter einer Intervention gemessen werden und
mit denen neurotypisch entwickelter Kinder verglichen werden können 48.
Der dritte Kritikpunkt besteht darin, dass in der vorliegenden Studie verschiedene
Einflussgrößen nicht erfasst werden konnten, die für die Einschätzung des
47
48
Siehe Kapitel 4.6.8.1
Im HTA-Bericht werden allein 21 verwendete Ergebnisparameter aufgeführt (Weinmann u.a.,
2009).
98
Fördererfolgs relevant sein können. Dieses Problem beeinträchtigt, wie auch das
Fehlen der Kontrollgruppe die interne Validität.
So konnte die genaue Diagnose jedes Kindes und die komorbiden Erkrankungen
nicht ermittelt werden. Des Weiteren wurde die Intensität der Förderung nicht
erfasst. Es ist folglich nicht bekannt, wie viele Stunden ABA/VB-Intervention die
Kinder durch Tutor/innen, Bezugspersonen oder Eltern wöchentlich erhielten und
ob ABA/VB-Prinzipien auch in Kindergarten oder Grundschule von Lehrer/innen
und Betreuer/innen angewandt wurden.
Eine weitere unbekannte, kaum messbare Einflussgröße stellt das psychosoziale
Umfeld der Kinder dar. Viele Eltern nehmen auch während einer ABA/VBFörderung
zusätzlich
andere
Interventionen
in
Anspruch
(Ergotherapie,
Logopädie etc.), um ihre Kinder bestmöglich zu fördern. Diese anderen
Maßnahmen, aber auch sonstige Parameter (Engagement und Qualifikation der
Tutor/innen, allgemeines Familienklima, sozialer Status der Eltern, Geschwister,
etc.) können die Ergebnisse beeinflussen.
6.4.2 Ausblick
Ungeachtet der oben genannten Kritikpunkte hat die vorliegende Studie gezeigt,
dass Kinder mit ASS während des ersten Jahres der ABA/VB-Förderung durch
das Institut Knospe-ABA erhebliche Fortschritte in den Bereichen erzielen, die für
einen „erfolgreichen“ Unterricht als elementar zu erachten sind. Interessant wäre
es, auch den weiteren Verlauf der Förderung zu untersuchen und hierbei zu
prüfen, wie sich die im ersten Jahr etablierten positiven Voraussetzungen auf
weitere Förderjahre auswirken. Hierfür könnten die bereits aufbereiteten Daten
verwendet und erweitert werden.
Auch könnte die Ergänzung von qualitativen Aspekten einzelner Fälle zu
interessanten und aufschlussreichen Ergebnissen führen.
Die in dieser Studie angegebenen Tendenzen sollten durch Studien, in denen die
interne Validität sowie Reliabilität und Objektivität gewahrt werden, präzisiert und
verifiziert werden.
Zurzeit gibt es „nur wenige methodisch angemessene Studien zur Beurteilung
der Wirksamkeit von Frühinterventionen bei Kindern mit Autismus“ (Weinmann u.
a., 2009, S. 7).
Durch die stetig wachsende Aufmerksamkeit der (Fach-)Öffentlichkeit und die
steigende Prävalenzrate von ASS, ist jedoch zu hoffen, dass in den nächsten
Jahren weitere Studien, die allen wissenschaftlichen Kriterien entsprechen,
99
durchgeführt werden. Dabei sollte der Fokus auf die durch frühere Studien
bereits
evaluierten,
evidenzbasierten
verhaltenstherapeutischen
Interventionsmöglichkeiten für Kinder mit ASS gelegt werden und diese
hinsichtlich verschiedener Faktoren weiter untersucht werden. Es sollte ergründet
werden, welche Form von ABA, für Kinder mit welcher Diagnose geeignet ist.
Dem Verbal Behavior Ansatz sollte aufgrund der vorliegenden Ergebnisse dabei
besondere Beachtung geschenkt werden.
Zudem sollte erforscht werden, welche Intensität der Förderung angemessen und
erfolgversprechend ist und bei welchem Alter der Kinder welche Förderung am
effektivsten ist. Auch der bislang „unzureichenden (…) Verallgemeinerbarkeit in
den deutschen Versorgungskontext“ (Weinmann u. a., 2009, S. 7) sollte
entgegengewirkt
und
die
Vereinbarkeit
von
effektiver
Förderung
und
Anwendbarkeit für die Familien, aber auch für das deutsche Versorgungssystem,
berücksichtigt werden.
