Impulsreferat Weissbeck

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Psychiatrische Versorgung
straffällig gewordener
Jugendlicher
4.Praktikertagung Jugendstrafvollzug
Leipzig, 30.10.2008
Dr. W. Weissbeck, Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und –
psychotherapie; Oberarzt am Pfalzinstitut in Klingenmünster
Einführung
Ziele des Workshops
• Einführung in das Tätigkeitsfeld der KJP
• Psychiatrische Herangehensweise an
Dissozialität, Dissexualität, Aggressivität und
Impulsivität im Kindes- und Jugendalter
• Ursachen und Entstehungsbedingungen
• Diagnosen und Differentialdiagnosen
• Leitlinienorientierte Behandlungsstrategien
• Ausblick: Abgrenzung und Kooperation
• Diskussion
Häufigkeit psychischer Störungen
Schmidt 2008
Krankheitswahrnehmung
•Störung wird nicht wahrgenommen oder negiert
•fehlender Leidensdruck
•Ablehnung von Hilfsangeboten und Autorität
•Jugendliche wollen als Zeichen ihrer Autonomie
selbst mit Problemen fertig werden / mangelnde
Einsicht in die Behandlungsbedürftigkeit
• Wirkungsvoller wäre Behandlungsmotivation über
Gleichaltrige, aber: diese erkennen oft selbst nicht
den Krankheitswert.
•Wer will Behandlung? Häufig Eltern / Erwachsene
• „Sie kennen die heutige Jugend nicht!“
Ulmer Heimkinderstudie:
Risikogruppe
• ca. 80.000 Kinder und Jugendliche in
stationärer Jugendhilfe (§ 34 KJHG) in
Deutschland
• Hochrisikogruppe: Prävalenz >60%,
externalisierende Störungen,
Multimorbidität
• z.T. ambulante Unterbehandlung
In Haft leiden an psychischen
Störungen:
•Psychosen 3-7%
•Major Depression 10%
•Persönlichkeitsstörung 65%
Konrad 2003
Psychische Störung und
Delinquenz
•
•
•
•
•
•
•
•
Welche psychischen Störungen
stehen mit Delinquenz in
Verbindung?
SSV
ADHD
Störungen durch Drogen / Alkohol
Autistische Störungsbilder
Schizophrene Psychosen
Persönlichkeitsstörungen
Depression
Störungen der Sexualpräferenz
Medizinische Sichtweisen
Was ist normal?
Gehirnentwicklung: Wachstumsschub in der
Pubertät
Ausbildung neuer Synapsen nach dem Prinzip des „neuronalen
Darwinismus“ (Edelmann), vor allem im Bereich des
Frontalhirns.
Hier sind vor allem exekutive Funktionen lokalisiert:
•Planung
•Prioritätensetzung
•Abwägen von Konsequenzen
•Unterdrückung von Impulsen
•Kognitive Flexibilität
•Hemmung
Was ist normal?
Gehirnentwicklung:
•während Erwachsene für die Deutung
vielschichtiger Situationen den präfrontalen Kortex
aktivieren zeigen Jugendliche höhere Aktivitäten im
Amygdala
• mangelndes Erkennen von Emotionen anderer
• Hohe
Plastizität
Therapeutische Erreichbarkeit
Was ist normal?
• Hormonelle
Veränderungen
• immer früher
einsetzende
Geschlechtsreife
• Mangel an
Antizipation
• „Langeweile“
(nucleus accumbens
ist weniger aktiv)
• Neuorientierung der
Interessen
• sensation und
novelty seeking und
Belohnungs-systeme
des ZNS
Was ist normal?
Soziologische Veränderungen I
• Kein definierter
Übergang ins
Erwachsenalter
• Komplexer
werdende
Arbeitsabläufe
verlängern Schulund
Berufsausbildung
• Einzige
Lebensphase, in der
sich gesellschaftliche
Schichten stärker
mischen
• potentielle Drogenund
Alkoholerfahrung
Was ist normal?
