DER BETRIEB DER BETRIEB ´ Heft 45 vom 8. 11. 2002 Betriebswirtschaft | 2337 Heft 45 vom 8. 11. 2002 I 55. Jahrgang Arbeitskreis Externe Unternehmensrechnung der Schmalenbach-Gesellschaft, Köln Grundsätze für das Value Reporting I. Einleitung III. Anwendungsbereich Die folgenden Grundsätze für das Value Reporting betreffen die Bereitstellung von Informationen, die über die Pflichtberichterstattung hinausgehen. Sie dienen dem Ziel, dem Investor eine verbesserte Einschätzung des Unternehmenswerts zu ermöglichen. Dementsprechend soll das Value Reporting dazu beitragen, Differenzen zwischen dem bilanziellen Eigenkapital, der Börsenkapitalisierung sowie dem Unternehmenswert aus Sicht des Managements zu erklären. Das Value Reporting trägt insofern zu einer Verbesserung der Kapitalmarkteffizienz durch eine Verringerung der Informationsasymmetrien zwischen Management und Investoren bei. Investoren sollen durch das Value Reporting in die Lage versetzt werden, ihre Investitionsentscheidungen auf Basis fundierter Unternehmensinformationen zu treffen. Auch aus Sicht des berichtenden Unternehmens soll das Value Reporting insofern positive ökonomische Effekte auslösen, als es einen Beitrag zur Unternehmenswertsteigerung leistet. Eine verbesserte Transparenz der Unternehmensentwicklung und die damit verbundene Verringerung der Unsicherheit von Prognosen sollte die Kapitalgeber dazu veranlassen, ihre geforderten Risikoprämien für die Kapitalbereitstellung zu senken. Die aus der zusätzlichen Informationsbereitstellung resultierende Verbesserung der Kapitalmarkterwartungen führt dann zu einer Verringerung der Kapitalkosten für das berichtende Unternehmen. Das Value Reporting kann grundsätzlich im Rahmen aller Informationsinstrumente des Unternehmens, wie beispielsweise Geschäfts- oder Quartalsberichte, Analysten- und Presseinformationen, ad hoc-Mitteilungen oder eine Internet-basierte Informationsbereitstellung, erfolgen. Der Anwendungsbereich der hier formulierten Grundsätze für das Value Reporting betrifft schwerpunktmäûig die regelmäûige Jahresberichterstattung in Form des veröffentlichten Geschäftsberichts. Eine entsprechende Anwendung auf veröffentlichte Zwischenberichte kann unter Berücksichtigung der Besonderheiten einer unterjährigen Berichterstattung erfolgen. Zwischenberichte können im Rahmen des Value Reporting beispielsweise Aktualisierungen von Prognoseaussagen aus dem Geschäftsbericht für das vorangegangene Geschäftsjahr enthalten. Die Grundsätze beziehen sich auf den veröffentlichten Geschäftsbericht kapitalmarktorientierter Mutterunternehmen. Kapitalmarktorientierte Einzelunternehmen sollten die Grundsätze analog anwenden. Nicht kapitalmarktorientierte Mutterunternehmen, die freiwillig unternehmenswertrelevante Informationen veröffentlichen, sollen sich ebenfalls an diesen Grundsätzen orientieren. Das Value Reporting hat Restriktionen zu beachten, die sich aus dem angewendeten Rechnungslegungsstandard und sonstigen für das berichtende Unternehmen relevanten börsen- oder haftungsrechtlichen Vorschriften ergeben. Unternehmen, die ihre Konzernabschlüsse unter Berücksichtigung der US-GAAP sowie zusätzlicher Regelungen der US-amerikanischen Börsenaufsicht offen legen, dürfen ± zumindest im Rahmen der ¹offiziellenª Publizität ± bestimmte Angaben nicht machen; so ist die Veröffentlichung eines Cash Flow je Aktie gem. FAS 95 grundsätzlich nicht zulässig. Darüber hinaus können Informationen aufgrund bestehender landesrechtlicher Haftungsvorschriften (z. B. im Zusammenhang mit der Prospekthaftung) sensibel sein. In derartigen Fällen muss auf die Angabe von Informationen verzichtet werden, auch wenn sie für die wertorientierte Berichterstattung von Bedeutung sind. II. Empfehlungscharakter und Rahmenkonzept der Grundsätze Die Grundsätze für das Value Reporting dienen der Schaffung eines einheitlichen Rahmens für die wertorientierte externe Berichterstattung. Sie haben Empfehlungscharakter. Damit beziehen sie sich nicht auf wertorientierte Informationen, die ± in Abhängigkeit vom angewendeten Rechnungslegungsstandard ± Bestandteil der Pflichtpublizität des Unternehmens sind (z. B. Gewinn- und Verlustrechnung, Kapitalflussrechnung oder Segmentberichterstattung). Vielmehr beziehen sich die Grundsätze auf freiwillige wertorientierte Zusatzinformationen, die über das ¹Financial Reportingª, d. h. die kodifizierte Berichterstattung des Unternehmens hinausgehen. Die Grundsätze sollen ein Rahmenkonzept für die wertorientierte Berichterstattung für Unternehmen bieten, welche freiwilligen Informationen in welcher Form aufbereitet werden sollten. Es soll, neben der besseren Auffindbarkeit der Daten, durch die Anwendung einer ¹gemeinsamen Spracheª gleichzeitig die Basis für eine zwischenbetriebliche und zeitliche Vergleichbarkeit liefern. Allerdings wird die Forderung nach einer zwischenbetrieblichen Vergleichbarkeit durch die hier empfohlene Anwendung des Management Approach relativiert. Nach dem Management Approach orientiert sich das (externe) Value Reporting eines Unternehmens am internen Steuerungssystem. Die berichteten Informationen sind für die externen Informationsadressaten transparent und nachvollziehbar darzustellen. Dabei ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten. Er bedeutet, dass die dem berichtenden Unternehmen entstehenden Kosten für die Informationsgewinnung und Informationsbereitstellung in einem angemessenen Verhältnis zum Informationsnutzen aus Sicht der Informationsadressaten stehen sollten. IV. Relevanz historischer Daten Das Value Reporting soll Informationen über Sachverhalte bereitstellen, die aus Sicht des berichtenden Unternehmens Einfluss auf die Höhe des Unternehmenswerts haben. Die Einschätzung Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg Baetge, Universität Münster; Prof. Dr. Dr. h. c. Wolfgang Ballwieser, Universität München; Dr. Hans-Georg Bruns, IASB; Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Walther Busse von Colbe, Universität Bochum; Prof. Dr. Dr. h. c. Adolf Gerhard Coenenberg, Universität Augsburg; Josef Dinger, Fresenius Medical Care AG; Klaus M. Geiger, Deutscher Investment-Trust Gesellschaft für Wertpapieranlagen mbH; Prof. Dr. Axel Haller, Universität Linz; Dr. Christoph Hütten, SAP AG; Jürgen Johnen, Deutsche Telekom AG; Robert Köthner, DaimlerChrysler AG; Friedhelm Lotz, Volkswagen AG; Albrecht Metze, Hapag-Lloyd AG; Jochen Pape, PwC Deutsche Revision AG; Prof. Dr. Bernhard Pellens, Universität Bochum; Harald Sachs, METRO AG; Dr. Matthias Schmidt, Henkel KGaA; Jürgen Schwitters, Schering AG; Prof. Dr. Klaus Stolberg, KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft AG; Dr. Heinz-Jürgen Telkamp, RWE AG; Peter Urban, ThyssenKrupp AG; Bernd Vogt, Siemens AG; Heike Westkamp, ThyssenKrupp AG; Michael C. Wilhelm, E.ON AG; Prof. Dr. Dr. h. c. Klaus v. Wysocki, Berlin. 