Wenn Patienten Ansprüche geltend machen

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Die Haftung des Arztes
Wenn
Patienten
Ansprüche
geltend
machen
G
rundsätzlich sind zwei Ausgangspunkte für ein Gerichtsverfahren gegen einen
Arzt denkbar: die Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche
und/oder die Einleitung strafrechtlicher Schritte.Während Letzteres,
abgesehen von gravierenden Fällen, nach Meinung des Verfassers
einen anwaltlichen Kunstfehler
darstellt – weil nicht der Verhandlungsbereitschaft zuträglich –,
nimmt die Zahl der zivilrechtlichen Inanspruchnahmen der Ärz-
Foto: photothek
Ein Überblick über
mögliche Verfahren
te in den letzten Jahren stetig zu.
Dabei geht die zunehmende Zahl
geltend gemachter Ansprüche
nicht unbedingt auch mit einer zunehmenden Anzahl von Behandlungsfehlern einher, sondern entspringt ebenfalls einem gewissen
Kommerzialisierungsgedanken.
Die nachstehenden Ausführungen wollen vor dem Hintergrund
verstanden werden, dass es sich
nicht um eine quasi lehrbuchartige
Darstellung dessen handelt, was
auf den Arzt zukommen kann,
sondern demjenigen, an den Ansprüche herangetragen werden, einen Überblick über die einzelnen
Verfahrensarten und ihre Besonderheiten zu geben.
Das Strafverfahren
Die unangenehmste Art, von Ansprüchen seiner Patienten zu erfahren, ist die Einleitung eines
Strafverfahrens gegen den Arzt,
schlimmstenfalls verbunden mit
einer Durchsuchung der Praxis
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und der Privaträume. Neben einer
Verurteilung durch ein Strafgericht drohen hier auch berufsrechtliche Sanktionen durch die
zuständige Ärztekammer bis hin
zum Berufsverbot und dem Entzug der Approbation.
Eine etwaige Durchsuchung
der Praxis-/Privaträume erfolgt in
der Regel durch Polizeibeamte.
Die Beamten präsentieren dem
Praxisinhaber zunächst einen
Durchsuchungsbeschluss. In diesem ist regelmäßig der zur Last gelegte Verstoß näher bezeichnet
(zum Beispiel Verdacht der fahrlässigen Körperverletzung, wenn
ein Patient eine Fehlbehandlung
behauptet, oder Verdacht der fahrlässigen Tötung, wenn Angehörige
dessen Tod beklagen) sowie eine
Liste der zu beschlagnahmenden
Unterlagen (meist Patientendaten
und Patientenkarteien).
Oberstes Gebot lautet hier: Ruhe bewahren und kein Gespräch
über die Sache mit den durchsuchenden Beamten führen. Der
Arzt sollte Kopien der beschlagnahmten Unterlagen anfertigen
und unverzüglich einen Rechtsanwalt informieren. Gut wäre es,
wenn die Patienten nichts von der
Durchsuchungsaktion mitbekommen (Rufschädigung). Man kann
die Beamten bitten, ihre Fahrzeuge am Hinter- oder Nebeneingang
der Praxis zu positionieren. In der
Regel sind die Beamten kooperativ, wenn der Praxisinhaber sich
kooperativ zeigt. Der Arzt sollte
nicht versuchen, sich oder sein
Verhalten vor den Beamten zu
rechtfertigen. Alles, was er sagt,
kann gegen ihn verwendet werden. Fatal ist der Versuch, möglicherweise belastendes Material
beiseitezuschaffen. Wer dabei ertappt wird, macht sich nur noch
mehr verdächtig. Wenn die Fest18
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Ein zivilgerichtliches Verfahren, mit dem Ansprüche wegen Behandlungsfehlern geltend gemacht
werden, beginnt immer mit einer Zustellung der Klage an den Beklagten.
platte des Computers beschlagnahmt wird, besteht die Möglichkeit, diese auf einer Dienststelle
der Polizei zu spiegeln, was erfahrungsgemäß ein bis zwei Wochen
in Anspruch nimmt.
Der Arzt sollte in jedem Fall einen Rechtsanwalt einschalten, der
versuchen wird, schnellstmöglich
Akteneinsicht zu erlangen, um zu
erfahren, welche Vorwürfe gegen
den Arzt erhoben werden, um gemeinsam mit diesem entlastendes
Material in das Verfahren einzuführen.
