SWR2 Musikstunde

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SWR2 MANUSKRIPT
ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE
SWR2 Musikstunde
Max Bruch - mehr als nur ein
Violinkonzert (5)
Von Ulla Zierau
Sendung:
Redaktion:
Freitag, 19. Februar 2016
Neuauflage, Ursendung 2008
9.05 – 10.00 Uhr
Ulla Zierau
Bitte beachten Sie:
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SWR 2 Musikstunde mit Ulla Zierau, Freitag, 19. Februar 2016
„Max Bruch - mehr als nur ein Violinkonzert (5)
Signet
Mit Ulla Zierau und der letzten Folge von „Max Bruch - mehr als nur ein
Violinkonzert“, heute begleiten wir Bruch nach Amerika. (0‘10)
Titelmusik
„Max Bruch steht noch in der Blüte seines Lebens und gehört seit vielen Jahren in
die vorderste Riege der modernen deutschen Komponisten“, so wird Bruch in der
amerikanischen Presse begrüßt als er 1883 in die USA kommt. Eine Beschreibung
des 45-jährigen folgt: „Als Person ist Max Bruch ein blonder, recht korpulenter
Deutscher, mit milder, liebenswürdiger, heiterer und ausdrucksvoller Miene …
man würde ihn eher für einen freundlichen und liebenswerten Philanthropen
denn einen großen Komponisten halten.“
Bruch seinerseits stellt sich in Amerika gut gelaunt den Fragen der Presse und gibt
sich humorvoll:
„In England habe ich genug Englisch gelernt, um mit meinem Orchester zu
kommunizieren, aber ich stelle fest, dass ich hier in meine Muttersprache
zurückfallen kann. Wenn ich mir die Liste mit 100 Musikern der Philharmonic
Society anschaue, bemerke ich, dass 94 oder 95 von ihnen Deutsche sind. Ich
freue mich sehr auf meine Konzertreise durch Amerika, denn man hat mir gesagt,
dass es hier ein großes, musikliebendes Publikum gibt.“
Ein Publikum, das gespannt ist auf die neue Sinfonie, die Bruch im Auftrag des
amerikanischen Dirigenten Walter Damrosch geschrieben hat. (1’10)
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Musik 1
Max Bruch: Sinfonie Nr.3, Scherzo
London Symphony Orchestra / Richard Hickox
M0014733 003, Chandos, 9738, 6‘14
Für die Symphony Society of New York hat Max Bruch sie komponiert, in Amerika
hat er sie mehrfach aufgeführt, seine dritte Sinfonie. Daraus spielte das London
Symphony Orchestra, geleitet von Richard Hickox den 3. Satz.
Zwei Monate tourt Bruch mit großem Erfolg durch die Vereinigten Staaten und
kehrt dann Anfang Juni 1883 nach Breslau zurück. Ehefrau Clara erwartet ihr
zweites Kind und die Familie richtet sich in ihrem neuen Zu Hause ein.
Selbstbewusst schreibt Bruch an seinen Verleger Simrock:
„Ich habe meine feste Burg, mein Haus, mein liebes Weib, mein Kind und in allen
Teilen der Welt gute Freunde. Um die falschen oder halben Freunde oder Gegner
kümmere ich mich je länger je weniger, ich lasse sie laufen oder lache über ihre
Affenkomödie.“
In Breslau genießt Bruch freie Hand. Als Kapellmeister schaltet und waltet er ganz
wie er möchte und erarbeitet mit dem Orchester und der Singakademie ein
enorm breit gefächertes Repertoire. Werke von Bach, Händel, Haydn, Mozart,
Beethoven. Im Zentrum die Romantiker Mendelssohn, Schumann, Weber, Brahms,
aber auch die Neudeutsche Schule, die er so oft attackiert hat.
Und er präsentiert den Breslauern Werke, die sie zuvor nie gehört haben, von
Berlioz, Glinka, Grieg, Dvorak, Tschaikowsky. Bruch lädt die besten Interpreten ein,
oftmals die Komponisten selbst. Grieg spielt sein Klavierkonzert, Brahms spielt
Beethovens viertes Klavierkonzert und dirigiert seine eigene vierte Sinfonie, SaintSaens tritt auf, Eugen d’Albert gleich mehrmals.