Aufgrund der großen Heterogenität der ASS wird es wohl auch durch zahlreiche
randomisierte kontrollierte Studien nicht möglich sein, für jedes Kind mit einer
ASS die „perfekte“ Fördermethode aufzuzeigen. Jedoch sollten zumindest
Anhaltspunkte in Erfahrung gebracht werden, mit welcher Methode jedes Kind
mit ASS individuell und bestmöglich gefördert werden kann.
100
7. Fazit und Ausblick
Die vorliegende Arbeit hat das Autismus-Spektrum als eine tiefgreifende
Entwicklungsstörung dargestellt, die vor allem durch Auffälligkeiten in der
sozialen
Kommunikation
und
Interaktion
gekennzeichnet
ist.
Der
verhaltenstherapeutisch orientierte Förderansatz „Applied Behavior Analysis mit
Verbal
Behavior“
wurde
ausführlich
erläutert
und
der
Fokus
dieser
Fördermethode, der auf dem Erwerb von sozialen und kommunikativen
Fähigkeiten und dem Aufbau einer positiven Lernumgebung durch Motivation
und Verstärkung liegt, hervorgehoben.
Die derzeitige Situation von ABA/VB in Deutschland wurde diskutiert und es
wurde deutlich, dass allmählich auch hierzulande die Fördermethode ABA bzw.
ABA/VB bekannter wird. Anschließend wurde die Arbeitsweise des Instituts
Knospe-ABA, das eine ABA/VB-Förderung für Kinder ASS in Deutschland
anbietet, erläutert.
Im darauffolgenden empirischen Teil der Arbeit wurden anhand von Daten des
Instituts Knospe-ABA die Fortschritte von 170 Kindern im ersten Jahr der
Förderung
beschrieben.
Bei
der
Beschreibung
der
Ergebnisse
der
quasiexperimentellen Studie wurde deutlich, dass die Kinder im ersten Jahr der
ABA/VB-Förderung besonders in denjenigen Bereichen erhebliche Fortschritte
erzielten, die für die Etablierung einer erfolgreichen Lernsituation von
grundlegender Bedeutung sind. Daraus wurde gefolgert, dass im ersten
Interventionsjahr die Unterrichtskontrolle verbessert wird und dies mit einer
erheblichen Verringerung von unerwünschten Verhaltensweisen einhergeht.
Die Ergebnisse des empirischen Teils der vorliegenden Arbeit spiegeln die
Erfahrung wieder, die ich während meiner Tätigkeit als ABA/VB-Tutorin für Kinder
mit ASS gewinnen konnte. So machte ich die Erfahrung, dass im ersten Jahr der
Förderung eine positive Beziehung zum Kind geschaffen und eine produktive
Lernumgebung etabliert wird, aus der eine Verringerung von Problemverhalten,
Entlastung der Eltern und eine Steigerung der Lernmotivation der Kinder
resultiert.
Durch die vorliegende Arbeit wurde die Notwendigkeit sichtbar, dass, um
möglichst vielen Kindern mit ASS eine hochwertige wissenschaftlich fundierte
101
Förderung durch den ABA/VB-Ansatz zu ermöglichen, randomisierte kontrollierte
Studien notwendig sind, die die im empirischen Teil der Arbeit gewonnen
Ergebnisse verifizieren und in denen untersucht wird, welche Fortschritte mithilfe
der Intervention möglich sind und für welches Kind welche Interventionsmethode
den größten Erfolg bringt.
Die persönlichen Erfahrungen, das intensive Literaturstudium sowie die
Ergebnisse des empirischen Teils dieser Arbeit geben deutlich zu verstehen,
dass es an der Zeit ist, endlich auch im deutschsprachigen Raum der ABA/VBIntervention mehr Beachtung zu schenken, als dies bislang der Fall ist.
Außerdem sollte allen Kindern mit ASS die Möglichkeit geboten werden, die
bestmögliche evidenzbasierte Förderung in Anspruch nehmen zu können.
