xxx Gießen, den 05.11.06 Cand. med. vet. 9.Semester

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xxx
Cand. med. vet.
9.Semester
Gießen, den 05.11.06
Krankenbericht
Über einen Patienten der Klinik für Kleintiere, Chirurgie, der Justus-Liebig-Universität
Gießen.
Die klinische Untersuchung wird am 30.10.06 von 9.00-10.00Uhr in der Poliklinik
durchgeführt.
Bei dem zu untersuchenden Tier handelt es sich um die 4 Jahre alte Deutsche
Jagdterrierhündin Mamba des Herrn X aus Y. Sie wiegt 8kg und besitzt eine rassetypische
Färbung
Anamnese
Die Hündin war am 27.10. bei der Jagd wahrscheinlich von einem Fuchs oder Dachs in den
Fang gebissen worden. Sie blieb danach zwei Tage verschwunden und kam erst am Abend
des 29.10. wieder nach hause. Es wurde ihr darauf hin 2x50mg Baytriel per os verabreicht.
Im Frühjahr 2005 hatte die Hündin bereits einen ähnlichen Unfall. Hierbei ist ein „altes“
Perforationsloch auf der Nase zurückgeblieben, welches nie zugewachsen ist.
Allgemeine klinische Untersuchung
Mamba belastet zum Zeitpunkt der Untersuchung alle vier Gliedmaßen gleichmäßig. Sie ist
ruhig und nimmt aufmerksam mit ggr. reduziertem Allgemeinbefinden an ihrer Umgebung
teil. Ernährungs- und Pflegezustand sind als gut zu bezeichnen. Die Pulsfrequenz beträgt
112/min und ist kräftig, die Körperinnentemperatur liegt bei 37,7°c, die kapilläre
Rückfüllungszeit ist unter 2sec und die Schleimhäute sind blass-rosa.
Spezielle klinische Untersuchung
Das Haarkleid ist an Hals, Thorax, Abdomen und Gliedmaßen geschlossen, dicht und
glänzend. Im Bereich des Kopfes befinden sich auf dem gesamten Nasenrücken multiple
Bissverletzungen, welche hgr. mit Erde und Haaren verdreckt sind. Die Wunden sind teils
eitrig, teils nekrotisch. Ventral des linken Auges und auf der rechten Backe befinden sich
klaffende, mit Blut verkrustete Wunden. Dorsal hinter dem Nasenspiegel befindet sich eine
Fistelöffnung von einer älteren Bissverletzung, durch die Luft nach außen bläst. Das gesamte
Gewebe im Oberkieferbereich ist hgr. ödematös geschwollen.
Die Konjunktivalschleimhäute sind ggr. gerötet. Im Bereich der Maulschleimhäute ist die
Umschlagfalte vom Caninus bis P3 beidseits im Oberkiefer abgerissen. Auf der linken Seite
ist eine Wundhöhle bis in eine Wundöffnung auf dem Nasenrücken sondierbar.
Weiterführende Untersuchungen
Röntgen: Beim Röntgen des Kopfes in zwei Ebenen wird ein vergrößerter Weichteilschatten
im Bereich des gesamten Nasenrückens festgestellt, dorsal und rechts der Nase mit fast
kalkdichten unregelmäßigen Bereichen. Die knöchernen Strukturen sind allerdings obB.
Des weiteren wurde der Thorax in zwei Ebenen geröntgt, hier können ebenfalls keine
besonderen Befunde erhoben werden.
CT: Es wurden Aufnahmen des Kopfes nativ und mit Kontrastmittel ( Ultravist 300, 15ml)
angefertigt. Hierbei ist zu sehen, dass das linke Nasenloch vollständig zugeschwollen ist, das
rechte Nasenloch ist noch ggr. durchgängig. Es findet sich wie schon beim Röntgen eine
generalisierte Weichteilschwellung im gesamten Nasenbereich. Im Bereich kranial der Canini
zeigt sich ein Knochendefekt im Os nasale, welcher sich von dorsal her auf beiden Seiten
ausdehnt. Außerdem finden sich im gesamten Weichteilgewebe diffus verteilte knochendichte
Partikel.