Brahms steht tatsächlich regelmäßig auf den Breslauer Konzertprogrammen,
dennoch kann Bruch seine Sticheleinen nicht unterlassen. An der dritten Sinfonie
krittelt er: „Sie ist im Wesentlichen sehr schön, würde aber noch viel schöner
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wirken, wenn namentlich der erste und letzte Satz besser instrumentiert wären.
Indessen keiner kann aus seiner Haut heraus, ich auch nicht“.
In den sieben Breslauer Jahren werden drei Kinder Bruchs geboren, die Söhne
Max, Hans und zuletzt Ewald und es entsteht eines seiner schönsten
Kammermusikwerke, von dem die Welt bis heute kaum Notiz nimmt. 2’20
Musik 2
Max Bruch: Klavierquintett, 3. Satz
Ensemble Ulf Hoelscher
M0011760 006, cpo 999451-2, 6’18
Ulf Hoelscher und sein Ensemble haben sich dankenswerterweise der
Kammermusik Bruchs angenommen, leider wird sie nach wie vor viel zu selten
gespielt. Das war der dritte Satz aus Bruchs Klavierquintett g-moll.
Wie hält es Bruch mit der Politik? Er ist ein überzeugter Deutscher, Patriot und
glaubt nicht nur als Komponist an die guten alten Werte. Er ist ein treuer
Anhänger von Bismarcks Einigungspolitik, auch noch als dessen Stern schon
lange gesunken ist und der eiserne Kanzler von Kaiser Wilhelm II zum Rücktritt
gedrängt wird.
In diesem Machtkampf ergreift Bruch Partei für Bismarck und verstrickt sich in
Breslau in eine politische Intrige. Er findet viele Gegner und wenige
Sympathisanten. Am Ende unterliegt er und kündigt frustriert seinen Posten.
Simrock vertraut er an: „Alles ist gut, wenn ich nur nicht wieder das Martyrium
einer Musikdirektorenstelle auf mich zu nehmen brauche.“
Davor bleibt Bruch verschont. Er geht einmal mehr nach Berlin, beendet dort sein
drittes und letztes Violinkonzert. Der Widmungsträger diesmal wieder Joseph
Joachim und Bruch kann nach der Uraufführung beseelt von einem Triumph
berichten. (1’15)
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Musik 3
Max Bruch: Violinkonzert Nr.3, Finale
Chloe Hanslip, London Symphony Orchestra, Martyn Brabbins,
3373644, WEA International, 092745664-2, 5‘51
Chloe Hanslip und das London Symphony Orchestra unter der Leitung von
Martyn Brabbins mit dem Finale des dritten Violinkonzerts von Max Bruch.
Die erneute freundschaftliche Zusammenarbeit mit Joseph Joachim während der
Entstehungszeit des dritten Violinkonzertes, beschert Bruch eine neue Anstellung.
Er wird Direktor der von Joachim gegründeten Meisterschule für Komposition an
der Königlichen Akademie der Künste in Berlin. Bruch erhält einen Professorentitel
und die Mitgliedschaft im Senat der Akademie.
Er empfindet es als großes Glück, dass er inzwischen ganz unabhängig sein, von
den Launen des Publikums, der elenden Tagespresse und gemeiner Orchestermitglieder. Frei komponiert er drauf los, Vokal- und Instrumentalwerke, die
schwedischen Tänze, erst für Violine und Klavier, dann für Orchester, weil, wie er
sagt, er nie etwas ohne die Orchesterfarben denken könne. (1’00)
Musik 4
Max Bruch: schwedischer Tanz Nr.2
Academy of St. Martin-in-the-Fields /
Neville Marriner
M0034864 W02 005, hänsler classic, CD 98.390, 1’24
Bruch schreibt seine schwedischen Tänze nach dem Vorbild der Ungarischen von
Brahms und erhofft einen ähnlichen Erfolg. „Es ist keine Frage“, meint er, „dass
diese Sachen zu Fuß und zu Pferd gesotten und gebraten sich schnell und leicht
verbreiten werden…“. Das hier war der zweite schwedische Tanz mit der
Academy of St. Martin-in-the-Fields unter der Leitung von Neville Marriner.
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Ungarische Tänze sind die schwedischen dann doch keine geworden, vermutlich
liegt es nicht nur an der Nationalität. Immer wieder dieser Brahms, an dem er sich
messen muss und will und an dem er zerbricht, weil der stets eine Stufe höher
steht. „Er hat allen Grund meine Stellung in der Kunstwelt, die nicht unter ihm,
sondern neben ihm ist, zu respektieren“, fordert Bruch, „nie hat ein einzelner
Künstler die Kunst allein besessen, und auch er hat sie nicht für sich allein
gepachtet.“ Das würde Bruch Brahms gerne ins Stammbuch schreiben.