Daher möchte ich mit dieser Arbeit unter anderem dazu beitragen, den
Bekanntheitsgrad von ABA/VB-Förderungen für Kinder mit ASS in Deutschland
zu erhöhen und somit die Fördermöglichkeiten für Kinder mit ASS in Deutschland
zu verbessern.
102
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Zöfel, P. (2003). Statistik für Psychologen im Klartext. München: Pearson Studium.
8.1 Internetquellen
ABA/VB - Melody Learning Center. Verfügbar unter http://www.melodycenter.de
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http://www.abainternational.org/Special_Interests/AutGuidelines.pdf
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Bautismus. Verfügbar unter http://www.bautismus.de [10.01.2011]
Behavior Analyst Certification Board. http://www.bacb.com/ [30.04.2011]
Bremer Elterntraining (BET). Verfügbar unter http://www.autismushamburg.de/betbremer-elterntraining.html [16.05.2011]
Cathrin Wolf Praxis. Verfügbar unter http://wolf-aba.com/ [16.05.2011]
Deutschsprachige
kommerzielle
Anbieter
von
ABA/VB.
Verfügbar
unter
http://www.aba-eltern.de/index.php/webverweise/43-kommerzielle-anbieter-vonaba [27.05.2011]
Early Autism Projekt Stuttgart. Verfügbar unter http://www.earlyautismprojekt.de/
[16.05.2011]
Institut für Autismusforschung (IFA). Verfügbar unter http://www.ifa-bremen.de/
[13.05.2011]
Institut Knospe - ABA. http://knospe-aba.com/cms/de/home.html [10.01.2011]
111
Mareike Overhof Praxis. Verfügbar unter http://www.aba-praxis.de/ [16.05.2011]
Melanie Taxer Praxis. Verfügbar unter http://www.autismus-ro.de/ [16.05.2011]
Melody Learning Center.
Verfügbar unter http://www.melodycenter.ch/german/
[16.05.2011]
Schramm,
R:
(o.J.)
Unsere
Philosophie
ist
einfach.
Verfügbar
unter
http://www.knospe-aba.com/cms/de/home/1-texte-de/13-unsere-philosophie-isteinfach.html [30.01.2011]
8.2 Seminarunterlagen
Noterdaeme, M. (2011). Autismus-Spektrum-Störungen - ein Überblick zum aktuellen
Forschungsstand. Gehalten auf den Pädiatrietagen 2011, Bamberg: Thieme.
doi:http://dx.doi.org/10.1055/s-0030-1256068
Schramm, R. (2009). ABA/VB - Modern Applied Behavior Analysis And Its Value In
Treating Autism Spectrum Disorders. Carl von Ossietzky Universität Oldenburg.
Röttgers, H.R. (2011) Autismus-Spektrum-Störungen: Evidenzbasierte Interventionen
und die reale Versorgungssituation in Deutschland. Carl von Ossietzky
Universität Oldenburg
112
9. Anhang
9.1 ABLLS-R-Datenblatt
113
114
Abbildung 29: ABLLS-Datenblatt (Partington, 2006)
115
9.2 ABLLS-R-Dokumentationsblatt
ABLLS B-5 Sortieren von multiplen Exemplaren
Ziel
Jan wird in der Lage sein, 5 oder mehr Exemplare von 6 oder mehr
verschiedenen Gegenständen und Bildern in einem Feld von 4 zu sortieren.
Verfahren
Sagt ihm „sortiere“ und promptet ihn mehrere Male, die restlichen Exemplare
SD
zu sortieren
Prompts
Alle üblichen
Korrektes
Letztendlich sollte Jan in der Lage sein, einen vor ihm liegenden Haufen von
Verhalten
Bildern und Fotos selbständig anhand der Kategorien ohne visuelle Hilfe zu
sortieren.
Verstärker
Alle Arten !
Kommentar
Wir arbeiten jetzt mit Fotos von den Objekten!!
Sobald Jan diese Fähigkeit in Unterrichtssituationen mit Bildkarten und auch
Gegenständen gut beherrscht, baut sie bitte in den Alltag ein. Wenn Ihr z.B.
die Spülmaschine ausräumt, könnt Ihr Jan auffordern, z.B. die Gabeln und die
Löffel zu sortieren; nach dem Wäschewaschen, könnt Ihr ihn z.B. auffordern,
die Strümpfe von den Unterhosen zu trennen oder wenn Ihr Wäsche aufhängt,
könnt Ihr Jan auffordern, euch alle T-Shirts anzugeben; etc.
