Insolvenzrecht Insolvenzrecht III – Das Insolvenzverfahren

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Insolvenzrecht
Insolvenzrecht III – Das Insolvenzverfahren
Sommersemester 2013
Dozent:
RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel
Download des Vorlesungsskripts
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Fragen und Anregungen
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Seite 3
Literaturempfehlungen
Lehrbücher:
- Insolvenzrecht von Stefan Smid, 6. Aufl., 2012
- Insolvenzrecht von Gerhard Pape und Wilhelm Uhlenbruck, 2. Aufl., 2010, € 78,- Insolvenzrecht von Martin Gogger, 2. Auflage, 2006, € 19,80
- Insolvenzrecht von Martin Zimmermann, 9. Aufl., 2012, € 17,95
- Insolvenzrecht von Christoph Becker, 3. Aufl., 2010, € 25,80
- Insolvenzrecht von Ulrich Foerste, 5. Aufl., 2010, € 21,90
- Insolvenzrecht von Ludwig Häsemeyer, 4. Aufl., € 148,- Insolvenzrecht – Eine Einführung von Wolfgang Breuer, 3. Aufl., 2011, € 38,- Einführung in das Insolvenzrecht von Reinhard Bork, 6. Aufl., 2012, € 29,00
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Literaturempfehlungen
Kommentare:
- Insolvenzordnung – Kommentar von Leonhardt/Smid/Zeuner, 3. Aufl., 2009
- Deutsches und Europäisches Internationales Insolvenzrecht – Kommentar von
Leonhardt/Smid/Zeuner (Hrsg.), 12. Auflage, 2012
- Insolvenzordnung – Kommentar von Wilhelm Uhlenbruck, 13. Aufl., München 2010
- Jaeger Insolvenzordnung – Großkommentar von Wolfram Henckel und Walter Gerhardt
(Hrsg.), Erster Band: 2004, Zweiter Band: 2007, vierter Band: 2008
- Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, Gesamtwerk in 3 Bänden, 2. Aufl., 2007 - 2008
- Insolvenzordnung – Kommentar von Gerhart Kreft (Hrsg.) 6. Aufl., 2011
- Insolvenzordnung – Kommentar von Dirk Andres, Rolf Leithaus, 2. Aufl., 2011
- Insolvenzordnung – Kommentar von Marie Luise Graf-Schlicker, 3. Aufl., 2012
- Insolvenzordnung – Kommentar von Eberhard Braun, 5. Aufl., 2012
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Literaturempfehlungen
Handbücher:
- Anwaltshandbuch Insolvenzrecht von Hans P. Runkel, 2. Aufl., 2008
- Praxishandbuch Insolvenzrecht von Stefan Smid , 5. Aufl., Berlin 2007
- Der Insolvenzplan – Handbuch für das Sanierungsverfahren gem. §§ 217 – 269 InsO mit
praktischen Beispielen und Musterverfügungen von Stefan Smid und Rolf Rattunde, 2. Aufl.,
Stuttgart 2005
- Restrukturierung, Sanierung, Insolvenz – Handbuch von Katharina Buth, 2. Aufl., München
2004
- Die Anfechtung in der Insolvenz – Ein Handbuch unter Einbezug des AnfG von 1999 von
Mark Zeuner, 2. Aufl. München 2007
- Handbuch zur Insolvenzordnung von Hans Haarmeyer u.a., 3. Aufl., München 2001
- Insolvenzgläubiger Handbuch von Martin Gogger, 2. Aufl., München 2004
- Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Insolvenzrecht – Unternehmensinsolvenz und
Insolvenzanfechtung von Godehard Kayser, 2. Aufl. Köln, München 2007
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Seite 6
Inhalte der Vorlesung
A.
B.
C.
D.
E.
F.
G.
H.
I.
J.
K.
L.
Die Insolvenz als Alltagsphänomen
Einführung in das Insolvenzrecht
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
Die Wirkung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens
Die Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse
Die Befriedigung der Insolvenzgläubiger
Die Beendigung des Insolvenzverfahrens
Der Insolvenzplan
Das Verbraucherinsolvenzverfahren
Die Restschuldbefreiung
Eigenverwaltung
Nachlassinsolvenzverfahren
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Die Insolvenz als Alltagsphänomen
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Seite 9
A.
Die Insolvenz als Alltagsphänomen
Schuld oder Schulden?
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Seite 10
A.
Die Insolvenz als Alltagsphänomen
 Schumpeter – Prozess der schöpferischen Zerstörung
 „Jede ökonomische Entwicklung baut auf dem Prozess der schöpferischen bzw. kreativen
Zerstörung auf. Durch die Zerstörung von alten Strukturen werden die Produktionsfaktoren
immer wieder neu geordnet. Die Zerstörung ist also notwendig (und nicht etwa ein
Systemfehler), damit Neuordnung stattfinden kann.“
 „Auslöser für die schöpferische Zerstörung sind Innovationen, die von den Unternehmern
vorangetrieben werden mit dem Ziel, sich auf dem Markt durchzusetzen.“
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Seite 11
A.
Die Insolvenz als Alltagsphänomen
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Seite 12
A.
Die Insolvenz als Alltagsphänomen
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Seite 13
A.
Die Insolvenz als Alltagsphänomen
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Seite 14
Grundbegriffe des Insolvenzverfahrensrechts
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Seite 15
B.
I.
II.
III.
Grundbegriffe des Insolvenzverfahrensrechts
Vorbemerkungen
Zweck des Insolvenzverfahrens
Die Insolvenzmasse
1.
2.
3.
IV.
Die Verfahrensbeteiligten
1.
2.
3.
4.
5.
V.
Begriff
Die Freigabe
Die Freigabe der selbständigen Tätigkeit
Die Massegläubiger
Die Insolvenzgläubiger
Die aussonderungsberechtigten Gläubiger
Die absonderungsberechtigten Gläubiger
Der Insolvenzverwalter
Die Organe der Insolvenzgläubiger
1.
2.
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Der Gläubigerausschuss
Die Gläubigerversammlung
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B.
Grundbegriffe des Insolvenzverfahrensrechts
I.
Vorbemerkungen
INSOLVENZ

insolvens (lat.) = nicht-lösend = Schuldscheine nicht einlösen könnend =
Zahlungsunfähigkeit
 Eröffnungs- und nicht Insolvenzgründe
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Seite 17
B.
Grundbegriffe des Insolvenzverfahrensrechts
I.
Vorbemerkungen
Arbeitsrecht
Handels- und Gesellschaftsrecht
Insolvenzrecht
Bürgerliches Recht
Sozialrecht
KreditsicherungsR
Verwaltungsrecht
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Gewerbl.Rechtsschutz
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Strafrecht
Seite 18
B.
Grundbegriffe des Insolvenzverfahrensrechts
I.
Vorbemerkungen
Insolvenzordnung
seit 1.1.1999
KO (1877)
VerglO (1935)
(alte Bundesländer)
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GesO( reformiert
1991)
(neue Bundesländer)
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Seite 19
B.
Grundbegriffe des Insolvenzverfahrensrechts
I.
Vorbemerkungen
Kritik am alten Konkursrecht:
 Verhinderung der Sanierung von Unternehmen
 „weiche“ Eröffnungsgründe  verspätete Antragstellung, d.h. Zahlungsunfähigkeit und
Überschuldung sind bereits eingetreten  geringere Quoten
 Funktionslosigkeit, wegen Abweisung mangels Masse („Konkurs des Konkurses“);
Insolvenzverfahren = (auch) Ordnungsfunktion
 Verschleppungsdelikte von Geschäftsführern werden nicht verfolgt.
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B.
Grundbegriffe des Insolvenzverfahrensrechts
I.
Vorbemerkungen
Reformüberlegungen des InsO-Gesetzgebers
 InsO zur marktkonformen Insolvenzbewältigung

Sanierung kein eigenständiges Reformziel
 Deregulierung

Insolvenzplanverfahren als Möglichkeit zur privatautonomen Verfahrensgestaltung
 optimale Haftungsverwirklichung

kein Sonderopfer der Gläubiger zugunsten einer Unternehmenssanierung
 Gläubigergleichbehandlung

keine Gläubigervorrechte
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Seite 21
B.
Grundbegriffe des Insolvenzverfahrensrechts
I.
Vorbemerkungen
Arten des Insolvenzverfahrens
 Regelinsolvenzverfahren, §§ 1 ff. InsO
 Verbraucherinsolvenzverfahren, §§ 304 ff. InsO
 Nachlassinsolvenzverfahren, §§ 315 ff. InsO
 Verfahren betr. Gütergemeinschaft, §§ 332 ff. InsO
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Seite 22
B.
Grundbegriffe des Insolvenzverfahrensrechts
I.
Vorbemerkungen
Verlauf des Insolvenzverfahrens
natürliche Person
Antragsverfahren
Insolvenzverfahren Wohlverhaltensperiode
Juristische Personen, u.a.
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B.
Grundbegriffe des Insolvenzverfahrensrechts
I.
Vorbemerkungen
Verlauf des Insolvenzverfahrens
Antrag auf Eröffnung, § 13 InsO
Antrag zulässig (+)
Antrag begründet (+)
Eröffnung des Verfahrens od. Verfahrenseinstellung
Eröffnungsbeschluss
Berichtstermin/Prüfungstermin
Verwertung der Insolvenzmasse
Verteilung des Erlöses
Schlusstermin
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Seite 24
B.
Grundbegriffe des Insolvenzverfahrensrechts
I.
Vorbemerkungen
Verlauf des vereinfachten Insolvenzverfahrens
Antrag auf Eröffnung, § 13 InsO
Antrag zulässig (+)
(+) Außergerichtliche Schuldenbereinigung (-)
Vergleich
Gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren
(+)
Sanierungsplan (-)
Verfahrensende
Vereinfachtes Insolvenzverfahren
Restschuldbefreiungsverfahren
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Seite 25
B.
Grundbegriffe des Insolvenzverfahrensrechts
II.
Zweck des Insolvenzverfahrens
§ 1 InsO
„Das Insolvenzverfahren dient dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich
zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt
oder in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des
Unternehmens getroffen wird. Dem redlichen Schuldner wird Gelegenheit gegeben, sich
von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien.“
 Programmnorm  Zusammenfassung der Verfahrenszwecke
 Handlungsanweisung


für das Insolvenzgericht

Prüfung der Zulässigkeit eines Insolvenzantrages

ist Verfahren geeignet, eine gemeinschaftliche Befriedigung zur ermöglichen?
für den Insolvenzverwalter:

Gleichwertigkeit von Liquidation, übertragender Sanierung, Sanierung

Entscheidungsmaßstab ist die optimale Haftungsverwirklichung

Unwirksamkeit „insolvenzzweckwidrigen“ Verwalterhandelns
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B.
Grundbegriffe des Insolvenzverfahrensrechts
II.
Zweck des Insolvenzverfahrens
Funktionen des Insolvenzrechts
 Bestmögliche Gläubigerbefriedigung – „par conditio creditorum“
 Befriedigung aller Gläubiger („Gesamtvollstreckung“, Universalexekution)
 Liquidation des Schuldnervermögens
 Übertragende Sanierung des Schuldnerunternehmens
 Sanierung durch Insolvenzplan
 allseitige Wirkung

zweiseitige Haftungsordnung des Einzelzwangsvollstreckungsrechts wird durch die allseitige
Haftungsordnung des Insolvenzrechts ersetzt
 Restschuldbefreiung (Entschuldungsfunktion)
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Seite 27
B.
Grundbegriffe des Insolvenzverfahrensrechts
II.
Zweck des Insolvenzverfahrens
Insolvenzzweckwidrigkeit
„Schornsteinhypothek“ – BGH, Beschl. v. 20.3.2008 - IX ZR 68/06 - NJW-RR 2008, 1074:
 Verspricht der IVw dem durch eine offensichtlich wertlose Grundschuld gesicherten
Gläubiger zusätzlich zu den Löschungskosten eine Geldleistung als Gegenleistung für
die Erteilung der Löschungsbewilligung (Lästigkeitsprämie), ist diese Vereinbarung
wegen Insolvenzzweckwidrigkeit nichtig
 Ivw hat bei Ausübung seiner Tätigkeit grundsätzlich einen weiten Ermessensspielraum
 Grenze zur Unwirksamkeit nach den zum Missbrauch der Vertretungsmacht entwickelten
Grundsätze
 objektive Evidenz: Verfügungen des IVw sind unwirksam, die dem Insolvenzzweck der
gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung (§ 1 S. 1 InsO) offenbar zuwiderlaufen (st. Rspr. des
BGH)
 subjektiven Voraussetzungen: wenn sich dem Geschäftspartner auf Grund der Umstände des
Einzelfalls ohne Weiteres begründete Zweifel an der Vereinbarkeit der Handlung mit dem
Zweck des Insolvenzverfahrens aufdrängen mussten, ihm somit der Sache nach zumindest
grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist
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Seite 28
B.
Grundbegriffe des Insolvenzverfahrensrechts
II.
Zweck des Insolvenzverfahrens
Insolvenzzweckwidrigkeit
IV als Spekulant – OLG Celle, Urt. v. 14.6.2006 – 3 U 20/06 - ZIP 2006, 1364:
 Die Verwendung von Massevermögen für Wertpapiergeschäfte gleich welcher Art ist als
insolvenzzweckwidrig anzusehen und führt zur Unwirksamkeit des Verhaltens des IVw,
wenn sich dem Geschäftspartner aufgrund der Umstände des Einzelfalls ohne weiteres
begründete Zweifel an der Vereinbarkeit der Handlung mit dem Zweck des
Insolvenzverfahrens aufdrängen mussten.
 Zweck des Insolvenzverfahrens ist die gemeinschaftliche Befriedigung aller Insolvenzgläubiger (..). Vordringliche Aufgabe des IVw ist dabei die Sicherung und Erhaltung des
vorhandenen Vermögens, weil die möglichst hohe Befriedigung aus der Masse im
vorrangigen Interesse der beteiligten Gläubiger steht.
 Der Ankauf von Wertpapieren birgt immer das Risiko eines Verlustes der in den Ankauf
investierten Mittel in sich
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Seite 29
B.
Grundbegriffe des Insolvenzverfahrensrechts
III.
Die Insolvenzmasse
1.
Begriff
§ 35 I InsO:
„ Das Insolvenzverfahren erfasst das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der
Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt
(Insolvenzmasse).“
§ 36 InsO:
„(1) Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, gehören nicht zur
Insolvenzmasse. (..)
(2) Zur Insolvenzmasse gehören jedoch
1.
die Geschäftsbücher (…)
2.
die Sachen, die nach § 811 Abs.1 Nr.4 und 9 der Zivilprozessordnung nicht der
Zwangsvollstreckung unterliegen.“
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Seite 30
B.
Grundbegriffe des Insolvenzverfahrensrechts
III.
Die Insolvenzmasse
1.
Begriff
 gesamtes Vermögen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Neuerwerb
= „Sollmasse“ ≠ „Istmasse“
 Nicht:

Unpfändbare Gegenstände (§ 36 I InsO, §§ 850 ff. ZPO)

Ausn.: Geschäftsbücher, Landwirtschaft, Apotheke

Sachen, die zum gewöhnlichen Hausrat gehören (§ 36 II InsO)

Vom IVw freigegebene Gegenstände, selbständige Tätigkeit
 Eingeschränkt:

Unterhaltsansprüche (§ 850b I Nr.2 ZPO)
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Seite 31
B.
Grundbegriffe des Insolvenzverfahrensrechts
III.
Die Insolvenzmasse
1.
Begriff
 ≠ Teilungsmasse

vergütungsrechtlicher Sonderbegriff (§ 1 InsVV)

Grundlage für die Berechnung der Verwaltervergütung
 ≠ Ist-Masse

diejenige Vermögensmasse, die der Ivw beim Schuldner tatsächlich vorfindet und nach § 148
InsO in Besitz nimmt

d.h. umfasst auch Gegenstände, die nicht im Schuldnereigentum oder die unpfändbar (§ 36
InsO) sind

Aufgabe des IVw, die Ist-Masse zur Soll-Masse zu bereinigen
 ≠ Schuldenmasse

= Gesamtheit der Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners
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Seite 32
B.
Grundbegriffe des Insolvenzverfahrensrechts
III.
Die Insolvenzmasse
1.
Begriff
Welches Gericht ist für Streitigkeiten über die Zugehörigkeit eines Gegenstandes zur
Insolvenzmasse zuständig? (BGH, Urt. v. 10.1.2008 – IX ZR 94/06 - ZIP 2008, 416)
 Prozessgericht und nicht Insolvenzgericht

§ 36 IV InsO greift bereits nach dem Wortlaut nicht
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Seite 33
B.
Grundbegriffe des Insolvenzverfahrensrechts
III.
Die Insolvenzmasse
1.
Begriff
Ist sicherungsübereigneter Gegenstand Bestandteil der Insolvenzmasse?
 Sicherungsgegenstand
-
(fiduziarisches) Eigentum des Sicherungsnehmers
wird wirtschaftlich dem Schuldner zugerechnet
Verwertungsrecht des SichN außerhalb des Insolvenzverfahrens
 Rechtsstellung des SichN in der Insolvenz des SichG?
-
-
Absonderungsrecht gem. § 51 Nr. 1 InsO (Anspruch auf den in der Sache verkörperten Wert
aber nicht auf die Sache selbst)
Verwertung nach § 166 I InsO durch IVw, wenn er die Sache in Besitz hat, ansonsten ist der
Gläubiger zur Verwertung berechtigt gem. 173 InsO
- Gläubiger hat ein Recht auf vorrangige Befriedigung aus Verwertungserlös §§ 170f. InsO
Sicherungsgegenstand = Insolvenzmasse, aber Absonderungsrecht
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Seite 34
B.
Grundbegriffe des Insolvenzverfahrensrechts
III.
Die Insolvenzmasse
1.
Begriff
 RA-Versorgungswerk und Rentenanwartschaften

§ 54 SGB I erlaubt nur die Pfändung des Leistungsanspruchs.

unpfändbar ist das Stammrecht, z.B. das Gestaltungsrecht, die Mitgliedschaft in der öffentlichrechtlichen Pflichtversicherung zu beenden und die Beitragserstattung zu erreichen.
 verschleiertes Arbeitseinkommen

nicht vom Insolvenzbeschlag (Neuerwerb, § 35 I InsO) erfasst, da § 850h ZPO kein eigenes
Recht des Schuldners gegen den Arbeitgeber begründet

IVw kann verschleiertes Arbeitseinkommen entspr. § 850h II 1 ZPO zur Masse ziehen

Eröffnungsbeschluss wirkt wie PfÜB im Einzelvollstreckungsverfahren.

Verweis in § 36 I 2 InsO auf § 850h ZPO (BAG, Urt. v. 12.3.2008 - 10 AZR 148/07 - NZA 2008, 779)
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Seite 35
§ 54 SGB I Pfändung
„(1) Ansprüche auf Dienst- und Sachleistungen können nicht gepfändet werden.
(2) Ansprüche auf einmalige Geldleistungen können nur gepfändet werden, soweit nach
den Umständen des Falles, insbesondere nach den Einkommens- und
Vermögensverhältnissen des Leistungsberechtigten, der Art des beizutreibenden
Anspruchs sowie der Höhe und der Zweckbestimmung der Geldleistung, die Pfändung der
Billigkeit entspricht.
(3) Unpfändbar sind Ansprüche auf (…).
(4) Im übrigen können Ansprüche auf laufende Geldleistungen wie Arbeitseinkommen
gepfändet werden.
(5) (….).“
X
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Seite 36
§ 850h II 1 ZPO - Verschleiertes Arbeitseinkommen
(2) Leistet der Schuldner einem Dritten in einem ständigen Verhältnis Arbeiten oder
Dienste, die nach Art und Umfang üblicherweise vergütet werden, unentgeltlich oder gegen
eine unverhältnismäßig geringe Vergütung, so gilt im Verhältnis des Gläubigers zu dem
Empfänger der Arbeits- und Dienstleistungen eine angemessene Vergütung als geschuldet.
Bei der Prüfung, ob diese Voraussetzungen vorliegen, sowie bei der Bemessung der
Vergütung ist auf alle Umstände des Einzelfalles, insbesondere die Art der Arbeits- und
Dienstleistung, die verwandtschaftlichen oder sonstigen Beziehungen zwischen dem
Dienstberechtigten und dem Dienstverpflichteten und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit
des Dienstberechtigten Rücksicht zu nehmen.
X
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Seite 37
B.
Grundbegriffe des Insolvenzverfahrensrechts
III.
Die Insolvenzmasse
1.
Begriff
Fall:
 Beklagte(R) ist in einem vereinfachten Insolvenzverfahren als Treuhänderin bestellt
worden.
 R unterrichtete die klagende Landesbank über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens
unter Aufforderung, die Konten des Schuldners aufzulösen und etwaige Guthaben auf
das angeführte Anderkonto zu übertragen.
 Hierauf kam es zur Überweisung von 3.700 € auf das Anderkonto, der aber ein
Versehen der Klägerin zugrunde lag, die den Schuldner mit einem anderen Kunden
gleichen Namens verwechselt hatte.
 Die Beklagte lehnte eine Rückzahlung ab und verwies die Klägerin auf die
Insolvenzmasse und zeigt Masseunzulänglichkeit an.
 Zahlungsanspruch gegen Insolvenzmasse oder R?
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Seite 38
B.
Grundbegriffe des Insolvenzverfahrensrechts
III.
Die Insolvenzmasse
1.
Begriff
BGH, Urt. v. 18.12.2008 - IX ZR 192/07 - NZI 2009, 245 (s.a. BGH, Urt. v. 20.9.2007 - IX ZR 91/06 - NJW-RR
2008, 295)
 Anderkonten sind offene Vollrechtstreuhandkonten, aus denen ausschließlich der das
Konto eröffnende RA persönlich der Bank gegenüber berechtigt und verpflichtet ist
 Zahlungen, die auf ein von einem RA als IVw/TreuH eingerichtetes Anderkonto
eingehen fallen weder in das Schuldnervermögen noch in die Insolvenzmasse
 Exkurs: IVw ist nur Ermächtigungstreuhänder (LSZ-Smid, § 149 InsO, Rn.4)
 IVw kann nur offene Treuhandkonten für das InsVerf als Sonderkonten anlegen

diese sind dagegen Bestandteil der Insolvenzmasse
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Seite 39
B.
Grundbegriffe des Insolvenzverfahrensrechts
III.
Die Insolvenzmasse
1.
Begriff
Fall: Der Schuldner hatte als Selbständiger mit Türen und Fenstern gehandelt und diese
auch montiert und Reparaturleistungen erbracht. Mit der beklagten Versicherung
hatte der Schuldner 1994 einen Versicherungsvertrag über Rentenleistungen wegen
einer Lebensversicherung über eine lebenslang zu zahlende Rente abgeschlossen,
die entweder in monatlichen Raten oder durch Zahlung einer Kapitalabfindung
ausgeschüttet werden sollte. Ferner war mit diesem Vertrag eine Berufsunfähigkeitsrente versprochen. Später wurde der Schuldner berufsunfähig, woraufhin die
beklagte Versicherung Rentenzahlungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung
erbrachte.
Der klagende IV begehrt, die laufenden Renten aus der privaten Berufsunfähigkeitszusatzversicherung an ihn zu leisten.
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Seite 40
B.
Grundbegriffe des Insolvenzverfahrensrechts
III.
Die Insolvenzmasse
1.
Begriff
BGH, Urt. v. 15.7.2010 – IX ZR 132/09 - ZIP 2010, 1656
 Neuerwerb nach § 35 I InsO ?
 nicht, wenn nach § 36 I InsO unpfändbar

Pfändungsschutz nach § 850 ZPO?

nein
 kein Arbeitseinkommen
 private Versicherungsrenten von selbstständig oder freiberuflich tätig gewesenen Personen nicht vom
Pfändungsschutz gem. § 850 III lit. b ZPO erfasst

Pfändungsschutz nach § 851c ZPO?

nein
 Die Voraussetzungen des § 851c I Nr. 1 bis 4 ZPO müssen kumulativ erfüllt sein
 Es muss sich insgesamt um lebenslange Leistungen wegen eines alters- oder (vorausgehenden)
gesundheitsbedingten Ausscheidens aus dem Berufsleben. Das Kapitalwahlrecht für die LV infiziert
die verbundene BU-Versicherung
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Seite 41
B.
Grundbegriffe des Insolvenzverfahrensrechts
III.
Die Insolvenzmasse
1.
Begriff

Pfändungsschutz nach § 850b I Nr. 1 ZPO ?

nicht lediglich auf Renten, Einkünfte oder Bezüge von Arbeitnehmern oder Beamten anwendbar

keine Bezugnahme in § 36 I InsO, aber eine nach § 850b ZPO bedingt pfändbare
Berufsunfähigkeitsrente fällt im Insolvenzverfahren insoweit in die Insolvenzmasse, als sie im Rahmen
einer Billigkeitsentscheidung für pfändbar erklärt wird.

Billigkeitsprüfung nach § 850b II ZPO durch das InsG auf Antrag des IV

dagegen entscheidet Prozessgericht bei Streit über Massezugehörigkeit zwischen IV und Schuldner
bzw. Dritten
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Seite 42
B.
Grundbegriffe des Insolvenzverfahrensrechts
III.
Die Insolvenzmasse
1.
Begriff
Fall:
 Die Schuldnerin ist im Besitz eines Audi TT 1,8 T Roadster/Cabrio, Baujahr 2000,
Laufleistung 50.000 km, mit einem Händlerverkaufswert von 12 300 Euro.
 Mit diesem Fahrzeug legt sie die Wegstrecke zwischen ihrem Wohnort und ihren
Arbeitsstellen in den MK-Kliniken mit Dienstorten in S. und G. zurück, wo sie als
Krankenschwester im Schichtdienst arbeitet.
 IVw beantragt, eine Austauschpfändung mit der Maßgabe zuzulassen, dass der
gepfändete Pkw auszutauschen ist gegen den Pkw Volkswagen Golf II 1,3 G-Kat,
Baujahr 1990, mit Laufleistung ca. 200 000 km, oberflächlichen Verrostungen an der
Hinterachse und überalterten Reifen.
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Seite 43
B.
Grundbegriffe des Insolvenzverfahrensrechts
III.
Die Insolvenzmasse
1.
Begriff
Prozessuales: wie kommt diese Angelegenheit vor den BGH?
 § 811a II 1 ZPO: „Über die Zulässigkeit der Austauschpfändung entscheidet das
Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers durch Beschluss.“
 Vollstreckungsgericht?

§ 764 II ZPO: AG, in dessen Bezirk das Vollstreckungsverfahren stattfinden soll oder
stattgefunden hat

aber: Sonderzuständigkeit des InsG, § 36 IV 1 InsO
 Rechtsmittel

Vollstreckungserinnerung, § 766 ZPO

sofortige Beschwerde, § 793 ZPO

Rechtsbeschwerde, § 574 ZPO

Rechtsbeschwerdegericht = BGH, § 133 GVG
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B.
Grundbegriffe des Insolvenzverfahrensrechts
III.
Die Insolvenzmasse
1.
Begriff
BGH, Beschl. v.16.6.2011 - VII ZB 114/09 - NJW-RR 2011, 1366
 Pfändungsverbote des § 811 I ZPO

Ausfluss der in Art. 1 und Art. 2 GG garantierten Menschenwürde bzw. allgemeinen
Handlungsfreiheit und enthalten eine Konkretisierung des verfassungsrechtlichen
Sozialstaatsprinzips
 durch § 811 I Nr. 5 ZPO erreicht werden, dass der Schuldner seine Arbeitskraft für sich
und seine Familienangehörigen einsetzen und auch künftig den Unterhalt für sich und
seine Familienangehörigen aus eigenen Kräften erwirtschaften kann
 bei Pkw ist Austauschpfändung nach § 811a I ZPO grundsätzlich möglich

höherwertiges Fahrzeug durch einfachen Pkw, wenn dem geschützten Verwendungszweck
nach seiner Ausgestaltung genügt

muss nicht von gleicher Art und Güte sein

Fortsetzung der Erwerbstätigkeit muss auch zukünftig und für einen nicht nur kurzfristigen
Zeitraum gewährleistet sein
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B.
Grundbegriffe des Insolvenzverfahrensrechts
III.
Die Insolvenzmasse
2.
Freigabe
Begriff: IVw ist berechtigt, einen Gegenstand der Insolvenzmasse aus seiner Verwaltung
freizugeben, so dass der Schuldner die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über
diesen wiedererlangt
= Verzicht des IVw auf die Massezugehörigkeit eines Gegenstands
 zulässig (allg.M.)

in §§ 32 III 1, 85 II InsO vorausgesetzt

seit 1.7.2007 ausdrücklich für selbständige Tätigkeit (§ 35 II InsO)
 str. Freigabe im InsVerf über das Vermögen einer juristischen Person
 Vollstreckung in freigegebenen Vermögensgegenstand zulässig?

§ 89 I InsO – „sonstige Vermögen des Schuldners“

gilt auch freigegebene Massegegenstände (BGH, Beschl. v. 12.2.2009 - IX ZB 112/06 - NZI 2009,
382)
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B.
Grundbegriffe des Insolvenzverfahrensrechts
III.
Die Insolvenzmasse
2.
Freigabe
Fall: Der IV gibt ein dem Schuldner gehörendes Kfz aus der Masse frei, ohne dieses
umzumelden. FA nimmt die Insolvenzmasse auf Zahlung der laufenden Kfz.-Steuer
in Anspruch.
Zu Recht?
 frühere Judikatur des BFH (z.B. Urt. v. 16.10.2007 – IX R 29/07 - ZIP 2008, 283)

Nach § 5 I Nr. 1 KfzStG besteht Steuerpflicht für inländische Fahrzeuge, solange sie zum
Verkehr zugelassen sind. Entscheidend ist für die Eigenschaft als Steuerschuldner nach § 7
Nr. 1 KfzStG für wen die Fahrzeuge verkehrsrechtlich zugelassen sind. Solange das Fahrzeug
verkehrsrechtlich auf den Schuldner zugelassen ist, ist dem Gesetz die rechtlich
unwiderlegliche Vermutung zu entnehmen, dass das Fahrzeug von demjenigen von dem es
zugelassen ist bis zur Ummeldung oder Außerbetriebsetzung gehalten wird.

Zur Insolvenzmasse gehört auch die Rechtsposition als Halter des Fahrzeugs.

Kfz-Steuer = Masseverbindlichkeit gem. § 55 I Nr.1 InsO

„in anderer Weise durch die Verwaltung, (…) der Insolvenzmasse“
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B.
Grundbegriffe des Insolvenzverfahrensrechts
III.
Die Insolvenzmasse
2.
Freigabe
BFH, Gerichtsbescheid v. 13.4.2011 – II R 49/09 - ZIP 2011, 1728:
 Rechtsposition als Halter des Fahrzeugs ist nicht Insolvenzmasse

kein geldwertes Recht oder Gut
 bei insolvenzfreien Fahrzeugen besteht kein Bezug der Kfz-Steuer zur Masse. Dem IVw
ist es nicht möglich, das Entstehen von Kfz-Steuer für solche Fahrzeuge zu verhindern,
da seine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis sich auf alle zur Masse gehörenden
Vermögensgegenstände erstreckt, aber hierauf auch beschränkt ist.
 Kfz-Steuer somit keine Masseverbindlichkeit nach § 55 I Nr. 1 InsO
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B.
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III.
Die Insolvenzmasse
2.
Freigabe
Fall:
 Die insolvente GmbH hatte einen aktiven Schadensersatzprozess über € 6 Mio.
erstinstanzlich verloren. Nach Eingang der Berufungsbegründung war das
Insolvenzverfahren eröffnet worden.
 Der IVw gab den Klaganspruch an die Schuldnerin frei, die den Prozess daraufhin
wieder aufnahm.
 Das Berufungsgericht war der Auffassung, dass der Prozess wegen des
Insolvenzverfahrens unterbrochen sei. Der IVw könne Massegegenstände nicht
freigeben, da das Ziel des Insolvenzverfahrens die Vollbeendigung der Gesellschaft sei.
Verfahren hat (auch) Beendigung der jur. Person zum Ziel
 Vorfrage: Schicksal eines Aktivprozesses in der Insolvenz des Klägers?
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B.
Grundbegriffe des Insolvenzverfahrensrechts
III.
Die Insolvenzmasse
2.
Freigabe
 a.A. kein Freigaberecht

nach § 1 II S. 3 RegE-InsO soll das InsVerf bei jur.P. / PersGes. die gesellschaftsrechtliche
Abwicklung ersetzen

Dieses Ziel wird nicht erreicht, wenn durch Freigabeerklärung insolvenzfreies
Gesellschaftsvermögen geschaffen werden kann
 BGH (Urt. v. 21.4.2005 - IX ZR 281/03 - NZI 2005, 387): Freigaberecht des IV

Das InsVerf dient vorrangig dazu, die Gläubiger des Schuldners zu befriedigen, indem dessen
Vermögen verwertet und der Erlös verteilt wird.

Daraus folgt, dass das Ziel einer Vollbeendigung der Gesellschaft dort zurücktreten muss, wo
es in Widerspruch zu den Belangen der Gläubigergesamtheit gerät.

Ausschluss des Freigaberecht nicht mit § 85 II InsO vereinbar; nimmt Gegner den Rechtsstreit auf, bliebe IVw nur Klagrücknahme oder Verzichtsurteil; gesamten Kosten des
Rechtsstreits würden dann zu Masseverbindlichkeiten erhoben.
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B.
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III.
Die Insolvenzmasse
2.
Freigabe
Fall:
 Der Beklagte ist IV im am 28.2.2002 eröffneten InsVerf der K-GmbH. Die Klägerin ist
Eigentümerin eines Betriebsgrundstücks, das sie an die K-GmbH vermietete, die dort
einen Galvanisierungsbetrieb unterhielt. Wegen Mietzinsrückständen kündigte die
Klägerin das Mietverhältnis wirksam vor Verfahrenseröffnung.
 Im eröffneten InsVerf nutzte der IVw das Grundstück zunächst im Rahmen einer
Betriebsfortführung. Die Eigentümerin erhob Räumungsklage gegen den IVw.
 Am 31.1.2003 verurteilte das LG den beklagten IVw, das Betriebsgrundstück zu räumen
und nebst Schlüsseln herauszugeben. Das Urteil wurde rechtskräftig. Der IVw kam
seiner Räumungspflicht nicht nach. Nach Einleitung der Zwangsräumung gab der IV
gegenüber der Geschäftsführerin der der K-GmbH das Grundstück frei.
 Da die Klägerin das Grundstück in ungeräumten Zustand nicht nutzen konnte,
beauftragte sie im Oktober 2003 ein Unternehmen mit der Räumung. Den Ersatz der
Räumungskosten in Höhe von € 76.800 begehrt sie aus der Masse.
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B.
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III.
Die Insolvenzmasse
2.
Freigabe
BGH, Urt. v. 2.2.2006 - IX ZR 46/05 - NZI 2006, 293:
 Räumungsanspruch aus §§ 546, 985 BGB als Aussonderungsrecht durch Freigabe
erfüllt
 aber: schuldrechtliche Räumungspflicht der Masse (§ 546 BGB, § 55 I Nr. 1 InsO) durch
Urteil rechtskräftig festgestellt

keine Erfüllung, wenn Mieter dem Vermieter zwar den Besitz überlässt, aber die zum Zwecke
der Gebrauchsnutzung auf das Grundstück geschafften Sachen nicht entfernt
(= Vorenthaltung der Mietsache)

Erfüllung durch Freigabe nicht unmöglich geworden, weil § 546 BGB nicht den Besitz
voraussetzt

Räumungspflicht nach § 55 I Nr.1 InsO, weil IVw hat nicht nur allgemeinen, sichernden Besitz
gem. § 80 I InsO begründet, sondern Grundstück mit dessen Nutzung für die Betriebsfortführung tatsächlich unmittelbaren Besitz ergriffen (§ 148 I InsO) und dadurch in die Masse
integriert hat
 Schadensersatz statt der Leistung gem. §§ 280 I und III, 281 I 1, II BGB
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Seite 52
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III.
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2.
Freigabe
Fall:
Der Kläger ist IVw über das Vermögen der S-GmbH.
 Während des InsVerf sollten mehrere Grundstücke der S-GmbH zwangsversteigert
werden. Die beklagte Stadt beabsichtigte, zumindest einen Teil der Flächen zu
ersteigern und ließ eine Altlastenuntersuchung durchführen. Diese ergab einen
Altlastenverdacht.
 Die beklagte Stadt erließ einen Bescheid gegen den Kläger und stellte darin fest, dass
der Kläger als IVw bei Vorliegen eines Bedarfs zur Sanierung der im Einzelnen
bezeichneten Grundstücke verpflichtet sei und zur Erfüllung der Pflicht zu
Untersuchungs- und Sanierungsmaßnahmen in Anspruch genommen werden könne.
Weiter wurde festgestellt, dass die Anordnungen vom Kläger nach § 55 I Nr. 1 InsO zu
behandeln seien.
 Der Kläger gab die Grundstück an die S-GmbH frei.
 Der Widerspruch des Klägers gegen den Anordnungsbescheid blieb erfolglos.
 Darauf zeigte der Kläger gegenüber dem AG die Masseunzulänglichkeit (§ 208 InsO) an
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B.
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III.
Die Insolvenzmasse
2.
Freigabe
BVerwG, Urt. v. 23.9.2004 - 7 C 22/03 - NZI 2005, 51
 Bis zur Freigabe der Grundstücke aus dem Insolvenzbeschlag durfte der IVw zur
Sanierung herangezogen werden (§ 55 I Nr. 1 InsO)

persönliche, allein aus einem Besitz abgeleitete Ordnungspflicht (Zustandsstörer)

es kommt nicht darauf an, ob die Ursachen der öffentlichen Gefahr vom Schuldner vor
Verfahrenseröffnung gesetzt wurden
 Mit der Freigabe verliert IVw den Besitz (tatsächliche Gewalt) und kann nicht mehr zu
Altlastenbeseitigungsmaßnahmen herangezogen werden

Masseverbindlichkeit, wenn Ordnungspflicht wirksam vor Freigabe gegenüber IVw begründet

Ordnungsrecht muss bis dahin die Handlungsmöglichkeiten des IVw nach InsO respektieren.
 Inanspruchnahme als Zustands- (§ 148 I InsO) oder als Handlungsstörer richtet sich
nach dem jeweiligen Ordnungsrecht
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B.
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III.
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3.
Freigabe selbständiger Tätigkeit
Ausgangslage
 Arbeitskraft des Schuldners ist unpfändbar  nicht Bestandteil der Insolvenzmasse
 Schuldner ist frei in der Wahl seiner beruflichen Tätigkeit; er darf somit auch selbständig
tätig sein

die Zulässigkeit einer selbständigen Tätigkeit wird von § 295 II InsO vorausgesetzt
 Schuldner hat sich zur Erlangung der RSB um eine angemessene Erwerbstätigkeit und
damit um pfändbaren Neuerwerb bemühen

Selbständigkeit nicht selten der einzige Weg, selbst den eigenen Lebensunterhalt zu
bestreiten
 Problem: Selbständigkeit des Schuldners  § 55 I Nr.1 InsO?

IVw könnte diese nicht verhindern

Tatbestand des § 55 I Nr. 1 InsO „in anderer Weise durch die Verwaltung … der
Insolvenzmasse“?
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Seite 55
B.
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III.
Die Insolvenzmasse
3.
Freigabe selbständiger Tätigkeit
Lösung - § 35 II, III InsO (mit Wirkung ab 1.7.2007)
 „(2) Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er,
demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der Insolvenzverwalter ihm gegenüber
zu erklären, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört
und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden
können. § 295 Abs. 2 gilt entsprechend. Auf Antrag des Gläubigerausschusses oder,
wenn ein solcher nicht bestellt ist, der Gläubigerversammlung ordnet das
Insolvenzgericht die Unwirksamkeit der Erklärung an.
 (3) Die Erklärung des Insolvenzverwalters ist dem Gericht gegenüber anzuzeigen. Das
Gericht hat die Erklärung und den Beschluss über ihre Unwirksamkeit öffentlich bekannt
zu machen.“
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III.
Die Insolvenzmasse
3.
Freigabe selbständiger Tätigkeit
BGH, Urt. v. 9. 2. 2012 – IX ZR 75/11 - ZIP 2012, 533
 nach Freigabe gem. § 35 II InsO können auf die selbstständige Tätigkeit bezogene
vertragliche Ansprüche von Gläubigern, die nach dem Zugang der Erklärung beim
Schuldner entstehen, nur gegen den Schuldner und nicht gegen die Masse verfolgt
werden
 nicht erforderlich ist gesonderte Kündigungserklärung gegenüber Vertragspartner
 „Freigabe“ umfasst das Vermögen, welches der gewerblichen Tätigkeit gewidmet ist,
einschließlich der dazu gehörenden Vertragsverhältnisse
 Freigabe verwirklicht sich ohne die Notwendigkeit zusätzlicher Erklärungen bereits mit
dem Zugang der Freigabeerklärung beim Schuldner
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Seite 57
B.
Grundbegriffe des Insolvenzverfahrensrechts
IV.
Die Verfahrensbeteiligten
 Insolvenzschuldner
 Gläubiger









Insolvenzgläubiger
Massegläubiger
aussonderungsberechtigte Gläubiger
absonderungsberechtigte Gläubiger
Gläubigerversammlung
Gläubigerausschuss
Insolvenzgericht
Insolvenzverwalter
Drittschuldner
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Seite 58
B.
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IV.
Die Verfahrensbeteiligten
1.
Massegläubiger, §§ 53 ff. InsO
 Gläubiger, deren Forderungen erst durch oder aufgrund des InsVerf entstanden sind

≠ Neuverbindlichkeiten des Schuldners

Befriedigung erfolgt vor den Insolvenzgläubigern


Ausn.: § 206 InsO
Masseverbindlichkeiten (§ 53 InsO)


Kosten des Insolvenzverfahrens (§ 54 InsO)

Gerichtskosten

Vergütungen und Auslagen des (vorläufigen) Insolvenzverwalters, der Mitglieder des
Gläubigerausschusses
die sonstigen Masseverbindlichkeiten (§ 55 InsO).
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B.
Grundbegriffe des Insolvenzverfahrensrechts
IV.
Die Verfahrensbeteiligten
1.
Massegläubiger, §§ 53 ff. InsO
 die sonstigen Masseverbindlichkeiten (§ 55 I InsO)

(Nr. 1) die durch Handlungen des IV oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung
und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des
Insolvenzverfahrens zu gehören;

(Nr. 2) aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird
oder für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muss;

(Nr. 3) aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse
 die sonstigen Masseverbindlichkeiten (§ 55 II InsO)
 Ausnahme: im Rahmen einer InsGeld-Vorfinanzierung auf BAfA übergegangene
Lohnansprüche (§ 55 III InsO)
 die sonstigen Masseverbindlichkeiten (§ 55 IV InsO)
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Seite 60
B.
Grundbegriffe des Insolvenzverfahrensrechts
IV.
Die Verfahrensbeteiligten
1.
Massegläubiger, §§ 53 ff. InsO
Fall:
 Der beklagte IVw wurde am 14.1.2004 zum vorlIVw mit Zustimmungsvorbehalt bestellt.
 Im Beschluss hieß es u.a.: „Den Drittschuldnern wird verboten, an die Schuldnerin zu
zahlen. Der vorlIV wird ermächtigt, Bankguthaben und sonstige Forderungen der
Schuldnerin einzuziehen sowie eingehende Gelder entgegenzunehmen. Die Drittschuldner werden aufgefordert, nur noch unter Beachtung dieser Anordnung zu leisten
(§ 23 I 3 InsO)“.
 Die in der Folge versandten Rechnungen der Schuldnerin enthielten den Hinweis:
„Zahlung mit schuldbefreiender Wirkung nur noch auf Insolvenz-Anderkonto (…).“
 Aus einer solchen Rechnung schuldete die Kl. den Betrag von € 86,25. Infolge eines
Eingabefehlers bei der Online-Überweisung überwies sie am 29.1.2004 den Betrag von
€ 8.625,- auf das Insolvenz-Anderkonto.
 Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1.3.2004 wurde das Anderkonto auf
Beschluss der GlVers als Hinterlegungskonto (§ 149 InsO) weitergeführt.
 Am 2.12.2005 zeigte der IV Masseunzulänglichkeit an.
 Zahlungsanspruch der Kl.
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B.
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IV.
Die Verfahrensbeteiligten
1.
Massegläubiger, §§ 53 ff. InsO
BGH, Urt. v. 20.9.2007 - IX ZR 91/06 - NJW-RR 2008, 295:
 keine MasseVblk nach § 55 I Nr. 3 InsO

setzt Bereicherung nach Verfahrenseröffnung („Masse“) voraus
 keine MasseVblk nach § 55 II InsO

nur vorlIVw mit Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis (§ 22 I InsO)

auch keine MasseVblk, weil Insolvenz-Anderkonto des vorlIVw zur Hinterlegungsstelle nach
§ 149 InsO geworden ist
 Bereicherungsanspruch richtet sich gegen vorlIVw persönlich

an diesen (nicht an den Schuldner) zahlten die Drittschuldner aufgrund der Anordnung des
InsG

Insolvenz-Anderkonto ist Treuhandkonto des vorlIVw und nicht Bestandteil des
Schuldnervermögens

schwacher vorlIVw kein Ermächtigungstreuhänder
= wenn Treuhänder das Treugut nicht zu vollem Recht erhält, sondern er lediglich auf der Grundlage
der Treuhandabrede ermächtigt wird (§ 185 BGB), im eigenen Namen über das Treugut zu verfügen.
Kontoinhaber ist hier der Treugeber
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B.
Grundbegriffe des Insolvenzverfahrensrechts
IV.
Die Verfahrensbeteiligten
1.
Massegläubiger, §§ 53 ff. InsO
Fall:
 Der Kläger hatte aufgrund eines Abzahlungskaufs an die Q. GmbH Ratenzahlungen zu
erbringen.
 Am 9.6.2009 wurde der Beklagte zum „schwachen“ vorlIVw über das Vermögen der Q.
GmbH bestellt. Der Kläger – nach seiner Behauptung in Unkenntnis des vorläufigen
InsVerf – tätigte am 29.6.2009 eine Überweisung auf das Konto der Q. GmbH. Statt der
geschuldeten Monatsrate iHv. 100,57 € überwies der Kläger hierbei versehentlich einen
Betrag von 10.057 €, der am 30.6.2009 dem Konto der Q. GmbH gutgeschrieben wurde.
 Nachdem der Kläger anhand eines Kontoauszugs seinen Irrtum bemerkt hatte,
versuchte er in der Folgezeit vergeblich, die Zuvielzahlung von 9.956,43 € von der Q.
GmbH zurückzuerlangen.
 Am 1.9.2009 wurde das InsVerf über das Vermögen der Q. GmbH eröffnet und der
Beklagte zum IVw bestellt.
 Nachdem der Beklagte die Gelder von den Konten der Q. GmbH auf sein Massekonto
übergeleitet hat, nimmt der Kläger ihn auf Erstattung des überzahlten in Anspruch.
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Seite 63
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IV.
Die Verfahrensbeteiligten
1.
Massegläubiger, §§ 53 ff. InsO
OLG Hamm, Urt. v. 29.3.2011 – I-27 U 134/10 - ZIP 2011, 2068:
 § 55 I Nr. 3 InsO?

nur Bereicherung der Masse, also nach IE

Hier: Bereicherung vor IE

§ 55 II InsO nicht entspr. auf vorl. Zustimmungsverwaltung anwendbar (BGH, Urt. v. 18.7.2002 IX ZR 195/01 - NZI 2002, 543)
 SEA n §§ 61, 60 InsO ?

keine PflichtVerl des vorlIVw

eine Befriedigung von InsFord verstößt gegen SichZweck der vorl.Insolvenzverwaltung

Auszahlung an Kl wäre nach §§ 129, 130 I Nr. 2 InsO anfechtbar
 Aussonderungsrecht nach §§ 47, 48 InsO

Schuldnerkonto kein Treuhandkonto

Einziehung der Bankguthaben durch IVw keine unberechtigte Veräußerung
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Seite 64
B.
Grundbegriffe des Insolvenzverfahrensrechts
IV.
Die Verfahrensbeteiligten
1.
Massegläubiger, §§ 53 ff. InsO
Fall:
 Die klagenden Grundstückseigentümer haben den beklagten IVw des Mieters zunächst
auf Räumung in Anspruch genommen.
 Im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung war das Mietverhältnis aufgrund einer wirksamen
Kündigung während des Eröffnungsverfahrens bereits beendet.
 Der IVw hatte auf das Herausgabeverlangen vorprozessual nicht reagiert. Der
Schuldner zog schließlich aus der Wohnung aus.
 Die Eigentümer verlangen vom IV Nutzungsentschädigung bis zum Auszug des
Schuldners als Masseforderung.
 zu Recht?
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Seite 65
B.
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IV.
Die Verfahrensbeteiligten
1.
Massegläubiger, §§ 53 ff. InsO
BGH, Urt. v. 21.12.2006 – IX ZR 66/05 - ZIP 2007, 340
 keine Masseverbindlichkeit gem. § 55 I Nr. 2 2. Fall InsO

Ist das Mietverhältnis vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelöst worden, so sind der
Rückgabeanspruch (§ 546 BGB) sowie alle Abwicklungsansprüche bereits vor Eröffnung
entstanden und folglich grundsätzlich Insolvenzforderungen gem. § 38 InsO. Auf die Fälligkeit
des Anspruches kommt es insoweit nicht an.
 Der Grundsatz, dass der Vermieter nur eine Insolvenzforderung erhält, wenn der
Abwicklungsanspruch bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens schon begründet ist, gilt
allerdings nicht ausnahmslos.

Er ist durchbrochen, wenn der IVw die Mietsache nach Verfahrenseröffnung nutzt und den
Vermieter dabei gezielt vom Besitz ausschließt.
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Seite 66
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IV.
Die Verfahrensbeteiligten
1.
Massegläubiger, §§ 53 ff. InsO
Frage: Sind die Kosten ordnungsrechtlicher Beseitigung von Altlasten, die bereits vor
Verfahrenseröffnung bestanden, Masseverbindlichkeiten?
 In Betracht kommt § 55 I Nr. 1 InsO „in anderer Weise durch die Verwaltung“.

BVerwG (Urt. v. 23.9.2004 - 7 C 22/03 - NZI 2005, 51): bis zur Freigabe des Grundstücks kann
IVw zur Altlastenbeseitigung herangezogen werden; die Kosten sind MasseVblk.

A.A. BGH (Urt. v. 18.4.2002 - IX ZR 161/01 - NZI 2002, 425): Beseitigungskosten sind
Insolvenzforderung, wenn Altlasten bei Verfahrenseröffnung bereits vorhanden und nicht
durch IVw verstärkt worden sind
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Seite 67
B.
Grundbegriffe des Insolvenzverfahrensrechts
IV.
Die Verfahrensbeteiligten
1.
Massegläubiger, §§ 53 ff. InsO
Fall:
 Der Schuldner betrieb ein Einzelunternehmen, über das auf seinen Eigenantrag hin am
14.5.1999 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum IVw bestellt wurde. Das
Gewerbe wurde zum 30.8.1999 abgemeldet.
 Der Schuldner setzte sich im Wesentlichen nach Spanien ab, wo er Unternehmen
betrieb, für die er im Jahr 2001 Rechnungen stellte. Die Steuerfahndung deckte diesen
Tatbestand auf.
 Gegen den klagenden IVw wurden im Jahr 2005 wegen dieser Tatbestände EStBescheide erlassen.
 Masseverbindlichkeit?
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Seite 68
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IV.
Die Verfahrensbeteiligten
1.
Massegläubiger, §§ 53 ff. InsO
BFH, Urt. v. 18.5.2010 – X R 11/09 - ZIP 2010, 2014:
 § 55 I Nr. 1 1.Alt. InsO?

nein, da keine Handlung des IV
 § 55 I Nr. 1 2.Alt InsO?

nicht wenn die Tätigkeit ohne Wissen und Billigung durch den IV wurde und die Erträge
tatsächlich nicht zur Masse gelangten

§ 35 I InsO definiert Insolvenzmasse; Masseverbindlichkeiten werden durch § 55 I InsO
geregelt

weitergehend (BFH, Urt. v. 24.02.2011 – VI R 21/10 - ZIP 2011, 873): Gelangt pfändbarer
Arbeitslohn des Insolvenzschuldners als Neuerwerb zur Insolvenzmasse, liegt allein darin
keine Verwaltung der Insolvenzmasse in anderer Weise i.S.d. § 55 I Nr. 1 InsO, so dass die
auf die Lohneinkünfte zu zahlende ESt keine vorrangig zu befriedigende Masseverbindlichkeit
ist.
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Seite 69
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Grundbegriffe des Insolvenzverfahrensrechts
IV.
Die Verfahrensbeteiligten
2.
Insolvenzgläubiger, §§ 38, 39 InsO
 § 38 InsO: Persönliche Gläubiger des Schuldners, die zur Zeit der Eröffnung des
Insolvenzverfahrens einen begründeten Vermögensanspruch gegen diesen haben

st.Rspr. BGH (Urt. v. 19.1.2012 – IX ZR 2/11 - ZIP 2012, 280 Tz. 15) der anspruchsbegründende
Tatbestand muss schon vor Verfahrenseröffnung abgeschlossen sein, mag sich eine
Forderung des Gläubigers daraus auch erst nach Beginn des Insolvenzverfahrens ergeben.
Nur die schuldrechtliche Grundlage des Anspruchs muss schon vor Eröffnung des
Insolvenzverfahrens entstanden sein.
 obligatorische Rechte (Ansprüche oder Forderungen)
 ≠ dingliche Gläubiger  dingliche Rechte am Schuldnervermögen (§§ 47 ff. InsO)
 Grundsätzliche Gleichrangigkeit

Ausn: nachrangige Insolvenzgläubiger, § 39 InsO
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B.
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IV.
Die Verfahrensbeteiligten
2.
Insolvenzgläubiger, §§ 38, 39 InsO
Fall: Die Klägerin nimmt ihren geschiedenen Ehemann im Wege des Rückgriffs auf
Erstattung ihrer Aufwendungen persönlich in Anspruch, obwohl über das Vermögen des
Ehemannes ein Insolvenzverfahren eröffnet worden ist und noch andauert.
 Ihren Anspruch gründet sie darauf, dass sie eine vorinsolvenzlich begründete
Darlehensschuld des Ehemannes getilgt hat, für deren Sicherung von ihr eine
Grundschuld bestellt worden war. Aufgrund der Tilgung erhielt sie die
Löschungsbewilligung für die Grundschuld.
BGH, Beschl. v. 6.12.2007 – IX ZR 215/06 - ZIP 2008, 183:
 Rückgriffanspruch ist ebenso wie die getilgte Darlehensforderung Insolvenzforderung,
selbst wenn er erst nach IE begründet worden ist
 Tilgung einer Insolvenzforderung kann nicht das Entstehen einer Masseverbindlichkeit
zur Folge haben
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B.
Grundbegriffe des Insolvenzverfahrensrechts
IV.
Die Verfahrensbeteiligten
2.
Insolvenzgläubiger, §§ 38, 39 InsO
Fall:
 Die O-GmbH teilte dem Kläger mit, er habe einen Betrag in Höhe von 11.150 €
gewonnen. Der Kläger sandte die für den Gewinne gewünschte Erklärungen („offizielles
Auszahlungs-Dokument“ bzw. „Einverständniserklärung“) zurück. Eine Auszahlung des
Gewinnes erfolgte nicht, weshalb der Kläger die O-GmbH auf Auszahlung des
zugesagten Gewinnes in Anspruch genommen. Das LG hat die Klage abgewiesen.
 Während des Berufungsverfahrens ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen der
O-GmbH eröffnet worden. Der Kläger hat die Forderung aus der Gewinnzusage
zuzüglich Zinsen in der Rangklasse des § 38 InsO zur Tabelle angemeldet. Diese hat
der beklagte IVw bestritten. Der Kläger hat daraufhin den Rechtsstreit gegen ihn
aufgenommen und einen seiner Anmeldung entsprechenden Feststellungsantrag
gestellt. Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der zugelassenen
Revision verfolgt der Kläger seinen Feststellungsanspruch weiter.
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B.
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IV.
Die Verfahrensbeteiligten
2.
Insolvenzgläubiger, §§ 38, 39 InsO
BGH, Urt. v. 13.3.2008 – IX ZR 117/07 - ZIP 2008, 974:
 Der Verbraucher, der einen Anspruch auf Erfüllung einer Gewinnzusage in der
Insolvenz des Versenders geltend macht, ist nachrangiger InsGl (§ 39 I Nr. 4 InsO)
 Begriff der „unentgeltlichen Leistung“ in § 39 I Nr. 4 InsO und in § 134 InsO gleich
 wenn ein Vermögenswert des Verfügenden zu Gunsten einer anderen Partei aufgegeben wird,
ohne dass dem Verfügenden ein entsprechender Gegenwert zufließen soll
 Einseitige Vorstellungen des Versprechenden über mögliche wirtschaftliche Vorteile, die
nicht in rechtlicher Abhängigkeit zu einer von ihm erbrachten Zuwendung stehen,
vermögen eine Entgeltlichkeit dieser Zuwendung jedoch nicht zu begründen
 Zweck des § 39 I Nr.4 InsO: der in Vermögensverfall geratene Schuldner soll sich nicht
auf Kosten seiner (Insolvenz-)Gläubiger freigiebig zeigen dürfen
 a.A: (Jaeger/Gerhardt, § 39 InsO, Rz.33) Entgeltlichkeit wg Affektionsinteresses des
Versprechenden
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B.
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IV.
Die Verfahrensbeteiligten
2.
Insolvenzgläubiger, §§ 38, 39 InsO
Fall:
 Im Insolvenzverfahren der A-GmbH meldete die X-GmbH ihre Forderung auf
Rückzahlung eines Darlehens in Höhe von € 1,0 Mio. an.
 G war alleiniger Gesellschafter und zugleich Geschäftsführer der A. Der Bruder des G,
der B, war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der X- GmbH.
 Der IVw der A bestritt den Rang der Darlehensforderung als einfache nicht nachrangige
Insolvenzforderung und machte geltend, es handele sich hierbei um eine nachrangige
Forderung wegen der Gewährung eines Gesellschafterdarlehens gem. § 39 I Nr. 5 InsO.
Die X erhob hiergegen Feststellungsklage nach §§ 179 ff. InsO
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B.
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IV.
Die Verfahrensbeteiligten
2.
Insolvenzgläubiger, §§ 38, 39 InsO
BGH, Urt. v. 17.2.2011 - IX ZR 131/10 - ZIP 2011, 575:
 § 39 I Nr.5 InsO (MoMiG) für alle nach 1.11.2008 eröffneten Insolvenzverfahren
 Anwendung auch auf vor Inkrafttreten der Neuregelung gewährte Darlehen

keine unzulässige echte Rückwirkung
 Darlehensgeber muss nicht Gesellschafter sein

Neuregelung erfasst auch Rechtshandlungen Dritter, welche der Darlehensgewährung durch
einen Gesellschafter wirtschaftlich entsprechen, z.B. Darlehen zwischen verbundenen
Unternehmen

erforderlich ist eine gesellschaftsrechtliche – vertikale oder horizontale – Verbindung
zw. DarlG und einem der Gesellschafter der Schuldnerin oder ein Gesellschafter ist an DarlG
und an Gesellschafter der Schuldnerin beteiligt
 § 138 I Nr. 4, II Nr. 3 InsO (-)

systematische Stellung

nur anfechtungsrechtliche Vorschrift

Umkehr der Beweislast

Informationsvorsprung durch Naheverhältnis rechtfertigt Anfechtbarkeit
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B.
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IV.
Die Verfahrensbeteiligten
2.
Insolvenzgläubiger, §§ 38, 39 InsO
gesetzgeberische Grundgedanke des § 39 I Nr.5 InsO (MoMiG)?
 Gesetzgeber: keine Aussage
 Lit. str.

