Soziale Gruppen

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Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie:
Soziale Gruppen
Dr. Simon Hahnzog
Folie 1
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
© hahnzog 2011
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 1
hahnzog – organisationsberatung
Dr. Simon Hahnzog
Ringseisstr. 12 (Rgb.)
80337 München
Tel: 089 – 95 48 79 49
E-Mail: [email protected]
Web: www.hahnzog.de
Folie 2
2
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Soziale Gruppen
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Inhaltsübersicht
Dr. Simon Hahnzog Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie:
Soziale Gruppen
1. Grundlagen und Funktion sozialer Gruppen
2. Sozialisation und Gruppenbildung
3. Sozialer Einfluss und Gehorsam
4. Gruppenleistung
5. Führung
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Soziale Gruppen
Grundlagen
Merkmale einer Gruppe (nach Rosenstiel 2009):
Räumliche Nähe und bloßes Miteinander alleine machen noch keine soziale
Gruppe aus. Hier spricht man von einem Aggregat. Zu einer „echten“ Gruppe
wird eine Personenkonstellation erst, wenn zwischen den Mitglieder eine
Interaktion (wechselseitige Beeinflussung) entsteht. Weitere Merkmale:
• mehrere Personen (mindestens zwei)
• Zusammengehörigkeitsgefühl ( Kohäsion)
• zeitliche Dauer
• bestimmte Spielregeln untereinander ( Normen)
• Existenz von Strukturen
• Rollendifferenzierung ( Rolle)
• gemeinsame Ziele, Interessen und Handlungserlebnisse
• Ausmaß an Durchlässigkeit
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Soziale Gruppen
Grundlagen
• Position:
Positionen in einer meist hierarchischen Struktur sind bestimmte Stellen/Orte
innerhalb dieser Hierarchie.
• Funktion:
Die Funktion beschreibt die Aufgaben, die mit einer entsprechenden Position
für die Organisation und den Positionsinhaber verbunden sind.
• Rolle:
Rollen sind gebündelte Erwartungen, die mit den Funktionen einer Position
verbunden sind. Kommt es zu Konflikten mit der Rollenidentität, werden
Inter- und Intrarollenkonflikte unterschieden (sh. nächste Folie).
• Status:
Status ist der Wert, den ein Positionsinhaber für eine Gruppe hat, unabhängig
von der Person, die diese Position innehat.
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Soziale Gruppen
Grundlagen
Exkurs: Rollenkonflikte
•
Rollenkonflikte im beruflichen Kontext entstehen z.B. aus
• einer Sandwichposition als mittlere Führungskraft
• einer Doppelfunktion als Mitarbeiter und Betriebsratsmitglied
• einer Doppelfunktion als „Diener zweier Herren“, z.B. Stabsberater für
konkurrierende Unternehmensbereiche
•
Zu unterscheiden sind zwei Rollenkonflikttypen:
• Interrollenkonflikt:
Anforderungen mehrerer Parteien mit unterschiedlichen Zielen, dabei
sind Prioritäten und Loyalitäten immer wieder neu zu setzen.
• Intrarollenkonflikt:
z.B. aus den emotional belastenden oder unterschiedlichen/sich
widersprechenden Anforderungen einer Berufsrolle heraus, die ohne
Ausgleich nicht dauerhaft erfüllbar sind.
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© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 10
Soziale Gruppen
Funktion sozialer Gruppen
Funktion von Gruppen:
• Soziobiologische Perspektive ( Zugehörigkeitsbedürfnis):
Das Bilden einer Gruppe ermöglichte Menschen effektiver mit Bedrohungen (Feinde, Raubtiere etc.) umzugehen und durch Zusammenarbeit Aufgaben (Jagd, Landwirtschaft) produktiver zu erreichen.
• Kognitive Perspektive ( Theorie des sozialen Vergleichs, vgl. Kap.5.3):
Gruppen verhelfen dem Individuum die Welt zu verstehen.
• Instrumentelle Perspektive ( Austauschprozesse):
Durch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe können eigene Bedürfnisse
leichter befriedigt werden, indem man materielle Güter, interpersonelle
Hilfe oder psychologische „Güter“ (z.B. Liebe, Freundschaft, Zustimmung)
mit diesen Mitgliedern austauscht.
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Inhaltsübersicht
Dr. Simon Hahnzog Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie:
Soziale Gruppen
1. Grundlagen und Funktion sozialer Gruppen
2. Sozialisation und Gruppenbildung
3. Sozialer Einfluss und Gehorsam
4. Gruppenleistung
5. Führung
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Soziale Gruppen
Gruppensozialisation
Exkurs: Sozialisation
•
Definition:
Sozialisation beschreibt „einen wechselseitigen Prozess zwischen einem
Individuum und seiner sozialen wie gegenständlichen Umwelt, der durch
intendierte wie willkürliche, durch bewusste wie unbewusste Einflussnahme
sowohl die Persönlichkeitsstruktur des Einzelnen als auch seine Umwelt
verändert.“ (Hahnzog 2011, S. 14).
•
Im Allgemeinen werden drei Sozialisationsphasen unterschieden:
• Primäre Sozialisation: Einfluss durch Eltern und Familie
• Sekundäre Sozialisation: Einfluss durch Peers, Freunde, Schule und
Ausbildung
• Tertiäre Sozialisation: Einfluss durch den Beruf
Diese Phasen bauen aufeinander auf und können daher nicht unabhängig
voneinander betrachtet werden!
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Soziale Gruppen
Gruppensozialisation
Exkurs: Sozialisation
•
Berufliche Sozialisation:
Lempert (2009) unterscheidet frei Unterphasen der beruflichen Sozialisation:
1. Sozialisation für den Beruf:
Der implizite Einfluss vorheriger Sozialisationsprozesse auf die Berufswahl
und die individuelle Ausübung des Berufs.