Folgende Kategorien können wir nutzen:
Kleidung: Hose, Socken, T-Shirt, Pullover
Tiere: Hund, Katze, Hahn, Pferd, Kuh,
Werkzeug: Hammer, Schraubenzieher, Säge,…..
Besteck
Obst
Datum
Name
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Kommentar
15.1.
Lotte
G
G G
V
16.1.
Lotte
V
V
Tiere, Besteck, Werkzeug
17.1.
Lotte
W
W W
Müde und lustlos
18.1.
Lotte
S-
Tiere, Besteck, Kleidung
Sehr motiviert, tolles Arbeiten!
Erklärung: W = Weigerung, VP = Voller physischer Prompt nötig, TP = Teilweise
physischer Prompt nötig, G = Gestikprompt nötig, V = Verbaler Prompt nötig, S =
Selbständig, + = schnell, - =langsam
116
9.3 Deskriptive Statistik: Alter in Monaten
Abbildung 30: Alter in Monaten bei Beratungsbeginn
Standardabweic
N
Minimum
Maximum
Mittelwert
hung
Alter_in_Monaten
170
16,79
164,90
64,6470
26,52287
Gültige Werte (Listenweise)
170
9.4 Deskriptive Statistik: Fähigkeiten A1 bis Z1
Abbildung 31: Deskriptive Statistik Fähigkeiten A1 bis Z1
Standardabweic
N
Minimum
Maximum
Mittelwert
hung
A1_Fähigkeiten_Prozent
170
,00
100,00
39,7255
20,84483
B1_Fähigkeiten_Prozent
170
,00
100,00
31,9272
27,86492
C1_Fähigkeiten_Prozent
170
,00
96,91
30,2614
27,90221
D1_Fähigkeiten_Prozent
170
,00
100,00
32,6726
32,74299
E1_Fähigkeiten_Prozent
170
,00
100,00
34,1503
35,18271
F1_Fähigkeiten_Prozent
170
,00
97,06
26,8080
27,55356
G1_Fähigkeiten_Prozent
170
,00
85,21
14,7556
22,20686
H1_Fähigkeiten_Prozent
170
,00
67,07
7,7798
13,55584
I1_Fähigkeiten_Prozent
170
,00
100,00
40,4832
35,49158
J1_Fähigkeiten_Prozent
91
,00
54,55
1,3237
8,11042
K1_Fähigkeiten_Prozent
91
,00
86,11
2,6862
13,65514
L1_Fähigkeiten_Prozent
91
,00
65,52
1,6024
9,19544
M1_Fähigkeiten_Prozent
91
,00
58,82
2,1978
10,47317
N1_Fähigkeiten_Prozent
91
,00
75,00
2,6557
12,82775
P1_Fähigkeiten_Prozent
91
,00
100,00
4,2125
19,01809
Q1_Fähigkeiten_Prozent
91
,00
41,67
1,5339
6,54280
R1_Fähigkeiten_Prozent
91
,00
27,78
1,6026
5,13001
S1_Fähigkeiten_Prozent
91
,00
112,50
5,0824
20,16990
T1_Fähigkeiten_Prozent
91
,00
100,00
3,3883
15,45244
U1_Fähigkeiten_Prozent
91
,00
100,00
5,2541
17,54755
V1_Fähigkeiten_Prozent
91
,00
100,00
7,4176
20,96773
W1_Fähigkeiten_Prozent
91
,00
85,71
2,9042
13,80041
X1_Fähigkeiten_Prozent
91
,00
100,00
6,4436
22,30997
Y1_Fähigkeiten_Prozent
91
,00
100,00
9,0267
22,98168
Z1_Fähigkeiten_Prozent
91
,00
100,00
6,2009
18,53350
Gültige Werte (Listenweise)
91
117
9.5 Deskriptive Statistik: Fähigkeiten A2 bis Z2
Abbildung 32: Deskriptive Statistik Fähigkeiten A2 bis Z2
Standardabweic
N
Minimum
Maximum
Mittelwert
hung
A2_Fähigkeiten_Prozent
170
16,67
100,00
68,4902
19,69211
B2_Fähigkeiten_Prozent
170
1,32
100,00
61,3313
29,38438
C2_Fähigkeiten_Prozent
170
2,47
100,00
51,5832
30,19733
D2_Fähigkeiten_Prozent
170
,00
100,00
63,5166
32,07171
E2_Fähigkeiten_Prozent
170
,00