Krisenfinanzierung (z.B. Bork, ZGR 2007, 250, 257 f.)

Missbrauch der Haftungsbeschränkung (HambKomm-InsO/Lüdtke, § 39 InsO, Rz. 19)

Schaffung einer Gefahrenlage für den Rechtsverkehr (Schäfer, ZInsO 2010, 1311, 1313)

bloße gesetzgeberische Entscheidung, die an die Doppelrolle des Gesellschafters und
Gläubigers anknüpft
 BGH (Urt. v. 17.2.2011 - IX ZR 131/10 - ZIP 2011, 575 Tz.16): offengelassen
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B.
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IV.
Die Verfahrensbeteiligten
3.
Aussonderungsberechtigte
 Gläubiger, die aufgrund eines dinglichen oder persönlichen Rechts Herausgabe eines
Gegenstandes verlangen können (§ 47 InsO).


Dingliche Rechte:

das Eigentum (Anspruch aus § 985 BGB), typischer Fall: Eigentumsvorbehalt, Leasing, Miete

Nicht: Sicherungseigentum (§ 51 Nr.1 InsO ).
Persönliche Rechte:

schuldrechtliche Ansprüche, z.B. § 546 Abs.1 BGB
 den Insolvenzgläubigern haftet allein die Insolvenzmasse (Soll-Masse)

§ 35 I InsO „(…) das gesamte Vermögen, das dem Schuldner (…) gehört (…)“
 § 47 S.1 InsO schafft kein Sonderrecht, sondern erkennt außerhalb des InsVf
bestehende Ansprüche als außerhalb des InsVf durchsetzbar an

„(…) ein Gegenstand nicht zur Insolvenzmasse gehört.“
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B.
Grundbegriffe des Insolvenzverfahrensrechts
IV.
Die Verfahrensbeteiligten
3.
Aussonderungsberechtigte
Ersatzaussonderung (§ 48 InsO), wenn
 Aussonderungsgut unberechtigt veräußert wurde

vor IE vom Schuldner

nach IE vom IVw
 Anspruch auf Gegenleistung oder Gegenleistung noch unterscheidbar vorhanden
 nicht z.B. bei Zahlung von DrittSch einer sicherungszedierten Forderung vor IE auf
Schuldnerkonto (BGH, Urt. v. 14.5.2009 - IX ZR 63/08 - ZIP 2009, 1235 Tz.31)

keine Ersatzaussonderung

kein Anspruch aus § 55 I Nr.3 InsO
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B.
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IV.
Die Verfahrensbeteiligten
3.
Aussonderungsberechtigte (Exk.: Gütergemeinschaft)
Exkurs: Die Gütergemeinschaft
 Vereinbarung durch Ehevertrag (§ 1415 BGB)
 § 1416 BGB
„Das Vermögen des Mannes und das Vermögen der Frau werden durch die
Gütergemeinschaft gemeinschaftliches Vermögen beider Ehegatten (Gesamtgut). Zu
dem Gesamtgut gehört auch das Vermögen, das der Mann oder die Frau während der
Gütergemeinschaft erwirbt.“
 Sondergut (§ 1417 BGB)

z.B. vinkulierte Gesellschaftsanteil (§ 15 V GmbHG)
 § 1421 BGB
„Die Ehegatten sollen in dem Ehevertrag, durch den sie die Gütergemeinschaft
vereinbaren, bestimmen, ob das Gesamtgut von dem Mann oder der Frau oder von
ihnen gemeinschaftlich verwaltet wird. Enthält der Ehevertrag keine Bestimmung
hierüber, so verwalten die Ehegatten das Gesamtgut gemeinschaftlich.“
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B.
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IV.
Die Verfahrensbeteiligten
3.
Aussonderungsberechtigte (Exk.: Gütergemeinschaft)
 § 1422 BGB
„Der Ehegatte, der das Gesamtgut verwaltet, ist insbesondere berechtigt, die zum
Gesamtgut gehörenden Sachen in Besitz zu nehmen und über das Gesamtgut zu
verfügen; er führt Rechtsstreitigkeiten, die sich auf das Gesamtgut beziehen, im eigenen
Namen. Der andere Ehegatte wird durch die Verwaltungshandlungen nicht persönlich
verpflichtet.“
 § 1437 II BGB
„(2) Der Ehegatte, der das Gesamtgut verwaltet, haftet für die Verbindlichkeiten des
anderen Ehegatten, die Gesamtgutverbindlichkeiten sind, auch persönlich als
Gesamtschuldner. Die Haftung erlischt mit der Beendigung der Gütergemeinschaft,
wenn die Verbindlichkeiten im Verhältnis der Ehegatten zueinander dem anderen
Ehegatten zur Last fallen.“
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B.
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IV.
Die Verfahrensbeteiligten
3.
Aussonderungsberechtigte (Exk.: Gütergemeinschaft)
§ 37 InsO
„(1) Wird bei dem Güterstand der Gütergemeinschaft das Gesamtgut von einem Ehegatten
allein verwaltet und über das Vermögen dieses Ehegatten das Insolvenzverfahren
eröffnet, so gehört das Gesamtgut zur Insolvenzmasse. Eine Auseinandersetzung des
Gesamtguts findet nicht statt. Durch das Insolvenzverfahren über das Vermögen des
anderen Ehegatten wird das Gesamtgut nicht berührt.“

der verwaltende Ehegatte haftet nach § 1437 II BGB für die Gesamtgutsverbindlichkeiten
„(2) Verwalten die Ehegatten das Gesamtgut gemeinschaftlich, so wird das Gesamtgut
durch das Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Ehegatten nicht berührt.“

Sonderinsolvenzverfahren über das Gesamtgut nach §§ 333f. InsO
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Seite 81
B.
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IV.
Die Verfahrensbeteiligten
3.
Aussonderungsberechtigte
Fall: Die Ehefrau, der in Gütergemeinschaft lebenden Eheleute, betreibt ein Erwerbsgeschäft. Das Gesamtgut wird vom Ehemann allein verwaltet. Der von der
Sozialkasse gestellte Antrag auf Eröffnung der Insolvenzverfahrens über das
Vermögen der Ehefrau wurde mangels Masse abgewiesen.
BGH, Beschl. v. 4.5.2006 - IX ZB 285/04 – NZI 2006, 402
 In der Insolvenz eines in Gütergemeinschaft lebenden Ehegatten, der das Gesamtgut
nicht verwaltet, gehört sein Anteil am Gesamtgut nicht zur Insolvenzmasse. Der
verwaltende Ehegatte kann das Gesamtgut aussondern (§ 47 InsO).
 Der Wortlaut des § 37 I 3 InsO ist insoweit eindeutig. Er enthält keine Ausnahme für den
Fall, dass der nicht verwaltende – insolvente – Ehegatte ein Erwerbsgeschäft betreibt.
 Die Problematik wurde bereits unter Geltung der KO diskutiert. § 37 InsO entspricht der
Vorgängerregelung des § 2 KO. Der Gesetzgeber der InsO sah keinen abweichenden
Regelungsbedarf.
 kein Regelungsbedarf zum Schutz der Gläubiger  persönliche Haftung des
verwaltenden Ehegatte gem. § 1437 II 1 BGB
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Seite 82
B.
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IV.
Die Verfahrensbeteiligten
3.
Aussonderungsberechtigte
Herausgabeanspruch des Vermieters
– Räumungspflicht des IVw?
BGH, Beschl. v. 7.7.2010 - XII ZR 158/09 – NZI 2010, 901
 Der auf Räumung und Herausgabe zielende Anspruch auf Rückgabe der Mietsache
nach § 546 I BGB begründet nur insoweit ein Aussonderungsrecht zu, als er sich
seinem Inhalt nach mit dem Herausgabeanspruch des § 985 BGB deckt; mithin reicht er
nicht weiter.
 Nach § 985 BGB hat der Besitzer dem Eigentümer den unmittelbaren Besitz an der
Sache zu verschaffen, insbesondere den Zugang zu ermöglichen und die Wegnahme
zu dulden.
 Davon ist die mietvertragliche Räumungspflicht zu unterscheiden, die allein auf dem
Mietvertrag beruht und allenfalls eine Insolvenzforderung nach § 38 InsO begründet.
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Seite 83
B.
Grundbegriffe des Insolvenzverfahrensrechts
IV.
Die Verfahrensbeteiligten
3.
Aussonderungsberechtigte
Vermieterinsolvenz - Anspruch des Mieters auf Rückzahlung der Mietkaution?
BGH, Urt. v. 20.12.2007 – IX ZR 132/06 - ZIP 2008, 469
 Der Mieter von Wohnraum kann die von ihm geleistete Mietkaution in der Insolvenz des
Vermieters nur dann aussondern, wenn der Vermieter sie von seinem Vermögen
getrennt angelegt hat; anderenfalls ist der Rückforderungsanspruch lediglich eine
Insolvenzforderung
 Vermögenszuordnung nach § 47 InsO regelmäßig nach dinglichen Kriterien,

das dingliche Recht im Grundsatz ein absolutes Herrschaftsrecht
 bei schuldrechtlichen Ansprüchen ist eine vom dinglichen Recht abweichende
Vermögenszuordnung aufgrund wertender Betrachtung möglich

wenn ein Treuhandverhältnis, das neben schuldrechtlicher Beziehungen auch eine vollzogene
dingliche Komponente besitzt

Bestimmtheitserfordernis gebietet es, das Treugut getrennt vom eigenen Vermögen zu
verwahren

hier: Sonderkonto (offenes Fremdkonto)
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Seite 84
B.
Grundbegriffe des Insolvenzverfahrensrechts
IV.
Die Verfahrensbeteiligten
3.
Aussonderungsberechtigte
Fall: Der IVw der Muttergesellschaft nahm den Beklagten Ivw der Tochter auf Zahlung in
Anspruch. Der Beklagte hatte einen Turmdrehkran zum Preis von 25.250 € brutto
veräußert; der Turmdrehkran gehörte aber der Muttergesellschaft. Im Kaufpreis war
Umsatzsteuer in Höhe von 3.520 € enthalten, die der Beklagte an das zuständige
Finanzamt abführte. 22.000 € zahlte der Beklagte an den Kläger.
BGH, Urt. v. 20.12.2007 – IX ZR 132/06 - ZIP 2008, 469
 Ersatzaussonderungsanspruch § 48 S.2 InsO, wenn die Zahlung aufgrund Buchung und
Belegen von dem Übrigen auf einem Konto angesammelten Guthaben unterschieden
werden könne und Konto eine ausreichende Deckung aufweist
 Soll- und Habenposten eines laufenden Kontos keine „realen“ Gegenstände
 keine Vermischung oder Vermengung
 Ersatzaussonderung nur Nettokaufpreis
 hinsichtlich der abgeführten USt – Entreicherung (§ 818 III BGB)
 ev. Haftung nach § 60 InsO
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Seite 85
B.
Einführung in das Insolvenzrecht
IV.
Die Verfahrensbeteiligten
4.
Absonderungsberechtigte
Gläubiger, die an einem Gegenstand des Schuldnervermögens ein Pfandrecht (§ 50
InsO) oder ein nach § 51 InsO gleichgestelltes Recht haben.
- Absonderungsrecht ist dingliches Recht, aber Absonderungsgut befindet sich im
Eigentum des Schuldners
-
Ausnahme: Sicherungseigentum, § 51 Nr.1 InsO
-
Folge: Absonderungsgut gehört zur Insolvenzmasse, wenn nicht unpfändbar, z.B. nach
§ 811 Abs.1 Nr.5 ZPO
-
Absonderungsgläubiger = Insolvenzgläubiger, wenn ihm Schuldner auch persönlich
haftet (§ 52 S. 1 InsO).

-
Teilnahme an Verteilung nur mit Ausfall (§ 52 S. 2 InsO)
Ersatzabsonderung, analog § 48 InsO
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Seite 86
B.
Einführung in das Insolvenzrecht
IV.
Die Verfahrensbeteiligten
4.
Absonderungsberechtigte
§ 50 InsO - Besitz- und Pfändungspfandrechte
- durch Rechtsgeschäft = Besitzpfandrecht
-
-
an bewegl. Sachen (§§ 1204 ff BGB)
an Rechten (§§ 1273 ff BGB)
an Forderungen (§§ 1279 ff. BGB), etc.
durch Zwangsvollstreckung (Pfändungspfandrecht)
gesetzliches Pfandrecht des
-
Vermieters/Verpächters (§§ 559, 581, 585 BGB)
-
Gastwirt bei Beherbergung (§ 704 BGB)
-
Werkunternehmer (§ 647 BGB)
-
Spediteurs (§§ 453, 464 HGB), etc.
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Seite 87
B.
Einführung in das Insolvenzrecht
IV.
Die Verfahrensbeteiligten
4.
Absonderungsberechtigte
§ 51 InsO – den Besitzpfandrechten gleichgestellte Absonderungsrechte
- Nr. 1 besitzlose Mobiliarpfandrechte
-
-
Sicherungsübereignung
-
Sicherungsabtretung
-
verlängerter Eigentumsvorbehalt
Nr. 2 Zurückbehaltungsrecht wegen Verwendung
Nr. 3 kaufmännisches Zurückbehaltungsrecht
Nr. 4 Steuer- und Zollgläubiger an verbrauchsteuer- und zollpflichtigen Waren
-
§ 76 I AO
Rechtsstellung im Insolvenzverfahren
- Verwertungsrecht nach §§ 166 ff InsO
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Seite 88
B.
Einführung in das Insolvenzrecht
IV.
Die Verfahrensbeteiligten
4.
Absonderungsberechtigte
Fall:
 Die Klägerin hatte der Schuldnerin Büroräume vermietet. Für den Zeitraum zwischen
Antragstellung und Eröffnung des Insolvenzverfahrens leistete die Schuldnerin keinerlei
Mietzahlungen.
 Nach Einstellung der Mietzinszahlungen widersprach die Klägerin in Ausübung ihres
Vermieterpfandrechts der Entfernung der von der Schuldnerin eingebrachten
Gegenstände.
 Der beklagte IVw verwertete die Gegenstände ohne den Erlös an die Klägerin
auszukehren. Seiner Auffassung nach, sei das Vermieterpfandrecht nur wirksam
entstanden für Mietforderungen, die vor dem Insolvenzantrag entstanden sind.
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Seite 89
B.
Einführung in das Insolvenzrecht
IV.
Die Verfahrensbeteiligten
4.
Absonderungsberechtigte
Anfechtbarkeit der Entstehung des Vermieterpfandrechts – maßgebender Zeitpunkt?
BGH, Urt. v. 14.12.2006 - IX ZR 102/03 - ZIP 2007, 191
 Das gesetzliche Vermieterpfandrecht an eingebrachten pfändbaren Sachen des Mieters
entsteht mit der Einbringung, auch soweit es erst künftig entstehende Forderungen
aus dem Mietverhältnis sichert.

Mietzinsansprüche sind nicht betagt, sondern entstehen nach § 163 BGB aufschiebend
befristet erst zum Anfangstermin des jeweiligen Zeitraums der Nutzungsüberlassung

§ 91 InsO gilt mangels Verweisung in § 24 InsO nicht im vorläufigen Insolvenzverfahren
 Für die Anfechtung des Vermieterpfandrechts kommt es nach § 140 III InsO auf den
Zeitpunkt der Pfandrechtsentstehung (= Einbringung der Sachen) an
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Seite 90
B.
Einführung in das Insolvenzrecht
IV.
Die Verfahrensbeteiligten
4.
Absonderungsberechtigte
Fall:
Anschaffungsfinanzierung, z.B. Neuwagen eines Autohauses,
 Übertragung des Eigentumsvorbehalts auf Bank
 Aus- oder Absonderung?
BGH (Urt. v. 27.3.2008 - IX ZR 220/05 - NZI 2008, 357)
 Bank das vorbehaltene Eigentum in der Insolvenz des Käufers nicht aussondern; sie
ist vielmehr wie ein Sicherungseigentümer lediglich zur abgesonderten Befriedigung
berechtigt.
 Verschafft sich ein Geldkreditgeber zur Sicherung seiner Forderung das Sicherungsmittel
eines Warenkreditgebers, kann er seine insolvenzrechtliche Stellung dadurch nicht
verbessern. Der Vorbehaltsverkäufer hat, falls der Käufer nicht sogleich zahlen kann,
regelmäßig nur das vorbehaltene Eigentum als Sicherungsmittel. Aus diesem Grunde gilt er
als besonders schutzbedürftig, und im Wesentlichen deshalb wird ihm ein
Aussonderungsrecht und nicht bloß ein Absonderungsrecht zugebilligt. Demgegenüber hat der
Geldkreditgeber ungleich mehr Sicherungsmöglichkeiten.
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Seite 91
B.
Einführung in das Insolvenzrecht
IV.
Die Verfahrensbeteiligten
Übersicht Gläubiger
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Seite 92
B.
Einführung in das Insolvenzrecht
IV.
Die Verfahrensbeteiligten
5.
Der Insolvenzverwalter
§ 27 I 1 InsO:
 „Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, so ernennt das Insolvenzgericht einen
Insolvenzverwalter.“
§ 56 I 1 InsO
 „Zum Insolvenzverwalter ist eine für den jeweiligen Einzelfall geeignete, insbesondere
geschäftskundige und von den Gläubigern und dem Schuldner unabhängige natürliche
Person zu bestellen, die aus dem Kreis aller zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen
bereiten Personen auszuwählen ist.“
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Seite 93
B.
Einführung in das Insolvenzrecht
IV.
Die Verfahrensbeteiligten
5.
Der Insolvenzverwalter
Rechtsstellung
 Organtheorie:

IVw ist gesetzliches Organ der Masse

aber: bei natürlichen Personen gibt es keine Organschaft
 Neue Vertretertheorie:

IVw als gesetzlicher Vertreter des Schuldners

aber: IVw nimmt nicht die Interessen des Schuldners wahr
 Amtstheorie (h.M.):

IVw als Rechtspflegeorgan, das im eigenen Namen mit Wirkung für die Masse und den
Schuldner handelt (Partei kraft Amtes)
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Seite 94
B.
Einführung in das Insolvenzrecht
IV.
Die Verfahrensbeteiligten
5.
Der Insolvenzverwalter
Anforderungsprofil, § 56 I InsO:
 natürliche, voll geschäftsfähige Person
 für jeweiligen Einzelfall geeignet
 geschäftskundig  d.h. besitzt die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen
Erfahrungen und Kenntnisse

Fachkompetenz im InsR, ArbR, GesR, SteuerR

Kenntnisse im Finanz- und Rechnungswesen

Verhandlungsgeschick, Führungsqualitäten,

Zeit- und Konfliktmanagement, Teamfähigkeit

Erfahrung in Insolvenz und Sanierung, Branchenkompetenz

technische Ausstattung, Mitarbeiterstab

ggf. Regionalität
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Seite 95
B.
Einführung in das Insolvenzrecht
IV.
Die Verfahrensbeteiligten
5.
Der Insolvenzverwalter
 Unabhängigkeit von Gläubigern und Schuldner

 neutrale und sachgerechte Amtsausübung

Viele InsG lassen sich die generelle Unabhängigkeit ausdrücklich bestätigen

nicht, wenn:
 bereits vorher vertragliche Beziehungen zu dem Schuldner, z.B. Beratervertrag, bestanden,
 der IVw (dessen Sozietät) eine dem Schuldner nahestehende Person (Angehöriger, Gesellschafter)
ständig beraten oder vertreten hat.

ESUG: zulässig, d.h. kein Indiz für fehlende Unabhängigkeit
 Vorschlag vom Gläubiger oder Schuldner
 Beratung des Schuldners „in allgemeiner Form über den Ablauf eines Insolvenzverfahrens und
dessen Folgen“.
 zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen bereit

Bereitschaft kann auf bestimmte Verfahren beschränkt werden (§ 56 I 2 InsO)

z.B. nur Verbraucherinsolvenzverfahren
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Seite 96
B.
Einführung in das Insolvenzrecht
IV.
Die Verfahrensbeteiligten
5.
Der Insolvenzverwalter
Aufsicht, durch
 Insolvenzgericht (§ 58 InsO)

allgemeinen Grundsatz, dass der Staat, wenn er fremdes Vermögen durch eine von ihm
bestellte Person verwalten lässt, diese auch zu überwachen hat
 Gläubigerausschuss (§ 69 InsO)

keine Minderung oder Ersetzung der insolvenzgerichtlichen Aufsicht

Zustimmung des GlA exkulpiert den IV nicht; dessen Haftung besteht fort
 Gläubigerversammlung (§§ 79, 156 InsO)

Zustimmung der GlV exkulpiert den IV nicht; dessen Haftung besteht fort
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Seite 97
B.
Einführung in das Insolvenzrecht
IV.
Die Verfahrensbeteiligten
5.
Der Insolvenzverwalter
Bestellung des IV
 durch das InsG mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens, §§ 27 I, 56 InsO
 bei gleichzeitiger Anordnung der Eigenverwaltung wird ein Sachwalter bestellt (§ 274 I InsO)
 im vereinfachten Insolvenzverfahren: Treuhänder, § 313 I InsO
 BVerfG  2-stufiges Vorauswahlverfahren (Beschl. v. 3.8.2004 – 1 BvR 135/00, 1 BvR 1086/01 –
ZInsO 2004, 913; Beschl. v. 23.5.2006 – 1 BvR 2530/04 – NZI 2006, 453)
 Rechtsmittel
 keine sofortige Beschwerde  § 34 InsO eröffnet nur die Beschwerde gegen die
Eröffnungsentscheidung
 keine Befangenheitsrüge (§ 4 InsO iVm § 44 ZPO analog)
 IV ist keine Gerichtsperson
 abschl. Regelung der Bestellung und Abberufung des IV in §§ 56-59 InsO
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Seite 98
B.
Einführung in das Insolvenzrecht
IV.
Die Verfahrensbeteiligten
5.
Der Insolvenzverwalter
BVerfG, Beschl. v. 3.8.2004 – 1 BvR 135/00, 1 BvR 1086/01 – ZInsO 2004, 913
 Vorauswahlverfahren

Beschaffung hinreichender Informationen über die Eignung der Bewerber

die Komplementärfunktion des Verfahrensrechts für die Verwirklichung des Grundrechtsschutzes aus Art. 12 I GG gebietet eine angemessene Gestaltung des Verfahrens schon im
Vorfeld
 Vorauswahlliste

Kreis der grundsätzlich, d.h. ohne Verbindung zu einem konkreten Insolvenz-verfahren
geeigneten Bewerber mit hinreichenden Informationen über deren Eignung

Aufnahme eröffnet die Chance, bei künftigen Verfahren berücksichtigt zu werden
 Rechtsschutz

Justiz-VA, §§ 23ff EGVG

Richter nicht Rspr., sondern öff. Gewalt iSv Art. 19 IV GG, die in richterlicher Unabhängigkeit
vollzogen wird
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Seite 99
B.
Einführung in das Insolvenzrecht
IV.
Die Verfahrensbeteiligten
5.
Der Insolvenzverwalter
Antragsgegner bei Antrag nach §§ 23ff EGVG?
 die zuständigen Insolvenzrichter „in ihrer Gesamtheit“ (OLG Köln, Beschl. v. 27.9.2006 - 7 VA
9/05 - ZIP 2007, 342)
 Vorauswahlentscheidung um einen Akt des Trägers der öffentlichen (Justiz-)
Verwaltung, für den die Behörde handele (OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 28.3.2007 - 20 VA
11/05 – NZI 2007, 524)

z.B. seit dem 1.1.2011 gilt in NRW das Rechtsträgerprinzip, d.h. Antragsgegner ist die
Körperschaft, deren Behörde gehandelt hat (§ 5 II AG VwGO NRW ist weggefallen)
 BGH, Beschl. v. 16.5.2007 - IV AR(VZ) 5/07 - ZIP 2007, 1379

§ 23 I EGGVG – Justizbehörde im funktionellen Sinn

Insolvenzrichter handelt bei der Vorauswahl seiner Funktion nach als Justizbehörde
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Seite 100
B.
Einführung in das Insolvenzrecht
IV.
Die Verfahrensbeteiligten
5.
Der Insolvenzverwalter
BVerfG, Beschl. v. 23.5.2006 – 1 BvR 2530/04 – NZI 2006, 453
Auswahlentscheidung
 Gestaltung eines Rechtsverhältnisses ohne Bestenauslese
 § 56 I InsO kein subjektives Recht auf Bestellung
 es kann mehrere geeignete Bewerber

Insolvenzrichter kann weites Auswahlermessen, ohne den Gleichheitssatz gegenüber den
Übergangenen zu verletzen
 Jeder Bewerber hat (lediglich) ein durch Art. 1 III, 3 I GG begründetes Recht auf
pflichtgemäße Ausübung des Auswahlermessens in Form einer willkürfreien und fairen
Chance auf Berücksichtigung entsprechend der individuellen Eignung
Rechtsmittel
 Auswahl und Bestellung des IV ist funktional vollziehende Gewalt iSv Art 19 IV GG
 im Interesse der Verfahrensbeteiligten keine Konkurrentenschutzklage
 aber: Feststellungsklage nach §§ 23ff EGGVG  Rechtswidrigkeit der Verwalterbestellung zur Vorbereitung Amtshaftungsklage („Dulde und liquidiere“)
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Seite 101
B.
Einführung in das Insolvenzrecht
IV.
Die Verfahrensbeteiligten
5.
Der Insolvenzverwalter
BVerfG, Beschl. v. 3.8.2009 – 1 BvR 369/08 - ZIP 2009, 1722:
 differenzierte Vorauswahllisten zulässig, die zwischen verschiedenen Kategorien von
Verfahren oder verschiedenen Anforderungen an den IV unterscheiden

Ausgestaltung der Auswahllisten ist den Fachgerichten überlassen

BVerfG prüft nur, ob Grundrechte verletzt wurden
 Vertrauensverhältnis zwischen Gericht und IVw als Bestellungsgrund

unzulässig, da sachwidrige Erwägung (MüKo-Graeber, § 56 InsO, Rn.119)

zulässig aufgrund der richterlichen Verantwortung gegenüber den Gläubiger (Uhlenbruck, § 56
InsO, Rn. 53)
 Ortsnähe

Bestellungsentscheidung kann an die Kriterien der kurzfristigen persönlichen Erreichbarkeit
sowie der räumlichen Nähe des Büros des Bewerbers zum InsG ausgerichtet werden (BVerfG,
Beschl. v. 12.7.2006 – 1 BvR 1469/05 - ZIP 2006, 1954)
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Seite 102
B.
Einführung in das Insolvenzrecht
IV.
Die Verfahrensbeteiligten
5.
Der Insolvenzverwalter
 Berufserfahrung (BVerfG, Entsch. v. 27.11.2008 - 1 BvR 2032/08 - ZIP 2009, 975)

Für die Feststellung der Eignung wird allgemein auch das Vorliegen praktischer Erfahrungen
in der Insolvenzverwaltung als notwendig angesehen

Bezeichnung eines FAInsR alleine nicht ausreichend

kein Verstoß gg Art 3 I GG, wenn die fachliche Eignung von Bewerbern davon abhängig
gemacht wird, dass praktische Erfahrungen durch Tätigkeiten in Insolvenzverfahren
nachgewiesen sind

kein Verstoß gg Art. 12 I InsO: „Die selbständige Berufsausübung hindert ihn nicht daran, mit
einem Insolvenzverwalter zusammenzuarbeiten und auf diesem Weg die vom Insolvenzgericht
geforderte federführende Bearbeitung von Insolvenzverfahren unter Aufsicht und
Verantwortung eines Insolvenzverwalters zu erbringen.“
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Seite 103
B.
Einführung in das Insolvenzrecht
IV.
Die Verfahrensbeteiligten
5.
Der Insolvenzverwalter
 gerichtliche Prüfung der Unabhängigkeit bei Vorschlag des IVw durch Gläubiger?

Auch eine Benennung eines IV durch einen oder mehrere Gläubiger führt nicht zwingend zu
Zweifeln an dessen Unabhängigkeit (MüKo-Graeber, § 56 InsO, Rn. 130)

Zweifel an der Unabhängigkeit lassen sich nicht schon damit begründen, dass ein Gläubiger
eine bestimmte Person als IV vorschlägt (Braun-Kind, § 56 InsO, Rn. 4)

verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn das InsG einen Bewerber um das Amt des IVw
generell nicht in seine Auswahlentscheidungen einbezieht, weil sich dieser in einem früheren
Verfahren so verhalten hat, dass die Gefahr einer Beeinträchtigung des Verfahrens durch
seine eigenen wirtschaftlichen Interessen bestand und eine Unabhängigkeit von den
Interessen der Verfahrensbeteiligten fraglich war (BVerfG, Beschl. v. 12.07.2006 – 1 BvR
1493/05 - ZIP 2006, 1956)

Bork (ZIP 2006, 58): IVw ist nicht Sanierungsgehilfe des Schuldners, sondern in erster Linie
neutrales (Gesamt-)Vollstreckungsorgan im Interesse der Gläubigergesamtheit i

anders: ESUG § 56 I 3 Nr. 1 InsO
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B.
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IV.
Die Verfahrensbeteiligten
5.
Der Insolvenzverwalter
Neuregelung durch ESUG
§ 56 I InsO
„(1) Zum Insolvenzverwalter ist eine für den jeweiligen Einzelfall geeignete, insbesondere
geschäftskundige und von den Gläubigern und dem Schuldner unabhängige natürliche
Person zu bestellen, die aus dem Kreis aller zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen
bereiten Personen auszuwählen ist. Die Bereitschaft zur Übernahme von
Insolvenzverwaltungen kann auf bestimmte Verfahren beschränkt werden. Die erforderliche
Unabhängigkeit wird nicht schon dadurch ausgeschlossen, dass die Person
1. vom Schuldner oder von einem Gläubiger vorgeschlagen worden ist,
2. den Schuldner vor dem Eröffnungsantrag in allgemeiner Form über den Ablauf
eines Insolvenzverfahrens und dessen Folgen beraten hat.“
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B.
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IV.
Die Verfahrensbeteiligten
5.
Der Insolvenzverwalter
Neuregelung durch ESUG
Gesetzesbegründung
 Stärkung der Gläubigerautonomie bei der Verwalterauswahl
 Gilt über § 21 II Nr.1 InsO auch für den vorl. Insolvenzverwalter

bedeutsam, weil dieser regelmäßig zum Insolvenzverwalter bestellt wird
 Planbarkeit des Insolvenzverfahrens
 Änderung des RegE durch Rechtsausschuss: Prätendent ist nicht unabhängig, wenn er
für den Schuldner einen Insolvenzplan erarbeitet hat

Interessenkonflikt zwischen Schuldner und Gläubiger

Beratungsfehler würden nicht aufgedeckt

Anfechtung der Honorarzahlung an sich selbst?

Anschein einer Parteilichkeit muss vermieden werden
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Seite 106
B.
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IV.
Die Verfahrensbeteiligten
5.
Der Insolvenzverwalter
Neuregelung durch ESUG
 Die Neuregelung des § 56 I InsO wird als Anschlag auf die Unabhängigkeit des IVw
angesehen

Unabhängigkeit des Insolvenzverwalters als „hohes Gut“ und Voraussetzung dafür, dass der
Staat jemandem fremdes Vermögen anvertraut.

Die erforderliche Unabhängigkeit ist bereits dann nicht gegeben, wenn die Besorgnis ihres
Nichtvorliegens begründet ist. (vgl. §§ 41, 42 ZPO, §§ 45 f. BRAO; § 319 Abs. 2 HGB)

Vorgeschlagener Insolvenzverwalter weckt regelmäßig Zweifel an seiner Unabhängigkeit und
damit an seiner Geeignetheit, weil ihm der „Makel der Befangenheit“ anhaftet.

Bsp: Kreditinstitut oder ein institutioneller Gläubiger schlägt immer nur ein und denselben IVw vor und
verlangt von diesem, dass er keine Anfechtungsansprüche geltend macht
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Seite 107
B.
Einführung in das Insolvenzrecht
IV.
Die Verfahrensbeteiligten
5.
Der Insolvenzverwalter
Neuregelung durch ESUG
 Die Neuregelung des § 56 I InsO wirft Fragen auf:

Wo liegen die Grenzen einer Beratung „in allgemeiner Form über den Ablauf eines
Insolvenzverfahrens und dessen Folgen“?

Muss sich der Insolvenzrichter vor der Auswahlentscheidung den Gegenstand und den Inhalt
der Vorberatung detailliert beschreiben und versichern lassen?

Ist der Insolvenzverwalter nach § 59 I InsO aus wichtigem Grund zu entlassen, wenn sich
später herausstellt, dass er den Schuldner vor Insolvenzantragstellung nicht nur in allgemeiner
Form beraten hatte?

In der Praxis wird sich die Vorberatung wohl nicht auf eine solche „in allgemeiner Form“
beschränken lassen.

Bevorzugung der großen, überregional tätigen Verwalterkanzleien indem diese einen
Schuldner durch ein Mitglied der Sozietät nicht nur allgemein, sondern umfassend beraten
kann, ohne dass dieses die Unabhängigkeit eines sozietätsangehörigen Verwalters
ausschließt.
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Seite 108
B.
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IV.
Die Verfahrensbeteiligten
5.
Der Insolvenzverwalter
§ 56a InsO
„(1) Vor der Bestellung des Verwalters ist dem vorläufigen Gläubigerausschuss Gelegenheit
zu geben, sich zu den Anforderungen, die an den Verwalter zu stellen sind, und zur
Person des Verwalters zu äußern, soweit dies nicht offensichtlich zu einer nachteiligen
Veränderung der Vermögenslage des Schuldners führt.
(2) Das Gericht darf von einem einstimmigen Vorschlag des vorläufigen Gläubigerausschusses zur Person des Verwalters nur abweichen, wenn die vorgeschlagene Person
für die Übernahme des Amtes nicht geeignet ist. Das Gericht hat bei der Auswahl des
Verwalters die vom vorläufigen Gläubigerausschuss beschlossenen Anforderungen an
die Person des Verwalters zugrunde zu legen.
(3) Hat das Gericht mit Rücksicht auf eine nachteilige Veränderung der Vermögenslage des
Schuldners von einer Anhörung nach Absatz 1 abgesehen, so kann der vorläufige
Gläubigerausschuss in seiner ersten Sitzung einstimmig eine andere Person als die
bestellte zum Insolvenzverwalter wählen.“
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Seite 109
B.
Einführung in das Insolvenzrecht
IV.
Die Verfahrensbeteiligten
5.
Der Insolvenzverwalter
Neuregelung durch ESUG
§ 56a InsO - Einbindung der Gläubiger in die Verwalterwahl
 Stärkung der Gläubigerautonomie
 Diese Einbindung der Gläubiger soll künftig in den Fällen, in denen nach den neu
eingeführten §§ 21 Abs. 2 Nr. 1a, 22a InsO ein vorläufiger Gläubigerausschuss bestellt
worden ist, die Regel sein.




Eine Abweichung ist nur möglich, wenn die vorgeschlagene Person ungeeignet ist.
§ 56a InsO gilt über § 21 II Nr.1 InsO auch für den vorl. IV
Wahlrecht nach § 57 InsO soll nicht beschränkt werden
Gesetzgeber: Notwendigkeit, „besonders eingehend“ die Unabhängigkeit zu prüfen,
wenn

Vorberatung durch Sozietät des IVw

„Ein besonderes Augenmerk auf die Unabhängigkeit des Verwalters ist auch in den Fällen zu
richten, in denen der Vorgeschlagene etwa in einer internationalen Großkanzlei mit
Unternehmensberatern tätig ist, die den Schuldner in der Krise beratend begleitet haben.“
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Seite 110
B.
Einführung in das Insolvenzrecht
IV.
Die Verfahrensbeteiligten
5.
Der Insolvenzverwalter
Neuregelung durch ESUG
Begründung der gerichtlichen Auswahlentscheidung
§ 27 II Nr. 5 InsO: „die Gründe, aus denen das Gericht von einem einstimmigen Vorschlag
des vorläufigen Gläubigerausschusses zur Person des Verwalters abgewichen ist; dabei ist
der Name der vorgeschlagenen Person nicht zu nennen.“
Gesetzesbegründung
 die Beteiligten sollen die Möglichkeit haben, mit den Gründen der gerichtlichen
Entscheidung auseinander zusetzen und dennoch in der ersten Gläubigerversammlung
den Vorgeschlagenen nach § 57 InsO zu wählen
 abgelehnte Person ist aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nicht im Beschluss
namentlich zu erwähnen
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Seite 111
B.
Einführung in das Insolvenzrecht
IV.
Die Verfahrensbeteiligten
5.
Der Insolvenzverwalter - Wahlrecht der Gläubiger nach § 57 InsO
 Normzweck

Wahlrecht und nicht nur ein Vorschlagsrecht

Einflussmöglichkeit der Gläubiger (Gläubigerautonomie)

Unabhängigkeit des IV ./. Vertrauen der Gläubigermehrheit
 Gläubigerversammlung

1. Gläubigerversammlung nach der Bestellung des IV

Auch nach Verwalterwechsel

Wahl mit qualifizierter Mehrheit: Kopf- und Summenmehrheit

eine Bestätigung des mit dem Eröffnungsbeschluss bestellten IV ist nach dem
Gesetzeswortlaut nicht erforderlich
 konkreter Personalvorschlag

kein konstruktives Misstrauensvotum

Begründung ist nicht erforderlich
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Seite 112
B.
Einführung in das Insolvenzrecht
IV.
Die Verfahrensbeteiligten
5.
Der Insolvenzverwalter - Wahlrecht der Gläubiger nach § 57 InsO
 Bestellung des gewählten IV durch InsG


Annahme des Amtes ist erforderlich
Versagung, wenn der gewählte IV für das Amt nicht geeignet ist





„ nicht geeignet“ ist unbestimmter Rechtsbegriff
umfasst auch alle Gründe in der Person des Gewählten, die dessen Entlassung nach
rechtfertigen würden
InsG hat die Geeignetheit des Gewählten von Amts wegen (§ 5 I InsO) zu prüfen
bei Feststellung der Ungeeignetheit – kein Entscheidungsermessen
§ 59 I InsO
Amt des ursprgl. bestellten IV endet automatisch
 Funktionale Zuständigkeit (str.)


Insolvenzrichter: nach § 18 I Nr. 1 RPflG zuständig für die Bestellung des IV bei Eröffnung des
InsVerf
Rechtspfleger:



umfassende Kompetenzzuweisung für das eröffnete Insolvenzverfahren nach §§ 4 I, 18 I RPflG
wegen Gläubigerbeteiligung geringeres Fehlerpotential
kein eigener Eingriff in die Rechtsstellung des Schuldners
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Seite 113
B.
Einführung in das Insolvenzrecht
IV.
Die Verfahrensbeteiligten
5.
Der Insolvenzverwalter - Wahlrecht der Gläubiger nach § 57 InsO
 Rechtsmittel


sofortige Beschwerde (§ 6 InsO)
gegen Versagung der Bestellung jedem Insolvenzgläubiger (§ 57 S. 3 InsO)


nur wenn dieser für die gewählte Person gestimmt hat (Beschwer)
mangels Beschwer kein Rechtsmittel


der Gewählte im Falle der Versagung seiner Bestellung
der „Abgewählte“ (BVerfG, Beschl. v. 9.2.2005 – 1 BvR 2719/04)
 aus § 57 InsO folgt eine nur vorläufige Bestellung mit dem Eröffnungsbeschluss
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Seite 114
B.
Einführung in das Insolvenzrecht
IV.
Die Verfahrensbeteiligten
5.
Der Insolvenzverwalter - Haftung
 § 60 InsO

Schadensersatzpflicht gegenüber allen Beteiligten

schuldhafte Verletzung insolvenzspezifischer Pflichten

Sorgfaltsmaßstab: der ordentliche und gewissenhafte Verwalter

Ausn: § 278 BGB nicht anwendbar (§ 60 II InsO)
 § 61 InsO

Masseverbindlichkeit aus Rechtshandlung des IVw kann aus der Masse nicht erfüllt werden

mangelnde Erkennbarkeit im Zeitpunkt der Begründung der Verbindlichkeit

„starker“ vorl.IV


§§ 21 II Nr.1, 60, 61 InsO
für Steuerverbindlichkeiten

§§ 34 III, 69 AO
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Seite 115
B.
-
Einführung in das Insolvenzrecht
V.
Die Organe der Gläubiger
Der Gläubigerausschuss (§§ 67 ff. InsO)
-
-
selbständiges, nicht weisungsgebundenes Selbstverwaltungsorgan zur Unterstützung und
Überwachung des Insolvenzverwalters
Die Gläubigerversammlung (§§ 74 ff. InsO)
-
Selbstverwaltungsorgan, das von dem Insolvenzgericht einberufen wird und wesentliche
Verfahrensentscheidungen trifft (z.B. §§ 57, 59, 157 InsO).
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Seite 116
B.
-
Einführung in das Insolvenzrecht
V.
Die Organe der Gläubiger
1.
Gläubigerversammlung
Einberufung durch Insolvenzgericht (§ 74 I 1 InsO)
-
von Amts wegen
-
auf Antrag (§ 75 I InsO)

IVw (Nr.1)

GlA (Nr.2)

mind. 5 Absonderungs- oder Insolvenzgläubiger mit mind. 20 % der Forderungssumme (Nr.3)

mind. Absonderungs- oder Insolvenzgläubiger mit mind. 40 % der Forderungssumme (Nr.4)
-
es kommt nicht darauf an, ob die Forderung angemeldet, anerkannt oder bestritten
-
InsG hat vor Entscheidung über Einberufung einer Gläubigerversammlung nicht sämtliche
bestrittenen Forderungen zu prüfen (BGH, Beschl. v.16.12.2010 - IX ZB 238/09 -)
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Seite 117
B.
Einführung in das Insolvenzrecht
V.
Die Organe der Gläubiger
1.
Gläubigerversammlung
Einberufung einer Gläubigerversammlung auf Antrag des Gläubigerausschusses zur
Wahl eines neuen Sachwalters schon vor dem Berichts- und Prüfungstermin?
LG Stendal, Beschl. v. 22.10.2012 – 25 T 184/12 - ZIP 2012, 2168 (+)
 Wortlaut des § 75 InsO
 Rechtsschutzbedürfnis trotz bereits anberaumten Berichtstermin

Wahl des IVw kann vorher getroffen werden (Vgl. § 86 RegE-InsO, BT-Drcks. 12/2443, S. 133)

Gläubigerautonomie
 kein Ermessen des InsG („hat einzuberufen“)

InsG ist nicht befugt, den Antrag auf Zweckmäßigkeit oder auf ein besonderes Bedürfnis hin
zu prüfen

andernfalls unzulässiger Übergriff in die Entscheidungsautonomie der Gläubiger nach § 75
InsO
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Seite 118
B.
Einführung in das Insolvenzrecht
V.
Die Organe der Gläubiger
1.
Gläubigerversammlung
Schätzungsmaßstab für Quorum ?(BGH, Beschl. v. 16.07.2009 - IX ZB 213/07 - ZIP 2009, 1528)
- kein allgemeingültige Antwort möglich.
- Gegen aufwändige Ermittlung von Schätzgrundlagen steht Zeitmangel, weil zwischen
Eingang des Antrags und Termin der GlVers höchstens drei Wochen liegen sollen (§ 75
II InsO)
-
kein Schätzbetrag "aus der Luft zu greifen".
InsG hat vielmehr vorliegende Unterlagen wie das Gläubigerverzeichnis (§ 152 InsO),
die Forderungsanmeldungen der Gläubiger nebst beigefügter Urkunden (§ 174 InsO),
die Forderungstabelle (§ 175 InsO) sowie etwaige Stellungnahmen des IVw zu
berücksichtigen
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Seite 119
B.
Einführung in das Insolvenzrecht
V.
Die Organe der Gläubiger
1.
Gläubigerversammlung
Ablehnung des Antrages auf Einberufung der GlV
 sofortige Beschwerde des Antragstellers (§ 75 III InsO)
 BGH (Beschl. v. 10.3.2011 – IX ZB 212/09 - ZIP 2011, 673)

Lehnt das Insolvenzgericht die Einberufung einer Gläubigerversammlung ab, so sind gegen
diese Entscheidung nur diejenigen Antragsteller beschwerdebefugt, die auch das
Einberufungsquorum erfüllen
 Beschwerdebefugnis aus § 75 III InsO schließt an das Antragsrecht aus § 75 I InsO an
 Ablehnung des Antrags stellt eine Beschwer nur für den Antragsteller dar
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Seite 120
B.
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V.
Die Organe der Gläubiger
1.
Gläubigerversammlung
Einladung (§ 74 II InsO)
 Zeit, Ort und Tagesordnung sind öffentlich bekannt zu machen

zwischen Antrag und Termin höchstens 3 Wochen (§ 75 II InsO)
 BGH, Beschl. v. 20.3.2008 - IX ZB 104/07 - NZI 2008, 430

zu einer ordnungsgemäßen Bekanntmachung der Tagesordnung gehört eine wenigstens
schlagwortartige Bezeichnung der Tagesordnungspunkte

Die in der Bekanntmachung mitgeteilte Paragrafenkette, noch versehen mit dem Zusatz
„gegebenenfalls“, genügt diesen Anforderungen eindeutig nicht

nicht ordnungsgemäße Ladung zieht Unwirksamkeit der Beschlüsse der GlV nach sich
teilnahmeberechtigt (§ 74 I 2 InsO)
 Insolvenzverwalter
 Mitglieder des GlA (Nr.2)
 Insolvenzgläubiger, Absonderungsgläubiger
 Schuldner
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Seite 121
B.
Einführung in das Insolvenzrecht
V.
Die Organe der Gläubiger
1.
Gläubigerversammlung
die wichtigsten Gläubigerversammlungen im Verfahren
 Berichtstermin (§ 156 InsO)

erste Gläubigerversammlung

Entscheidung über Fortführung od. Stilllegung des Unternehmens
 Prüfungstermin (§§ 176 ff. InsO)

zweite Gläubigerversammlung

Prüfung der angemeldeten Forderungen

Erörterung der bestrittenen Forderungen
 Erörterungs- und Abstimmungstermin (§§ 235 ff. InsO)
 Schlusstermin, § 197 InsO

Erörterung Schlussrechnung IV

Einwendungen gegen Schlussverzeichnis

Entscheidung über nicht verwertbare Massegegenstände
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Seite 122
B.
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V.
Die Organe der Gläubiger
1.
Gläubigerversammlung
Ablauf Berichtstermin (§ 156 InsO)
Bericht des IV
 mündl. Bericht über die wirtschftl. Lage des Sch. und deren
Ursachen
 Bericht endet mit Stellungnahme zur Sanierungsfähigkeit
Wahl eines anderen IV
 Wahl eines anderen Verwalters, § 57 InsO
 beschränkte Aufsicht durch das Gericht, § 58 InsO
Beschluss über Fortgang
 Entscheidung über Stilllegung od. Fortführung, § 157 InsO
Gläubigerausschuss
 Einsetzung eines Ausschusses und deren Mitglieder, § 67 InsO
weitere Entscheidungen
 Unterhalt für den Schuldner aus der Insolvenzmasse, § 100 InsO
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Seite 123
B.
Einführung in das Insolvenzrecht
V.
Die Organe der Gläubiger
1.
Gläubigerversammlung
Beschlussfähigkeit der Gläubigerversammlung
- vom Gericht festzustellen
- (+) bei Anwesenheit nur eines stimmberechtigten Gläubigers
 alle Gläubiger sind an diese Beschlüsse gebunden
- Kein Anwesenheitszwang für Gläubiger
- Besonderheit: § 160 I 3 InsO - Genehmigungsfiktion
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Seite 124
B.
Einführung in das Insolvenzrecht
V.
Die Organe der Gläubiger
1.
Gläubigerversammlung
Zustandekommen von Beschlüssen, § 76 II InsO
- Stimmrechtsfeststellung, § 77 InsO
-
Einigung oder
-
Entscheidung des Rechtspflegers im Termin (§ 77 II 2 InsO)
-
Rechtsmittel: Entscheidung des Insolvenzrichters (§ 77 II 3 InsO, § 18 III 2 RPflG)
 abschließende Entscheidung (BGH, Beschl. v. 23.10.2008 - IX ZB 235/06 - NZI 2009, 106)
-
-
-
Möglich: Antrag auf Wiederholung der Abstimmung (§ 18 III RPflG ESUG)
Summenmehrheit der anwesenden Gläubiger
-
Ausn.: Wahl eines anderen IV (§ 57 InsO)
-
schriftliche Abstimmung unzulässig (Umkehrschluss aus §§ 242, 312 II InsO)
formelle Voraussetzungen für wirksamen Beschluss
-
öffentl. Bekanntmachung der Tagesordnung (§ 9 InsO)
-
bei formellen Fehlern ist der Beschluss nichtig, kein Aufhebungsbeschluss
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Seite 125
B.
Einführung in das Insolvenzrecht
V.
Die Organe der Gläubiger
1.
Gläubigerversammlung
Beschlussfassung im Planverfahren (§ 235 InsO)
- Abstimmung in Gruppen, §§ 222, 243 InsO
- doppelte Mehrheit (= Kopf- und Summen) erforderlich (§ 244 I InsO)
- schriftliche Abstimmung zulässig (§ 242 InsO)
- Obstruktionsverbot (§ 245 InsO)
 Verweigert eine Gruppe die Zustimmung, ohne sachlichen Grund, kann das Gericht die
Zustimmung ersetzen
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Seite 126
B.
Einführung in das Insolvenzrecht
V.
Die Organe der Gläubiger
1.
Gläubigerversammlung
Rechtsmittel gegen Beschlüsse der Gläubigerversammlung?
- in InsO nicht vorgesehen
- stattdessen Antrag auf Aufhebung des Beschlusses durch InsG (§ 78 InsO)
-
-
Antrag von IVw, Insolvenz- oder Absonderungsgläubiger
-
Vs.: Beschluss widerspricht dem gemeinsamen Interesse der Insolvenzgläubiger
gegen Ablehnung der Aufhebung: sofortige Beschwerde (§ 78 II 3 InsO)
gegen Aufhebung: sofortige Beschwerde (§ 78 II 2 InsO)
-
jeder Absonderungsgläubiger
-
jeder Insolvenzgläubiger iSv. § 38 InsO
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Seite 127
B.
Einführung in das Insolvenzrecht
V.
Die Organe der Gläubiger
1.
Gläubigerversammlung
Fall:
IE am 1.2.2010; InsG lud die Verfahrensbeteiligten zum „Berichtstermin sowie
Termin zur Beschlussfassung über die eventuelle Wahl eines anderen
Insolvenzverwalters, über die Einsetzung eines Gläubigerausschusses“ sowie „über die
in den §§ 66, 100, 149, 157, 160, 162, 233 InsO bezeichneten Angelegenheiten“.
 Versammlung am 10.3.2010
 Teilnehmer: IVw, Schuldner, 3 Gläubiger mit unbestrittenen Forderungen, 3 Gläubiger,
deren Forderungen durch IVw unter Hinweis auf § 39 I Nr. 5 InsO bestritten waren.
 Der IVw erstrebte Vorratsbeschlüsse zu besonders bedeutsamen Rechtshandlungen
sowie zur Betriebsveräußerung (§§ 160, 162 InsO).
 Keine Einigung über die Stimmrechte der Gläubiger mit den bestrittenen Forderungen.
Der Rechtspfleger setzte sie auf 0 € fest.
 Die stimmberechtigten Gläubiger erteilten dem IVw die erbetenen Zustimmungen.
 Am 23.3.2010 beantragten die Gläubiger mit den bestrittenen Forderungen die
Feststellung, dass der Beschluss der GlVers betreffend die nach §§ 160, 162 InsO
zustimmungsbedürftigen Geschäfte nichtig und die Stimmrechtsentscheidung des
Rechtspflegers unwirksam sei.
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Seite 128
B.
Einführung in das Insolvenzrecht
V.
Die Organe der Gläubiger
1.
Gläubigerversammlung
BGH, Beschl. v. 21.7.2011 – IX ZB 128/10 - ZIP 2011, 1626
 Rechtsbeschwerde zur Feststellung der Unwirksamkeit der Stimmrechtsentscheidung
ist unstatthaft  nur Rechtspflegererinnerung nach § 18 III RPflG
 Ladung war nicht ordnungsgemäß („Paragraphenkette“)  Beschluss zu §§ 160, 162
InsO ist nichtig
 InsO keine Regelungen zur Feststellung der Nichtigkeit eines Beschlusses der GlVers
und zur Beschwerdemöglichkeit bei Ablehnung dieser Feststellung

§ 78 InsO unmittelbar keine Anwendung, da die Aufhebung die Wirksamkeit des Beschlusses
voraussetzt; nichtige Beschlüsse sind ipso iure unwirksam

teilw. § 78 InsO analog
 Grenze zwischen Nichtigkeit und wirksamen Beschlüssen fließend
 Rechtssicherheit über Unwirksamkeit eines Beschlusses

