Text - SGAP

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Arbeitsgemeinschaft für eine verantwortbare Psychotherapeutenregelung
(AGP):
In: Psychotherapie, Fragen und Antworten. Nov. 1998. Kap. I-II, Seiten 5-12.
I Was ist Psychotherapie?
"Psychotherapie ist ein je einzigartiger Prozess der Begegnung und
Zusammenarbeit von zwei Menschen mit dem Ziel der Hilfe in seelischer Not. Vom
Therapeuten und der Therapeutin wird neben seinen bzw. ihren diagnostischen
Fähigkeiten verlangt, dass sie eine dem Patienten oder Klienten angemessene und
allgemein anerkannte Behandlungsmethode beherrschen und auch eine tragfähige
Beziehung aufbauen können. Vom Patienten und der Patientin wird das Bestreben
nach Offenheit und nach konstanter Zusammenarbeit erwartet sowie die Bereitschaft,
bisherige Gewohnheiten und Verhaltensweisen auch in Frage stellen zu lassen. Das
setzt ein beidseitiges Vertrauen voraus, das sich schon in den ersten Stunden
entwickeln muss, sich aber nicht zum vornherein garantieren lässt... Jede tiefere
menschliche Beziehung - und in der Psychotherapie geht es immer um eine solche birgt auch das Risiko des Scheiterns in sich, und eine Garantie der Heilung
gibt es nie."
(Aus dem Vorwort von Prof. Hans Kind, Psychotherapie-Ratgeber der
BEOBACHTER-Reihe, 1995, Seite 10 f.)
Lag früher einmal das seelische Wohl der Leute in Priesterhänden, später dann bei
der Medizin mit ihren Spitälern, so hat sich um die Jahrhundertwende zuerst in
Frankreich dank Hypnose und Suggestion eine vorläufige Form von Psychotherapie
gebildet, welche Sigmund Freud aufgegriffen und durch wesentliche Erkenntnisse
weiterentwickelt hat. So entstand ein eigener Beruf, der sich im Lauf der Zeit in
verschiedene Sparten und Schulrichtungen aufgefächert hat. DIE Psychotherapie
gibt es nicht. Unter dem Begriff Psychotherapie werden verschiedene
psychotherapeutische Schulen, Richtungen zusammengefasst, z.B. Psychoanalyse,
Gesprächspsychotherapie, Körperpsychotherapie, Gestalttherapie, Verhaltenstherapie usw.
Ist Psychotherapie Persönlichkeitsentfaltung oder Krankenbehandlung?
Krankenbehandlung lässt sich von der Persönlichkeitsenfaltung nicht trennen und
separat durchführen, sondern nur simultan ineinander, da seelische Wirklichkeit in
sich eine komplexe, vielschichtig vernetzte Dynamik darstellt. Stets ist der ganze
Mensch in Mitleidenschaft gezogen.
Wie wirkt Psychotherapie?
Das, was einer Psychotherapie Wirkung verleiht, liegt in der frei gewählten
Beziehung zwischen Patient und Therapeut (Achtung: im Text steht die männliche
Form durchgehend für die weibliche und männliche). Hier wiederholen sich die
zwischenmenschlichen Beziehungsmuster und Konflikte, hier werden sie produktiv,
weil sich in überschaubarem Rahmen zeigt, wie der Patient sich selber, die Welt und
seine Mitmenschen wahrnimmt (und darüber phantasiert), was er fürchtet und
erinnert, worauf er sich freut und wovon er träumt. Ob die therapeutische Beziehung
als solche thematisiert wird oder nicht: In ihr keimen die innovativen Prozesse,
welche Veränderungen im Erleben, in der Einstellung insgesamt, im Lebensentwurf
und im Verhalten bewirken. Die Consumer Reports-Studie weist in diesem
Zusammenhang auch auf die Wichtigkeit hin, dass der Therapeut auf ein fundiertes
theoretisches Gebäude zurückgreifen kann.
Psychotherapie einzeln oder in Gruppen?
