Diabtestherapie Und Lebererkrankungen

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Differenzierte Diabetestherapie bei Patienten
mit Lebererkrankungen
Bernhard Ludvik
1. Medizinische Abteilung mit Diabetologie,
Endokrinologie und Department für Nephrologie
Krankenanstalt Rudolfstiftung
Wien
Fragestellung
• Therapeutische Beeinflussung einer
Lebererkrankung (NASH/Zirrhose) durch
Antidiabetika
• Unbedenklichkeit von Antidiabetika bei
DiabetikerInnen mit Lebererkrankungen
Pathogenese der NASH/NAFLD
Smith, B. W. & Adams, L. A. Nat. Rev. Endocrinol. 7, 456–465 (2011)
High Prevalence of Nonalcoholic Fatty Liver Disease in
Patients with Type 2 Diabetes Mellitus and Normal
Plasma Aminotransferase Levels
Relationship between BMI and liver triglyceride
content measured by 1H-MRS
Prevalence of
• NAFLD: 76%
• NASH: 56%
J Clin Endocrinol Metab doi: 10.1210/jc.2014-2739
NAFLD/NASH und Typ 2 Diabetes
• Nach Adjustierung für das Vorliegen eines metabolischen Syndroms
erhöht NAFLD das kardiovaskuläre Risiko von Patienten mit Typ-2Diabetes um rund 50%.
• Adams et al. fanden bei Patienten mit Typ-2-Diabetes mit NAFLD
ein gegenüber Patienten mit Typ-2-Diabetes ohne NAFLD
verdoppeltes Mortalitätsrisiko.
• Häufigste Todesursachen von Patienten mit Typ-2-Diabetes mit
NAFLD waren Malignome (33% der Todesfälle), Leber-assoziierte
Komplikationen (19%) und ischämische Herzerkrankung (19%).
• 40% der Patienten mit NAFDL entwickeln im Erkrankungsverlauf
eine NASH mit Zeichen von Inflammation, Zellschädigung und
Fibrose.
Kumulatives Risiko für Personen mit und ohne Typ-2-Diabetes für die
Entwicklung eines hepatozellulären Karzinoms
RCTs comparing the effect of metformin
on liver disease
Histological steatosis
Lobular inflammation
Hepatocellular ballooning
Fibrosis
Diabetologia (2012) 55:885–904
RCTs comparing the effect of thiazolidinedione
on liver disease
Histological steatosis
Lobular inflammation
Hepatocellular ballooning
Fibrosis
Diabetologia (2012) 55:885–904
Summary of clinical trials in T2MD/NAFLD patients employing
GLP-1 analogues or DPP-4 inhibitors.
Int. J. Mol. Sci. 2013, 14
Pilot study of liraglutide effects in nonalcoholic steatohepatitis and
nonalcoholic fatty liver disease with glucose intolerance in Japanese
patients (LEAN-J)
Hepatol Res 2014, doi: 10.1111/hepr.12351
Diagnostik der Leberfunktionsstörung beim Patienten mit Typ-2Diabetes
•
•
•
Basisdiagnostik
Die Bestimmung der Leberfunktionsparameter ist Teil der jährlichen
Routinekontrolle des Patienten mit Typ-2-Diabetes und Teil der
Basisdiagnostik in Hinblick auf NAFLD, NASH, ASH und BASH. Bei jedem
Patienten mit Typ-2-Diabetes sollte zumindest einmalig zur Statuserhebung
eine Oberbauchsonographie durchgeführt werden.
Gamma-Glutamyltranspeptidase (GGT) ist ein guter Risikoparameter für
Mortalität und ein sensitiver Steatoseparameter. Die Spezifität der GGT ist
allerdings gering. Auch Medikamente und Tumore können zu einer GGTErhöhung führen. Bei vielen Patienten mit Typ-2-Diabetes liegt eine isolierte
GGT-Erhöhung vor.
Transaminasen (Aspartat-Aminotransferase [AST] und AlaninAminotransferase [ALT]) sind weniger sensitiv als GGT und können trotz
fortgeschrittener Lebererkrankung normal oder hochnormal sein können:
Bei 20-30% der Patienten mit NASH sind Transaminasen normal, aber GGT
erhöht.
Diagnostisches Vorgehen
Bei Leberfunktionswerten im Normalbereich ist keine weiterführende Diagnostik in
Hinblick auf Leberveränderungen sinnvoll.