2338 | Betriebswirtschaft des Unternehmenswerts erfordert einen Zukunftsbezug der wertorientierten Berichterstattung. Angaben zu Planwerten, die über die Anforderungen einer kodifizierten Berichterstattung hinausgehen, werden hier jedoch nicht verlangt. Die Prognosefunktion des Value Reporting im hier verstandenen Sinn zielt vielmehr darauf ab, vergangenheitsbezogene Informationen im Rahmen der wertorientierten Berichterstattung so aufzubereiten, dass sie als Basis für Zukunftsprognosen geeignet sind. Darüber hinaus sollen Vergangenheitsinformationen eine Einschätzung von in der Vergangenheit getroffenen qualitativen oder quantitativen Prognoseaussagen ermöglichen. Dem Value Reporting kommt somit auch eine Kontrollfunktion zu. V. Inhalte des Value Reporting 1. Bereiche des Value Reporting Im Folgenden werden drei Bereiche des Value Reporting unterschieden: 1. Kapitalmarktorientierte Daten (vgl. Abschn. V.2.), 2. Informationen über nicht bilanzierte Werte des Unternehmens (vgl. Abschn. V.3.), 3. Informationen über Strategie und Performance des Unternehmens (vgl. Abschn. V.4.). Der Inhalt der drei Bereiche wird jeweils durch zu berichtende Sachverhalte beschrieben. Die Aufzählung der Sachverhalte ist keineswegs als abschlieûend zu betrachten. Unternehmensspezifische Besonderheiten können einerseits dazu führen, dass Sachverhalte im Einzelfall nicht wertrelevant sind und damit auch nicht Teil des Value Reporting des betreffenden Unternehmens werden. Andererseits ist es auch denkbar, dass hier nicht genannte Informationen aus Sicht des berichtenden Unternehmens von so wesentlicher Bedeutung sind, dass eine Berichterstattung im Rahmen des Value Reporting angezeigt erscheint. 2. Kapitalmarktorientierte Daten Kapitalmarktorientierte Daten sollen es ermöglichen, die Wertentwicklung der Aktie des betrachteten Unternehmens zu beurteilen. Hierzu gehören Informationen, die auch häufig von Finanzanalysten und anderen Kapitalmarktteilnehmern berücksichtigt werden, um eine Marktbewertung vorzunehmen sowie die Chancen und Risiken eines Aktieninvestments zu beschreiben: a) Marktbewertung Börsenkapitalisierung: Die Börsenkapitalisierung entspricht dem Produkt aus Aktienkurs und der gesamten Aktienanzahl. Da die Börsenkapitalisierung auf den aktuellen Aktienkurs abstellt, unterliegt sie im Zeitablauf i. d. R. ständigen Veränderungen. Sie kann mittelfristig ± sofern die Aktie über einen ausreichenden free float verfügt ± als erster Indikator für den Marktwert des Eigenkapitals eines Unternehmens verwendet werden, der mit dem Buchwert des Eigenkapitals verglichen werden kann. Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV): Das KGV entspricht dem Quotienten aus Aktienkurs und Gewinn je Aktie und verdeutlicht somit, mit dem Wievielfachen des Jahresgewinns eine Aktie an der Börse bewertet ist. Bei einem relativ hohen KGV wird eine Aktie i. d. R. als ¹teuerª, bei einem relativ niedrigen KGV i. d. R. als ¹günstigª angesehen. Die Beurteilung des KGV muss jedoch auch andere Faktoren, wie z. B. das relevante Börsensegment, die Branchenzugehörigkeit des Unternehmens oder regionale Besonderheiten berücksichtigen. Das KGV kann im Fall eines Jahresfehlbetrags nicht sinnvoll errechnet werden. Andere branchenspezifische Multiplikatoren: Multiplikatoren, d. h. unter Zuhilfenahme einer ökonomischen Variablen ± z. B. EBIT, EBITDA oder Umsatz ± ermittelte Marktpreise vergleichbarer Unternehmen, können für die vereinfachte Bestimmung des erwarteten Marktpreises eines Unternehmens verwendet DER BETRIEB ´ Heft 45 vom 8. 11. 