Dies ist eine Frage der Methode. Verschiedene Methoden verfügen sinngemäss
auch
über
verschiedenartige
Settings
(Rahmenbedingungen
für
die
Zusammenarbeit) wie beispielsweise Einzeltherapie, Analyse auf der Couch liegend,
sitzend, ferner Körperpsychotherapie, Paartherapie, Familientherapie.
Die Psychotherapie-Methoden verändern sich stetig; neue Formen entstehen. Die
theoretische und praktische Weiterentwicklung vollzieht sich laufend anhand der
Praxis und der neuen Krankheitsbilder.
Ist psychotherapeutischer Erfolg sichtbar, messbar?
Der von Aussenstehenden bewertete Erfolg ist nur bedingt ein verlässlicher
Gradmesser für wirkliche Wandlungen und Entwicklungen von Patienten. Oft sind
kleine, unspektakuläre Fortschritte auf Dauer die nachhaltigeren positiven
Veränderungen - zudem kostensparender - als rasche, sensationelle Wechsel im
Verhalten sozusagen über Nacht, welche ebenso rasch verfliegen. Die Identität des
Patienten muss mit der Wandlung mithalten können. Das braucht Zeit. Schnelle
Effekte erreichte zweifelsohne auch die Prügel pädagogik, allerdings nicht ohne
erhebliche schädliche Nebenwirkungen!
Ohne Geduld und Respekt vor der Eigenständigkeit, dem Wachstumstempo und potential der Patienten gelingt keine Psychotherapie, die diesen Namen verdient.
Von Zeit zu Zeit überprüfen Therapeut und Klient ihre gemeinsame Arbeit kritisch, ob
sie noch angemessen und förderlich ist. Die Psychotherapie-Forschung zeigt
überzeugend, dass qualifizierte Psychotherapie zu Erfolgen führt.
Wie lange dauert eine Psychotherapie?
Es gibt Kurztherapien und mittel- bis längerfristige Therapien. Die Dauer ist abhängig
von den "Ursachen" und dem Therapieziel.
Aufgepasst: kurzfristige Symptombehandlungen sind oft spektakulär, die Wirkung
jedoch häufig nur von kurzer Dauer. Was nach billiger Lösung aussieht, entpuppt
sich nicht selten als echter Luxus! Genau diese Erkenntnis dringt in Amerika
allmählich durch. Das hierzulande angestimmte Loblied auf Kurztherapien klingt dort
bereits wieder ab. Der Leser kennt sicher in seinem Umfeld Menschen, die "von
einem Therapeuten zum andern" wandern. Erfahrungsgemäss sind dies im Endeffekt
die teuersten Lösungen und somit Luxus!
Psychotherapie: Luxus?
Ja, Psychotherapie kann durchaus Luxus sein. Dann beispielsweise, wenn ein
gesunder Mensch aus Neugier sich selber besser kennen lernen will. (Dann wird er
seine Psychotherapie auch selber bezahlen müssen.)
Leiden ist eine subjektive Empfindung. Deshalb deckt sich der von der Umwelt
wahrgenommene Eindruck nicht ausnahmslos mit der Befindlichkeit des Betroffenen.
Seelisches Leiden, welches das Leben beeinträchtigt, hat Krankheitswert. In diesem
Falle ist Psychotherapie keinesfalls Luxus, sondern gehört mit Recht in die
Grundversicherung der Krankenkassen.
Ist Psychotherapie unnötig, reicht nicht ein gutes Gespräch unter Freunden?
Psychotherapie unterscheidet sich wesentlich vom Gespräch unter Freunden. Es ist
sogar sehr wichtig, dass der Psychotherapeut gerade nicht aus dem Freundeskreis
stammt.
Freunde sind in die persönliche Geschichte involviert, und man kann sie verlieren,
wenn man z.B. ihren Erwartungen nicht gerecht wird.Vom Erkennen der
Wiederholungsmuster wären sie überfordert. Freunde sind als Freunde wichtig. Die
spezielle Beziehung zwischen Psychotherapeut und Patient ist das Werkzeug oder
ein Instrument der Psychotherapie. Der Therapeut stellt seine menschliche und
fachliche Kompetenz (siehe Ausbildung) zur Verfügung, damit der Patient seinen
eigenen Weg finden kann. Diese Dienstleistung lässt sich der Therapeut bezahlen.