BGH: § 78 InsO nicht analog

Zweck des § 6 InsO, den zügigen Ablauf des Insolvenzverfahrens als Vollstreckungsverfahren zu
gewährleisten
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Seite 129
B.
-
-
Einführung in das Insolvenzrecht
V.
Die Organe der Gläubiger
2.
Gläubigerausschuss
Organ der Gläubigerautonomie (§§ 67 ff. InsO)
Bestellung
-
im Antragsverfahren nach §§ 21 II 1a, 22a InsO
-
vor Berichtstermin durch das Insolvenzgericht (§ 67 I InsO
-
danach nur noch durch GlVers (§ 68 InsO)
Mitglieder
-
Gläubiger mit den höchsten Forderungen
-
Absonderungsberechtigte
-
Kleingläubiger
-
Vertreter der Arbeitnehmer („soll“)
-
Personen, die keine Gläubiger sind (§ 67 III InsO)
-
mind. 2 Personen (BGH, Beschl. v. 5.3.2009 – IX ZB 148/08 - ZIP 2009, 727 Rn.4)
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Seite 130
B.
Einführung in das Insolvenzrecht
V.
Die Organe der Gläubiger
2.
Gläubigerausschuss
Einberufung einer GlA-Sitzung
- keine gesetzlichen Regelungen
- Recht zur Einberufung
-
-
aus selbst gegebener Geschäftsordnung
-
sonst IVw und jedes einzelne Ausschussmitglied
Form und Frist
-
ggf. in der Geschäftsordnung festgelegt
-
i.d.R. sollten 2 Wochen zwischen Einladung und Termin liegen
Beschlussfassung (§ 72 InsO)
 Teilnahme Mehrheit
 und Zustimmung der Mehrheit der anwesenden Mehrheit
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Seite 131
B.
Einführung in das Insolvenzrecht
V.
Die Organe der Gläubiger
2.
vorläufiger Gläubigerausschuss
§ 21 II Nr. 1a InsO (ESUG)
„(2) Das Gericht kann insbesondere
1a. einen vorläufigen Gläubigerausschuss einsetzen, für den § 67 Absatz 2 und die §§ 69
bis 73 entsprechend gelten; zu Mitgliedern des Gläubigerausschusses können auch
Personen bestellt werden, die erst mit Eröffnung des Verfahrens Gläubiger werden.“
§ 22a InsO (ESUG)
„(1) Das Insolvenzgericht hat einen vorläufigen Gläubigerausschuss nach § 21 Absatz 2
Nummer 1a einzusetzen, wenn der Schuldner im vorangegangenen Geschäftsjahr
mindestens zwei der drei nachstehenden Merkmale erfüllt hat:
1.
mindestens 4 840 000 Euro Bilanzsumme nach Abzug eines auf der Aktivseite
ausgewiesenen Fehlbetrags im Sinne des § 268 Absatz 3 des Handelsgesetzbuchs;
2.
mindestens 9 680 000 Euro Umsatzerlöse in den zwölf Monaten vor dem Abschlussstichtag;
3.
im Jahresdurchschnitt mindestens fünfzig Arbeitnehmer.
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
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B.
Einführung in das Insolvenzrecht
V.
Die Organe der Gläubiger
2.
vorläufiger Gläubigerausschuss
(2) Das Gericht soll auf Antrag des Schuldners, des vorläufigen Insolvenzverwalters oder
eines Gläubigers einen vorläufigen Gläubigerausschuss nach § 21 Absatz 2 Nummer
1a einsetzen, wenn Personen benannt werden, die als Mitglieder des vorläufigen
Gläubigerausschusses in Betracht kommen und dem Antrag Einverständniserklärungen
der benannten Personen beigefügt werden.
(3) Ein vorläufiger Gläubigerausschuss ist nicht einzusetzen, wenn der Geschäftsbetrieb
des Schuldners eingestellt ist, die Einsetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses
im Hinblick auf die zu erwartende Insolvenzmasse unverhältnismäßig ist oder die mit
der Einsetzung verbundene Verzögerung zu einer nachteiligen Veränderung der
Vermögenslage des Schuldners führt.
(4) Auf Aufforderung des Gerichts hat der Schuldner oder der vorläufige Insolvenzverwalter
Personen zu benennen, die als Mitglieder des vorläufigen Gläubigerausschusses in
Betracht kommen.
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Seite 133
B.
Einführung in das Insolvenzrecht
V.
Die Organe der Gläubiger
2.
vorläufiger Gläubigerausschuss
Gesetzesbegründung
 Weichen für erfolgreiche Unternehmensfortführung regelmäßig unmittelbar nach Antrag
gestellt
 frühzeitige Mitwirkung der Gläubiger erforderlich
 vorl. GlA war bisher nicht normiert
 Mitglied kann auch PSVaG sein, der erst mit Verfahrenseröffnung Gläubiger wird
 vorl. GlA soll zukünftig das Instrument für frühzeitigen Einfluss der Gläubiger auf
Verwalterauswahl, die Anordnung der Eigenverwaltung und die Bestellung des
Sachwalters sein
 bei Erreichen der Schwellenwerte des § 22a I InsO (= § 267 I HGB) ist ein vorl. GlA zu
bestellen (obligatorischer GlA)
 bei Eigenantrag soll wegen der nach § 13 I 3 InsO beizufügenden Verzeichnisse die
Einsetzung eines vorl GlA so zügig erfolgen können, dass eine nachteilige Veränderung
der Vermögenslage nicht zu befürchten ist
 Benennungspflicht nach § 22a IV InsO - Auswahlermessen des InsG
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Seite 134
B.
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V.
Die Organe der Gläubiger
2.
Gläubigerausschuss
Aufgaben
- Mitwirkung bei Auswahl des Insolvenzverwalters, § 56a InsO
- Unterstützung und Überwachung des IVw (§ 69 S.1 InsO)
-
-
Informations- und Prüfungsrechte (§ 69 S.2 InsO)
-
Stellungnahme im Berichtstermin, § 156 II 1 InsO
-
Anhörung bei Verfahrenseinstellung (§ 214 II InsO)
-
Stellungnahme zur Schlussrechnung des IV (§ 66 II InsO)
-
Informationsrecht während Planüberwachung (§ 261 II InsO)
-
Anzeigepflicht des IVw bei Eigenverwaltung (§ 274 III InsO)
-
Information über die Vergütungsfestsetzung (§ 64 II InsO)
-
Information über Verfahrensaufhebung im Planverfahren (§ 258 III InsO)
Mitwirkung bei der Aufstellung eines Insolvenzplans (§ 218 III InsO)
-
Zustimmung zum Antrag des IVw auf Planzurückweisung (§ 231 II InsO)
-
Fortsetzung der Verwertung im Planverfahren (§ 233 I InsO)
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Seite 135
B.
-
Einführung in das Insolvenzrecht
V.
Die Organe der Gläubiger
2.
Gläubigerausschuss
Zustimmung bei wichtigen Geschäften für Gläubiger

bei Geschäften besonderer Bedeutung (§ 160 I, II InsO), z.B.
 Abschluss eines Sozialplans
 Verzicht auf erhebliche Ansprüche
 Gründung von Gesellschaften
-

Geschäftsveräußerung oder -stilllegung, § 158 InsO

bei Verteilungen (§ 187 III 2 InsO)

bei Festlegung der Quote für Abschlagsverteilungen (§ 195 I 1 InsO)

Unterhaltsgewährung (§ 100 II 1 InsO)

Bestimmung der Hinterlegungsstelle (§ 149 I InsO)
Verletzung des Zustimmungserfordernis

Rechtshandlung bleibt im Außenverhältnis wirksam (§ 164 InsO)

ggfls. Haftung des Insolvenzverwalters
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Seite 136
B.
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V.
Die Organe der Gläubiger
2.
Gläubigerausschuss
Haftung (§ 71 InsO)
- Verletzung einer insolvenzspezifischen Pflicht
- Verschulden = Vorsatz oder Fahrlässigkeit
-
-
eigenes Verschulden des Gläubigerausschusses oder seiner Mitglieder
-
Fremdverschulden, das § 278 BGB den Ausschussmitgliedern zuzurechnen ist
Kausalität
-
-
(+) wenn bei pflichtgemäßen Verhalten der Schaden nicht eingetreten wäre
Verjährungsbeginn?
-
Ausschlaggebend für Verjährungsbeginn ist die Kenntniserlangung durch Sonderverwalter
oder neu bestellten Ivw (BGH, Urt. v. 8.5.2008 - IX ZR 54/07 - NZI 2008, 491)
-
tatsächliche Verhinderung des Vorverwalters aufgrund Interessenkollision: er muss bei erfolgreicher
Inanspruchnahme des GlA wegen Verletzung der Aufsichtspflicht einen Ausgleichsanspruch nach
§ 426 II BGB fürchten.
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B.
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V.
Die Organe der Gläubiger
2.
Gläubigerausschuss
Anfechtbarkeit der Auswahl der Mitglieder des vorl GlA durch das Insolvenzgericht?
LG Kleve, Beschl. v. 4.4.2013 – 4 T 32/13 - ZIP 2013, 992
 § 21 I 2 InsO erfasst nur das „ob“ der Bestellung eines vorläufigen GlA, nicht die
Auswahl der Mitglieder.
 Besetzung des vorl GlA ist gem. § 21 II S.1 Nr. 1a Halbs. 1 i.V.m. § 67 II InsO dem InsG
zugewiesen
 InsG ist an die Vorschläge gem. § 22a II, IV InsO nicht gebunden, deshalb
Auswahlermessen
 § 6 I InsO schließt einen weitergehenden Rechtsschutz aus.

Anfechtbarkeit der Auswahlentscheidung würde zu schädlichen Verfahrensverzögerungen
führen

Rechtsbeschwerde wurde zugelassen
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Seite 138
B.
Einführung in das Insolvenzrecht
V.
Die Organe der Gläubiger
2.
Gläubigerausschuss
Fall:
 Das zum Kassenprüfer ernannte Mitglied des GlA ordnet eine Kassenprüfung an.
 IVw weigert die Herausgabe der prüfungsrelevanten Unterlagen und bietet stattdessen
die Einsichtnahme in die Unterlagen am Ort ihrer Aufbewahrung an.
 Kassenprüfer beantragt, das InsG möge den IVw anweisen, ihm die Unterlagen
auszuhändigen – hilfsweise ihm eine vollstreckbare Ausfertigung einer Urkunde über
seine Bestellung zum Mitglied des Gläubigerausschusses zu erteilen.
 Das InsG und das Beschwerdegericht haben diesen Antrag zurückgewiesen.
 Fragen

Wäre eine solche Entscheidung (GesO) auch unter Geltung der InsO möglich?

Hat der GlA Anspruch auf Herausgabe der Unterlagen?
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Seite 139
B.
Einführung in das Insolvenzrecht
V.
Die Organe der Gläubiger
2.
Gläubigerausschuss
BGH, Beschl. v. 29.11.2007 - IX ZB 231/06 - NZI 2008, 181
 Nach InsO kein Rechtsmittel gegen Nichtvornahme aufsichtsrechtlicher Maßnahmen

§ 6 I InsO, aber Rechtspflegererinnerung (§ 11 II RpflG)
 Mitglieder des GlA sind zur Kassenprüfung berechtigt und verpflichtet (§ 69 S.2 InsO )

nach § 88 II 2 KO 1x Monat
 Die Kassenprüfung darf sich nicht nur auf die Barbestände beschränken, sondern muss
sich auch auf die Konten und Belege erstrecken
 § 69 S.2 InsO – Recht zur Einsicht in Bücher und Geschäftspapiere des IVw

grundsätzlich am Verwahrungsort, eine Herausgabe oder Übersendung der Unterlagen ist von
dem Begriff „einsehen“ nicht umfasst

Gefahr des Verlustes, der Manipulation oder der verzögerten Rückgabe

Anders, wenn das Mitglied des GlA darlegt und glaubhaft macht, dass es die Kasse dort, wo
die Unterlagen verwahrt werden, nicht prüfen kann

Kassenprüfung ist gesetzliche Pflicht
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Seite 140
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
I. Insolvenzantrag
1. Zulässigkeit des Antrags
2. Begründetheit des Antrags
II. Eröffnungsgründe
1. Zahlungsunfähigkeit
2. Drohende Zahlungsunfähigkeit
3. Überschuldung
III. Maßnahmen im Eröffnungsverfahren
1. Amtsermittlung durch das Insolvenzgericht
2. Anordnung von Sicherungsmaßnahmen, §§ 21 ff. InsO
3. Insolvenzgeld-Vorfinanzierung
IV. Der Eröffnungsbeschluss
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Seite 141
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
I.
Der Eröffnungsantrag
§ 13 I 1 InsO: „Das Insolvenzverfahren wird nur auf schriftlichen Antrag eröffnet.“
 Antragsverfahren, kein Amtsverfahren
 zu unterscheiden:


Zulassungsverfahren  Prüfung, ob ein zulässiger Insolvenzantrag vorliegt

es gilt der zivilverfahrensrechtliche Beibringungsgrundsatz

liegt ein zulässiger Gläubigerantrag vor, ist der Schuldner anzuhören (§ 14 II InsO)
Eröffnungsverfahren  Prüfung der Begründetheit des Insolvenzantrags

es gilt der Amtsermittlungsgrundsatz (§ 5 I InsO)
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Seite 142
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
I.
Der Eröffnungsantrag
Ruhenlassen des Insolvenzantrages?
BGH, Urt. v. 13.4.2006 – IX ZR 158/05 - ZIP 2006, 1261 (Tz.12)
 Das InsG kann auf Wunsch des Antragstellers die Behandlung des Antrags kurzfristig
zurückstellen
 Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Antrag erst mit dem Zeitpunkt als gestellt gilt, zu
dem das InsG mit seiner Bearbeitung beginnt.

Bittet der Antragsteller um kurzfristige Zurückstellung der Behandlung, ist dies regelmäßig nur
eine unverbindliche Anregung, welche die Wirksamkeit des Antrags nicht berührt.

Ein Insolvenzantrag, der nur mit der Maßgabe gestellt würde, dass er zunächst nicht bearbeitet
wird, wäre unzulässig.

Der Insolvenzantrag kann weder bedingt noch befristet gestellt werden
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Seite 143
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
I.
Der Eröffnungsantrag
1.
Zulässigkeit
Zuständigkeit des Gerichts
 Sachliche Zuständigkeit (§ 2 InsO)

Grundsatz der Zuständigkeitskonzentration

Amtsgericht im Bezirk eines Landgerichts

Ausnahmen (§ 2 II InsO)

keine Änderung durch das ESUG
 Örtliche Zuständigkeit (§ 3 InsO)

ausschließliche Zuständigkeit



abweichende Vereinbarung unzulässig (§ 4 InsO iVm § 40 II Nr.2 ZPO)
Grundsatz: allgemeiner Gerichtsstand (§§ 12 ff. ZPO)

bei natürlichen Personen: Wohnsitz (§ 13 ZPO)

bei juristischen Personen: Sitz (§ 17 ZPO)
Vorrang des COMI des Schuldners (§ 3 I 2 InsO)

kein Wahlrecht

entspricht Art. 3 EuInsVO
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Seite 144
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
I.
Der Eröffnungsantrag
1.
Zulässigkeit
Das Land hatte wegen Abgabenschulden eines Schuldners beim AG Hanau
Insolvenzantrag gegen den Schuldner wegen Zahlungsunfähigkeit gestellt.
Im Bezirk des AG Hanau leben die Ehefrau des Schuldners und der gemeinsame
eheliche Sohn. In der Gemeinde waren auch eine Reihe von Fahrzeugen des
Schuldners, u. a. ein PKW der Marke Rolls Royce zugelassen.
Dem Eröffnungsantrag ist der Schuldner mit der Rüge der örtlichen Unzuständigkeit
des angerufenen AG Hanau entgegengetreten, da er seinen Lebensmittelpunkt
nach Italien verlegt habe und von seiner Ehefrau getrennt lebe.
Das InsG hat einen vorlIVw mit Zustimmungsvorbehalt bestellt, den es ermächtigt
hat, Auskünfte bei Banken einzuholen.
Dagegen hat der Schuldner sofortige Beschwerde eingelegt
Fall:




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Seite 145
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
I.
Der Eröffnungsantrag
1.
Zulässigkeit
BGH, Beschl. v. 22.3.2007 – IX ZB 164/06 - ZIP 2008, 878:
 Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen der Anknüpfungsmerkmale zur Bestimmung
der örtlichen Zuständigkeit des InsG gem. § 3 InsO ist der Eingang des Antrags

Zuständigkeit bleibt bestehen, wenn Wohnsitz/COMI nach Antragstellung verlegt =
perpetuatio fori (§ 4 InsO iVm § 261 III Nr.2 ZPO)
 Anordnung von Maßnahmen nach § 21 InsO setzt grundsätzlich einen zulässigen
Insolvenzantrag voraus

nach dem Wortlaut des § 21 I InsO aber nicht vorausgesetzt
 Bei zweifelhaftem Gerichtsstand können wegen berechtigter Sicherungsinteressen der
Gl Maßnahmen nach § 21 InsO vor der Feststellung der Zulässigkeit des Antrags
zulässig sein

Liegen Anknüpfungspunkte für die Frage nach der Zulässigkeit des Antrags wie bei der örtl
und der internat Zuständigkeit in der Sphäre des Schuldners und trägt dieser zur Aufklärung
nicht bei, kann es für die Anordnung der Maßnahme im Einzelfall ausreichen, dass die nicht
sicher zu verneinende Zulässigkeitsvoraussetzung noch zu prüfen ist
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Seite 146
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
I.
Der Eröffnungsantrag
1.
Zulässigkeit
COMI- „Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen“
EuGH, Urt. v. 20.10.2011 – Rs C-396/09 - ZIP 2011, 2153
 Auslegung des Art. 3 I EuInsVO unter Bezugnahme auf das Unionsrecht
 COMI ist der Ort der Hauptverwaltung der Gesellschaft, wie er anhand von objektiven
und durch Dritte feststellbaren Faktoren ermittelt werden kann.
 Befindet sich der Ort der Hauptverwaltung einer Gesellschaft nicht an ihrem
satzungsmäßigen Sitz, können das Vorhandensein von Gesellschaftsaktiva und das
Bestehen von Verträgen über deren finanzielle Nutzung in einem anderen Mitgliedstaat
als dem des satzungsmäßigen Sitzes der Gesellschaft nur dann als zur Widerlegung
dieser Vermutung ausreichende Faktoren angesehen werden, wenn eine
Gesamtbetrachtung aller relevanten Faktoren die von Dritten überprüfbare Feststellung
zulässt, dass sich der tatsächliche Mittelpunkt der Verwaltung und der Kontrolle der
Gesellschaft sowie der Verwaltung ihrer Interessen in diesem anderen Mitgliedstaat
befindet.
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Seite 147
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
I.
Der Eröffnungsantrag
1.
Zulässigkeit
 Wird der satzungsmäßige Sitz einer Schuldnergesellschaft verlegt, bevor ein Antrag auf
Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt wird, wird vermutet, dass sich der
Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen dieser Gesellschaft am Ort ihres neuen
satzungsmäßigen Sitzes befindet.
 Der Begriff „Niederlassung“ i.S.v. Art. 3 II EuInsVO ist dahin gehend auszulegen, dass
er die Existenz einer auf die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ausgerichteten
Struktur mit einem Mindestmaß an Organisation und einer gewissen Stabilität erfordert.
Das bloße Vorhandensein einzelner Vermögenswerte oder von Bankkonten genügt
dieser Definition grundsätzlich nicht.
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Seite 148
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
I.
Der Eröffnungsantrag
1.
Zulässigkeit
COMI bei eingestelltem Geschäftsbetrieb ?
BGH, Beschl. v. 1.12.2011 – IX ZB 232/10 - ZIP 2012, 139:
 Die internationale Zuständigkeit für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das
Vermögen einer Gesellschaft mit Sitz im Ausland, die ihren Geschäftsbetrieb eingestellt
hat und nicht abgewickelt wird, richtet sich danach, wo sie bei Einstellung ihrer Tätigkeit
den Mittelpunkt ihrer hauptsächlichen Interessen hatte
 so ist sichergestellt, dass an dem Ort das Insolvenzverfahren durchgeführt wird, zu dem die
Gesellschaft objektiv und für Dritte erkennbar die engsten Beziehungen hat
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Seite 149
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
I.
Der Eröffnungsantrag
1.
Zulässigkeit
Insolvenzfähigkeit des Schuldners, §§ 11, 12 InsO
 welcher Rechtsträger oder welche Vermögensmasse kann einem Insolvenzverfahren
unterworfen werden
 natürliche Personen
 juristische Personen

auch: nicht rechtsfähiger Verein (§ 11 I 2 InsO)

auch: aufgelöste Gesellschaft bis zur Vermögensverteilung (§ 11 III InsO)
 Personengesellschaften (§ 11 II Nr. 1 InsO)
 Vermögensmassen (§ 11 II Nr.2 InsO)

Nachlass

Gütergemeinschaft
 nicht: Bund, Land (§ 12 I Nr.1 InsO); jur. Person des öffR. (§ 12 I Nr.2 InsO); kirchliche
Körperschaften des öffR.
 aber: IHK, RAK sind insolvenzfähig
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Seite 150
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
I.
Der Eröffnungsantrag
1.
Zulässigkeit
Antragsberechtigung
 Schuldner, § 13 InsO

Antragspflicht bei jurPers (§ 15a InsO)

unverzüglich, max. innerhalb von 3 Wochen;

auch für ausländische Kapitalgesellschaften mit Sitz im Inland
 Gläubiger, §§ 13,14 InsO, wenn

Glaubhaftmachung der Forderung und des Eröffnungsgrundes

Anforderungen nach den Umständen des Einzelfalls

wenn Eröffnungsgrund aus einer einzigen und bestrittenen Forderung des Antragstellers, dann muss
die Forderung bewiesen werden (BGH, Beschl. v. 14.12.2005 - IX ZB 207/04 - ZIP 2006, 247)


z.B. durch deklaratorisches Schuldanerkenntnis (BGH, Beschl. v.12.03.2009 - IX ZB 157/08)
Eine nicht titulierte Forderung ist nach Grund und Höhe schlüssig darzulegen. Die Glaubhaftmachung
hat sich auf die tatsächlichen Voraussetzungen zu beziehen (BGH, Beschl.v. 13.6.2006 - IX ZB
88/05).
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Seite 151
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
I.
Der Eröffnungsantrag
1.
Zulässigkeit
rechtliches Interesse an der Eröffnung
 nur solche Gläubiger sollen Anträge stellen können, die im Falle der IE als InsGl
beteiligt wären, und um missbräuchlichen Anträgen vorzubeugen, die etwa zu dem
Zweck gestellt werden, Zahlungen solventer, aber zahlungsunwilliger Schuldner zu
erzwingen

regelmäßig, wenn dem Gläubiger eine Forderung zusteht und dieser einen Eröffnungsgrund
glaubhaft macht (BGH, Beschl. v. 29.6.2006 – IX ZB 245/05 - NZI 2006, 588, 589)
 kein Rechtsschutzinteresse

wenn der Antrag allein zu dem Zweck gestellt wird, einen Konkurrenten aus dem Wettbewerb
zu entfernen (BGH, Beschl. v. 19.5.2011 – IX ZB 214/10 - ZIP 2011, 1161)

Gl will Vermögensgegenstände des Schuldners im Eröffnungsverfahren ermitteln lassen, um
dann zum Nachteil anderer Gläubiger außerhalb eines Insolvenzverfahrens die ZV zu
betreiben (BGH, Beschl. v. 15.7.2004 – IX ZB 280/03 - ZVI 2004, 753)
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C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
I.
Der Eröffnungsantrag
1.
Zulässigkeit
Fall
 Fremdantrag
 antragstellende Gläubiger hat Forderungen iHv 33.000 €.
 SV bejaht in seinem Gutachten die Zahlungsunfähigkeit und führt aus, mit dem
Anfechtungsanspruch gem. §§ 129, 131 I Nr.1 InsO von € 7.200,- gegen den
Antragsteller könnten die Verfahrenskosten gedeckt werden
 Gl lehnt es ab, dem InsG die anfechtbaren Zwangsvollstreckungserlöse mitzuteilen
 InsG weist Antrag als unzulässig abgewiesen und legt dem Gl die Verfahrenskosten auf
 Gl missbraucht Eröffnungsverfahren in unredlicher Weise um weiteres Vermögen des
Schuldners ermitteln zu lassen
 es geht dem Gl gar nicht um die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, da er ja ohne großen
Aufwand die angeforderten Auskünfte erteilen könne
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Seite 153
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
I.
Der Eröffnungsantrag
1.
Zulässigkeit
BGH, Beschl. v. 7.2.2008 - IX ZB 137/07 – ZIP 2008, 565
 Tatbestandsmerkmal „rechtliches Interesse“ soll sicherzustellen, dass nur InsGl Anträge
stellen und missbräuchlichen Anträgen vorbeugen. In aller Regel wird einem Gläubiger,
dem eine Forderung zusteht und der einen Eröffnungsgrund glaubhaft macht, das
rechtliche Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht abgesprochen
werden können
 InsO kennt keine Auskunftspflichten möglicher Anfechtungsschuldner gegenüber InsG
 auch im Zivilprozess gibt es keine allgemeine prozessuale Aufklärungspflicht; es gilt der
Beibringungsgrundsatz: keine Partei hat dem Gegner das Material für seinen
Prozesssieg zu verschaffen, wenn nicht materiell-rechtliche Auskunfts- und Vorlagepflichten bestehen oder die Grundsätze der sekundären Darlegungslast eingreifen
 dieses gilt ebenfalls, wenn die Erfolgsaussichten eines Anfechtungsprozesses nur eine
Vorfrage bei der Prüfung der Verfahrenskostendeckung sind

Verfahrenskostendeckung liegt nicht im Verantwortungsbereich des Gläubigers
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Seite 154
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
I.
Der Eröffnungsantrag
1.
Zulässigkeit
Fall:
 Gl hat Darlehensforderung über 103.880,88 € zzgl. Zinsen gegen Sch aus notarieller
Urkunde vom 1.12.1998. Sch hat sich in der Urkunde der sofortigen ZV in sein
gesamtes Vermögen unterworfen.
 Gl stellte am 27.8.2008 wegen Zahlungsunfähigkeit Insolvenzantrag.
 Sch erhob am 4.2.2009, verbunden mit einem Antrag auf einstweilige Einstellung der
Zwangsvollstreckung aus der Urkunde, Vollstreckungsabwehrklage. Das LG hat die
Vollstreckung am 2.3.2009 gegen Sicherheitsleistung von 5.000 € einstweilen
eingestellt. Diesen Beschluss hat das LG durch Beschluss vom 29.4.2009 dahin
abgeändert, dass die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistungen i.H. v. 90.000 €
vorläufig eingestellt wird.
 InsG hat den Insolvenzantrag durch Beschluss vom 1.4.2009 mit Rücksicht auf die von
Sch erbrachte Sicherheitsleistung von 5.000 € als unzulässig abgewiesen. Die sofortige
Beschwerde des Gl ist vom LG zurückgewiesen worden.
 Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt G den Antrag auf Insolvenzeröffnung weiter.
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Seite 155
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
I.
Der Eröffnungsantrag
1.
Zulässigkeit
BGH, Beschl. v. 17.12.2009 – IX ZB 124/09 - ZIP 2010, 291:
 Soll der Eröffnungsgrund aus einer einzigen Forderung des antragstellenden Gl
abgeleitet werden und ist diese Forderung bestritten, muss sie für die Eröffnung des
Insolvenzverfahrens bewiesen sein; Glaubhaftmachung nicht ausreichend

durch die Vorlage der vollstreckbaren Urkunde
 nicht: wenn Schuldner die Sicherheitsleistung tatsächlich erbracht hat
 Fehlt es hingegen an einer Sicherheitsleistung, kann der Insolvenzantrag auf die dann
weiter vollstreckbare Forderung gestützt werden.
BGH, Beschl. v. 29.3.2007 – IX ZB 141/06 - ZIP 2007, 1226:
 die Berechtigung einer vom Schuldner erhobenen Verjährungseinrede kann grds. nur im
Prozesswege überprüft werden
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Seite 156
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
I.
Der Eröffnungsantrag
1.
Zulässigkeit (ESUG)
(1) „Das Insolvenzverfahren wird nur auf schriftlichen Antrag eröffnet. Antragsberechtigt sind die
Gläubiger und der Schuldner. 3Dem Antrag des Schuldners ist ein Verzeichnis der Gläubiger und
ihrer Forderungen beizufügen. 4Wenn der Schuldner einen Geschäftsbetrieb hat, der nicht eingestellt
ist, sollen in dem Verzeichnis besonders kenntlich gemacht werden
1. die höchsten Forderungen,
2. die höchsten gesicherten Forderungen,
3. die Forderungen der Finanzverwaltung,
4. die Forderungen der Sozialversicherungsträger sowie
5. die Forderungen aus betrieblicher Altersversorgung.
5Der Schuldner hat in diesem Fall auch Angaben zur Bilanzsumme, zu den Umsatzerlösen und zur
durchschnittlichen Zahl der Arbeitnehmer des vorangegangenen Geschäftsjahres zu machen. 6Die
Angaben nach Satz 4 sind verpflichtend, wenn
1. der Schuldner Eigenverwaltung beantragt,
2. der Schuldner die Merkmale des § 22a Absatz 1 erfüllt oder
3. die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses
beantragt wurde. 7Dem Verzeichnis nach Satz 3 und den Angaben nach Satz 4 und 5 ist die
Erklärung beizufügen, dass die enthaltenen Angaben richtig und vollständig sind.“
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C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
I.
Der Eröffnungsantrag
1.
Zulässigkeit (ESUG)
Gesetzesbegründung
 die Angaben sind von zentraler Bedeutung für das weitere Verfahren

insbes. für die Einsetzung eines vorl GlA

bereits nach § 20 InsO umfangreiche Auskunftspflichten

§ 305 I Nr. 3 InsO
 bei Fehlen des Gläubiger- und SchuldnerVz (S.3) - Insolvenzantrag unzulässig

Ausn. trotz gebührender Anstrengung nicht vollständig

Höhe der Forderungen kann geschätzt werden

vollständige Bezifferung inkl. Zinsen ist nicht erforderlich
 die besonderen, weiteren Angaben gem. S.4-5 sollen dem InsG die Grundlage geben,
einen vorl Gl bestellen zu können

nur unter den Voraussetzungen des S.6 obligatorisch
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Seite 158
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
I.
Der Eröffnungsantrag
1.
Zulässigkeit (ESUG)
 Erklärung der Richtigkeit und Vollständigkeit

es soll verhindert werden, dass Schuldner bestimmte Informationen zurückhält.

förmliche Versicherung an Eides Statt wird als nicht erforderlich angesehen.
 keine Prüfungspflicht des Insolvenzgerichts
 Konkretisierung der richtigen Insolvenzantragstellung i.S.d. §15a IV InsO
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Seite 159
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
I.
Der Eröffnungsantrag
1.
Zulässigkeit (ESUG)
Kritik
 Häufig haben weder Schuldner noch seine Buchhaltung einen genauen Überblick
darüber, wer alles eigentlich „Gläubiger“ ist

Schuldner müsste erst Finanzbuchhaltung auf den aktuellen Stand bringen.

In der Praxis häufig nicht möglich, weil Steuerberater nicht bezahlt werden kann
 Geforderte Versicherung kann Schuldner dann nicht abgeben
 Die von dem Schuldner zu erteilenden Informationen spielen insbesondere im
Zusammenhang mit § 15a IV InsO eine Rolle. Bei Unvollständigkeit liegt möglicherweise
ein unzulässiger Eigenantrag vor, der den Vorwurf der Insolvenzverschleppung nicht
entkräften kann.
 Allzu große Gründlichkeit ist hier jedoch unnötig, da vereinzelte Unrichtigkeiten die
Zulässigkeit des Antrags nicht tangieren und die Nichtberücksichtigung einzelner
Gläubiger nicht anfechtbar ist
 Außerdem Zeitverzögerung: Legt der Schuldner bei der Antragsstellung kein
Verzeichnis vor, so ist ihm eine Frist zur Nachreichung zu setzten (§ 4 InsO, § 139 ZPO)
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Seite 160
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
I.
Der Eröffnungsantrag
2.
Begründetheit
wenn tatsächlich ein Eröffnungsgrund vorliegt
 Amtsermittlungsprinzip, § 5 I InsO

Beauftragung eines Sachverständigen (Insolvenzgutachters)
 (zwingende) Abweisung des begründeten Insolvenzantrages mangels Masse (§ 26 I
InsO), wenn Verfahrenskosten nicht gedeckt sind
 Insolvenzantrag ist begründet, wenn ein Eröffnungsgrund (§ 16 InsO)

„Insolvenz“grund greift zu kurz

lat. insolvens = nicht-lösend = Schuldschein nicht einlösend = zahlungsunfähig
 Eröffnungsgründe, §§ 16 ff. InsO (numerus clausus)
 Bestimmen Zeitpunkt, in dem

Schuldner mit der privatautonomen Gestaltung seiner Vermögensverhältnisse gescheitert und

Verfügungsrecht über Schuldnervermögen auf die Gläubigergesamtheit (vertreten durch den
IVw) übergeht
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C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
II.
Eröffnungsgründe
1.
Zahlungsunfähigkeit, § 17 InsO
 Allgemeiner Insolvenzgrund (§ 17 I InsO)
 Legaldefinition des § 17 II 1 InsO: „Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in
der Lage ist, seine fälligen Verbindlichkeiten zu bezahlen.“
 Vermutungswirkung der Zahlungseinstellung (§ 17 II 2 InsO): „Zahlungsunfähigkeit ist
in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.“
 nicht bloße Zahlungsstockung
=
wenn der Zeitraum nicht überschritten wird, den eine kreditwürdige Person benötigt, um sich
die benötigten Mittel zu leihen - 3 Wochen (BGH, Urt. v. 24.5.2005 - IX ZR 123/04 - NJW 2005,
3062)
=
wenn es dem Schuldner über mehrere Monate nicht gelingt, seine fälligen Verbindlichkeiten
spätestens innerhalb von drei Wochen auszugleichen, und die rückständigen Beträge
insgesamt so erheblich sind, dass von lediglich geringfügigen Liquiditätslücken keine Rede
sein kann (BGH, Urt. v. 25.10.2012 – IX ZR 117/11 - ZIP 2012, 2355 Tz. 22).
 nicht bei Zahlungsunwilligkeit
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C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
II.
Eröffnungsgründe
1.
Zahlungsunfähigkeit, § 17 InsO
 Nicht nur geringfügige Liquiditätslücken (BGH, Urt. v. 24.5.2005 - IX ZR 123/04 - NJW 2005,
3062):

Beträgt eine innerhalb von drei Wochen nicht zu beseitigende Liquiditätslücke des Schuldners
weniger als 10% seiner fälligen Gesamtverbindlichkeiten, ist regelmäßig von
Zahlungsfähigkeit auszugehen, es sei denn, es ist bereits absehbar, dass die Lücke
demnächst mehr als 10% erreichen wird.

Beträgt die Liquiditätslücke des Schuldners 10% oder mehr, ist regelmäßig von
Zahlungsunfähigkeit auszugehen, sofern nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast
vollständig beseitigt werden wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen
Umständen des Einzelfalls zuzumuten ist
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C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
II.
Eröffnungsgründe
1.
Zahlungsunfähigkeit, § 17 InsO
 Ermittlung durch stichtagbezogene Liquiditätsbilanz (BGH)
Geldbestände
+ kurzfristig verfügbare finanziellen Mittel
./. Fällige Verbindlichkeiten
>0
 Liquiditätsbilanz nur erforderlich, wenn sich die Zahlungsunfähigkeit nicht anderweitig
feststellen lässt (BGH, Urt. v. 14.5.2009 - IX ZR 63/08 - ZIP 2009, 1235)
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C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
II.
Eröffnungsgründe
1.
Zahlungsunfähigkeit, § 17 InsO
Zahlungseinstellung (BGH, Urt. v. 30.6.2011 - IX ZR 134/10 - NZI 2011, 589)
 dasjenige nach außen hervortretende Verhalten des Schuldners, in dem sich typischerweise ausdrückt, dass er nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu
erfüllen. Es muss sich mindestens für die beteiligten Verkehrskreise der berechtigte
Eindruck aufdrängen, dass der Schuldner außerstande ist, seinen fälligen Zahlungsverpflichtungen zu genügen (st. Rspr.).
 Beweisanzeichen:

tatsächliche Nichtzahlung erheblicher Teil der fälligen Verbindlichkeiten

jahrelange Nichtbegleichung von Sozialversicherungsbeiträgen

Nichtzahlung sowie schleppende Zahlung von Steuerforderungen

sich immer wieder erneuernden Forderungsrückstände

Schiebt der Schuldner ständig einen Forderungsrückstand vor sich her, den er nur schleppend
abträgt, verwirklicht sich ein typisches Merkmal einer Zahlungseinstellung (BGH, Urt. v.
25.10.2012 – IX ZR 117/11 - ZIP 2012, 2355 Tz.19).

verschiedenen Vollstreckungsverfahren
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C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
II.
Eröffnungsgründe
1.
Zahlungsunfähigkeit, § 17 InsO

Nichteinlösung von Schecks mangels Deckung

Haben im maßgeblichen Zeitpunkt fällige Verbindlichkeiten bestanden, die bis zur
Verfahrenseröffnung nicht mehr beglichen worden sind, ist regelmäßig von Zahlungseinstellung auszugehen (BGH, Urt. v. 12.10.2006 – IX ZR 228/03, ZIP 2006, 2222)
 mehrere gewichtige Beweisanzeichen

Bewertung, dass eine Zahlungseinstellung vorliegt

Zahlungsunfähigkeit, § 17 I 2 InsO
 Prozessgegner:

Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Nachweis entgegenzutreten,
dass eine Liquiditätsbilanz im maßgeblichen Zeitraum für den Schuldner eine Deckungslücke
von weniger als 10 % ausweist
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Seite 166
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
II.
Eröffnungsgründe
1.
Zahlungsunfähigkeit, § 17 InsO
Die „große Bugwelle“
 nach BGH – imparitätische Liquiditätsbilanz, in der die aktuell verfügbaren und
kurzfristig innerhalb von 3 Wochen verfügbar werdenden Mittel in Beziehung zu den an
demselben Stichtag fälligen und eingeforderten Verbindlichkeiten gesetzt werden
Aktiva I Vorhandene liquiden Mittel (Stichtagsliquidität)
+ Aktiva II Einzahlungen der nächsten 3 Wochen
= Liquidität
./. Passiva I fällige Verbindlichkeiten
./. Passiva II Fälligen Verbindlichkeiten der nächsten 3 Wochen
Deckungsgrad
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C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
II.
Eröffnungsgründe
1.
Zahlungsunfähigkeit, § 17 InsO
Die „kleine Bugwelle“
 10%-Grenze des BGH wird dauerhaft nicht überschritten
 der BGH fordert keine 100%-igen Deckung der Verbindlichkeiten als Merkmal für das
Nichtvorhandensein der Zahlungsunfähigkeit
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Seite 168
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
II.
Eröffnungsgründe
1.
Zahlungsunfähigkeit, § 17 InsO
Feststellung des Ausnahmefalls
 BGH: Zahlungsunfähigkeit, wenn die Liquiditätslücke ≥ 10%, „sofern nicht
ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist,
dass die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig beseitigt
werden wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen
des Einzelfalls zuzumuten ist“.
 keine höchstrichterlicher Judikatur zur Auslegung dieser Regel
 „demnächst“?

3 Wochen gem. § 15a I InsO?

bis zu 3 Monate, nicht mehr als 6 Monate (Fischer)
 „vollständig oder fast vollständig“?

Einzelfall; >1 % nur ausnahmsweise
 „Zumutbarkeit für die Gläubiger“?

frühere Insolvenzeröffnung kein Vorteil für die Gläubiger

z.B. keine schnellere bzw. betragsmäßig höhere Befriedigung
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Seite 169
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
II.
Eröffnungsgründe
1.
Zahlungsunfähigkeit, § 17 InsO
Fällig oder nicht fällig?
 Richtet sich vorrangig nach den vertraglichen Vereinbarungen
 Sonst sofortige Fälligkeit (§ 271 I InsO) der Forderungen
 aber: für Zahlungsunfähigkeit erforderlich, dass der Gläubiger die Forderung „ernsthaft
einfordert“

Zweck, solche Forderungen auszunehmen, die rein tatsächlich - also auch ohne rechtlichen
Bindungswillen oder erkennbare Erklärung - gestundet sind
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Seite 170
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
II.
Eröffnungsgründe
1.
Zahlungsunfähigkeit, § 17 InsO
Fall:
 FA stellt wegen rückständiger Abgabenforderungen von ca. 78.000 € gegen F, einen
selbständig tätigen Friseurmeister, am 12.7.2006 Eröffnungsantrag.
 Im Insolvenzgutachten wurde festgestellt

Aktiva von 34.581,39 €

fällige Verbindlichkeiten von 208.657,95 €
 StB hatte mit F vereinbart, dass dieser die Honorarforderung von 28.749,47 nur im
Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten begleichen muss

Forderung fällig und nicht gestundet

StB will nur eine nachrangige Befriedigung im Rahmen der jeweiligen finanziellen
Möglichkeiten des F erhalten; aus diesem Grunde kann die Forderung insoweit nicht zur
Begründung einer Zahlungsunfähigkeit herangezogen werden.
 Darlehensforderung von 48.000 € der Frau H. war bis zur Veräußerung einer Immobilie
gestundet worden.

Forderung auf Rückzahlung des Darlehens nach § 271 BGB nicht fällig
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Seite 171
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
II.
Eröffnungsgründe
1.
Zahlungsunfähigkeit, § 17 InsO
 Die Ehefrau hat F die Mietforderung von ca. 142.000 € aus steuerlichen Gründen
gestundet, so dass bei F ein Verlustvortrag entstand und die Ehefrau die Zahlung nicht
begehrte, um zu versteuerndes Einkommen zu vermeiden

es handelt sich nicht um eine fällige Forderung i.S.v. § 17 Abs. 2 InsO, wenn zwischen den
Parteien des Schuldverhältnisses Einigkeit darüber besteht, dass zwar Forderungen
entstehen, aber nicht beglichen werden sollen.

unerheblich, ob intendierte steuerliche Handhabung abgabenrechtlich korrekt sei und die
beabsichtigten Wirkungen zeitigt.
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Das Insolvenzeröffnungsverfahren
II.
Eröffnungsgründe
1.
Zahlungsunfähigkeit, § 17 InsO
 Beseitigung der ZU durch Stillhalteversprechen der Bank

Stundung der Bankkredite reicht nicht aus, wenn die ZU bereits eingetreten ist

vielmehr Schuldner muss Zahlungen im Allgemeinen wieder aufgenommen haben

Die Beweislast trägt derjenige, der sich auf den Wegfall der ZU beruft
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Seite 173
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
II.
Eröffnungsgründe
1.
Zahlungsunfähigkeit, § 17 InsO
Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit durch Patronatserklärungen
 „Weiche“ Patronatserklärung

bloße Informationen über die Zahlungsfähigkeit einer Tochtergesellschaft oder allenfalls
moralisch verpflichtende Goodwill-Erklärungen

keinen rechtsgeschäftlichen Charakter
 „Harte“ Patronatserklärung

Verpflichtung entweder im Innenverhältnis zur Tochtergesellschaft oder im Außenverhältnis zu
deren Gläubiger, die Tochtergesellschaft in der Weise auszustatten, dass sie stets in der Lage
ist, ihren finanziellen Verbindlichkeiten zu genügen.

rechtsgeschäftliche Verpflichtung zur Erfüllung der Verbindlichkeiten der Tochter
 Nur die konzerninterne harte Patronatserklärung kann die Zahlungsunfähigkeit der
Tochtergesellschaft beseitigen bzw. vermeiden
 Kündigungsrecht oder Laufzeit mit ex nunc- Wirkung kann vereinbart werden
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Seite 174
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
II.
Eröffnungsgründe
2.
drohende Zahlungsunfähigkeit, § 18 InsO
§ 18 II InsO: „Der Schuldner droht zahlungsunfähig zu werden, wenn er voraussichtlich
nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der
Fälligkeit zu erfüllen.“
 Zweck: Zugang zu einem Sanierungsverfahren unter Aufsicht des Insolvenzgerichts
 Insolvenzgrund nur bei Eigenantrag

Bei KapGes: Insolvenzantrag von allen GF/Vorständen, wenn nicht
Einzelvertretungsberechtigung (§ 18 III InsO)
 Abstellen auf zukünftige Liquiditätssituation  Finanzplan

Decken die Zahlungsmittel im maßgeblichen künftigen Zeitpunkt voraussichtlich nicht
wenigstens 90 % der fälligen Verbindlichkeiten, kann Zahlungsunfähigkeit drohen, sofern die
Liquiditätslücke länger als drei Wochen andauern würde.
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C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
II.
Eröffnungsgründe
3.
Überschuldung
 nur für juristische Personen (GmbH, AG, GenG)
 Legaldefinition des § 19 II 1 InsO: „Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des
Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt.“

Überschuldungsbilanz (rechnerische Überschuldung)

+ negative Fortführungsprognose (v. 18.10.08 – 31.12.2013)


Wiedererstarken des zweistufigen Überschuldungsbegriffs des BGH
Ab 1.1.2014: positive Fortführungsprognose (wieder) nur bedeutsam für den Wertansatz in
der Überschuldungsbilanz (Liquidations- oder Fortführungswert)
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Seite 176
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
II.
Eröffnungsgründe
3.
Überschuldung
Fortführungsprognose = Zahlungsfähigkeitsprognose
 subjektiv den Willen zur Unternehmensfortführung
 objektiv Überlebensfähigkeit, was durch einen Ertrags- und Finanzplan mit einem
schlüssigen und realisierbaren Unternehmenskonzept für einen angemessenen
Prognosezeitraum belegt wird (BGH, Beschl. v. 9.10.2006 - II ZR 303/05 - NZI 2007, 44)

z.B. konkrete Veräußerungsmöglichkeit für das Unternehmen als Ganzes oder für
Unternehmensteile (OLG Hamburg, Urt. v. 4.7. 2008 - 11 U 278/05 -)
 positive Fortführungsprognose, wenn sich aus Ertrags- und Finanzplanung die
überwiegende Wahrscheinlichkeit ergibt, dass das Unternehmen mittelfristig
Überschüsse erzielen wird, aus denen die gegenwärtigen und künftigen
Verbindlichkeiten gedeckt werden können.

Prognosezeitraum: laufendes und das folgende Geschäftsjahr
 verringerter Gläubigerschutz
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Seite 177
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
II.
Eröffnungsgründe
3.
Überschuldung
Verspätete Feststellung der Überschuldung
 Haftungsgefahren unterhalb der Schwelle der vorsätzlichen Insolvenzverschleppung

nach § 64 GmbHG, § 92 II AktG reicht die Erkennbarkeit der Insolvenzreife aus; das
Verschulden des Geschäftsführungsorgans wird dann vermutet

nach § 823 II BGB i.V.m. § 15a I InsO, § 64 GmbHG, § 92 II AktG gilt ein objektiver
Verschuldensmaßstab

nach § 43 I GmbHG, § 93 I AktG - Pflicht zur ordnungsmäßigen Unternehmensleitung
 Selbstprüfungspflicht zur Krisenfrüherkennung
 regelmäßigen Bilanzanalyse u Prüfung der aktuellen betriebswirtschftl. Daten
 in die Zukunft gerichtete Finanzplanung
 Beobachtung des Unternehmensumfeldes
 Einrichtung einer Organisation zur Krisenfrüherkennung (Risk Management)
 Spätestens bei ersten Krisenanzeichen – Pflicht zur Aufstellung einer Zwischenbilanz oder eines
Vermögensstatus
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Seite 178
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
II.
Eröffnungsgründe
3.
Überschuldung
 Fehler bei der Prüfung der Fortführungsprognose

erhebliche Haftungsgefahren für den Berater

Fehler  Gefahr der Schmälerung der Haftungsmasse

BGH: subj. Fortführungskraft und obj. Fortführungsfähigkeit


Prognosezeitraum: ~ 3 Jahre

Prognosewahrscheinlichkeit: > 50 %
IDW-Standard S 6

unzulässig ist ungeprüfte und nicht bewertete Übernahme von Daten, Informationen und Unterlagen
des Unternehmens ohne eigene kritische Würdigung

eigenständige Beurteilung der vorgelegten Ist-Daten

bei Zweifeln Plausibilitätsprüfungen

umfangreiche Dokumentation der Planungsprämissen
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Seite 179
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
II.
Eröffnungsgründe
3.
Überschuldung
Gesellschafterdarlehen in der Überschuldungsbilanz
 Vor MoMiG: Bei Krise der Gesellschaft  Umqualifizierung in eigenkapitalersetzende
Darlehen

Passivierung in Überschuldungsbilanz, wenn nicht qualifizierter Rangrücktritt
 Heutige Rechtslage:

Gesellschafterdarlehen und gleichgestellte Leistungen nicht wie haftendes Eigenkapital

Rückzahlung/Sicherheiten  Anfechtung nach § 135 I InsO

Gesellschafterdarlehen sind in der Insolvenz nachrangige Verbindlichkeiten (§ 39 I Nr. 5 InsO)

in Überschuldungsbilanz zu passivieren

Ausnahme: Vereinbarung eines ausdrücklichen, qualifizierten Rangrücktritts (§ 19 II InsO)
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Seite 180
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
III.
Maßnahmen im Eröffnungsverfahren
1.
Amtsermittlung durch Insolvenzgericht
Amtsermittlungsgrundsatz (§ 5 I 1 InsO): „Das Insolvenzgericht hat von Amts wegen alle
Umstände zu ermitteln, die für das Insolvenzverfahren von Bedeutung sind.“
 gesamte Dauer des Insolvenzverfahrens

beginnend ab Zulässigkeit des Insolvenzantrages
 Sachverständigen- und Zeugenbeweis, § 5 I 2 InsO
 alle sonstigen Beweismittel (§ 4 InsO iVm §§ 371 ff ZPO)
 Grds. kein Rechtsmittel gegen Amtsermittlungsmaßnahmen (§ 6 I InsO)

z.B. nicht gegen die Bestellung eines Insolvenzgutachters (BGH, Beschl. v. 14.7.2011 - IX ZB 207/10)

Ausn., d.h. § 21 I 2 InsO analog

wenn das InsG im Eröffnungsverfahren eine Maßnahme anordnet, die von vorneherein außerhalb
seiner gesetzlichen Befugnisse liegt und in den grundrechtlich geschützten räumlichen Bereich des
Schuldners eingreift (BGH, Beschl. v. 4.3.2004 - IX ZB 133/03 - BGHZ 158, 212, 214 ff.)
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C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
III.
Maßnahmen im Eröffnungsverfahren
1.
Amtsermittlung durch Insolvenzgericht
Auskunftspflicht des Schuldners, § 20 I InsO
 alle Auskünfte, die zur Entscheidung über den Antrag erforderlich sind
 auch wenn diese geeignet sind, eine Verfolgung wegen einer Straftat oder einer
Ordnungswidrigkeit herbeizuführen

Beweisverwertungsverbot (§§ 20 I, 97 I 2 InsO)

Vorrang der Gläubigerrechte vor dem nemo tenetur se ipsum accusare - Grundsatz
 auch: Organ und Angestellte (§§ 20 I, 103 InsO
 Durchsetzung

eidesstattliche Versicherung (§§ 20 I, 98 I InsO)

Zwangshaft (§§ 20 I, 98 II, III InsO)

Kostentragungslast (§§ 20 I, 101 III InsO)
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C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
III.
Maßnahmen im Eröffnungsverfahren
1.
Amtsermittlung durch Insolvenzgericht
Reichweite des Beweisverwertungsverbots?
 nicht für Auskünfte ggü Gutachter (OLG Jena, Beschl. v. 12.8.2010 − 1 Ss 45/1 - NZI 2011, 382;
OLG Celle, Beschl. v. 19.12.2012 – 32 Ss 164/12 - ZIP 2013, 1040)
 Wortlaut: Gutachter ist in § 97 I 1 InsO nicht genannt.
 Die InsO räumt dem Gutachter im Eröffnungsverfahren keine Sonderrechte ein.
 Rechtsstellung des Gutachters nach § 4 InsO iVm §§ 144, 402 ff. ZPO
 Gutachter hat keine Zwangsbefugnisse gegenüber dem Insolvenzschuldner
 nicht für Sachverhalte, die der Verwalter selbst ermittelt
 Geschäftsunterlagen, Handelsbücher, Bilanzen. etc.
 vom Insolvenzschuldner aufgrund handelsrechtlicher Vorschriften erstellt.
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C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
III.
Maßnahmen im Eröffnungsverfahren
1.
Amtsermittlung durch Insolvenzgericht
Auskunftspflicht nach § 20 I InsO ./. ärztliche Schweigepflicht
 BGH, Beschl. v. 05.02.2009 - IX ZB 85/08 - NZI 2009, 396

Die Verpflichtung, dem Insolvenzverwalter die für die Durchsetzung privatärztlicher
Honorarforderungen erforderlichen Daten über die Person des Drittschuldners und die
Forderungshöhe mitzuteilen, besteht auch im Insolvenzverfahren über das Vermögen eines
Facharztes für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychoanalyse.

vorrangiges Interesse der Insolvenzgläubiger an einer Transparenz der Einnahmen ihres
Schuldners

ansonsten wäre der insolvente Arzt in der Lage, seine Einkünfte dauerhaft vor seinen
Gläubigern zu verschleiern
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C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
III.
Maßnahmen im Eröffnungsverfahren
2.
Sicherungsmaßnahmen
Generalklausel des § 21 I 1 InsO: „Das Insolvenzgericht hat alle Maßnahmen zu treffen,
die erforderlich erscheinen, um bis zur Entscheidung über den Antrag eine den
Gläubigern nachteilige Veränderung in der Vermögenslage des Schuldners zu
verhüten.“
 Zweck:

Sicherung der Gläubigergleichbehandlung (par conditio omnium creditorum)

Bestandserhaltung: Abwehr unkontrollierter Zugriffe der Gläubiger auf das
Schuldnervermögen

Wahrung von Sanierungschancen
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C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
III.
Maßnahmen im Eröffnungsverfahren
2.
Sicherungsmaßnahmen
 Kein Entscheidungsermessen
 aber: Auswahlermessen

Art und Dauer der Maßnahme

Auswahl des Adressaten
 Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (BGH, Urt. v.18.7.2002 - IX ZR 195/01 - NZI 2002, 543, 54)

Grenzen:

Sicherungszweck

Wirkungen darf nicht weiterreichen als die Verfahrenseröffnung
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Das Insolvenzeröffnungsverfahren
IIi.
Maßnahmen im Eröffnungsverfahren
2.
Sicherungsmaßnahmen
 Einzelne Sicherungsmaßnahmen, § 21 II InsO:
(Aufzählung ist nicht abschließend)

Nr.1: Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters,

Nr. 1a: Bestellung eines vorläufigen Gläubigerausschusses (ESUG)

Nr.2: Anordnung allgemeines Verfügungsverbot oder eines Zustimmungsvorbehalts

Nr. 3: Untersagung oder einstweilige Einstellung der Einzelzwangsvollstreckung,

Nr. 4: vorläufige Postsperre,

Nr. 5: Verwertungssperre
 Vorläufiger Insolvenzverwalter, § 21 II Nr. 1 InsO

„starker“ vorlIVw  §§ 21 II Nr.1, 22 I InsO

„schwacher“ vorlIVw  §§21 II Nr.1 InsO
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C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
III.
Maßnahmen im Eröffnungsverfahren
2.
Sicherungsmaßnahmen
 „Starker“ vorl.IV

Auswahl wie IV (§§ 21 II Nr.1, 56 I InsO

Aufgaben (§ 21 II InsO):

Sicherung und Erhaltung des Schuldnervermögens

Fortführung Schuldnerunternehmen

Prüfung der Verfahrenskostendeckung

Zutritts- und Einsichtsrecht, Auskunftspflicht des Schuldners (§ 22 III InsO)

Begründung von Masseverbindlichkeiten (§ 55 II, IV InsO)

Aufsicht durch das InsG (§§ 21 II Nr.1, 58 InsO)

Haftung nach §§ 21 II Nr.1, 60, 61 InsO

Schlussrechnungslegungspflicht (§§ 21 II Nr.1, 66 InsO)

Vermögenverwalter i.S.d. § 34 III AO
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C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
III.
Maßnahmen im Eröffnungsverfahren
2.
Sicherungsmaßnahmen
 „Schwacher“ vorlIVw

Auswahl wie IVw (§§ 21 II Nr.1, 56 I InsO)

Zustimmungsvorbehalt ist absolutes Verfügungsverbot (§§ 24 I, 81 InsO)

Aufgaben:
 Sicherung und Erhaltung des Schuldnervermögens
 Weitere bestimmt das InsG (§ 22 II InsO)

Zutritts- und Einsichtsrecht, Auskunftspflicht des Schuldners (§ 22 III InsO)

Begründung von Masseverbindlichkeiten nur nach § 55 IV InsO

Ausn.: Ermächtigung nach §§ 22 II, 55 II InsO

Aufsicht durch das InsG (§§ 21 II Nr.1, 58 InsO)

Haftung nach §§ 21 II Nr.1, 60, 61 InsO

Schlussrechnungslegungspflicht (§§ 21 II Nr.1, 66 InsO)
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III.
Maßnahmen im Eröffnungsverfahren
2.
Sicherungsmaßnahmen
Fall:
Der Beklagte wurde zum vorlIVw mit Zustimmungsvorbehalt bestellt.
 Im Beschluss heißt es: „Der vorläufige Insolvenzverwalter ist nicht allgemeiner Vertreter
der Schuldnerin. Er wird ermächtigt, mit rechtlicher Wirkung für die Schuldnerin zu
handeln, ist jedoch, unbeschadet der Wirksamkeit der Handlung, verpflichtet, diese
Befugnis nur wahrzunehmen, soweit es zur Erfüllung seiner Aufgabe schon vor der
Verfahrenseröffnung dringend erforderlich ist.“
 Der vorlIVw hatte der Fortführung des Schuldnerunternehmens in den gemieteten
Räumen zugestimmt. Die laufende Pacht wurde nicht bezahlt.
Später wurde das Insolvenzverfahren eröffnet.
Die Klägerin verlangt vom Gericht die Feststellung, dass es sich bei der ihr für die Zeit
zwischen Eröffnungsantrag und Insolvenzeröffnung zustehenden Pachtforderung um
eine Masseforderung handelt.
zu Recht?
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Das Insolvenzeröffnungsverfahren
III.
Maßnahmen im Eröffnungsverfahren
2.
Sicherungsmaßnahmen
BGH, Urt. v. 18.07.2002 - IX ZR 195/01 - NZI 2002, 543:
 § 55 II 2 InsO ist grds. weder unmittelbar noch entsprechend auf Rechtshandlungen
eines vorlIVw anzuwenden, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen der
Schuldnerin nicht übergegangen ist.
 Erlässt das InsG im Eröffnungsverfahren kein allgemeines Verfügungsverbot, so ist
eine dem vorlIVw erteilte umfassende Ermächtigung, „für den Schuldner zu handeln“,
unzulässig;
 die Befugnisse des vorl. Zustimmungsverwalter muss das InsG selbst einzeln festlegen
(§ 22 II InsO).
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Das Insolvenzeröffnungsverfahren
III.
Maßnahmen im Eröffnungsverfahren
2.
Sicherungsmaßnahmen
Fall: 3.8.2004 Eigenantrag
 6.8.2004 Anordnung der vorl. InsVw mit Zustimmungsvorbehalt und
 „Im Hinblick auf die beantragte Eigenverwaltung wird dem vorläufigen Verwalter das Recht
eingeräumt, Mitglieder der Geschäftsführung, leitende Angestellte oder Prokuristen von ihren
Aufgaben zu entbinden und freizustellen. Bis zur Freistellung getroffene Verfügungen des
Freigestellten bleiben wirksam.“
 „Der vorläufige Insolvenzverwalter wird ermächtigt, hinsichtlich sämtlicher Betriebsgelände
der Schuldnerin Betretungsverbote auszusprechen.“
 11.8.2004: der vorlIVw
 entbindet die beiden Geschäftsführer von ihren Ämtern und
 erteilt ihnen Hausverbot.
 Geschäftsführer erheben sofortige Beschwerde
 während des Beschwerdeverfahrens wird Insolvenzverfahren eröffnet
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Das Insolvenzeröffnungsverfahren
III.
Maßnahmen im Eröffnungsverfahren
2.
Sicherungsmaßnahmen
BGH, Beschl. v. 11.1.2007 – IX ZB 271/04 - ZIP 2007, 438
 sofortige Beschwerde setzt eine Beschwer voraus, die im Zeitpunkt der Entscheidung
noch gegeben sein muss.