Bei GGT-Erhöhung sind indiziert:
• Oberbauchsonographie als nicht-invasives diagnostisches Verfahren zur Evaluierung
der Leber und der Gallenwege. Abgeklärt werden die Beschaffenheit der
Leberoberfläche, das Vorliegen eines portalen Hypertonus, von Tumoren,
Gallensteinen, einer Atherosklerose der Aorta, die Größe von Pfortader und Milz,
sowie das Vorliegen erweiterter Lebervenen. Auf der Anforderung der
sonographischen Untersuchung sollte die genaue Fragestellung angeben werden.
Bei schlechten Schallbedingungen sind Computertomographie (CT) oder
Magnetresonanztomographie (MR) indiziert.
• Insbesondere bei Frauen sollte die Bestimmung der antimitochondrialen Antikörper
zum Ausschluss einer primären biliären Zirrhose durchgeführt werden.
Diagnostisches Vorgehen
Bei GGT- und Transaminasenerhöhung sind zusätzlich zur Sonographie indiziert:
•
Ausschluss einer Hepatitis B oder C
•
Bestimmung von Ferritin, Transferrinsättigung (Hämochromatose), Coeruloplasmin (Mb. Wilson,
vor allem bei jüngeren Patienten mit Fettleber unklarer Genese)
•
ev. Bestimmung weiterer Auto-Antikörper (ANA, SMA , LKM bei Autoimmunhepatitis), Alpha-1Antitrypsin
•
ev. Albumin-, Bilirubin- und Prothrombinzeit-Bestimmung (vor allem bei älteren Patienten mit Typ2-Diabetes mit längerer Krankheitsdauer). Zu beachten ist, dass eine isolierte Bilirubinerhöhung
kein Zeichen für eine Lebererkrankung sein muss (an Gilbert-Meulengracht denken).
Indikationen für eine weiterführende hepatologische Abklärung sind
•
fehlende Besserung von Leberwerten unter Lebensstilmodifikation und intensivierter
Stoffwechseltherapie. Zu beachten ist, dass sich auch bei Hepatitis C die Leberwerte durch
Lebensstilmodifikation bessern können.
•
Anzeichen einer Leberzirrhose
•
Zeichen eines portalen Hypertonus
•
eingeschränkte Syntheseparameter
•
Aszites
Medikamentöse Therapie des Patienten mit Typ-2Diabetes mit Leberfunktionsstörung
•
•
•
Der Einsatz von Acarbose bei Patienten mit Leberfunktionsstörungen ist
unbedenklich.
Für Metformin als Mittel der ersten Wahl auch bei Patienten mit Typ-2Diabetes mit Leberveränderungen spricht die Verbesserung der
Insulinresistenz, die ein Hauptproblem dieser Patienten darstellt. Der
Einsatz von Metformin ist bei Patienten mit Leberzirrhose bis Child B
(Maximaldosis 1.500 mg) möglich. Zu beachten ist das erhöhte
Laktatazidoserisiko unter Metformin bei Patienten mit
Leberfunktionsstörungen.
Sulfonylharnstoffe werden über die Leber metabolisiert. Ihr Einsatz bei
Patienten mit Lebererkrankungen wird aufgrund des erhöhten
Hypoglykämierisikos nicht empfohlen (Sulfonylharnstoffe der zweiten
Generation waren wie Insulin bei Diabetespatienten mit Hepatitis C mit
einem erhöhen HCC-Risiko assoziiert).
Medikamentöse Therapie des Patienten mit Typ-2Diabetes mit Leberfunktionsstörung
• Glinide werden über die Leber metabolisiert, unterliegen bei
Patienten mit Lebererkrankungen einem verzögerten Abbau. Von
Gliniden ist aufgrund des potentiell gesteigerten
Hypoglykämierisikos vor allem auch während der Nacht abzuraten.
• Für den Einsatz von Inkretinmimetika bei Patienten mit
Leberfunktionsstörungen liegen derzeit keine ausreichenden Daten
vor (In einer kleinen, retrospektiven Studie mit 82 japanischen
Patienten mit Typ-2-Diabetes verbesserte Liraglutid die
Stoffwechselsituation, das Ausmaß von Leberinflammation und
Fibrose und verringerte das Gewicht).
Medikamentöse Therapie des Patienten mit Typ-2Diabetes mit Leberfunktionsstörung
• Die Leitlinie der American Diabetes Association (ADA) erlaubt den
Einsatz von Glitazonen bei Patienten mit
Leberfunktionseinschränkung und sieht eine Leberenzymkontrolle
im 2-Monatsintervall vor (Pioglitazon verbessert die
Leberfunktionsparameter, die hepatische Steatose und die lobuläre
Inflammation signifikant, ohne den Fibrosegrad zu beeinflussen).