Das Verhältnis der Beziehung ist asymmetrisch. Ein Mindestmass an Sympathie ist
von beiden Seiten notwendig. Psychotherapie untersteht zudem der Schweigepflicht.
"In der Psychotherapie wird man manipuliert oder kriegt nicht mal Ratschläge!"
In allen psychotherapeutischen Richtungen besteht Konsens darüber, dass es immer
um das Finden des eigenen Weges geht. Es geht also nicht darum, so zu werden,
wie der Therapeut es für gut hält. Deshalb wird jeder Therapeut bei der Erteilung von
direkten Ratschlägen stets Zurückhaltung üben.
Es gibt Psychiater, Psychologen, Psychotherapeuten. Wo liegt der Unterschied?
Die Unterschiede liegen in der Ausbildung und damit teilweise in der Tätigkeit.
Psychiater: Medizinstudium. Medizinische Spezialisierung in Psychiatrie. Der
Psychiater stellt die Diagnose und leitet davon die zu ergreifenden Massnahmen ab,
wie: Psychopharmaka und das ärztliche Gespräch. Das ärztliche Gespräch ist nicht
identisch mit dem psychotherapeutischen Gespräch. Hat der Psychiater zusätzlich
eine psychotherapeutische Ausbildung absolviert, ist er in der Lage, eine
Psychotherapie durchzuführen.
Psychologe: Grundstudium Psychologie. Der Psychologe untersucht "normale"
seelische Alltagsphänomene und stellt Hypothesen über das zu erwartende
"durchschnittliche" Erleben und Verhalten auf. Das Psychologiestudium ist u.a.
Voraussetzung für folgende Berufsgruppen: Arbeits-, Werbe-, Betriebs-, Verkehrs-,
Sport- und Verkaufspsychologen sowie für Berufsberater. Hat der Psychologe
zusätzlich eine psychotherapeutische Ausbildung absolviert, ist er in der Lage, eine
Psychotherapie durchzuführen.
Psychotherapeut: Psychologie- oder Medizinstudium bzw. andere wissenschaftliche
Grundausbildungen mit psychotherapie-relevantem Grundlagenwissen. Danach folgt
die eigentliche eigenständige Psychotherapie-Ausbildung in einer oder mehreren
Methoden. Dies setzt Kenntnisse von psychodynamischen Vorgängen voraus. Die
psychotherapeutischen Ausbildungsinstitutionen vermitteln theoretische Grundlagen.
Zudem verlangt die Ausübung des Berufes Selbsterfahrung in der gewählten
Methode sowie Supervision (Kontrolle von eigenen Fällen bei einem erfahrenen
Therapeuten). Diese Fachausbildung (Weiterbildung) dauert mindestens 5 Jahre.
Psychotherapie: Psychotherapie ist individuelle Krankenbehandlung, Arbeit mit
leidenden Personen, also gerade nicht mit "Normalfällen". Die Durchführung einer
Therapie setzt Kenntnisse und Erfahrungen voraus, die keineswegs ausschliesslich
aus spezifisch psychologischen Theorien oder Experimenten stammen, vielmehr
über dieses begrenzte Wissen hinausgehen. Psychotherapie wurzelt in sehr
verschiedenen Wissensgebieten; am tiefsten ist sie dem Leben, dem Innen- und
Zusammenleben selbst verbunden.
"Was will Psychotherapie schon ausrichten bei körperlichen Beschwerden? Nur
Aerzte sollten Psychotherapeuten sein !"
Viele seelische Leiden finden ihren Ausdruck im Körper (Psychosomatik). Nicht von ungefähr kennt
unsere Sprache Ausdrucksweisen wie: "Das Gespräch morgen macht mir Bauchweh!" Hier einige
Beispiele, welche typischerweise psychosomatischen Ursprungs sein können: Kopfschmerzen,
Engegefühle, Rückenschmerzen, Colitis ulcerosa, Atemnot, Herzbeschwerden, Essstörungen wie
Anorexie und Bulimie usw. Psychotherapie erhellt seelische Inhalte und schult die eigene
Körperwahmehmung. Dadurch können Zusammenhänge zwischen Seele und Körper bewusster
werden. Psychotherapeuten kennen sich in Psychopathologie aus. Sie kennen ihre
Kompetenzgrenzen und werden den Patienten bei somatischen Beschwerden einem Mediziner
zuweisen. Ebenso für die Behandlung somatischer Beschwerden oder die Abklärung vermuteter
organischer Ursachen bei psychischen
Leiden. Desgleichen ziehen kompetente und verantwortliche Arzte bei
psychosomatischen Beschwerden einen Psychotherapeuten bei. Psychotherapeuten
und Mediziner arbeiten zusammen; sie ergänzen sich.