Wegfall macht Rechtsmittel unzulässig; eine Sachentscheidung ist nicht mehr möglich

Fortsetzungsfeststellungsantrag unzulässig,

Verfahren zur Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Sicherungsmaßnahme in InsO/ZPO nicht
geregelt

Ausn.: z.B. tiefgreifender Grundrechtseingriff
 Betretungsverbot fällt nicht in den Schutzbereich des Art.13 I GG

Art 13 I GG verbietet, gegen den Willen des Wohnungsinhabers in dessen Wohnung
einzudringen oder darin zu verweilen
 Betretungsverbote schränken demgegenüber das Besitzrecht des Berechtigten ein,

es geht also um Besitzrecht und nicht Privatheit

Ermächtigung zu Betretungsverbot ist nach § 22 II 1 InsO zulässig
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
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C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
III.
Maßnahmen im Eröffnungsverfahren
2.
Sicherungsmaßnahmen
 Entbindung von Geschäftsführung ist rechtswidrig

Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat keinen Einfluss auf die gesellschafts-rechtliche
Verfasstheit der betroffenen Gesellschaft

Es bleibt auch bei der Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung für die Bestellung und
die Abberufung der Geschäftsführer (§ 46 Nr. 5 GmbHG), soweit der Gesellschaftsvertrag
nichts anderes vorsieht.
 vorlIVw ist nicht berechtigt, einen Geschäftsführer abzuberufen; er kann allenfalls dessen
Anstellungsvertrag kündigen
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C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
III.
Maßnahmen im Eröffnungsverfahren
2.
Sicherungsmaßnahmen
BGH, Beschl. v. 24.09.2009 – IX ZB 38/08 - ZIP 2009, 2068
 Das Insolvenzgericht kann den vorläufigen Insolvenzverwalter nicht ermächtigen,
Räume eines am Eröffnungsverfahren nicht beteiligten Dritten zu durchsuchen
 keine Rechtsgrundlage in der InsO
 Bedürfnisse der Praxis genügen den Anforderungen des Art. 13 GG nicht
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Seite 195
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
III.
Maßnahmen im Eröffnungsverfahren
2.
Sicherungsmaßnahmen
 Verfügungsverbot (§ 21 II Nr. 2 InsO)

erfasst alle Verfügungen im Rechtssinn

Wirkungen (§ 24 I InsO iVm §§ 81, 82 InsO)

allgemeines Verfügungsverbot

§ 22 I InsO: Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf vorlIVw
 Alle Verfügungen des Schuldners sind absolut unwirksam
 Schuldner verfügt als Nichtberechtigter


absolutes Verfügungsverbot
Zustimmungsvorbehalt (generell oder für bestimmte Verfügungen)
 Verfügungen des Schuldners ohne Zustimmung des vorlIVw sind absolut unwirksam
 dann verfügt Schuldner als Nichtberechtigter
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Seite 196
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
III.
Maßnahmen im Eröffnungsverfahren
2.
Sicherungsmaßnahmen
 Schuldner begründet während der vorläufigen Insolvenzverwaltung ohne Zustimmung
des vorl IV Arbeitsverhältnisse.

wirksam, mit der Folge, dass die Lohnansprüche im eröffneten Insolvenzverfahren aus der
Insolvenzmasse zu zahlen sind?

Verfügungsbeschränkung erfasst nicht Verpflichtungsgeschäfte

offen gelassen: BAG (Beschl. v. 10.4.2008 - 6 AZR 368/07 - ZIP 2008, 1346)
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C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
III.
Maßnahmen im Eröffnungsverfahren
2.
Sicherungsmaßnahmen (vorlGlA)
§ 21 II Nr. 1a InsO (ESUG)
„(2) Das Gericht kann insbesondere
1a. einen vorläufigen Gläubigerausschuss einsetzen, für den § 67 Absatz 2 und die §§ 69
bis 73 entsprechend gelten; zu Mitgliedern des Gläubigerausschusses können auch
Personen bestellt werden, die erst mit Eröffnung des Verfahrens Gläubiger werden.“
§ 22a InsO (ESUG)
„(1) Das Insolvenzgericht hat einen vorläufigen Gläubigerausschuss nach § 21 Absatz 2
Nummer 1a einzusetzen, wenn der Schuldner im vorangegangenen Geschäftsjahr
mindestens zwei der drei nachstehenden Merkmale erfüllt hat:
1.
mindestens 4 840 000 Euro Bilanzsumme nach Abzug eines auf der Aktivseite
ausgewiesenen Fehlbetrags im Sinne des § 268 Absatz 3 des Handelsgesetzbuchs;
2.
mindestens 9 680 000 Euro Umsatzerlöse in den zwölf Monaten vor dem Abschlussstichtag;
3.
im Jahresdurchschnitt mindestens fünfzig Arbeitnehmer.
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C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
III.
Maßnahmen im Eröffnungsverfahren
2.
Sicherungsmaßnahmen (vorlGlA)
(2) Das Gericht soll auf Antrag des Schuldners, des vorläufigen Insolvenzverwalters oder
eines Gläubigers einen vorläufigen Gläubigerausschuss nach § 21 Absatz 2 Nummer
1a einsetzen, wenn Personen benannt werden, die als Mitglieder des vorläufigen
Gläubigerausschusses in Betracht kommen und dem Antrag Einverständniserklärungen
der benannten Personen beigefügt werden.
(3) Ein vorläufiger Gläubigerausschuss ist nicht einzusetzen, wenn der Geschäftsbetrieb
des Schuldners eingestellt ist, die Einsetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses
im Hinblick auf die zu erwartende Insolvenzmasse unverhältnismäßig ist oder die mit
der Einsetzung verbundene Verzögerung zu einer nachteiligen Veränderung der
Vermögenslage des Schuldners führt.
(4) Auf Aufforderung des Gerichts hat der Schuldner oder der vorläufige Insolvenzverwalter
Personen zu benennen, die als Mitglieder des vorläufigen Gläubigerausschusses in
Betracht kommen.
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Seite 199
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
III.
Maßnahmen im Eröffnungsverfahren
2.
Sicherungsmaßnahmen (vorlGlA)
Gesetzesbegründung
 Die Weichen für eine erfolgreiche Unternehmensfortführung regelmäßig in den ersten
Wochen nach Antragstellung
 frühzeitige Mitwirkung der Gläubiger z.B. bei Unternehmenssanierung
 vorl GlA war bisher nicht normiert
 Mitglied kann auch PSVaG sein, der erst mit Verfahrenseröffnung Gläubiger wird
 vorl. GlA soll zukünftig das Instrument sein, um einen frühzeitigen Einfluss der Gläubiger
auf Auswahl des Verwalters, die Anordnung der Eigenverwaltung und die Bestellung
des Sachwalters sicherzustellen
 bei Erreichen der Schwellenwerte des § 22a I InsO (= § 267 I HGB) ist ein vorl. GlA zu
bestellen
 bei Eigenantrag soll wegen der nach § 13 I 3 InsO beizufügenden Verzeichnisse die
Einsetzung eines vorl GlA so zügig erfolgen können, dass eine nachteilige Veränderung
der Vermögenslage nicht zu befürchten ist
 Benennungspflicht nach § 22a IV InsO - Auswahlermessen des InsG

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C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
III.
Maßnahmen im Eröffnungsverfahren
2.
Sicherungsmaßnahmen
Untersagung/Einstellung der Zwangsvollstreckung (§ 21 II Nr. 3 InsO)
 Insolvenzantrag bewirkt kein automatisches Vollstreckungsverbot
 es soll verhindert werden, dass einzelne Gläubiger noch während des
Eröffnungsverfahrens auf Gegenstände des Schuldners zugreifen können.
 nicht im Hinblick auf unbewegliche Vermögensgegenstände
 Einzelvollstreckungsverbote
 generelles Vollstreckungsverbot
 nur zukünftige Vollstreckungsmaßnahmen

bereits durchgeführten Maßnahmen bleiben wirksam

Pfändungsmaßnahmen bleiben bestehen

im eröffneten Insolvenzverfahren Anfechtung nach §§ 129, 131 InsO möglich
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Seite 201
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
III.
Maßnahmen im Eröffnungsverfahren
2.
Sicherungsmaßnahmen Anordnung nach § 21 II Nr. 5 InsO
Anordnung, dass Gegenstände
 die im eröffneten Verfahren von § 166 InsO erfasst würden
 oder deren Aussonderung verlangt werden könnte,
 vom Gläubiger nicht verwertet oder eingezogen und diese zur Fortführung des
Unternehmens des Schuldners eingesetzt werden dürfen
Zweck
 dem unternehmerischen Zweck dienende Gegenstände sollen als wirtschaftlicher
Verbund vorläufig zusammengehalten werden
 Sanierungsmöglichkeit soll erhalten werden
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Seite 202
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
III.
Maßnahmen im Eröffnungsverfahren
2.
Sicherungsmaßnahmen Anordnung nach § 21 II Nr. 5 InsO
Reichweite
 nur individualisierende Anordnung
 Unzulässig und unwirksam sind formularmäßige Pauschalanordnungen, die auf die
erforderliche Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen verzichten (BGH, Urt. v. 3.12.2009
- IX ZR 7/09 - NZI 2010, 95)
 aber: Unzulässigkeit kann Ausgleichsanspruch des Aus-/Absonderungsberechtigten
nicht entgegengehalten werden, weil diesem kein Rechtsmittel gegen die Anordnung
zusteht
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Seite 203
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
III.
Maßnahmen im Eröffnungsverfahren
2.
Sicherungsmaßnahmen Anordnung nach § 21 II Nr. 5 InsO
Rechtsfolge
 Zinszahlungspflicht

Beginn: 3 Monate nach Anordnung (BGH, Urt. v. 3.12.2009 - IX ZR 7/09 - NZI 2010, 95)

gilt auch für Aussonderungsrechte
 Wertersatzanspruch

auch für Aussonderungsberechtigte (vgl. BGH, Urt. v. 8.3.2012 – IX ZR 78/11 - ZIP 2012, 779)


aber keine Deckelung durch § 21 II Nr. 5 S.2 InsO

Anspruch auf Wertersatz ergänzt Anspruch auf Nutzungsentschädigung

nach dem Wortlaut nur für Absonderungsrechte

jeder durch Nutzung bedingte Wertverlust berührt Integritätsinteresse des
Aussonderungsberechtigten an dem Rückerhalt des unversehrten Gegenstands
Wertersatzanspruch bemisst sich nach der Differenz des Werts des Aussonderungsguts bei
Beginn und Ende der Nutzung


durch Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung wird die vertragsgemäße Abnutzung abgegolten
Wertersatzanspruch nur im Blick auf die Kompensation eines Verlustes, der darauf beruht, dass der
Gegenstand entweder über die vertragliche Abrede hinaus genutzt wird oder eine Beschädigung
erleidet und dadurch an Wert verliert
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Seite 204
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
III.
Maßnahmen im Eröffnungsverfahren
2.
Sicherungsmaßnahmen Anordnung nach § 21 II Nr. 5 InsO
Fall:
Der Beklagte ist IVw im am 1.2.2002 eröffneten Insolvenzverfahren des S
 Mit Beschluss vom 1.11.2002 war er bereits zum „schwachen“ vorlIVw bestellt und
ermächtigt worden, Bankguthaben und sonstige Forderungen des Schuldners
einzuziehen sowie eingehende Gelder entgegenzunehmen.
 Die Klägerin hatte dem S mehrere Darlehen gewährt. Zur Sicherung des Rückzahlungsanspruchs vereinbarten die Klägerin und der S die Abtretung der Ansprüche
gegen die zukünftigen Zahlungsverpflichteten des S. Die abgetretenen Ansprüche
sollten von S eingezogen werden; der Erlös sollte unverzüglich an die Klägerin
weitergeleitet werden. Die Zahlungsverpflichteten wurden hierüber nicht informiert.
Nach einiger Zeit war der S nicht mehr in der Lage, Erlöse an die Klägerin
weiterzuleiten.
 Die Parteien streiten nun um den Erlös aus den Forderungen, welche während des
Eröffnungsverfahrens vom beklagten IVw eingezogen worden sind.
 Steht der Klägerin ein Ersatzabsonderungsrecht entspr. § 48 InsO zu?
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Seite 205
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
III.
Maßnahmen im Eröffnungsverfahren
2.
Sicherungsmaßnahmen Anordnung nach § 21 II Nr. 5 InsO
BGH, Urt. v. 21.1.2010 - IX ZR 65/09 – BGHZ 184, 101; hierzu: Smid, DZWiR 2010, 7ff.
 Verlust des Absonderungsrechts
 Durch die Einziehung der Forderungen hat die Klägerin ihre Rechtsstellung als
Sicherungsabtretungsempfängerin verloren.

Den Drittschuldnern war die Abtretung nicht angezeigt worden.

Die in Unkenntnis der Abtretung an den Beklagten als den vorläufigen Insolvenzverwalter geleisteten
Zahlungen muss die Klägerin gegen sich gelten lassen (§ 407 I BGB)

durch Zahlung erlischt Forderung (§ 362 I BGB) und zugleich auch das Absonderungsrecht
 „Unberechtigte“ Einziehung der Forderung durch vorlIVw
 BGH unter KO: „dass der Sicherungszedent verliert Einziehungsbefugnis nicht ohne weiteres,
wenn er in eine finanzielle Krise gerät, die Eröffnung des Konkurses über sein Vermögen
beantragt wird und Sequestrationsmaßnahmen angeordnet werden […]“
 „Im Hinblick auf § 21 II 1 Nr. 5 InsO könnte an eine Änderung der bish. Rspr. gedacht werden,
auch deshalb, weil die Annahme eines Erlöschens der Einziehungsbefugnis mit dem
Insolvenzantrag sicherstellt, dass die Forderung nicht durch den Schuldner, sondern nur noch
- einen Beschluss des Insolvenzgerichts nach § 21 II 1 Nr. 5 InsO vorausgesetzt - durch den
vorläufigen Insolvenzverwalters eingezogen wird […]“
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Seite 206
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
III.
Maßnahmen im Eröffnungsverfahren
2.
Sicherungsmaßnahmen Anordnung nach § 21 II Nr. 5 InsO
 die Einziehung wurde nicht allein dadurch "unberechtigt", dass die eingezogenen
Beträge nicht, wie der Schuldner und die Klägerin vereinbart hatten, unverzüglich an
die Klägerin weitergeleitet wurden.

Verpflichtung zur Weiterleitung an die Klägerin ist rein schuldrechtlicher Natur.

Weiterleitungspflicht erst nach Einziehung der Forderungen

Ob die Einziehung einer Forderung im Sinne von § 48 InsO "unberechtigt" ist, muss jedoch im
Zeitpunkt der Einziehung (und damit des Unterganges des Absonderungsrechts) selbst
beurteilt werden können. Das spätere Verhalten des (vorl) IV oder des Schuldners kann nicht
dazu führen, dass eine zunächst berechtigte Verwertungshandlung zu einer unberechtigten
wird […]
 Ergebnis: Die Klägerin hat kein Ersatzabsonderungsrecht entspr. § 48 InsO
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Seite 207
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
III.
Maßnahmen im Eröffnungsverfahren
2.
Sicherungsmaßnahmen Rechtsmittel
 Sofortige Beschwerde, § 21 I 2 InsO
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Seite 208
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
III.
Maßnahmen im Eröffnungsverfahren
3.
Insolvenzgeld-Vorfinanzierung
§§ 165 – 172 SGB III – Insolvenzgeldsicherung
 § 165 SGB III – Anspruch auf Insolvenzgeld

letzten 3 Monate des Arbeitsverhältnisses vor Insolvenzereignis (Insolvenzgeld-Zeitraum)


Insolvenzereignis, § 165 I 2 SGB III
alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis

§ 165 II SGB III

Begrenzung auf Beitragsbemessungsgrenze, § 167 SGB III (Kappungsgrenze)

Ausschluss: § 166 SGB III

auch Gesamtsozialversicherungsbeitrag, § 175 SGB III
 Antragserfordernis (§ 323 SGB III)

zuständig: Agentur f. Arbeit im Bezirk die Lohnabrechnungsstelle des ArbG (§ 327 III SGB III)

Ausschlussfrist von 2 Monaten nach dem Insolvenzereignis (§ 324 III SGB III)
 Cessio legis der Entgeltansprüche, § 169 SGB III

mit dem Antrag, so wie sie „stehen und liegen“

Anfechtung dann gegen BAfArbeit (§ 169 S.3 SGB III)
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Seite 209
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
III.
Maßnahmen im Eröffnungsverfahren
3.
Insolvenzgeld-Vorfinanzierung
 § 168 SGB III – Vorschuss
 wenn

Insolvenzantrag

Arbeitsverhältnis beendet


damit ist Vorschuss bei Betriebsfortführung ungeeignet
Vs. f Insolvenzgeld sind mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erfüllt
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Seite 210
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
III.
Maßnahmen im Eröffnungsverfahren
3.
Insolvenzgeld-Vorfinanzierung
Insolvenzgeld-Vorfinanzierung
 Sanierungssubvention
 Forderungskauf: finanzierende Kreditinstitut erwirbt die Entgeltansprüche der AN gegen
Zahlung eines Kaufpreises in Höhe des Nettolohns
 Darlehenstilgung aus Insolvenzgeldanspruch (§ 170 I SGB III)
 Voraussetzung: vorherige Zustimmung der Agentur f Arbeit (§ 170 IV SGB III)
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Seite 211
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
IV.
Der Eröffnungsbeschluss
 Inhalt, §§ 27 ff. InsO:

Bestellung des IVw

Eröffnungsdaten (§ 27 II InsO)

Aufforderung zur Anmeldung der Forderungen (§ 28 I InsO)

Aufforderung zur Geltendmachung von Drittrechten (§ 28 II InsO)

Aufforderung an Drittschuldner zur Zahlung an IVw (§ 28 III InsO)

Terminbestimmungen (§ 29 InsO)

Berichtstermin


auch kürzere Ladungsfrist, § 4 InsO iVm § 217 ZPO
Prüfungstermin
 Bekanntmachung, §§ 30 ff. InsO

Öffentlich (§§ 30 I, 9 InsO)

Zustellung an Gläubiger und Schuldner (§§ 30 II, 9 InsO)

Eintragung in Register (§§ 31 - 33 InsO)
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Seite 212
C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
IV.
Der Eröffnungsbeschluss
Rechtsmittel
Sofortige Beschwerde, § 34 InsO:
 Abweisung des Insolvenzantrages

Antragsteller
 Abweisung nach § 26 InsO

Antragsteller

Insolvenzschuldner
 Eröffnung

Insolvenzschuldner


auch wenn Abweisung mangels Masse erreicht werden soll (BGH, Beschl. v. 15.7.2004 - IX ZB
172/03 - NZI 2004, 625)
ausgenommen Eigenantrag

keine formelle Beschwer (BGH, Beschl. v. 18.1.2007 – IX ZB 170/06 - ZIP 2007, 499)
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C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
IV.
Der Eröffnungsbeschluss
Rechtsmittel
… bei Überleitung beantragten Verbraucher- in ein Regelinsolvenzverfahren ?
BGH, Beschl. v. 25.4.2013 – IX ZB 179/10 - ZIP 2013, 1139
1. Wird das auf Antrag des Schuldners eröffnete Verbraucherinsolvenzverfahren in ein
Regelinsolvenzverfahren übergeleitet, hat der Schuldner hiergegen das Rechtsmittel
der sofortigen Beschwerde.
2. Wird das Verfahren auf Eigenantrag des Schuldners als Verbraucherinsolvenz
eröffnet, steht hiergegen einem Gläubiger ein Beschwerderecht auch nicht mit dem
Ziel zu, das Verfahren als Regelinsolvenzverfahren fortzuführen.
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C.
Das Insolvenzeröffnungsverfahren
IV.
Der Eröffnungsbeschluss
Amtsgericht Kiel
Insolvenzgericht
Az. 99 IN 5678/11
In dem Insolvenzverfahren
Beschluss
über das Vermögen der S GmbH wird auf ihren Antrag vom 03.9.2011 heute, am 01.10.2011 um 12
Uhr das Insolvenzverfahren eröffnet.
Die durch das Gericht angeordneten Ermittlungen haben ergeben, dass die Schuldnerin
zahlungsunfähig ist.
Zum Insolvenzverwalter wird bestimmt: Herr RA Dr. V, Adresse.


Forderungen sind gem. § 28 Abs. 1 InsO bis zum 02.04.2004 unter Beachtung von § 174 Abs. 1
und 2 InsO beim Insolvenzverwalter anzumelden.
Alle Gläubiger werden gem. § 28 Abs. 2 InsO aufgefordert, dem Insolvenzverwalter innerhalb
der oben genannten Frist mitzuteilen, welche Sicherungsrechte sie an beweglichen Sachen oder
an Rechten der Schuldnerin in Anspruch nehmen wollen. Der Gegenstand, an dem ein
Sicherungsrecht beansprucht wird, die Art und der Entstehungsgrund des Sicherungsrechts sowie die gesicherte Forderung sind zu bezeichnen. Wer die Mitteilung schuldhaft verzögert oder
unterlässt, haftet für den daraus entstehenden Schaden.
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Seite 215
C.

Das Insolvenzeröffnungsverfahren
IV.
Der Eröffnungsbeschluss
Alle Personen, die zur Masse gehörende Sachen in Besitz haben, zur Masse etwas schulden,
wird gem. § 28 Abs. 3 InsO aufgegeben, die Gegenstände nicht mehr an die Schuldnerin
herauszugeben oder Leistungen vorzunehmen. Schuldbefreiende Leistungen sind nur an den
Insolvenzverwalter möglich.
Der Termin zur ersten Gläubigerversammlung (Berichtstermin) und der allgemeine Prüfungstermin
werden bestimmt auf den 16.01.2012, 10 Uhr, Saal B des Amtsgerichts Kiel.
Tagesordnung:
1. Bericht des Insolvenzverwalters;
2. Entscheidung über den Fortgang des Verfahrens;
3. Entscheidung über die in §§ 149, 150 bis 163 InsO bezeichneten Gegenstände;
4. Forderungsprüfung.
Der Insolvenzverwalter wird gem. § 8 Abs. 3 InsO beauftragt, Zustellungen vorzunehmen und
widerruflich von der Verpflichtung zur Niederlegung von Anmeldungen und Urkunden nach § 175
Abs. 1 S. 2 InsO befreit. Die Prüfung nachträglich angemeldeter Forderungen erfolgt im schriftlichen
Verfahren (§ 177 InsO).
R. Richter am Amtsgericht
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D. Die Wirkung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens
I.
II.
III.
Übergang des Verwaltungs- und Verfügungsrechts auf den IV
Unterbrechung und Aufnahme von Prozessen
Vollstreckungsverbote
1. Vollstreckungssperre, § 88 InsO
2. Vollstreckungsverbot nach § 89 InsO
3. Vollstreckungsverbot nach § 90 InsO
IV. Die Aufrechnung
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Seite 217
D.
Die Wirkung der Eröffnung des Insolvenzverfahren
I.
Übergang des Verwaltungs- und Verfügungsrechts
§ 80 I InsO: „Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des
Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es
zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über.“
 Zweck: Sicherung der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung
 Eintritt der Rechtswirkung im Eröffnungszeitpunkt gem. § 27 II Nr. 3, III InsO;




sofortige Beschwerde (§ 34 InsO) hat keine aufschiebende Wirkung
Zustellung ist nicht erforderlich.
umfasst das zur Insolvenzmasse (§§ 35, 36 InsO) gehörende Vermögen = Ist-Masse
IVw tritt in Rechtsstellung des Insolvenzschuldners ein und kann deshalb grundsätzlich
für die Masse nicht mehr und keine anderen Rechte beanspruchen können, als diesem
zustehen (BGH, Urt. v. 27.5.1971 – VII ZR 85/69 - BGHZ 56, 228, 230 f.).

Lasten und Beschränkungen des Vermögens des Schuldners sind der Verwaltungs- und
Verfügungsbefugnis des IVw vorgegeben und grenzen diese ein.

dieses gilt auch für schuldrechtliche Beschränkungen der Rechte des Schuldners

Ausn: § 80 II InsO
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D.
Die Wirkung der Eröffnung des Insolvenzverfahren
I.
Übergang des Verwaltungs- und Verfügungsrechts
§ 148 I InsO: „Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat der Insolvenzverwalter das
gesamte zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen sofort in Besitz und Verwaltung
zu nehmen.“
 Herausgabevollstreckung aus Eröffnungsbeschluss (§ 148 II InsO)

nur wenn Gegenstände im Schuldnergewahrsam

Vollstreckungserinnerung, § 766 ZPO

zuständig: Insolvenzgericht (BGH, Beschl. v. 21.9.2006 – IX ZB 127/05 - ZIP 2006, 2008)
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Seite 219
D.
Die Wirkung der Eröffnung des Insolvenzverfahren
I.
Übergang des Verwaltungs- und Verfügungsrechts
 offensichtlich insolvenzzweckwidrige Maßnahmen des Verwalters sind unwirksam
 Ablösung „Schornsteinhypothek“ (BGH, Beschl. v. 20.03.2008 - IX ZR 68/06 - NJW-RR 2008, 1074)
 Spekulationsgeschäfte (OLG Celle, Urt. v. 14. 6. 2006 – 3 U 20/06 - ZIP 2006, 1364)
 Handlungen des IVw wirken unmittelbar für und gegen den Schuldner auch über das
Insolvenzverfahren hinaus.
 Schuldner bleibt Eigentümer der Gegenstände und Inhaber der Rechte, außerdem
bleibt er geschäftsfähig.
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Seite 220
D.
Die Wirkung der Eröffnung des Insolvenzverfahren
I.
Übergang des Verwaltungs- und Verfügungsrechts
§ 82 InsO: keine schuldbefreiende Leistung an den Schuldner bei Kenntnis von der
Verfahrenseröffnung
 Beweislast für Kenntnis

IVw: vor öffentlicher Bekanntmachung der Verfahrenseröffnung (§ 9 InsO)

nach Bekanntmachung der Drittschuldner seine Unkenntnis.
 Maßgeblicher Zeitpunkt: „Bewirkung“ der Bekanntmachung, also mit Ablauf des
zweiten Tages nach dem Tag der Eröffnung (§ 9 I 3 InsO)
 BGH, Urt. v. 15. 4. 2010 – IX ZR 62/09 – ZIP 2010, 935:
Unternehmen mit umfangreichem Zahlungsverkehr hat nach Verfahrenseröffnung an
Schuldner geleistet. Die Möglichkeit, die Verfahrenseröffnung durch Einzelabfrage im
Internet zu erfahren, hindert nach Treu und Glauben nicht daran, sich auf ihre
Unkenntnis zu berufen. Sie sind auch nicht gehalten, sich wegen der Möglichkeit der
Internetabfrage beweismäßig für sämtliche Mitarbeiter zu entlasten
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Seite 221
D.
Die Wirkung der Eröffnung des Insolvenzverfahren
I.
Übergang des Verwaltungs- und Verfügungsrechts
§ 81 I 1 InsO: Verfügungen des Schuldners über Gegenstände der Insolvenzmasse sind
absolut unwirksam
 Gutgläubiger Erwerb nur bei Grundstücken möglich, § 81 I 2 InsO
 Rückgewähranspruch aus der Masse, § 81 I 3 InsO

soweit noch bereichert
 künftige Forderungen, § 81 II InsO

bedeutsam für § 287 I InsO und Restschuldbefreiung
 Genehmigung nach § 185 II BGB durch IVw möglich
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Seite 222
D.
Die Wirkung der Eröffnung des Insolvenzverfahren
I.
Übergang des Verwaltungs- und Verfügungsrechts
gesetzliches Erwerbsverbot des § 91 I InsO
 greift ein, obwohl der Verfügungstatbestand bereits abgeschlossen ist, solange sich der
Rechtserwerb nicht vollendet hat.

z.B. Abtretung eines künftigen oder aufschiebend bedingten Anspruchs
 Ausn.: gesicherte Rechtsstellung erlangt (vgl. BGH, Urt. v. 10.11.2011 – IX ZR 142/10 - ZIP
2011, 2364 (Tz.9))

wenn das Recht aus dem Vermögen des Schuldners bereits zum Zeitpunkt der IE
ausgeschieden war, so dass für ihn keine Möglichkeit mehr bestand, es auf Grund alleiniger
Entscheidung wieder zurückzuerlangen

Dann ist insolvenzfest nicht nur die uneingeschränkte Übertragung eines bedingten Rechts,
sondern auch die unter einer Bedingung erfolgte Übertragung eines unbedingten Rechts (BGH,
Urt. v. 17. 11. 2005 - IX ZR 162/04 - NZI 2006, 229, Tz.13)
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Seite 223
D.
Die Wirkung der Eröffnung des Insolvenzverfahren
I.
Übergang des Verwaltungs- und Verfügungsrechts
IE = Gesetzlicher Auflösungsgrund
 (§ 60 I Nr. 4 GmbH, § 262 I Nr. 3 AktG, § 81a GenG, § 131 I Nr. 3 HGB, § 728 I BGB).
 Fortsetzungsbeschluss bei Verfahrenseinstellung auf Antrag des Schuldners (§§ 212,
213 InsO) oder im Insolvenzplanverfahren (vgl. § 728 I BGB, § 60 I Nr. 4 GmbH)
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Seite 224
D.
Die Wirkung der Eröffnung des Insolvenzverfahren
I.
Übergang des Verwaltungs- und Verfügungsrechts
 Schuldner behält Kaufmannseigenschaft bis zur Stilllegung/ Veräußerung seines
Unternehmens durch den IVw

IVw wird nicht Kaufmann (h.M. Uhlenbruck, § 80 InsO Rn. 11)

Bei Betriebsfortführung finden die handelsrechtliche Regeln auf Geschäfte des IVw
entsprechende Anwendung (h.M. Uhlenbruck, § 80 InsO Rn.11)
 Bei zulassungspflichtigen Berufen wird dem Schuldner die Berufszulassung entzogen
(z.B. § 50 I Nr.6 BNotO; § 15 II Nr.7 BRAO; § 46 II Nr. 4 StBerG)

aber: Möglichkeit der Wiederzulassung eines RA während der WVP (BGH, Beschl. v. 25.6.2007
- AnwZ (B) 101/05 - NZI 2007, 678)
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Seite 225
D.
Die Wirkung der Eröffnung des Insolvenzverfahren
I.
Übergang des Verwaltungs- und Verfügungsrechts
Personengesellschaft, § 84 InsO
 Teilung/Auseinandersetzung nach den geltenden Bestimmungen außerhalb der InsO
(§ 84 I 1 InsO),
 vertragliche Beschränkungen unwirksam (§ 84 II InsO).
 Absonderungsrecht der am Gemeinschafts- bzw. Gesellschaftsverhältnis Beteiligten
am Anteil/ Auseinandersetzungsanspruch (§ 84 I 2 InsO)
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Seite 226
D.
Die Wirkung der Eröffnung des Insolvenzverfahren
II.
Unterbrechung und Aufnahme von Prozessen
 Unterbrechung von anhängigen Rechtsbehelfsverfahren oder Prozessen (§ 240 ZPO),
wenn

zivil-, verwaltungs- oder steuerrechtliche Streitigkeit; nicht bei Ermittlungsverfahren

Gegenstand ein vermögensrechtlicher Anspruch

Schuldner Beteiligter (Kläger, Beklagter, Streitgenosse)
 Verlust der Prozessführungsbefugnis des Schuldners in Bezug auf Insolvenzmasse

Partei- und Prozessfähigkeit bleibt unberührt; § 170 I 2 ZPO nicht anwendbar (BGH, Urt. v.
26.1.2006 – IX ZR 282/03, ZInsO 2006, 260)

eine nach Insolvenzeröffnung gegenüber dem Schuldner bewirkte Zustellung ist gültig
 Klage gegen Schuldner ist unzulässig, weil

passive Prozessführungsbefugnis fehlt (§ 80 I InsO)

Gläubiger kein Rechtsschutzbedürfnis

Forderung kann nur noch durch Anmeldung im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden (§ 87
InsO)
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Seite 227
D.
Die Wirkung der Eröffnung des Insolvenzverfahren
II.
Unterbrechung und Aufnahme von Prozessen
 Fristlauf endet; nach Beendigung der Unterbrechung beginnt Frist neu (§ 249 I ZPO)
 Prozesshandlungen einer Partei während der Unterbrechung sind ohne rechtliche
Wirkungen (§ 249 II ZPO)
 Unterbrechung nach Schluss der mündlichen Verhandlung hindert Urteil nicht (§ 249 III
ZPO)

Ausn.: Unterbrechung nach dem Schluss einer mündlichen Verhandlung, aber vor dem Ende
einer Schriftsatzfrist, die einer Partei bewilligt war (BGH, Beschl. v. 15.11.2011 – II ZR 6/11 - ZIP
2012, 86)
 Keine Unterbrechung des Rechtsstreits durch Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vor
Klagezustellung (BGH, Beschl. v. 11.12.2008 – IX ZB 232/08 - ZIP 2009, 240)
 Wortsinn des § 240 ZPO setzt ein rechtshängiges Verfahren voraus (§ 253 I ZPO)
 Kostenerstattungsanspruch des Schuldners aus § 269 III 2 ZPO ist Neuerwerb, weil Klage
erst nach IE zugestellt worden ist.
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Seite 228
D.
Die Wirkung der Eröffnung des Insolvenzverfahren
II.
Unterbrechung und Aufnahme von Prozessen
Frage: Ist § 240 ZPO auf Zwangsvollstreckungsverfahren anwendbar?
BGH, Beschl. v. 28.3.2007 – VII ZB 25/05 – BGHZ 172, 16 f: nein
 § 240 ZPO soll die streitige Feststellung von Insolvenzforderungen im besonderen
Verfahren der Anmeldung und Feststellungsklage nach § 179 InsO ermöglichen
 für Zwangsvollstreckungsmaßnahmen: §§ 88, 89 InsO legis specialis
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Seite 229
D.
Die Wirkung der Eröffnung des Insolvenzverfahren
II.
Unterbrechung und Aufnahme von Prozessen
Aufnahme von Aktiv- und Passivprozessen durch IVw, §§ 85f. InsO
 Im pflichtgemäßen Ermessen des IVw, ggfls. § 160 InsO
 bei Verzögerung, kann Gegner den Rechtsstreit aufnehmen (§ 239 II-IV ZPO)
 Ablehnung der Aufnahme Aktivprozess = Freigabe, § 85 II InsO
 Aufnahme Passivprozess nur nach § 86 InsO,
 Für Insolvenzgläubiger gilt § 87 InsO, d.h. keine Möglichkeit der Führung von
Prozessen, auch nicht gegen Schuldner persönlich
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Seite 230
D.
Die Wirkung der Eröffnung des Insolvenzverfahren
II.
Unterbrechung und Aufnahme von Prozessen
Kündigungsschutzklage
 Schuldner kündigt Arbeitsverhältnis vor Insolvenzeröffnung. ArbN erhebt Kündigungsschutzklage. Prozess wird durch Eröffnung des Schuldner-InsVerf. unterbrochen
 Prozessaufnahme?
BAG, Urt. v. 18.10.2006 - 2 AZR 563/05 - ZIP 2007, 745
 Aufnahme nach § 86 I Nr.3 InsO, wenn AN nach Verfahrenseröffnung weiter zu
beschäftigen wäre, mithin Lohnanspruch Masseverbindlichkeit nach § 55 I Nr.2 InsO
 Aufnahme nach § 180 II InsO, wenn Kündigungszeitraum vor Eröffnung, mithin
Lohnanspruch eine Insolvenzforderung nach § 38 InsO wäre.
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Seite 231
D.
Die Wirkung der Eröffnung des Insolvenzverfahren
II.
Unterbrechung und Aufnahme von Prozessen
Eigenverwaltung
 wird ein Schadensersatzprozess gegen den Schuldner durch Anordnung der
Eigenverwaltung unterbrochen?
 § 270 I InsO: Schuldner behält Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis

„Amtswalter in eigenen Angelegenheiten“

steht unter der Aufsicht des Sachwalters (§§ 274, 275 InsO)
 Prozessführungsbefugt ist Schuldner: „NN als eigenverwaltender Insolvenzschuldner“
 § 240 ZPO ist anwendbar (BGH, Beschl. v. 7.12.2006 - V ZB 93/06 – ZIP 2007, 249)

aber kein Wechsel in der Prozessführungsbefugnis

bei Insolvenzforderung: Aufnahme nach § 180 II InsO
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Seite 232
D.
Die Wirkung der Eröffnung des Insolvenzverfahren
III.
Vollstreckungsverbote
1.
Vollstreckungssperre, § 88 InsO
Unwirksamkeit von Vollstreckungsmaßnahmen, § 88 InsO
 im letzten Monat vor Antragstellung oder nach Antragstellung
 Fristbeginn: Eingang des Insolvenzantrages beim InsG (§ 139 I InsO)

auch wenn beim unzuständigen Gericht gestellt (LSZ-Smid, § 88 InsO, Rn.13)

auch bei zunächst unzulässigen, aber zur Verfahrenseröffnung führenden Insolvenzantrag
(BGH, Beschl.v. 19.5.2011 – IX ZB 284/09 - ZIP 2011, 1372)
 im vereinfachten Insolvenzverfahren: 3 Monate (§ 312 I 3 InsO)
 Noch nicht abgeschlossen, d.h. nur Sicherheit und noch keine Befriedigung

diese ist nicht unwirksam, sondern nur anfechtbar
 Zweck: Verfahrenserleichterung - IVw braucht diese Handlungen nicht nach §§ 129,
131 InsO anzufechten.
 Nicht erfasst sind rechtsgeschäftliche Sicherheiten
 Nur Sicherung massezugehörigen Vermögens
 gegen Insolvenzgläubiger, nicht Aus-/ Absonderungsberechtigte
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Seite 233
D.
Die Wirkung der Eröffnung des Insolvenzverfahren
III.
Vollstreckungsverbote
1.
Vollstreckungssperre, § 88 InsO
 h.M: Absolute (endgültige) Unwirksamkeit der Sicherung.
 Verstrickungswirkung der Pfändung bleibt bestehen
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Seite 234
D.
Die Wirkung der Eröffnung des Insolvenzverfahren
III.
Vollstreckungsverbote
1.
Vollstreckungssperre, § 88 InsO
Zwangssicherungshypothek
 Wann ist Sicherheit bei Zwangssicherungshypothek erlangt – mit Eintragungseintrag
oder erst mit Eintragung?

überw. M. erst mit der Eintragung (vgl. Uhlenbruck-Uhlenbruck, § 88 InsO, Rn. 20)
 Löschung der Zwangssicherungshypothek (BGH, Beschl. v. 12.7.2012 – V ZB 219/11 - ZIP 2012,
1767)


Antrag auf Grundbuchberichtigung nach §§ 22, 29 GBO

§ 22 I GBO: „Zur Berichtigung des Grundbuchs bedarf es der Bewilligung nach § 19 nicht, wenn die
Unrichtigkeit nachgewiesen wird. Dies gilt insbesondere für die Eintragung oder Löschung einer
Verfügungsbeschränkung.“

§ 29 I GBO: „Eine Eintragung soll nur vorgenommen werden, wenn die Eintragungsbewilligung oder
die sonstigen zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich
beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. Andere Voraussetzungen der Eintragung bedürfen,
soweit sie nicht bei dem Grundbuchamt offenkundig sind, des Nachweises durch öffentliche
Urkunden.“

nicht ausr.: Bescheinigung des InsG über Zeitpunkt des Antragseingangs
Klage (§ 894 BGB, § 894 ZPO)
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Seite 235
D.
Die Wirkung der Eröffnung des Insolvenzverfahren
III.
Vollstreckungsverbote
1.
Vollstreckungssperre, § 88 InsO
Zwangssicherungshypothek
 Wiedererstehen

mit Freigabe des Grundstücks

mit Verfahrensaufhebung ohne Verwertung des Grundstücks
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Seite 236
D.
Die Wirkung der Eröffnung des Insolvenzverfahren
III.
Vollstreckungsverbote
2.
Vollstreckungsverbot nach § 89 InsO
 Insolvenzforderungen können nur nach den Vorschriften der InsO geltend gemacht
werden (§ 87 InsO)
 auch keine Zwangsvollstreckung für Insolvenzgläubiger während Insolvenzverfahren in
die Insolvenzmasse und das sonstige Vermögen des Schuldners (§ 89 I InsO)

Ziel: gleichmäßige Befriedigung der Insolvenzgläubiger

auch für freigegebene Massegegenstände - „sonstige Vermögen“ - (BGH, Beschl. v.12.2.2009 IX ZB 112/06 – NZI 2009, 382)
 Auch für Neugläubiger in laufende Einkünfte aus Dienstverhältnis (§ 89 II 1 InsO)
 insolvenzrechtliche Privilegierung von Unterhalts- und qualifizierte Deliktforderungen (§
89 II 2 InsO) in die nach §§ 850d, 850f ZPO erweitert pfändbaren Einkünfte
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Seite 237
D.
Die Wirkung der Eröffnung des Insolvenzverfahren
III.
Vollstreckungsverbote
2.
Vollstreckungsverbot nach § 89 InsO
Fall: Am 22.10.2003 Eröffnung des Insolvenzverfahrens
 Mit Schreiben vom 2.2.2004 meldete Landkreis eine Forderung in Höhe von €550,00
aus rückständigen Gebühren für Kfz-Zulassung zur Insolvenztabelle an
 Schuldner versuchte im eröffneten Insolvenzverfahren ein neues Fahrzeug
anzumelden. Als der beklagte Landkreis die Zulassung aufgrund einschlägiger
Vorschriften davon abhängig machte, dass die Rückstände gezahlt werden, beglich der
Schuldner diese Forderung aus seinem insolvenzfreien Vermögen.
 Zulässig?
BGH, Urt. v. 14.1.2010 - IX ZR 93/09 - ZIP 2010, 380
 Die Vorschriften der InsO stehen der Befriedigung einzelner Insolvenzgläubiger aus
dem insolvenzfreien Vermögen des Schuldners während des Insolvenzverfahrens
grundsätzlich nicht entgegen
 §§ 87, 89 InsO  Grundsatz des par conditio creditorum

nur in Bezug auf die Insolvenzmasse

freiwillige Zahlungen aus dem insolvenzfreien Vermögen sind nicht untersagt
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Seite 238
D.
Die Wirkung der Eröffnung des Insolvenzverfahren
III.
Vollstreckungsverbote
3.
Vollstreckungsverbot nach § 90 InsO
 Sechsmonatiges Vollstreckungsverbot für oktroyierte Masseverbindlichkeiten

z.B. aus MietV bis zum Ablauf der Kündigungsfrist

Zweck: Auseinanderreißen der Masse in der Anfangsphase soll verhindert werden.
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D.
Die Wirkung der Eröffnung des Insolvenzverfahren
IV.
Aufrechnung
§ 94 InsO: eine bei Verfahrenseröffnung kraft Gesetz oder Vereinbarung bestehende
Aufrechnungslage bleibt erhalten
Voraussetzungen der Aufrechnung (§ 387 BGB):
 Aufrechnungslage

Gegenseitigkeit und Gleichartigkeit der Forderungen,

Vollwirksamkeit und Fälligkeit der Gegenforderung,

Erfüllbarkeit der Hauptforderung,
 Aufrechnungserklärung,
 kein Ausschluss der Aufrechnung
 Gegenforderung > Hauptforderung?

Gegenforderung = Forderung, mit der aufgerechnet wird

Hauptforderung = Forderung, gegen die aufgerechnet wird
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Seite 240
D.
Die Wirkung der Eröffnung des Insolvenzverfahren
IV.
Aufrechnung
Aufrechnungsverbote
 (§ 96 InsO), wenn

ein Insolvenzgläubiger erst nach Verfahrenseröffnung etwas zur Insolvenzmasse schuldig
geworden ist (Nr.1),

ein Insolvenzgläubiger seine Forderung erst nach der Verfahrenseröffnung von einem
anderen Gläubiger erworben hat (Nr. 2),

wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare
Rechtshandlung erlangt hat (Nr. 3),

wenn ein Gläubiger, dessen Forderung aus dem freien Vermögen des Schuldners zu erfüllen
ist, etwas zur Insolvenzmasse schuldet (Nr. 4).
 Spezielle Regelungen

§ 114 II InsO – Aufrechnungsmöglichkeit des Dienstberechtigten (Arbeitgebers) bleibt für die
Dauer der Wirksamkeit der Vorausabtretung (§ 114 I InsO) erhalten


aufgehoben mit Wirkung ab dem 1.7.2014
§ 110 III InsO - Aufrechnungsmöglichkeit des Vermieters bleibt für die Dauer der Wirksamkeit
der Vorausabtretung (§ 110 I InsO) erhalten
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Seite 241
E. Die Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse
I.
Sicherung der Insolvenzmasse
1. Inbesitznahme
2. Verzeichnisse
3. der Berichtstermin
II.
III.
Die Verwertung der Insolvenzmasse
Gegenstände mit Absonderungsrechten
1. unbewegliche Gegenstände
2. bewegliche Gegenstände
3. Sicherheitenpool
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Seite 242
E.
Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse
I.
Sicherung der Insolvenzmasse
1.
Inbesitznahme
Inbesitznahme der Insolvenzmasse, § 148 I InsO
 Herausgabevollstreckung nach § 148 II InsO iVm §§ 883 – 885 ZPO

Eröffnungsbeschluss als vollstreckbarer Titel (§ 794 I Nr. 3 ZPO)

Herausgabe- und Räumungsvollstreckung

Eröffnungsbeschluss berechtigt GVZ auch zum Betreten der Wohn- und Geschäftsräume des
Schuldners (h.M. Uhlenbruck, § 148 InsO, Rn.21; LSZ-Smid, § 148 InsO, Rn.11)

besondere Anordnung nach Art.13 II GG nicht erforderlich
 Rechtsmittel

Vollstreckungserinnerung, § 766 ZPO

auch: Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO

Zuständig: Insolvenzgericht (§ 148 II 2 InsO)

Rechtsmittelzug nach allgemeinen vollstreckungsrechtlichen Vorschriften: §§ 567ff. ZPO
(BGH, Beschl. v. 30.07.2008 - IX ZA 8/08 -)
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E.
Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse
I.
Sicherung der Insolvenzmasse
1.
Inbesitznahme
Fall: Insolvenzeröffnung am 9.4.2003
 Schuldner ist Eigentümer eines EFH, das er mit seiner Frau bewohnt
 IVw forderte Schuldner auf, monatlich eine Miete von € 600 Euro an die Masse zu
zahlen, anderenfalls das Grundstück bis 18.7.2005 zu räumen.
 Da die Eheleute weder zahlten noch das Grundstück räumten, strebte der Verwalter die
Verwertung des Grundstücks an, wobei er davon ausging, dass Verkaufschancen nur
dann bestehen, wenn das Objekt unbewohnt ist.
 Er beabsichtigte, gegen die Eheleute die Zwangsräumung aus der am 2.1.2007
beantragten vollstreckbaren Ausfertigung des Eröffnungsbeschlusses zu betreiben.
 Am 17.1.2007 beantragte der Schuldner, ihm Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO
zu gewähren, weil er durch die Vollstreckung stark suizidgefährdet sei
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Seite 244
E.
Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse
I.
Sicherung der Insolvenzmasse
1.
Inbesitznahme
BGH, Beschl. v. 16.10.2008 - IX ZB 77/08 - ZIP 2008, 2441
 nach §§ 36 IV, 148 II 3 InsO analog ist für Vollstreckungsschutzantrag nach § 765a
ZPO die Zuständigkeit des Insolvenzgerichts an Stelle des Vollstreckungsgerichts
gegeben

Rechtsmittelzug richtet sich nach allg. vollstreckungsrechtlichen Vorschriften
 § 765a ZPO auf Vollstreckungsmaßnahmen nach § 148 II InsO entspr. anwendbar,
wenn Schuldner eine natürliche Person

Generalklausel des Vollstreckungsschutzes

eng auszulegen

Vollstreckungsschutz zur Wahrung der Grundrechte aus Art. 2 I, 14 I GG
 die Ziele des § 1 InsO und die Besonderheiten der Gesamtvollstreckung sind
grundsätzlich vorrangig zu berücksichtigen
 § 765a ZPO kommt nur in Betracht, sofern zusätzlich Rechte des Schuldners in
insolvenzuntypischer Weise schwerwiegend beeinträchtigt werden
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Seite 245
E.
Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse
I.
Sicherung der Insolvenzmasse
1.
Inbesitznahme
 Hinterlegungsstelle, § 149 InsO

Bestimmungsrecht

Gläubigerausschuss

subsidiär: Insolvenzgericht

abweichende Regelungen durch Gläubigerversammlung
 Siegelung, § 150 InsO
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E.
Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse
I.
Sicherung der Insolvenzmasse
2.
Verzeichnisse
Verzeichnis der Massegegenstände, § 151 InsO
 Wertangabe für jeden Gegenstand (§ 151 II 1 InsO)
 Ggfls. Liquidations- und Fortführungswert (§ 151 II 2 InsO)
 Ggfs. Bewertung durch Sachverständigen (§ 151 II 3 InsO)
 Ausnahme auf Antrag (§ 151 III InsO)
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Seite 247
E.
Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse
I.
Sicherung der Insolvenzmasse
2.
Verzeichnisse
Gläubigerverzeichnis, § 152 InsO
 Verzeichnis der Gläubiger (§ 152 I InsO), die IVw bekannt werden aus

Büchern und Geschäftspapieren des Schuldners,

Angaben des Schuldners,

aus Forderungsanmeldungen der Gläubiger oder auf andere Weise.
 Anschrift, Grund und Betrag der Forderung (§ 152 II 2 InsO)
 Gesonderte Darstellung der absonderungsberechtigten Gläubiger und der einzelnen
Rangklassen der nachrangigen Insolvenzgläubiger (§ 152 II InsO)
 Zusätzliche Angabe des mit Absonderungsrecht belasteten Gegenstandes (§ 152 II 3
InsO)
 Angabe bestehender Aufrechnungsmöglichkeiten (§ 152 III 1 InsO)
 Schätzung der Masseverbindlichkeiten bei zügiger Verwertung (§ 152 III 2 InsO)
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E.
Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse
I.
Sicherung der Insolvenzmasse
2.
Verzeichnisse
Vermögensübersicht, § 153 InsO
 Stichtag: Zeitpunkt der IE
 Zusammenführung des Masse- und des Gläubigerverzeichnisses
(Insolvenzeröffnungsbilanz)
 Möglichkeit zur eidesstattlichen Versicherung durch den Schuldner (§ 152 II InsO)
Niederlegung, § 152 InsO
 Geschäftsstelle des InsG
 < 1 Woche vor dem Berichtstermin
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E.
Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse
II.
Die Verwertung der Insolvenzmasse
3.
Der Berichtstermin, § 156 InsO
 Bekanntgabe im Eröffnungsbeschluss, § 29 I Nr.1 InsO
 Bericht des IVw über

die wirtschaftliche Lage des Schuldners und ihre Ursachen,

die Aussichten für Erhaltung des Unternehmens,

die Möglichkeit für einen Insolvenzplan und dessen Auswirkungen auf die Befriedigung der
Gläubiger
 Äußerungsmöglichkeiten (§ 156 II InsO)

des Schuldners,

des Gläubigerausschusses,

des Betriebsrates und der leitenden Angestellten
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E.
Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse
II.
Die Verwertung der Insolvenzmasse
3.
Der Berichtstermin, § 156 InsO
 Entscheidung der Gläubigerversammlung über
 Stilllegung oder Fortführung des Unternehmens, § 157 InsO
 Beauftragung des IVw mit Ausarbeitung eines Insolvenzplans, § 218 II InsO
 Änderungsmöglichkeiten in späteren Gläubigerversammlungen

Einberufung auf Antrag der Gläubiger nach § 75 I InsO
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Seite 251
E.
Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse
II.
Die Verwertung der Insolvenzmasse
 § 159 InsO: Verwertungsbeginn unverzüglich nach dem Berichtstermin

Unverzüglich = ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 I BGB)

Ausn.: entgegenstehende Beschlüsse der Gläubigerversammlung

z.B. Unternehmensfortführung, § 157 InsO
 Ziel der Verwertung: Insolvenzmasse in Geld umsetzen, um dieses unter den
Gläubigern verteilen zu können
 Zulässigkeit der Masseverwertung vor Berichtstermin

Umlaufvermögen, wenn nicht zur Fortführung des Unternehmens nötig oder verderblich

Anlagevermögen erst nach Berichtstermin (Kübler/Prütting, § 159 InsO, Rn. 4a)

Unternehmensveräußerung, § 158 InsO

Veräußerungschancen regelmäßig unmittelbar nach IE höher als nach Berichtstermin, weil dann der
Vertrauensverlust schon eingetreten ist
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E.
Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse
II.
Die Verwertung der Insolvenzmasse
 §§ 160 ff InsO -> Wahrung der Mitwirkungsrechte der Gläubiger

GlV, wenn nicht ein GlA vorhanden
 § 160 InsO Zustimmung zu besonders bedeutsamen Rechtshandlungen

Generalklausel (Abs.1)

normierte Zustimmungserfordernisse (Abs.2)

(Nr.1) das Unternehmen oder ein Betrieb, das Warenlager im ganzen, ein unbeweglicher Gegenstand
aus freier Hand, die Beteiligung des Schuldners an einem anderen Unternehmen, die der Herstellung
einer dauernden Verbindung zu diesem Unternehmen dienen soll, oder das Recht auf den Bezug
wiederkehrender Einkünfte veräußert werden soll;

(Nr.2) ein Darlehen aufgenommen werden soll, das die Insolvenzmasse erheblich belasten würde;,

(Nr.3) ein Rechtsstreit mit erheblichem Streitwert anhängig gemacht oder aufgenommen, die
Aufnahme eines solchen Rechtsstreits abgelehnt oder zur Beilegung oder zur Vermeidung eines
solchen Rechtsstreits ein Vergleich oder ein Schiedsvertrag geschlossen werden soll
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E.
Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse
II.
Die Verwertung der Insolvenzmasse
 § 162 InsO > Zustimmung bei Betriebsveräußerung an besonders Interessierte

Erwerber ist nahestehende Person iSd § 138 InsO

Erwerber ist Absonderungs- oder Insolvenzgläubiger mit 20% aller Absonderungs- oder
Insolvenzgläubiger
 § 163 InsO > Betriebsveräußerung unter Wert
 § 164 InsO


Verstoß gg §§ 160 – 163 InsO berührt nicht die Wirksamkeit der Verwertungshandlung des IV

aber: ggfls Schadensersatzpflicht nach § 60 InsO

Aufsichtsmaßnahmen nach §§ 58, 59 InsO
Rechtssicherheit im Geschäftsverkehr
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E.
Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse
III.
Gegenstände mit Absonderungsrechten
Absonderungsrechte (§§ 49ff InsO) > siehe Kap. B.IV.4.
 am unbeweglichen Vermögen

Rechte an Grundstücken, grundstücksgleichen Rechten, Miteigentumsanteilen,
Luftfahrzeugen, eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken, allen Gegenständen im
Haftungsverband der Hypothek
 an beweglichen Sachen

Mobiliarpfandrechte, Sicherungseigentum, zur Sicherheit abgetretene Forderungen,
bestimmte Zurückbehaltungsrechte sowie Zoll- und Steuersicherheiten
 Verwertungsrecht des IVw nach §§ 165 ff InsO

Verwertungsrecht gem. § 166 InsO ist ein selbstständig, im Kern geschützter Vermögenswert
der Insolvenzmasse (BGH, Urt. v. 9.10.2003 – IX ZR 28/03, ZIP 2003, 2370)
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E.
Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse
III.
Gegenstände mit Absonderungsrechten
1.
unbewegliche Gegenstände
 Nach § 49 InsO kann das Recht auf Befriedigung aus unbeweglichen Gegenständen
nur nach dem ZVG verwirklicht werden.
 Freihändige Verwertung durch IVw möglich

Vorherige Abstimmung mit den dinglichen Absonderungsgläubigern insbes. Massebeteiligung

Ggfls. Zustimmung gem. § 160 InsO
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Seite 256
E.
Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse
III.
Gegenstände mit Absonderungsrechten
1.
unbewegliche Gegenstände
 IV hat Recht, Zwangsverwaltung oder Zwangsversteigerung zu betreiben (§ 165 InsO)

in der Praxis selten; Kostenentlastung der Insolvenzmasse auch durch Freigabe möglich

Zwangsverwaltung


laufenden Objektkosten, die sonst § 55 I Nr. 1 InsO, sind vom Zwangsverwalter zu berichtigen (§§
155, 156 ZVG)

Kostenvorschüsse des IVw werden in den Rang des § 10 I Nr.1 ZVG erhoben und damit vorrangig
aus dem Verwertungserlös bezahlt
Zwangsversteigerung

Ausschluss der Gewährleistung (§ 56 ZVG)

Untergang von Vorkaufsrechten, z.B. §§ 24 ff BauGB

keine Schadensersatzpflicht des IVw (§ 60 InsO) wegen zu niedrigem Erlös

wegen § 174a ZVG sind bei Feststellung des geringsten Gebots (§ 44 ZVG) nur die Verfahrenskosten
und die § 10 I Nr. 1a ZVG vorgehenden Ansprüche zu berücksichtigen
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Seite 257
E.
Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse
III.
Gegenstände mit Absonderungsrechten
2.
bewegliche Gegenstände
Verwertungsrecht des Absonderungsberechtigten nach §§ 50, 51, 173 InsO
 wenn nicht Verwertungsrecht des IVw aus § 166 InsO

Absonderungsrecht am Gegenstand wandelt sich in Recht an einer Sondermasse

Erleichterung der sanierenden Übertragung o. Sanierung des Schuldners
 Informationsanspruch des AbsondGl (§ 167 InsO),
 Mitteilung der Veräußerungsabsicht (§ 168 I InsO),
 Eintrittsrecht des AbsondGl (§ 168 III InsO),

keine erneute Information erforderlich, wenn IVw ein besseres Drittangebot annimmt (BGH,
Beschl.v. 22.4.2010 - IX ZR 208/08 - NZI 2010, 525)
 Zinsanspruch des AbsondGl (§ 169 InsO),

Ausgleich für Verlust des Verwertungsrechts durch § 166 InsO und Warten auf den
Verwertungserlös
 Erlösauskehranspruch (§§ 170, 171 InsO)
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Seite 258
E.
Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse
III.
Gegenstände mit Absonderungsrechten
2.
bewegliche Gegenstände
Verzinsungsanspruch nach § 169 InsO (BGH, Urt. v. 16.2.2006 - IX ZR 26/05 - NZI 2006, 342; Urt.
v. 20.2.2003 - IX ZR 81/02 - NZI 2003, 259)
 keine Verzinsungspflicht, wenn fehlende oder verzögerte Verwertbarkeit einer
Sicherheit nicht auf einem insolvenzspezifischen Risiko beruht, z.B. Wertlosigkeit oder
Beitreibbarkeit einer Forderung nur mit Verzögerung aus Gründen, die beim
Drittschuldner liegen
 wenn AbsondGl den Sicherungsgegenstand nicht hätte schneller verwerten können

Verschulden des IVw ist nicht erforderlich
 wenn Absonderungsgläubiger vor IE durch Anordnung nach § 21 II Nr. 5 InsO an
Verwertung gehindert
 Darlegungs- und Beweislast: IVw  § 169 S.3 InsO
 Höhe des Zinssatzes

aus dem zwischen Gläubiger und Schuldner bestehenden Rechtsverhältnis

Verzugszins gem. § 288 BGB
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Seite 259
E.
Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse
III.
Gegenstände mit Absonderungsrechten
2.
bewegliche Gegenstände
Verwertungsrecht des IVw, wenn SichN die Abtretung dem Drittschuldner angezeigt
hat?
BGH, Urt. v 11.7.2002 - IX ZR 262/01 - NZI 2002, 599
 Verwertungsrecht des IVw aus § 166 II InsO

Nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte und Sinn und Zweck sei diese Norm umfassend und
erfasse jede Form der Abtretung von Forderungen.