Soziologische Veränderungen II
• Wohlstandsgesellschaft • Komplexe
• Zunahme an Freizeit
Veränderungen der
• Zunehmende
Moral- und
Instabilität von
Wertevorstellung
Familien
• Zusammenhang
• Einfluss von
zwischen
Massenmedien auf
Urbanisierung und
gewalttätiges
Delinquenz
Verhalten
Was ist normal?
Soziologische Veränderungen III
• Entstandardisierung:
fließende Grenzen
zwischen den
verschiedenen
Phasen von der
Kindheit ins
Erwachsenenalter
• Privilegien der
Erwachsenen
vorverlegt
• Entsynchronisierung:
Entwicklungen
verlaufen in
verschiedenen
Bereichen nicht mehr
synchron.
• Beispiel: späte
ökonomische
Selbstständigkeit, frühe
Privilegien wie
Ausgehen, Rauchen,
Alkohol, Sexualität
Was ist normal?
Soziologische Veränderungen IV
• Zu den (psychischen) Störungen, die einen
eindeutigen Zuwachs in den letzten 60 Jahren
verzeichnen gehören Alkohol- und Drogenkonsum
und Abhängigkeit, delinquentes Verhalten und
Kriminalität aber auch depressive Störungen und
Suizidalität.
• Es handelt sich somit um psychosoziale Störungen
• Den höchsten Zuwachs gab es bei der Kinder- und
Jugendkriminalität (Ausnahme: Japan)
Was ist normal?
Entwicklungsaufgaben von
Jugendlichen:
• Umgang mit der
• Loslösung und
Geschlechterrolle
Autonomiegewinnung
• Sexualität
• Entwicklung eines
• Erlernen von
ethischen
Selbstverantwortung Bewusstseins
• Impulsivität und
Impulskontrolle
• Reflexionsvermögen
Was ist normal?
•
Kriminalität als
„Durchgangssyndrom“
• Moffit spricht in
diesem
Zusammenhang von
adolescence-limited
versus life-coursepersistent antisocial
behaviour (Moffit,
T.E., 1993)
Terminologie
Aggressivität und Impulsivität
Die Entwicklung aggressiver Impulse
im Kleinkind- und Vorschulalter
• Augustinus (4. Jh. n.Chr.): "Es ist nicht
der Wille oder das Bestreben des
kleinen Kindes harmlos, sondern die
Schwäche seiner Glieder..."
• Die Häufigkeit physischer Aggression ist im
Kleinkindalter sehr viel häufiger als in der
Adoleszenz. Insgesamt gibt es 4
Verlaufsmuster der Aggression.
• Lediglich bei einer Gruppe nimmt die Tendenz
aggressiver Verhaltensmuster vom 6. bis zum
14. Lebensjahr zu (5 %). Die prognostische
Zuordnung und Aussage ist allerdings
unsicher.
