Vortrag Bio-Lebensmittel - Justus-Liebig

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„Haben Bio-Lebensmittel eine bessere Qualität als konventionelle Produkte ?“
Bernd Honermeier
Professur für Pflanzenbau, Institut für Pflanzenbau & Pflanzenzüchtung I,
Justus-Liebig-Universität Gießen
Vortrag QUEDHEB-Studentengruppe am 13. Mai 2015
Zusammenfassung des Vortrags
Die Produktion von Bio-Lebensmitteln unterliegt in Deutschland und in der EU einer
strengen Kontrolle, die durch die jeweiligen Verbände sowie durch staatliche
Behörden umgesetzt wird. In der Primärproduktion gibt es innerhalb des
ökologischen Landbaus zwei traditionelle Richtungen: (1) den organisch-biologischen
Landbau und (2) den biologisch-dynamischen Landbau. Der biologisch-dynamische
Landbau berücksichtigt (zum Teil) anthroposophische Prinzipien und praktiziert die
Anwendung von dynamischen und/oder pflanzlichen Präparaten. Trotz gewisser
Unterschiede zwischen diesen beiden Richtungen und zwischen den einzelnen
Verbänden (z. B. Demeter, Bioland, Naturland, Gäa, Biopark u. a.) verzichten alle
Betriebe
des
ökologischen
Landbaus
auf
synthetische
(chemische)
Pflanzenschutzmittel und auf leicht-lösliche Düngemittel. Darüber hinaus nutzen sie
vielfältige Fruchtfolgen (die in der Regel immer Leguminosen zur N2-Fixierung
einschließen) und traditionelle oder speziell für den ökologischen Landbau selektierte
Kultursorten. Als weitere Prinzipien werden der Bodenschutz, die artgerechte
Tierhaltung und eine Kreislaufwirtschaft beachtet. In Deutschland gehen die Anfänge
des ökologischen Landbaus bereits auf das Jahr 1928 zurück, als der Hof
Marienhöhe (Brandenburg) begann, nach den Prinzipien des ökologischen Landbaus
zu wirtschaften.
Die Beurteilung möglicher Qualitäts-Unterschiede zwischen Bio- und konventionell
erzeugten Lebensmitteln (LM) kann nicht generell für alle pflanzlichen LM in gleicher
Weise vorgenommen werden. Zwischen den einzelnen LM-Gruppen (Obst,
Blattgemüse, Fruchtgemüse, Speisehülsenfrüchte, Getreide, Ölsaaten usw.)
bestehen deutliche Unterschiede hinsichtlich der Botanik, der Ansprüche an Boden
und Klima sowie hinsichtlich des Anbaumanagements dieser Pflanzen.
Betrachtet man das Getreide (Weizen, Roggen, Gerste, Hafer), dann sind zwischen
Bio-LM und konv. LM keine gesicherten Unterschiede hinsichtlich der Korngröße,
der Kornmorphologie und der Mineralstoffgehalte der Körner (Karyopsen)
festzustellen. Sehr deutliche Unterschiede bestehen jedoch in den Proteingehalten
der Körner. Bedingt durch ein höheres N-Angebot (N-Düngung) verfügt das Erntegut
des konventionell erzeugten Weizens in der Regel über höhere Gehalte an
Speicherproteinen. Daraus leiten sich meist auch höhere Gehalte an Klebereiweißen
und veränderte Backeigenschaften (z. B. höheres Teig- und Backvolumen, höhere
Teigviskosität und Wasseraufnahme des Teiges) ab. Diese Effekte spielen jedoch bei
Vollkorn- und Sauerteig-Produkten eine geringere Rolle.
Unsere Kulturpflanzen nehmen den Stickstoff vor allem in Form von NO3- und NH4+
auf. Bei einem höheren N-Angebot (durch mineralische N-Düngung oder durch
Mineralisation von organisch gebundenem Stickstoff im Boden) kann es zur
Akkumulation von Nitrat in vegetativen Pflanzenorganen (Blätter, Knollen) kommen.
Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Nitrat-Akkumulation auftritt, ist bei konventionell
erzeugten pflanzlichen Produkten deutlich höher als bei Bio-LM. Besonders bei
Blattgemüse (Spinat, Gartensalat, Rucola) oder auch bei Kohlrabi und Rettich kann
bei unsachgemäßer N-Düngung, die nicht an den Bedarf der Pflanze angepasst ist,
eine Akkumulation von Nitrat in den Blättern vorkommen. Bei Gewächshaus-Gemüse
ist die Wahrscheinlichkeit der Nitrat-Akkumulation höher als bei Freilandgemüse.