2. Sozialisation in den Beruf:
Der explizit auf den Beruf vorbereitende Sozialisationsprozess während der
Ausbildungs- und/oder Studienphase, sowie in einem weiteren Verständnis
auch Fort- und Weiterbildungen.
Sozialisation stellt einen lebenslangen Entwicklungsprozess dar!
3. Sozialisation durch den Beruf:
Das Individuum ist bereits in seinem Beruf tätig Einfluss durch die
berufliche Lebenswelt.
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Soziale Gruppen
Gruppensozialisation
Die Sozialisation eines Individuums durch eine Gruppe verläuft
in mehreren Phasen (Moreland & Levine 1982):
1. Erkundung:
Gruppe sucht Personen, die sie beim Gruppenziel unterstützen könnten.
2. Sozialisation:
Wenn Individuum und Gruppe die wechselseitigen Kriterien für eine
Mitgliedschaft erfüllen, kommt es zum Eintritt in die Gruppe ( Initiation).
Anschließend kommt es zur Sozialisation in der die neuen Mitglieder die
Normen der Gruppe und ihre eigene Rolle kennen lernen
3. Aufrechterhaltung:
Hohes Niveau an Festlegung (commitment) auf die Gruppe – sowohl die
Gruppe als auch das Mitglied sehen die Mitgliedschaft als gewinnbringend.
Die eigene Rolle wird beständig aktualisiert und ausgehandelt.
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Soziale Gruppen
Gruppensozialisation
Die Sozialisation eines Individuums durch eine Gruppe verläuft
in mehreren Phasen (Moreland & Levine 1982):
4. Resozialisierung:
Wenn die Gruppenmitglieder mit ihrer Rolle unzufrieden sind, eine andere,
attraktivere Gruppe gefunden haben oder den Erwartungen der anderen
nicht mehr gerecht werden, kann dies zu einem Interessenverlust an der
Gruppe führen (Divergenz) und eine Randpositionierung nach sich ziehen.
Druck, Ausgrenzung, Vorenthalten von Informationen.
Scheitert die Resozialisierung folgen:
Der Austritt durch das Mitglied ( Bedeutung von Austrittsritualen!) oder
der Ausschluss durch die Gruppe ( häufig neg. Folgen für Ex-Mitglied!)
5. Erinnerung:
Gegenseitige Bewertung aus der Retrospektive: positiv oder negativ.
Erinnerungseffekte ermöglichen auch anschließend Wechselwirkungen!
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© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 16
Soziale Gruppen
Gruppensozialisation
Die Sozialisation eines Individuums durch eine Gruppe verläuft
in mehreren Phasen (Moreland & Levine 1982):
Abb.
aus:
Jonas
et al.
2007,
S. 417
Folie 17
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 17
Soziale Gruppen
Gruppensozialisation
Experiment zur Aufwandsrechtfertigung – Zur Bedeutung von
Initiationsriten (Aronson & Mills 1959) - Durchführung:
• Teilnehmerinnen wurden für eine Gruppendiskussion über Sexualität
rekrutiert
• UV: TN sollen dem Versuchsleiter Wörter mit explizit sexuellem Bezug
vorlesen, „ob sie nicht zu verlegen sind.“ Zwei Gruppen:
a) Kleine Hürde:
relativ unverfängliche Wörter (z.B. Prostituierte, Jungfrau, Petting)
b) Große Hürde: Extreme, obszöne Wörter
• Anschließend beobachten die TN eine (auch 1959!) sehr langweilige
Diskussion über Sexualität:
“…secondary sex behavior in the lower animals. The participants
inadvertently contradicted themselves and one another, mumbled several
non-sequiturs, started sentences that they never finished, hemmed, hawed,
and in general conducted one of the most worthless and uninteresting
discussions imaginable.“ (Aronson & Mills, 1959)
Folie 18
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 18
Soziale Gruppen
Gruppensozialisation
Experiment zur Aufwandsrechtfertigung – Zur Bedeutung von
Initiationsriten (Aronson & Mills 1959) - Ergebnisse:
•
AV: Bewertung der Diskussion und ihrer Teilnehmer
Hypothese: Je größer der Aufwand, desto mehr Rechtfertigungsdruck:
„Jetzt muss ich die Sache aber auch gut finden.“
•
Ergebnis:
Große Hürde bessere Bewertung sowohl der Teilnehmer, als auch der
beobachteten Diskussion.
•
Ähnliche Mechanismen finden sich bei auch bei anderen Initiationsritualen,
z.B. in Stämmen, Burschenschaften, Gangs oder Militäreinheiten, aber auch
im Berufsfeld oder im Freundeskreis.
Folie 19
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 19
Soziale Gruppen
Gruppenbildung
Phasen der Gruppenbildung (Tuckman & Jensen 1977):
1. Forming / Einstiegsphase:
Die Anfangsphase, in der sich die Gruppe konstituiert und ihre Aufgabe
kennen lernt. Die Atmosphäre ist geprägt von Unsicherheit, Höflichkeit und
vorsichtiges Abtasten. Die Gruppenmitglieder versuchen in dieser Phase vor
allem eine „gute Figur“ zu machen und erste Erkundungen durchzuführen,
welche Koalitionspartner in der Gruppe zu finden sind.
2. Storming / Konfliktphase:
Die Gruppe hat sich zunächst etabliert und ist nun geprägt von Unruhe,
Konflikten und gegenseitig erhobenen Machtansprüchen. Konkurrenz und
Cliquenbildung bestimmen diese Phase und eine formelle Gruppenleitung
wird in Frage gestellt oder abgelehnt. Die Teammitglieder kämpfen selbst
um (informelle) Führung und stellen sich selbst (in teilweise überzogenem
Maße) zur Schau.