2002 werden. Der erwartete Marktpreis entspricht hierbei dem Produkt aus Multiplikator und dem Betrag der Normierungsvariable des zu bewertenden Unternehmens. Es sollten Angaben über die für das Unternehmen relevanten branchenspezifischen Multiplikatoren erfolgen. b) Chancen-Risiko-Profil Kurz- und langfristige Aktienrendite: Die Aktienrendite entspricht dem Quotienten aus Gewinn (Verlust) einer Aktienanlage und dem Kapitaleinsatz. Relative Performance: Relative Performance der Aktie, d. h. Darstellung der Aktienperformance im Vergleich zur Entwicklung repräsentativer Aktienindizes (Index-Performance) für einen bestimmten Betrachtungszeitraum. Positive Werte der relativen Performance für eine Aktie zeigen an, dass im Betrachtungszeitraum die Aktienperformance höher war als die Index-Performance. Aktienumsatz: Der Aktienumsatz kann als Indikator für die Liquidität und Transaktionsfähigkeit der Aktie verwendet werden. Tendenziell lässt sich sagen: Je höher die Liquidität einer Aktie, desto geringer ist die von den Aktionären erwartete Rendite und desto geringer sind die (Eigen-) Kapitalkosten für das Unternehmen. Anteilseignerstruktur: Bei einem Unternehmen mit relativ geringem Streubesitz der Aktien ist es wahrscheinlich, dass die Aktien wenig liquide und Transaktionen somit vergleichsweise teuer und zeitaufwändig sind. Dies kann zu erhöhten Renditeanforderungen der Eigenkapitalgeber und damit zu höheren Kapitalkosten für das Unternehmen führen. Jahreshöchst-/Jahrestiefstkurs: Die Angaben können Anhaltspunkte für die Volatilität des Aktienkurses liefern. Beta-Faktor: Der Beta-Faktor gibt die Sensitivität des Aktienkurses des Unternehmens im Hinblick auf die Veränderung eines Index-Kurses (z. B. DAX-Kurs) an und kann insofern als Indikator für das Risiko der Aktie im Vergleich zum Gesamtaktienmarkt verwendet werden. 3. Informationen über nicht bilanzierte Werte des Unternehmens Die Bewertung der in der Bilanz ausgewiesenen Vermögenswerte und Schulden unterliegt grundsätzlich dem Anschaffungskostenprinzip. Das bilanzielle Eigenkapital, d. h. der Überschuss der zu historischen Anschaffungskosten bilanzierten Vermögenswerte über die Schulden, unterscheidet sich jedoch vom Gesamtwert des Unternehmens u. a. durch stille Reserven bzw. Lasten, die die Darstellung der tatsächlichen Vermögens- und Schuldenlage des Unternehmens beeinträchtigen können. Um eine Annäherung des Buchwerts des Unternehmens an den Unternehmenswert zu ermöglichen, soll das Value Reporting möglichst Angaben zu den Marktwerten der Vermögenswerte und Schulden enthalten, die ± auf Grundlage des angewendeten Rechnungslegungsstandards ± nicht bereits zum beizulegenden Zeitwert (fair value) in der Bilanz angesetzt werden. Darüber hinaus unterscheidet sich das bilanzielle Eigenkapital vom Gesamtwert des Unternehmens u. a. durch die Nicht-Bilanzierung selbsterstellter immaterieller Vermögenswerte, die die Kriterien des jeweils angewendeten Rechnungslegungsstandards für die Bilanzierung eines Vermögenswerts nicht erfüllen oder aufgrund spezieller Verbote nicht aktiviert werden dürfen. Unabhängig von der Bilanzierungsfähigkeit können sie jedoch ein wichtiges zukünftiges Erfolgspotenzial für das Unternehmen darstellen. Nicht bilanzierte immaterielle Vermögenswerte sind Bestandteil des sog. ¹Intellectual Capitalª. Die folgenden Beispiele orientieren sich an der vom Arbeitskreis ¹Immaterielle Werte im Rechnungswesenª der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e. V. entwickelten Kategorisierung für immaterielle Werte: DER BETRIEB ´ Heft 45 vom 8. 11. 