Psychologische Risikofaktoren
• Ungünstige Temperamentsfaktoren
• difficult child mit schlechteren
Anpassungsleistungen
• Schwächere Konditionierbarkeit von Kindern
und Jugendlichen mit dissozialen
Entwicklungen
• sensation seeking als Ausdruck der
geringeren vegetativen Erregbarkeit
• Beachte: Überbeherrschter Typus, „restraint“
(nach Steiner et al. 1997)
Störungsmodelle
Ursächliche und auslösende Faktoren für
depressive Störungen
Aktuelle psychosoziale Belastungen
Physikalische
Einwirkungen
(z.B. Lichtentzug)
Unerwünschte
Wirkung von
Medikamenten
Genetische
Prädisposition
Besonderheiten der
Neurotransmittersysteme
(Katecholamin-Hypothese,
Serotonin-Hypothese,
neuroendokrinologische
Hypothesen)
Depressive
Symptomatik
emotional/kognitiv/
vegetativ, psychomotorisch, somatisch
Physiologische,
organische Einflüsse
(z.B. Schilddrüsendysfunktion,
virale Infektion, Kachexie)
Persönlichkeitsfaktoren
(z.B. Schüchternheit,
Angstneigung)
Traumatische Erfahrungen, Deprivation,
Verlusterlebnisse,
Erlernte Hilflosigkeit
Modellvorstellungen zur Ätiopathogenese des
Asperger-Syndroms
Genetische Faktoren/ Umweltfaktoren
Assoziative körperliche
Erkrankung
Anatomische Anomalien,
Hirnschädigungen,
Hirnfunktionsstörungen
Biochemische Anomalien
(Hyperserotoninämie,
Funktionsstörungen
anderer
Transmittersysteme)
Neurobiologische
Auffälligkeiten
Spezifische Symptomatik
für das Asperger-Syndrom:
•Interaktionsstörungen
•Stereotype
Verhaltensmuster
•Empathiestörung
Neuropsychologische und
kognitive Störungen:
•Exekutive Funktionen
•Theory of Mind
•Zentrale Kohärenz
Störung der affektiven
Entwicklung
Neuropsychologische
Auffälligkeiten
Biosoziales Modell der Antisozialen
Persönlichkeitsstörung
Gene + Neurobiologische Prädisposition + Psychosoziale Variablen
Störung der Emotions-Regulation
(Niedrige Schwelle für die Auslösung von Ärger & Aggressionen
+ „emotionale Unempfindlichkeit“)
Devianter kognitiver Stil
(rasches, ungeplantes Handeln, das auf Eigennutz ausgerichtet ist, bei
mangelhafter
Ausprägung von Problemlösestrategien)
Dysfunktionale Grundannahmen und
kognitiv-emotionale Schemata
Dysregulationen in verschiedenen Bereichen
Störung des Sozialverhaltens
Definition
Muster dissozialen, aggressiven oder aufsässigen
Verhaltens mit Verletzungen altersentsprechender
sozialer Erwartungen, welches länger als 6 Monate
besteht. Oft gleichzeitiges Vorkommen mit
schwierigen psychosozialen Umständen (F91).
Diese Störung kann mit deutlichen Symptomen
einer emotionalen Störung, vorzugsweise
Depression oder Angst, kombiniert sein (F92).
Störungen des Sozialverhaltens - Kernsymptome
1. Wutausbrüche
12. Wegbleiben abends
2. Häufiges Streiten
13. Körperliche Grausamkeit ∗
3. Opposition ggn. Erw.
14. Tierquälerei
4. Planvolles Ärgern
15. Destruktivität ∗
5. Schuldabwälzung
16. Feuer legen ∗
6. Empfindlichkeit
17. Stehlen
7. Ärger
18. Schulschwänzen vor 13 Jahren
8. Gehässigkeit
19. Weglaufen
9. Lügen
10. Körperliche Aggressionen
20. Raub, Erpressung ∗
21. Sexuelle Nötigung ∗
11. Waffengebrauch ∗
22. Tyrannisieren
23. Einbrüche ∗
∗ Nur einmal nötig
Bei gestörtem Sozialverhaltens
finden wir gehäuft:
Biologische Faktoren:
•
•
•
•
•
Perinatale Schädigungen
hyperkinetische Störungen
Schädel-Hirn-Verletzungen
Niedriger Intelligenz
Reduzierte Angst- und Stressreaktionen
psychosoziale Risikofaktoren
Familiäre Faktoren:
•
•
•
•
•
•
•
•
Bindungsstörungen; Abwesenheit der Eltern
Prozesse sozialer Zurückweisung
Eskalationsprozesse (Patterson)
Kriminelle Eltern(teile)
Inkonsistenter Erziehungsstil
Vernachlässigung
Körperliche und seelische Mißhandlung
Sexueller Mißbrauch
psychosoziale Risikofaktoren
Externale Faktoren:
• Peer-Group Effekte
ab dem 10. Lebensjahr beginnen
Dissoziale sich zusammenzuschließen
Hier vermehrt gemeinsame Einnahme
psychoaktiver Substanzen
• Schulische Einflüsse
Störungen des Sozialverhaltens Entwicklungspsychopathologie
Früh beginnendes, dissoziales Verhalten ist oft mit
hyperkinetischen Störungen verbunden.