100,00
50,9804
37,38084
F2_Fähigkeiten_Prozent
170
,00
100,00
45,1817
28,39119
G2_Fähigkeiten_Prozent
170
,00
100,00
28,5377
32,35087
H2_Fähigkeiten_Prozent
170
,00
97,56
19,7418
25,89959
I2_Fähigkeiten_Prozent
170
,00
100,00
55,6093
35,76039
J2_Fähigkeiten_Prozent
91
,00
100,00
11,2138
27,44224
K2_Fähigkeiten_Prozent
91
,00
100,00
14,8657
31,00227
L2_Fähigkeiten_Prozent
91
,00
96,55
12,7700
26,23106
M2_Fähigkeiten_Prozent
91
,00
83,82
4,3651
16,20440
N2_Fähigkeiten_Prozent
91
,00
91,67
4,7161
19,45643
P2_Fähigkeiten_Prozent
91
,00
100,00
11,0806
28,68128
Q2_Fähigkeiten_Prozent
91
,00
100,00
16,9872
27,47390
R2_Fähigkeiten_Prozent
91
,00
97,22
14,1636
24,08050
S2_Fähigkeiten_Prozent
91
,00
112,50
14,6978
29,99745
T2_Fähigkeiten_Prozent
91
,00
100,00
6,0440
20,37708
U2_Fähigkeiten_Prozent
91
,00
100,00
23,7981
30,84378
V2_Fähigkeiten_Prozent
91
,00
100,00
30,0000
36,10171
W2_Fähigkeiten_Prozent
91
,00
100,00
19,4662
31,48022
X2_Fähigkeiten_Prozent
91
,00
100,00
28,9710
35,42765
Y2_Fähigkeiten_Prozent
91
,00
100,00
23,9796
34,02049
Z2_Fähigkeiten_Prozent
91
,00
100,00
25,7849
33,99347
Gültige Werte (Listenweise)
91
118
9.6 Deskriptive Statistik Fortschritte A bis Z
Abbildung 33: Deskriptive Statistik der prozentualen Fortschritte A bis Z
Standardabweic
N
Minimum
Maximum
Mittelwert
hung
A_Fortschritt_Prozent
170
,00
70,00
28,7647
15,04684
B_Fortschritt_Prozent
170
,00
86,84
29,4040
18,96593
C_Fortschritt_Prozent
170
,00
74,69
21,3217
14,21397
D_Fortschritt_Prozent
170
,00
97,82
30,8440
22,54848
E_Fortschritt_Prozent
170
,00
83,33
16,8300
17,61157
F_Fortschritt_Prozent
170
,00
61,76
18,3737
12,36623
G_Fortschritt_Prozent
170
,00
71,13
13,7821
16,31692
H_Fortschritt_Prozent
170
,00
70,73
11,9620
15,86491
I_Fortschritt_Prozent
170
,00
89,29
15,1261
18,92334
J_Fortschritt_Prozent
91
,00
100,00
9,8901
24,72153
K_Fortschritt_Prozent
91
,00
91,67
12,1795
27,02298
L_Fortschritt_Prozent
91
,00
96,55
9,7764
21,72240
M_Fortschritt_Prozent
91
,00
58,33
2,1673
8,16499
N_Fortschritt_Prozent
91
,00
62,50
2,0604
9,48874
P_Fortschritt_Prozent
91
,00
100,00
6,8681
21,96354
Q_Fortschritt_Prozent
91
,00
100,00
15,4533
26,56931
R_Fortschritt_Prozent
91
,00
97,22
12,5611
23,51096
S_Fortschritt_Prozent
91
,00
93,75
9,6154
22,62710
T_Fortschritt_Prozent
91
,00
100,00
2,6557
11,93986
U_Fortschritt_Prozent
91
,00
93,75
18,5440
28,32032
V_Fortschritt_Prozent
91
,00
100,00
22,5824
34,05357
W_Fortschritt_Prozent
91
,00
100,00
16,5620
29,25529
X_Fortschritt_Prozent
91
,00
100,00
22,5275
32,09771
Y_Fortschritt_Prozent
91
,00
92,86
14,9529
27,57135
Z_Fortschritt_Prozent
91
,00
100,00
19,5840
30,37634
Gültige Werte (Listenweise)
91
119
9.7 Korrelationen Fortschritt*Alter
Abbildung 34: Korrelationen A*Alter
A_Fortschritt_A
Alter
Korrelation nach Pearson
Alter