Psychotherapie: kostensenkender Faktor im Gesundheitswesen?
Psychotherapie leistet in der Behandlung psychosomatischer Beschwerden einen
wesentlichen Beitrag zur Kostensenkung. Sie kann, rechtzeitig eingesetzt, teure
jahrelange ärztliche medikamentöse Behandlungen und/oder Operationen unnötig
machen.
Es ist nicht einzusehen, warum Psychotherapie immer erst dann zum Zug kommen
soll, wenn alles andere nichts genützt hat.
Psychotherapie: Esoterik? Lebensberatung?
Psychotherapie ist wissenschaftlich fundiert und steht nicht in Konkurrenz zu
Esoterik. Psychotherapie bedeutet aktive Auseinandersetzung, anspruchsvolle
Arbeit. Dadurch soll der Patient wieder fähig werden, die zu ihm passenden
Lösungen zu finden, indem die ihn störenden Probleme und hintergründigen
Konflikte aufgedeckt und geklärt werden -manchmal sind auch fehlende Funktionen
und Fähigkeiten erst zu entwickeln. Dadurch wird der Patient wieder eigenständig
handlungsfähig.
Psychotherapie kann nicht wie ein Medikament konsumiert werden. Psychotherapie
vermittelt keine "Rezepte" zur Lebensbewältigung.
II Was Psychotherapie vermag
Psychotherapie vereinigt in sich verschiedene Aspekte: Sie fördert
Genesungsprozesse, unterstützt lebenswichtige Funktionen, hilft der persönlichen
Sinnfindung und vertieft die Selbsterkenntnis. Bei Schicksalsschlägen erleichtert sie
deren Verarbeitung. Psychotherapie beinhaltet auch Themen wie Akzeptanz von
Grenzen, Behinderungen und Einschränkungen. Zudem tragen sämtliche
Erfahrungen und Beobachtungen aus den psychotherapeutischen Prozessen zu
neuen Einsichten in Forschung und Theoriebildung bei, was dann wieder einer
fortschrittlichen Praxis zugute kommt.
Psychotherapie für alles und jedes?
Wir alle haben schon Angst erlebt und überlebt. Wir alle waren schon irgendwie
deprimiert. In der Regel nehmen diese unangenehmen Gefühle relativ wenig Raum
ein. Bei behandlungsbedürftigen Menschen ist dies anders. Unangenehme Gefühle
nehmen im Alltag überhand. Ängste steigern sich zu Panik, sodass beispielsweise
ein Raum unverzüglich verlassen werden muss. Zwänge tyrannisieren den
Menschen derart, dass er den Tagesablauf immer wieder unterbrechen muss, um zu
kontrollieren. Hoffnungslosigkeit, Düsterkeit und Schwarzmalerei verdunkeln den
Lebensmut bis hin zu Selbsmordgedanken. Dies sind nur einige Beispiele, die
dringend professioneller Hilfe - eben der Psychotherapie - bedürfen.
Psychotherapie erhöht die Chance, die eigene Unabhängigkeit besser zu wahren
und eigene Möglichkeiten und Fähigkeiten verstärkt zu nutzen oder überhaupt neu
zu entwickeln.
Psychotherapie für wen?
Neuere Forschungsergebnisse zeigen, dass ein Grossteil der Bevölkerung einmal im
Leben psychotherapeutische Hilfe beansprucht: Männer wie Frauen, Arme und
Reiche, Junge und Alte. Kinder und ältere Menschen sind betreffend Psychotherapie
unterversorgt. Kinder wachsen z.B. die Störung nicht einfach aus, nein, die Störung
wächst mit ihnen. Selbst wenn sie vorübergehend schwindet, kann sie Jahre später
in verwandelter Form wieder auftauchen. Je länger also mit der Psychotherapie
zugewartet wird, desto gravierender kann der Schaden, desto länger die
Behandlungsdauer werden.
