Seminar mathematische Physik WS 2005/06 Kombinatorische

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Seminar mathematische Physik
WS 2005/06
Kombinatorische Beschreibung der Normalordnung in
der Quantenfeldtheorie
Sebastian Joos
Universität Konstanz
Gliederung
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Der Nutzen von Normalordnung & Kombinatorik
Definition der Normalordnung
Rook Zahlen & das Ferrersdiagramm
Normalordnung von kanonischen Bosonen
Kombinatorik: Stirling- & Bellsche Zahlen
Kombinatorik & Graphen
Aussicht
Sebastian Joos: Kombinatorische Beschreibung der Normalordnung in der QFT
WS 2005/06
Motivation
Weshalb braucht man Normalordnungen in der Quantenfeldtheorie (QFT)
• Verschiebung des Zustands tiefster Energie auf 0: Vermeidung von
Nullpunktsthermen
• Einfachste Basen mit denen quasi klassisch gerechnet werden kann (ohne
Kommutatoren)
Vorteile der Algebraischen Kombinatorik zum Beschreiben der Normalordnung
• Keine bzw. deutlich weniger aufwendige Rechnungen nötig
• Möglichkeit der Automatisierung mit Rechenprogrammen
• Könnte Strukturgebend für QFT sein
• Weitere elegante Vereinfachungen in der QFT möglich
Sebastian Joos: Kombinatorische Beschreibung der Normalordnung in der QFT
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Normalordnung
Definition von Normalordnung:
Sei a#(f1) · · · a#(fn) ein Produkt aus Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren;
unter der Normalordnung eines solchen Produktes versteht man wieder ein
Produkt, wobei aber alle Erzeugungsoperatoren vor den
Vernichtungsoperatoren stehen. Symbolisiert wird dies durch:
: a ( f1 ) ⋅ ⋅ ⋅ a ( f n ) :
#
#
Beispiele:
: aaa := a aa
†
†
: a † a + aa † := 2a † a
Sebastian Joos: Kombinatorische Beschreibung der Normalordnung in der QFT
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Rook Zahlen & Ferrersdiagramm
Die Normalform eines bosonischen Worts w = w(a,a†) (z.B.: a†.a.a†.a), erfüllt
die Gleichung N(w) = w.
Die Normalformen von bosonischen Worten sind mit sogenannten Rook Zahlen
verknüpft (Rook dt.: Turm beim Schach).
Kombinatorisch kann man die Rook Zahlen folgendermaßen erhalten:
• Aufschreiben des bosonischen Strings
• Über jedem Erzeugungsoperator a† eine Linie schräg nach oben zeichnen
• Über jedem Vernichtungsoperator a eine Linie schräg nach unten zeichnen
• Dabei die Linie eines folgenden Operators jeweils am Ende der Linie des
aktuellen Operators ansetzen
Dies ergibt eine Linie aus der ein Ferrersdiagramm gewonnen wird.
Sebastian Joos: Kombinatorische Beschreibung der Normalordnung in der QFT
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Rook Zahlen & Ferrersdiagramm
Das Ferrersdiagramm entsteht durch Komplettierung der zuvor gezogenen Linie zu einem
90° Winkel (gepunktete Linien), bzw. so als wäre bereits normal geordnet.
Sebastian Joos: Kombinatorische Beschreibung der Normalordnung in der QFT
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Rook Zahlen & Ferrersdiagramm
Die k-te Rook Zahl rk(B) eines
Ferrersdiagramms ist die Anzahl der
Möglichkeiten k viele sich nicht
schlagende Türme in dem Diagramm
zu platzieren.
Hier ergibt sich damit:
k
0
1
2
k>2
rk(B)
1
9
16
0
Ferrersdiagramm von vorher. Zusätzlich eine
Möglichkeiten sich nicht schlagende Türme zu
platzieren.
