Prof. Dr. Burkhard Wilking

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Burkhard Wilking
„Ich verbinde auf neuartige Weise algebraische Methoden mit geometrischer Intuition. Dadurch
versuche ich, bei geometrischen Objekten vom lokalen auf das globale Aussehen zu schließen.“
Meine Damen und Herren,
der mit 38 Jahren jüngste Preisträger in diesem Jahr ist der Mathematiker Burkhard Wilking. Genauer
gesagt ist er „Differentialgeometer“, so wie Grigori Perelman, der berühmte Star, oder besser AntiStar, der heutigen Mathematik.
Und hier möchte ich Ihnen das Urteil eines internationalen Gutachters über Burkhard Wilking nicht
vorenthalten: „In fact, with the exception of Perelman, I can think of no geometer of any generation
whose work over the same period of time has been clearly stronger.“
Nun, was forscht ein „Differentialgeometer“?
Viele Grundlagen der Differentialgeometrie gehen zurück auf Gauß und seine Arbeiten zur Geodäsie
und Kartografie.
Damals ging es darum: Wie verhalten sich dreidimensional gekrümmte Flächen auf der
Kugeloberfläche der Erde zu ihren Abbildungen als zweidimensionale Flächen einer Karte? Wie
gehen diese Flächen stetig in einander über, sind also differenzierbar?
Jahrzehnte später fand Bernhard Riemann, einst Student von Gauß, mit seiner „Riemannschen
Geometrie“ die geeignete Sprache, um solche „nichteuklidischen“ Geometrien mit gekrümmten
Oberflächen von einem allgemeineren Standpunkt aus zu beschreiben und zu studieren.
Hier kommt der Begriff „Mannigfaltigkeiten“ ins Spiel, mit denen sich Burkhard Wilking intensiv
beschäftigt: Dies sind geometrische Objekte auch höherer Dimension, die lokal gleich aussehen,
global aber ganz verschieden sein können.
Burkhard Wilking beschreibt dies selbst so: „Unter zweidimensionalen Riemannschen Mannigfaltigkeiten kann man sich am besten glatte Oberflächen von Körpern vorstellen: die Oberfläche einer
Kugel, eines Eis, eines Rettungsringes [...].
Mannigfaltigkeiten kann man in beliebigen Dimensionen definieren[...]. Betrachtet man zum Beispiel
alle denkbaren Positionen eines Löffels im dreidimensionalen euklidischen Raum, so bildet diese
Menge in natürlicher Weise eine sechsdimensionale Riemannsche Mannigfaltigkeit, da man genau
sechs Freiheitsgrade hat, die Position eines Löffels zu verändern.“
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Deutsche Forschungsgemeinschaft, Leibniz-Preis Laudationes 2009
Die Riemannsche Geometrie hat ungeahnte Anwendungsmöglichkeiten, bildete sie doch den
mathematischen Ausgangspunkt und Rahmen für Albert Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie und
damit für unser modernes Verständnis von Raum, Zeit und Materie.
Ohne die Riemannsche Geometrie wäre etwa auch die GPS-basierte, zentimetergenaue Steuerung
des kürzlich gestarteten Forschungssatelliten GOCE, der das Schwerefeld der Erde mit bislang
unerreichter Präzision vermessen soll, nicht denkbar.
Burkhard Wilking ist ein brillanter Mathematiker mit einem tiefgehenden Verständnis geometrischer
Eigenschaften von Mannigfaltigkeiten.
Sowohl auf dem Gebiet der Klassifikation Riemannscher Mannigfaltigkeiten positiver Krümmung als
auch im Bereich der Konvergenz des Ricci-Flusses – wirklich sehr vereinfacht gesagt einer Art
zeitabhängiger Deformation von Mannigfaltigkeiten – sind ihm spektakuläre und wegweisende
Durchbrüche gelungen, zum Teil gemeinsam mit seinem Kollegen Christoph Böhm.
Nach einem Studium der Mathematik promovierte Burkhard Wilking 1998 an der Universität in
Münster. Als „Postdoc“ war er an der University of Pennsylvania, zunächst als „Lecturer“, dann als
DFG-Stipendiat und „Assistant Professor“, bevor er 2002 dort „Full Professor“ wurde. Im August 2002
folgte er einem Ruf zurück nach Münster – an einen Ort, der vor allem in der Mathematik LeibnizPreise wohl geradezu anzieht.
Lieber Herr Wilking, ich hoffe nun sehr, dass Sie – anders als Grigori Perelman bei der Fields-Medaille
und dem Clay-Preis – dass Sie sich nun den Leibniz-Preis auch wirklich übergeben lassen.
Ich gratuliere Ihnen sehr herzlich!
Deutsche Forschungsgemeinschaft, Leibniz-Preis Laudationes 2009
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