Sinn und Zweck von § 166 II InsO: Konzentration der Verwertungsbefugnis beim IV.

IVw verfügt über Forderungsunterlagen des Schuldners und kann besser Einwendungen prüfen

Rechtssicherheit für den Drittschuldner vor Mehrfachabtretung oder unwirksamen Globalzessionen.
 Anspruch der Masse auf Feststellungskosten, § 171 I InsO:


Vorschrift des § 171 I InsO ist zwingend und knüpft lediglich an das Verwertungsrecht des IV
an
Tatsächlicher Aufwand des IVw ist irrelevant.

Die Pauschalität des Anspruchs solle gerade nicht (im Gegensatz zu § 171 II) durch konkrete
Berechnungen in Frage gestellt werden.
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Seite 260
E.
Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse
III.
Gegenstände mit Absonderungsrechten
2.
bewegliche Gegenstände
Anspruch auf Verwertungskostenpauschale, wenn SichN sicherungsabgetretene
Forderung selbst eingezogen hat?
BGH, Urt. v. 20.11.2003 - IX ZR 259/02 - NZI 2004, 137
 umfassendes Einziehungs- und Verwertungsrecht nach § 166 InsO
 Anspruch auf Zahlung der Feststellungspauschale gem. § 171 I InsO (4 %)

trotz eigenmächtiger Einziehung durch SichGl hat IVw Wirksamkeit und Umfang des
Sicherungsrechts zu prüfen
 kein Anspruch auf Verwertungskostenpauschale gem. § 171 II InsO (5 %)

der Masse ist kein Verwertungsaufwand entstanden

mangels Gläubigerbenachteiligung (Kostenerstattungsprinzip) keine Anfechtbarkeit
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E.
Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse
III.
Gegenstände mit Absonderungsrechten
3.
Sicherheitenpool
 Vereinbarung mehrerer Sicherungsgläubiger über die gemeinsame Verwaltung und
Verwertung von Kreditsicherheiten

häufig erst in der Krise des Schuldners vereinbart

BGB-Gesellschaft

Sicherheiten werden Gesamthandvermögen
 grundsätzlich wirksam

Vertragsfreiheit

§ 91 InsO wird nicht umgangen (h.M.)
 aber: Anfechtung, §§ 129 ff. InsO
(+) Verbesserung der Rechtsstellung eines Poolmitglieds durch den Poolvertrag
(-) wenn durch Poolvertrag nur Abgrenzungsfragen, d.h. Beteiligten erlangen durch Poolvertrag
nicht mehr Rechte, als ihnen vorher zustanden
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Seite 262
E.
Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse
III.
Gegenstände mit Absonderungsrechten
3.
Sicherheitenpool
 Saldenausgleichsklauseln sollen durch Überträge für eine gleichmäßige Befriedigung
der Poolmitglieder entspr. der Kreditquote sorgen

interner Saldenausgleich
 Poolmitglied, das in höherem Maße befriedigt wurde, erbringt nachträglich eine interne
Ausgleichszahlung


zulässig, nicht anfechtbar
externer Saldenausgleich
 Poolmitglied, dass die von ihm gehaltene Sicherheit nicht in voller Höhe benötigt, kauft ungedeckte
Forderung eines anderen Poolmitglieds an und verrechnet diese mit dem Guthabenauskehranspruch
der Insolvenzmasse

als inkongruente Deckung anfechtbar

Aufrechnung nach §§ 96 I Nr.1, Nr.3 InsO unwirksam
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Seite 263
E.
Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse
III.
Gegenstände mit Absonderungsrechten
3.
Sicherheitenpool
Wirksamkeit der Abtretung einer Grundschuld an ungesicherten Gläubiger zum
Zwecke der Unterdeckungnahme?
BGH, Urt. v. 21.2.2008 - IX ZR 255/06 - NZI 2008, 304
 Ist der Schuldner Eigentümer eines mit einer Sicherungsgrundschuld belasteten
Grundstücks, kann die Masseschmälerung in dem Verlust der Nichtvalutierungseinrede
durch Abtretung der Grundschuld an einen bis dahin ungesicherten Gläubiger liegen.
 Eine unwirksame Unterdeckungnahme liegt nicht vor, wenn die das schuldnerische
Grundstück belastende Sicherungsgrundschuld nach der mit dem Zedenten
insolvenzfest getroffenen Sicherungsvereinbarung auch das Darlehen eines Dritten
sichert und die Grundschuld nach Verfahrenseröffnung in dieser Höhe an ihn abgetreten
wird.
 andernfalls ist Unterdeckungnahme nach § 91 InsO unwirksam
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Seite 264
F.
I.
Die Befriedigung der Insolvenzgläubiger
Die Feststellung der Forderungen
1. Anmeldung der Forderungen
2. Prüfung der Forderungen
3. Forderungsfeststellungsverfahren
II.
Die Verteilung an die Insolvenzgläubiger
1. Arten der Verteilung
2. Allgemeine Voraussetzungen
3. Die Abschlagsverteilung
4. Die Schlussverteilung
5. Der Schlusstermin
6. Die Nachtragsverteilung
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Seite 265
F.
Die Befriedigung der Insolvenzgläubiger
I.
Die Feststellung der Forderungen
1.
Die Forderungsanmeldung
§ 87 InsO: InsGl können ihre Forderungen nur nach InsO geltend machen
 Insolvenzgläubiger (§ 38 InsO)

nicht fällige Insolvenzforderungen (§ 41 InsO)

bedingte Insolvenzforderungen (§§ 42, 191 InsO)

Schuldner ist Gesamtschuldner (§ 43 InsO)

Regressanspruch Gesamtschuldner/Bürge (§ 44 InsO)
 Nachrangige Insolvenzgläubiger (§ 39 InsO)
 nur, wenn InsG besonders dazu aufgefordert hat (§ 174 III 1 InsO)
 Entlastung der Gerichte, da regelmäßig ohne Quotenerwartung
 nicht: Masse- und Neuforderungen, Aus- oder Absonderungsrechte
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Seite 266
F.
Die Befriedigung der Insolvenzgläubiger
I.
Die Feststellung der Forderungen
1.
Die Forderungsanmeldung
 Forderungsanmeldung beim IVw (§ 174 InsO ) und Eintragung in die Tabelle durch IVw
(§ 175 InsO)
 Forderungen müssen mit Grund und Betrag unter Beifügung der Urkunden, die für eine
Prüfung durch IV erforderlich sind, angemeldet werden (§ 174 I, II InsO)

ggfls. Tatsachen, aus denen sich nach Einschätzung ein vorsätzliches Delikt ergibt
 Ausreichende Individualisierung: schlüssige Darlegung eines Lebenssachverhalt, der in
Verbindung mit einem – nicht notwendig ebenfalls vorzutragenden – Rechtssatz die geltend
gemachte Forderung als begründet erscheinen lässt

Ivw und Insolvenzgläubiger sollen die Forderung prüfen können

Anmeldung ist eine Form der Rechtsverfolgung und Gläubiger kann aus der Eintragung als Titel die
Zwangsvollstreckung betreiben
 Beurkundungspflicht des IVw
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Seite 267
F.
Die Befriedigung der Insolvenzgläubiger
I.
Die Feststellung der Forderungen
1.
Die Forderungsanmeldung
 IVw muss die Anmeldung formell überprüfen und den Anmeldenden auf
Unvollständigkeiten hinweisen

Erfüllen die Forderungsanmeldungen nicht die Voraussetzungen des § 174 InsO, sind sie
unwirksam (Pape/Uhlenbruck, Rn. 721).

Bei schwerwiegenden Mängeln auch Zurückweisung möglich, gegen die Anmeldender eine
gerichtliche Entscheidung herbeiführen kann

In der Praxis: Aufnahme in Tabelle und Bestreiten
 ordnungsgemäße Forderungsanmeldung

Hemmung der Verjährung (§ 204 I Nr.10 BGB)

Sachurteilsvoraussetzung für Feststellungsklage nach § 180 I InsO (BGH, Urt. v. 22.1.2009 –
IX ZR 3/08, ZIP 2009, 483)
 verspätete Forderungsanmeldung nach Anmeldefrist vor Prüfungstermin

Prüfung im PT, wenn nicht IV oder InsGl widerspricht (§ 177 I InsO)
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Seite 268
F.
Die Befriedigung der Insolvenzgläubiger
I.
Die Feststellung der Forderungen
1.
Die Forderungsanmeldung
Fall:
K ließ im Februar 2000 seine Forderung gegen S i.H.v. € 100,- nebst Zinsen
gerichtlich festsetzen und versuchte hieraus mehrfach zu vollstrecken.
 Im August 2002 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des S eröffnet. K
meldete seine Forderung nebst Vollstreckungskosten i.H.v. € 200,- zur Tabelle an unter
Vorlage von unbeglaubigten Fotokopien der vollstreckbaren Ausfertigung und der
Gebührenrechnungen.
 IVw bestritt die Forderungen, weil K nicht die Vollstreckungsunterlagen im Original
vorgelegt hatte. K klagte auf Feststellung der Forderungen zur Tabelle
 Argumente für Vorlage des Originaltitels:

§ 178 I 3 InsO – Feststellungsvermerk

§ 201 II InsO – vollstreckbare Ausfertigung aus der Tabelle
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Seite 269
F.
Die Befriedigung der Insolvenzgläubiger
I.
Die Feststellung der Forderungen
1.
Die Forderungsanmeldung
BGH, Urt. v. 01.12.2005 - IX ZR 95/04 - NZI 2006, 173
 Die Feststellung einer titulierten Forderung zur Insolvenztabelle setzt nicht die Vorlage
der Originale voraus. § 174 I 2 InsO verlange lediglich die Vorlage von „Abdrucken“ der
Unterlagen, die eine Prüfung der Forderung ermöglichen sollen.
 Nichtvorlage der Unterlagen berührt die Wirksamkeit der Anmeldung nicht.
 Nichts anderes aus § 178 II 3 InsO

Erleichterung der Übertragung verbriefter Forderungen, indem der Zessionar die Gewissheit
erhält, dass die Forderung nicht bestritten ist

Verhinderung doppelte Inanspruchnahme des Schuldners aus Vollstreckungstitel und
vollstreckbaren Tabellenausfertigung (§ 201 II InsO).

Hierzu aber nicht die Vorlage von Originalurkunden bereits im PT erforderlich;

ausreichend bei der Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung aus der Tabelle (§ 202 II InsO)
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F.
Die Befriedigung der Insolvenzgläubiger
I.
Die Feststellung der Forderungen
1.
Die Forderungsanmeldung
Fall:
Der Beklagte ist IV in dem am 1.7.2002 über das Vermögen der M. GmbH
(Schuldnerin) eröffneten Insolvenzverfahren.
 Die Lieferanten traten ihre Forderungen an die Klägerin ab, die sie sodann nach
Maßgabe der ihr von den Lieferanten übermittelten Rechnungen bei der Schuldnerin
geltend machte. Dazu erstellte die Klägerin zweimal monatlich Debitorenabrechnungen
über vor Insolvenzeröffnung begründete Forderungen, die für den Abrechnungszeitraum
Januar 2002 bis Februar 2002 zu ihren Gunsten einen Forderungsbestand von
3.016.126,47 € ausweisen.
 Diese meldete sie unter Übersendung der Debitorenabrechnung beim IVw an, der der
Forderung bestritt.
 zu Recht?
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Seite 271
F.
Die Befriedigung der Insolvenzgläubiger
I.
Die Feststellung der Forderungen
1.
Die Forderungsanmeldung
BGH, Urt. v. 22.01.2009 – IX ZR 3/08 - ZVI 2009, 105:
 ordnungsgemäße Forderungsanmeldung setzt gem. § 174 II InsO die schlüssige
Darlegung des Lebenssachverhalts voraus, aus dem der Gläubiger seinen Zahlungsanspruch herleitet. Handelt es sich um die Sammelanmeldung einer Mehrzahl von
Forderungen, ist der Darlegungslast für jede Einzelforderung zu genügen.

Grund der Forderung = Klagegrund = Sachverhalt, dem die Forderung entspringt

Individualisierung der Forderung  den IVw und die übrigen Insolvenzgläubiger in den Stand
zu versetzen, den geltend gemachten Schuldgrund zu prüfen
 Entspricht die Anmeldung einer Forderung nicht den Mindestanforderungen oder wird
der Forderungsgrund nach der Anmeldung ausgetauscht, erfordert die Zulässigkeit der
Forderungsfeststellungsklage sowohl eine Neuanmeldung als auch die Durchführung
eines hierauf bezogenen Prüfungstermins

Bewahrung des Widerspruchsrechts
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F.
Die Befriedigung der Insolvenzgläubiger
I.
Die Feststellung der Forderungen
2.
Forderungsprüfung
Prüfungstermin, § 176 InsO
 Festsetzung im Eröffnungsbeschluss, § 29 I Nr. 2 InsO oder durch besonderen
Beschluss
 Prüfung der angemeldeten Forderungen ihrem Betrag und ihrem Rang nach (§ 176 S.1
InsO)




Anwesenheitspflicht des IVw
Forderungsbestreiten durch IVw, Insolvenzgläubiger, Schuldner (§ 178 I InsO)
Einzelerörterung der bestrittenen Forderungen (§ 176 S.2 InsO)
Feststellungswirkung wenn kein Widerspruch (§ 178 I InsO)

Widerspruch des Schuldners hindert Feststellung nicht (§ 178 I 2 InsO); aber
Vollstreckungshindernis (§ 201 II InsO)

Problem: Zulässigkeit des vorläufigen Bestreitens – relevant vor allem in Großverfahren mit
zahlreichen Forderungsanmeldungen; relevant für Kostentragung im Feststellungsprozess bei
sofortigen Anerkenntnis des IV
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F.
Die Befriedigung der Insolvenzgläubiger
I.
Die Feststellung der Forderungen
2.
Forderungsprüfung
 Eintragung des Prüfungsergebnis in die Tabelle (§ 178 II InsO)

InsG: keine materiell-rechtliche Prüfung, sondern nur ordnungsgemäße Anmeldung und
Protokollierung der Widersprüche
 Tabelleneintrag wirkt für festgestellte Forderungen wie rechtskräftiges Urteil (§ 178 III
InsO),

gegenüber IVw und allen Insolvenzgläubigern

Umfang wie angemeldet und geprüft (§ 181 InsO)
 Sonderfall Eigenverwaltung (§ 283 I InsO)

Forderung gilt erst dann als festgestellt, wenn

weder der Insolvenzgläubiger,

noch der Sachwalter,

noch der Schuldner bestritten hat
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F.
Die Befriedigung der Insolvenzgläubiger
I.
Die Feststellung der Forderungen
3.
Forderungsfeststellungsverfahren
 Insolvenzgläubiger bestrittener Forderungen können die Feststellung gegen den
Bestreitenden betreiben (§ 179 I InsO)

Zuständig ist das InsG oder das entsprechende LG (§ 180 I InsO)

Ausn. § 185 InsO
 Bei titulierten Forderungen muss der Bestreitende den Widerspruch verfolgen (§ 179 II
InsO)
 Wird Forderungsfeststellung nicht betrieben, bleibt bestrittene Forderung bei der
Verteilung unberücksichtigt (§ 189 III InsO)
 Sonderfall: bereits über Forderung anhängiger Prozess

Unterbrechung (§ 240 ZPO)

Gläubiger muss Forderung zur Tabelle anmelden, §§ 87, 174 ff. InsO

wird die Forderung dann bestritten, kann der Gläubiger diesen Rechtsstreit aufnehmen (§ 180
II InsO)

Umstellung des Klageantrags von Leistung in Feststellung zur Tabelle
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Seite 275
F.
Die Befriedigung der Insolvenzgläubiger
I.
Die Feststellung der Forderungen
3.
Forderungsfeststellungsverfahren
Fall:
vorläufiges Bestreiten und sofortiges Anerkenntnis
 Kläger hatte im am 1.4.2003 eröffneten Insolvenzverfahren eine Forderung
angemeldet, die im PT vom IVw bestritten wurde.
 Neben dem Bestreitensgrund wurde dem Kläger mitgeteilt: „Sollte Ihre Forderung
bestritten sein, gilt dies einstweilen als vorläufig … Wenn Sie eine weitere Prüfung der
von Ihnen angemeldeten Forderung wünschen, teilen Sie dies bitte schriftlich mit. Sollte
ich nach Prüfung der Unterlagen die Forderung ganz oder teilweise anerkennen,
werden Sie unmittelbar benachrichtigt.”
 Nach Erhebung der Feststellungsklage erkannte der IVw die Forderung an, die
daraufhin zur Tabelle festgestellt wurde. Im Anschluss hieran erklärten die Parteien den
Rechtsstreit für erledigt.
 Das AG hat die Kosten des Rechtsstreits dem Kl. auferlegt. Dessen sofortige
Beschwerde hat das LG zurückgewiesen. Hiergegen richtete sich die zugelassene
Rechtsbeschwerde.
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F.
Die Befriedigung der Insolvenzgläubiger
I.
Die Feststellung der Forderungen
3.
Forderungsfeststellungsverfahren
BGH, Beschl. v. 9.2.2006 - IX ZB 160/04 - NZI 2006, 295:
 vorläufiges Bestreiten in InsO nicht vorgesehen (§ 176 InsO – „bestrittene
Forderungen“). Daher ist auch ein solches vorläufiges Bestreiten als ein Bestreiten
i.S.d. § 179 I InsO anzusehen.
 Hieraus folgt allerdings nicht, dass ein IVw, der eine Forderung „vorläufig” bestreitet, in
jedem Fall genügenden Anlass zur Erhebung der Forderungsfeststellungsklage
Aufnahme eines unterbrochenen Rechtsstreits gem. § 180 II InsO gibt
 IVw macht durch eine solche Erklärung deutlich, dass er die Forderung nur deshalb
bestreitet, weil er sich zu ihr noch nicht abschließend erklären kann. Dann ist es dem
Gläubiger zuzumuten, sich vor Erhebung der Feststellungsklage beim IVw zu
vergewissern, ob dieser seinen Widerspruch aufrechterhält. Hierzu kann er ihm eine
angemessene Frist zur abschließenden Entscheidung setzen.
 Wegen Ausschlussfrist nach § 189 InsO gilt § 93 ZPO nur bis zur erstmaligen
öffentlichen Bekanntmachung des Verteilungsverzeichnisses (§ 188 InsO)
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F.
Die Befriedigung der Insolvenzgläubiger
I.
Die Feststellung der Forderungen
3.
Forderungsfeststellungsverfahren
BFH, Urt. v. 23.02.2005 - VII R 63/03 - DStRE 2005, 850:
 Liegt bei IE bereits ein vom Schuldner angefochtener Steuerbescheid über die im PT
vom FA angemeldete und vom IVe bestrittene Steuerforderung vor, so ist nach § 180 II
iVm. § 185 InsO die Feststellung durch Aufnahme des durch die Insolvenzeröffnung
unterbrochenen Rechtsbehelfs- oder Klageverfahrens zu betreiben.

rechtskräftige Entscheidung  Berichtigung der Insolvenztabelle (§ 183 II InsO).

Ist eine Steuerforderung gegenüber dem IVw durch eine Einspruchsentscheidung
bestandskräftig festgestellt worden, fehlt Feststellungsinteresse für
Forderungsfeststellungsklage.
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F.
Die Befriedigung der Insolvenzgläubiger
I.
Die Feststellung der Forderungen
3.
Forderungsfeststellungsverfahren
BFH, Urt. v. 23.02.2010 – VII R 48/07 - ZIP 2010, 844
 Liegt bei IE eine bestandskräftige Steuerfestsetzung (= Schuldtitel i.S.d. § 179 II InsO)
vor, ist das FA im Falle des Bestreitens der Forderung durch IVw berechtigt, das
Bestehen der angemeldeten Forderung durch Bescheid festzustellen, wenn der IVw die
Unwirksamkeit der Forderungsanmeldung behauptet.
 § 185 S.1 InsO iVm § 251 III AO: Gegenstand des Feststellungsbescheids ist nicht die
Rechtmäßigkeit des die Steuer festsetzenden Steuerbescheids. Sein Regelungsinhalt
geht vielmehr dahin, dass dem Steuergläubiger eine bestimmte Steuerforderung als
Insolvenzforderung zusteht

§ 251 III AO: „Macht die Finanzbehörde im Insolvenzverfahren einen Anspruch aus dem
Steuerschuldverhältnis als Insolvenzforderung geltend, so stellt sie erforderlichenfalls die
Insolvenzforderung durch schriftlichen Verwaltungsakt fest.“
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F.
Die Befriedigung der Insolvenzgläubiger
II.
Verteilung an die Insolvenzgläubiger
Aussonderung
Absonderung
Der Zugriff auf die Masse
Massegläubiger
Insolvenzgläubiger
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Seite 280
F.
Die Befriedigung der Insolvenzgläubiger
II.
Verteilung an die Insolvenzgläubiger
1.
Arten der Verteilung
Zu unterscheiden sind
 Abschlagsverteilung: vor vollständiger Masseverwertung, wenn hinreichende
Barmittel zur Verfügung (§ 187 II InsO)
 Schlussverteilung: nach Abschluss der Masseverwertung (§ 196 InsO)
 Nachtragsverteilung: nach aufgehobenem Insolvenzverfahren (§§ 203 ff. InsO)
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Seite 281
F.
Die Befriedigung der Insolvenzgläubiger
II.
Verteilung an die Insolvenzgläubiger
2.
Allgemeine Voraussetzungen
 Ausreichender Massebestand nach Befriedigung (Rückstellung)

aus- und absonderungsberechtigte Gläubiger

Masseverbindlichkeiten (§§ 53 ff. InsO)

Verfahrenskosten (§ 54 InsO)

Sonstigen Masseverbindlichkeiten (§ 54 InsO)
 allg. Prüfungstermin (§ 187 I InsO)
 Verteilungsverzeichnis (§ 188 InsO)

Niederlegung auf der Geschäftsstelle des InsG

Öffentliche Bekanntmachung
 Ablauf der Ausschlussfristen §§ 189 I, 190 I InsO
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Seite 282
F.
Die Befriedigung der Insolvenzgläubiger
II.
Verteilung an die Insolvenzgläubiger
2.
Allgemeine Voraussetzungen
§ 189 I InsO – bestrittene Forderung
 Nachweis innerhalb der 2-Wochen-Frist,

dass und für welchen Betrag Feststellungsklage erhoben oder

anhängigen Rechtsstreit aufgenommen

Dann: der auf die Forderung entfallende Anteil ist bei der Verteilung zurückzubehalten (§ 189
II InsO)
 nachträgliche Nachweisführung

bei Abschlagsverteilung: Vorabausschüttung in der folgenden Verteilung (§ 192 InsO)

nach Schlussverteilung: Ausschluss von weiteren Verteilungen
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Seite 283
F.
Die Befriedigung der Insolvenzgläubiger
II.
Verteilung an die Insolvenzgläubiger
2.
Allgemeine Voraussetzungen
§ 190 I InsO – absonderungsberechtigte Gläubiger
 Nachweis innerhalb der 2-Wochen-Frist,

dass und für welchen Betrag er auf abgesonderte Befriedigung verzichtet hat

oder bei ihr ausgefallen ist.
 bei Abschlagsverteilung genügt

Nachweis, dass die Verwertung des Gegenstands betrieben wird, an dem das
Absonderungsrecht besteht,

und Glaubhaftmachung des mutmaßlichen Ausfalls (§ 190 II InsO)
 wird Nachweis nicht geführt,

keine Berücksichtigung bei der Verteilung
 Sonderfall: Verwertungsrecht des IVw (§ 190 III InsO
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Seite 284
F.
Die Befriedigung der Insolvenzgläubiger
II.
Verteilung an die Insolvenzgläubiger
2.
Allgemeine Voraussetzungen
BGH, Urt. v. 2.7.2009 - IX ZR 126/08 - ZIP 2009, 1580 – Gehaltsabtretung:
 Absonderungsberechtigte wird in der WVP nur dann bei der Verteilung berücksichtigt,
wenn er 2-Wochen-Frist des § 190 I InsO beachtet hat.

§ 190 InsO gilt auch für das Restschuldbefreiungsverfahren
 Aber: Ausfall steht wegen Zwei-Jahres-Frist des § 114 I InsO noch nicht endgültig fest.

Schätzung

Quotenermittlung auf der Grundlage der Forderungen vorzunehmen, die nach Auslaufen der
Forderungsabtretung im Sinne des § 114 Abs. 1 InsO noch offen ist

BGH: offen gelassen
 der absonderungsberechtigte Gehaltszessionar muss trotzdem Erklärung gem. § 190 I
InsO abgeben
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Seite 285
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II.
Verteilung an die Insolvenzgläubiger
2.
Allgemeine Voraussetzungen
§ 191 I InsO – aufschiebend bedingte Forderung
 volle Berücksichtigung durch Zurückbehaltung des entsprechenden Betrages (§ 191 I
InsO)
 Auskehrung nur bei Bedingungseintritt
 Ausn. bei Schlussverteilung und fernliegenden Bedingungseintritt (§ 192 II InsO)
 wenn Bedingungseintritt gem. § 203 I Nr. 1 InsO
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Seite 286
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Die Befriedigung der Insolvenzgläubiger
II.
Verteilung an die Insolvenzgläubiger
3.
Abschlagsverteilung
§ 187 II 1 InsO: „ Verteilungen an die Insolvenzgläubiger können stattfinden, sooft
hinreichende Barmittel in der Insolvenzmasse vorhanden sind.“
 Voraussetzungen

Allg. Voraussetzungen

Zustimmung GlA, wenn vorhanden, (§ 187 III 3 InsO)

Keine Einwendungen gegen Verteilungsverzeichnis (§ 194 InsO)
 Durchführung

Bestimmung der Abschlagsquote (§ 195 InsO)

Keine Verteilung an nachrangige InsGl (§ 187 II 2 InsO)

Keine Einwendungen gegen Verteilungsverzeichnis (§ 194 InsO)
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Seite 287
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Die Befriedigung der Insolvenzgläubiger
II.
Verteilung an die Insolvenzgläubiger
4.
Schlussverteilung
§ 196 I InsO: „Die Schlussverteilung erfolgt, sobald die Verwertung der Insolvenzmasse mit
Ausnahme eines laufenden Einkommens beendet ist.“
 Durchführung:

Allg. Voraussetzungen

Zustimmung GlA, wenn vorhanden (§ 187 III 3 InsO)

Zustimmung des InsG (§ 196 II InsO)

Keine Einwendungen gegen Verteilungsverzeichnis (§ 197 InsO)
 ein Überschuss ist dem Schuldner herauszugeben (§ 199 InsO)
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II.
Verteilung an die Insolvenzgläubiger
5.
Schlusstermin
§ 197 I 1 InsO: „Bei der Zustimmung zur Schlussverteilung bestimmt das Insolvenzgericht
den Termin für eine abschließende Gläubigerversammlung.“
 Ladung

Beschluss und öffentliche Bekanntmachung (§ 9 InsO)

Ladungsfrist: mind. 1 M, max. 2 M (§ 197 II InsO)
 Gegenstand (§ 197 I 2 InsO)

Erörterung der Schlussrechnung des Verwalters

Erhebung von Einwendungen gegen das Schlussverzeichnis,

Entscheidung der Gläubiger über die nicht verwertbaren Gegenstände der Insolvenzmasse
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Seite 289
F.
Die Befriedigung der Insolvenzgläubiger
II.
Verteilung an die Insolvenzgläubiger
5.
Schlusstermin
Forderungsanmeldung
 Forderungen können noch im SchlussT angemeldet werden
 nehmen aber nicht an der Schlussverteilung teil (h.M., BGH, Beschl. v. 22.03.2007 - IX ZB
8/05 - NZI 2007, 410)

Ausschlussfrist des § 189 I InsO gilt entsprechend

Nach Zustimmung gem. § 196 II InsO und nach Ablauf der Ausschlussfrist angemeldete
Forderungen nehmen an einer Schlussverteilung nicht teil

Schlussverzeichnis ist abschließend: nach Veröffentlichung (§ 188 InsO) Änderungen nur
nach §§ 189 – 193 InsO oder § 4 InsO iVm. § 319 ZPO
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Seite 290
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II.
Verteilung an die Insolvenzgläubiger
5.
Schlusstermin
Fall
RA meldet für seine Mandantin, die X-Volksbank, eine titulierte und eine nicht
titulierte Darlehensforderung an und übersendet dem IVw Ablichtungen der
Darlehensverträge und des Vollstreckungsbescheids.
 Aus den übersandten Unterlagen ergibt sich als Gläubiger die A-Bank. Den
Anmeldungsunterlagen war kein Nachweis darüber beigefügt, dass die A-Bank später
in X-Bank umfirmiert worden war. Der IVw bestreitet im Prüfungstermin die
Forderungen mit dem Hinweis „Aktivlegitimation nicht nachgewiesen“. RA wird hierüber
vom InsG informiert.
 4 Wochen nach der Veröffentlichung gem. § 188 InsO und 4 Tage vor dem Schlusstermin fordert der RA unter Übersendung eines Auszuges aus dem Genossenschaftsregister den IVw auf, das Forderungsbestreiten aufzugeben.
 RA hat Sorge, die X-Volksbank als Mandantin zu verlieren und will die Feststellung der
angemeldeten Forderungen zur Tabelle erreichen.
 Wird er Erfolg haben?
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Seite 291
F.
Die Befriedigung der Insolvenzgläubiger
II.
Verteilung an die Insolvenzgläubiger
5.
Schlusstermin
Lösung
 Einwendung gegen Verteilungsverzeichnis nach § 194 InsO?

gilt nach Gesetzeswortlaut nur für Abschlagsverteilungen
 Änderung des Verteilungsverzeichnisses nach § 193 InsO?

Frist des § 189 I InsO ist abgelaufen

nach § 189 III InsO: die Forderung wird bei der Verteilung nicht berücksichtigt.
 Änderung des Verteilungsverzeichnisses nach § 193 InsO im Schlusstermin?

Einwendungen gegen das Schlussverzeichnis (§ 197 I Nr.2 InsO)

InsG entscheidet durch Beschluss (§ 197 III iVm § 194 II, III InsO)
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Seite 292
F.
Die Befriedigung der Insolvenzgläubiger
II.
Verteilung an die Insolvenzgläubiger
5.
Schlusstermin
 unzulässige Einwendungen (Lit./Rspr):

materiell-rechtliche gegen Bestand einer ins Schlussverzeichnis aufgenommenen Forderung

Einwendungen, mit denen ein InsGl, der die Aufnahmefrist versäumt hat, durch Nachreichung
von Belegen seine Säumnis ausräumen will

BGH (Beschl. v. 22.03.2007 - IX ZB 8/05 - NZI 2007, 410): „Allein die Möglichkeit, im SchlussT
noch Einwendungen vorzubringen, kann nicht dazu führen, dass Forderungen an der
Verteilung teilnehmen, die im bisherigen SchlussVz nicht berücksichtigt waren.“
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Seite 293
F.
Die Befriedigung der Insolvenzgläubiger
II.
Verteilung an die Insolvenzgläubiger
6.
Nachtragsverteilung
 Voraussetzungen (§ 203 I InsO)

Antrag IVw oder InsGl

Anordnung auch von Amts wegen

nach dem Schlusstermin werden

Zurückbehaltene Beträge für die Verteilung frei,

Aus der Insolvenzmasse gezahlte Beträge fließen zurück oder

Gegenstände der Masse ermittelt.

Keine Geringfügigkeit (§ 203 III 1 InsO)

Zahlung Kostenvorschuss, wenn angefordert (§ 203 III 2 InsO)

auch nach Verfahrensaufhebung (§ 203 II InsO)

auch nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit (§ 211 III InsO)

auch im vereinf. Insolvenzverfahren (BGH, Beschl. v. 1.12.2005 – IX ZB 17/04)
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Seite 294
F.
Die Befriedigung der Insolvenzgläubiger
II.
Verteilung an die Insolvenzgläubiger
6.
Nachtragsverteilung
 Anordnung durch Beschluss (§ 203 I InsO)

Zustellung an IVw, Schuldner und antragstellendem InsGl
 Rechtsmittel

Ablehnung der Anordnung


Antragsteller (§ 204 I 2 InsO)
Anordnung

Schuldner ( § 204 II 2 InsO)
 Vollzug (§ 205 InsO)

Verteilung aufgrund des Schlussverzeichnisses

Rechnungslegung gegenüber InsG
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Seite 295
F.
Die Befriedigung der Insolvenzgläubiger
II.
Verteilung an die Insolvenzgläubiger
6.
Nachtragsverteilung
 Fall: Über das Vermögen der S wurde auf Eigenantrag am 30.12.2002 das
Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet.
 Am 8.7.2003 verstarb der Vater der S, der ihren Bruder zum Alleinerben eingesetzt
hatte.
 Mit Beschluss vom 17.6.2004 hob das InsG das Insolvenzverfahren nach Ankündigung
der Restschuldbefreiung auf. Eine Verteilung hatte mangels Masse nicht stattgefunden.
 Am 6.7.2004 erhob die S gegen ihren Bruder Klage wegen ihres Pflichtteilsanspruchs.
Durch rechtskräftiges Urteil vom 16.1.2009 wurde entschieden, dass der Bruder an die
S 33.485,38 € nebst Zinsen zu zahlen hat. Zuvor hatte am 30.12.2008 die Laufzeit der
Abtretungserklärung geendet.
 Das InsG hat mit Beschluss vom 2.4. 2009 die Nachtragsverteilung hinsichtlich des
zugesprochenen Betrags angeordnet. Die sofortige Beschwerde der S hat keinen
Erfolg gehabt. Mit der Rechtsbeschwerde erstrebt sie die Aufhebung des
angefochtenen Beschlusses.
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Seite 296
F.
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II.
Verteilung an die Insolvenzgläubiger
6.
Nachtragsverteilung
BGH, Beschl. v. 2.12.2010 – IX ZB 184/09 - ZIP 2011, 135:
 (Ls.1) Der vom Schuldner durch einen Erbfall während des Insolvenzverfahrens
erworbene Pflichtteilsanspruch gehört zur Insolvenzmasse.
 (Ls.2) Wird der während des Insolvenzverfahrens entstandene Pflichtteilsanspruch erst
nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens anerkannt oder rechtshängig gemacht,
unterliegt er der Nachtragsverteilung.
 Der Antrag des IVw ist nach § 203 I InsO an keine Frist gebunden

Notfrist des § 586 ZPO schon deswegen nicht über § 4 InsO anwendbar, weil
Nachtragsverteilung auch von Amts wegen angeordnet werden kann

Pflichtteilsanspruch entstand mit Erbfall (§§ 2317 I, 1922 I BGB)

§ 852 I ZPO steht nicht entgegen, da Pflichtteilsanspruch bereits vor vertraglichen
Anerkennung oder Rechtshängigkeit als in seiner zwangsweisen Verwertbarkeit aufschiebend
bedingter Anspruch gepfändet werden kann

damit Bestandteil der Insolvenzmasse (§ 36 I 1 InsO)
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Seite 297
F.
Die Befriedigung der Insolvenzgläubiger
II.
Verteilung an die Insolvenzgläubiger
6.
Nachtragsverteilung
 gilt § 295 I Nr. 2 InsO?
 BGH: Nachtragsverteilung, weil der nachträglich eingeklagte Anspruch bis zur
Aufhebung des Insolvenzverfahrens zur Masse gehörte
 Pflichtteilsanspruch selbst ist mit dem Erbfall unbedingt entstanden = iSv. § 35 I
InsO erlangt
 Aufschiebend bedingt ist lediglich die zwangsweise Verwertbarkeit. Diese Wirkung
tritt erst mit der vertraglichen Anerkennung des Anspruchs oder mit Rechtshängigkeit ein (§ 852 I ZPO, § 158 I BGB).
 Die uneingeschränkte, sofortige Verwertbarkeit ist aber keine Voraussetzung der
Zugehörigkeit eines Vermögensgegenstands zur Masse
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Seite 298
F.
Die Befriedigung der Insolvenzgläubiger
II.
Verteilung an die Insolvenzgläubiger
6.
Nachtragsverteilung
„nachträglich ermittelt“ iSv. § 203 I Nr.3 InsO
 weit auszulegen
 Existenz oder Aufenthaltsort eines Massegegenstands muss nicht dem IVw
während des Insolvenzverfahrens unbekannt gewesen sein.
 auch Gegenstände, von deren Existenz der IVw wusste, die er aber irrtümlich für
nicht verwertbar hielt und deswegen nicht zur Masse zog
 ebenso, wenn Gegenstände während der Verfahrensdauer tatsächlich (noch) nicht
verwertbar waren. Für solche Gegenstände kann die Nachtragsverteilung bereits im
Schlusstermin vorbehalten werden
 Nachtragsverteilung stand nicht entgegen, dass die Laufzeit der Abtretungserklärung
nach § 287 II 1 InsO bereits abgelaufen war.
 Nachtragsverteilung  Gegenstände, die während des Insolvenzverfahrens zur
Masse gehörten
 Abtretung  Forderungen, die erst nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens
und dem damit verbundenen Ende des Insolvenzbeschlages entstehen
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Seite 299
G.
Die Beendigung des Insolvenzverfahrens
I. Verfahrenseinstellung
1.
2.
3.
4.
Einstellung mangels Masse
Einstellung nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit
Einstellung wegen Wegfalls des Eröffnungsgrundes
Einstellung mit Zustimmung der Gläubiger
II. Verfahrensaufhebung
1. Aufhebung nach Schlussverteilung
2. Aufhebung nach Planbestätigung
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Seite 300
G.
Die Beendigung des Insolvenzverfahrens
I.
Die Verfahrenseinstellung
1.
Die Einstellung mangels Masse
§ 207 I 1 InsO: „Stellt sich nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens heraus, dass die
Insolvenzmasse nicht ausreicht, die Kosten des Verfahrens zu decken, so stellt das
Insolvenzgericht das Verfahren ein.“
Voraussetzungen
 Masselosigkeit
 bei natP: keine Verfahrenskostenstundung (§ 207 I 2 InsO)
Durchführung
 Anhörung der GlV, des IVw und der MasseGl (§ 207 II InsO)


Kostenvorschuss gem. § 207 I 2 InsO
Verteilung der Barmittel (§ 207 III 1 InsO)

Keine Verwertungspflicht des IVw mehr
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Seite 301
G.
Die Beendigung des Insolvenzverfahrens
I.
Die Verfahrenseinstellung
2.
Einstellung nach Anzeige Masseunzulänglichkeit
§ 211 I InsO:
„Sobald der Insolvenzverwalter die Insolvenzmasse nach § 209 verteilt
hat, stellt das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren ein.“
Voraussetzungen
 Anzeige der Masseunzulänglichkeit nach § 208 InsO
 Abschluss der Masseverwertung (§ 208 III InsO)
 Schlussrechnungslegung des IVw

Allg. Schlussrechnung nach § 66 I InsO

Besondere Rechnungslegungsanforderung nach § 211 II InsO
 Verfahrenskostendeckung, sonst § 207 I InsO
 Verteilung der Masse nach § 209 InsO
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Seite 302
G.
Die Beendigung des Insolvenzverfahrens
I.
Die Verfahrenseinstellung
2.
Einstellung nach Anzeige Masseunzulänglichkeit
Anzeige der Masseunzulänglichkeit (§ 208 I InsO)
 Voraussetzungen

Verfahrenskostendeckung

Keine oder voraussichtlich keine Deckung der sonstigen Masseverbindlichkeiten nach § 55
InsO
 Anzeigepflicht des IV („hat“)
 Keine Prüfungspflicht des InsG

Korrektiv: Haftung des IV nach §§ 60, 61 InsO
 Wirkung der Anzeige

Vollstreckungsverbot (§ 210 InsO)

Befriedigung nach 209 InsO („Insolvenz in der Insolvenz“)
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Seite 303
G.
Die Beendigung des Insolvenzverfahrens
I.
Die Verfahrenseinstellung
2.
Einstellung nach Anzeige Masseunzulänglichkeit
Durchführung
 Einstellung durch Beschluss
 Öffentliche Bekanntmachung, (§§ 215 I 1, 9 InsO)
 Unterrichtung Schuldner, IV, GlA über Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Einstellung
 Löschung der Insolvenzvermerke (§ 215 I 3 InsO)
Kein Rechtsmittel (§ 6 I InsO)
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Seite 304
G.
Die Beendigung des Insolvenzverfahrens
I.
Die Verfahrenseinstellung
2.
Einstellung nach Anzeige Masseunzulänglichkeit
Wirkung
 Schuldner erhält Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis zurück (§ 215 II 1 InsO)
 Rechte der Massegläubiger

Kein Anspruch gegen Insolvenzschuldner
 Rechte der Insolvenzgläubiger (§ 215 II 2 InsO)

Unbeschränkte Vollstreckungsmöglichkeit (§ 201 I InsO)

aus vollstreckbarer Ausfertigung des Tabellenauszugs (§ 201 II InsO)

Ausn.: Restschuldbefreiung (§ 201 III InsO)
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Seite 305
G.
Die Beendigung des Insolvenzverfahrens
I.
Die Verfahrenseinstellung
3.
Einstellung nach Wegfall des Eröffnungsgrunds
§ 212 S. 1 InsO: „Das Insolvenzverfahren ist auf Antrag des Schuldners einzustellen, wenn
gewährleistet ist, dass nach der Einstellung beim Schuldner weder Zahlungsunfähigkeit
noch drohende Zahlungsunfähigkeit noch (…) Überschuldung vorliegt.“
Voraussetzungen (§ 212 InsO)
 Antrag des Schuldners
 Glaubhaftmachung Wegfall des Eröffnungsgrundes
Durchführung
 Öffentliche Bekanntmachung (§ 214 I 1 InsO)
 Niederlegung Antrag auf der Geschäftsstelle (§ 214 I 2 InsO)
 Ablauf der Widerspruchsfrist (§ 214 I 2 InsO)
 Anhörung des Schuldners, IVw, GlA
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Seite 306
G.
Die Beendigung des Insolvenzverfahrens
I.
Die Verfahrenseinstellung
3.
Einstellung nach Wegfall des Eröffnungsgrunds
Entscheidung (§ 214 InsO)
 Sicherstellung Masseansprüche (§ 214 III InsO)
 Beschluss
 Bekanntmachung (§ 215 I InsO)
Wirkung
 Schuldner erhält Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis zurück (§215 II 1 InsO)
 Löschung der Insolvenzvermerke (§ 215 I 3 InsO)
Rechtsmittel
 Jeder Insolvenzgläubiger bei Einstellung (§ 216 I InsO)
 Bei Ablehnung der Schuldner (§ 216 II InsO)
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Seite 307
G.
Die Beendigung des Insolvenzverfahrens
I.
Die Verfahrenseinstellung
4.
Einstellung mit Zustimmung Gläubiger
§ 213 I 1 InsO: „Das Insolvenzverfahren ist auf Antrag des Schuldners einzustellen, wenn
er nach Ablauf der Anmeldefrist die Zustimmung aller Insolvenzgläubiger beibringt, die
Forderungen angemeldet haben.“
Voraussetzungen (§ 213 I InsO)
 Antrag des Schuldners
 Ablauf der Anmeldefrist (§ 28 I 1 InsO)

Ausn.: andere Gl sind nicht bekannt (§ 213 II InsO)
 Zustimmung aller Insolvenzgläubiger
Durchführung
 Öffentliche Bekanntmachung (§ 214 I 1 InsO)
 Niederlegung Antrag auf der Geschäftsstelle (§ 214 I 2 InsO)
 Ablauf der Widerspruchsfrist (§ 214 I 3 InsO)
 Anhörung des Schuldners, IVw, GlA
 Sicherstellung Masseansprüche (§ 214 III InsO)
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Seite 308
G.
Die Beendigung des Insolvenzverfahrens
I.
Die Verfahrenseinstellung
4.
Einstellung mit Zustimmung Gläubiger
Entscheidung (§ 214 InsO)
 Sicherstellung Masseansprüche (§ 214 III InsO)
 Beschluss
 Bekanntmachung (§ 215 I InsO)
Wirkung
 Schuldner erhält Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis zurück (§ 215 II 1 InsO)
 Löschung der Insolvenzvermerke (§ 215 I 3 InsO)
Rechtsmittel
 Jeder Insolvenzgläubiger bei Einstellung (§ 216 I InsO)
 Bei Ablehnung der Schuldner (§ 216 II InsO)
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Seite 309
G.
Die Beendigung des Insolvenzverfahrens
II.
Die Verfahrensaufhebung
1.
Aufhebung nach Schlussverteilung
§ 200 I InsO: „ Sobald die Schlussverteilung vollzogen ist, beschließt das Insolvenzgericht
die Aufhebung des Insolvenzverfahrens.“
Durchführung
 Öffentliche Bekanntmachung (§§ 200 II 1, 9 InsO)
 Löschung Insolvenzvermerke (§§ 200 II 2, 31- 33 InsO)
Wirkung
 Amt des Ivw endet
 Schuldner erhält Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis zurück
 Ausschluss von Massegläubigern (§ 206 InsO)
Rechte der Massegläubiger
 Befriedigung nur aus Mitteln, die nach Schlussverteilung in der Masse verblieben sind
(§ 206 Nr.2 InsO)
 Kein Anspruch gegen Insolvenzschuldner
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Seite 310
G.
Die Beendigung des Insolvenzverfahrens
II.
Die Verfahrensaufhebung
1.
Aufhebung nach Schlussverteilung
Rechte der Insolvenzgläubiger
 Unbeschränkte Vollstreckungsmöglichkeit (§ 201 I InsO)
 aus vollstreckbarer Ausfertigung des Tabellenauszugs (§ 201 II InsO)
 Ausn.: Restschuldbefreiung (§ 201 III InsO)
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Seite 311
H.
I.
II.
III.
IV.
V.
VI.
VII.
VIII.
IX.
Das Insolvenzplanverfahren
Einführung
Gerichtliche Vorprüfung
Planinhalt
Abstimmungsverfahren
Planbestätigung
Planwirkung
Aufhebung Insolvenzverfahren
Planüberwachung
weitere Neuregelungen durch das ESUG
1. Masseunzulänglichkeit
2. Nachbesserungsrecht des Insolvenzverwalters
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Seite 312
H.
Das Insolvenzplanverfahren
I.
Einführung
§ 1 S.1 InsO: "Das Insolvenzverfahren dient dazu, die Gläubiger eines Schuldners
gemeinschaftlich zu befriedigen, (…) oder in einem Insolvenzplan eine abweichende
Regelung insbesondere zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird.“
 Str: Rechtsnatur des Insolvenzplans

h.M.: schuldrechtlicher Vertrag sui generis zwischen Schuldner und seinen Gläubigern
 Gesetzgeberische Ziele

Maßstab für die Sanierung des Schuldners/-unternehmens sollen wirtschaftliche und nicht
rechtliche Erwägungen sein

maßgeschneiderter Ausweg für problematische Insolvenzverfahren

das Sanierungsverfahren soll zwischen Schuldner und seinen Gläubigern ausgehandelt und
nicht vom InsG auferlegt werden

Stärkung der Gläubigerautonomie – Entscheidung zwischen

Einbeziehung des Schuldners (Vorbild: amerikanisches Chapter 11 Verfahren) oder

Unterwerfung des Schuldners unter die Verwertungsmaßnahmen des Ivw
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Seite 313
H.
Das Insolvenzplanverfahren
I.
Einführung
ESUG: Gesetzesbegründung
 Verfahrensleitende Insolvenzpläne und verfahrensbegleitende Teil-Insolvenzpläne
sollen zulässig sein

bisher streitig

Ausbund der privatautonomen Verfahrensgestaltung

keine Änderung der planfesten Regelungen, wie z.B. das Forderungsprüfungs- und
feststellungsverfahren
 Gesellschafterrechte sollen in den Insolvenzplan einbezogen werden

Kapitalherabsetzung oder Kapitalerhöhung

Anteilsübertragung

Fortsetzungsbeschluss
 Es sollen auch Schulden in Gesellschafterrechte umgestaltet werden können

„debt-equity-swap“
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Seite 314
H.
Das Insolvenzplanverfahren
I.
Einführung
§ 217 InsO - Grundsatz
„Die Befriedigung der absonderungsberechtigten Gläubiger und der Insolvenzgläubiger,
die Verwertung der Insolvenzmasse und deren Verteilung an die Beteiligten sowie die
Verfahrensabwicklung und die Haftung des Schuldners nach der Beendigung des
Insolvenzverfahrens können in einem Insolvenzplan abweichend von den Vorschriften
dieses Gesetzes geregelt werden. Ist der Schuldner keine natürliche Person, so
können auch die Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte der am Schuldner beteiligten
Personen in den Plan einbezogen werden.“ (rot ESUG)
 Möglichkeit zur Abweichung von den dispositiven Vorschriften der InsO

Befriedigung der Absonderungs- und Insolvenzgläubiger

Verwertung der Insolvenzmasse,

Verteilung der Insolvenzmasse an die Beteiligten,

Haftung des Schuldners nach Beendigung des Verfahrens
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Seite 315
H.
Das Insolvenzplanverfahren
I.
Einführung
Fall: Plan legt Formel zur Berechnung der Forderungen der geschädigten Anleger fest;
alle anderen Insolvenzgläubiger sollen nach den Vorschriften des
Regelinsolvenzverfahrens ermittelt werden. Zulässig?
BGH, Beschl. v. 05.02.2009 - IX ZB 230/07 - NZI 2009, 230 - Phönix
 InsPlan darf nur plandispositive Gegenstände regeln.
 von planfesten Vorschriften darf nur dann abgewichen werden, wenn es durch
Sondervorschriften ausdrücklich zugelassen ist
 planfest sind Regelungen über die Feststellung der Forderungen nach §§ 174ff. InsO

die §§ 174ff. InsO garantieren den Gläubigern das Recht, ihre Forderungen in einem
formalisierten Prüfungsverfahren feststellen zu lassen und im Fall des Widerspruchs
gerichtlich zu verfolgen

diese rechtlichen Garantien können den Gläubigern nicht durch einen Insolvenzplan entzogen
werden
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Seite 316
H.
Das Insolvenzplanverfahren
I.
Einführung
Vorlage, § 218 InsO (IV, Schuldner)
Berichtstermin - Prüfungstermin
Erörterungstermin – Abstimmungstermin, § 235 InsO
• Gestaltender und darstellender Teil ( §§ 220, 221 InsO)
• Gruppenbildung ( § 222 InsO), Abstimmung in Gruppen ( § 243 InsO)
• Kopf- und Summenmehrheit (§ 244 InsO)
• Ersatz von fehlenden Zustimmungen
• Keine Beteiligung von Gesellschaftern
Bestätigungstermin, § 252 InsO
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Seite 317
H.
Das Insolvenzplanverfahren
I.
Einführung
Planarten
 Sanierungsplan

(Unternehmensanalyse, Auswirkungen der Krise),
 Übertragungsplan,
 Liquidationsplan
 „prepackaged“-Plan,

wird bereits vor Antragstellung vorbereitet und mit der Antragstellung vorgelegt (§ 218 I 2
InsO).