Diagnose
Multiple Bisswunden mit sekundärer Wundheilung
Frakturierung des Os nasale
Therapie
Nachdem das Tier in Narkose gelegt und intubiert wurde, wurden die Wunden zunächst mit
physiologischer Kochsalzlösung gereinigt. Anschließend wurden alle Wunden kürettiert,
wobei festsitzende Schmutzpartikel, Haare und nekrotisches Gewebe entfernt wurden und so
die Wundränder aufgefrischt wurden. Größere Wunden wurden mit insgesamt drei JodoformDrainagen versorgt, um den Abfluss von Wundflüssigkeit, Eiter und Blut zu gewährleisten.
Einzelne Wundränder wurden mit Einzelheften adaptiert. Die Weichteilverletzungen in der
Maulhöhle wurden ebenfalls kürettiert, gespült und die Wundränder mit resorbierbarem
Nahtmaterial in Einzelheften adaptiert.
Im zweitägigen Abstand wurde die Wundbehandlung in Narkose wiederholt, wobei alte
Drainagen entfernt und, wenn nötig, durch neue ersetzt wurden.
Um eine Kontamination der Wunden durch Futter, Wasser oder orale Medikamente zu
vermeiden wurde eine Oesophagostomiesonde eingelegt, um eine Sondenfütterung zu
gewährleisten. Die Sonde wird täglich auf korrekten Sitz und Veränderungen im umliegenden
Gewebe kontrolliert.
An Medikamenten wurden initial 50mg/kg Metamizol per os als Schmerzmittel und als
Antibiotikum 20mg/kg Synulox per os verabreicht. In den folgenden zwei Tagen wurde das
Antibiotikum Augmentan verabreicht, wobei anschließend wieder auf Synulox 20mg/kg
umgestellt wurde. Als Analgetikum wurde Matamizol über die folgenden 5 Tage beibehalten,
ab dem 6. Tag wurde auf Rimadyl 4mg/kg umgestellt.
Epikrise
Bei einer Wunde handelt es sich um eine durch äußere Einflüsse entstandene, umschriebene
oder flächenhafte Gewebsdurchtrennung oder –zerstörung. Ihre Einteilung kann nach
unterschiedlichen Gesichtspunkten erfolgen:
-Ursache:
Schnittwunden werden durch scharfe schneidende Gegenstände verursacht. Hier bestehen die
besten Heilungschancen, da Wundränder und Wandung des Wundspalts glatt und von
gesundem Gewebe umgeben sind. Durch kräftige Blutungen gespült, sind die Wunden kaum
primär infiziert und heilen meist nach Naht in Form der Primärheilung.
Stichwunden entstehen durch spitze scharfe Gegenstände. Die Hautwunde ist klein und die
Tiefe nur durch eine aseptische Sondierung beurteilbar. Der Schaden am tiefer gelegenen
Gewebe ist nur schwer erkennbar. Bei Eröffnung von Körper- oder Synovialräumen ist die
Gefahr einer lebensbedrohlichen Lokal- oder Allgemeininfektion gegeben. Bei Kontamination
des Stichkanals entstehen heftige pyogene Wundinfektionskrankheiten, Anaerobier finden
hier ein gutes Milieu. Die Therapie erfolgt unter Oberflächenreinigung der Umgebung und
Anlegen eines sterilen Verbands. Die Wunde kann gegebenenfalls austamponiert werden um
einen Exsudationsrückstau zu verhindern.
Risswunden zeigen unregelmäßige, zerfetzte Ränder.
Rissquetschwunden (Platzwunden) entstehen nach stumpfer Gewalteinwirkung von Druckund Scherkräften. Die Wundränder sind unregelmäßig, verschmutzt und zerklüftet. Es besteht
durch Ischämie die Gefahr von Gewebsnekrosen und Wundheilungsstörungen. Bei Quetschund Risswunden sollte die Deckung der Wunde durch eine Naht erfolgen, wobei ein
ungestörter Abfluss des Wundsekrets gewährleistet sein muss.