Nach Abschluss der Durchsuchung werden die unterschiedlichen
Standpunkte zwischen Rechtsanwalt und Staatsanwalt ausgetauscht. Erhärtet sich der erhobene Verdacht nicht, wird das
Verfahren eingestellt. Hierbei ist
eine Einstellung nach § 170 Absatz 2 StPO (Einstellung wegen
erwiesener Unschuld) ebenso möglich wie eine Einstellung des Ver-
fahrens mit oder ohne Geldauflage.
Ergeben die Ermittlungen einen hinreichenden Tatverdacht,
wird darüber entschieden, ob Anklage gegen den Arzt erhoben
wird. Kommt es zur Anklageerhebung und lässt sich der Tatverdacht
nicht ausräumen, sollte versucht
werden, das Verfahren durch einen
Strafbefehl zu beenden, was eine
öffentliche Hauptverhandlung erspart. Von der Anklageerhebung
wird regelmäßig die Ärztekammer
informiert, was neben einer strafrechtlichen Verurteilung zu berufsrechtlichen Konsequenzen führen
kann. Auch nach Anklageerhebung ist noch eine Einstellung des
Verfahrens gegen oder ohne
Zahlung einer Geldbuße möglich; in seltenen Fällen ist auch
ein Freispruch im Rahmen eines
Strafverfahrens (öffentliche Hauptverhandlung) möglich. In jedem
Fall ist die Haftpflichtversiche-
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rung von der Einleitung eines
Strafverfahrens zu informieren.
Diese stellt, sofern entsprechender Versicherungsschutz besteht,
auf ihre Kosten einen Anwalt zur
Verfügung.Andernfalls spricht die
Versicherung auf Wunsch eine
Empfehlung aus.
Das Zivilverfahren
Bei einem Zivilverfahren gibt es
fünf mögliche Verfahrensarten:
) Bei einem Verfahren vor den
Schlichtungsstellen der Ärztekammern stehen sich Patient und
Arzt (unterstützt oder vertreten
durch seine Haftpflichtversicherung) als Beteiligte gegenüber, ohne dass der Ausgang dieses Verfahrens für die Parteien bindend
ist. Am Ende des Verfahrens steht
entweder die Empfehlung, in die
Anspruchsregulierung einzutreten, oder aber die Rechtsauffassung, dass keine Behandlungsfehler vorliegen.
Auch Aufklärungsfehler werden begutachtet, unter Umständen aber nur dann, wenn sie ausdrücklich gerügt sind. Streitigkeiten über die Höhe einer Rechnung
oder die Dauer der Verordnung
von Heilmitteln werden von der
Schlichtungsstelle nicht zur Entscheidung angenommen.
Das Verfahren ist schriftlich,
wozu ein formloser Antrag des Patienten genügt, der eine Sachverhaltsschilderung sowie eine Begründung, warum seiner Auffassung nach die Behandlung fehlerhaft war, enthalten soll. Die
Schlichtungsstelle fordert die Beteiligten zur Stellungnahme auf,
sie ist berechtigt, Behandlungsunterlagen anzufordern, formuliert
einen Beweisbeschluss, bestimmt
einen Gutachter, übersendet das
Gutachten an die Beteiligten zur
Stellungnahme und gibt eine
Empfehlung an die Beteiligten
aufgrund des Gutachtens. Die
Teilnahme an dem Verfahren ist
freiwillig.Verweigert einer der Beteiligten die Teilnahme an dem
Verfahren, ist das Verfahren vor
der Schlichtungsstelle beendet beziehungsweise wird es gar nicht
erst in Gang gesetzt.
Das Verfahren ist für Arzt und
Patient insofern kostenfrei, als die
Haftpflichtversicherung die Kosten des Verfahrens trägt. Nach
den Allgemeinen Haftpflichtbedingungen (AHB) ist es dem Arzt
verwehrt, ohne Abstimmung mit
der Haftpflichtversicherung eine
Stellungnahme im Rahmen dieses
Verfahrens abzugeben oder gar
seine Zustimmung zu einem
Schlichtungsverfahren zu erteilen.
Die durchschnittliche Verfahrensdauer liegt erfahrungsgemäß
zwischen sieben und zwölf Monaten.
) Der Patient hat auch die Möglichkeit, Beschwerde bei der Ärztekammer über eine Behandlung
durch einen Arzt einzureichen.