Aggressives Verhalten eskaliert schon früh durch
aggressive Reaktionen.
Aggressives Verhalten von Kindern verstärkt das ihrer
Bezugspersonen.
Die Stabilität dissozialen Verhaltens Achtjähriger ins
Erwachsenenalter beträgt ca. 50 %.
Erziehungsverhalten
• Bei dissozialem, nicht aggressivem Verhalten
(z.B.): distanziertes Verhalten der Eltern, wenig
Einmischung, wenig Aufsicht und Steuerung,
kaum Reaktionen auf geringfügigere
Regelverletzungen
• Bei aggressivem Verhalten: Eltern sehr reizbar,
Überreaktionen bei noch altersadäquatem
Verhalten der Kinder, Drohen bei kleinster
Provokation)
Neurobiologische Grundlagen von
Aggressivität und Impulsivität
Zu unterscheiden gilt:
• Impulsiv-reaktiv versus
instrumentell-aggressives
Verhalten.
Terminologie
• Dissoziale Persönlichkeitsstörung:
Herzloses Unbeteiligtsein gegenüber den
Gefühlen anderer
Entwicklung des Kindes/Jugendlichen
•
•
•
•
•
•
•
•
Pränatale und Geburtsanamnese, insbesondere
mütterlicher Alkohol- und Drogenmissbrauch
Mütterliche Infektionen
Einnahme von Medikamenten
Medizinische Vorgeschichte, insbesondere ZNSBeeinträchtigungen/Störungen (z.B. Anfallsleiden,
Unfälle)
Vorgeschichte bezüglich körperlichem und/oder
sexuellem Missbrauch
Vorgeschichte in Bezug auf Stieffamilienstatus,
Adoptionen, Unterbringung in Pflegefamilien oder
Heimen
Ausbildung von Gewissen und Schuldgefühlen
Schullaufbahn und Entwicklung etwaiger
schulischer Leistungsschwierigkeiten.
Biologische Korrelate dissozialen
Verhaltens
Geringere Erregbarkeit des vegetativen Systems
Erniedrigte Spiegel von 5-Hydroxyindolsäure
Niedrige Kortisolspiegel
Niedrige Spiegel an Corticotropin-Releasing-Hormon
Schlechtere Verhaltenshemmung
Sensation Seeking (DRD 4 7 Polymorphismus)
Störungen des Sozialverhaltens –
Entwicklungspsychopathologie
Mit dem Alter nehmen körperliche Aggressionen ab,
anderes dissoziales Verhalten zu
Bei Zehnjährigen und später beginnender Symptomatik
bessere Prognose
Zunehmende Breite der Symptomatik erhöht das Risiko
von Substanzmissbrauch
Prävalenz:
8-Jährige 3 % (4/0)
13-Jährige 8,5 % (9/7)
18-Jährige 5 % (6/4)
25-Jährige 4,5 % (7/2)
Störungen des Sozialverhaltens - Interventionen
Elterntraining zur Verhaltensbegrenzung
Etablierung alternativer Verhaltensweisen
Pharmakotherapie (Stimulanzien, Risperidon, Lithium)
Gemeindenahe Programme (Schule, Jugendhäuser)
Behandlung komorbider Störung
Frühintervention als indizierte Prävention
Rechtzeitige Einschaltung der Jugendhilfe
Therapieindikation
Bedürfnisprinzip
• Antisoziale Ansichten und Einstellungen
• Impulsivität
• Mangel an zwischenmenschlichen und sozialen
Fertigkeiten
• Selbstschädigende Anpassungsstrategien
• Unfähigkeit zu Planen und konzeptionell zu Denken
• Störungen der Selbstkontrolle