Folie 20
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 20
Soziale Gruppen
Gruppenbildung
Phasen der Gruppenbildung (Tuckman & Jensen 1977):
3. Norming / Regelphase:
Neue Gruppennormen und –standards werden entwickelt und die Gruppe
einigt sich auf gemeinsame Spielregeln. Ein Gefühl für Gruppenzusammenhalt, ein Wir-Gefühl, entsteht und die Mitglieder beginnen sich
mit der Gruppe zu identifizieren. Konflikte werden bearbeitet und bereinigt.
Gruppenkohäsion (Zusammenhalt) ist in dieser Phase die Kraft, die die
Mitglieder dazu veranlasst weiter Mitglied der Gruppe zu bleiben. Hierbei
werden unterschieden:
• aufgabenbezogene Kohäsion: Zusammenhalt aufgrund der Aufgabe
• interpersonelle Kohäsion: Zusammenhalt aufgrund von Sympathie
Folie 21
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 21
Soziale Gruppen
Gruppenbildung
Phasen der Gruppenbildung (Tuckman & Jensen 1977):
4. Performing / Arbeitsphase:
Die Gruppe hat ihre volle Leistungsfähigkeit erreicht. Die Rollen sind flexibel
und funktional verteilt und es herrscht eine Atmosphäre der
Arbeitsorientierung, Offenheit und Solidarität. Im Fokus stehen
Problembewältigung und Zielorientierung, das gemeinsame Handeln erfüllt
die Gruppe.
5. Adjourning / Abschieds- bzw. Auflösungsphase:
Die Aufgabe ist erfüllt und die Gruppe löst sich auf. Hierzu sollte genau
abgeklärt werden ob die zu erfüllenden Aufträge bearbeitet worden sind
oder welche Fortsetzung notwendig ist. Ein klar definierter Abschied rundet
den Arbeitsprozess ab.
Folie 22
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 22
Inhaltsübersicht
Dr. Simon Hahnzog Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie:
Soziale Gruppen
1. Grundlagen und Funktion sozialer Gruppen
2. Sozialisation und Gruppenbildung
3. Sozialer Einfluss und Gehorsam
4. Gruppenleistung
5. Führung
Folie 23
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 23
Soziale Gruppen
Sozialer Einfluss
• Definition – Sozialer Einfluss:
„Veränderungen von Einstellungen, Überzeugungen, Meinungen, Werten
bzw. Verhaltensweisen infolge der Tatsache, dass man mit den
Einstellungen, Überzeugungen, Meinungen, Werten bzw. Verhaltensweisen
anderer Menschen konfrontiert ist.“ (Hewstone et al. 2007)
Das Konzept soll helfen, die Vorgehensweisen von Überzeugung und
Überredung besser zu verstehen.
Sozialer Einfluss kann sowohl beiläufig als auch absichtlich erfolgen.
• Definition – Soziale Norm:
„Spezifische Erwartungen bezüglich sozial akzeptierter Einstellungen und
Verhaltensweisen, die in den expliziten oder impliziten Regeln einer Gruppe
verankert sind.“ (Gerrig & Zimbardo 2008)
Folie 24
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 24
Soziale Gruppen
Sozialer Einfluss
Grundlagen:
Konformität: Veränderung von Einstellungen, Verhaltensweisen oder Werten
aufgrund des Einflusses einer Referenzgruppe.
Funktionen von Konformität:
• Sicherheit, jetzt die Dinge „richtig“ zu sehen.
• Zustimmung und Akzeptanz von als positiv bewerteten Anderen.
• Vermeidung eines Selbstkonzepts, das anders, abweichend oder im
Widerspruch zur Ingroup stünde und das Gruppenziel gefährden könnte.
Dementsprechend werden unterschieden:
• Normativer Einfluss: Einfluss, der wirksam ist aufgrund des Effekts, dass
Individuen von anderen akzeptiert werden und Strafen vermeiden wollen.
•
Informativer Einfluss: Einfluss, der darauf beruht, dass Informationen,
die man von anderen erhält, als Hinweis auf die Realität akzeptiert werden.
Folie 25
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 25
Soziale Gruppen
Sozialer Einfluss
Grundlagen:
Compliance:
Verhaltensänderung (des öffentlichen Verhaltens), die in Übereinstimmung mit
der direkten Bitte einer Kommunikationsquelle steht.
z.B.:
- Tischmanieren nur wenn die Eltern anwesend sind
- Mitläufer in sozialen Bewegungen
Normativer Einfluss führt häufig (nur) zur Compliance.
Konversion:
Verhaltensänderung (des privaten/verdeckten Verhaltens), die in
Übereinstimmung mit der direkten Bitte einer Kommunikationsquelle steht.
z.B.:
- Tischmanieren auch wenn man alleine isst
- Überzeugte Anhänger und Vertreter sozialer Bewegungen
Informativer Einfluss führt eher zur Konversion.
Folie 26
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 26
Soziale Gruppen
Sozialer Einfluss
Soziale Normen:
Soziale Normen haben verschiedene Funktionen:
• Sie verringern die Unsicherheit darüber, ob man sich angemessen verhält.
• Individuelle Verhaltensweisen können durch Normen koordiniert werden.
• Soziale Normen helfen dabei Leistungsergebnisse mehrerer Personen
gerecht zu verteilen.
Soziale Normen können sowohl durch Tradierung als auch spontan, situativ
entstehen. Weitergegeben werden sie vor allem durch:
• Absichtliche Belehrung, praktische Beispiele, Rituale usw.