Bedarf nur noch der Absegnung durch InsG und der Zustimmung der InsGl

belässt Schuldner die Initiative in der Krisensituation, die er mit einem Antrag auf
Eigenverwaltung (§§ 270 ff. InsO) noch steigern kann
 Verfahrensleitender bzw. –begleitender Plan (ESUG)
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Seite 318
H.
Das Insolvenzplanverfahren
I.
Einführung
Anwendungsbereich
 das Insolvenzplanverfahren kann zur Verfahrensabwicklung gewählt werden in
Insolvenzverfahren über das Vermögen von
 juristischen Personen
 Personengesellschaften
 natürliche Personen

wenn selbständige Tätigkeit und > 19 Gläubiger

Ausnahme (§§ 312 II, 304 InsO)
 derzeit oder früher keine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit
 bei „Kleinselbständigen“.
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Seite 319
H.
Das Insolvenzplanverfahren
I.
Einführung
Planinitiative
 zur Vorlage eines InsPlan befugt ist

der Schuldner (§ 218 I InsO)

der IVw mit beratender Unterstützung durch den GlA (§ 281 I, III InsO)

die GlVers kann den IVw mit der Planerstellung beauftragen (§ 218 II InsO)
 Beachte:

Werden mehrere Pläne vorgelegt, muss jeder durch das InsG geprüft und zur Abstimmung
gebracht werden

nach dem Schlusstermin kann kein InsPlan mehr vorgelegt werden (§ 218 I 3 InsO)
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RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel
Seite 320
H.
Das Insolvenzplanverfahren
II.
Gerichtliche Vorprüfung
 Prüfungspflicht des InsG (folgt aus § 231 InsO)
 Zurückweisungsgründe (§ 231 I InsO):

(Nr.1) wenn die Vorschriften über das Recht zur Vorlage und den Inhalt des Plans nicht
beachtet sind und der Vorlegende den Mangel nicht beheben kann oder innerhalb einer
angemessenen, vom Gericht gesetzten Frist nicht behebt;

(Nr.2) wenn ein vom Schuldner vorgelegter Plan offensichtlich keine Aussicht auf Annahme
durch die Gläubiger oder auf Bestätigung durch das Gericht hat;

(Nr.3) wenn die Ansprüche, die den Beteiligten nach dem gestaltenden Teil eines vom
Schuldner vorgelegten Plans zustehen, offensichtlich nicht erfüllt werden können;

(Abs. 2) neuer Schuldnerplan, auf Antrag des IV mit Zustimmung eines bestellten GlA
 Rechtsmittel: sofortige Beschwerde (§ 231 III InsO)
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RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel
Seite 321
H.
Das Insolvenzplanverfahren
II.
Gerichtliche Vorprüfung
§ 231 I Nr.2 InsO: "ein vom Schuldner vorgelegter Plan offensichtlich keine Aussicht auf
Annahme durch die Gläubiger oder auf Bestätigung durch das Gericht“
BGH, Beschl. v. 16.12.2010 – IX ZB 21/09 - ZIP 2011, 340
 Bei der anzustellenden Prognose ist in erster Linie der Inhalt des Planes selbst zu
berücksichtigen.
 In die Beurteilung können aber auch im Verfahren bereits erfolgte Stellungnahmen der
Gläubiger einbezogen werden

mit Vorsicht zu bewerten, weil sich die Meinung der Gläubiger bis zur Erörterung und
Abstimmung über den Plan noch ändern kann.
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RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel
Seite 322
H.
Das Insolvenzplanverfahren
II.
Gerichtliche Vorprüfung
wenn keine Planzurückweisung nach § 231 InsO
 Einholung der Stellungnahmen durch das InsG (§ 232 InsO)

GlA, Betriebsrat und Ausschuss der leitenden Angestellten,

Schuldner, wenn IV den Plan vorgelegt hat,

IV, wenn Schuldner den Plan vorgelegt hat.

(„kann“) auch IHK, HWK oder andere sachkundige Stellen
 ggfls. Aussetzung der Verwertung und Verteilung (§ 233 InsO)

Gefährdung der Durchführung eines vorgelegten Plans durch die Fortsetzung der Verwertung
und Verteilung der Insolvenzmasse

Antrag des IV oder Schuldners
 Erörterungs- und Abstimmungstermin (§ 235 InsO)
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RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel
Seite 323
H.
Das Insolvenzplanverfahren
III.
Planinhalt
§ 219 InsO - Gliederung des Plans: „Der Insolvenzplan besteht aus dem darstellenden
Teil und dem gestaltenden Teil. Ihm sind die in den §§ 229 und 230 genannten Anlagen
beizufügen“
 Darstellender Teil
 gestaltender Teil
 Anlagen
 Vermögensübersicht, Ergebnis- und Finanzplan (§ 229 InsO)
 Bereitschaftserklärung des Schuldners zur Fortführung des Unternehmens auf der Grundlage
des Plans (§ 231 I InsO)
 Zustimmungserklärungen zur Übernahme von Mitgliedschaftsrechten (§ 231 II InsO)
 Verpflichtungserklärungen Dritter (§ 231 III InsO)
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Seite 324
H.
Das Insolvenzplanverfahren
III.
Planinhalt
§ 229 InsO – Vermögensübersicht. Ergebnis- und Finanzplan.
„ (….) Ergänzend ist darzustellen, welche Aufwendungen und Erträge für den Zeitraum,
während dessen die Gläubiger befriedigt werden sollen, zu erwarten sind und durch welche
Abfolge von Einnahmen und Ausgaben die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens während
dieses Zeitraums gewährleistet werden soll. 3Dabei sind auch die Gläubiger zu
berücksichtigen, die zwar ihre Forderungen nicht angemeldet haben, jedoch bei der
Ausarbeitung des Plans bekannt sind.“
Gesetzesbegründung für S. 3 (ESUG)
 diese Vorschrift soll zusammen mit §§ 259a, b InsO das Risiko mindern, dass ein Plan
nach rechtskräftiger Bestätigung durch nachträglich angemeldete Forderungen zu Fall
gebracht wird
 Planersteller hat in der Vermögensübersicht und im Ergebnis- und Finanzplan alle ihm
bekannten Forderungen zu berücksichtigen
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RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel
Seite 325
H.
Das Insolvenzplanverfahren
III.
Planinhalt
Zulässigkeit von Ausschlussklauseln im Insolvenzplan?
Pro
 ein Plan kann nach rechtskräftiger Bestätigung durch nachträglich angemeldete
Forderungen zu Fall gebracht wird
Contra
 keine gesetzliche Grundlage (BGH, Urt. v. 10.5.2012 – IX ZR 206/11 - ZIP 2012, 1359 Tz. 10)

Der völlige Verlust einer Forderung als Folge einer Ausschlussfrist stellt einen erheblichen
Eingriff in das Eigentumsrecht des Gläubigers (Art. 14 I GG)
 dem Planverfahren kommt keine Ausschlusswirkung zu (RegE zu § 259a, b InsO BT-Drcks.
17/5712 S. 37)
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Seite 326
H.
Das Insolvenzplanverfahren
III.
Planinhalt
darstellender Teil des Plans (§ 220 InsO)
= Information der Gläubiger und des Insolvenzgerichts über





Planziel und Planverlauf
Bestandaufnahme bzgl. Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage
Art der Verwertung und woher Geld zur Verwertung kommen soll,
Art und Umfang der Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften,
Angabe und Erläuterung von Betriebsänderungen und anderen organisatorischen sowie
personellen Maßnahmen,
 Angaben über Umfang der Gläubigerbefriedigung ohne Insolvenzplan,
 Darstellung der Chancen und Risiken
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RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel
Seite 327
H.
Das Insolvenzplanverfahren
III.
Planinhalt
Frage: muss im darstellenden Teil des Plans auf eine rechtskräftige Verurteilung des
Schuldners wegen Bankrottstraftaten hingewiesen werden?
 Versagungsgrund gem. §§ 290 I Nr.1, 297 InsO
 Schuldner erlangt regelmäßig RSB (§ 227 InsO)
 offengelassen BGH (Beschl. v. 19.5.2009 - IX ZB 236/07 - NZI 2009, 515), aber keine Pflicht zur
allgemeinen Angaben zu Versagungsgründen
 BGH (Beschl. v. 13.10.2011 – IX ZB 37/08 – ZIP 2012, 187) : Werden in den darstellenden Teil des
Insolvenzplans die vom Schuldner begangenen Insolvenzstraftaten (§§ 283 bis 283c
StGB) nicht aufgenommen, ist die Bestätigung des Plans nur zu versagen (§ 250 Nr. 1
InsO), wenn der Plan auf eine Unternehmensfortführung abzielt
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Seite 328
H.
Das Insolvenzplanverfahren
III.
Planinhalt
Gestaltender Teil des Plans, § 221 InsO: „Im gestaltenden Teil des Insolvenzplans wird
festgelegt, wie die Rechtsstellung der Beteiligten durch den Plan geändert werden soll.“
 Regelungsgegenstand (§ 217 InsO)
 die im gestaltenden Teil festgelegten Regelungen treten erst mit Rechtskraft der
Bestätigung des InsPlans durch das InsG ein (§ 254 InsO).
 Nach § 257 InsO kann gegen den Schuldner aus dem Plan vollstreckt werden; die
Regelungen müssen demnach hinreichend bestimmt sein
 Einschränkungen der Gestaltungsfreiheit  §§ 222 ff. InsO
 Eingriff in die Rechtsstellung der absonderungsberechtigten Gläubiger (§ 223 InsO)
 Eingriff in die Rechtsstellung der Insolvenzgläubiger (§ 224 InsO)
 Mindestquoten für Gläubiger sind nicht vorgeschrieben
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Seite 329
H.
Das Insolvenzplanverfahren
III.
Planinhalt
Gruppenbildung
 Die Festlegung der Rechte der Beteiligten erfolgt in Gruppen (§ 222 InsO)

kein Gleichbehandlungsgebot zwischen den einzelnen Gruppen

aber: Gleichbehandlungsgebot innerhalb der Gruppen


Ausnahmen nur mit Zustimmung aller Betroffenen (§ 226 II InsO)

Nichtigkeit vorteilsgewährender Sondervereinbarungen (§ 226 III InsO)
Die Gruppen müssen sachgerecht voneinander abgegrenzt werden.

Die Kriterien für die Abgrenzung sind im Plan anzugeben (§ 222 II InsO)
 doppelte Differenzierung

Gläubiger mit unterschiedlicher Rechtsstellung (§ 222 I InsO):
 der absonderungsberechtigten Gläubiger, wenn durch den Plan in deren Rechte eingegriffen wird,
 der nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger,
 der einzelnen Rangklassen der nachrangigen Insolvenzgläubiger, soweit deren Forderungen nicht
nach § 225 als erlassen gelten sollen.

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!! Erlass ist Regelfall
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Seite 330
H.
Das Insolvenzplanverfahren
III.
Planinhalt
 Aus den Gläubigern mit gleicher Rechtsstellung können Gruppen gebildet werden, in
denen Gläubiger mit gleichartigen wirtschaftlichen Interessen zusammengefasst
werden (§ 222 II 1 InsO), wie z.B.
 Gruppe der Arbeitnehmer, § 222 III 1 InsO
 Gruppe der Kleingläubiger, § 222 III 2 InsO
 z.B. Differenzierung der Grundpfandrechtsgläubiger nach Rangklasse und
Befriedigungsaussichten („single asset real estate case“)

unzulässig: Gruppe, die Gläubiger mit werthaltigen und nicht werthaltigen
Absonderungsrechten in sich vereint (BGH, Beschl. v. 7.7.2005 – IX ZB 266/04 – ZIP 2005, 1648)
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Seite 331
H.
Das Insolvenzplanverfahren
III.
Planinhalt
Debt-Equity-Swap
§ 222 InsO - Gruppenbildung
„(1) (…) 4. den am Schuldner beteiligten Personen, wenn der Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte in dem Plan einbezogen werden.“ (…)
(3) (…) 2Für Kleingläubiger und geringfügig beteiligte Anteilsinhaber mit einer Beteiligung
am Kapital von weniger als einem Prozent oder weniger als 1000 Euro können besondere
Gruppen gebildet werden.“
Gesetzesbegründung
 Folgeänderung zur Einbeziehung der Anteils- und Mitgliedschaftsrechte in die
Abstimmung über den Insolvenzplan
 Gesellschafter müssen nicht zwangsläufig gleich behandelt werden, es können je nach
Interessenlage unter ihnen verschiedene Gruppen gebildet werden
 (Abs. 3) eine besondere Behandlung der Kleingesellschafter, die keinen
unternehmerischen Einfluss ausüben können, ist zulässig
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Seite 332
H.
Das Insolvenzplanverfahren
III.
Planinhalt
Debt-Equity-Swap
§ 225a InsO – Rechte der Anteilsinhaber
„(1) Die Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte der am Schuldner beteiligten Personen bleiben
vom Insolvenzplan unberührt, es sei denn, dass der Plan etwas anderes bestimmt.
 Ausnahmen vom Grundsatz, dass die Gesellschafterrechte vom Insolvenzverfahren
unberührt bleiben, können im Insolvenzplan geregelt werden
(2) Im gestaltenden Teil des Plans kann vorgesehen werden, dass Forderungen von
Gläubigern in Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte am Schuldner umgewandelt werden. Eine
Umwandlung gegen den Willen der betroffenen Gläubiger ist ausgeschlossen.
Insbesondere kann der Plan eine Kapitalherabsetzung oder -erhöhung, die Leistung von
Sacheinlagen, den Ausschluss von Bezugsrechten oder die Zahlung von Abfindungen an
ausscheidende Anteilsinhaber vorsehen.2
 „Debt-equity-swap“
 Geeignetes Instrument, über eine wertlose Forderung gesellschaftsrechtlichen Einfluss
auf das Unternehmen gewinnen zu können
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Seite 333
H.
Das Insolvenzplanverfahren
III.
Planinhalt
Debt-Equity-Swap
 die Rechte der Gesellschafter werden durch deren Beteiligung im Insolvenzverfahren
gewahrt

eigene Gruppe (§ 222 I 2 Nr. 4 InsO ESUG)

Minderheitenschutz (§ 251 InsO ESUG)

Rechtsmittel gegen Planbestätigung (§ 253 InsO ESUG)
 nicht gegen den Willen des betroffenen Gläubiger

Individualrecht eines jeden Gläubigers

keine Zustimmungsersetzung
 der Plan hat die rechtliche Gestaltung des „Debt-equity-swap“ im Einzelnen zu regeln


z.B. Kapitalherabsetzung mit anschließender Kapitalerhöhung und Einbringung der
Forderungen als Sacheinlage

Wertfeststellung durch Gutachten

bei AktG: Bezugsrechtsausschluss der Altaktionäre
Regelung hinsichtlich bestellter Sicherheiten
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Seite 334
H.
Das Insolvenzplanverfahren
III.
Planinhalt
Debt-Equity-Swap

Registereintragung der Beschlüsse

regelmäßig das Organ der Schuldnerin

nach § 254a II InsO ESUG auch der Insolvenzverwalter
 Gläubiger kommt Sanierungsprivileg des § 39 IV 2 InsO oder das Kleinstbetragsprivileg
(§ 39 V InsO) zugute

es ist davon auszugehen, dass der Anteilserwerb durch Debt-equity-swap zum Zwecke der
Sanierung erfolgte
 eine Überbewertung der Sacheinlage führt nicht zur Differenzhaftung des Einlegers (vgl.
z.B. § 9 GmbHG) gegenüber dem Schuldner (§ 254 IV InsO ESUG)

Kalkulationssicherheit
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H.
Das Insolvenzplanverfahren
III.
Planinhalt
Debt-Equity-Swap
(3) Im Plan kann jede Regelung getroffen werden, die Gesellschaft rechtlich zulässig ist,
insbesondere die Fortsetzung einer aufgelösten Gesellschaft oder Übertragung von Anteilsoder Mitgliedschaftsrechten.
 Abs. 3 ermöglicht eine Änderung der gesellschaftsrechtlichen Strukturen entsprechend
den Bedürfnissen des Planverfahrens auch außerhalb des „Debt-equity-swap“
 Fortsetzungsbeschluss

Kapitalgesellschaft wird durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelöst
 Übertragung von Beteiligungen des Schuldners an Dritte
 Rechte der Gesellschafter durch Möglichkeit zur Bildung einer eigenen Gruppe gewahrt
 bei nicht ausreichender Kompensation der in den Plan einbezogenen
Gesellschafterrechte ist dieser auf Antrag abzuweisen (§ 251 III ESUG)
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H.
Das Insolvenzplanverfahren
III.
Planinhalt
Debt-Equity-Swap
(4) Maßnahmen nach Absatz 2 oder 3 berechtigen nicht zum Rücktritt oder zur Kündigung
von Verträgen, an denen der Schuldner beteiligt ist. Sie führen auch nicht zu einer
anderweitigen Beendigung der Verträge. Entgegenstehende vertragliche Vereinbarungen
sind unwirksam. Von den Sätzen 1 und 2 bleiben Vereinbarungen unberührt, welche an
eine Pflichtverletzung des Schuldners anknüpfen, sofern sich diese nicht darin erschöpft,
dass eine Maßnahme nach Absatz 2 oder 3 in Aussicht genommen oder durchgeführt wird.
 nach Abs. 4 soll eine planbedingte Änderung der Gesellschafterstruktur von
Vertragspartnern des Schuldners nicht zum Anlass genommen werden können, die mit
diesem bestehenden Vertragsbeziehungen zu beenden, um nicht die Erreichung des
Planzwecks zu gefährden
 gilt insbesondere für die Change of Control-Klauseln
 unberührt bleiben Lösungsklauseln, die nicht allein an die Maßnahmen nach Abs.2 u 3,
sondern an weitergehende Pflichtverletzungen knüpfen
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
Seite 337
H.
Das Insolvenzplanverfahren
III.
Planinhalt
Debt-Equity-Swap
(5) Stellt eine Maßnahme nach Absatz 2 oder 3 für eine am Schuldner beteiligte Person
einen wichtigen Grund zum Austritt aus der juristischen Person oder Gesellschaft ohne
Rechtspersönlichkeit dar und wird von diesem Austrittsrecht Gebrauch gemacht, so ist für
die Bestimmung der Höhe eines etwaigen Abfindungsanspruchs die Vermögenslage
maßgeblich die sich bei einer Abwicklung des Schuldners eingestellt hätte. Die Auszahlung
des Abfindungsanspruchs kann zur Vermeidung einer unangemessenen Belastung der
Finanzlage des Schuldners über einen Zeitraum von bis zu drei Jahren gestundet werden.
Nicht ausgezahlte Abfindungsguthaben sind zu verzinsen.“
 es soll verhindert werden, dass Abfindungsansprüche der planbedingt oder durch
Ausübung eines Austrittsrechts ausscheidenden Gesellschafter zu einer die Sanierung
gefährdenden Belastung des Schuldners führt.
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H.
Das Insolvenzplanverfahren
III.
Planinhalt
Debt-Equity-Swap
§ 230 InsO – weitere Anlagen
„(1) (….) 2 Ist der Schuldner eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit oder eine
Kommanditgesellschaft auf Aktien, so ist dem Plan eine entsprechende Erklärung der
Personen beizufügen, die nach dem Plan persönlich haftende Gesellschafter des
Unternehmens sein sollen.(…)
(2) Sollen Gläubiger Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte oder Beteiligungen an einer
juristischen Person, einem nicht rechtsfähigen Verein oder einer Gesellschaft ohne
Rechtspersönlichkeit übernehmen, so ist dem Plan die Erklärung des Dritten beizufügen.“
Gesetzesbegründung
 Plananlage ist erforderlich, wenn beim „Debt-Equity-Swap“ vom eintretenden
Anteilseigner eine persönliche Haftung übernommen wird.
 die Erklärung nach § 230 II InsO ist notwendige Plananlage beim „Debt-Equity-Swap,
weil die Umwandlung der Forderung in Anteilsrechte nicht gegen den Willen des
Gläubigers erfolgen darf.
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Seite 339
H.
Das Insolvenzplanverfahren
III. Planinhalt
 Möglichkeit dinglicher Regelungen, § 228 InsO

die erforderliche WE muss in den gestaltenden Teil enthalten sein

Rechtskräftige Planbestätigung ist aufschiebende Bedingung für Wirksamkeit

Weitere Akte zur Rechtsänderung (z.B. Übergabe) werden indes nicht ersetzt
 Kein Eingriff in Rechtsstellung

Massegläubiger
 diese sind voll zu befriedigen (§§ 26, 258 II InsO)

Aussonderungsberechtigte
 diese erhalten ihre Vermögensgegenstände aus der Masse (§ 47 InsO)
 Je nach Einzelfall sind ergänzende Regelungen vorzusehen:
 Kapitalmaßnahmen
 Finanzierungssachverhalte
 Investitionen
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
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Seite 340
H.
Das Insolvenzplanverfahren
III.
Planinhalt
Frage: kann in einem Plan – als Voraussetzung für eine Teilnahme an der Verteilung festgelegt werden, dass die Gläubiger von wirksam bestrittenen Insolvenzforderungen
innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Wochen nach Verkündung der gerichtlichen
Bestätigung des Plans im ordentlichen Verfahren Klage gegen den Bestreitenden auf
Feststellung zur Tabelle erheben und dem Sachwalter nachzuweisen haben, dass
Feststellungsklage erhoben sei?
BGH, Beschl. v. 15.7.2010 – IX ZB 65/10 - ZIP 2010, 1499
 die Vorschriften über die Feststellung der Forderungen der Insolvenzgläubiger können
in einem Insolvenzplan nicht abbedungen werden
 Abbedungen werden können aber die Vorschriften über die Verteilung (§ 217 InsO).

die §§ 188, 189 InsO befinden sich im Abschnitt „Verteilung“ des fünften Teils der
Insolvenzordnung. Sie können durch den Insolvenzplan modifiziert werden.

Beginn der Ausschlussfrist: erst mit Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses
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Das Insolvenzplanverfahren
IV.
Abstimmungsverfahren
Erörterungs- und Abstimmungstermin
Erörterungs- und Abstimmungstermin (§ 235 InsO)
 "soll" innerhalb eines Monats nach Planvorlage (§ 235 I 2 InsO)
 darf nicht vor dem Prüfungstermin stattfinden, aber kann mit diesem verbunden werden
(§ 236 InsO)
 öffentliche Bekanntmachung unter Hinweis auf die Möglichkeit zur Einsicht in den Plan
auf der Geschäftsstelle (§ 235 II InsO)

in der Ladung ist der Terminort zutreffend anzugeben, andernfalls liegt keine wirksame
Ladung vor (BGH, Beschl. v. 15.7.2010 – IX ZB 65/10 - ZIP 2010, 1499, Tz. 30)
 besondere Ladung der InsGl, etc. unter Beifügung Plan oder einer Zusammenfassung
der wesentlichen Inhalte (§ 235 III InsO)
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Seite 342
H.
Das Insolvenzplanverfahren
IV.
Abstimmungsverfahren
Erörterungs- und Abstimmungstermin
 Feststellung des Stimmrechtes der Gläubiger, §§ 237, 77 InsO

Stimmrecht wird in einer Stimmliste festgehalten

Stimmrecht haben InsGl mit angemeldeten und nicht bestrittenen Forderungen (§§ 237 I 1, 77
I 1 InsO)

Stimmrechtsfeststellung bei bestrittenen Forderungen gem. §§ 237 I, 77 II InsO


Einigung zwischen Verwalter und erschienenen stimmberechtigten Gläubiger

andernfalls: Entscheidung des Insolvenzgerichts

bedeutsam, weil im anschließenden Verfahren über die Bestätigung des Insolvenzplans die
Feststellung zum Stimmrecht nicht mehr überprüft werden (BGH, Beschl. v. 23.10.2008 – IX ZB 235/06 –
ZIP 2008, 2428)
kein Stimmrecht haben

nachrangige InsGl, wenn nicht gem. § 174 III InsO zur Forderungsanmeldung aufgefordert,

die Gläubiger, in deren Rechte durch den Plan nicht eingegriffen wird

Absonderungsgläubiger haben gem. § 237 I 2 InsO nur Stimmrecht in der Höhe, in der sie als InsGl
teilnehmen (nach Verzicht auf Absonderung oder in Höhe des Ausfalls)
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Seite 343
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Das Insolvenzplanverfahren
IV.
Abstimmungsverfahren
Erörterungs- und Abstimmungstermin
§ 235 InsO – Erörterung und Abstimmungstermin
„(1) (….) und das Stimmrecht der Beteiligten erörtert (…). 3 Er kann gleichzeitig mit der
Stellungnahme nach § 232 anberaumt werden.
(…)
(3) (…) 3Sind die Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte der am Schuldner beteiligten
Personen in den Plan einbezogen, sind auch diese Personen gemäß den Sätzen 1 und 2
zu laden; dies gilt nicht für Aktionäre oder Kommanditaktionäre. 4Für börsennotierte
Gesellschaften findet § 121 Absatz 4a des Aktiengesetzes entsprechende Anwendung; sie
haben eine Zusammenfassung des wesentlichen Inhalts des Plans über Ihre Internetseite
zugänglich zu machen.“


zur Verfahrensbeschleunigung sollen zeitgleich mit der Terminbestimmung die in §
232 InsO genannten Beteiligten zum Insolvenzplan angehört werden
wenn die Anteilseigner in den Plan einbezogen werden, müssen sie auch zum Termin
gesondert geladen werden
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Seite 344
H.
Das Insolvenzplanverfahren
IV.
Abstimmungsverfahren
Erörterungs- und Abstimmungstermin
§ 238a InsO – Stimmrecht der Anteilsinhaber
„(1) Das Stimmrecht der Anteilsinhaber des Schuldners bestimmt sich allein nach deren
Beteiligung am gezeichneten Kapital oder Vermögen des Schuldners.
Stimmrechtsbeschränkungen, Sonder- oder Mehrstimmrechte bleiben außer Betracht.
(2) § 237 Abs. 2 gilt entsprechend.“
 in der Insolvenz kann lediglich noch die Kapitalbeteiligung relevant sein, die im Einzelfall
zu ermitteln ist. Bei Kapitalgesellschaften ist auf das eingetragene Haftkapital
abzustellen
 bei stimmrechtslosen Vorzugsaktien

Stimmrecht im Planverfahren

kein finanzieller Ausgleich für das fehlende Stimmrecht in der Insolvenz
 durch die Verweisung auf § 237 II InsO wird klargestellt, das Anteilseigner nur dann ein
Stimmrecht haben, wenn durch den Plan in deren Rechte eingegriffen wird.
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Seite 345
H.
Das Insolvenzplanverfahren
IV.
Abstimmungsverfahren
Erörterungs- und Abstimmungstermin
 Abstimmung erfolgt in Gruppen (§ 243 InsO)

Jede Gruppe stimmt gesondert ab

Kopf- und Summenmehrheit erforderlich (§ 244 I InsO), d.h. in jeder Gruppe

stimmt die Mehrheit der abstimmenden Gläubiger für den Plan

und die zustimmenden Gläubiger repräsentieren in den Gruppen mehr als die Hälfte der Summe der
Forderungen aller abstimmenden Gläubiger in der Gruppe

Erörterungs- und Abstimmungstermin gem. § 235 InsO, ist so durchzuführen, dass eine
geordnete Willensbildung und Abstimmung der Gläubiger möglich ist (BGH, Beschl. v. 15.7.2010
– IX ZB 65/10 - ZIP 2010, 1499, Tz. 34)

die Wahrnehmung der Sitzungsleitung und die Aufrechterhaltung der Ordnung obliegt gem. §
176 GVG dem Rechtspfleger
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Seite 346
H.
Das Insolvenzplanverfahren
IV.
Abstimmungsverfahren
Erörterungs- und Abstimmungstermin
§ 244 InsO – erforderlichen Mehrheiten
„(1) Zur Annahme des Insolvenzplans durch die Gläubiger ist erforderlich, dass in jeder
Gruppe (…)
2. die Summe der Ansprüche der zustimmenden Gläubiger mehr als die Hälfte der Summe der
Ansprüche der abstimmenden Gläubiger beträgt. (…)
(3) Für die am Schuldner beteiligten Personen gilt Abs. 1 Nummer 2 entsprechend mit der
Maßgabe dass an die Stelle der Summe der Ansprüche die Summe der Beteiligungen tritt.“
 die Zustimmung der Anteilseigner liegt vor, wenn die Summe der Beteiligungen der
zustimmenden Anteilseigner mehr als die Hälfte der Summe der Beteiligungen der
abstimmenden Gläubiger entspricht
 auf eine Kopfmehrheit (§ 244 I Nr. 1 InsO) kommt es nicht an

Vorrang des Gesellschaftsrechts: über Beschlüsse entscheidet die Mehrheit des Kapitals
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Seite 347
H.
Das Insolvenzplanverfahren
IV.
Abstimmungsverfahren
Erörterungs- und Abstimmungstermin
§ 246a InsO – Zustimmung der Anteilsinhaber
„Beteiligt sich keines der Mitglieder einer Gruppe der Anteilsinhaber an der Abstimmung, so
gilt die Zustimmung der Gruppe als erteilt.“
 Vereinfachung des Abstimmungsverfahrens
 wenn Anteile durch die Insolvenz offensichtlich wertlos geworden sind, dann wird auch
das Interesse der Anteilsinhaber an Planabstimmung gering sein.
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RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel
Seite 348
H.
Das Insolvenzplanverfahren
IV.
Abstimmungsverfahren
„Obstruktionsverbot“ gem. § 245 InsO
 Ausnahme vom Grundsatz der Kopf- und Summenmehrheit, d.h. die Zustimmung einer
Abstimmungsgruppe gilt als erteilt, wenn
1. die Gläubiger dieser Gruppe durch den Insolvenzplan voraussichtlich nicht schlechter gestellt werden,
als sie ohne einen Plan stünden,
2. die Gläubiger dieser Gruppe angemessen an dem wirtschaftlichen Wert beteiligt werden, der auf der
Grundlage des Plans den Beteiligten zufließen soll, und
3. die Mehrheit der abstimmenden Gruppen dem Plan mit den erforderlichen Mehrheiten zugestimmt
hat.
 „Stimmrechtskauf“ = Geld für Vollmacht oder bestimmtes Abstimmungsverhalten ist
unzulässig
 Versagung der Planbestätigung nach § 250 Nr. 2 InsO

aber: offener Forderungsverkauf („dept trading“) ist zulässig
 Prüfung erfolgt im Rahmen der Bestätigungsentscheidung nach § 248 InsO

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Seite 349
H.
Das Insolvenzplanverfahren
IV.
Abstimmungsverfahren
„Obstruktionsverbot“ gem. § 245 InsO
§ 245 InsO
(1) Gläubiger diese Gruppe wird durch Angehöriger dieser Gruppe ersetzt.
(2) „ Für eine Gruppe der Gläubiger liegt eine angemessene Beteiligung im Sinne des Abs.
1 Nummer 2 vor, wenn nach dem Plan (…)
(3) Für eine Gruppe der Anteilsinhaber liegt eine angemessene Beteiligung im Sinne des
Abs. 1 Nummer 2 vor, wenn nach dem Plan
1.
kein Gläubiger wirtschaftliche Werte erhält, die den vollen Betrag seines Anspruchs
übersteigen, und
2.
kein Anteilsinhaber, der ohne einen Plan den Anteilsinhabern der Gruppe gleichgestellt wäre,
besser gestellt wird als diese.“
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Seite 350
H.
Das Insolvenzplanverfahren
IV.
Abstimmungsverfahren
„Obstruktionsverbot“ gem. § 245 InsO
Gesetzesbegründung

Abs.1, 2 – sprachliche Anpassung an die Ausweitung des Obstruktionsverbots

Abs.3 – Ausdehnung des Obstruktionsverbots auf die Anteilsinhaber

Definition der angemessenen Beteiligung
 kein Gläubiger soll durch den Plan wirtschaftlich mehr erhalten, als ihm ohne diesen rechtlich
zusteht
 ebenso soll kein gleichgestellter Anteilsinhaber durch den Plan besser gestellt werden

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Damit kann die fehlende Zustimmung zur Besserstellung der Kleinaktionäre nicht nach § 245 InsO
überwunden werden.
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Seite 351
H.
Das Insolvenzplanverfahren
IV.
Abstimmungsverfahren
 Änderbarkeit des Plans im Abstimmungsverfahren, § 240 InsO

BGH (Beschl. v. 26.4.2007 - IX ZB 5/06 - NZI 2007, 521):
Stellt der Planinitiator vor der gerichtlichen Bestätigung des (bereits beschlossenen) Plans
einen überarbeiteten Entwurf zur erneuten Abstimmung, der aus seiner Sicht dem bisherigen
Diskussionsstand besser Rechnung trägt, ist das rechtliche Gehör aller Beteiligten gewahrt
und sieht das Gericht keine Veranlassung, den neuen Plan nach § 231 InsO von Amts wegen
zurückzuweisen, liegt kein Verstoß gegen wesentliche Verfahrensvorschriften i.S. des § 250
Nr. 1 InsO vor, wenn über diesen neuen Plan abgestimmt wird.

a.A. § 240 InsO berechtigt nicht zur Änderung des Plans in seinem Kerninhalt

Vorprüfungsverfahren nach §§ 231 ff InsO umgangen

Möglichkeit zur Manipulation

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RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel
Seite 352
H.
Das Insolvenzplanverfahren
IV.
Abstimmungsverfahren
 Zustimmung Schuldner

gilt als erteilt, wenn er dem Plan nicht spätestens im Abstimmungstermin schriftlich oder zu
Protokoll der Geschäftsstelle widerspricht (§ 247 I InsO).

Ein Widerspruch ist nach § 247 II InsO unbeachtlich, wenn

der Schuldner durch den Plan voraussichtlich nicht schlechter gestellt wird, als er ohne einen Plan
stünde, und

kein Gläubiger einen wirtschaftlichen Wert erhält, der den vollen Betrag seines Anspruchs übersteigt.
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Seite 353
H.
Das Insolvenzplanverfahren
V.
Planbestätigung
 der Plan bedarf der Bestätigung durch InsG (§ 248 I InsO)

vorher Anhörung IV, Schuldner und ein GlA (§ 248 II InsO)

Bestätigung erfolgt durch Beschluss (§ 252 I InsO)

im Abstimmungstermin oder

gesonderten Termin
 Versagung von Amts wegen, wenn

Planbedingungen nicht erfüllt (§ 249 InsO),

wesentliche Verfahrensvorschriften nicht beachtet (§ 250 Nr. 1 InsO),

nur Mangel, der Einfluss auf die Annahme des Insolvenzplans gehabt haben könnte (BGH)
 Angaben, die für die Vergleichsberechnung zu der Frage, inwieweit der Plan die
Befriedigungschancen der Gläubiger verändert, erforderlich sind, wie z.B. Umfang der Masse

unlautere Herbeiführung der Annahme des Plans (§ 250 Nr. 2 InsO)
 z.B. Begünstigung eines Gläubigers
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Seite 354
H.
Das Insolvenzplanverfahren
V.
Planbestätigung
Minderheitenschutz, § 251 InsO
 Minderheitenschutz, § 251 InsO

Versagung auf Antrag, wenn

Widerspruch des antragstellenden Gläubigers im Abstimmungstermin

voraussichtliche Schlechterstellung dieses Gläubigers durch den Plan („Minderheitenschutz“)

Schlechterstellung ist glaubhaft zu machen (§ 251 II InsO)

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Glaubhaftmachung nur durch Beweisaufnahme, die sofort erfolgen kann (§ 4 InsO iVm. § 294
ZPO)
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Seite 355
H.
Das Insolvenzplanverfahren
V.
Planbestätigung
Minderheitenschutz, § 251 InsO
§ 251 InsO – Minderheitenschutz
„ (1) Auf Antrag eines Gläubigers oder, wenn der Schuldner keine natürliche Person ist,
einer am Schuldner beteiligten Person ist die Bestätigung des Insolvenzplans zu versagen,
wenn
1. der Antragsteller dem Plan spätestens im Abstimmungstermin schriftlich oder zu Protokoll
widersprochen hat und
2. der Antragsteller durch den Plan voraussichtlich schlechter gestellt wird, als er ohne einen
Plan stünde
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er durch den
Plan voraussichtlich schlechter gestellt wird.
(3) Der Antrag ist abzuweisen, wenn im gestaltenden Teil des Plans Mittel für den Fall
bereitgestellt werden, dass ein Beteiligter eine Schlechterstellung nachweist. Ob der
Beteiligte einen Ausgleich aus diesen Mitteln erhält, ist außerhalb des Insolvenzverfahrens
zu klären.“
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Seite 356
H.
Das Insolvenzplanverfahren
V.
Planbestätigung
Minderheitenschutz, § 251 InsO
Gesetzesbegründung

Erstreckung des Minderheitenschutzes auf die Anteilsinhaber
 Art. 14 GG – Anteilsinhaber sollen Liquidationswert ihrer Anteilsrechte erhalten
 Verlust der Anteilsrechte im Planverfahren verfassungsrechtlich unbedenklich, weil das
Regelinsolvenzverfahren zur Vollabwicklung und Löschung des Rechtsträgers führt, d.h. der
Anteilsinhaber ohnehin nicht Erhalt seiner Anteilsrechte rechnen kann


der Antrag mit Glaubhaftmachung der Schlechterstellung kann wirksam nur im
Abstimmungstermin zu Protokoll gegeben werden
(Abs.3) Vorsorge im Plan für den Fall, dass Schlechterstellung geltend gemacht wird
 eine Schlechterstellung ist durch den im Plan vorgesehenen finanziellen Ausgleich
ausgeschlossen
 die Planbestätigung kann deshalb nicht mehr verzögert werden
 InsG muss prüfen, ob die im Plan vorgesehenen Mittel ausreichend sind
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Seite 357
H.
Das Insolvenzplanverfahren
V.
Planbestätigung
§ 248 InsO – gerichtliche Bestätigung
„(1) Nach der Annahme des Insolvenzplans durch die Beteiligten (§§ 244 bis 246a) und der
Zustimmung des Schuldners bedarf der Plan der Bestätigung durch das Insolvenzgericht.“



einer gesonderten Bestätigung bedarf zukünftig nach § 248a InsO die
Planberichtigung durch den Insolvenzverwalter, wenn diesem nach § 221 S.2 InsO im
gestaltenden Teil des Plans ein Nachbesserungsrecht eingeräumt worden ist
nach § 250 InsO hat das Gericht von Amts wegen die Bestätigung des Plans zu
versagen, wenn der Plan unter Verstoß gegen Verfahrensvorschriften oder unlauter
zustande gekommen ist.
unter den Voraussetzungen des § 251 InsO kann die Bestätigung des Plans auf
Antrag eines Gläubigers versagt werden

Neufassung durch ESUG
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Seite 358
H.
Das Insolvenzplanverfahren
V.
Planbestätigung
§ 252 InsO ESUG – Bekanntmachung der Entscheidung
„(….)
(2) Wird der Plan bestätigt, so ist den Insolvenzgläubigern, die Forderungen angemeldet
haben, und den absonderungsberechtigten Gläubigern unter Hinweis auf die Bestätigung
ein Abdruck des Plans oder eine Zusammenfassung seines wesentlichen Inhalts zu
übersenden. Sind die Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte der am Schuldner beteiligten
Personen in den Plan einbezogen, so sind auch diesen die Unterlagen zu übersenden; dies
gilt nicht für Aktionäre oder Kommanditaktionäre. Börsennotierte Gesellschaften haben eine
Zusammenfassung des wesentlichen Inhalts des Plans über Ihre Internetseite zugänglich
zu machen.“

Normergänzung ist notwendige Folge der Einbeziehung der Anteilsinhaber in den
Insolvenzplan

eine Vereinfachung gilt für börsennotierte Gesellschaften
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Seite 359
H.
Das Insolvenzplanverfahren
V.
Planbestätigung
Fall: Im Insolvenzverfahren einer Zahnärztin hatte der IV einen Insolvenzplan vorgelegt,
nach dem die Gläubiger für 3 Jahre aus den erwirtschafteten Überschüssen der
Praxis eine Quote von 9,82 % erhalten sollten; im Regelinsolvenzverfahren: 2,77 %
Nach Annahme des Plans stellte FA Antrag nach § 251 I Nr. 2 InsO: im Termin nach
§ 235 InsO hatte FA angeregt, während der im Plan vorgesehenen WVP mit
Steuererstattungsansprüchen aufrechnen zu dürfen. Dies wurde von den übrigen
Gläubigern abgelehnt.
BGH, Beschl. v. 29.3.2007 – IX ZB 204/05 - ZIP 2007, 923
 Mehrheitsentscheidung keine Legitimation für Entzug von Vermögenswerten gegen den
Willen des Beteiligten
 Gläubiger muss Tatsachen vortragen und glaubhaft machen, aus denen sich die
überwiegende Wahrscheinlichkeit seiner Schlechterstellung durch den Insolvenzplan
ergibt.

Glaubhaftmachung nur durch präsente Beweismittel (§ 294 ZPO)
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Seite 360
H.
Das Insolvenzplanverfahren
V.
Planbestätigung
 Die Prüfung des Insolvenzgerichts ist auf die vom Gläubiger vorgebrachten (und
glaubhaft gemachten) Tatsachen und Schlussfolgerungen beschränkt

Amtsermittlungen des InsG sollen vermieden werden
 Die Möglichkeit zur – in derzeit noch unbekannter Höhe – Aufrechnung mit Steuererstattungsansprüche während der vorgesehenen dreijährigen Wohlverhaltensperiode
reicht nicht aus

keine überwiegende Wahrscheinlichkeit
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Seite 361
H.
Das Insolvenzplanverfahren
V.
Planbestätigung
Rechtsmittel, § 253 InsO
 sofortige Beschwerde
 beschwerdebefugt
 Gläubiger
 Schuldner

nicht: der Insolvenzverwalter (BGH, Beschl. v. 5.2.2009 - IX ZB 230/07 - NZI 2009, 230)

§ 6 I InsO

§ 231 III InsO nicht analog


wahrt nur das Recht des Planvorlegers auf Zugang zum Abstimmungsverfahren

Der Planvorleger hat weder einen Anspruch auf Zustimmung durch Gläubiger oder Schuldner
noch auf Bestätigung durch das Gericht
Versagung gem. § 252 InsO beeinträchtigt nicht eigene Rechte des Planvorlegers, sondern dient dem
Minderheitenschutz (§ 251 InsO) oder der Ordnungsmäßigkeit des Planverfahrens (§ 250 InsO)
 Beschwer
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H.
Das Insolvenzplanverfahren
V.
Planbestätigung
Rechtsmittel, § 253 InsO
§ 253 InsO
„ (1) Gegen den Beschluss, durch den der Insolvenzplan bestätigt oder durch den die
Bestätigung versagt wird, steht den Gläubigern, dem Schuldner und, wenn dieser keine
natürliche Person ist, den am Schuldner beteiligten Personen die sofortige Beschwerde zu.
Gesetzesbegründung

Folge der Einbeziehung der Anteilsinhaber in den Insolvenzplan

auch für diese muss ein Rechtsmittel eröffnet sein
(2) Die sofortige Beschwerde gegen die Bestätigung ist nur zulässig, wenn der
Beschwerdeführer
1. dem Plan spätestens im Abstimmungstermin schriftlich oder zu Protokoll widersprochen hat,
2. gegen den Plan gestimmt hat und
3. glaubhaft macht, dass er durch den Plan wesentlich schlechter gestellt wird, als er ohne
einen Plan stünde, und dass dieser Nachteil nicht durch Zahlung aus den in §251 Abs. 3
genannten Mitteln ausgeglichen werden kann.
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Seite 363
H.
Das Insolvenzplanverfahren
V.
Planbestätigung
Rechtsmittel, § 253 InsO
Gesetzesbegründung

allgemeine Voraussetzung einer Beschwerde ist die Beschwer

Verschärfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen gegen Störpotenzial

einzelne Beschwerdeberechtigte können nach derzeitiger Rechtslage den Eintritt der
Planwirkungen erheblich verzögern
 u.U. mit dem Ziel, sich das Beschwerderecht abkaufen zu lassen
 ohne Planungssicherheit lässt sich ein Unternehmen im Insolvenzplanverfahren nicht
sanieren

Erheblichkeitsschwelle
 nicht überschritten, wenn Abweichung < 10 %
 damit Beschwerde von Personen ausgeschlossen, die Insolvenzforderung nur mit dem Ziel
erwerben, sich das Beschwerderecht (= Störpotential) abkaufen zu lassen
 verfassungsrechtlich unbedenklich, weil nach § 18 I Nr.2 RPflG ESUG der Richter über
Planbestätigung entscheidet
 durch § 251 III InsO ESUG kann materielle Beschwer ausgeschlossen werden
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Seite 364
H.

Das Insolvenzplanverfahren
V.
Planbestätigung
Rechtsmittel, § 253 InsO
Suspensiveffekt der Beschwerde (arg. e. § 570 I ZPO) bleibt bestehen
 materiellrechtlich gestaltende Wirkung des Plans
 Rechtssicherheit für eine Unternehmensfortführung
(3) Abs. 2 Nummer 1 und 2 gilt nur, wenn in der öffentlichen Bekanntmachung des Termins
(§ 235 Abs. 2) und in den Ladungen zum Termin (§ 235 Abs. 3) auf die Notwendigkeit des
Widerspruchs und der Ablehnung des Plans besonders hingewiesen wurde.
Gesetzesbegründung

Beschränkung des Rechtsmittels nur zulässig bei Kenntnis oder Möglichkeit zur
Kenntnisnahme von der Notwendigkeit zur Mitwirkung im Verfahren.

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Seite 365
H.
Das Insolvenzplanverfahren
V.
Planbestätigung
Rechtsmittel, § 253 InsO
(4) Auf Antrag des Insolvenzverwalters weist das Landgericht die Beschwerde unverzüglich
zurück, wenn das alsbaldige Wirksamwerden des Insolvenzplans vorrangig erscheint, weil
die Nachteile einer Verzögerung des Planvollzugs nach freier Überzeugung des Gerichts die
Nachteile für den Beschwerdeführer überwiegen; ein Abhilfeverfahren nach § 572 Abs. 1
Satz 1 der Zivilprozessordnung findet nicht statt. Dies gilt nicht, wenn ein besonders
schwerer Rechtsverstoß vorliegt. Weist das Gericht die Beschwerde nach Satz 1 zurück, ist
dem Beschwerdeführer aus der Masse der Schaden zu ersetzen, der ihm durch den
Planvollzug entsteht; die Rückgängigmachung der Wirkungen des Insolvenzplans kann nicht
als Schadensersatz verlangt werden. Für Klagen, mit denen Schadensersatzansprüche nach
Satz 3 geltend gemacht werden, ist das Landgericht ausschließlich zuständig, dass die
sofortige Beschwerde zurückgewiesen hat.“
Gesetzesbegründung (Rechtsausschuss)

Planvollzug und Umsetzung des Sanierungskonzepts sollen nicht durch Rechtsmittel
gefährdet werden

Ausgleich zwischen Rechtsschutzinteresse der Rechtsmittelführer und
Vollzugsinteresse der übrigen Beteiligten
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Seite 366
H.



Das Insolvenzplanverfahren
V.
Planbestätigung
Rechtsmittel, § 253 InsO
eine Beschränkung der Beschwerde wegen finanzieller Nachteile bereits in Abs. 2 Nr.
3 vorgesehen
eine Einschränkung für den Fall der Beschwerde wegen finanzieller Nachteile bereits
in Abs. 2 Nr. 3 vorgesehen
Planvollzug soll auch in anderen Fällen beschleunigt werden
 Zurückweisung der Beschwerde durch LG, wenn das Vollzugsinteresse das
Aufschubinteresse überwiegt
 keine Abhilfebefugnisse des Insolvenzgerichts
 Landgericht hat unverzüglich nach Eingang des Zurückweisungsantrages des
Insolvenzverwalters die Gerichtsakten vom Insolvenzgericht anzufordern (§ 541 ZPO)

hätte die Beschwerde Erfolg gehabt, kann der Beschwerdeführer Ersatz des ihm durch
den Planvollzug entstandenen Schadens verlangen

keine Rückgängigmachung der Planwirkungen

zuständig als Prozessgericht ist das LG, das die sofortige Beschwerde zurückgewiesen hat

dulde und liquidiere
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Seite 367
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Das Insolvenzplanverfahren
V.
Planbestätigung
Rechtsmittel, § 253 InsO
Frage: Welche Anforderungen sind an die Beschwer des Gläubigers für die Beschwerde
nach § 253 InsO zu stellen?
BGH, Beschl. v. 15.7.2010 – IX ZB 65/10 - ZIP 2010, 1499
 A1: ausreichend, dass die Rechte des beschwerdeführenden Gläubigers durch den
Plan verändert werden.
 A2: der Gläubiger muss durch den Plan schlechter gestellt werden als bei einer
Regelabwicklung ohne Plan
 BGH: ausreichend, dass sich der beschwerdeführende Gläubiger darauf beruft,
durch den Plan in seinen Rechten beeinträchtigt zu werden
 das Erfordernis einer Schlechterstellung würde eine umfassende Prüfung erfor-dern, die eine
Glaubhaftmachung i.S.d. § 251 II InsO erfordern würde. Ein solches Erfordernis kennt § 253
InsO nicht
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Seite 368
H.
Das Insolvenzplanverfahren
V.
Planbestätigung
Rechtsmittel, § 253 InsO
Frage:Beschwerdebefugnis eines Gläubigers, dessen Stimmrecht im Abstimmungstermin
nach § 235 InsO auf Null festgesetzt wurde?
BGH, Urt. v. 13.1.2011 – IX ZB 29/10 - ZIP 2011, 781
 Eine Verletzung der Vorschriften über die Bestätigung eines InsPlanes kann nur von
solchen Beteiligten gerügt werden, die durch die Entscheidung des Insolvenzgerichts
beschwert sind.
 Ausreichend: materielle Beschwer.

Deren Vorliegen ist von Amts wegen zu prüfen.
 Auch formelle Beschwer:

Planbestätigungsbeschluss beschwert jeden Gläubiger, der dem Plan gem. § 251 InsO
widersprochen hat.

gilt auch dann, wenn der Gläubiger dem Plan nur deshalb nicht widersprochen hat, weil er
entgegen § 235 III InsO nicht zum Erörterungs- und Abstimmungstermin geladen worden war
und den Termin deshalb nicht wahrnehmen konnte.

wesentlicher Verfahrensmangel
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Seite 369
H.
Das Insolvenzplanverfahren
VI.
Planwirkung
§ 254 I InsO: Planwirkungen mit Rechtskraft der Planbestätigung
 die im gestaltenden Teil des Plans festgelegten Wirkungen treten für und gegen alle
Beteiligten ein (§ 254 I 1 InsO)

Insolvenzforderungen nur in Höhe der vereinbarten Quoten durchsetzbar

Soweit als erlassen gelten, sind sie zwar nicht erloschen, bestehen indes nur noch als
natürliche, unvollkommene Verbindlichkeiten fort, deren Erfüllung möglich ist, aber nicht
erzwungen werden kann (h.M. BGH, Urt. v. 19.5.2011 – IX ZR 222/08 - ZIP 2011, 1271 Tz.7)
 WE gelten als abgegeben, soweit Rechte an Gegenständen begründet, geändert,
übertragen oder aufgehoben werden (§ 254 I 2 InsO)
 Planwirkungen erfassen auch Insolvenzgläubiger, die ihre Forderungen nicht
angemeldet haben und solche Beteiligte, die dem Plan widersprochen haben (§ 254 I 3
InsO)
 Befreiung des Schuldners auch gegenüber Mitschuldner, Bürgen oder anderen
Rückgriffsberechtigten (§ 254 II InsO)

Haftung von Mitschuldner, Bürgen u.a. bleibt vollumfänglich bestehen
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Seite 370
H.
Das Insolvenzplanverfahren
VI.
Planwirkung
§ 254 InsO – Allgemeine Wirkungen des Plans
„(1) (…). Satz 2 und 3 werden aufgehoben ( §§ 254a, b InsO)
(2)-(3)
(4) Werden Forderungen von Gläubigern in Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte am
Schuldner umgewandelt, kann der Schuldner nach der gerichtlichen Bestätigung keine
Ansprüche wegen einer Überbewertung der Forderungen im Plan gegen die bisherigen
Gläubiger geltend machen.“
Gesetzesbegründung
 der debt-equity-swap gelingt nur (Kalkulationssicherheit), wenn die Gläubiger nicht
wegen eines nicht ausreichenden Wertes ihrer als Sacheinlage eingebrachten
Forderungen das Risiko einer Differenzhaftung tragen müssen
 im Planverfahren haben die Beteiligten ausreichend Möglichkeit, auf eine fehlerhafte
Bewertung der Sacheinlage hinzuweisen und deswegen Rechtsmittel einzulegen
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Seite 371
H.
Das Insolvenzplanverfahren
VI.
Planwirkung
§ 254a InsO – Rechte an Gegenständen. Sonstige Wirkungen des Plans
„(1) Wenn Rechte an Gegenständen begründet, geändert, übertragen oder aufgehoben
oder Geschäftsanteile an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung abgetreten werden
sollen, gelten die in den Insolvenzplan aufgenommenen Willenserklärungen der Beteiligten
als in der vorgeschriebenen Form abgegeben.
(2) Wenn die Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte der am Schuldner beteiligten Personen in
den Plan einbezogen sind (§ 225a), gelten die in den Plan aufgenommenen Beschlüsse der
Anteilsinhaber oder sonstigen Willenserklärungen der Beteiligten als in der
vorgeschriebenen Form abgegeben. Gesellschaftsrechtlich erforderliche Ladungen,
Bekanntmachungen und sonstige Maßnahmen zur Vorbereitung von Beschlüssen der
Anteilsinhaber gelten als in der vorgeschriebenen Form bewirkt. Der Insolvenzverwalter ist
berechtigt, die erforderlichen Anmeldungen beim jeweiligen Registergericht vorzunehmen.
(3) Entsprechendes gilt für die in den Plan aufgenommenen Verpflichtungserklärungen, die
eine Maßnahme nach Abs. 1 oder 2 zu Grunde liegen.“
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Seite 372
H.
Das Insolvenzplanverfahren
VI.
Planwirkung
Gesetzesbegründung

notarielle Beurkundung oder Beglaubigung von Willenserklärungen ist aufgrund der
gerichtlichen Planbestätigung nicht erforderlich

alle zur Umsetzung der im Plan enthaltenen gesellschaftsrechtlichen Regelungen
notwendigen Willenserklärungen gelten als mit Rechtskraft der Planbestätigung
formgerecht abgegeben und ordnungsgemäß bekannt gemacht.