Gelangt die Ärztekammer zu
dem Ergebnis, dass ein Behandlungsfehler vorliegt, leitet sie den
Vorgang in der Regel an die zuständige Schlichtungsstelle weiter.
Sie hat aber auch die Möglichkeit,
unmittelbar ein berufsrechtliches
Verfahren einzuleiten und/oder
die Akte an die Staatsanwaltschaft
abzugeben.
) Das selbstständige Beweisverfahren ist ein gerichtliches Verfahren, welches letztlich nur der Sicherung von Fakten dient, beispielsweise also der Feststellung
des Istzustands der Gesundheit
des Patienten, ohne Aussagen darüber zu treffen, wer für diesen Zustand verantwortlich ist. Dieses
Verfahren ist meist dem Hauptsa-
cheverfahren, also der Erhebung
der öffentlichen Klage, vorgeschaltet. Es wird also etwa festgestellt,
dass bei einem Kind eine bestimmte Behinderung vorliegt, ohne eine
Aussage darüber zu treffen, ob die
Behinderung für den Gynäkologen vorhersehbar war. Ziel dieses
Verfahrens soll es sein, eine Klage
in der Hauptsache zu verhindern
und Rechtsfrieden zu schaffen, was
nach Erfahrung des Verfassers in
den seltensten Fällen eintritt.
Das in dem selbstständigen Beweisverfahren eingeholte Gutachten ist nicht bindend; es kann in einem späteren Klageverfahren angegriffen werden. In dem Hauptsacheverfahren ist, wenn das Gutachten angezweifelt wird, ein weiteres Gutachten einzuholen.
) Das Prozesskostenhilfeverfahren. Ein Antrag auf Gewährung
von Prozesskostenhilfe kann von
Klägern gestellt werden, die nicht
in der Lage sind, die Prozesskosten (Anwalts- und Gerichtskosten) aus eigenen Mitteln zu tragen.
Bietet die Klage hinreichende
Aussicht auf Erfolg, was in der Regel schon dann der Fall ist, wenn
ein Sachverständigengutachten eingeholt werden muss oder Zeugen
gehört werden müssen, erhält der
Kläger Prozesskostenhilfe und das
Verfahren geht dann in das „normale“ Klageverfahren über.
) Das (eigentliche) Klageverfahren. Ein zivilgerichtliches Verfahren, mit welchem Ansprüche wegen Behandlungsfehlern geltend
gemacht werden, beginnt immer
mit einer Zustellung der Klage an
den Beklagten.
Die Klageschrift ist mit einem
Deckblatt versehen, das wichtige
Informationen darüber enthält,
welche Fristen einzuhalten sind,
verbunden mit der Aufforderung,
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wenn es sich um eine zu einem
Landgericht erhobene Klage handelt, einen bei dem Landgericht zugelassenen Anwalt zu beauftragen.
Obwohl beim Amtsgericht kein
„Anwaltszwang“ herrscht, empfiehlt sich auch hier, einen Rechtsanwalt mit der Interessenwahrnehmung zu beauftragen.
Die erste Frist ist die Notfrist
von zwei Wochen, innerhalb derer
dem Gericht mitgeteilt werden
muss, ob man beabsichtigt, sich gegen die Klage zu verteidigen.
Ist diese Notfrist verstrichen,
kann der Kläger ein Versäumnisurteil beantragen, was die Verteidigungsmöglichkeiten der beklagten
Seite insofern erheblich beeinträchtigt, als mit dem Einspruch gegen dieses Versäumnisurteil innerhalb einer Frist von zwei Wochen
alles vorgetragen werden muss, was
man zu seiner Verteidigung vorbringen möchte. Daher ist es
enorm wichtig, sofort auf die Zustellung einer Klage zu reagieren.
Daneben wird der beklagten
Partei eine weitere Frist gesetzt,
innerhalb derer zu dem Vortrag in
der Klage Stellung genommen
werden muss. Diese beträgt meist
zwischen vier und sechs Wochen.
Hierbei muss im Einzelnen substantiiert auf die Klage erwidert
und alles vorgebracht werden, was
man zu seiner Entlastung vorbringen kann.
Möglicherweise ergehen auch
„prozessleitende
Verfügungen“,
mit denen beiden Parteien bestimmte Auflagen erteilt werden,
etwa Behandlungsunterlagen zur
Akte zu reichen, alle behandelnden
Ärzte zu benennen und diese von
der Schweigepflicht zu entbinden.