• Passiv durch nonverbale Verhaltensweisen oder implizite Standards.
• Schließen auf Normen aufgrund der Beobachtung der Verhaltens Anderer.
Normen werden häufig erst salient nachdem sie verletzt wurden!
Folie 27
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 27
Soziale Gruppen
Sozialer Einfluss
Spontane Entstehung sozialer Normen:
Experiment auf Grundlage des autokinetischen Effekts (Sherif, 1936)
•
Durchführung:
1. Phase – Individualsitzung:
Vpn soll die Distanz der Bewegung vom Mittelpunkt schätzen.
2. Phase – Gruppensitzungen:
Vpn sehen Licht in Gruppe und sollen erneut Distanz schätzen.
•
Ergebnis:
• Konvergenz der Schätzung nach wenigen Durchgängen.
• Stabilität der Norm: Ein Jahr später entsprechen die Schätzungen in
Einzelsitzungen immer noch der Gruppennorm.
Experiment losgelöst von objektiven Wissen,
d.h. hier spielt wirklich nur die soziale Norm eine Rolle!
Folie 28
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 28
Soziale Gruppen
Sozialer Einfluss
Spontane Entstehung sozialer Normen:
Experiment auf Grundlage des autokinetischen Effekts (Sherif, 1936)
Ergebnisse Variante a):
Ergebnisse Variante b):
Abb.
aus:
Jonas
et al.
2007,
S. 367
Folie 29
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 29
Soziale Gruppen
Sozialer Einfluss
Weitergabe sozialer Normen:
Experiment aufbauend auf Sherifs Setting von 1936 (Jacobs & Campbell 1961)
Durchführung:
•
Vpn geben Schätzungen über Ausmaß der „Bewegung“ des Lichtpunkts ab.
•
Konfidenten in der Gruppe etablieren zu Beginn des Experiments durch
extreme Schätzungen eine extreme Norm.
•
Nach und nach werden die Konfidenten durch „naive“ Vpn ersetzt. Eine
„Generation“ umfasst 30 Schätzdurchgänge.
Ergebnis:
•
Die willkürliche Norm wurde über mehrere Generationen weitergegeben,
gleicht sich jedoch immer mehr der Norm der Kontrollgruppe (alleine) an.
•
Im Vergleich zur Kontrollgruppe ist erst ab der fünften Generation kein
signifikanter Unterschied mehr auszumachen.
Folie 30
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 30
Soziale Gruppen
Sozialer Einfluss
Beiläufiger sozialer Einfluss:
Die bloße Anwesenheit Anderer führt zu einer Veränderung der Leistung
(Zajonc, 1965).
Zunächst ist es bei diesem beiläufigen Einfluss jedoch entscheidend, ob die
Einzelleistung messbar ist oder nicht.
Dementsprechend können sich zwei unterschiedliche Auswirkungen ergeben:
• Soziale Erleichterung („social facilitation“: Einzelleistung messbar)
• Soziales Faulenzen
(„social loafing“: Einzelleistung nicht messbar)
Diese Effekte sind zudem stark abhängig davon, wie sehr die Person erwartet,
dass sie von diesen Anderen bewertet wird. Je intensiver die Bewertungsangst, desto größer die entstehende Erregung und die daraus folgende
Hemmung oder Erleichterung.
Außerdem: Aufmerksamkeitsdefizit, Ablenkungskonflikt
Folie 31
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 31
Soziale Gruppen
Sozialer Einfluss
Beiläufiger sozialer Einfluss – Folgen:
Einfache
Aufgaben:
Leistungssteigerung
Soziale Erleichterung
Einzelleistung
messbar
Anwesenheit
anderer
Aufmerksamkeit
Bewertungsangst
Ablenkungskonflikt
Erregung
Schwierige
Aufgaben:
Leistungsabfall
Soziales Faulenzen
Einzelleistung
nicht
messbar
Keine
Bewertungsangst
Entspannung
Einfache
Aufgaben:
Leistungsabfall
Schwierige
Aufgaben:
Leistungssteigerung
Folie 32
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 32
Soziale Gruppen
Sozialer Einfluss
Absichtlicher sozialer Einfluss - Mehrheitseinfluss :
Der Einfluss durch die Mehrheit in einer Gruppe ist von verschiedenen Faktoren
abhängig:
•
Relative Größe im Verhältnis zum Rezipienten, z.B.:
Die Fehlerrate vervielfachte sich bei Aschs Experiment, je nachdem ob ein
Konfident (2%), zwei(13%) oder mehr Konfidenten (Ø 32%) anwesend waren.
•
Identifikation der Gruppenmitglieder als unabhängige Individuen, z.B.:
Asch: Hat die Vpn die Konfidenten nicht zuvor kennengelernt (individualisiert),
so ist bleibt der Einflusseffekt gleich, egal ob 3 oder mehr Konfidenten.
•
Der Einfluss ist am größten, wenn sich die Personen „live“ gegenüberstehen.
•
Einstimmigkeit der Mitglieder der Mehrheit, z.B.:
Asch, bzw. Allen & Levine (1975): Weicht einer der Konfidenten von der
Mehrheitsmeinung ab, sinkt das Konformitätsniveau der Vpn drastisch.
Folie 33
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 33
Soziale Gruppen
Sozialer Einfluss
Absichtlicher sozialer Einfluss - Mehrheitseinfluss:
Ursachen:
• Argumente der Majorität sind zahlreicher:
„The power oft sample size“ (Fiedler, 2000).
• Argumente der Majorität werden intensiver diskutiert:
Personen reden lieber über Meinung, die von anderen geteilt wird.