Ein häufig diskutiertes Problem ist das Vorkommen von Mykotoxinen in pflanzlichen
LM. Diese werden durch „Feldpilze“ (z. B. Fusarium sp. oder Claviceps purpurea,
Mutterkorn) gebildet oder sie entstehen erst während der Lagerung und Verarbeitung
des Getreides (z. B. Toxine aus Penicillium- und Aspergillus-Arten). Die Ursachen für
die Infektion durch diese Schaderreger sind bekannt. Keine der beiden LandbauMethoden (ökologischer oder konventioneller Landbau) hat einen Vorteil hinsichtlich
der Vermeidung der Mykotoxin-Belastung im Getreide. Vielmehr sind feldhygienische
Maßnahmen (Fruchtfolge, Bodenbearbeitung, Sortenwahl) sowie Maßnahmen der
Lagerung (Reinigung, gute Lüftung, niedrige Kornfeuchte) entscheidend, um die
Kontamination der Pflanzen bzw. des Erntegutes zu vermindern. Sehr bedeutsam ist
in diesem Zusammenhang auch die Reinigungstechnik (Siebe, Farbsortierer), mit der
man kontaminiertes Getreide erkennen und heraus reinigen kann.
Der Eintrag von Schwermetallen in den Boden und in das Grundwasser wird durch
das Bundes-Immissionsschutzgesetz kontrolliert. Ein in der Umwelt weit verbreitetes
Schwermetall ist Cadmium (Cd), das vor allem durch Wild- und Speisepilze sowie
durch bestimmte Ölpflanzen (Mohn, Lein, Sonnenblume, Sesam) aufgenommen wird.
Mittlere Cd-Gehalte findet man in Getreidearten (Weizen und Reis). Vollkornprodukte
können höhere Cd-Gehalte aufweisen als Produkte aus Weißmehl. Gering sind die
Cd-Aufnahmen bei Apfel, Tomate und Orange. Die Anbaumethode (Öko vs.
konventionell) hat keinen Einfluss auf die Schwermetall-Gehalte der Pflanzen. Somit
sind in diesem Qualitätsmerkmal keine gesicherten Unterschiede zwischen Bio-LM
und konventionellen LM zu erwarten.
In pflanzlichen LM kommen zahlreiche sekundäre Pflanzenstoffe (Phenolsäuren,
Flavonoide, Di- und Triterpene, Glukosinolate, Carotinoide, ätherisches Öl mit Monound Sesquiterpenen) vor, denen positive ernährungsphysiologische Eigenschaften
zugesprochen werden. In einigen Studien wurde beobachtet, dass in Bio-LM aus
Obst- und Gemüsearten höhere Gehalte an bestimmten sekundären Pflanzenstoffen
zu finden sind. So z. B. bei Tomaten, die unter den Bedingungen des ökologischen
Anbaus signifikant höhere Gehalte an Gesamt-Flavonoiden und einzelnen FlavonoidVerbindungen (3-Quercetin-Rutinosid, Myricetin) aufweisen können (Hallmann et al.,
Sci. of Food & Agric., 2012). Daneben waren auch die Gehalte an Zucker und an
Vitamin C in Bio-Tomaten erhöht. Eine andere Forschergruppe fand im Saft aus BioTomaten höhere Gehalte an phenolischen Verbindungen, die auch zu einer erhöhten
antioxidativen Kapazität führten (Vallverde-Queralt et al., Food Chem. 2012). In einer
weiteren Studie wurden Bio-Blattsalate untersucht, die im Vergleich mit konv.
Produkten höhere Lutein- und ß-Carotin-Gehalte aufwiesen (Durazzo et al., J Food &
Biochem., 2013). Auch die Chlorogensäure-Gehalte waren bei Bio-Blattgemüse
deutlich erhöht, jedoch nicht signifikant.
Fazit
Eine gesunde Ernährung ist sowohl mit Bio-LM als auch mit konventionellen
Produkten möglich. Wichtiger als die Frage nach den möglichen Unterschieden
zwischen Bio-LM und konventionellen LM ist eine vielfältige und ballaststoffreiche
Ernährung mit einem hohen Anteil an Gemüse, Obst und pflanzlichen Ölen (anstelle
von tierischen Fetten). Auch der Konsum von Freilandgemüse hat gegenüber
Gewächshaus-Gemüse Vorteile. Pflanzliche LM aus ökologischer Erzeugung haben
geringere Nitrat-Gehalte (Gemüse), weniger Eiweiß (Weizen) und sind generell frei
von Pflanzenschutzmittel-Rückständen. Auch die Trockensubstanz-Gehalte sowie
die Gehalte an Vitamin C und phenolischen Verbindungen können bei Bio-LM
(Gemüse) höher sein. Bezüglich des Vorkommens von Schwermetallen und
Mykotoxinen bestehen keine gesicherten Unterschiede zwischen Bio-LM und
konventionellen Produkten.
(Die zitierten Literaturquellen können bei Bedarf beim Autor nachgefragt werden.)
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