• Störung des Selbstmanagements
• substanzgebundene Abhängigkeiten
• Hochrisikoverhalten u.v.m
Zu beachtende Elternmerkmale
•
•
•
•
Zu viele oder zu wenige soziale Regeln
Inkonsequentes Achten auf Regeleinhaltung
Häufig selbst aggressives Rollenmodell
Verstärken aggressiven Verhaltens des Kindes
durch Aufmerksamkeit danach (positive
Verstärkung) oder Befreien von unangenehmen
Anforderungen (negative Verstärkung)
• Oder feindliche Zurückweisung
Empirisch belegt wirksame
Methoden:
•
•
•
•
•
•
•
•
Modellernen
Rollenspiele
Abgestufte Erprobung
Verstärkung
Konkrete Hilfestellungen
Ressourcen-Bereitstellung
Kognitive Umstrukturierung
Multimodaler Einsatz der kognitiv-behavioralen
Techniken zur Verhaltensmodulation
Grundlegende Therapieziele
• Das Therapieziel liegt- unabhängig von der
eingesetzten Methode- in der altersadäquaten
Korrektur der Realitätswahrnehmung, der
Selbstwahrnehmung, der Fähigkeit zur Interaktion
und der Wahrnehmung der Konsequenzen eigenen
Handelns.
• Aber auch: begrenzen, Schadensvermeidung,
Stärken der sozialen Umwelt.
Grundlegende Therapieziele
• Hilflosigkeit und Überforderung des Kindes gehen
stets mit einer Beeinträchtigung des
Selbstwerterlebens einher. Daher hat jede
Therapie ganz wesentlich eine Änderung des
negativen Selbstkonzeptes und eine Stärkung des
Selbstwertgefühls beim Kind zum Ziel. Dies kann
durch eine bessere Kontrolle machtvoller Affekte
und durch verbesserte soziale Kompetenzen
erreicht werden.
Besonderheiten bei ambulanter
Behandlung
Interventionen in der Familie als Elterntraining
•
Identifizieren und Einsetzen von positiven
Elternqualitäten
•
Training bezüglich der Entwicklung
konsistenter positiver und negativer
Konsequenzen, Beendigung zu harter, zu
gewährender oder inkonsistenter elterlicher
Erziehungspraktiken
•
Förderung von Behandlung wichtiger
elterlicher Probleme (z.B.
Drogenmissbrauch).
Zusätzliche Interventionen beim Kind
•
•
•
•
Problemlösetraining einzeln oder in der
Gruppe
Trennung des Kindes/Jugendlichen von
ungünstigen Peer-Gruppen, Aufbau von
adäquaten Peer-Beziehungen
Einbeziehung von Familienhilfe und Nutzung
von Möglichkeiten außerfamiliärer
Unterbringung
Wahl einer adäquate(re)n Schulform,
Förderung der Zusammenarbeit von Eltern
und Schule/schulpsychologischem Dienst.
Interventionen bei Jugendlichen
•
•
•
•
Multisystemische Behandlung mit Ansätzen
der Betroffenen, den Familienbeziehungen,
dem Schul- bzw. Arbeitsmilieu, der PeerGroup und dem Freizeitverhalten nach
Hengeler et al.
Berufsvorbereitende Maßnahmen, Training
alltagspraktischer und sozialer Fertigkeiten
Kooperation mit Jugendstrafinstanzen,
Jugendgerichts- und Bewährungshilfe
Nutzung von Möglichkeiten zur
außerfamiliären Unterbringung.