• Replication and Repetition:
Wiederholen verschiedene Personen das gleiche Argument, wird auf das
Argument attribuiert (Kelley).
• Sozialer Einfluss durch Mehrheiten entspricht der Strategie, interpersonale
Konflikte zu reduzieren.
• Fehlender Konsens mit der Mehrheit erzeugt Unsicherheit.
Folie 34
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 34
Soziale Gruppen
Sozialer Einfluss
Absichtlicher sozialer Einfluss - Minderheiteneinfluss:
Wenn sozialer Einfluss nur auf Konformität gegenüber der Mehrheit beruhen
würde, wären Innovationen, neue Ideen oder Änderungsprozesse von Gruppen
nicht zu erklären. Zentraler Aspekt für die Wirksamkeit des Einflusses einer
Minderheit ist die Konsistenz Ihrer Einstellungen und Verhaltensweisen.
Weitere Faktoren für erfolgreichen Minderheiteneinfluss sind:
• Flexibler Verhandlungsstil gegenüber der Mehrheit (Kompromissbereitschaft)
• Konflikterzeugung bei den Mitgliedern der Majorität
• Starke Argumente, um den Glaubwürdigkeitsnachteil auszugleichen
• Richtige Balance zwischen Ähnlichkeit und Differenzierung zur Mehrheit
• Involviertheit und kognitive Voraussetzung bei den Mitgliedern der Majorität
erzeugen, um Motivation zu ermöglichen.
Erfolgreicher Minderheiteneinfluss widerstandsfähiger als Majoritäteneinfluss!
Folie 35
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 35
Soziale Gruppen
Sozialer Einfluss
Absichtlicher sozialer Einfluss - Minderheiteneinfluss:
Experiment zum Minoritäteneinfluss (Moscivici et al. 1969)
Durchführung:
• 6 Vpn sollen die Farbe einer
Projektion einschätzen
(KG: 99,75% blau)
• Minorität: 2 Konfidenten bezeichnen
die Projektion als „grün“
• Zwei Experimentalgruppen:
Gruppe 1: konsistentes Minoritätenverhalten (immer „grün“)
Gruppe 2: Inkonsistentes
Minoritätenverhalten (zufällig „blau“
oder „grün“)
Abb. aus: Jonas et al. 2007, S. 384
Folie 36
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 36
Soziale Gruppen
Sozialer Einfluss
Zusammenfassend: Sechs Waffen der Einflussnahme
(Cialdini 2009):
• Reziprozität (Wechselseitigkeit):
Wenn man Hilfe vom Anderen bekommt, will man diesem ebenso helfen.
• Commitment (Verpflichtung) und Konsistenz:
Commitment: „Steh zu deinem Wort.“ und Konsistenz: „Bleib dir treu.“
• Soziale Bewährtheit (Orientierung an Anderen):
„So viele Menschen können nicht irren.“
• Autorität:
Experten traut man eher zu, die „Wahrheit“ zu sagen.
• Sympathie:
Gesteigert durch Hervorhebung von Ähnlichkeiten, Komplimente, Attraktivität
• Knappheit:
Je knapper ein Gut, desto beliebter ist es.
Folie 37
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 37
Soziale Gruppen
Gehorsam
Grundlagen:
• Gehorsam bedeutet, dass ein Individuum die Verhaltensweisen
zeigt, die ein autorisierter Befehl, eine Regel oder eine Instruktion
verlangen.
• Gehorsam ist ein kultur- und geschlechterübergreifendes
Phänomen, wie die Untersuchungen Milgrams belegen konnten:
Vergleichbare Untersuchungen in den USA, Deutschland, Österreich,
Spanien, Italien, Jordanien Südafrika oder Australien zeigten ähnliche
Ergebnisse für Gehorsam.
Geschlechterunterschiede konnten nicht belegt werden.
• Nur 10% der Befragten glaubten, dass Sie sich in einer
entsprechenden Situation ähnlich verhalten würden.
Folie 38
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 38
Soziale Gruppen
Gehorsam
Zur Bedeutung sozialer Normen und der Wirkung der Situation:
Stanford Prison Experiment
(www.prisonexp.org, Zimbardo 2008)
•
Durchführung an der Stanford University (USA) 1971
•
Ziel:
Die Erforschung von menschlichem Rollenverhalten in einer Gefängnissituation.
•
Setting:
24 freiwillige Versuchspersonen werden per Zufall in „Gefangene“ und „Wärter“
aufgeteilt und sollen zwei Wochen in diesen Rollen bleiben.
Als Gefängnis dient ein umgebauter Flur im Keller der Universität.
Die Gefangenen müssen drastische Einschränkungen in Kauf nehmen: anstatt
Kleidung tragen sie nur „Nachthemd“ und sind zu dritt in einer engen Zelle.
Die Wärter müssen für Ordnung sorgen und setzen dies u.a. durch drastische
Maßnahmen um, z.B. bestrafen sie aufmüpfige „Häftlinge“, indem sie ihnen
die Betten wegnehmen, sie ausziehen oder mit Feuerlöschern „abkühlen“.
Folie 39
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 39
Soziale Gruppen
Gehorsam
Zur Bedeutung sozialer Normen und der Wirkung der Situation:
Stanford Prison Experiment 1971
Abu Ghraib 2003
Folie 40
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 40
Soziale Gruppen
Gehorsam
Zur Bedeutung sozialer Normen und der Situation:
Stanford Prison Experiment
•
(www.prisonexp.org, Zimbardo 2008)
Bereits nach sieben Tagen muss das Experiment abgebrochen werden.
Zimbardo beschäftigte sich in der Folge insbesondere mit der Ergründung
„böser“ Verhaltensweisen und deren Entstehung (u.a. auch als Gutachter in den
Abu-Ghraib-Prozessen).