An Anerkennung von offizieller Seite mangelt es Bruch in diesen Jahren nicht. Er
wird Ehrenmitglied des Beethovenhaus-Vereins in Bonn, er erhält den bayerischen
Maximilansorden für Kunst und Wissenschaft und den Ehrendoktortitel der
Cambridge Universität. Wenn auch in der B-Besetzung, nachdem Brahms und
Verdi ihr Kommen abgesagt haben, was Brahms gegenüber Simrock wiederum
hervorheben muss. Die beiden schenken sich nichts:
„Bruch darf man zum Dr. gratulieren. Der Hut ist aber ein gewendeter! Unter uns,
er war auch diesmal mir angeboten, mir und Verdi, dieser kann wegen hohen
Alters nicht und ich wegen niedriger Honorare die Reise nicht daran wenden.“
Gut, Bruch also in zweiter Wahl zum Doktor gekürt. Allerdings währt die Freude an
dieser Ehrung nicht lange. Während des ersten Weltkriegs schmeißt er den Titel im
Überschwang nationaler Gefühle dem Feind, also den Engländern vor die Füße.
Im reiferen Alter entdeckt Bruch seinen christlichen Glauben. Bisher hat er sich
keinem biblischen Texten zugewandt. In Zusammenhang mit Bach hat er einst
verächtlich von christlicher Jammer- und Tränenpoesie gesprochen. Jetzt mit 65
besinnt er sich, kehrt in sich und fühlt sich berufen, das Leben Moses zu vertonen.
Der Prophet Mose ist für Bruch „der eigentliche, große Repräsentant und
Bewahrer des Monotheismus“ und er bekennt: „Mose hätte ich nicht schreiben
können, wenn nicht ein starkes, tiefes Gefühl des Göttlichen in mir lebendig
wäre“.
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In diesem Sinne ist das Oratorium eine Errungenschaft des Menschen Max Bruch,
des Komponisten sicher nicht. Das Werk ist wenig ideenreich und konventionell in
der Orchestrierung.
Wenn man bedenkt, dass zur selben Zeit Mahlers Auferstehungssinfonie, Strauss’
„Tod und Verklärung“ sowie Debussys „L’après midi d’un faune“ entsteht,
wundert einem nicht, dass Moses kurz nach der Uraufführung wieder in der
Versenkung verschwindet. (2’30)
Musik 5
Max Bruch: Moses, Szene des Moses
Michael Volle, Orchester der Bamberger Symphoniker, Claus Peter Flor
2269425 206, Orfeo C438982, 3‘03
„Du bist der Herr“, Szene des Moses aus dem Oratorium Moses von Max Bruch,
Michael Volle und die Bamberger Symphoniker unter der Leitung von Claus Peter
Flor.
Am 3. April 1897 stirbt der große Widersacher und Weggefährte Johannes
Brahms. Betroffen bekennt Bruch „Ein sehr großer Verlust für die Kunst! Ich könnte
ein Buch schreiben über all meine höchst merkwürdigen Erlebnisse mit diesem
ganz eigenartigen und sehr stachlichten Menschen im Laufe einer 32-jährigen
Bekanntschaft, werde mich aber hüten.“
Bruch ist sich im Klaren darüber, dass er bei all dem Konkurrenzdenken einen
Mitstreiter verloren hat und gibt sich pessimistisch: „Die bedeutenden Leute, mit
denen man gelebt hat, gehen einer nach dem anderen dahin. Was im 20.
Jahrhundert aus der Kunst werden soll, das wissen die Götter“, klagt er.