Sebastian Joos: Kombinatorische Beschreibung der Normalordnung in der QFT
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Rook Zahlen & Ferrersdiagramm
Damit ergibt sich für die Normalordnung von w = a†a†aa†aa†a†a†a†a:
N ( w) = a † a † a † a † a † a † a † aaa + 9a † a † a † a † a † a † aa + 16a † a † a † a † a † a
Diese Gleichung ist ein Ausdruck der allgemeinen Formel die die Normalform
N(w) mit der Hilfe der Rook Zahlen darstellt, sie lautet:
∞
N ( w) = ∑ rk ( B) : w( k ) :
n =0
Wobei : w(k) : bedeutet, dass k as und k a+s ausgestrichen werden und danach
normal geordnet wird ohne die Kommutatorrelationen zu berücksichtigen
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Normalordnung & Kombinatorik
Bei der Normalordnung von kanonischen Bosonen ([a,a†] = 1) tauchen typische
kombinatorische Zahlen auf:
• Stirling-Zahlen S(n,k)
• Bellsche Zahlen B(n,k)
Sie sind (bei uns) definiert durch:
n
(a † a ) n = ∑ S (n, k )(a † ) k a k
k =1
n
B (n) = ∑ S (n, k )
k =1
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Normalordnung & Kombinatorik
Allgemein kann man für kombinatorische Zahlen g(n) eine exponentielle
erzeugende Funktion G(x) definieren:
∞
xn
G ( x ) = ∑ g ( n)
n!
n =0
Für die Bellschen Zahlen nimmt die erzeugende Funktion folgende (in der
Kombinatorik wohlbekannte) Form an:
∞
xn
( e x −1)
G ( x) = ∑ B(n) = exp(exp( x) − 1) = e
n!
n =0
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Kombinatorik & Graphen
Die Stirling-Zahlen und damit auch die Bellschen Zahlen die bei der
Normalordnung von (a†a)n auftauchen lassen sich mit Hilfe von Graphen
bestimmen.
Dabei werden Pfeile verwendet von denen jeder für ein (a†a) steht (also (a†a)1
ein Pfeil, (a†a)3 drei Pfeile usw.).
Alle Pfeile übereinander stehen für (a†a) zwei Gruppen von Pfeilen
nebeneinander für (a†)2a2 und so weiter.
Die Pfeile müssen untereinander unterscheidbar sein, so können sie z.B. mit
der Zeit markiert werden.
Die Stirling-Zahlen ergeben sich nun aus der Anzahl der Möglichkeiten die
Pfeile in zweier-, dreier- oder mehr Gruppen zu unterteilen, wobei die zeitliche
Abfolge der Pfeile beachtet werden muss.
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Pfeilgraphen
S(2,1)=1 S(2,2)=1
S(3,1)=1 S(3,2)=3 S(3,3)=1
Pfeilgraphen für (a†a)n mit n = 1,2,3
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Pfeilgraphen
Pfeilgraphen für (a†a)4
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Kombinatorik & Graphen
Um zu Zeigen, dass sich obige Ergebnisse tatsächlich ergeben, muss es
machbar sein die Anzahl der möglichen Graphen zu einer gegebenen Zahl n
von Pfeilen anzugeben.
Dazu kann das „verbundene Graphen Theorem“ von R.P Stanley verwendet
werden.
Es sagt aus, dass wenn C ( x ) =
∑
∞
n =1
n
x
c ( n)
n!
die erzeugende Funktion
von markierten und verbundenen Graphen ist, d.h. c(n) zählt die Anzahl
verbundener Graphen der Ordnung n, dann ist
A( x) = exp(C ( x))
die erzeugende Funktion für alle Graphen.
Sebastian Joos: Kombinatorische Beschreibung der Normalordnung in der QFT
vgl. Physik:
Zustandssumme = e(Wirkung)
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Kombinatorik & Graphen
Für den Fall der Pfeilgraphen angewendet sieht man, dass es bei jeder
Ordnung von n genau einen Graphen gibt, der alle Pfeile zu einem Propagator
verbindet (verbundener Graph).
Also ergibt sich für jedes n c(n) = 1, und damit C(x) = exp(x) – 1.
Die erzeugende Funktion für alle Pfeilschaubilder A(x) folgt damit zu
A( x) = exp(exp( x) − 1) = e
( e x −1)
welches die erzeugende Funktion der Bellschen Zahlen ist.
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Kombinatorik & Graphen II
Die zweite Möglichkeit Stirling-Zahlen und damit auch Bellschen Zahlen die bei
der Normalordnung von (a†a)n auftauchen zu bestimmen ist die Verwendung
von Liniengraphen.
Die Linien der Graphen beginnen an einem schwarzen Punkt (Ursprung) und
enden an einem weißen (Vertex).