Die erforderlichen, konstituierenden Publizitätsakte, z.B. Eintragung in das
Handelsregister, kann zur Verfahrensbeschleunigung der Insolvenzverwalter
vornehmen
§ 254b InsO – Wirkung für alle Beteiligten
„ Die §§ 254 und 254a gelten auch für Insolvenzgläubiger, die ihre Forderungen nicht
angemeldet haben, und für Beteiligte, die dem Insolvenzplan widersprochen haben.“

entspricht dem bisherigen § 254 I S. 3 InsO
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Seite 373
H.
Das Insolvenzplanverfahren
VI.
Planwirkung
Frage:
Besteht eine vor IE erworbene Aufrechnungsbefugnis nach rechtskräftig
bestätigtem InsPlan fort?
z.B. vorinsolvenzliche Steuerforderung ./. vorinsolvenzlichen Werklohnanspruch,
über den erst nach Rechtskraft des InsPlan abgerechnet wird
BGH, Urt. v. 19.5.2011 – IX ZR 222/08 - ZIP 2011, 1271
 Planwirkung §§ 254ff. InsO

Insolvenzforderungen nur in Höhe der vereinbarten Quoten durchsetzbar

Soweit als erlassen gelten, sind sie zwar nicht erloschen, bestehen indes nur noch als
natürliche, unvollkommene Verbindlichkeiten fort, deren Erfüllung möglich ist, aber nicht
erzwungen werden kann

nicht aufrechenbar
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Seite 374
H.
Das Insolvenzplanverfahren
VI.
Planwirkung
 aber: § 94 InsO

Aufrechnungslage bei IE (+)

„durch das Verfahren“ (+)

auch das Ergebnis des Verfahrens, das als Insolvenzplan über die Aufhebung hinauswirken kann

Gesetzgeber (BT-Drs. 12/2443, S. 140): Eine vor IE erworbene Aufrechnungsbefugnis (= Selbstexekutionsbefugnis) von der Rechtsordnung weitgehend geschützte Rechtsstellung (vgl. §§ 389, 392,
406 BGB), die auch im Insolvenzverfahren uneingeschränkt anerkannt bleiben soll

kein unbilliges Ergebnis, da Aufrechnungsmöglichkeiten eines Insolvenzgläubigers vor der
Entscheidung über die Bestätigung des InsPlans für den IVw erkennbar

In Zustimmung zum InsPlan/widerspruchslose Hinnnahme regelmäßig kein Verzicht
 Aufrechnung, wenn Hauptforderung nach Rechtskraft der Planbestätigung begründet?

nein, da Insolvenzforderung nicht durchsetzbar (natürliche, unvollkommene Verbindlichkeiten)

schließt Aufrechnung durch den (ehemaligen) Insolvenzschuldner nicht aus
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Seite 375
H.
Das Insolvenzplanverfahren
VII.
Aufhebung des Verfahrens
 Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach Rechtskraft des InsPlans (§ 258 I InsO)

zuvor hat der IV die unstreitigen Masseschulden zu berichtigen und für die streitigen
Sicherheit zu leisten (§ 258 II InsO)
 die Ämter des IV und der Mitglieder des GlA enden (§ 259 I 1 InsO)
 Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis fällt an den Schuldner zurück (§ 259 I 2 InsO)

im gestaltenden Teil des InsPlans kann der IV berechtigt werden, anhängige
Insolvenzanfechtungsrechtsstreite fortzuführen (§ 259 III 1 InsO)
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Seite 376
H.
Das Insolvenzplanverfahren
VII.
Aufhebung des Verfahrens
§ 258 InsO – Aufhebung des Insolvenzverfahrens
„(1) Sobald die Bestätigung des Insolvenzplans rechtskräftig ist und der Insolvenzplan nicht
etwas anderes vorsieht, beschließt das Insolvenzgericht die Aufhebung des Insolvenzverfahrens.
(2) Vor der Aufhebung hat der Verwalter die unstreitigen fälligen Masseansprüche zu
berichtigen und für die streitigen oder nicht fälligen Sicherheit zu leisten. Für die nicht
fälligen Masseansprüche kann auch ein Finanzplan vorgelegt werden, aus dem sich ergibt,
dass ihre Erfüllung gewährleistet ist.“
Gesetzesbegründung

bei einer Betriebsfortführung regelmäßig nicht möglich, vor Verfahrensaufhebung alle
unstreitigen aber noch nicht fälligen Masseansprüche zu befriedigen

ausreichend, dass die Bezahlung der noch nicht fälligen Masseansprüche aufgrund
einer belastbaren Liquiditätsrechnung sichergestellt ist

bei Masseunzulänglichkeit gilt die Sicherstellungspflicht nach § 258 II InsO nicht für die
Altmasseverbindlichkeiten (nach § 210a InsO in den Rang der § 38 InsO gerückt)
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Seite 377
H.
Das Insolvenzplanverfahren
VII.
Aufhebung des Verfahrens
§ 259a InsO – Vollstreckungsschutz
„(1) Gefährden nach der Aufhebung des Verfahrens Zwangsvollstreckungen einzelner
Insolvenzgläubiger, die ihre Forderungen bis zum Abstimmungstermin nicht angemeldet
haben, die Durchführung des Insolvenzplans, kann das Insolvenzgericht auf Antrag des
Schuldners eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise aufheben oder
längstens für drei Jahre untersagen. Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Schuldner die
tatsächlichen Behauptungen, die die Gefährdung begründen, glaubhaft macht.
(2) Ist die Gefährdung glaubhaft gemacht, kann das Gericht die Zwangsvollstreckung auch
einstweilen einstellen.
(3) Das Gericht hebt ein Beschluss auf Antrag auf oder ändert ihn ab, wenn dies mit
Rücksicht auf eine Änderung der Sachlage geboten ist.“
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Seite 378
H.
Das Insolvenzplanverfahren
VII.
Aufhebung des Verfahrens
Vollstreckungsschutz, § 259a InsO
Gesetzesbegründung

Planverfahren hat keine Ausschlusswirkung gegenüber Gläubigern, die ihre
Forderungen nicht angemeldet haben.

es gelten lediglich die Beschränkungen des Plans für Gläubiger mit vergleichbaren
Ansprüchen

unbekannte Gläubiger können in Abhängigkeit zur Forderungshöhe die dem Plan zu
Grunde liegende Finanzplanung stören

eine Ausschlusswirkung (vergleichbar § 14 GesO) lehnt der Gesetzgeber ab, weil
diese aus verfassungsrechtlichen Gründen mit einer Wiedereinsetzungsmöglichkeit
verbunden werden muss, und man langjährige Streitigkeiten über die
Wiedereinsetzung vermeiden will

der Vollstreckungsschutz dient der Sicherung der Verwirklichung der Ziele,
insbesondere der Unternehmenssanierung, gegenüber Gläubigern, die im
Planverfahren ihre Forderungen nicht angemeldet haben
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Seite 379
H.
Das Insolvenzplanverfahren
VII.
Aufhebung des Verfahrens
§ 259b InsO – besondere Verjährungsfrist
„(1) Die Forderung eines Insolvenzgläubigers, die nicht bis zum Abstimmungstermin
angemeldet worden ist, verjährt in einem Jahr.
(2) Die Verjährungsfrist beginnt, wenn die Forderung fällig und der Beschluss rechtskräftig
ist, durch den der Insolvenzplan bestätigt wurde.
(3) Die Abs. 1 und 2 sind nur anzuwenden, wenn dadurch die Verjährung einer Forderung
früher vollendet wird, als bei Anwendung der ansonsten geltenden Verjährungsvorschriften.
(4) Die Verjährung einer Forderung eines Insolvenzgläubigers ist gehemmt, solange wegen
Vollstreckungsschutzes nach § 259a nicht vollstreckt werden darf. Die Hemmung endet drei
Monate nach Beendigung des Vollstreckungsschutzes.“
Gesetzesbegründung

Rechtssicherheit in angemessener Zeit für zu sanierende Unternehmen.

gilt auch für titulierte Forderungen
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Seite 380
H.
Das Insolvenzplanverfahren
VII.
Aufhebung des Verfahrens
Frage:
Kann der IV nach § 259 III 1 InsO Anfechtungsklage auch nach Aufhebung des
Verfahrens erheben?
BGH, Urt. v. 10.12.2009 - IX ZR 206/08 - NZI 2009, 99:
 § 259 III InsO verleiht dem IV nach Bestätigung des Insolvenzplans und Aufhebung des
Insolvenzverfahrens die Befugnis, einen anhängigen Anfechtungsrechtsstreit
fortzuführen, wenn dies im gestaltenden Teil des Planes vorgesehen ist.
 die Insolvenzanfechtung kann grundsätzlich nur während des Verfahrens von dem IV
kraft seines Amtes ausgeübt werden. Ausn. durch § 259 III InsO auf Grund einer
Entscheidung der Gläubiger in dem Plan
 Vorbehalt nach § 259 III InsO ermöglicht dem IV, noch im Zeitraum zwischen der
Abstimmung über den Insolvenzplan und der Verfahrensaufhebung auf der Grundlage
erst jetzt bekannt gewordener Tatsachen Anfechtungsklage zu erheben; erlaubt aber
nicht, eine Anfechtungsklage erst nach Aufhebung des Verfahrens zu erheben.
 Ausnahmecharakters der Vorschrift
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Seite 381
H.
Das Insolvenzplanverfahren
VIII. Planüberwachung
 der gestaltende Teil des InsPlans kann vorsehen, dass die Planerfül-lung durch den IV
überwacht wird (§ 260 I InsO)
 das Amt des IV besteht zu diesem Zweck fort (§ 261 I 2 InsO)

bei Verstoß gegen Planerfüllung besteht Anzeigepflicht des IV (§ 262 InsO)

Überwachung kann auch Übernahmegesellschaft einbeziehen (§ 260 III InsO)
 Aufhebung der Planüberwachung (§ 268 I InsO), wenn
 wenn alle Ansprüche erfüllt sind oder die Erfüllung gewährleistet ist
 oder wenn seit Insolvenzaufhebung mind. 3 Jahre vergangen sind und kein erneuter
Insolvenzantrag gestellt wurde
 die Kosten der Überwachung trägt der Schuldner (§ 269 InsO)
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Seite 382
H.
Das Insolvenzplanverfahren
IX.
weitere Neuregelungen durch das ESUG
1.
Masseunzulänglichkeit
 Anzeige der Masseunzulänglichkeit (§ 208 I InsO)

Voraussetzungen
 Verfahrenskostendeckung, aber
 keine oder voraussichtlich keine Deckung der sonstigen Masseverbindlichkeiten nach § 55 InsO

Anzeigepflicht des IV („hat“)

Keine Prüfungspflicht des InsG

Korrektiv: Haftung des IV nach §§ 60, 61 InsO
 Wirkung der Anzeige
 Vollstreckungsverbot (§ 210 InsO)
 Befriedigung nach 209 InsO („Insolvenz in der Insolvenz“)
 Einstellung des Verfahrens nach § 211 I InsO
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Seite 383
H.
Das Insolvenzplanverfahren
IX.
weitere Neuregelungen durch das ESUG
1.
Masseunzulänglichkeit
 Insolvenzplan bei MU unzulässig
 § 208 InsO zwingendes Recht – nicht plandispositiv
 das Gebot gem. § 258 II InsO zur Zahlung der bzw. Sicherheitsleistung für die
Masseverbindlichkeiten kann bei MU nicht erfüllt werden
 bereits § 323 RegE-InsO hatte Zulässigkeit eines Insolvenzplanes auch bei MU
vorgesehen

Regelung damals auf Vorschlag des Rechtsausschusses nicht in die InsO übernommen
worden
 aber:

auch bei MU kann Going-concern-Wert eines Unternehmens über dem Zerschlagungswert
liegen und der Unternehmenserhalt im Planverfahren sinnvoll sein

z.B. kann ein Umweltschaden zwar die Masse belasten, nicht jedoch die Ertragsaussichten
des Schuldnerunternehmens
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Seite 384
H.
Das Insolvenzplanverfahren
IX.
weitere Neuregelungen durch das ESUG
1.
Masseunzulänglichkeit
§ 210a InsO
„Bei Anzeige der Masseunzulänglichkeit gelten die Vorschriften über den Insolvenzplan mit
der Maßgabe, dass
1. an die Stelle der nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger die Massegläubiger mit dem
Rang des § 209 Absatz 1 Nummer 3 treten und
2.
für die nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger § 246 Nummer 2 entsprechend gilt.“
Wirkungen der Neuregelung

Eingriff in die Altmasseverbindlichkeiten

Altmassegläubiger haben über den Insolvenzplan abzustimmen

die Insolvenzgläubiger haben keine Quotenaussichten  Zustimmungsfiktion entspr. § 246 Nr.2
InsO
 Ausn. ein Insolvenzgläubiger wird durch den Plan besser gestellt.

bei der Verteilung nach § 258 II InsO sind nur die Massekosten und die
Neumasseverbindlichkeiten (§ 209 I Nr.2, II InsO) zu berücksichtigen.
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Seite 385
H.
Das Insolvenzplanverfahren
IX.
weitere Neuregelungen durch das ESUG
2.
Nachbesserungsrecht des IV
§ 221 InsO
„(….) 2Der Insolvenzverwalter kann durch den Plan bevollmächtigt werden, die zur
Umsetzung notwendigen Maßnahmen zu ergreifen und offensichtliche Fehler des Plans zu
berichtigen.“
§ 248a InsO
„(1) Eine Berichtigung des Insolvenzplans durch den Insolvenzverwalter nach § 221 Satz 2
bedarf der Bestätigung durch das Insolvenzgericht.
(2) Das Gericht soll vor der Entscheidung über die Bestätigung den Insolvenzverwalter, den
Gläubigerausschuss, wenn ein solcher bestellt ist, die Gläubiger und die Anteilsinhaber,
sofern ihre Rechte betroffen sind, sowie den Schuldner hören.
(3) Die Bestätigung ist auf Antrag zu versagen, wenn ein Beteiligter durch die mit der
Berichtigung einhergehende Planänderung voraussichtlich schlechter gestellt wird, als er
nach den mit dem Plan beabsichtigten Wirkungen stünde.
(4) Gegen den Beschluss, durch den die Berichtigung bestätigt oder versagt wird, steht den
in Abs. 2 genannten Gläubigern und Anteilsinhabern sowie dem Verwalter die sofortige
Beschwerde zu. § 253 Abs. 4 gilt entsprechend.“
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Seite 386
H.
Das Insolvenzplanverfahren
IX.
weitere Neuregelungen durch das ESUG
2.
Nachbesserungsrecht des IV
Gesetzesbegründung
 Formfehler, die eine Eintragung von im Plan vorgesehenen, eintragungswichtigen
Umständen in ein Register verhindern, u.a. Unzulänglichkeiten im Plan sollen
vereinfacht, ohne Einberufung der Gläubigerversammlung, korrigiert werden können.
 Vergleichbare Durchführungs- und Vollzugsvollmachten sind aus Notarverträgen
bekannt.
 Das Erfordernis einer Bestätigung durch das Insolvenzgericht soll sicherstellen, dass die
Grenzen der Befugnis des Insolvenzverwalters eingehalten werden.
 die Rechte der betroffenen Planbeteiligten werden durch die Anhörungspflicht und die
Eröffnung der sofortigen Beschwerde gewahrt.
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Seite 387
I.
I.
Das Verbraucherinsolvenzverfahren
Einführung
1. Gesetzeshistorie
2. Anwendungsbereich
3. Verfahren
II.
Das (gerichtliche) Schuldenbereinigungsverfahren
1. Voraussetzungen
2. Durchführung
III.
Das vereinfachte Insolvenzverfahren
1. Voraussetzungen
2. Eröffnung
3. Durchführung
IV. Reformbestrebungen
1. Kritik
2. Reformüberlegungen
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Seite 388
I.
Das Verbraucherinsolvenzverfahren
I.
Einführung
1.
Gesetzeshistorie
 Verbraucherinsolvenzverfahren stellt für Kleininsolvenzen ein gesondertes, im
Vergleich zur Regelinsolvenz stark vereinfachtes Verfahren dar.
 Seine Einführung bezweckte eine Entlastung der Gerichte durch Anreize zur
außergerichtlichen Verfahrensabwicklung.
 Die in die Verbraucherinsolvenz gesetzten Erwartungen haben sich nicht erfüllt.
 Bisheriger Endpunkt der seit mehreren Jahren andauernden Reformdiskussion ist der
RegE eines Gesetzes zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens, zur
Stärkung der Gläubigerrechte und zur Insolvenzfestigkeit von Lizenzen vom
18.1.2012
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Seite 389
I.
Das Verbraucherinsolvenzverfahren
I.
Einführung
1.
Gesetzeshistorie
 Die KO kannte kein Verbraucherinsolvenzverfahren; private Insolvenz Angelegenheit der
Einzelzwangsvollstreckung.
 Mangels Restschuldbefreiung kein Anreiz für Privatkonkursverfahren.
 Die Koppelung der Restschuldbefreiung an die vorherige Durchführung eines
Insolvenzverfahrens ließ angesichts der hohen Anzahl überschuldeter Haushalte eine
Vielzahl von Privatinsolvenzverfahren erwarten.
 Im Gesetzgebungsverfahren setzte sich die Ansicht durch, dass das
Regelinsolvenzverfahren für Kleininsolvenzen zu aufwändig sei.
 In Kleininsolvenzen ist regelmäßig keine oder nur eine sehr geringe Masse zu verteilen.
 Der Verfahrenszweck verschiebt sich von der Liquidation des Schuldnervermögens hin
zur Entschuldung des Schuldners
 Diese Überlegungen mündeten schließlich im Verfahren gem. §§ 304 ff. InsO, um
insbesondere die Gerichte zu entlasten
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Seite 390
I.
Das Verbraucherinsolvenzverfahren
I.
Einführung
2.
Anwendungsbereich
§ 304 I 1 InsO: „Ist der Schuldner eine natürliche Person, die keine selbständige
wirtschaftliche Tätigkeit ausübt oder ausgeübt hat, so (…)-“
 nur für natürliche Personen
 losgelöst vom Begriff des Verbrauchers in § 13 BGB
 keine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit
 bei früherer selbständigen Tätigkeit, wenn
 keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen und
 Überschaubare Vermögensverhältnisse ( § 304 II InsO)
 Es besteht kein Wahlrecht.
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Seite 391
I.
Das Verbraucherinsolvenzverfahren
I.
Einführung
2.
Anwendungsbereich
Fall: S war früher als geschäftsführender Alleingesellschafter der insolventen L GmbH
tätig. Er beantragte die Einleitung eines Regelinsolvenzverfahrens, da nach seinen
eigenen Angaben seine sämtlichen Verbindlichkeiten in der genannten Tätigkeit
begründet sind. Dabei handele es sich um Inanspruchnahmen aus Bürgschaften,
Durchgriffshaftung für rückständige Sozialversicherungsbeiträge sowie rückständige
Umsatz- und Lohnsteuer von insgesamt 19 Gläubigern. S meint, dabei handele es
sich teilweise um Forderungen aus Arbeitsverhältnissen, weshalb kein
Verbraucherinsolvenz-verfahren durchzuführen sei.
AG und LG haben den Antrag des S verworfen, da sie meinten, es müsse ein
Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet werden.
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Seite 392
I.
Das Verbraucherinsolvenzverfahren
I.
Einführung
2.
Anwendungsbereich
BGH, Beschl.v. 22.9.2005 - IX ZB 55/04 – NZI 2005, 676; Beschl. v. 12.02.2009 - IX ZB 215/08 - NZI 2009, 384
1. Selbständige wirtschaftliche Tätigkeit des S?

wenn im eigenen Namen, in eigener Verantwortung, für eigene Rechnung und auf eigenes
Risiko ausgeübt werde.

Nicht: Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft und Geschäftsführer einer GmbH

In Lit.: stets Verbraucherinsolvenzverfahren.

a.A. kein Verbraucherinsolvenzverfahren, wenn der Gesellschafter an der Gesellschaft mehrheitlich
beteiligt sei oder gleichzeitig Geschäftsführer (Kübler/Prütting, § 304 InsO, Rn. 25).

BGH: Ziel des § 304 InsO sei es, die Kleinunternehmer in das Verbraucher-insolvenzverfahren
einzubeziehen, deren Verschuldensstruktur der von Verbrauchern entspreche.
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Seite 393
I.
2.
Das Verbraucherinsolvenzverfahren
I.
Einführung
2.
Anwendungsbereich

Der geschäftsführende Alleingesellschafter einer GmbH sei aufgrund seiner Teilhabe am Erfolg
oder Misserfolg des Unternehmens einem selbständig Tätigen vergleichbar. So sähe er sich
typischerweise in bestimmten Fällen einer Durchgriffshaftung ausgesetzt und müsse in der Regel
bei Kredit- und Lieferverträgen der Schuld der Gesellschaft beitreten oder eine Bürgschaft
übernehmen. Er hafte damit in großem Umfang für Forderungen, die grds. auch bei einem
selbständigen Unternehmer, nicht dagegen bei einem Verbraucher bestünden.

Auch bei 96%-Beteiligung -> kein wesentlicher Unterschied zu einem Alleingesellschafter

auch bei GmbH & Co. KG
Sind die Vermögensverhältnisse des S überschaubar und bestehen keine Ansprüche
aus Arbeitsverhältnissen?

Die Vermögensverhältnisse des S seien gem. § 304 II InsO überschaubar, da er weniger als
20 Gläubiger.
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Seite 394
I.
Das Verbraucherinsolvenzverfahren
I.
Einführung
2.
Anwendungsbereich

Forderungen aus Arbeitsverhältnissen:

tlw. nur zivilrechtliche Forderungen der Arbeitnehmer

aA. Begriff sei weit zu verstehen und erfasse auch Beitrags- und Steuerforderungen

BGH: weite Auslegung entspricht dem Willen des Gesetzgebers.

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auch Forderungen der Sozialversicherungsträger und des Finanzamts, die durch ein
Arbeitsverhältnis veranlasst sind, sind Forderungen aus einem Arbeitsverhältnis i.S.v. § 304 I
S. 2 InsO
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Seite 395
I.
Das Verbraucherinsolvenzverfahren
I.
Einführung
2.
Anwendungsbereich
Frage: Ist der ehemals Selbständige Verbraucher i.S.d. § 304 InsO?
BGH, Urt. v. 20.01.2011 – IX ZR 238/08 - ZIP 2011, 578 Tz. 9ff.
 in diesem Fall Verbraucherinsolvenzverfahren gem. § 304 I S. 2 InsO nur dann, wenn
die Vermögensverhältnisse des Schuldners überschaubar sind und gegen den
Schuldner keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen.
 […] Gegen den Schuldner bestanden noch Forderungen von vier ehemaligen
Arbeitnehmern auf Arbeitsentgelt. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts waren
diese nicht durch Anträge auf Insolvenzgeld "ablösbar". Beantragt ein Arbeitnehmer
Insolvenzgeld nach § 183 SGB III, geht mit dem Antrag der Anspruch auf Arbeitsentgelt
auf die Bundesagentur für Arbeit über (§ 187 Satz 1 SGB III). Auch nach dem
Übergang auf die Bundesagentur bleibt der Anspruch ein solcher aus einem
Arbeitsverhältnis. Dieser Begriff ist weit auszulegen. […]
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Seite 396
I.
Das Verbraucherinsolvenzverfahren
I.
Einführung
3.
Verfahren
Antrag auf Eröffnung, § 13 InsO
Antrag zulässig (+)
Außergerichtliche Schuldenbereinigung (+) Außergerichtliche Schuldenbereinigung (-)
Vergleich
Gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren
Sanierungsplan (+)
Sanierungsplan (-)
Vereinfachtes Insolvenzverfahren
Restschuldbefreiungsverfahren
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Seite 397
I.

Das Verbraucherinsolvenzverfahren
I.
Einführung
3.
Verfahren
Dreistufiger Aufbau:
 außergerichtliches Einigungsverfahren: Innerhalb von 6 Monaten vor
Insolvenzantragstellung muss Schuldner eine außergerichtliche Schulden-bereinigung mit
seinen Gläubigern erfolglos versucht haben. Dies ist von einer geeigneten Stelle zu
bescheinigen (§ 305 I Nr. 1 InsO).
 Gerichtliches Einigungsverfahren: Das Gericht kann auf Basis des vom Schuldner mit
einzureichenden Schuldenbereinigungsplanes erneut versuchen eine Einigung herzustellen.
Es kann die Zustimmung der dem Plan widersprechenden Gläubiger ersetzen, wenn diese
keine Kopf- oder Summenmehrheit erreichen.
 Vereinfachtes Insolvenzverfahren: Scheitert auch der gerichtliche Einigungsversuch, so
setzt das Gericht das Eröffnungsverfahren fort. Das einzuleitende Verfahren läuft nach den
allgemeinen Vorschriften ab, allerdings unter Berücksichtigung der in den §§ 311 ff. InsO
aufgeführten Besonderheiten.
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Seite 398
I.

Das Verbraucherinsolvenzverfahren
II.
Das Schuldenbereinigungsverfahren
1.
Voraussetzungen
Insolvenzantrag

Gläubiger




Schuldner ist über Eigenantrag zu belehren (§ 306 III InsO)
Wenn Eigenantrag -> ruht Verfahren bis zum Scheitern eine außergerichtlichen Einigung (§ 306 III
InsO)
Wenn kein Eigenantrag  vereinfachtes Insolvenzverfahren
Schuldner





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Bescheinigung nach § 305 I Nr.1 InsO über erfolgloses außergerichtliches
Schuldenbereinigungsverfahren
Antrag auf Restschuldbefreiung (§ 305 I Nr.2 InsO)
Vermögensverzeichnis (§ 305 I Nr.3 InsO)
Gläubigerverzeichnis (§ 305 I Nr.4 InsO) = alle Gläubiger, die im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung
einen Vermögenanspruch gegen den Schuldner richten; auf die Fälligkeit kommt es nicht an.
 auch bestrittene Forderungen (BGH, Beschl. v. 2.7.2009 - IX ZB 63/08 – NZI 2009, 562)
Schuldenbereinigungsplan (§ 305 I Nr.4 InsO)
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Seite 399
I.

Das Verbraucherinsolvenzverfahren
II.
Das Schuldenbereinigungsverfahren
2.
Durchführung
Schuldenbereinigungsplan

Kernstück des gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens


Alle Angaben, die unter Berücksichtigung der Gläubigerinteressen sowie der Vermögens- und
Familienverhältnisse des Schuldners (Unterhaltspflichten) geeignet sind, zu einer angemessenen
Schuldenbereinigung zu führen (§ 305 I Nr.4 InsO)
Null-Plan – zulässig ?
 keine Befugnis des InsG zur inhaltlichen Überprüfung des Schuldenbereinigungsplans.
Angemessenheit allenfalls für die Entscheidung über die Zustimmungsersetzung nach § 309 I 2
Nr. 1 InsO relevant.
 Es gilt der Grundsatz der Privatautonomie.
 Einführung einer Mindestquote hat Gesetzgeber bewusst unterlassen.
 Null-Plan widerspricht nicht den Zielen der InsO, da Restschuldbefreiung auch für den mittellosen
Schuldner eröffnet ist (vgl. § 289 III 1 InsO).
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Seite 400
I.
Das Verbraucherinsolvenzverfahren
II.
Das Schuldenbereinigungsverfahren
2.
Durchführung

Zustellung an Gläubiger (§ 307 I InsO)
 Stellungnahmefrist: 1 Monat (= Notfrist)
 Hinweis auf Niederlegung des Gläubigerverzeichnis
 Hinweis auf Einwendungsausschluss

Annahme des Schuldenbereinigungsplans
 Ausdrückliche Zustimmung
 Zustimmungsfiktion (§ 307 II InsO)
 Zustimmungsersetzung (§ 309 InsO), wenn
 Kopf- und Summenmehrheit
 Angemessene Beteiligung des widersprechenden Gläubigers oder
 Voraussichtlich keine wirtschaftliche Schlechterstellung
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Seite 401
I.
Das Verbraucherinsolvenzverfahren
II.
Das Schuldenbereinigungsverfahren
2.
Durchführung

Wirkung
 Wirkung eines Prozessvergleichs gem. § 794 I Nr. 1 ZPO
 Grundlage einer Vollstreckung

bei Ablehnung des Schuldenbereinigungsplans
 Fortsetzung des Insolvenzverfahrens (§ 311 InsO)
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Seite 402
I.



Das Verbraucherinsolvenzverfahren
III.
Das vereinfachte Insolvenzverfahren
1.
Voraussetzungen
Voraussetzungen des § 304 InsO
Schuldenbereinigungsverfahren gescheitert, Einwendungen erhoben, die nicht nach §
309 InsO ersetzt werden (§ 311 InsO)
Eröffnungsgründe:



Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO),
drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO)
Deckung der Verfahrenskosten (§ 54 InsO):


Stundungsmöglichkeit (§ 4a InsO)
Ausschluss der Stundung, wenn Versagungsgrund i.S.d. § 290 I Nr. 1 und 3 InsO vorliegt
(vgl. auch §§ 4b, 4c)
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Seite 403
I.




Das Verbraucherinsolvenzverfahren
III.
Das vereinfachte Insolvenzverfahren
2.
Eröffnung
Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen (§ 311 InsO)
Öffentliche Bekanntmachung nur im Internet (§ 312 I 1 InsO)
Bestimmung nur eines Prüfungstermins (§ 312 I 2 InsO)
Bestellung eines Treuhänders (§ 313 I 1 InsO)

Für diesen gelten §§ 56 – 66 InsO entsprechend
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Seite 404
I.




Das Verbraucherinsolvenzverfahren
III.
Das vereinfachte Insolvenzverfahren
3.
Durchführung
Wenn Eröffnung auf Antrag des Schuldners  Verlängerung der Rückschlagsperre
des § 88 InsO auf 3 Monate (§ 312 I 3 InsO)
Kein Insolvenzplan (§ 312 II InsO)
Keine Eigenverwaltung (§ 312 II InsO)
Kein Anfechtungsrecht des Treuhänders (§ 313 II 1 InsO)


Kein Recht zur Verwertung von Sicherungsgut (§ 313 III InsO)


Aus.: Auftrag der GlVers (§ 313 II 3 InsO)
Ausn.: vergebliche Fristsetzung nach §§ 313 III 3, 173 II InsO
schriftliches Verfahren (§ 5 II InsO)
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Seite 405
I.

Das Verbraucherinsolvenzverfahren
III.
Das vereinfachte Insolvenzverfahren
3.
Durchführung
Vereinfachte Verteilung, § 314 InsO
 Antrag des Treuhänders
 Anhörung der Insolvenzgläubiger
 Verwertung der Masse nicht im Interesse der Gläubiger geboten
 Durch Beschluss
 Verwertung der Masse unterbleibt
 Schuldner einen entsprechenden Betrag an Treuhänder zahlt
 Fristsetzung
 Zahlung des Ablösebetrages

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Nichtzahlung ist Versagungsgrund (§ 314 II 2 InsO)
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Seite 406
I.
Das Verbraucherinsolvenzverfahren
III.
Das vereinfachte Insolvenzverfahren
3.
Durchführung
Fall
Die Kl. hat gegen Schuldner eine titulierte Forderung iHv € 37.953,03.
Dessen Ehefrau (Bekl.) ist Eigentümerin eines hälftigen Miteigentumsanteils, den ihr
der Schuldner mit notariellem Vertrag vom 29.12.1998 übertragen hat.
Mit ihrer am 31.8.2004 bei Gericht eingegangenen Klage hat die Kl. zunächst die
Duldung der Zwangsvollstreckung in den hälftigen Miteigentumsanteil wegen ihrer
Forderung verlangt. (Gläubigeranfechtung)
Am 14.2.2006 ist das Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen des
Schuldners eröffnet worden.
§§ 16, 17 AnfG
Wer kann Anfechtungsklage fortsetzen?
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Seite 407
I.
Das Verbraucherinsolvenzverfahren
III.
Das vereinfachte Insolvenzverfahren
3.
Durchführung
BGH, Urt. v. 3.12.2009 - IX ZR 29/08 - ZInsO 2010, 230-233:
 keine Regelung in InsO oder AnfG.
 Die Vorschrift des § 313 II 1 InsO betrifft (unmittelbar) nur die Insolvenzanfechtung,
nicht die Gläubigeranfechtung
 §§ 16, 17 AnfG setzt einen Insolvenzverwalter voraus und findet auf ein Verbraucherinsolvenzverfahren, in dem die Aufgaben des Insolvenzverwalters von dem Treuhänder
wahrgenommen werden (§ 313 I 1 InsO) keine (unmittelbare) Anwendung.
 analoge Anwendung des § 313 II InsO

Normzweck: Vereinfachung des Verfahrens und eine kostengünstige Abwicklung

die Gläubiger seien motiviert und in der Lage, selbst die Anfechtung durchzuführen

Das gilt für einen im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens anhängigen
Gläubigeranfechtungsrechtsstreit sogar im besonderen Maße; denn wer einen Prozess
begonnen hat, wird ihn regelmäßig auch zum Ende führen wollen.
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Seite 408
J.
I.
II.
III.
Die Restschuldbefreiung
Einführung
Antrag auf Restschuldbefreiung
Entscheidung über RSB-Antrag
1. Schlusstermin
2. Versagung der Restschuldbefreiung
3. Bestellung Treuhänder
IV. Erteilung der Restschuldbefreiung
1. Wohlverhaltensperiode
2. Obliegenheiten des Schuldners
3. Versagungsantrag
4. abschließende Entscheidung über den RSB-Antrag
V.
Wirkungen und Widerruf der Restschuldbefreiung
1. Wirkung der Restschuldbefreiung
2. Widerruf der Restschuldbefreiung
3. Widerruf der Restschuldbefreiung
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Seite 409
J.




Restschuldbefreiung
I.
Einführung
§ 1 S.2 InsO: „Dem redlichen Schuldner wird Gelegenheit gegeben, sich von seinen
restlichen Verbindlichkeiten zu befreien.“
§ 286 InsO: Restschuldbefreiung = Befreiung von den im Insolvenzverfahren nicht
erfüllten Verbindlichkeiten gü. Insolvenzgläubigern
Ausgangslage:

Verjährung einer titulierten Forderung nach 30 Jahren (§ 197 I BGB)

Aber: im eröffneten Insolvenzverfahrens Vollstreckungsverbot nach § 89 InsO

Vollstreckungsmöglichkeit grds. auch nach Beendigung eines Insolvenzverfahrens Nachforderungsrecht (§ 201 I, II InsO)

Ausn.: Restschuldbefreiung (§ 201 III InsO)
Alternativen:

erfolgreicher Abschluss eines Schuldenbereinigungsplans

Entschuldung durch Insolvenzplan gem. §§ 217 ff. InsO
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RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel
Seite 410
J.
Restschuldbefreiung
I.
Einführung

Historie




KO: unbeschränktes Nachforderungsrecht
ebenso Preußische KO v. 1855
Art. 107 Hamburger Fallitenordnung v. 1753: cessio bonorum zum vollständigen
Schuldabtrag bei „unglücklichem“ Schuldner
§§ 244 ff. Bremer Debitorenverordnung v. 1843: beneficum competentiae 3 Jahre nach
Beendigung Konkursverfahren
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Seite 411
J.
Restschuldbefreiung
I.
Einführung

Kritik an der Restschuldbefreiung



Eingriff in das Eigentumsrecht der betroffenen Gläubiger aus Art. 14 GG
Verletzung der Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes für
Altforderungen, die vor Geltung der InsO begründet wurden
Aber: die Menschenwürde (Art.1 GG) und Sozialstaatsprinzip erfordern es, dem redlichen
Schuldner einen schuldenlosen Neuanfang früher als nach 30 Jahren zu ermöglichen („fresh
start“)
BVerfG – bisher keine Sachentscheidung

h.M. Verfassungsmäßigkeit (vgl. LSZ-Kiesbye, § 286 InsO, Rn.12)

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Seite 412
J.
Restschuldbefreiung
I.
Einführung

Verfahren

eigenständiges Verfahren, das vom Insolvenzverfahren zu unterscheiden ist (BGH, Beschl.v.

1. Abschnitt: Antragstellung bis Schlusstermin mit Entscheidung über Antrag und
Ankündigung der RSB
2. Abschnitt: von Verfahrensaufhebung bis Ablauf der Laufzeit der Abtretung gem. § 286 II
InsO („Wohlverhaltensperiode“)

18.12.2003 – IX ZB 60/03 – NZI 2004, 156)
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Seite 413
J.
Restschuldbefreiung
I.
Einführung

funktionale Zuständigkeit im RSB-Verfahren

Insolvenzrichter (§ 18 I Nr.2 RPflG)





Einleitung/Versagung der RSB (§ 289 InsO)
vorzeitige Versagung nach §§ 296 f. InsO
endgültige Entscheidung nach § 300 InsO, wenn Versagungsantrag
Widerruf der RSB (§ 303 InsO)
Insolvenzrechtspfleger





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Ankündigung der RSB (§ 291 I InsO)
Bestellung Treuhänder (§ 291 II InsO)
Versagung RSB nach § 298 InsO
alle Angelegenheiten des Treuhänders
h.M. Zurückweisung eines RSB-Antrages als unzulässig
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Seite 414
J.
Restschuldbefreiung
II.
Antrag auf Restschuldbefreiung
 Verfahrensrechtliche Voraussetzungen
 Natürliche Person
 Antrag des Schuldners (§ 287 I InsO)

mit dem Eröffnungsantrag gestellt oder

innerhalb von 2 Wochen nach dem Hinweis gem. § 20 II InsO
 Abtretungserklärung (§ 287 II InsO)
 die pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder an deren Stelle tretende
laufende Bezüge
 Für 6 Jahre befristet (Laufzeit der Abtretung)
 an einen gerichtlich bestimmten Treuhänder
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Seite 415
J.
Restschuldbefreiung
II.
Antrag auf Restschuldbefreiung
Frage:
Zulässigkeit des RSB-Antrags bei „Null-“ bzw. „Fast-Null-Plan“?

Teilw. (-), kein Rechtsschutzbedürfnis, wenn weder pfändbares Einkommen noch pfändbare
Gegenstände; Pfändungsschutz-bestimmungen der ZPO ausreichend geschützt
(Kübler/Prütting, § 286 InsO, Rn. 78 ff.)

h.M.: (+),
 da sich die Zulässigkeit von „Null-Plänen“ mittlerweile in der Rechtsprechung durchgesetzt habe;
außerdem habe der Gesetzgeber den Nullplan nicht ausgeschlossen (OLG Stuttgart, Beschl. v.
28.3.2002 – 8 W 560/01 – ZVI 2002, 380)
 InsO kennt keine Mindestquote
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Seite 416
J.

Restschuldbefreiung
III.
Entscheidung über RSB-Antrag
1.
Schlusstermin
im Schlusstermin (§ 197 InsO)
 Anhörung IV und InsGl zum RSB-Antrag (§ 289 I 1 InsO)
 InsG: Entscheidung über RSB-Antrag des Schuldners (§ 289 I 2 InsO)

sofortige Beschwerde (§ 289 II InsO)
 Bestellung Treuhänder (§ 291 II InsO)
 Ankündigung Restschuldbefreiung (§ 291 I InsO)

RSB bei Masseinsuffizienz?
 Einstellung nach § 207 InsO: nein

Ausweg: Verfahrenskostenstundung, § 4a InsO
 Einstellung nach § 211 InsO: ja (§ 289 III InsO)
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Seite 417
J.
Restschuldbefreiung
III.
Entscheidung über RSB-Antrag
2.
Versagung der RSB
 Einleitung

Die Möglichkeit zur Versagung der RSB soll gewährleisten, dass nur dem redlichen,
ehrlichen, zuverlässigen, pflichtbewussten Schuldner die Wohltat der RSB zugute kommt.

Das Gesetz geht vom redlichen Schuldner als Regelfall aus und formuliert die
Versagungsgründe als Ausnahmetatbestände.

Es wurde im Interesse der Rechtssicherheit bewusst darauf verzichtet die Versagungsgründe
durch eine Generalklausel zu erfassen.

Bei den Versagungsgründen im Einzelnen handelt es sich um verschiedenartige
Tatbestände, die sowohl die Einhaltung von verfahrensrechtlichen wie materiell-rechtlichen
Pflichten regeln.
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Seite 418
J.
Restschuldbefreiung
III.
Entscheidung über RSB-Antrag
2.
Versagung der RSB
 Versagungsgründe

bis zum Schlusstermin nach § 197 InsO
 nur aus § 290 InsO

in der WVP

nicht: § 290 InsO
 nur: §§ 295 – 298 InsO
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Seite 419
J.
Restschuldbefreiung
III.
Entscheidung über RSB-Antrag
2.
Versagung der RSB
 Versagungsantrag
 Antrag eines Insolvenzgläubigers
 im Schlusstermin gestellt (Ausn. Schriftliches Verfahren)
 Glaubhaftmachung des Versagungsgrund (§ 290 II InsO)
 Versagungsgrund (§ 290 I InsO)
 der Schuldner aufgrund der §§ 283 – 283c StGB rechtskräftig verurteilt worden ist,
 der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Insolvenzantrag oder danach
vorsätzlich oder grob fahrlässig schriftlich unrichtige oder unvollständige Angaben
über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat, um einen Kredit zu erhalten,
Leistungen aus öffentlichen Mitteln zu beziehen oder Leistungen an öffentliche
Kassen zu vermeiden,
 in den letzten zehn Jahren vor dem Eröffnungsantrag oder danach dem Schuldner
Restschuldbefreiung erteilt oder nach § 296 oder § 297 versagt worden ist.

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Seite 420
J.
Restschuldbefreiung
III.
Entscheidung über RSB-Antrag
2.
Versagung der RSB
 der Schuldner im letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag oder danach vorsätzlich
oder grob fahrlässig die Befriedigung der Insolvenzgläubiger dadurch beein-trächtigt
hat, dass er unangemessene Verbindlichkeiten begründet oder Vermögen
verschwendet oder ohne Aussicht auf eine Besserung seiner wirtschaftlichen Lage
die Verfahrenseröffnung verzögert hat,
 der Schuldner während des Insolvenzverfahrens Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten nach der InsO vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat oder
 der Schuldner in den nach § 305 I Nr. 3 InsO vorzulegenden Verzeichnissen
vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht
hat
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Seite 421
J.
Restschuldbefreiung
III.
Entscheidung über RSB-Antrag
2.
Versagung der RSB
BGH, Beschl. v. 11.2.2010 - IX ZB 126/08 - NZI 2010, 264, zu § 290 I Nr. 5 InsO (Verletzung von
Auskunfts- und Mitwirkungspflichten)
 Die Verpflichtung zur Auskunft ist nicht davon abhängig, dass an den Schuldner
entsprechende Fragen gerichtet werden. Der Schuldner muss vielmehr die
betroffenen Umstände von sich aus, ohne besondere Nachfrage, offen legen, soweit
sie offensichtlich für das Insolvenzverfahren von Bedeutung sein können und nicht
klar zu Tage liegen.
 Zu den Umständen, die für das Insolvenzverfahren von Bedeutung sein können,
zählen auch solche, die eine Insolvenzanfechtung begründen können, denn eine
erfolgreiche Anfechtung führt zu einer Mehrung der Insolvenzmasse.
 Die Pflicht zur Auskunft setzt in einem solchen Fall nicht voraus, dass die
Voraussetzungen einer Insolvenzanfechtung tatsächlich vorliegen. Bereits konkrete
Anhaltspunkte, die eine Anfechtbarkeit möglich erscheinen lassen, begründen die
Pflicht des Schuldners, den Sachverhalt zu offenbaren.
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Seite 422
J.
Restschuldbefreiung
III.
Entscheidung über RSB-Antrag
2.
Versagung der RSB
BGH, Beschl. v. 16.12.2010 – IX ZB 63/09 - ZIP 2011, 133. zu § 290 I Nr. 5 InsO:
 Der Schuldner verletzt grob fahrlässig eine gesetzliche Auskunftspflicht und erfüllt
deshalb den Versagungstatbestand des § 290 I Nr. 5 InsO, indem er die
Eigentumswohnung auf Mallorca in dem mit seinem Eröffnungsantrag vorgelegten
Vermögensverzeichnis nicht angab.
 Eine Beeinträchtigung der Befriedigungsaussichten der InsGl ist nicht erforderlich;
es genügt, dass die Verletzung der Auskunftspflicht nach ihrer Art geeignet ist, die
Befriedigung der Insolvenzgläubiger zu gefährden..
 Holt der Schuldner im Regelinsolvenzverfahren von sich aus eine gebotene, aber
zunächst von ihm unterlassene Auskunftserteilung nach, bevor sein Verhalten
aufgedeckt und ein Versagungsantrag gestellt ist, beeinträchtigt seine Obliegenheitsverletzung letztlich die Gläubigerinteressen nicht. Die Versagung der RSB ist
dann in der Regel unverhältnismäßig
 im Verbraucherinsolvenzverfahren Heilung nur bis zur Verfahrenseröffnung möglich,
weil schon für das vorangehende Schuldenbereinigungsverfahren richtige und
vollständige Angaben des Schuldners erforderlich sind (§ 305 I InsO).
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RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel
Seite 423
J.
Restschuldbefreiung
III.
Entscheidung über RSB-Antrag
2.
Versagung der RSB
Frage: Ist nach Zurückweisung eines RSB-Antrags ein Zweitantrag zulässig?

Die §§ 286 ff InsO sehen keine grundsätzliche Beschränkung für einen erneuten RSB-Antrag
vor.

Aus § 290 I Nr. 3 folgt, dass der Gesetzgeber die Zulässigkeit eines Zweitantrags sogar
vorausgesetzt hat

BGH, Beschl. v 6.7.2006 – IX ZB 263/05 - NZI 2006, 601: Hat der ordnungsgemäß belehrte
Schuldner in einem früheren Insolvenzverfahren den RSB-Antrag nicht rechtzeitig gestellt,
führt die Präklusion des früheren Antrags zur Unzulässigkeit eines erneuten RSB-Antrag,
wenn kein neuer Gläubiger hinzugekommen ist

Gilt auch wenn der Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung in einem früheren
Verfahren rechtskräftig abgewiesen wurde
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RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel
Seite 424
J.
Restschuldbefreiung
III.
Entscheidung über RSB-Antrag
2.
Versagung der RSB
 BGH, Beschl. v. 21.1.2010 - IX ZB 174/09 – NJW-RR 2010, 776 : Hat der Schuldner auf den ihm in
Anschluss an den Antrag eines Gläubigers erteilten gerichtlichen Hinweis, er könne
einen eigenen Insolvenzantrag verbunden mit einem RSB-Antrag stellen, bis zur
Entscheidung über den Eröffnungsantrag des Gläubigers nicht mit eigenen Anträgen
reagiert, so kann er erst nach Ablauf einer Sperrfrist von drei Jahren nach
Insolvenzeröffnung einen erneuten Insolvenz-, Stundungs- und RSB-Antrag stellen,
vorausgesetzt ein auf Antrag des Gläubigers eröffnetes Verfahren ist zwischenzeitlich
aufgehoben
 BGH, Beschl. v. 21.1.2010 - IX ZB 164/09 – Tz. 15: Gibt der Schuldner im
Forderungsverzeichnis nach § 305 I Nr. 3 InsO eine Forderung nicht an, ist nicht nur
der Inhaber der nicht angegebenen Forderung sondern auch jeder andere
Insolvenzgläubiger befugt, einen Versagungsantrag nach § 290 I Nr. 6 InsO zu stellen.
Der Schuldner vermag sich nicht dadurch zu entlasten, dass der Inhaber der nicht
angegebenen Forderung die Forderung alsbald nach Verfahrenseröffnung selbst
angemeldet hat
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Seite 425
J.
Restschuldbefreiung
III.
Entscheidung über RSB-Antrag
2.
Versagung der RSB
BGH, Beschl. v. 14.1.2010 - IX ZB 257/09 - NZI 2010, 407:
 Nach Ablauf der Sperrfrist von drei Jahren kann der Schuldner einen erneuten
Insolvenz-, Stundungs- und Restschuldbefreiungsantrag auch dann stellen, wenn ihm
in einem früheren Verfahren die Restschuldbefreiung wegen
Vermögensverschwendung im Schlusstermin versagt worden ist; die Rechtskraft der
Versagungsentscheidung steht dem Rechtsschutzinteresse an der Durchführung eines
erneuten Verfahrens nicht entgegen
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RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel
Seite 426
J.
Restschuldbefreiung
III.
Entscheidung über RSB-Antrag
2.
Versagung der RSB
Fall: S hat am 31.3.02 Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und auf Erteilung
der Restschuldbefreiung gestellt. Das Gericht hat am 2.5.02 das Insolvenzverfahren
eröffnet. Nach Abhaltung des Schlusstermins am 2.11.02 wird dem G bekannt, dass
S wegen eines Insolvenzdelikts nach § 283 StGB rechtskräftig verurteilt worden ist.
G stellt den Antrag , dem Schuldner die Restschuldbefreiung gem. § 290 I Nr. 1
InsO zu versagen.
Zulässig?
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Seite 427
J.
Restschuldbefreiung
III.
Entscheidung über RSB-Antrag
2.
Versagung der RSB
BGH, Beschl. v. 18.5.2006 - IX ZB 103/05 – NZI 2006, 538
 Schlusstermin ist Zäsur für die Versagung nach § 290 I InsO
 Ein auf die Versagungsgründe des § 290 I InsO gestützter Versagungsantrag ist nur
zulässig, wenn der Gl diesen Antrag im Schlusstermin stellt. Hierbei handelt es sich um
eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers (Wortlaut des § 290 I InsO: „..wenn
dies im Schlusstermin…“); wird dem Schuldner (rechtskräftig) RSB angekündigt, soll
sein Verhalten in der Vergangenheit keine Rolle mehr spielen.
 verfassungsrechtlich nichts anderes geboten: der Eröffnungsbeschluss mit der
Aufforderung nach § 28 InsO wird öffentlich bekannt gemacht. Die öffentliche
Bekanntmachung genügt nach § 9 III InsO zum Nachweis der Zustellung an alle
Beteiligten. Das Gesetz geht danach ersichtlich davon aus, dass die Verantwortung für
die rechtzeitige Beschaffung der erforderlichen Informationen beim Insolvenzgläubiger
liegt.
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RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel
Seite 428
J.
Restschuldbefreiung
III.
Entscheidung über RSB-Antrag
2.
Versagung der RSB
Fall: Am 16.1.2006 beantragte der Schuldner die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über
sein Vermögen, die Stundung der Verfahrenskosten sowie RSB. Am 18.5.2006
wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der weitere Bet. zu 3 zum IV bestellt. Im
Schlusstermin beantragten die erste Ehefrau und die minderjährige Tochter des
Schuldners (fortan: Gläubigerinnen), die Versagung der RSB, weil der Schuldner
durch Leistung einer Zahlung auf fremde Schuld und durch die Bestellung zweier
Grundschulden Vermögen verschwendet habe sowie seinen Auskunfts- und
Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen sei. Das InsG hat den Antrag wegen
fehlender Glaubhaftmachung abgewiesen. Die sofortige Beschwerde der
Gläubigerinnen ist erfolglos geblieben. Mit ihrer Rechtsbeschwerde wollen die
Gläubigerinnen weiterhin die Versagung der Restschuldbefreiung erreichen.
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RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel
Seite 429
J.
Restschuldbefreiung
III.
Entscheidung über RSB-Antrag
2.
Versagung der RSB
BGH, Beschl. v. 30.6.2011 − IX ZB 169/10 - NZI 2011, 641:
 Eine Verschwendung i.S.v. § 290 I Nr. 4 InsO ist aber auch dann anzunehmen, wenn
Werte außerhalb einer sinnvollen und nachvollziehbaren Verhaltensweise verbraucht
werden oder Ausgaben im Verhältnis zum Gesamtvermögen und dem Einkommen des
Schuldners als grob unangemessen und wirtschaftlich nicht nachvollziehbar
erscheinen.
 Die Belastung eines Grundstücks zu Gunsten eines Dritten, dem keine zu sichernde
Forderung gegen den Schuldner zusteht, stellt unabhängig davon eine Vermögensverschwendung dar, ob die Belastung nach dem AnfG, nach §§ 129 ff. InsO oder nach
§§ 812 ff. BGB rückgängig gemacht werden könnte oder der Schuldner davon
ausgehen kann, der Dritte werde die Grundschulden gegebenenfalls als Drittsicher-heit
zur Verfügung stellen.
 Die schenkweise Hergabe von Vermögensgegenständen ohne nachvollziehbaren
Anlass kommt als Verschwendung in Betracht, wenngleich eine nach § 134 InsO
anfechtbare Schenkung für sich genommen nicht ohne Weiteres den Versagungsgrund ausfüllt.
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RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel
Seite 430
J.
Restschuldbefreiung
III.
Entscheidung über RSB-Antrag
2.
Versagung der RSB
 Das schlichte Verbergen eines Vermögensgegenstandes erfüllt nicht den Begriff der
„Verschwendung“ im Sinne von § 290 I Nr. 4 InsO, auch dann nicht, wenn dadurch der
Zugriff von Gläubigern auf diesen Gegenstand erschwert oder sogar vereitelt wird.
 Ein Gegenstand, über den der Schuldner noch verfügen kann, kann schon
begrifflich nicht verschwendet worden sein.
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Seite 431
J.
Fall:
Restschuldbefreiung
III.
Entscheidung über RSB-Antrag
2.
Versagung der RSB
S hat am 31.3.02 Insolvenzantrag und RSB-Antrag gestellt
am 2.5.02 Eröffnung des Insolvenzverfahrens
später Schlusstermin im schriftlichen Verfahren
Gläubigerin G beantragt, S die RSB gem. § 290 I Nr. 2 InsO zu versagen, da er bei
Abschluss eines Kreditvertrages vom 18.11.99 das Antragsformular blanko
unterschrieb und, indem er dem Kreditvermittler das weitere Ausfüllen weitgehend
überlassen hatte, falsche Angaben über seine Vorschulden und seine
Unterhaltsverpflichtungen gemacht habe.
InsG hat RSB versagt. Dessen sofortige Beschwerde hat das LG zurückgewiesen.
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RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel
Seite 432
J.
Restschuldbefreiung
III.
Entscheidung über RSB-Antrag
2.
Versagung der RSB
BGH, Beschl. v. 21.7.2005 – IX ZB 80/04 – ZVI 2005, 503.

Aufhebung und Zurückverweisung:

Das Gesetz gehe von dem redlichen Schuldner als Regelfall aus.

Feststellungslast trifft den antragstellenden Gläubiger. Sein Antrag ist zurückzuweisen, wenn nach Ausschöpfung der gem. § 5 I InsO gebotenen Maßnahmen
Zweifel am Vorliegen des Versagungstatbestandes bleiben.

einvernehmliches Zusammenwirken zwischen S und dem Kreditvermittler bzgl. der
falschen Angabe von Daten ist nicht ersichtlich.

Grobe Fahrlässigkeit liege nicht allein schon deshalb vor, weil der Schuldner dem
Kreditvermittler das weitere Ausfüllen des Formulars überlasse. Vielmehr müsse in
jedem Einzelfall geprüft werden, ob seitens des Schuldners Anlass bestand, daran zu
zweifeln, dass der Kreditvermittler die fehlenden Angaben nicht ordnungsgemäß in
das Formular eintragen werde.
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RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel
Seite 433
J.
Restschuldbefreiung
III.
Entscheidung über RSB-Antrag
2.
Versagung der RSB
 Entscheidung - durch Beschluss (§ 289 I 2 InsO)
 Abweisung des RSB-Antrags als unzulässig
 Ankündigung der RSB (§ 291 I InsO)
 Versagung der RSB


funktional zuständig: Insolvenzrichter (§ 18 I Nr. 2 RPflG)
Rechtsmittel  sofortige Beschwerde (§ 289 II 1 InsO)
 Schuldner gegen Versagung

 Gläubiger gegen Abweisung des Versagungsantrages
wenn keine Versagung der RSB
 Ankündigung der RSB durch Beschluss (§ 291 I InsO)
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Seite 434
J.
Restschuldbefreiung
III.
Entscheidung über RSB-Antrag
3.
Bestellung Treuhänder
 Auswahl (§ 288 InsO)

Vorschlagsrecht des Schuldners und der Gläubiger

natürliche Person

für den jeweiligen Einzelfall geeignet
 Aufgaben

Anzeige der Abtretung (§ 292 I 1 InsO)

Einziehung der Bezüge


Grundsatz der getrennten Vermögensverwahrung
jährliche Verteilung
 gestundeten Verfahrenskosten (abzüglich der Kosten für die Beiordnung eines Rechtsanwalts)
 an die Insolvenzgläubiger aufgrund des Schlussverzeichnisses
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RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel
Seite 435
J.
Restschuldbefreiung
III.
Entscheidung über RSB-Antrag
3.
Bestellung Treuhänder
 Abführung an Schuldner (§ 292 I 4, 5 InsO)
 10% der erlangten Beträge und sonstigen Leistungen nach 4 Jahren seit Aufhebung des
Insolvenzverfahrens
 15% nach Ablauf von 5 Jahren seit Aufhebung des Insolvenzverfahrens
 aber: Vorrang Berichtigung gestundeter Verfahrenskosten, soweit Einkommen nicht den
Betrag nach § 115 ZPO übersteigt
 Überwachung der Obliegenheiten

wenn Auftrag durch die GläubVers und Deckung der Vergütung (§ 292 II 1, 3 InsO)

Benachrichtigungspflicht wenn Obliegenheitsverletzung (§ 292 II 2 InsO)
 Schlussrechnungslegung (§ 292 III 1 InsO)
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RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel
Seite 436
J.
Restschuldbefreiung
IV.
Erteilung der Restschuldbefreiung
1.
Wohlverhaltensperiode
natürliche Person
Antragsverfahren
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Insolvenzverfahren Wohlverhaltensperiode
RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel
Seite 437
J.
Restschuldbefreiung
IV.
Erteilung der Restschuldbefreiung
1.
Wohlverhaltensperiode
 = das im 8.Teil der InsO (§§ 286 ff) geregelte RSB-Verfahren im eigentlichen Sinne,
das mit der Rechtskraft des Ankündigungsbeschlusses gem. § 291 I InsO beginnt (vgl.
Uhlenbruck-Vallender, § 295 InsO, Rn.1)
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RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel
Seite 438
J.