2002 Innovation Capital, d. h. immaterielle Werte im Bereich der Produkt-, Dienstleistungs- und Verfahrensinnovation des Unternehmens (z. B. Patente), Human Capital, d. h. immaterielle Werte im Personalbereich des Unternehmens (z. B. Aus- und Weiterbildung, Management), Customer Capital, d. h. immaterielle Werte im Absatzbereich des Unternehmens (z. B. Kundenstamm, Marktanteile), Supplier Capital, d. h. immaterielle Werte im Beschaffungsbereich des Unternehmens (z. B. Beschaffungsverträge), Investor Capital, d. h. immaterielle Werte im Finanzbereich des Unternehmens (z. B. Kredit-Rating), Process Capital, d. h. immaterielle Werte im Organisationsbereich des Unternehmens (z. B. Vertriebsnetz, Qualitätssicherung), Location Capital, d. h. immaterielle Werte, die aus dem Standort des Unternehmens resultieren (z. B. Infrastruktur). Die zuvor genannten Kategorien immaterieller Vermögenswerte verursachen im Einzelfall erhebliche Quantifizierungsprobleme. Aus diesem Grund können auch qualitative Aussagen sachgerecht sein. Darüber hinaus sollen grundsätzlich im Rahmen des Value Reporting nur die Kategorien angesprochen werden, die aus Sicht des berichtenden Unternehmens relevant sind; quantitative oder qualitative Angaben zu Patenten als Teil des Innovation Capital sind beispielsweise im Fall eines Pharmaunternehmens als relevant anzusehen. Zu den nicht bilanzierten stillen Lasten sind in analoger Weise Angaben zu machen (z. B. Erläuterung der Auswirkungen von versicherungsmathematischen Gewinnen/Verlusten aus der Bewertung von Pensionsrückstellungen und Off-Balance-Finanzierungen). 4. Informationen über Strategie und Performance des Unternehmens Anhand von Kennzahlen des Rechnungswesens sollen Informationen über die Ergebnis- und Finanzlage des Unternehmens sowie die Wertschaffung in der abgelaufenen Berichtsperiode geboten werden. Diesen vergangenheitsorientierten Informationen kommt aus Sicht der Investoren insofern eine wichtige Bedeutung zu, als sie die Grundlage für die Abschätzung der zukünftigen Unternehmensentwicklung bilden. Darüber hinaus wird hierdurch die Möglichkeit geschaffen, frühere Prognosen durch Gegenüberstellung mit den entsprechenden Ist-Daten zu kontrollieren und ggf. Planrevisionen vorzunehmen. Hierzu gehören z. B. folgende Informationen: Grundvoraussetzung für die Beurteilung der unternehmensintern verwendeten Kennzahlen ist die Kenntnis des unternehmensintern eingesetzten Steuerungssystems. Dieses ist im Rahmen des Value Reporting darzustellen und zu erläutern. Dies umfasst auch: Angabe der Höhe und Darstellung der Ermittlung der Kapitalkosten des Gesamtunternehmens und der Segmente, d. h. der Renditeanforderungen der Eigen- und Fremdkapitalgeber als Vergleichsgröûe zur erreichten Kapitalrentabilität, Angabe der Höhe und Darstellung der Ermittlung der erreichten Kapitalrentabilität (einschlieûlich Angaben zu Zielrenditen), Angabe der Höhe und Darstellung der Ermittlung der intern verwendeten Kennzahl zur Beurteilung der Wertschaffung/Wertvernichtung des Unternehmens (z. B. Wertbeitrag definiert als Produkt aus eingesetztem Kapital und Differenz zwischen erreichter Kapitalrentabilität und Kapitalkosten). Auch hier wird die Angabe von Zielwerten empfohlen. Um eine Beurteilung der Ertrags- und Finanzlage des Unternehmens vornehmen zu können, sollte neben der i. d. R. durch den verwendeten Rechnungslegungsstandard ohnehin vorgeschriebenen segmentbezogenen Ergebniskommentierung auf Basis der unternehmensintern verwendeten