Bestätigung von Lewins Feldtheorie: Die Situation (nicht nur die
Persönlichkeit) hat einen elementaren Einfluss auf menschliches Verhalten!
Folgerungen:
•
Deindividuation (durch Nummern statt Namen, Einschränkung der
Handlungsfreiheit, rollenkonsistente Kleidung etc.) hatte bedeutendsten Einfluss
auf die Verhaltensweisen – sowohl auf Seiten der Häftlinge als auch der Wärter!
•
Die strikte Befolgung sozialer Normen erleichtert gehorsames Handeln.
Folie 41
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 41
Soziale Gruppen
Gehorsam
Experimente von
Stanley Milgram
(1963, 1974 –
vgl. Kap.1):
Schüler-“Proteste“:
Abb. aus:
Aronson et al. (2008),
S. 264
Folie 42
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 42
Soziale Gruppen
Gehorsam
Experimente von Stanley Milgram (1963, 1974 - vgl. Kap.1):
Gehorsam gegenüber einer Autorität (Person von höherem Status) ist unter
anderem abhängig von
folgenden Faktoren:
1. Nähe zum Opfer
Abb. aus: Jonas et al. 2007, S. 402
Folie 43
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 43
Soziale Gruppen
Gehorsam
Experimente von Stanley Milgram (1963, 1974):
2. Verhalten von Personen
gleichen Ranges:
3. Autorität des Versuchsleiters:
Bei Anwesenheit des VL 65%
maximaler Gehorsam,
bei Anweisungen über
Telefon 21%,
bei Autoritätsübertragung
auf Konfidenten 20%.
Abb. aus: Jonas et al. 2007, S. 403
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Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
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Soziale Gruppen
Gehorsam
Experimente von Stanley Milgram (1963, 1974):
Ursachen für Gehorsam:
• Soziokulturelle Faktoren:
Wir werden sozialisiert, Autoritätspersonen zu gehorchen.
• Entrapment („In die Falle gehen“):
Durch schrittweises Erhöhen der Gehorsamsleistung wird eine
Verpflichtung gegenüber Autorität und Handlung erzeugt.
• Verantwortungsübertragung:
In hierarchischen Systemen Untergeordnete schieben die Verantwortung
für Ihr Verhalten häufig auf höhere Autoritäten ab.
• Wirkung der Situation
Für Ungehorsam ist vor allem ein früher Zeitpunkt entscheidend:
Nur 17% der Vpn, die früh Protest zeigten gingen über 150 Volt.
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Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
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Inhaltsübersicht
Dr. Simon Hahnzog Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie:
Soziale Gruppen
1. Grundlagen und Funktion sozialer Gruppen
2. Sozialisation und Gruppenbildung
3. Sozialer Einfluss und Gehorsam
4. Gruppenleistung
5. Führung
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Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
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Soziale Gruppen
Gruppenleistung
Je nach Art der Gruppenaufgabe ergeben sich unterschiedliche
Anforderungen an die Gruppe:
• Additive Aufgabe:
Das Potential der Gruppe liegt in der Summe der Einzelleistungen.
• Disjunktive Aufgabe:
Das Gruppenpotential liegt in der besten Einzelleistung.
• Konjunktive Aufgabe:
Das Gruppenpotential liegt in der schlechtesten Einzelleistung.
Beeinträchtigungen der Gruppenleistung durch:
• Koordinationsverluste (Individueller Beitrag wird nicht optimal koordiniert)
• Motivationsverluste (Einzelne strengen sich nicht so an, wenn sie Mitglied
in einer Gruppe sind Ringelmann-Effekt (Ringelmann 1913)
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Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
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Soziale Gruppen
Gruppenleistung
• Motivationsverluste ( Verringerung der Leistung) durch:
• Soziales Faulenzen:
Ursache: Der individuelle Beitrag zur Gruppenleistung ist nicht messbar.
• Trittbrettfahren:
Ursache: Individueller Beitrag hat scheinbar nur geringen Einfluss auf GL.
• Trotteleffekt:
Ursache: Aus der Erwartung, dass sich andere Mitglieder wenig anstrengen,
wird die eigene Leistung verringert, um nicht ausgenutzt zu werden.
• Motivationsgewinne ( Steigerung der Leistung) durch:
• Sozialen Wettbewerb:
Ursache: Individuelle Leistung identifizierbar (Mitglieder auf gleichem Niveau).
• Soziale Kompensation:
Stärkere Mitglieder arbeiten härter als alleine, um Schwache zu kompensieren.
• Köhlereffekt:
Schwache Mitgl. arbeiten härter als alleine, um nicht verantwortlich zu sein.
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Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
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Soziale Gruppen
Gruppenleistung
• Gruppendenken (group think, Janis 1982)
• Definition:
„Ein Syndrom, bei dem es zu schlechten Entscheidungen in Gruppen kommt.
Dabei streben die Mitglieder einer kohäsiven Gruppe nach Einmütigkeit
und zwar auf Kosten einer realistischen Bewertung alternativer
Handlungsverläufe.“ (Jonas et al. 2007, 397)
• Ursachen:
Insbesondere durch homogene Gruppenbildung (d.h. Gruppenmitglieder mit
ähnlichen Einstellungen) kann es zu solchen Entscheidungspolarisierungen
kommen.
Norm, Konsens und Harmonie sollen in einem solchen Fall erreicht bzw.
aufrechterhalten werden und
informationaler Einfluss wird ausgeblendet.
• Kritik: empirisch kaum nachweisbar, schwer zu operationalisieren.