Restschuldbefreiung
IV.
Erteilung der Restschuldbefreiung
2.
Obliegenheiten des Schuldners
Obliegenheiten gem. § 295 I InsO
 Ausübung einer angemessenen Erwerbstätigkeit bzw. sich um eine solche Tätigkeit zu
bemühen und keine zumutbare Tätigkeit abzulehnen (Nr. 1)
 Herausgeben der Hälfte des Wertes des Vermögens, das ererbt oder mit Rücksicht auf ein
künftiges Erbrecht erwirbt (Nr.2);
 unverzügliches Anzeigen jedes Wechsels eines Wohnortes oder der Beschäftigungsstelle
gegenüber Gericht und Treuhänder,
 keine Verheimlichung von Bezügen, die unter die Abtretungserklärung fallen oder von
Vermögen i.S.d. Nr. 2 und
 Auskunftserteilung gegenüber dem Gericht und dem Treuhänder auf deren Verlangen über
die Nr. 1, Nr. 2 und über seine Bezüge (Nr. 3);
 Leistung von Zahlungen zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger ausschließlich an den
Treuhänder und keine Gewährung von Sondervorteilen an Insolvenzgläubiger (Nr. 4)
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RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel
Seite 439
J.
Restschuldbefreiung
IV.
Erteilung der Restschuldbefreiung
2.
Obliegenheiten des Schuldners
 bei Selbständigkeit des Schuldners Abführung eines entspr. Anteils seines Verdienstes an
den Treuhänder (§ 295 II InsO)

Maßstab: fiktives Arbeitseinkommen; nicht: tatsächlicher Gewinn

BGH (Beschl. v. 19.5.2011−IX ZB 224/09 - NZI 2011, 596) zu § 295 II InsO:
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
fiktives Nettoeinkommen aus angemessenen Dienstverhältnis zu berechnen. Angemessen ist
nur eine dem Schuldner mögliche abhängige Tätigkeit.

keine Versagung, wenn Schuldner auf Grund Alter oder ungünstiger Arbeits-marktverhältnisse
keine Möglichkeit, in ein angemessenes abhängiges Beschäftigungsverhältnis mit höherem
pfändbaren Einkommen zu wechseln
RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel
Seite 440
J.

Restschuldbefreiung
IV.
Erteilung der Restschuldbefreiung
2.
Obliegenheiten des Schuldners
BGH (Beschl. v. 19.5.2011−IX ZB 224/09 - NZI 2011, 596) zu § 295 I Nr.1 InsO:

im Regelfall bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitssuchend gemeldet sein,

laufend Kontakt zu den dort für ihn zuständigen Mitarbeiter,

sich selbst aktiv und ernsthaft um eine Arbeitsstelle bemühen,

zwei bis drei Bewerbungen in der Woche, sofern entsprechende Stellen angeboten werden
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RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel
Seite 441
J.
Restschuldbefreiung
IV.
Erteilung der Restschuldbefreiung
2.
Obliegenheiten des Schuldners

Obliegenheit gem. § 297 InsO:


Keine rechtskräftige Verurteilung wegen Insolvenzstraftaten (§§ 283 – 283c StGB)
zwischen Schlusstermin und Aufhebung des Insolvenzverfahrens oder während der
Wohlverhaltensperiode
Obliegenheit gem. § 298 InsO:

Deckung der Mindestvergütung des Treuhänders
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RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel
Seite 442
J.
Restschuldbefreiung
IV.
Erteilung der Restschuldbefreiung
2.
Obliegenheiten des Schuldners
Fall: Schuldner begeht nach Eintritt in die WVP eine Straftat und wird deswegen zu einer
Freiheitsstrafe verurteilt. Verletzung der Obliegenheit aus § 295 I Nr. 1 InsO?
BGH, (Beschl. v. 01.07.2010 IX ZB 148/09 - ZInsO 2010, 1558-1560):
 Die Begehung einer Straftat, die zu einer Inhaftierung des Schuldners führt, rechtfertigt
nur dann die Versagung der Restschuldbefreiung, wenn der Schuldner durch die
Inhaftierung eine Arbeit verliert, aus der er pfändbare Einkünfte erzielt hat. Wie in
anderen Fällen auch reicht allein der Verlust der Möglichkeit, sich auf dem Arbeitsmarkt
um eine Tätigkeit zu bemühen, nicht aus, um die RSB zu versagen. So ist eine
Versagung nach der Rechtsprechung des Senats nicht gerechtfertigt, wenn der
Schuldner eine Erwerbstätigkeit aufgibt, die - etwa aufgrund seiner Unterhalts-pflichten
- keine pfändbaren Beträge erbracht hat oder wenn der Schuldner eine (etwa nach
Kinderbetreuung zumutbare Teilzeit-) Beschäftigung ablehnt, die keine pfändbaren
Bezüge ergeben hätte.
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RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel
Seite 443
J.
Restschuldbefreiung
IV.
Erteilung der Restschuldbefreiung
2.
Obliegenheiten des Schuldners
 An diesen Grundsätzen ist auch der Schuldner zu messen, der in der WVP straffällig
wird und in Haft kommt. Auch diesem kann die Restschuldbefreiung nur dann versagt
werden, wenn er dadurch seine Obliegenheiten verletzt und eine konkret messbare
Beeinträchtigung der Befriedigungsaussichten seiner Gläubiger verursacht.
 Die Auffassung, jeder zu einer längeren Freiheitsstrafe verurteilte Straftäter sei von
vornherein von der Möglichkeit ausgeschlossen, RSB zu erlangen, ist weder mit dem
Willen des Gesetzgebers noch dem Regelungszusammenhang der Versagungsgründe
vereinbar. Der Wille des Gesetzgebers der InsO ging erkennbar dahin, auch
Strafgefangenen die Möglichkeit der RSB zu eröffnen.

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RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel
Seite 444
J.
Fall:
Restschuldbefreiung
IV.
Erteilung der Restschuldbefreiung
2.
Obliegenheiten des Schuldners
In dem im Januar 2007 eröffneten Insolvenzverfahren kündigte das InsG dem
Schuldner im Mai 2007 Restschuldbefreiung an und hob das Verfahren im Juni 2007
auf.
Der Schuldner erhält Altersbezüge, von denen als pfändbarer Betrag monatlich
547,05 € an den TreuH abgeführt wurden.
Während der WVP nahm er im November 2007 eine Aushilfstätigkeit an, die mit
monatlich 400 € vergütet wurde. Die Aufnahme dieser Tätigkeit, die er mit
krankheitsbedingten Unterbrechungen insgesamt 10 Monate ausübte, zeigte er dem
TreuH zunächst nicht an. Im November 2008 holte der Schuldner dieses telefonisch
nach.
TreuH ermittelte daraufhin einen monatlich pfändbaren Betrag von 100 € und schloss
mit dem Schuldner eine Ratenzahlungsvereinbarung, nach der er zehnmal monatlich
100 €, beginnend ab Januar 2009, abführen sollte. Hieran hielt sich der Schuldner.
Im Februar 2009 Versagungsantrag eines Gläubigers. Das InsG hat stattgegeben;
sofortige Beschwerde des Schuldners wurde im August 2009 zurückgewiesen.
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RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel
Seite 445
J.
Restschuldbefreiung
IV.
Erteilung der Restschuldbefreiung
2.
Obliegenheiten des Schuldners
BGH, Beschl. v. 17.7.2008 – IX ZB 183/07 - ZVI 2008, 41; Beschl. v. 3.2.2011 - IX ZB 99/09  Verletzung des § 295 I Nr. 3 InsO wegen nicht unverzüglicher Mitteilung der Aufnahme
einer Nebenbeschäftigung; aber Heilung dieser Obliegenheitsverletzung durch
nachträgliche Anzeige und Nachzahlung des dem TH vorenthaltenen Betrags möglich.
 Zwar ist Heilung einer Obliegenheitsverletzung in der durch Zahlung des dem TH
vorenthaltenen pfändbaren Einkommens ausgeschlossen ist, wenn ein Gläubiger
bereits Versagungsantrag gestellt hat. Hieraus folgt aber - entgegen einer in Rspr. und
Lit verbreiteten Auffassung nicht, dass eine Heilung der Obliegenheitsverletzung auch
dann ausscheidet, wenn der Schuldner die Anzeige nachholt und den fehlenden Betrag
einzahlt, bevor sein Verhalten aufgedeckt und ein Versagungsantrag gestellt ist.
 In diesem Fall liegt eine Obliegenheitsverletzung vor, die letztlich die Gläubigerinteressen nicht beeinträchtigt. Die Versagung der RSB wäre deshalb unverhältnismäßig.
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Seite 446
J.
Restschuldbefreiung
IV.
Erteilung der Restschuldbefreiung
2.
Obliegenheiten des Schuldners
 Eine entsprechende Heilungsmöglichkeit muss auch dann werden, wenn der Schuldner
nach freiwilliger Aufdeckung eines Obliegenheitsverstoßes aufgrund einer
Vereinbarung mit dem TH Teilzahlungen auf die Rückstände erbringt, die innerhalb
eines nicht nur angemessenen, sondern auch überschaubaren Zeitraums zu einem
vollständigen Ausgleich des dem TH vorenthaltenen Betrages führen.
 Solange sich der Schuldner an diese Vereinbarung hält, darf ihm nicht deswegen, weil
ein Gläubiger einen Versagungsantrag stellt, bevor der vereinbarte
Ratenzahlungszeitraum abgelaufen ist, die Restschuldbefreiung versagt werden. Er
verdient aufgrund der Vereinbarung mit dem TH Vertrauensschutz.
 Es ist den Gläubigern deshalb zumutbar, mit der Stellung eines Versagungsantrags
zuzuwarten, bis der Zeitraum abgelaufen ist, innerhalb dessen der Schuldner den
Rückstand ausgleichen kann. Solange der Schuldner die Vereinbarung mit dem TH
erfüllt, ist ein etwa gestellter Versagungsantrag eines Gläubigers unbegründet.
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RA/FAInsR Dr. Hans-Peter Rechel
Seite 447
J.
Restschuldbefreiung
IV.
Erteilung der Restschuldbefreiung
2.
Obliegenheiten des Schuldners
Frage:
Verzicht auf Pflichtteilsanspruch in WVP eine Obliegenheitsverletzung?
BGH, Beschl. v. 10.03.2011 - IX ZB 168/09 - NZI 2011, 329:
 Verzicht auf die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs, die Ausschlagung einer
Erbschaft oder der Verzicht auf ein Vermächtnis ist keine Obliegenheitsverletzung
 Die Entscheidung über die Ausschlagung einer Erbschaft und über die
Geltendmachung des Pflichtteils ist höchstpersönlicher Natur.
 dieses ist auch in der WVP zu beachten und darf nicht durch einen mittelbaren
Zwang zur Annahme der Erbschaft oder zur Geltendmachung des Pflichtteils
unterlaufen werden, der sich ergäbe, wenn man schon die Erbausschlagung selbst
oder den Verzicht auf die Geltendmachung des Pflichtteils als
Obliegenheitsverletzung im Sinne von § 295 I 2 InsO ansähe
 Die Untätigkeit des Schuldners hinsichtlich seines Pflichtteilsanspruchs, die einem Verzicht
auf den Pflichtteilsanspruch gleich zu behandeln ist, rechtfertigt Versagung nicht.

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Seite 448
J.
Restschuldbefreiung
IV.
Erteilung der Restschuldbefreiung
2.
Obliegenheiten des Schuldners
 Bezüglich des Vermächtnisses kann im Ergebnis nichts anderes gelten.
 Die dadurch für den Schuldner bestehende Möglichkeit, den Halbteilungsgrundsatz zu
umgehen, indem er das Vermächtnis erst nach Ablauf der WVP annimmt, muss in Kauf
genommen werden. Macht der Schuldner den Pflichtteil erst nach diesem Zeitpunkt
geltend, tritt diese Folge ebenfalls ein (vgl. BGH, Beschl. v. 16.7.2009 - IX ZB 72/09 - ZInsO 2009,
1831 Rn. 10).
 auch keine Versagung der RSB nach § 295 I Nr. 3 InsO. Begriff des Verheimlichens
über denjenigen des schlichten Verschweigens hinausgeht, d.h. Verhalten, durch das
von der Abtretung erfasste Bezüge oder von Todes wegen erworbenes Vermögen der
Kenntnis des Treuhänders entzogen werden. Ein schlichtes Unterlassen stellt dann
ein Verheimlichen dar, wenn eine Rechtspflicht zum Handeln - zur Offenbarung des
Vermögensgegenstandes also - besteht. Die Pflicht, einen in der WVP eingetretenen
Erbfall unaufgefordert schon zu einem Zeitpunkt anzuzeigen, zu dem die Erbschaft
oder ein Vermächtnis noch ausgeschlagen werden kann oder noch nicht feststeht, ob
ein Pflichtteilsanspruch geltend gemacht wird, sieht die InsO nicht vor.
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Seite 449
J.
Restschuldbefreiung
IV.
Erteilung der Restschuldbefreiung
3.
Versagungsantrag

Versagung nach § 296 I InsO

Voraussetzungen (§ 296 I InsO)
 Antrag eines Insolvenzgläubigers
 Obliegenheitsverletzung
 Beeinträchtigung der Befriedigung der Insolvenzgläubiger
 Verschulden des Schuldners
 Antragsfrist: 1 Jahr nach Bekanntwerden (§ 296 I 2 InsO)
 Glaubhaftmachung (§ 296 I 3 InsO)

Anhörung Treuhänder, Schuldner, Insolvenzgläubiger (§ 296 II 1 InsO)

Entscheidung durch Beschluss

Rechtsmittel (§ 296 III InsO)
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Seite 450
J.
Restschuldbefreiung
IV.
Erteilung der Restschuldbefreiung
3.
Versagungsantrag
Frage: Darf WVP-Treuhänder Gläubiger über Umstände unterrichten, welche die
Versagung der Restschuldbefreiung begründen können, auch wenn ihm diese
Aufgabe nicht eigens übertragen worden ist?
BGH, Beschl. v. 1.7.2010 – IX ZB 84/09 - ZInsO 2010, 1498-1499: Ja
 § 292 II InsO zeigt, dass ein Zusammenwirken von Gläubigern und Treuhänder in der
WVP erlaubt ist, um den Gläubigern die für einen Versagungsantrag erforderliche
Kenntnis von einem Versagungsgrund zu vermitteln.
 Der WVP-Treuhänder hat zwar auch Belange des Schuldners zu wahren. Eine absolute
Neutralität sieht das Gesetz jedoch nicht vor
 Ausdrücklich offen gelassen für das (eröffnete) Insolvenzverfahren
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Seite 451
J.
Restschuldbefreiung
IV.
Erteilung der Restschuldbefreiung
3.
Versagungsantrag
 Versagung nach § 296 II 3 InsO

Voraussetzungen
 Verletzung der Mitwirkungs- und Auskunftspflicht durch Schuldner ohne hinreichende Entschuldigung
 Antrag eines Insolvenzgläubigers (BGH)

Anhörung des Schuldners (§ 296 II 1 InsO)

Entscheidung durch Beschluss

Rechtsmittel (§ 296 III InsO)
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Seite 452
J.
Restschuldbefreiung
IV.
Erteilung der Restschuldbefreiung
3.
Versagungsantrag
BGH, Beschl. v. 19.5.2011 − IX ZB 274/10 - NZI 2011, 640 zu § 296 II 3 InsO:
 § 296 II 3 InsO enthält gegenüber § 296 I InsO einen eigenständigen Versagungstatbestand, der an die Mitwirkungspflichten des Schuldners im Versagungsverfahren
nach § 296 II 1 InsO anknüpft.
 Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 296 II 1 InsO kann es eine Versagung
der RSB ohne einen Gläubigerantrag nicht geben.
 erst dann setzt Amtsermittlungspflicht ein
 das Verfahren auf Versagung der RSB unterliegt der Gläubigerautonomie
 § 296 II 2 InsO begründet besondere Auskunftspflichten für den Schuldner, die jedoch
erst entstehen, wenn ein Gläubiger einen Antrag nach § 296 I InsO gestellt hat
 kommt Schuldner den sich aus § 296 II 2 InsO ergebenden Auskunftspflichten nicht
nach, ist ihm die RSB zu versagen, ohne dass es eines zusätzlichen Antrags, der
diesen Tatbestand aufgreift, bedarf
 ursprgl. Antrag nach § 296 I InsO muss nicht zulässig sein
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Seite 453
J.
Restschuldbefreiung
IV.
Erteilung der Restschuldbefreiung
3.
Versagungsantrag
 Versagung nach § 297 InsO

Voraussetzungen
 Antrag eines Insolvenzgläubigers
 Rechtskräftige Verurteilung des Schuldners wg. eines Insolvenzdelikts nach dem Schlusstermin
 Antragsfrist: 1 Jahr nach Bekanntwerden (§§ 297 II, 296 I 2 InsO)
 Glaubhaftmachung (§§ 297 II, 296 I 3 InsO)

Anhörung des Schuldners

Entscheidung durch Beschluss

Rechtsmittel (§§ 297 II, 296 III InsO)
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Seite 454
J.
Restschuldbefreiung
IV.
Erteilung der Restschuldbefreiung
3.
Versagungsantrag
 Versagung nach § 298 InsO

Voraussetzungen
 Antrag des TreuH
 keine Verfahrenskostenstundung
 Nichtzahlung der Mindestvergütung (§ 14 III InsVV)
 Mahnung mit Fristsetzung von 2 Wochen und Restfolgenbelehrung

Anhörung des Schuldners und Aufforderung durch InsG (§ 298 II InsO)

keine Zahlung innerhalb von 2 Wochen nach Aufforderung

Entscheidung durch Beschluss

Rechtsmittel (§§ 297 II, 296 III InsO)
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Seite 455
J.
Restschuldbefreiung
IV.
Erteilung der Restschuldbefreiung
3.
Versagungsantrag
 Rechtsfolge der Versagung, § 299 InsO

die Laufzeit der Abtretungserklärung, das Amt des Treuhänders und die Beschränkung der
Rechte der Gläubiger enden
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Seite 456
J.
Restschuldbefreiung
IV.
Erteilung der Restschuldbefreiung
4.
Entscheidung über den RSB-Antrag
 wenn keine vorzeitige Beendigung der WVP entscheidet das InsG nach Ablauf der
Dauer der Abtretung (§ 287 II InsO) durch Beschluss über den RSB-Antrag des
Schuldners (§ 300 InsO)

Anhörung TH, Schuldner u InsGl (§ 300 I InsO)

Versagung (§ 298 II InsO)
 Antrag Gläubiger nach §§ 296 I, II 3, 297 InsO
 Antrag TH nach § 298 InsO
 öffentliche Bekanntmachung des Beschlusses
 Rechtsmittel
 Schuldner
 jeder InsGl, der Versagungsantrag gestellt hat
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Seite 457
J.
Restschuldbefreiung
IV.
Erteilung der Restschuldbefreiung
4.
Entscheidung über den RSB-Antrag
Frage: Ablauf der 6-Jahresfrist des § 287 II 1 InsO vor Abschluss des
Insolvenzverfahrens – Entscheidung nach § 300 InsO?
BGH, Beschl. v. 3.12.2009 - IX ZB 247/08 - NZI 2010, 111:

Ist die [sechsjährige] Frist der Abtretungserklärung abgelaufen, bevor dem Schuldner
die Restschuldbefreiung angekündigt worden ist, muss schon vor Beendigung des
Insolvenzverfahrens über die Restschuldbefreiung gem. § 300 InsO entschieden
werden. Dies entspricht h.M. in Rspr. und Lit.
 Wille des Gesetzgebers, den Zeitpunkt der Erteilung der RSB von der Dauer des
eröffneten Verfahrens zu lösen. Er hat § 287 II 1 InsO dahin geändert, dass der Lauf
der Abtretungsfrist von sieben auf sechs Jahre verringert wurde und diese Frist nicht
mehr erst bei Aufhebung des Insolvenzverfahrens, sondern bereits bei Eröffnung zu
laufen beginnt.

Ist nach Ablauf der Abtretungserklärung das Insolvenzverfahren noch nicht beendet,
kann die Abtretungserklärung keine Wirkung mehr entfalten.
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Seite 458
J.




Restschuldbefreiung
IV.
Erteilung der Restschuldbefreiung
4.
Entscheidung über den RSB-Antrag
Eine Ankündigung der RSB gem. § 291 InsO entfällt ebenso wie die sich sonst
anschließende WVP. Damit entfallen für den Schuldner auch die Obliegenheiten, die
erst nach Ankündigung der RSB von ihm zu beachten sind.
Gemäß § 300 I InsO ist demgemäß nach Ablauf von sechs Jahren nach Eröffnung
des Insolvenzverfahrens über den Antrag auf Restschuldbefreiung zu entscheiden,
auch wenn das Insolvenzverfahren noch nicht abschlussreif ist.
die Anhörung der InsGl, des IV anstelle des TH und des Schuldners muss in einer
Form durchgeführt werden, die dem Schlusstermin entspricht (vgl. § 289 I InsO). Dies
kann in einer GlVers. oder gem. § 5 II InsO im schriftlichen Verfahren erfolgen.
Durch § 287 II InsO werden die Wirkungen des § 35 I Alt. 2 InsO (Neuerwerb) zeitlich
begrenzt.
 teilw.: Neuerwerb gebührt der Masse bis zur Rechtskraft der RSB-Entscheidung
 BGH: Neuerwerb gebührt der Masse nur bis zum Ablauf der Abtretungsfrist, wenn
RSB erteilt wird.
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Seite 459
J.
Restschuldbefreiung
V.
Wirkungen und Widerruf der Restschuldbefreiung
1.
Wirkung der RSB
 Die Restschuldbefreiung wirkt gegen alle Insolvenzgläubiger sowie gegen die
Gläubiger, die ihre Forderungen nicht angemeldet haben (§ 301 I InsO)

Unberührt bleiben die Rechte der Insolvenzgläubiger gegen Mitschuldner und Bürgen des
Schuldners sowie die Rechte aus einer zu ihrer Sicherung eingetragenen Vormerkung oder
aus einem Recht, das im Insolvenzverfahren zur abgesonderten Befriedigung berechtigt (§
301 II InsO);
 Von der Erteilung der RSB sind ausgenommen (§ 302 InsO)
 Verbindlichkeiten aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, sofern
Forderung nach § 174 II InsO angemeldet wurde;
 Geldstrafen und die diesen in § 39 I Nr. 3 gleichgestellten Verbindlichkeiten;
 Verbindlichkeiten aus einem zinslosen Darlehen, die dem Schuldner zur Begleichung der
Kosten des Insolvenzverfahrens gewährt wurden.
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Seite 460
J.
Restschuldbefreiung
V.
Wirkungen und Widerruf der Restschuldbefreiung
2.
Widerruf der RSB
§ 303 I InsO: InsG kann die Erteilung der RSB widerrufen, wenn
 Antrag eines Insolvenzgläubigers
 innerhalb 1 Jahr nach Rechtskraft der Entscheidung über die RSB
 nachträglich herausgestellt
 Obliegenheitsverletzung und
 dadurch erhebliche Beeinträchtigung der Gläubigerbefriedigung
 keine Kenntnis des Gläubigers
 Glaubhaftmachung
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Seite 461
J.
Restschuldbefreiung
V.
Wirkungen und Widerruf der Restschuldbefreiung
2.
Widerruf der RSB
 Verfahren (§ 303 III InsO)




Anhörung Schuldner und Treuhänder
funktionelle Zuständigkeit: Insolvenzrichter (§ 18 I Nr.3 RPflG)
Entscheidung durch Beschluss
öffentliche Bekanntmachung des Widerrufsbeschlusses
 Rechtsmittel


Schuldner gegen Widerruf
Insolvenzgläubiger gegen Abweisung seines Widerrufsantrags
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Seite 462
K.
Die Eigenverwaltung
I.
Einführung
II.
Anordnung der Eigenverwaltung
III.
Aufhebung der Eigenverwaltung
IV. Verfahren
V.
Sachwalter
VI. "Schutzschirmverfahren“
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Seite 463
K.
Die Eigenverwaltung
I.
Einführung
§ 270 I 1 InsO: „Der Schuldner ist berechtigt, unter der Aufsicht eines Sachwalters die
Insolvenzmasse zu verwalten und über sie zu verfügen, wenn das Insolvenzgericht in
dem Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Eigenverwaltung
anordnet.“
 Vorbild: „debtor in possession“, Chapter 11 US Bankruptcy Code
 In Ausnahmefällen kann es nötig sein, dem Schuldner die Verfügungsbefugnis zu
belassen,

um zu einer besseren Verwertung der Masse und Befriedigung der Gläubiger zu gelangen,

wenn Kenntnisse und Erfahrungen im Rahmen der Unternehmensfortführung notwendig sind

wenn Einarbeitung eines IVw zu aufwendig
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Seite 464
K.
Die Eigenverwaltung
I.
Einführung
Vorteile
 kostengünstigeres Verfahren ?

geringere Vergütung des Sachverwalters

Vermeidung von Kostenbeiträgen für die Feststellung von Sicherungsgut (§ 282 I InsO)

nur tatsächliche Verwertungskosten

aber: Kosten der Sanierungsexperten zur Beratung/Verstärkung der Geschäftsführung
 Anreiz für frühere Insolvenzantragstellung

Je mehr die Geschäftsleitung eines Unternehmens fürchtet, sie werde abgelöst, desto später
stellt sie in der Regel den Insolvenzantrag.
 Kontinuität in der Unternehmensleitung

Nutzung der Unternehmens- und Branchenkenntnis des Schuldners

Wahrung des Vertrauens des Geschäftsverkehrs (Kunden und Lieferanten

aber: auch Eigenverwaltung wird vom Geschäftsverkehr als Insolvenzverfahren wahrgenommen
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Seite 465
K.
Die Eigenverwaltung
I.
Einführung
Risiken
 Verschiebung von Massegegenständen
 Nichtentdeckung von Haftungsansprüchen gegen Geschäftsführung
 Gläubigerbegünstigungen
 Oft schwer abzuschätzen, ob Schuldner der Aufgabe gewachsen ist
 Gefahr, dass Gläubiger sehr lange auf ihre Befriedigung warten müssen
 sinnvoll nur bei unzweifelhafter Vertrauenswürdigkeit des schuldnerischen
Managements
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Seite 466
K.
Die Eigenverwaltung
I.
Einführung
rechtliche Wirkungen
 es gelten die allgemeinen Vorschriften der InsO (§ 270 I 2 InsO)
 Schuldner bleibt verwaltungs- und verfügungsbefugt
 durch den Eröffnungsbeschluss wird das Schuldnervermögen vom Insolvenzbeschlag
erfasst
 Schuldner ist Amtswalter in eigenen Angelegenheiten unter der Aufsicht des
Sachwalters
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Seite 467
K.
Die Eigenverwaltung
I.
Einführung
Reform der Eigenverwaltung durch das ESUG
 37. Änderung der InsO seit Einführung zum 1.1.1999

„Dauerbaustelle InsO“
 BMJ: „Insgesamt wollen wir durch das neue Gesetz einen Mentalitätswechsel für eine
neue ‚Insolvenzkultur‘ in Deutschland einleiten.“
 Stärkung der Gläubigerautonomie

Anhörung des GlA zum Eigenverwaltungsantrag (§ 270 III InsO)
 Wahrung des Einflusses des Schuldners


§ 270a InsO:

Eröffnungsverfahren nur mit Aufsicht führenden Sachwalter

Rücknahmemöglichkeit (§ 270a II InsO)
§ 270b InsO - Schutzschirmverfahren
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Seite 468
K.
Die Eigenverwaltung
I.
Einführung
Kritische Anmerkungen zur Eigenverwaltung nach ESUG
 ESUG ist nicht in der Lage, mangelnde Kenntnisse der Schuldner und ihrer Berater zu
kompensieren
 die Praxis zeigt, dass Unabhängigkeit und Qualifikation des Sachwalters eine
besondere Bedeutung gewonnen haben

problematisch z.B. § 270b II InsO: Vorschlagsrecht des Schuldners

„Beauty Contest“ der Kandidaten im Vorfeld
 Eigenverwaltung nur für große Unternehmen an, die weit vor Antragstellung mit neuer
Mannschaft (CRO) strukturelle Probleme angegangen sind
 wichtig: Entstigmatisierung der Eigenverwaltung als Sanierungsinstrument
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Seite 469
K.
Die Eigenverwaltung
II.
Anordnung
mit Eröffnungsbeschluss (§ 270 I 1 InsO)
 § 270 II InsO – Voraussetzung der Anordnung

Antrag des Schuldners auf Eigenverwaltung (Nr. 1) und

nach den Umständen keine Verfahrensverzögerung oder Nachteile für die Gläubiger zu
erwarten (Nr. 2)
§ 271 InsO – nachträgliche Anordnung,
 wenn InsG zuvor Schuldnerantrag abgelehnt hat,
 auf Antrag der ersten Gläubigerversammlung

Stärkung der Eigenverwaltung und der Gläubigerautonomie
 qualifizierte Mehrheit

soll Beherrschung der Eigenverwaltung durch wenige Großgläubiger oder geschickt agierende
Kleingläubiger verhindern
 bisheriger IVw kann zum Sachwalter bestellt werden
 kein Entscheidungsermessen des InsG
 öffentliche Bekanntmachung, § 273 InsO
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Seite 470
K.
Die Eigenverwaltung
II.
Anordnung
§ 270 InsO - Voraussetzungen
(1) (…)
(3) Vor der Entscheidung über den Antrag ist dem vorläufigen Gläubigerausschuss
Gelegenheit zur Äußerung zu geben, wenn dies nicht offensichtlich zu einer nachteiligen
Veränderung in der Vermögenslage des Schuldners führt. Wird der Antrag von einem
einstimmigen Beschluss des vorläufigen Gläubigerausschusses unterstützt, so gilt die
Anordnung nicht als nachteilig für die Gläubiger.
(4) Wird der Antrag abgelehnt, so ist die Ablehnung schriftlich zu begründen; § 27 Abs. 2
Nummer 5 gilt entsprechend.
 (Abs. 3) dient der Stärkung der Gläubigerautonomie
 (Abs.4) Begründungspflicht

Begründung wird in den Eröffnungsbeschluss aufgenommen

Grundlage für die Gläubigerversammlung, über eine nachträgliche Beantragung der
Eigenverwaltung zu entscheiden
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Seite 471
K.
Die Eigenverwaltung
III.
Aufhebung
§ 272 InsO – Aufhebung der Anordnung
 Antrag des Schuldners oder
 Antrag der Gläubigerversammlung
 Antrag eines einzelnen (absonderungsberechtigter) Gläubiger, wenn

Verfahrensverzögerung/Gläubigernachteile eingetreten oder zu erwarten sind

Glaubhaftmachung (§ 272 II 1 InsO)
 bei Gläubigerantrag: Anhörung des Schuldners (§ 272 II 2 InsO)
 öffentliche Bekanntmachung, § 273 InsO
 Rechtsmittel

sofortige Beschwerde (§ 272 II 3 InsO)
 Wirkung der Aufhebung

Verfahren ist nach den allg. Regeln abzuwickeln (§ 270 I 3 InsO)

IVw ist zu bestellen; kann auch der bisherige Sachwalter sein (§ 272 III InsO)

Sperrvermerke nach §§ 32, 33 InsO sind nachzuholen
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Seite 472
K.
Die Eigenverwaltung
III.
Aufhebung
Kann der Beschluss gem. § 272 I Nr. 1 InsO nach § 78 InsO angefochten werden?
 (+) HK-InsO-Landfermann, § 272 InsO Rz.3

Verweis in § 270 I 2 InsO

kein Ausschluss durch § 272 InsO

Gefahr des Machtmissbrauchs durch Großgläubiger oder Kleingläubigergruppen
 (-) BGH, Beschl.v. 21.7.2011 - IX ZB 64/10 – ZIP 2011, 1622

kein schützenwertes Interesse der Gläubiger an kostengünstigeren Eigenverwaltung

Antrag auf Aufhebung der Eigenverwaltung muss nicht begründet werden, dann kann es auch
keine Abwägung nach § 78 I InsO durch das InsG geben

Antrag im Ermessen der Gläubigerversammlung

kein Rechtsmittel vorgesehen
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Seite 473
K.
Die Eigenverwaltung
IV.
Verfahren
 Maßnahmen bei Anordnung der Eigenverwaltung (§ 270 III InsO)

statt einem Insolvenzverwalter wird ein Sachwalter bestellt

Keine Registereintragungen (§ 270 III 3 InsO)

Forderungen sind beim Sachwalter anzumelden
 Zustimmungserfordernisse

GlA (§ 276 InsO)

Sachwalter


auf Antrag der Gläubigerversammlung (§ 277 InsO)

§ 279 S.3 InsO
gewöhnliche und ungewöhnliche Geschäfte: § 275 InsO
 Gegenseitige Verträge

Rechte nach §§ 103 ff InsO hat der Schuldner (§ 279 InsO)

Ausübung „soll“ im Einvernehmen mit dem Sachwalter

Betriebsvereinbarungen und Kündigungen (§§ 120, 122, 126 InsO) nur wirksam mit Zustimmung des
Sachwalters
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Seite 474
K.
Die Eigenverwaltung
IV.
Verfahren
 Gläubigerinformation

Verzeichnisse nach §§ 151ff InsO vom Schuldner (§ 281 I InsO)


im Berichtstermin berichtet der Schuldner (§ 281 II InsO)


Prüfungspflicht des Sachwalters
Stellungnahme des Sachwalters
Rechnungslegung nach §§ 66, 155 InsO: Schuldner (§ 283 III 1 InsO)

Prüfung der Schlussrechnung durch Sachwalter (§ 283 III 2 InsO)
 Verwertung durch Schuldner

Sicherungsgut (§ 282 InsO)

„soll“ im Einvernehmen mit dem Sachwalter
 Verteilung

vom Schuldner durchgeführt (§ 283 II 1 InsO)

Prüfungspflicht des Sachwalters (§ 283 II 2 InsO)
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Seite 475
K.
Die Eigenverwaltung
IV.
Verfahren
§ 276a InsO – Mitwirkung der Überwachungsorgane
„ Ist der Schuldner eine juristische Person oder eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, so haben der Aufsichtsrat, die Gesellschafterversammlung oder entsprechende
Organe keinen Einfluss auf die Geschäftsführung des Schuldners. die Abberufung und
Neubestellung von Mitgliedern der Geschäftsleitung ist nur wirksam, wenn der Sachwalter
zustimmt. Die Zustimmung ist zu erteilen, wenn die Maßnahme nicht zu Nachteilen für die
Gläubiger führt.“
Gesetzesbegründung
 zusätzliche Überwachung durch die Organe des Schuldners ist in der Eigenverwaltung
nicht erforderlich
 deren Einfluss auf die Geschäftsführung soll die Eigenverwaltung nicht stören
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Seite 476
K.
Die Eigenverwaltung
V.
Sachwalter
§ 270c InsO – Bestellung des Sachwalters
„ Bei Anordnung der Eigenverwaltung wird anstelle des Insolvenzverwalters ein Sachwalter
bestellt. Die Forderungen der Insolvenzgläubiger sind beim Sachwalter anzumelden. Die
§§ 32 und 33 sind nicht anzuwenden.“
 Schuldner behält seine Verwertungs- und Verfügungsbefugnis
 Sicherung der Insolvenzmasse durch den Sachwalter
Eigenschaften
 § 274 I iVm § 56 InsO
 personenverschieden vom Aussteller der Bescheinigung nach § 270b I InsO

vgl § 270b II 1 InsO für den vorläufigen Sachwalter

auch sozietätsverschieden
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Seite 477
K.
Die Eigenverwaltung
V.
Sachwalter
Aufgaben
 Forderungsanmeldung und -prüfung

Forderungsanmeldung beim Sachwalter (§§ 270c 2 InsO)

Sachwalter führt die Tabelle (§§ 270c 2, 175 InsO)

Sachwalter hat Widerspruchsrecht im Prüfungstermin (§ 283 I 1 InsO)

Forderung gilt dann als nicht festgestellt (§ 283 I 2 InsO)
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Seite 478
K.
Die Eigenverwaltung
V.
Sachwalter
 Kassenführungsrecht:

Sachverwalter kann verlangen, dass Gelder von ihm entgegenzunehmen und Zahlungen an
ihn zu richten sind (§ 275 II InsO)
 Prüfungspflicht

Verteilungsverzeichnisse (§ 283 II 2 InsO)


Verteilungen an die Insolvenzgläubiger werden vom Schuldner vorgenommen
Verzeichnisse nach §§ 151 – 153 InsO

diese Verzeichnisse hat der Schuldner zu erstellen (§ 281 I 2 InsO)
 Zustimmungsvorbehalt

Verbindlichkeiten, die nicht zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehören, soll Schuldner nicht
ohne Zustimmung des Sachwalters eingehen (§ 275 I 1 InsO)

Verbindlichkeiten, die zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehören, soll Schuldner nicht
eingehen, wenn Sachwalter widerspricht (§ 275 I 2 InsO)
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Seite 479
K.
Die Eigenverwaltung
V.
Sachwalter
 Prüfung der wirtschaftlichen Lage und Überwachung der Geschäftsführung und
Lebensführung (§ 274 II 1 InsO)

„kontrollierte Handlungsfreiheit“ des Schuldners
 Betretungsrecht (§§ 274 II 2, 22 III InsO)
 Anzeigepflicht des Sachwalters gegenüber dem InsG und der GlV bei Anhaltspunkten
für Nachteile für die Gläubiger (§ 274 III InsO)
 Haftung und Vergütung entspr. IV (§ 274 I InsO)
 Insolvenzanfechtung (§ 280 InsO)
 Haftungsansprüche nach §§ 92, 93 InsO
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Seite 480
K.
Die Eigenverwaltung
II.
Anordnung - § 270a ESUG
§ 270a InsO - Eröffnungsverfahren
(1) Ist der Antrag des Schuldners auf Eigenverwaltung nicht offensichtlich aussichtslos, so
soll das Gericht im Eröffnungsverfahren davon absehen,
1. dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot aufzuerlegen oder
2. anzuordnen, dass alle Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung eines
vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind.
Anstelle des vorläufigen Insolvenzverwalters wird in diesem Fall ein vorläufiger
Sachwalter bestellt, auf den die §§ 274 und 275 entsprechend anzuwenden sind.
(2) Hat der Schuldner den Eröffnungsantrag bei drohender Zahlungsunfähigkeit gestellt
und die Eigenverwaltung beantragt, sieht das Gericht jedoch die Voraussetzungen der
Eigenverwaltung als nicht gegeben an, so hat es seine Bedenken dem Schuldner
mitzuteilen und diesem Gelegenheit zu geben, den Eröffnungsantrag vor der
Entscheidung über die Eröffnung zurückzunehmen.
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Seite 481
K.
Die Eigenverwaltung
II.
Anordnung - § 270a ESUG
Bekanntmachung, § 9 InsO
 (-) zB Horstkotte, ZInsO 2012, 1161

Kein Verweis auf § 9 InsO in § 270a InsO
 (+) Frind, ZIP 2012, 1591

Gesetzeslücke

Ermessen des InsG
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Seite 482
K.
Die Eigenverwaltung
II.
Anordnung - § 270a ESUG
Gesetzesbegründung
 Vorteile der Eigenverwaltung drohen durch die Bestellung eines vorläufigen
Insolvenzverwalters verloren zu gehen

Vertrauen der Geschäftspartner in Geschäftsleitung und Sanierungskonzept des Schuldners
stärken

Vermeidung des unmittelbaren Kontrollverlust des Schuldners über sein Unternehmen
 stattdessen besteht die Möglichkeit zur Bestellung eines vorläufigen Sachwalters, der
mit den Befugnissen der §§ 274, 275 InsO ausgestattet ist
 Überwachung der Geschäftsführung
 Zustimmungsvorbehalt für außerordentliche Verbindlichkeiten
 (Abs.2) Weg zur Eigenverwaltung soll für Schuldner bei drohender Zahlungs-unfähigkeit
attraktiver gemacht werden, indem er die Möglichkeit zur Antragsrück-nahme hat, wenn
das Gericht die Eigenverwaltung ablehnen will
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Seite 483
K.
Die Eigenverwaltung
II.
Anordnung - § 270a ESUG
Zulässigkeit der Ermächtigung zu Masseverbindlichkeiten
 (-) AG Fulda, Beschl. v. 28. 3. 2012 – 91 IN 9/12 – ZIP 2013, 1471

keine Rechtsgrundlage

§§ 21, 22, 55 Abs. 2 InsO nur für vorläufige Insolvenzverwaltung

§ 270b III InsO nicht entsprechend
 (+) AG Hamburg, Beschl. v. 4.4.2012 – 67g IN 74/12 – ZIP 2012, 787

Ermächtigung des vorl. Sachwalters

anstelle eines vorl InsVw, § 270a I 2 InsO
 (+) AG Köln, Beschl. v. 26.3.2012 – 73 IN 125/12 - ZIP 2012, 788

Ermächtigung des Schuldners
 (+) AG München, Beschl. v. 27.6.2012 - 1506 IN 1851/12 – ZIP 2012, 1470


Ermächtigung des Schuldners

auch mit Zustimmungsvorbehalt durch vorl. Sachwalter
(+) LG Duisburg, Beschl. v. 29.11.2012 – 7 T 185/12 – ZIP 2012, 2453

Schuldner
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K.
Die Eigenverwaltung
II.
Anordnung - § 270a ESUG
Kann Insolvenzschuldner Masseverbindlichkeiten begründen?
 AG Montabaur, Beschl. v. 27.12.2012 – 14 IN 282/12 - ZIP 2013, 899; Frind, ZInsO 2012, 1099, 1101 f.;

Verweis in § 270a I 2 InsO auf §§ 274, 275 InsO

Wenn im Regelverfahren das Insolvenzgericht den vorläufigen Insolvenzverwalter zur
Begründung einzelner Masseverbindlichkeiten ermächtigen könne, so entspreche dieser
Ermächtigung im Eigenverwaltungs-Eröffnungsverfahren der fehlende Widerspruch oder die
Zustimmung des vorläufigen Sachwalters nach § 275 I InsO.
 (-) Klinck, ZIP 2013, 853, 859

auch im eröffneten Eigenverwaltungsverfahren ergibt sich die Kompetenz zur Begründung von
Masseverbindlichkeiten nicht aus § 275 InsO, sondern §§ 270 I2, 55 I InsO

unanwendbar im Eigenverwaltungs-Eröffnungsverfahren, vgl § 55 II InsO

Befugnisse nach § 55 II InsO beruhen auf richterlichem Beschluss

§ 38 InsO
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Seite 485
K.
Die Eigenverwaltung
II.
Anordnung - § 270a ESUG
Haftung GF für Lohn- und Umsatzsteuer?
 §§ 34 I 1, 69, 191 AO

kein Verfügungsverbot oder Zustimmungsvorbehalt
 Steuerzahlungspflicht ./. Massesicherungspflicht

im 3-Wochen-Zeitraum des § 15a InsO hat Schutzzweck der Massesicherung Vorrang vor
einer Strafbarkeit nach § 266a StGB (vgl. BGH, Urt. v. 9.8.2005 – 5 StR 67/05, ZIP 2005, 1678)

Vorrang gilt auch für LSt-Abführungspflicht (BFH, Urt. v. 27.2.2007 – VII R 67/05 - ZIP 2007, 1604)
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K.
Die Eigenverwaltung
VI.
„Schutzschirmverfahren“
§ 270b InsO – Vorbereitung einer Sanierung
(1)
Hat der Schuldner den Eröffnungsantrag bei drohender Zahlungsunfähigkeit oder
Überschuldung gestellt und die Eigenverwaltung beantragt und ist die angestrebte Sanierung
nicht offensichtlich aussichtslos, so bestimmt das Insolvenzgericht auf Antrag des Schuldners
eine Frist zur Vorlage eines Insolvenzplans. Die Frist darf höchstens drei Monate betragen. Der
Schuldner hat mit dem Antrag eine mit Gründen versehene Bescheinigung eines in
Insolvenzsachen erfahrenen Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers oder Rechtsanwalts oder einer
Person mit vergleichbarer Qualifikation vorzulegen, aus der sich ergibt, dass drohende
Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, aber keine Zahlungsunfähigkeit vorliegt und die
angestrebte Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist.
(2)
In dem Beschluss nach Absatz 1 bestellt das Gericht einen vorläufigen Sachwalter nach § 270a
Absatz 1, der personenverschieden von dem Aussteller der Bescheinigung nach Absatz 1 zu
sein hat. Das Gericht kann von dem Vorschlag des Schuldners nur abweichen, wenn die
vorgeschlagene Person offensichtlich für die Übernahme des Amtes nicht geeignet ist; dies ist
vom Gericht zu begründen. Das Gericht kann vorläufige Maßnahmen nach § 21 Abs. 1 und 2
Nummer 1a, 3 bis 5 anordnen; es hat Maßnahmen nach § 21 Abs. 2 Nummer 3 anzuordnen,
wenn der Schuldner dies beantragt.
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K.
Die Eigenverwaltung
VI.
„Schutzschirmverfahren“
(3)
Auf Antrag des Schuldners hat das Gericht anzuordnen, dass der Schuldner
Masseverbindlichkeiten begründet. § 55 Absatz 2 gilt entsprechend.
(4)
Das Gericht hebt die Anordnung nach Absatz 1 vor Ablauf der Frist auf, wenn
1. die angestrebte Sanierung aussichtslos geworden ist;
2. der vorläufige Gläubigerausschuss die Aufhebung beantragt oder
3. ein absonderungsberechtigter Gläubiger oder ein Insolvenzgläubiger die Aufhebung
beantragt und Umstände bekannt werden, die erwarten lassen, dass die Anordnung zu
Nachteilen für die Gläubiger führen wird; der Antrag ist nur zulässig, wenn kein vorläufiger
Gläubigerausschuss bestellt ist und die Umstände vom Antragsteller glaubhaft gemacht
werden.
Der Schuldner oder der vorläufige Sachwalter haben dem Gericht den Eintritt der
Zahlungsunfähigkeit unverzüglich anzuzeigen. Nach Aufhebung der Anordnung oder nach
Ablauf der Frist entscheidet das Gericht über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
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K.
Die Eigenverwaltung
VI.
„Schutzschirmverfahren“
 eigenständiges Sanierungsverfahren im Eröffnungsverfahren, wenn keine
Zahlungsunfähigkeit („Schutzschirm)
 Der Schuldner kann dann innerhalb von drei Monaten, begleitet durch einen vorläufigen
Sachwalter in Eigenverwaltung einen Sanierungsplan ausarbeiten, der anschließend im
Planverfahren umgesetzt werden soll.
 Den vorläufigen Sachwalter kann der Schuldner selbst bestimmen, das Gericht darf nur
bei offensichtlicher Ungeeignetheit der Person von dem Vorschlag abweichen.
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K.
Die Eigenverwaltung
VI.
„Schutzschirmverfahren
Gesetzesbegründung
 Nach Verfahrenseröffnung Entscheidung über Sanierungsplan n allg. Planvorschriften
 Ermächtigung nach § 270b III InsO dient dem Schutz der Gläubiger, die Geschäfte mit
Schuldner abschließen oder ein Dauerschuldverhältnis erfüllen. Dies ist für eine
Betriebsfortführung und somit auch für die Sanierung Grundvoraussetzung.
 Gerade in der kritischen Phase des Eröffnungsverfahrens ist es besonders geboten, das
Vertrauen der Geschäftspartner zu gewinnen, deren Mitwirkung für eine
Betriebsfortführung unerlässlich ist.
 Will der Schuldner Verbindlichkeiten begründen, die nicht zum gewöhnlichen
Geschäftsbetrieb gehören, so sollte er diese auch im Eröffnungsverfahren nur mit
Zustimmung des Sachwalters eingehen.
 Die Tätigkeit des vorläufigen Sachwalter ist auf eine Überwachungsfunktion begrenzt.
 Stärkung des Vertrauens des Schuldners in das Insolvenzverfahren
 Anreiz für einen frühzeitigen Eröffnungsantrag, um rechtzeitig die Weichen für eine
Sanierung zu legen
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Seite 490
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Die Eigenverwaltung
VI.
„Schutzschirmverfahren“
 Das Insolvenzgericht ist jedoch unter den Voraussetzungen des § 270b IV InsO
verpflichtet, das „Schutzschirmverfahren“ zu beenden und das Eröffnungsverfahren
nach den allg. Vorschriften der §§ 21 – 25 InsO fortzuführen
 Schuldner soll die Sorge genommen werden die Kontrolle über das Unternehmen zu
verlieren und dadurch bereits vorbereitete Sanierungsschritte nicht mehr durchführen zu
können
 Vertrauen des Schuldners in die Sanierung durch garantierte Frist bis zur Eröffnung
gekoppelt an Bestellung eines lediglich vorläufigen Sachwalters und eine
eingeschränkte Anordnungskompetenz des Gerichts. Gleichzeitig wird Schuldner durch
den Schutzschirm für begrenzten Zeitraum vor dem unmittelbaren Zugriff seiner
Gläubiger entzogen
 Durch Recht zur Auswahl des vorläufigen Sachwalters erhält der Schuldner die
Sicherheit mit einer ihm vertrauenswürdigen, gleichzeitig aber unabhängigen Person
die Sanierung vorbereiten zu können
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Seite 491
K.
Die Eigenverwaltung
VI.
„Schutzschirmverfahren““
Bewertung
 Grundsätzlich ist die vorgeschlagene Stärkung der Eigenverwaltung als
Sanierungsalternative zu begrüßen.
 Fraglich ist aber, ob das Institut vor- bzw. außerinsolvenzliche Sanierungsverfahren zu
ersetzen vermag. Die Antragstellung könnte nach wie vor öffentlich werden und
Lieferanten etc. von geschäftlichen Verbindungen zum Schuldner zurückschrecken
lassen.
 Auch ist die Bindung des Gerichts an einen Sachwaltervorschlag des Schuldners
problematisch: Ein nicht unabhängiger Sachwalter könnte es dem Schuldner
ermöglichen, während des Schutzschirms über erhebliche Vermögenswerte
gläubigerbenachteiligend zu verfügen.
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K.
Die Eigenverwaltung
VI.
„Schutzschirmverfahren““
Darf InsG die Bescheinigung (§ 270 I InsO) durch Sachverständigen prüfen lassen?
 (+) dafür

Bescheinigung ist Zulässigkeitsvoraussetzung (Amtsermittlung, § 5 I InsO)
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K.
Die Eigenverwaltung
VI.
„Schutzschirmverfahren““
Rechtsfolge der nach Antragstellung eintretenden Zahlungsunfähigkeit?
 RegE sah in § 270b IV Nr.1 InsO noch die Aufhebung des Schutzschirmverfahrens bei
Eintritt der Zahlungsunfähigkeit vor
 aufgehoben durch Rechtsausschuss (Vgl. BT-Drucks. 17/7511, S. 37)

damit nicht ein Gläubiger durch Fälligstellung seiner Forderung das Schutzschirmverfahren
torpedieren kann

mit der Streichung der Nr. 1 des RegE wird das Schutzschirmverfahren gestärkt
vgl. Ganter, Zur drohenden Zahlungsunfähigkeit in § 270 b InsO, NZI 2012, 985
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Seite 494
K.
Die Eigenverwaltung
VI.
„Schutzschirmverfahren““
Ermächtigung nach § 270b III InsO
 Kein Ermessen des InsG
 Ist Vorlage einer Liquiditätsplanung Voraussetzung?

Gesetzgeber hat Prüfungspflicht des InsG nicht geregelt

aA Hölzle, ZIP 2012, 158, 162

Liquiditätsplanung ist bereits Bestandteil der Bescheinigung nach § 270b I InsO
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Seite 495
L.
Nachlassinsolvenzverfahren
I.
Zweck
II.
Eröffnungsgründe
III.
Masseverbindlichkeiten
IV.
Insolvenzforderungen
V.
Doppelinsolvenz
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Seite 496
L.
Nachlassinsolvenzverfahren
I.
Zweck
 Partikularinsolvenzverfahren über bestimmte Vermögensmasse (Sondermasse)
 Nachlass ist nach § 11 II Nr.2 InsO insolvenzrechtsfähig

keine Insolvenz über Erbteil (§ 316 III InsO)
 Wahrung der Interessen der Nachlassgläubiger
 Mittel zur Haftungsbeschränkung  Schutz der Erben (§§ 1975, 2013 BGB)
 erbrechtliche Universalsukzession (§ 1922 BGB)
 Haftung des Erben für die Nachlassverbindlichkeiten (§ 1967 BGB)
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Seite 497
L.
Nachlassinsolvenzverfahren
II.
Eröffnungsgründe
 Gläubigerantrag

Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, § 320 S. 1 InsO

Antragsfrist: 2 Jahre nach Annahme der Erbschaft (§ 319 InsO)
 Antrag des Erben, Nachlasspflegers, etc.

zusätzlich: drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 320 S. 2 InsO)

Antragspflicht (§ 1980 I 1 BGB)

Schadensersatzpflicht nach § 1980 I 2 BGB
 für die Feststellung des Eröffnungsgrundes

nur in Bezug auf den Nachlass

Vermögensverhältnisse des Erben bleiben außer Betracht

Vermächtnisse und Auflagen unbeachtlich (§ 1980 I 3 BGB)
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Seite 498
L.
Nachlassinsolvenzverfahren
III.
Masseverbindlichkeiten





§§ 54, 55 InsO
Aufwendungen des Erben nach §§ 1978, 1979 BGB (§ 324 I Nr.1 InsO)
Kosten der Beerdigung des Erblassers (§ 324 I Nr.2 InsO)
Kosten der Todeserklärung (§ 324 I Nr.3 InsO)
Kosten der Testamentseröffnung, der gerichtlichen Nachlasssicherung, der
Nachlasspflegschaft, des Aufgebots der Nachlassgläubiger und der Inventarerrichtung
(§ 324 I Nr.4 InsO)
 Verbindlichkeiten aus Rechtsgeschäften des Nachlasspflegers oder
Testamentsvollstreckers (§ 324 I Nr.5 InsO)
 .3
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Seite 499
L.
Nachlassinsolvenzverfahren
IV.
Insolvenzforderungen
 nur Nachlassverbindlichkeiten gem. § 1967 BGB (§ 325 InsO)

Nachlass wird haftungsrechtlich allein den Nachlassgläubigern zugewiesen

Erblasserschulden
 gem. § 1967 BGB vererbten Schulden des Erblassers, die von diesem durch Vertrag oder Gesetz
begründet worden sind

Unterhaltspflichten erlöschen (§§ 1360a III, 1615a, 1615 BGB)

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Ausnahme: geschiedener Ehegatte (§ 1586b BGB)
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Seite 500
L.
Nachlassinsolvenzverfahren
IV.
Insolvenzforderungen
 Erbfallschulden = Verbindlichkeiten, die zu Lasten des Erben durch den Erbfall selbst
ausgelöst werden
 Pflichtteilsansprüche, Vermächtnis, Auflagen
 ErbSt
 Nachlassverwaltungsschulden
 Unterhalt werdende Mutter (§ 1963 BGB)
 Nachlasserbenschulden
 Verbindlichkeiten, die z.B. durch die Fortführung eines Nachlassunternehmens durch den
Erben begründet werden

Haftungsverdoppelung möglich
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Seite 501
L.
=


Nachlassinsolvenzverfahren
V.
Doppelinsolvenz
Gleichzeitige Insolvenz von Nachlass und Erbe (§ 331 InsO)
Die Gläubiger bleiben getrennt
Die Nachlassgläubiger sind ausnahmsweise mit ihrem im Nachlass-insolvenzverfahren
erlittenen Ausfall am Erbeninsolvenzverfahren beteiligt, wenn der Erbe ihnen
gegenüber unbeschränkt haftet (§§ 331, 52 InsO)
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