Ergebniskennzahl (z. B. Ergebnis vor Steuern (EBT), EBT vor Zinsen (EBIT), EBIT vor Abschreibungen (EBITDA) oder operating income) eine Angabe und Erläuterung von Sonderein- Betriebswirtschaft | 2339 flüssen aus Sicht des Managements, die im gewöhnlichen Ergebnis gemäû Gewinn- und Verlustrechnung enthalten sind, erfolgen. Ferner hat die Angabe einer Überleitungsrechnung von den Ergebnisgröûen gemäû Gewinn- und Verlustrechnung zur ggf. unternehmensintern abweichend hiervon definierten Ergebnisgröûe zu erfolgen, um Transparenz zu schaffen. Die Angabe der Höhe des Free Cash Flow (z. B. Summe aus Cash Flow aus laufender Geschäftstätigkeit und Cash Flow aus Investitionstätigkeit gemäû offengelegter Kapitalflussrechnung) sowie die Erläuterung seiner Komponenten sollte erfolgen, um Rückschlüsse auf die finanzielle Leistungsfähigkeit des Unternehmens vornehmen zu können. Darüber hinaus sollen auch ergänzende ± grundsätzlich nicht oder nur schwer quantifizierbare ± Informationen für die Einschätzung des Unternehmenswerts erfolgen. Hierzu gehören z. B.: Beschreibung der Stärken/Schwächen des Unternehmens, Beschreibung der Strategie des Unternehmens, Einschätzungen des Managements zur zukünftigen Entwicklung des Unternehmens, Marktumfeld und Wettbewerbsanalyse. VI. Allgemeine Grundsätze für das Value Reporting 1. Management Approach Das Value Reporting soll sich inhaltlich an der unternehmensinternen Berichterstattung orientieren. Dieser Grundsatz soll gewährleisten, dass das berichtende Unternehmen Informationen bereitstellt, die auch unternehmensintern vom Management für die Unternehmenssteuerung verwendet werden (Management Approach). Auf diese Weise sollen die Informationsunterschiede zwischen Management und Informationsadressaten vermindert werden. Die Informationsadressaten können sich zudem ein Bild darüber verschaffen, nach welchen Kriterien das Unternehmen geführt wird. Es ist auch als zulässig anzusehen, zusätzliche vom Management Approach abweichende Informationen zu geben, wenn dies für die Einschätzung des Unternehmenswerts oder die Vergleichbarkeit nützlich ist. Die Abweichungen sind anzugeben und die Gründe hierfür zu erläutern. 2. Klarheit Die Informationen zum Value Reporting müssen klar und nachvollziehbar sein. Hierzu gehört beispielsweise im Hinblick auf zukunftsbezogene Aussagen die Offenlegung zugrundeliegender Annahmen, damit sich die Informationsadressaten selbst ein Bild von der Plausibilität der Prämissen machen können. Gleichzeitig verbessert die Offenlegung der Prämissen die zwischenbetriebliche Vergleichbarkeit von Prognoseaussagen. Die Ermittlung der verwendeten Berichtsgröûen ist für die Informationsadressaten nachvollziehbar darzustellen und zu erläutern. Wird z. B. über das eingesetzte Wertbeitragskonzept berichtet, entspricht es dem Grundsatz der Klarheit, wenn die einzelnen Komponenten des Konzepts (Kapitalkosten, Renditekennzahl, verzinsliches Kapital etc.) detailliert erläutert werden. Sofern Schätzungen erforderlich sind, sollen die Schätzverfahren beschrieben und ggf. Bandbreiten der Schätzungen angegeben werden. Quantifizierbare Berichtsgröûen sind ± soweit möglich ± im Rahmen einer entsprechenden Rechnung auf die offenzulegenden Rechnungslegungszahlen überzuleiten. 