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Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
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Soziale Gruppen
Gruppenleistung
• Gruppendenken (group think, Janis 1982)
Abb nach Janis (1982), aus: Jonas et al. 2007, S. 398)
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Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
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Soziale Gruppen
Gruppenleistung
• Hidden-Profile-Situation (Brodbeck et al. 2007)
• Hintergrund:
Die Leistungsfähigkeit einer Gruppe hängt von der Zusammensetzung ihrer
Mitglieder ab, d.h. bestimmte Konstellationen ermöglichen eine höhere
Potentialnutzung als andere und kann sogar die Summe der Einzelpotentiale
übertreffen ( vgl. Gestaltpsychologie).
• Hidden Profile:
Bei einer Gruppenentscheidung verfügen häufig nicht alle Mitglieder über
dieselben Informationen – d.h. vor jedem Mitglied sind einige Informationen
„verborgen“.
Erst in einer Gruppe, in der alle Mitglieder alle Informationen
zusammenlegen kann umfassend („manifest“) entschieden werden.
In der Realität scheitern Gruppen jedoch häufig an dieser Aufgabe und
erreichen die „verborgenen Profile“ nicht.
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Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
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Soziale Gruppen
Gruppenleistung
• Hidden-Profile-Situation – Beispiel
(Jonas et al. 2008, S. 460):
• Annahme:
Personalauswahlgremium mit 3 Mitgliedern (X, Y, Z) muss entscheiden, wer der
drei KandidatInnen (A, B, C) die Position des neuen Vertriebsleiters erhält.
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Soziale Gruppen
Gruppenleistung
• Hidden-Profile-Situation – Beispiel
(Jonas et al. 2008, S. 460):
Folie 53
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
53
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Soziale Gruppen
Gruppenleistung
• Hidden-Profile-Situation – Beispiel
(Jonas et al. 2008, S. 460):
Ergebnis:
• Einzelentscheidungen:
X entweder B oder C (jeweils 2 Vorzüge (+) und 1 Nachteil (-))
Y entweder B oder C (jeweils 2 Vorzüge (+) und 1 Nachteil (-))
Z entweder B oder C (jeweils 2 Vorzüge (+) und 1 Nachteil (-))
• Gruppenentscheidung (Berücksichtigung aller Informationen):
A: 3 Vorzüge, 2 Nachteile
B: 2 Vorzüge, 3 Nachteile
C: 2 Vorzüge, 3 Nachteile
A
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Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 54
Soziale Gruppen
Gruppenleistung
• Hidden-Profile-Situation (Brodbeck et al. 2007)
Gründe für Scheitern der Gruppe:
• Verhandlungsfokus:
Gruppen neigen dazu, Entscheidungen aufgrund der Einzelpräferenzen zu
treffen, anstatt alle relevanten Informationen offen auszutauschen.
• Diskussionsverzerrung:
Geteilte Informationen werden stärker und häufiger diskutiert als ungeteilte.
Gründe:
Geteilte Informationen werden öfter wiederholt, da jedes Mitglied sie einbringt.
Das einzelne Mitglied bringt/wiederholt eher Informationen, die im Einklang mit
der ursprünglichen Einzelpräferenz stehen ( Selbstreferenz; kogn. Diss.).
• Bewertungsverzerrung:
Geteilte Informationen werden für glaubwürdiger und relevanter gehalten als
ungeteilte ( Minoritäten-/Majoritäteneinfluss; sozialer Vergleich).
Folie 55
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
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Inhaltsübersicht
Dr. Simon Hahnzog Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie:
Soziale Gruppen
1. Grundlagen und Funktion sozialer Gruppen
2. Sozialisation und Gruppenbildung
3. Sozialer Einfluss und Gehorsam
4. Gruppenleistung
5. Führung
Folie 56
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Soziale Gruppen
Führung
Definition:
„Führung (in Organisationen) ist die Beeinflussung, Motivierung und
Befähigung anderer, etwas zur Effektivität der Arbeitseinheiten und der
Organisationen beizutragen“
(GLOBE)
„Führung heißt: Jemand hat mehr zu tun, als er alleine schaffen würde.“
(L. v. Rosenstiel)
„Führung strukturiert sich grundlegend aus Interaktion, Erleichterung der
Arbeit, Zielorientierung und Mitarbeiterorientierung.“
(Browers & Seashore)
Folie 57
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
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Soziale Gruppen
Führung
Beispiele für Führungsstile
• Transformationale Führung (Bass 1985):
Gruppenziele und individuelle Bedürfnisse werden in Einklang gebracht,
indem eine starke „Vision“ die Mitglieder anzieht. Hauptelemente:
• Idealisierter Einfluss (Leiter verhält sich vorbildlich Identifikation)
• Inspirierende Motivation (Aufgabe wird als Vision offeriert Inspiration)
• Intellektuelle Stimulierung (Anregung der Mitglieder zu Kreativität)
• Individualisierte Mitarbeiterorientierung
• Transaktionale Führung (Burns 1978):
Zentraler Aspekt ist der Austausch von Ressourcen. Hauptelemente:
• Kontingente Belohnung (offener Erwartungsaustausch: Leistung vs. Lohn)
• Aktive Kontrolle (Mitglieder überwachen und Probleme vorwegnehmen)
• Passive Kontrolle (Warten bis Probleme auftreten)
Folie 58
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
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Soziale Gruppen
Führung
Konfliktbeispiel: Das Dilemma der mittleren Führungsebene:
Mittlere FK sind oft in einer „Sandwich-Position“ gefangen:
• Durch Nähe zu Kunden und
Mitarbeitern der Basis verpflichtet,
z.B. ihre Abteilung nach „oben“
zu verteidigen.