Bruch sieht sich nun als einzigen Bewahrer alter Traditionen. Er allein gegen den
Rest der Musikwelt, die so aus den Fugen geraten ist. Von den Neutönern will
Bruch nichts wissen, er ist kein Erneuerer, kein Revolutionär. Harmonik und
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Tonalität sind ihm nie ein Experimentierfeld, sie sind Mittel zum Zweck. Bruchs
Kompositionsverständnis basiert auf der motivischen, thematischen Arbeit. Er
selbst gibt im Alter zu: „Brahms war ein weitaus größerer Komponist als ich. Vor
allem war er von stärkerer Originalität.“
Bruch versucht seine retrovierte Haltung zu erklären. Er habe es immer als seine
Aufgabe gesehen, mit seinen Kompositionen Geld zu verdienen, seine Familie zu
ernähren. „Ich war deshalb gezwungen, gefällige und leicht verständliche Werke
zu schreiben“. Aber wie ein Zwang hört sich seine Musik nicht an. Sie entspricht
vielmehr seiner innersten Überzeugung, so lehrt er sie auch seinen Schülern. Oskar
Straus, Ottorino Respighi oder Ralph Vaughan Williams. Dem Engländer
bescheinigt Bruch Talent und originelle Ideen, aber eine allzu originelle Harmonik,
vor allem den Hang zur kleinen Septime wirft er ihm vor.
Vaughan Williams erinnert sich später: „mein alter Lehrer Max Bruch pflegte zu mir
zu sagen: Sie dürfen keine Augenmusik schreiben, Sie müssen Ohrenmusik
schreiben“.
So wie er es selbst auch tut, in seiner Serenade op.75. Auf Drängen Sarasates und
unter Mithilfe Joseph Joachim ist sie entstanden und zu Ehren des Spaniers ist das
Finale eine Seguidilla. 2’40
Musik 6
Max Bruch: Serenade op,75, Finale
Salvatore Accardo, Gewandhausorchester Leipzig, Kurt Masur
M0044679 W04 007, Philips, 438748-2, 2’50
Ein Ausschnitt aus dem Finale der Serenade op.75 von Max Bruch mit Salvatore
Accardo und dem Gewandhausorchester Leipzig unter der Leitung von Kurt
Masur.
Eine Seguidilla extra für Sarasate geschrieben. Doch der Geiger nimmt Bruchs
Serenade nicht an. Bitter enttäuscht bricht der Komponist die Verbindung ab und
überlässt dem belgischen Geiger Joseph Débroux die Uraufführung. Kritiker
sprechen von einer zweitrangigen Komposition und spotten über Bruchs Musik,
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„akzeptabel für eine Serenade des 18. Jahrhunderts, widerwärtig süß für den
Zuhörer im 20. Wir ändern uns und die Musik mit uns“, meint ein Kritiker. Bruch
ändert sich über die Jahrzehnte nicht.
Seinen 70. Geburtstag feiert er im großen Stil unter reger Anteilnahme der
Öffentlichkeit, ganz nach seinem Geschmack. Festkonzerte in Bergisch
Gladbach, Festkonzerte in Köln. Ein junger spanischer Cellist spielt sein Kol Nidrei –
es ist Pablo Casals. Glückwunschtelegramme kommen aus aller Welt. Bruch
erhält die höchste Auszeichnung des Landes, den Orden „pour le Mérite“ und
auf dem Hofball wird er Kaiser Wilhelm II vorgestellt.
Obwohl Max Bruch kurz nach seinem 70. Geburtstag bekundet, dass seine Zeit als
Komponist vorüber sei, lässt er sich von seinem Sohn nochmals zu einem Konzert
hinreißen. Max Felix ist ein guter Klarinettist. Für ihn hat Bruch die acht Stücke
op.83 für Klarinette, Bratsche und Klavier geschrieben – bis heute seine
meistgespielte Kammermusik.
Diesmal soll es ein Doppelkonzert für Klarinette und Bratsche werden. Der Kritiker
der Allgemeinen Musikzeitung beschreibt es als „harmlos und unaufregend“, es
wirke unoriginell und zeige keine Meisterzüge.
Ein Werk aus vergangenen Zeiten, dennoch mit Charme und Schönheit, die sich
Bruchs Musik bis heute bewahrt hat. 1’40
Musik 7
Max Bruch Konzert für Klarinette und Viola, 2. Satz
Sharon Kam und Ori Kam / Viola, Sinfonia Varsovia, Gregor Bühl
M0-080749 W02 005, Berlin classics, 0016202 BC, 4’53
Die Geschwister Sharon und Ori Kam im 2. Satz aus dem Doppelkonzert für
Klarinette und Viola von Max Bruch. Gregor Bühl leitete die Sinfonia Varsovia.