3. Vergleichbarkeit Die im Rahmen des Value Reporting gegebenen Informationen sollen sachlich, zeitlich und formal vergleichbar sein. Aufgrund des Management Approach (vgl. Abschn. VI.1.) ist die Herstel- 2340 | Betriebswirtschaft lung einer zwischenbetrieblichen Vergleichbarkeit nicht Gegenstand des Vergleichbarkeitsgrundsatzes. Der Vergleichbarkeitsgrundsatz verlangt, dass im Rahmen des Value Reporting berichtete Informationsinhalte im Zeitablauf vergleichbar definiert sind. Beispielsweise sollte der Zeitraum für Aktienrenditeberechnungen nach einheitlichen Kriterien und damit willkürfrei abgegrenzt sein. In Vorperioden berichtete Informationsinhalte sollen darüber hinaus im Zeitablauf beibehalten werden. Um aussagefähige Zeitreihenvergleiche zu ermöglichen, sollen quantifizierte wertorientierte Informationen möglichst eine Mehrperioden-Darstellung umfassen. Die Mehrperioden-Darstellung soll mindestens die durch den angewendeten Rechnungslegungsstandard verlangten Vergleichsperioden umfassen. Darstellungen von qualitativen Angaben, die mehrere Berichtsperioden betreffen, sind im Fall von Vergleichsstörungen analog zur zuvor behandelten Vorgehensweise ebenfalls rückwirkend anzupassen. Formal soll die Berichterstattung im Hinblick auf die Systematik und die Darstellungsform grundsätzlich unverändert fortgeführt werden. Wird aus wichtigem Grund in Ausnahmefällen vom Vergleichbarkeitsgrundsatz abgewichen, so sind die Vergleichsstörungen zu erläutern und zu begründen. 4. Ausgewogenheit Das Value Reporting soll eine ausgewogene Darstellung der Chancen und Risiken des berichtenden Unternehmens gewährleisten. Der Grundsatz der ausgewogenen Information verlangt, dass Informationen über negative Sachverhalte und Entwicklungen genauso zu gewichten sind wie Informationen über positive Sachverhalte und Entwicklungen. Hierdurch soll verhindert werden, dass die Informationsadressaten durch zu optimistische oder zu pessimistische Darstellungen der berichtenden Unternehmen in ihren Anlageentscheidungen beeinträchtigt werden. Dies gilt insbesondere auch für die Erläuterung von Sondereinflüssen aus Sicht des Management, die im gewöhnlichen Ergebnis laut Gewinn- und Verlustrechnung enthalten sind (vgl. Abschn. V.4.). Aus einer Bandbreite möglicher Werte oder Entwicklungen kann die Angabe von Erwartungswerten nützlich sein. Davon abweichende pessimistischere oder optimistischere Szenarien können durch zusätzliche Rechnungen und/oder Erläuterungen verdeutlicht werden. 5. Segmentierung Das Value Reporting soll nicht nur das Gesamtunternehmen bzw. den Gesamtkonzern betreffen, sondern insbesondere auch segmentbezogene Informationen bereitstellen. Der Grundsatz sieht vor, dass diversifizierte Unternehmen und Konzerne wertorientierte Informationen in segmentierter Form geben sollen. Die Segmentabgrenzung soll sich an der Segmentberichterstattung gemäû angewendetem Rechnungslegungsstandard orientieren. Im Einzelfall kann es hierdurch ± in Abhängigkeit von den Vorgaben des angewendeten Rechnungslegungsstandards ± zu einem Abweichen vom Management Approach (vgl. Abschn. VI.1.) kommen. 6. Regelmäûigkeit Die hier formulierten Grundsätze für das Value Reporting betreffen die regelmäûige Jahresberichterstattung in Form des veröffentlichten Geschäftsberichts. Unternehmen, die wertorientierte Informationen über Zwischen-/Quartalsberichte oder andere Instrumente der externen Berichterstattung zur Verfügung stellen, sollen die Grundsätze für das Value Reporting analog anwenden. DER BETRIEB ´ Heft 45 vom 8. 11. 