_Prozent
1
,038
Signifikanz (2-seitig)
A_Fortschritt_A_Prozent
,625
N
170
170
Korrelation nach Pearson
,038
1
Signifikanz (2-seitig)
,625
N
170
170
Abbildung 35: Korrelationen B*Alter
B_Fortschritt_B
Alter
Korrelation nach Pearson
Alter
_Prozent
1
-,103
Signifikanz (2-seitig)
B_Fortschritt_B_Prozent
,182
N
170
170
Korrelation nach Pearson
-,103
1
Signifikanz (2-seitig)
,182
N
170
170
Abbildung 36: Korrelationen C*Alter
C_Fortschritt_C
Alter
Korrelation nach Pearson
Alter
_Prozent
1
-,096
Signifikanz (2-seitig)
C_Fortschritt_C_Prozent
,211
N
170
170
Korrelation nach Pearson
-,096
1
Signifikanz (2-seitig)
,211
N
170
170
120
Abbildung 37: Korrelationen D*Alter
D_Fortschritte_
Alter
Korrelation nach Pearson
Alter
D_Prozent
1
-,093
Signifikanz (2-seitig)
D_Fortschritte_D_Prozent
,228
N
170
170
Korrelation nach Pearson
-,093
1
Signifikanz (2-seitig)
,228
N
170
170
Abbildung 38: Korrelationen E*Alter
E_Fortschritte_
Alter
Korrelation nach Pearson
Alter
Prozent
1
-,193
Signifikanz (2-seitig)
N
E_Fortschritte_Prozent
*
,012
170
170
Korrelation nach Pearson
-,193
Signifikanz (2-seitig)
,012
N
170
*
1
170
*. Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,05 (2-seitig) signifikant.
Abbildung 39: Korrelationen F*Alter
F_Fortschritt_Pr
Alter
Korrelation nach Pearson
Alter
ozent
1
-,209
Signifikanz (2-seitig)
N
F_Fortschritt_Prozent
**
,006
170
Korrelation nach Pearson
-,209
Signifikanz (2-seitig)
,006
N
170
170
**
1
170
121
Abbildung 40: Korrelationen G*Alter
G_Fortschritt_P
Alter
Korrelation nach Pearson
Alter
rozent
1
-,140
Signifikanz (2-seitig)
G_Fortschritt_Prozent
,068
N
170
170
Korrelation nach Pearson
-,140
1
Signifikanz (2-seitig)
,068
N
170
170
Abbildung 41: Korrelationen H*Alter
H_Fortschritte_
Alter
Korrelation nach Pearson
Alter
Prozent
1
-,033
Signifikanz (2-seitig)
H_Fortschritte_Prozent
,666
N
170
170
Korrelation nach Pearson
-,033
1
Signifikanz (2-seitig)
,666
N
170
170
Abbildung 42: Korrelationen I*Alter
I_Fortschritte_P
Alter
Korrelation nach Pearson
Alter
rozent
1
-,250
Signifikanz (2-seitig)
N
I_Fortschritte_Prozent
**
,001
170
Korrelation nach Pearson
-,250
Signifikanz (2-seitig)
,001
N
170
170
**
1
170
**. Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,01 (2-seitig) signifikant.
122
EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG
Hiermit versichere ich, dass ich diese Arbeit selbstständig verfasst und keine
anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt habe. Außerdem
versichere ich, dass ich die allgemeinen Prinzipien wissenschaftlicher Arbeit und
Veröffentlichung, wie sie in den Leitlinien guter wissenschaftlicher Praxis der Carl
von Ossietzky Universität Oldenburg festgelegt sind, befolgt habe.
Oldenburg, den 25. November 2011
123
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