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Ein schwerer Schicksalsschlag erschüttert die Familie Bruch. Der zweitjüngste Sohn
Hans, ein begabter Maler, stirbt 26-jährig an den Folgen einer Blutvergiftung und
kurze Zeit später verliert Max Bruch seine Schwester Mathilde. Man schreibt das
Jahr 1914. Keine guten Zeiten, lähmende Angst über Europa. Auch Bruch
bekommt die Folgen des Krieges zu spüren. Tantiemen aus dem Ausland bleiben
aus. Die Inflation gewährt ihm kaum mehr seine letzten Freuden: Zigarren und
Rotwein.
Die finanzielle Not ist so groß, dass Bruch einen Auftrag für ein Konzert für zwei
Klaviere annimmt, das Instrument, das er so lange gemieden hat. Die
amerikanischen Schwestern Sutro, einst Studentinnen an der Berliner Musikhochschule bitten Bruch um diesen Gefallen. Es ist keine Originalkomposition, sondern
eine Bearbeitung seiner dritten Orchestersuite. Die Unisono-Fanfare zu Beginn des
Konzertes geht auf einen Trauermarsch zurück, den Bruch bei einer
Karfreitagsprozession auf Capri gehört hat. 1’20
Musik 8
Max Bruch: Konzert für 2 Klaviere, 1. Satz
Güher und Süher Pekinel / Philharmonia Orchestra / Neville Marriner
M0012056 W02 004, Chandos CHAN 9711, 4’55
Der erste Satz aus dem Konzert für 2 Klaviere von Max Bruch mit Güher und Süher
Pekinel, Neville Marriner leitete das Philharmonia Orchestra.
Wenige Monate nach dem ersten Weltkrieg stirbt Clara Bruch, nach fast 40jähriger Ehe. Es ist ein schwerer Verlust für Bruch, von dem er sich nicht mehr
erholen wird. Als letzte Berufung schreibt er ausgerechnet drei Kammermusikwerke, so als wolle er auf diesem Gebiet etwas gutmachen, sich
aussöhnen. Vor drei Jahren hat er seinem Verleger Simrock noch gestanden,
lieber drei ganze Oratorien mit Chor und Orchester zu schreiben als drei
Streichquartette und jetzt dieser Sinneswandel. Wahrscheinlich entstehen sie auf
Wunsch seines Freundes, dem Geiger Willy Hess. Ein letztes kompositorisches
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Aufflammen. Knapp ein Jahr nach seiner Frau stirbt Max Bruch am 2. Oktober
1920 im Alter von 82 Jahren.
Tochter Margarethe schreibt an Olga Zander, der Schwiegertochter von Bruchs
langjähriger Freundin Maria Zander nach Bergisch Gladbach:
„In ihm lebte noch all das Schöne, beglückende einer für immer versunkenen
Zeit“ –
Treffend charakterisiert.
An seiner Trauerfeier spielt Willi Hess das Adagio aus dem g-moll Konzert und auf
seinem Grabstein steht: Musik ist die Sprache Gottes.
Bruchs Streichquintett in Es-dur, zwei Jahre vor seinem Tod geschrieben, galt
lange Zeit als verschollen und tauchte erst vor zehn Jahren auf kuriose Weise bei
Sotheby’s auf – ein sensationeller Fund für die Kammermusikwelt. Anlässlich des
60. Geburtstages des Henle Verlags wurde das Quintett 2008 in München
erstaufgeführt.
1’50
Musik 9
Max Bruch: Streichquintett Es-dur, 2. Satz
Henschel Quartett, Mathias Beyer-Karlshoj, Violoncello
Übernahme BR M0010819W02, NEOS 30901, 3‘28
Das Henschel-Quartett und Mathias Beyer-Karlshoj, Violoncello spielten den
zweiten Satz aus dem Streichquintett Es-dur von Max Bruch, eine seiner letzten
Kompositionen, wenige Monate vor seinem Tod vollendet er noch das
Streichoktett.
Max Bruch – mehr als ein Violinkonzert, das hat uns die Vielfalt seines Schaffens in
dieser Woche bewiesen und Vieles gilt es noch zu entdecken, vor allem seine
Lieder. Sänger, Musiker, Veranstalter, Max Bruch Freunde, sie alle haben noch
einiges zu tun.
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Danke, dass Sie mich diese Woche begleitet haben – morgen 9.05 Uhr begrüßt
Sie in der SWR2 Musikstunde Konrad Beikircher zu seinem musikalischen Pasticcio.
Einen schönen Tag wünscht Ihnen Ulla Zierau
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