• Für Sitagliptin liegen Daten vor, die einen Einsatz bei Patienten mit
Leberfunktionsstörungen bis Leberzirrhose Child-Pugh A und B
erlauben. Für die anderen DPP-4-Hemmer liegen derzeit noch keine
entsprechenden Daten aus klinischen Studien vor.
Therapie mit DPP-4 Hemmern bei Patienten mit
Leberfunktionsstörung laut Fachinformation
Sitagliptin
Leichte
Leberfunktionsstörung
Mäßige
Leberfunktionsstörung
Schwere
Leberfunktionsstörung
Vildagliptin
Saxagliptin
Linagliptin
Keine Anwendung
empfohlen
Vor Beginn der
Behandlung mit
Galvus sind
Leberfunktionstests
durchzuführen
(ersten
Behanlungsjahr alle
3 Monate und
danach in
regelmäßigen
Abständen)
Keine
Dosisanpass
ung
notwendig
Keine Dosisanpassung
laut pharmakokinetischer
Studien
Keine Dosisanpassung
notwendig – Studiendaten
vorhanden
Keine Anwendung
empfohlen
Mit Vorsicht
keine Dosisanpassung
Keine Dosisanpassung
notwendig.
Wurde in klinischen Studien
nicht untersucht.
Da Sitagliptin jedoch
überwiegend renal eliminiert
wird, geht man davon aus,
dass eine schwere
Leberfunktionsstörung die
Pharmakokinetik von
Sitagliptin nicht beeinflussen
wird
Keine Anwendung
empfohlen
Nicht
empfohlen
keine Dosisanpassung
Nicht empfohlen –
Studiendaten nicht
vorhanden.12
Keine Dosisanpassung
notwendig – Studiendaten
vorhanden
Alogliptin
Keine Dosisanpassung
notwendig.
Klinische Erfahrungen bei
diesen Patienten liegen
jedoch
nicht vor.
Referenzen: aktuelle EMA, FI Sitagliptin, Vildagliptin, Saxagliptin, Linagliptin, Alogliptin
Medikamentöse Therapie des Patienten mit Typ-2Diabetes mit Leberfunktionsstörung
•
Bei Therapiebeginn mit Statinen kann auch bei Patienten mit NASH bei
einem Transaminasenanstieg bis zum 3-Fachen des oberen Normwerts
zugewartet werden (mögliches „walk through“-Phänomen, Kontrolle nach 6–
8 Wochen; Expertenmeinung, keine Daten). Normalisieren sich die
Leberwerte nach dem Absetzen des Statins nicht, ist eine hepatologische
Abklärung indiziert. Leberwertanstiege unter Statintherapie sollten abgeklärt
werden. Eine Kontrolle der Transaminasen unter Statintherapie ist nicht
empfohlen. Eine präexistente Lebererkrankung erhöht das Risiko für einen
Transaminasenanstieg unter Statintherapie nicht. Auch das Risiko für die
Entwicklung einer Lebererkrankung steigt unter Statinen nicht.
•
Der Einsatz von Ezetimib bei Patienten mit leichter Leberinsuffizienz (ChildPugh Stadium A) ist problemlos möglich.
Haupttodesursachen bei Menschen mit Diabetes
Niere, 3 % Infektionen, 7 %
Unfälle, 2 %
Andere,
31 %
Infektionen,
7%
Niere,
2%
Malignome,
29 %
Herz-Kreislauf,
31 %
Alberta Diabetes Surveillance System
www.albertadiabetes.ca
Malignome,
27 %
Andere, 18 %
Herz-Kreislauf,
43 %
Pathways Epidemiologic Study
Lin et al. Ann Fam Med 2009
Zusammenfassung
• Die hohe Prävalenz von NAFLD/NASH bei PatientInnen mit Typ 2
Diabetes mellitus erfordert eine Berücksichtigung der möglichen
günstigen bzw. unerwünschten Wirkungen von Antidiabetika nicht
nur auf Blutzuckereinstellung und kardiovaskuläre Effekte, sondern
auch auf eine eventuell begleitende Lebererkrankung.
• Die höhere Mortalität von DiabetikerInnen an nicht kardiovaskulärbedingten Erkrankungen wie Karzinomen und Leber-assoziierten
Komplikationen bedingt eine differenzierte Sichtweise auf pleiotrope
Eigenschaften etablierter und neuer Medikamente hinsichtlich nicht
kardiovaskulärer oder renaler Begleiterkrankungen des Typ 2
Diabetes mellitus.
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