Bisswunden sind entsprechend ihrer Entstehung und Form als Stich- und Rissquetschwunden
anzusehen. Durch bakterienhaltigen Speichel sind sie stets als kontaminiert anzusehen, es
kommt regelmäßig zu einer gestörten Wundheilung. Beim Hundebiss ist auch besonders an
eine Tollwut- oder Tetanusinfektion zu denken. Der Schweregrad der Bissverletzung ist
abhängig von der verursachenden Tierart und der Lokalisation der Wunde. Die Therapie
besteht in einer lokalen offenen Wundbehandlung, eventuell mit Umschneiden der Wunde,
lokale Antibiotikaanwendung, Verwendung von Drainagen/ Tamponagen oder ein
Aussaugen/ Ausbrennen bei vergifteten Wunden.
Schusswunden treten je nach Art des Geschosses als Steck- oder Durchschuss auf. Um den
Schusskanal kann es je nach Splitter-, Explosions- oder Teilmantelgeschoss zu ausgedehnten
Gewebszerstörungen kommen. Die größte Gefahr einer Schusswunde liegt zunächst in
lebensgefährlichen Blutungen oder Schockzuständen. Daher liegt die Therapie in der
Stabilisierung des Herz- Kreislaufsystems und Stillung von großen Blutungen. Anschließend
werden stärkere Gewebszerstörungen durch aktive chirurgische Versorgung, kleinere Wunden
und Streifschüsse werden mit einer herkömmlichen Wundbehandlung versorgt. Steckschüsse
können je nach Lokalisation und Tierart im Körper verbleiben oder müssen operativ entfernt
werden.
Geschlossene Wunden entstehen nach Prellung oder Quetschung ohne Durchtrennung der
Haut oder Schleimhaut. Subkutanes Gewebe wird geschädigt, es kann zu starken Ödemen
oder Hämatomen kommen. Eine Sonderform ist die Ablederung (Decollement)nach
tangentieller Gewalteinwirkung.
Zerquetschungen oder traumatische Amputationen entstehen durch starke Gewalteinwirkung
wie z.B. beim Autounfall. Hierbei kommt es zur Zertrümmerung oder Abriss von
Körperteilen.
-Lokalisation
Kopf-, Hals-, Brust-, Bauch-, Extremitäten-, Augenwunde etc.
-Tiefe
Schürfwunden (Excoriationen) sind durch flächenhaften Verlust der oberen Hauschicht mit
Freilegung des Koriums gekennzeichnet. Meist kommt es zur Restitutio ad integrum.
Bei tiefen Wunden sind auch Muskeln, Sehnen etc. betroffen.
-Betroffenes Gewebe
Haut-, Schleimhaut-, Muskel-, Knochen-, Hornhautwunde etc.
-Form und Gestalt
Schlitz-, Lappen-, Röhren-, Höhlen-, Taschenwunden mit oder ohne Substanzverlust.
-Merkmale und Alter
Frische, blutende, eiternde, infizierte, schlecht heilende Wunde etc.
Die Behandlung der heilenden Wunde soll möglichst schonend und auf ein Mindestmaß
beschränkt sein. Grundsätzlich sind alle Gelegenheits- oder akzidentielle Wunden als infiziert
anzusehen, nur Operationswunden sind „sauber“. Die Therapie sollte daher stets mit einer
allgemeinen Antibiotikabehandlung über drei bis fünf Tage oder länger einhergehen.
Die Heilung der Wunde kann wie folgt unterteilt werden:
-Primärheilung (sanatio per primam intentionem)
Hierunter vesteht man die Heilung von Wunden, deren Ränder evtl. durch Naht oder Verband
eng aneinander liegen; sie verkleben und verwachsen innerhalb kürzester Zeit 5-10 Tage. Die
Epithelisierung beginnt hier schon nach 24- 48 h, eine Bildung von Granulationsgewebe ist
nicht nötig.