Weiter können an jeder Vertex mehrere Linien enden, was mit ihrer Stärke Vs
(für s Linien) bezeichnet wird. Auch von jedem Ursprung können mehrere
Linien ausgehen (Multiplikator Lm für m Linien).
Da die Farben der Punkte austauschbar sind ist {Vs} und {Lm} symmetrisch.
Wir beschränken Lm und Vs auf entweder 0 oder 1, d.h. entweder gibt es eine
Linie oder nicht.
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Linienschaubilder
Beispiele für Liniengraphen n=4
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Kombinatorik & Graphen II
Es lässt sich eine erzeugende Funktion G(x,V,L) aufstellen die die Anzahl der
möglichen Graphen g(n) mit n Linien angibt (nach Bender, Brody, Meister):
⎛ ∞
⎛ ∞
xm d m ⎞
ys ⎞
exp ⎜ ∑ Vs ⎟
G ( x, V , L) = exp ⎜ ∑ Lm
m ⎟
⎝ m =1 m ! dy ⎠
⎝ s =1 s ! ⎠ y =0
∞
xn
≡ ∑ g ( n)
n!
n =0
Falls nun Lm = 0 für alle m ≠ 1 (d.h. pro Ursprung nur eine Linie) und Vs = 1 für
alle s (d.h. mehrere Linien können in einer Vertex enden), so erhalten wir
wieder Graphen an denen die Stirling- und Bellschen Zahlen ablesbar sind.
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Linienschaubilder
Graphen der Bell-Zahlen B(n) für n=1,2,3. Hier ist zu beachten, dass die Punkte
austauschbar sind die Linien aber nicht.
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Kombinatorik & Schaubilder II
Die erzeugende Funktion G(x) die nach obigen Kriterien die Anzahl möglicher
Linienanordnungen angibt folgt zu:
⎛ ∞
⎛ ∞
xm d m ⎞
ys ⎞
G ( x) = exp ⎜ ∑ Lm
exp ⎜ ∑ Vs ⎟
m ⎟
⎝ m =1 m ! dy ⎠
⎝ s =1 s ! ⎠ y =0
⎛ xn d ⎞
⎛ ∞ ys ⎞
= exp ⎜
⎟ exp ⎜ ∑ ⎟
⎝ 1! dy ⎠
⎝ s =1 s ! ⎠ y =0
⎛ xd ⎞
= exp ⎜ ⎟ exp(e y − 1)
⎝ dy ⎠
y =0
∞
n
x
= exp(e x − 1) ≡ ∑ B (n)
n!
n =0
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Aussicht
nach Bender, Brody und Meister gilt:
Jede kombinatorische Struktur (Graphen) kann mit G(x,V,L) erzeugt werden.
⎛ ∞
⎛ ∞
xm d m ⎞
ys ⎞
G ( x, V , L) = exp ⎜ ∑ Lm
exp ⎜ ∑ Vs ⎟
m ⎟
⎝ m =1 m ! dy ⎠
⎝ s =1 s ! ⎠ y =0
Da auch die Feynmandiagramme kombinatorische Strukturen sind erwächst
die Hoffnung, dass auch Felder mit G(x,V,L) berechnet werden können und
sich Berechnungen in der Quantenfeldtheorie so vereinfachen.
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Literaturverzeichnis
• Allan I. Solomon, Gerard Duchamp, Pawel Blasiak, Andrzej Horzela, Karol A.
Penson (2004): Normal Order: Combinatorial Graphs
• Allan I. Solomon, Pawel Blasiak, Gerard Duchamp, Andrzej Horzela and Karol
A. Penson (2003): Combinatorial Physics, Normal Order and Model Feynman
Graphs
• Bender, C.M, Brody, D.C. and Meister, B.K.: Quantum field theory of partitions, J.Math. Phys. 40 (1999) 3239; Bender, C.M., Brody, D.C., and Meister,
B.K.: Combinatorics and field theory, Twistor Newsletter 45 (2000) 36.
• W. Cassing (2002): Quantenfeldtheorie; Institut für Theoretische Physik
Universitat Giessen
• Carsten Neff (2000): Zur Definition von Wickprodukten mit Hilfe der
mikrolokalen Analysis, Diplomarbeit
• Wikipedia (2006): Stirling- / Bellsche Zahlen
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