Mit den nachfolgenden Schriftsätzen tauschen die Parteien dann weiter ihre unterschiedliche Auffassung über die Angelegenheit aus.
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Das Gericht hat dann die Möglichkeit, wenn der Sachverhalt zwischen den Parteien unstreitig ist
und es lediglich um die Beurteilung
des Sachverhalts durch einen Sachverständigen geht, einen vorterminlichen Beweisbeschluss zu erlassen, aufgrund dessen, bevor die
Parteien das erste Mal bei Gericht
erscheinen müssen, ein Gutachter
den Sachverhalt beurteilt. Bei der
Auswahl des Sachverständigen besteht ein Vorschlags-/Mitspracherecht der Parteien, wobei der
Grundsatz gilt, dass die Fachrichtung des Gutachters der des zu Begutachtenden zu entsprechen hat
und genau darauf geachtet werden
sollte, dass der niedergelassene
Arzt auch von einem niedergelassenen Kollegen begutachtet wird
und nicht von einem Kliniker (und
selbstverständlich auch umgekehrt).
Andernfalls wird ein Gütetermin
anberaumt, an welchem alle Beteiligten teilnehmen müssen.
Im Gütetermin, in der Regel
dem einzigen, an dem der Arzt teilzunehmen verpflichtet ist, wird das
Gericht versuchen, im Rahmen
der Befragung der Parteien Lücken im Sachverhalt zu füllen, unklare Sachverhalte aufzuklären,
und so eine Grundlage zu schaffen,
anhand derer später der Gutachter
seine Arbeit aufnehmen kann. Zudem versucht das Gericht, eine
gütliche Einigung zu erzielen.
Am Ende dieser Verhandlung
bestimmt das Gericht einen Termin
zur Verkündung einer Entscheidung. Diesen Termin nimmt keiner
der Prozessbeteiligten wahr. Die
verkündete Entscheidung bildet
die Grundlage für den Fortgang
des Verfahrens und wird in der Regel einen Beweisbeschluss enthalten, aufgrund dessen entweder von
den Parteien benannte Zeugen zu
hören sind und anschließend ein
Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben wird oder, wenn der
Sachverhalt unstreitig ist, gleich ein
Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben wird. Dieser Verkündungstermin liegt zwischen zwei
und sechs Wochen nach dem Gütetermin.
Den Termin zur Beweisaufnahme nimmt der Rechtsanwalt regelmäßig allein wahr. Selbstverständlich hat der Arzt jederzeit das
Recht, an jeder mündlichen Verhandlung teilzunehmen. Der Arzt
ist nicht verpflichtet, seine gesamte berufliche und private Planung
dem Prozess anzupassen; ist er zu
einem Termin verhindert, zu dem
sein Erscheinen angeordnet ist,
kann das Gericht entweder den
Termin verschieben oder den Arzt
von der Anordnung des persönlichen Erscheinens entbinden.
Liegt das Gutachten vor, wird
den Parteien eine Frist zur
Stellungnahme zu diesem Gutachten eingeräumt. Dem Gutachter
können Ergänzungsfragen gestellt, abweichende Meinungen
vorgehalten und Gegengutachten
präsentiert werden. Der Gutachter erhält dann die Möglichkeit,
sich mit den erhobenen Einwänden zunächst schriftlich auseinanderzusetzen, und hat auf Antrag
sein Gutachten mündlich zu erläutern. Führt er in seinem Gutachten
aus, dass Gutachten weiterer Fachrichtungen notwendig sind, werden auch diese Gutachten eingeholt. Hat der Gutachter sein Gutachten schriftlich ergänzt, mündlich erläutert und/oder haben die
Parteien auf eine mündliche Erläuterung des Gutachtens verzichtet, verkündet das Gericht, wenn
alle Zeugen gehört sind, einen
weiteren Termin zur Verkündung
einer Entscheidung, wobei es sich
dann meist um das Urteil handelt.
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Gegen dieses Urteil kann innerhalb einer Frist von einem Monat,
die mit der Zustellung des Urteils
beginnt, Berufung eingelegt werden. Diese zweite Instanz ist
allerdings keine Tatsacheninstanz
mehr. Das Berufungsgericht, in
der Regel das Oberlandesgericht,
prüft unter anderem, ob das erstinstanzliche Urteil Rechtsfehler
enthält, also den Sachverhalt
rechtlich zutreffend gewürdigt hat
oder aber beispielsweise zu erhebende Beweise nicht erhoben hat.