2002 7. Prüfung Das Value Reporting kann entweder in den nicht prüfungspflichtigen Teil des veröffentlichten Konzern-Geschäftsberichts, d. h. auûerhalb von Konzern-Lagebericht und Konzern-Jahresabschluss einschlieûlich Konzern-Anhang, oder in den KonzernLagebericht aufgenommen werden. Die Prüfung der (freiwilligen) Angaben zur wertorientierten Berichterstattung durch den Abschlussprüfer führt grundsätzlich zu einer erhöhten Glaubwürdigkeit der gegebenen Informationen und ergänzt insofern insbesondere den Grundsatz der Klarheit (vgl. Abschn. VI. 2.). Es wird daher empfohlen, die wertorientierte Berichterstattung in den prüfungspflichtigen Lagebericht zu integrieren. Angaben im Lagebericht unterliegen der Prüfung nach § 317 Abs. 2 HGB, d. h., dass die zum Value Reporting gemachten Angaben mit denen bei der Prüfung gewonnenen Erkenntnissen des Abschlussprüfers im Einklang stehen müssen und der Lagebericht insgesamt eine zutreffende Vorstellung von der Lage des Unternehmens vermittelt. Insgesamt dürfen die zu Value Reporting gemachten Angaben nicht dazu führen, dass der Grundsatz der Lageberichterstattung verletzt wird. Erfolgt das Value Reporting in dem nicht prüfungspflichtigen Teil des veröffentlichten KonzernGeschäftsberichts, besteht grundsätzlich keine Prüfungspflicht für diese Informationen. Im Rahmen der Abschlussprüfung hat der Prüfer jedoch die in dem nicht prüfungspflichtigen Teil enthaltenen Informationen kritisch zu lesen. Stellt der Abschlussprüfer Unstimmigkeiten zwischen diesen Informationen und dem Jahresabschluss oder Lagebericht fest, hat er zu beurteilen, inwieweit Jahresabschluss, Lagebericht oder die betreffenden Informationen in dem nicht prüfungspflichtigen Teil änderungsbedürftig sind, ggfs. mit Konsequenzen für den Bestätigungsvermerk oder für die Berichterstattung im Prüfungsbericht. Aufgrund eines getrennten Auftrags können in entsprechender Anwendung die Grundsätze über eine prüferische Durchsicht und Bescheinigungen zum Tragen kommen (vgl. IDW PS 900: Grundsätze für die prüferische Durchsicht von Abschlüssen). Diesen Grundsätzen entsprechend kann eine auf Grundlage der prüferischen Durchsicht negativ formulierte Aussage des Wirtschaftsprüfers in einer Bescheinigung, die veröffentlicht werden sollte, gegeben werden. Diese Aussage beinhaltet vereinfacht gesprochen, dass dem Wirtschaftsprüfer aufgrund der prüferischen Durchsicht keine Sachverhalte bekannt geworden sind, die gegen die Richtigkeit der gegebenen Informationen sprechen. Unabhängig davon, ob eine Prüfung oder prüferische Durchsicht erfolgt, können sich Prüfungshemmnisse ergeben, d. h. das Value Reporting kann insgesamt oder in Teilen nicht mit hinreichender Sicherheit beurteilt werden, da die den Angaben zugrunde liegenden Sachverhalte sich einer Prüfung entziehen. VII. Zusammenfassung Die wertorientierte Kommunikation der Unternehmen mit ihrer Umwelt führt nach Auffassung des Arbeitskreises Externe Unternehmensrechnung zur Verbesserung der Finanzberichterstattung, wenn sie bestimmten Regeln folgt. Die vom Arbeitskreis als Empfehlungen formulierten Grundsätze für das Value Reporting dienen der Schaffung eines einheitlichen Rahmens für die wertorientierte externe Berichterstattung. Ausgehend vom Management Approach werden die Bereiche des Value Reporting in Informationen über Kapitalmarktreaktionen, Informationen über nicht bilanzierte Werte des Unternehmens und Informationen über Strategie und Performance des Unternehmens unterteilt. Im Rahmen allgemeiner Grundsätze werden neben dem Management Approach Erfordernisse hinsichtlich Klarheit, Vergleichbarkeit, Ausgewogenheit, Segmentierung, Regelmäûigkeit und Prüfung des Value Reporting erläutert.