Jugendhilfe- und
Rehabilitationsmaßnahmen
Angemessene Jugendhilfemaßnahmen sind:
•
Familienhilfe mit Verhaltensmodifikation bei
Störungen mit oppositionellem und
aufsässigem Verhalten, also bei jüngeren
Kindern
•
Erziehungsbeistandschaften sind nur bei
hoher Durchführungsqualität hilfreich
•
Teilstationäre Jugendhilfemaßnahmen bei
schwachen Schulleistungen und mangelnder
Aufsicht und Steuerung durch die Familie,
aber intakten Familienbeziehungen
•
Vollzeitige außerfamiliäre Betreuung bei
ausgeprägter Symptomatik oder
chronischem Erziehungsversagen der Eltern.
Psychotherapie:
•Kognitiv-behaviorale
Therapieansätze
•Kriminaltherapie
Terminologie
• Motivation:Intrinsisch: Problem der Integration in
das Selbstkonzept→Ziel: Dissonanzreduktion
Gefahr bei Hinterfragen dieser Strategie: Reaktanz
• Fördern intrinsischer Motivation: z.B. bei
bestehendem Leidensdruck. Hierzu gehört
empathisch-therapeutisches Verhalten, Interesse
und Verständnis (für den Täter als Person, nicht
für die Tat)
• Extrinsisch: Justiz, äußere Anreize
• Generalisierung des Gelernten?
Kognitiv-behaviorale Ansätze sind effektiv
bei der Straftäterbehandlung
(Andrews et al., 1990; Lipsey & Wilson, 1993, 1998)
• Im Fokus der Behandlung muss stehen :
• – Aggressives und fremdgefährdendes Verhalten
• – Therapieschädigendes Verhalten seitens der
Patienten
• – Therapieschädigendes Verhalten seitens des Teams
• Gefahr eines übermäßigen Machtgefälles in der
Institution
• Hohe Gefahr des Burn-out bei Mitarbeitern (McCann
& Ball, 1996)
Therapieansätze: DBT-F
(Dialektisch-Behaviorale Therapie
-Forensik-) nach Oermann
• Indikation:
• Gesamtstationskonzept für Straffällige,
die zwangsweise untergebracht sind
• Borderline- oder AntisozialePersönlichkeitsstörung bzw. andere
Störungen, mit Schwierigkeiten der
Gefühlsregulation Impulskontrollstörung
DBT-F :
Hierarchisierung der Therapieziele
•
•
•
•
•
•
•
•
Verhalten, das reduziert werden muss:
I. Reduktion von lebensbedrohlichem oder
körperverletzendem Verhalten
II. Reduktion von „stationsschädigendem“
Verhalten
III. Reduktion von therapieschädigendem
Verhalten
IV. Reduktion von Verhaltensweisen, die die
Lebensqualität negativ beeinflussen
Therapieansätze: DBT-F
(Dialektisch-Behaviorale Therapie
-Forensik-)
•
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•
•
•
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•
•
Kognitiv-behaviorale Ansätze stellen sich als effektiv
bei der Straftäterbehandlung heraus (Andrews et al.,
1990; Lipsey & Wilson, 1993, 1998)
• Im Fokus der Behandlung steht immer wieder:
– Aggressives und fremdgefährdendes Verhalten
– Therapieschädigendes Verhalten seitens der Patienten
– Therapieschädigendes Verhalten seitens des Teams
Gefahr eines übermäßigen Machtgefälles in der
Forensik
Hohe Gefahr des Burn-out bei Mitarbeitern in der
Forensik (McCann & Ball, 1996)
Therapieansätze: DBT-F
(Dialektisch-Behaviorale Therapie
-Forensik-)
•
•
•
•
•
•
•
•
Das Programm basiert auf 2 Annahmen:
1. Delinquente sind meist untersozialisiert
und deshalb mangelt es ihnen an sozialen
Fertigkeiten, an Fertigkeiten zur
Gefühlsregulation, an Wertvorstellungen
und an Denkfähigkeiten, die für eine
prosoziale Anpassung erforderlich sind
2. Diese Fertigkeiten können gelehrt werden
Apparative, Labor- und Testdiagnostik
•
•
•
•
Standard-Fragebogen für Eltern/Lehrer bezüglich
des Verhaltens des Kindes/Jugendlichen
Ergänzende altersbezogene Testdiagnostik
bezüglich Intelligenzniveau, Sprache und
Teilleistungsstörungen
Körperliche und neurologische Untersuchung bei
anamnestischen Hinweisen oder bei
Verdachtsmomenten auf körperliche und/oder
sexuelle Misshandlung, neurologische Schädigung,
Substanzmissbrauch o.Ä.