Für Personen in exponierten Positionen (Politik, Wirtschaft, allgemein
Führungspositionen) kann Psychotherapie ein Instrument verbesserter Sel
bstwahrnehmung sein, die zu grösserer Sicherheit, mehr Toleranz und flexiblerer
Handlungsweise führen kann und präventiv vor Stresserkrankung schützt.
Welche Themen gehören in die psychotherapeutische Praxis?
Grundsätzlich alles, was Menschen bedrängt und beschäftigt. Dies können Konflikte
mit Aussenstehenden sein, jedoch auch Konflikte und rätselhafte Erfahrungen mit
sich selbst.
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Verschiedenste Aengste, Zwänge, auch Depressionen, tiefe Verzweiflung.
Hohe Reizbarkeit, sofortiges Gekränktsein, Empfinden von Leere und
Langeweile, schlechte Laune sind nicht selten leiser Ausdruck von empfindlichem
Mangel an Selbstwertgefühl.
Lebenskrisen verschiedenster Herkunft wie z.B. Scheidung, Partner-verlust,
Krankheit, Pensionierung, Arbeitslosigkeit, beruflicher Misserfolg.
Es gibt Menschen, die teilweise oder ganz die Beziehung zur Realität verlieren
(psychotische Störungen).
Suchtverhalten: Alkohol, Medikamente, Drogen, Spielsucht, verschiedenste
Abhängigkeiten.
Probleme mit der Sexualität oder der sexuellen Identität.
"Die therapierten Leute bleiben dieselben, alles nur Symptomverschiebung!"
Psychotherapie, die diesen Namen verdient, hat Wirkung, erhöht das
Selbstwertgefühl, die Selbstsicherheit und fördert die soziale Kompetenz. Dies ist
wissenschaftlich erwiesen - was aber für Aussenstehende nicht immer sichtbar oder
ihnen auch nicht immer genehm ist. Entscheidend ist die Wahrnehmung des
verminderten Leidensdruckes durch den Patienten. Nicht nur Symptombeseitigung,
auch Symptomverschiebung kann einen therapeutischen Erfolg darstellen!
Der Alkoholkranke, der Drogensüchtige, der nicht mehr Alkohol trinkt, keine illegalen
Drogen mehr nimmt, dafür z.B.täglich bei jedem Wetter um den Greifensee radelt
oder sieben Tage pro Woche arbeitet, sind Exempel für eine Symptomverschiebung
zu weniger selbstschädigendem Verhalten.
Psychotherapie stützt Personen, die ohne ständige Hilfe am Arbeitsplatz und/oder zu
Hause untragbar wären für ihre Mitarbeiter oder Mitbewohner. Sie würden die Stelle
verlieren und wären auf Arbeitslosenunterstützung und/oder Fürsorge angewiesen
oder müssten gar in einer Klinik untergebracht werden, was stets eine finanziell sehr
aufwendige Sache ist.
Psychotherapie ein Wundermittel?
Psychotherapie ist kein Wundermittel. Sie schafft den Regen nicht ab, holt die Sonne
nicht hinter Wolken hervor. Sie garantiert nicht einmal Glück! Dennoch leistet sie
einiges:
Sie steigert z.B. die Fähigkeit, kreativ auf widerliche Umstände zu reagieren.
Sie hilft, schwierige Situationen im Leben mit weniger Schaden und damit sinnvoller
zu überstehen.
Sie ermöglicht, kritische Begebenheiten im Leben gründlicher zu erkennen und so
auch wirksamer damit umzugehen oder unerwartete Veränderungen herbeizuführen.
Nicht zuletzt hilft sie dem Individuum, sich mit sich selbst zu versöhnen.
Achtung! Psychotherapie wirkt nicht, wenn das Leiden nicht psychotherapeutisch
angehbar ist wie z.B. bei Zahnschmerzen, die durch Karies verursacht werden.
Sparen dank Psychotherapie?