Auch gegen das Urteil zweiter
Instanz ist ein Rechtsmittel möglich, die Revision. Sie ist ebenfalls
innerhalb eines Monats nach Zustellung des zweitinstanzlichen
Urteils einzulegen. Hier sind die
Prüfungsmöglichkeiten allerdings
noch weiter eingeschränkt.
Die durchschnittliche Verfahrensdauer in erster Instanz beläuft
sich erfahrungsgemäß bei unstreitigem Sachverhalt mit Einholung
nur eines Sachverständigengutachtens auf einen Zeitraum von
zwischen acht und zwölf Monaten,
bei streitigen Sachverhalten mit
Beweisaufnahmen und Einholung
eines oder mehrerer Sachverständigengutachten auf mindestens
zwei Jahre, wobei auch drei oder
vier Jahre keine Seltenheit darstellen.
Die Rolle
Haftpflichtversicherung
Eine wesentliche Rolle bei der
Auseinandersetzung zwischen Ärzten und Patienten spielt die Haftpflichtversicherung. Diese stellt im
Fall einer Verurteilung des Arztes
zur Zahlung von Schadensersatz
und Schmerzensgeld im Rahmen
der vertraglich vereinbarten Deckungssumme diesen von sämtlichen finanziellen Verpflichtungen
frei. Sie trägt auch im Unterliegensfall sämtliche Kosten des Anwalts.
Die Versicherung verfügt über
ein Team von Spezialisten, welches in der Regel die gesamte
außergerichtliche Korrespondenz
mit dem Patienten/gegnerischen
Anwalt führt. Meist wird sie auch
im selbstständigen Beweisverfahren und Prozesskostenhilfeverfahren tätig. Hierzu ist sie aufgrund
der Allgemeinen Haftpflichtbedingungen (AHB) berechtigt.
Der Arzt hat dem Haftpflichtversicherer gegenüber Obliegenheiten zu erfüllen, die unter anderem in einer gesteigerten Mitwirkungs-/Unterstützungspflicht dahin gehend bestehen, dass dem
Haftpflichtversicherer die erbetenen/erforderlichen Informationen/
Unterlagen zur Verfügung zu stellen sind. Die Verletzung von Obliegenheiten führt unter Umständen
dazu, dass der Haftpflichtversicherer von seiner Verpflichtung zur
Leistung befreit wird. Auch das
Eingestehen eines Fehlverhaltens
führt unter Umständen nach den
dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen dazu, dass der Haftpflichtversicherer berechtigt ist, seine
Einstandspflicht zu verneinen. Der
Arzt sollte deshalb jedwede Korrespondenz mit der Gegenseite unterlassen.
Dem Haftpflichtversicherer obliegt auch die Auswahl eines in
Arzthaftpflicht versierten Anwalts,
dem er im Fall der gerichtlichen
Auseinandersetzung das Mandat
überträgt. Der Arzt hat auch das
Recht, einen Anwalt vorzuschlagen, der in der Regel akzeptiert
wird.
Der Arzt sollte auf keinen Fall
versuchen – etwa um seine eigene
Schadensquote möglichst niedrig
zu halten –, mit dem Patienten
oder dessen Anwalt unmittelbar in
Verhandlungen einzutreten und
sich mit ihm auf Zahlung eines
Betrags zur Abgeltung der Ansprüche eines Patienten zu einigen. Die Sekundäransprüche, also
die Ansprüche von Sozialversicherungsträgern, übersteigen oftmals
die Direktansprüche des Patienten um ein Vielfaches und bewegen sich oft in einer Größenordnung von mehr als 100 000 Euro.
Fazit
Jeder noch so sorgfältig arbeitende Arzt kann nicht verhindern,
dass er im Lauf seines Berufslebens mit Ansprüchen von Patientenseite überzogen wird. Ziel dieser Veröffentlichung ist es, Ärzten
einen Überblick über das zu geben, was auf sie zukommen kann,
und Klarheit in möglicherweise
unklare Verfahrensabläufe zu
RA Stephan G. Krempel
bringen.
E-Mail: [email protected]
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