Bei Verdachtssymptomen oder anamnestischen
Hinweisen Drogenscreening im Urin, in der
Notfallbehandlung Blutalkoholkonzentration.
Versorgungsstruktur
Möglichkeiten der Versorgung
•
•
•
•
•
•
Institutsambulanz
Aufsuchend
Stationär:
Tagesklinik
offen /geschlossen
Maßregelvollzug
• Nachsorge: forensische Ambulanz im Aufbau,
bislang über Institutsambulanz. Hier auch
ambulante Täter-(gruppen-)therapie auch für SGBV Patienten.
• Neuregelung der Führungsaufsicht
Befragung der Sozialministerien
2006: Jugendliche und
Heranwachsende im
Maßregelvollzug
Gesamtergebnis:
Gesamt
Heranwachsende
Ohne
Altersangabe
Alle 14-21
Jugendliche
36
175
71
282
Statistisches Bundesamt 2006
Zum Vergleich:
• 727 Jugendliche in Haft
• 3656 Heranwachsende in Haft
Der Anteil der Unterbringungen im
Maßregelvollzug entspricht 6,4%.
Bei Erwachsenen ist es ein Anteil von
7,9%.
Zum Vergleich:
Verhältnis Strafvollzug / Maßregelvollzug
71.102 / 6130
Entspricht 8,6 % im MRVZ
davon 2/3 gem. §63 (4226)
Übersicht über die vorhandenen Einrichtungen mit
spezifischen Behandlungsangeboten für Jugendliche im
Maßregelvollzug
Rostock
Moringen
Berlin
Marsberg
Marburg
Arnsdorf
Klingenmünster
Rodewisch
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•
•
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•
Unser therapeutisches
Angebot
Psychotherapie (Verhaltenstherapeutische Konzepte zur gezielten
Modifikation von Verhalten
(Antiaggressionstraining, DBT-A, DBT-F,
Kriminaltherapie)
Spezifische Behandlungsverfahren
insbesondere bei Sexualstraftätern
Einzel- und Gruppen-therapeutisches
Angebot (Maßregelvollzugsgruppe,
Problemlösegruppe)
Psychoedukation
Leitlinienorientierte, individualisierte,
multimodale, interdisziplinäre
Stufenbehandlung
Behandlungsprogramme für dissoziale
Jugendliche
Psychopharmakotherapie
Sozio- und Milieutherapie
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Soziales Kompetenztraining
Entspannungsverfahren
Mototherapie
Familientherapie
Kunst- und Musiktherapie
Soziotherapie bei Pflege im
Bezugspersonensystem
Arbeitstherapie und -training
Verselbständigungstraining im Kontext
von Leben, Arbeiten und Sozialem
Umfeld
Erziehung und Pädagogik
Schule und Ausbildung
Berufsvorbereitung
Sozialdienst
4.Praktikertagung Jugendstrafvollzug
Leipzig, 30.10.2008
Pfalzinstitut –
Klinik für Kinder- und
Jugendpsychiatrie,
Psychosomatik und
Psychotherapie
ENDE
am
Pfalzklinikum für Psychiatrie
und Neurologie AdöR
www.pfalzklinikum.de
[email protected]
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