Darf man Unmoral bewundern?

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Dr. Martin Hoffmann (Universität Hamburg)
Darf man Unmoral bewundern?
Prima facie-Pflichten und der Vorrang der Moral
Vortrag im Rahmen des Kolloquiums Philosophie
Abstract
Die Auffassung, dass Handelnde in ihrem Handeln moralischen Gründen gegenüber allen
anderen praktischen Gründen den Vorrang geben sollen, ist in der Ethik weithin akzeptiert. In
der philosophischen Tradition ist Kant einer ihrer herausragenden Vertreter; in der modernen
Metaethik hat sie Richard Hare unter dem Schlagwort overridingness“ prominent vertreten. In
”
jüngerer Vergangenheit ist die allgemeine Geltung der Vorrangthese aber aus verschiedenen
Gründen bezweifelt worden.
Eine wichtige Argumentationsstrategie geht dabei von der Beobachtung aus, dass es Fälle
gibt, in denen wir unmoralisches Handeln bewundern, weil es nichtmoralische Gründe, Werte
oder Ideale gibt, die diese Handlungen rechtfertigen. So wird z. B. von Bernard Williams auf
einen Künstler verwiesen – nennen wir ihn Gauguin –, der seine Familie verlässt und nach
Tahiti geht, um dort seine Talente optimal zu entwickeln, und der dadurch zum weltberühmten
Maler wird. Verstößt Gauguin gegen den Vorrang der Moral? Manche verneinen dies mit dem
Verweis auf den Prima facie-Charakter moralischer Verpflichtungen: Viele moralische Pflichten
(so auch die Verpflichtung, für seine Familie zu sorgen) gelten nicht strikt, sondern lassen unter
bestimmten Bedingungen Ausnahmen zu, ohne dass dabei dem Vorrang moralischer Pflichten
zuwidergehandelt würde. Es gibt Situationen, in denen es moralisch erlaubt ist, nicht dem zu
genügen, was moralische Pflichten prima facie gebieten. Handelt also Gauguin gemäß dem
Vorrang der Moral?
Im Vortrag werde ich die skizzierte Argumentationsstrategie analysieren. Ich werde zeigen,
dass man zwar (manchmal) Unmoral bewundern darf, dass dies aber letztlich nicht gegen
den Vorrang der Moral spricht, sondern sich weiterhin eine plausible Version der Vorrangthese
verteidigen lässt.
Zur Person
Dr. Martin Hoffmann studierte von 1993 bis 1995 Psychologie an der Universität Würzburg
und von 1995 bis 2001 Psychologie und Philosophie an der Universität Hamburg. 2000 erhielt
er ein Diplom in Pyschologie, der Magister-Titel in Philosophie folgte 2001. Von 2001 bis 2003
war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Philosophischen Seminar der Universität Hamburg,
Wann? Donnerstag, der 05. Juni 2014 ab 18:00 Uhr
Wo? Pausenhalle des Philosophischen Instituts,
Eilfschornsteinstraße 16, 52062 Aachen
Dr. Martin Hoffmann: Darf man Unmoral bewundern?
von 2003 bis 2006 war er – ebenfalls als wissenschaftlicher Mitarbeiter – am DFG-Projekt
”Kohärenzbegriffe in der Ethik”bei Prof. Dr. Ulrich Gähde (Universität Hamburg) tätig. 2007
wurde er in Hamburg promoviert. Von 2006 bis 2009 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter im
BMBF-Projekt Ethische Probleme bei randomisierten Klinischen Studien“ unter der Leitung von
”
Prof. Dr. Bettina Schöne-Seifert (Universitätsklinikum Münster, Institut für Ethik, Geschichte
und Theorie der Medizin). Von April bis September 2009 war er Alfried Krupp Junior Fellow am
Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald. Seit Oktober 2009 ist er wieder Wissenschaftlicher
Mitarbeiter am Philosophischen Seminar der Universität Hamburg.
Publikationen (Auswahl)
• Hoffmann, Martin (2013). Considering Criteria for Model Modification and Theory
Change in Psychology. In: Gähde, Ulrich, Hartmann, Stephan & Wolf, Jörn Henning
(Hg.). Models, Simulations, and the Reduction of Complexity (S. 179-186). Berlin: Walter
de Gruyter.
• Hoffmann, Martin (2013). Menschsein und Personsein. Eine anthropologische Interpretation von Bernard Williams’ Rätsel. In: Hügli, Anton (Red.), Horn, Anita, Kottmann,
Astrid, Steiner, Christian et. al. (Hg.). Die Anthropologische Wende. (Reihe: Studia
Philosophica 72/2013) (S. 343-359). Basel: Schwabe.
• Hoffmann, Martin (2013). Two basic ethical problems of incidental findings in populationbased, non-intervening magnetic resonance imaging (MRI) research. Journal of Evaluation
in Clinical Practice 19 (3), 427-432.
• Hoffmann, Martin (2013). Thomas Buddenbrook und der Vorrang der Moral. In: Hoeltje,
Miguel, Spitzley, Thomas & Spohn, Wolfgang (Hg.). Was dürfen wir glauben? Was
sollen wir tun? - Sektionsbeiträge des achten internationalen Kongresses der Gesellschaft
für Analytische Philosophie e.V. (S. 593-606). Online-Veröffentlichung der Universität
Duisburg-Essen (DuEPublico).
• Hoffmann, Martin (2013). Kritik einiger Standardargumente für den Normativismus in
der Krankheitstheorie. In: Hucklenbroich, Peter & Buyx, Alena (Hg.). Wissenschaftstheoretische Aspekte des Krankheitsbegriffs (S. 253–282). Münster: Mentis.
• Hoffmann, Martin (2012). How to Identify Moral Experts? An Application of Goldman’s
Criteria for Expert Identification to the Domain of Morality. Analyse & Kritik 34 (2),
299–313.
• Hoffmann, Martin (2012). Die normative Bedeutung des Begriffs menschlicher Individualität. In: Alfred Dunshirn, Elisabeth Nemeth & Gerhard Unterthurner (Hg.). Crossing
Borders – Grenzen (über)denken. Beiträge zum 9. Kongress der Österreichischen Gesellschaft für Philosophie , Online-Publikation der Universität Wien, S. 117-128.
• Hoffmann, Martin (2008). Kohärenzbegriffe in der Ethik. Berlin - New York: Walter de
Gruyter.
Wann? Donnerstag, der 05. Juni 2014 ab 18:00 Uhr
Wo? Pausenhalle des Philosophischen Instituts,
Eilfschornsteinstraße 16, 52062 Aachen
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