• Von „oben“ Anforderung, MA auf
Linie zu bringen, anzuleiten,
für Effizienz zu sorgen, die
Abteilung soll „laufen“.
Kritik gelangt nicht nach oben,
dort bleibt die Illusion guter Führung erhalten.
Folie 59
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 59
Soziale Gruppen
Führung
Notwendigkeit erfolgreicher Führung: Delegation
Typgerechte Delegation (nach Maas 2002):
Qualifikation
niedrig
Motivation
hoch
niedrig
hoch
„Totalausfall“
dirigieren
„Ausgebrannt“
partizipieren
„Potentialträger“ „Leistungsträger“
anleiten
deligieren
Folie 60
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 60
Soziale Gruppen
Führung
Notwendigkeit erfolgreicher Führung: Delegation
Umsetzung typgerechter Delegation (Qualifikation/Motivation)
+/- Partizipieren:
Aufgabenauswahl nach Neigungen und Qualifikationen, Motivierungsgespräche
(z.B. Wege zur Zielerreichung diskutieren), klare Zetivorgaben und
Zwischenziele bei fachlichen Freiheiten, Lob und ggf. Sanktionen androhen.
+/+ Delegieren:
Ziele und Bedeutung der Aufgabe aufzeigen, weitgehende Befugnisse
übergeben, Umsetzung ganz überlassen.
-/+ Anleiten:
Fortbildungen ermöglichen, stufenweise anspruchsvollere Aufgaben stellen,
erreichte Kompetenzen stabilisieren, fachlich kontrollieren, anerkennen und
loben, keine Sanktionen bei Fehlern.
-/- Dirigieren:
Übertragen umsetzbarer, neigungsgerechter Aufgaben, klare Zwischenziele
mit engmaschigen Kontrollen, Lob und Sanktionen.
Folie 61
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 61
Soziale Gruppen
Führung
Führung und Gruppenbildung:
In den Phasen der Gruppenbildung sollte die Führungskraft beachten:
1. Forming: Für die Leitung ist es wichtig, im Vorfeld und zur Rollenfindung klare
Aufgabenstellungen zu geben und Regeln deutlich zu definieren.
2. Storming: Die Führungskraft sollte sensibel und offen auf Konflikte reagieren
und diesen entsprechenden Raum und Zeit geben:
vgl. Ruth Cohn – TZI (2009): Störungen haben Vorrang.
3. Norming: Die Führungskraft sollte darauf achten, dass konkrete und
erreichbare Ziele aufgezeigt werden, nach denen die Mitglieder ihr Verhalten
steuern können.
Folie 62
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 62
Soziale Gruppen
Führung
Führung und Gruppenbildung:
In den Phasen der Gruppenbildung sollte die Führungskraft beachten:
4. Performing: Der Führungskraft kommt vor allem die Aufgabe der Koordination
zu: Einzelne Aufgaben und Personen aufeinander abstimmen. Weitere
Aufgaben sind:
Globalziele vorgegeben und Überwachung, ob die Gruppe auf eine frühere
Stufe der Gruppenbildung zurückfällt.
5. Adjourning: Aufgabe der Führungskraft ist es zu ermöglichen, dass sich alle
Mitglieder aus der Gruppe verabschieden und in ihre nächste Aufgabe
übergehen können
Folie 63
Ausgewählte Aspekte der Sozialpsychologie: Soziale Gruppen
© hahnzog 2011 - Dr. Simon Hahnzog – Folie 63
Soziale Gruppen
Führung
Folgende Variablen der Gruppe sollte eine Führungskraft
berücksichtigen:
• Gruppenziel, z.B.: Wie klar sind die Ziele festgelegt? Besteht
Übereinstimmung? Sind Einzelziele der Mitglieder deutlich?
• Gruppennorm, z.B.: Welche offiziellen/inoffiziellen Normen gibt es? Wie
verbindlich sind die Normen? Was geschieht bei Normverstoß?
• Gruppenkommunikation, z.B.: Welche Kommunikationsmittel werden
eingesetzt? Welche ~-störungen gibt es? Wie ist die Kommunikationshäufigkeit auf die Mitglieder verteilt? Wie ist die ~-struktur?
• Gruppenzusammenhalt, z.B.: Inwieweit ist die Gruppe eine geschlossene
Einheit? Gibt es Untergruppen, Sündenböcke, Außenseiter?
• Gruppenfunktion und Rollenverteilung, z.B.: Wer führt welche
aufgaben- bzw. gruppenprozessfördernden/hindernden Funktionen aus?
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Soziale Gruppen
Literatur
Lehrbücher:
•
Aronson, E., Wilson, T.D. & Akert, R.M. (2008). Sozialpsychologie. München:
Pearson Studium.
•
Baron, R. A., Branscombe, N. & Byrne, D. (2008). Social Psychology. Boston:
Pearson.
•
Bierhoff, H.-W. & Frey, D. (Hrsg.)(2006). Handbuch der Sozialpsychologie
und Kommunikationspsychologie. Göttingen: Hogrefe.
•
Gerrig, R. & Zimbardo, P. (2008). Psychologie. München: Pearson.
•
Jonas, K., Stroebe, W. & Hewstone, M. (Hrsg.) (2007). Sozialpsychologie.
Heidelberg: Springer.
•
Marmet, O. (2006). Ich und du und so weiter. Kleine Einführung in die
Sozialpsychologie. Weinheim: Beltz.
•
Werth, L. & Mayer, J. (2008). Sozialpsychologie. Berlin: Spektrum.
Weitere Quellen und Literatur erhalten Sie gerne auf Anfrage oder in unseren
Literaturempfehlungen unter www.hahnzog.de
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Dr. Simon Hahnzog
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80337 München
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