Bedenkt man, dass 25 % der Bevölkerung an ernsthaften seelischen Erkrankungen
leiden, Depression weltweit bald an erster Stelle aller Erkrankungen steht und
Suizide besonders bei Männern als Todesursache im Vormarsch sind, so erscheint
die Haltung der Krankenkassen, die Kosten der Psychotherapie nicht übernehmen zu
wollen, unverständlich. Eine deutsche Studie zeigt, dass bei nur 16 % von
psychosomatisch erkrankten und während 3 Jahren regelmässig untersuchten
Patienten mit weit verbreiteten Störungen wie Schlaflosigkeit, Müdigkeit,
Kopfschmerzen, Rückenschmerzen usw. eine körperliche Ursache gefunden werden
konnte. Man stelle sich vor, bei 84 % konnte keine somatische Verursachung
ausgemacht werden, obschon mit entsprechend erheblichem finanziellem Aufwand
danach gesucht wurde!
Bedenken Sie all die sinnlos konsumierten Medikamente, die möglicherweise
ernsthafte Nach- und Nebenwirkungen zur Folge haben, welche ihrerseits wieder
einer Behandlung bedürfen. Oder die vielen teuren Labor- und sonstigen
Untersuchungen! Dazu die stationären Behandlungen und die unnötigen
Operationen... Die ökonomischen Folgen jahrelanger Fehlbehandlung sind grösser
als der Aufwand für Psychotherapie es je sein könnte!
Man darf sagen: Dank Psychotherapie gibt es weniger Arbeitsausfälle, weniger
soziale Ausgaben bei Arbeitslosengeldern oder der Fürsorgeunterstützung, weniger
Klinikaufenthalte, weniger Psychiatrisierung der Bevölkerung und nachweislich auch
weniger Arztrechnungen für körperliche Leiden seelischen Ursprungs. Im Bereich
von Lemstörungen und Verhaltensauffälligkeiten können bei Kindern und
Jugendlichen durch Psychotherapie Sonderschulungen vermieden oder zumindest
deren Dauer abgekürzt werden. Psychotherapie unterstützt die Wirkung flankierender
Massnahmen, was zu Zeit-, mithin auch zu Kosteneinsparungen führt.
Gehört Psychotherapie in die Grundversorgung?
Ja, eindeutig! Sie erfüllt tagtäglich äusserst zentrale und weitreichende Funktionen,
die sonst von keiner Institution gewährleistet werden können. Was Psychotherapie
spezifisch leistet, kann auch nicht durch Medikamente und Operationen erreicht oder
ersetzt werden. Seelisches Leiden ist ein massiver Krankheitswert und gehört
deshalb von den Krankenkassen bezahlt.
Die Krankenkassen übertreiben ...
Sie übertreiben die neu anfallenden Kosten, denn sie übernehmen schon seit Jahren
einen wesentlichen Kostenanteil für nichtärztliche Psychotherapie auf freiwilliger
Basis - und dies aus guten ökonomischen Gründen. Eine realistische Schätzung
kommt auf rund 180 Millionen Franken Mehrkosten, wobei die durch Psychotherapie
erzielten Einsparungen an andern medizinischen Leistungen noch nicht einmal
mitberücksichtigt sind. Eine neuere Studie hat nachgewiesen, dass Leute, welche
das psychotherapeutische Angebot nutzen, während dieser Zeit eindeutig weniger oft
Leistungen der somatischen Medizin in Anspruch nehmen und somit Kosten sparen
helfen. Würden alle bisher tätigen Psychotherapeuten über die Krankenkassen
abrechnen, lägen laut Hochrechnung die Prämien pro Person nur um knapp einen
Franken orn Monat höher.
Pro 100 Franken Gesundheits kosten fallen lediglich 35 bis 75 Rappen auf
Psychotherapie. Das heisst: 99.25 bis 99.65 Franken werden für andere
medizinische Leistungen ausgegeben. Wussten Sie übrigens, dass IV, Unfallund/oder Militärversicherung, Schulgemeinden und diverse Fonds für gute Zwecke
sich bei psychischen Leiden mit Krankheitswert an den Kosten für Psychotherapie
beteiligen?
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