-Sekundärheilung (sanatio per secundam intentionem)
Diese Form tritt bei größeren Wunden mit Substanzverlust auf, ein Gewebsdefekt ist
charakteristisch. Sie wird außerdem gesehen, wenn eine Primärheilung durch traumatische,
chemische oder bakterielle Noxen verhindert wird. Wie bei Mamba muss zuerst nekrotisches
Gewebe und Schmutz aus der Wunde entfernt werden, so dass die Bildung von
Granulationsgewebe beginnen und den Defekt füllen kann. Anschließend schiebt sich nach 45 Tagen von den Wundrändern neues Epithel über die Wunde. Gegebenenfalls muss die
Behandlung der Wunde wiederholt werden, so dass sie über Wochen komplett zuheilen kann.
Häufig kommt es zur ausgeprägten Narbenbildung.
-Heilung unter Schorf
Diese Form der Heilung erfolgt zügig, da sich unter dem Schorf Granulationsgewebe bildet
während von den Wundrändern her die Epithelisierung stattfindet. Ist diese weit genug
fortgeschritten, hebt sich der Schorf von den Wundrändern und löst sich schließlich
vollständig. Eine Gefahr der Infektion wird so minimiert.
Bei allen drei Formen der Wundheilung kommt es am 2. -5. Tag zur Erscheinung eines
entzündlichen Ödems unterschiedlichen Ausmaßes. Dies ist nicht mit einer Wundinfektion zu
verwechseln.
Als Komplikation kann es zu einer gestörten Wundheilung kommen. Steroidale
Antiphlogistika, lokal angewandte Muskelrelaxantien der glatten Muskulatur und trockene
Verbände können zur verzögerten Wundheilung führen. Altersbedingte Systemische
Erkrankungen wie Lebererkrankungen, Hyperadrenokortizismus, Diabetes mellitus oder eine
Urämie verschlechtern ebenfalls die Heilungstendenz des Gewebes. Durch Schmutz,
nekrotisches Material, Nahtmaterial oder durch Implantate können hochgradige
Entzündungsreaktionen ausgelöst werden, welche die Wundheilung deutlich verzögern.
Wird die sekundäre Wundheilung gestört, kann es zur Granulationsgewebshyperplasie
kommen. Hierbei endet die Bildung von Granulationsgewebe nicht mit dem Auffüllen des
Defekts, sonder es entstehen wulstige Gebilde welche über die Oberfläche hinaus ragen. Die
Wucherung wird selten von Epithel bedeckt, statt dessen wandelt sie sich zu festem
Narbengewebe.
Beim Kleintier kommt es auch gelegentlich zur Hypoplasie des Granulationsgewebes. Sie
entsteht durch Störung der Granulationsgewebsreifung, wodurch auch die spätere
Epithelisierung verhindert wird. Die Therapie richtet sich hier in erster Linie auf eine
Kräftigung des Allgemeinzustandes des Patienten.
Durch Schrumpfung des Narbengewebes kommt es zur Narbenkontraktur welche an
Gliedmaßen, Muskeln und Sehnen zu Stellungsanomalien und Fehlfunktionen kommen.
Als letzte Form der gestörten Wundheilung ist das Narbenkeloid zu nennen, welches eine
strangförmige Bindegewebswucherung ist und durch chemische und mechanische Einflüsse
entsteht.
Prognose
Voraussichtlich wird es zu einer Abheilung der Wunden mit anschließender Narbenbildung
kommen. Durch die Narben wird vermutlich keine Einschränkung der Funktionsfähigkeit
zustande kommen, so dass sie lediglich ein kosmetisches Problem darstellen. Eine Infektion
mit dem Tollwut-Virus ist eher unwahrscheinlich, da der Patient regelmäßig und vollständig
geimpft ist.
Zugehörige Unterlagen
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