Marktkommentar

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6. September 2017
Vontobel Asset Management
Marktkommentar
Die Schweiz hat den «Frankenschock» überwunden
Christophe Bernard, Vontobel-Chefstratege
Im Januar 2015 brannte sich der sogenannte Frankenschock ins kollektive Gedächtnis der Schweiz ein. Damals konnte die Zentralbank ihr Versprechen, den Mindestkurs von 1.20 Franken pro Euro zu verteidigen, nicht
mehr länger einhalten. Der darauffolgende schlagartige
Anstieg der Schweizer Währung hatte das Potenzial, die
Wirtschaft des Landes massiv zu schädigen. Zweieinhalb
Jahre später scheint die Schweiz unbeschadet davongekommen zu sein.
Blicken wir zurück. Seit dem Ausbruch der grossen Finanzkrise in den Jahren 2007/2008 stand der Schweizerfranken permanent unter erheblichem Aufwertungsdruck.
Dafür gab es gute Gründe. Erstens hielten risikoscheue
Anleger infolge des erheblichen Stresses auf den globalen
Finanzmärkten und des systemischen Risikos in der Eurozone nach sicheren Häfen Ausschau. Zweitens wurde der
Schweizer Leistungsbilanzüberschuss nicht mehr dadurch
kompensiert, dass Schweizer Anleger im Ausland investierten. Mit anderen Worten: Es kam unter den Schweizer
Anlegern zu einem Meinungsumschwung, der sie davon
abhielt, Wechselkursrisiken einzugehen. Dies verstärkte
den Aufwertungsdruck zusätzlich. Drittens war der
Schweizerfranken bei Ausbruch der Finanzkrise erheblich
unterbewertet. Der Euro handelte 2007 zwischen 1.55
und 1.65 Schweizerfranken, derweil der faire Wert gemäss Kaufkraftparität (KKP) zu diesem Zeitpunkt auf rund
1.40 geschätzt wurde.
Um die Wirtschaft vor den negativen Folgen der Aufwertung des Schweizerfrankens zu bewahren, intervenierte
die Schweizerische Nationalbank (SNB) in grossem Stil.
Ihre Fremdwährungsreserven betrugen Ende Juli 2017
rund 700 Milliarden Schweizerfranken. Dies entspricht
rekordhohen 109 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP).
Zudem hat die SNB auf Einlagen, die von Geschäftsbanken bei ihr gehalten werden, einen Strafzins von -0.75
Prozent (ab einem formelbasierten Schwellenwert) eingeführt, um die Attraktivität des Schweizerfranken zu mindern.
Schweizer Flexibilität dämpft Währungsschock
Zehn Jahre nach dem Ausbruch der Finanzkrise hat sich
die Schweizer Wirtschaft bemerkenswert an das neue
Umfeld angepasst. Trotz der Aufgabe des SNBMindestkurses von 1.20 pro Euro im Januar 2015 konnte
eine Rezession vermieden werden. Das Wirtschaftswachstum in den vergangenen 18 Monaten war zwar
ziemlich flau. Gleichwohl verharrte die Arbeitslosenrate
auf niedrigem Niveau (aktuell 3.2 Prozent), und in Bezug
auf die Wettbewerbsfähigkeit konnte die Schweiz gemäss
der jüngsten Klassierung des World Economic Forum
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ihren Spitzenplatz vor Singapur und den USA behaupten.
All dies kam bemerkenswerterweise zustande, obwohl
das Ende des Bankgeheimnisses und die Annahme der
Masseneinwanderungsinitiative die «Stabilität» des
Schweizer Modells bedrohten. Mittlerweile haben die
Schweizer Banken ihre Geschäftsmodelle an die neue
internationale Regulierung angepasst. Die sogenannte
Masseneinwanderungsinitiative wurde zudem so verwässert umgesetzt, dass sie selbst in den Augen der Europäischen Union nicht gegen die sakrosankte Personenfreizügigkeit für EU-Bürger verstösst. Dieser Grundsatz ist eine
der Säulen, auf denen die bilateralen Verträge zwischen
der EU und der Schweiz beruhen.
In diesem Kontext – und da sich die Eurozone erholt und
die Weltwirtschaft Fahrt aufnimmt – erwarten wir, dass
die Schweizer Wirtschaft 2017 um 1.2 Prozent und 2018
um 1.7 Prozent wächst.
Franken nun schwächer aber langfristig stärker
Welche Entwicklung ist für den Schweizerfranken absehbar? Wir rechnen damit, dass sich die Währung in den
nächsten 18 bis 24 Monaten sukzessive in Richtung 1.20
zum Euro abschwächt. Erklären lässt sich dies mit der
abnehmenden Risikoaversion der Schweizer Anleger und
dem Festhalten der SNB am Negativzins, zumindest bis
die Europäische Zentralbank die Zinsen anhebt (was wir
im ersten Quartal 2019 erwarten). Bei 1.135 zum Euro ist
die Schweizer Währung nach wie vor übermässig stark.
Gemäss diversen KKP-Modellen liegt der faire Wert zwischen 1.20 und 1.30 (siehe Grafik 1).
Grafik 1: Schweizerfranken nach wie vor überbewertet,
doch nähert er sich dem fairen Wert
Schweizerfranken pro Euro
Quelle: Thomson Reuters Datastream, Vontobel Asset Management
Sollte die Instabilität der Eurozone erneut zunehmen,
könnte dies unser Szenario eines schwächeren Frankens
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infrage stellen. Ein «vernünftiger» Ausgang der bevorstehenden Parlamentswahlen in Italien bleibt eine zentrale
Voraussetzung.
Auf sehr lange Sicht gehört der Schweizerfranken auch
zukünftig zu den weltweit stärksten Währungen. Erklären
lässt sich dies mit dem strukturell hohen Leistungsbilanzüberschuss, der robusten Wirtschaft und den vorteilhaften Institutionen (2016 Haushaltsüberschuss von 0.6
Prozent des BIP, niedrige Staatsverschuldung von nur 45
Prozent des BIP) sowie der nachhaltig moderateren Inflation im Vergleich zu den Handelspartnern. Letzterer Faktor bewirkt, dass die Kaufkraftparität regelmässig zunimmt (siehe Grafik 2).
Moderate Übergewichtung riskanter Vermögenswerte
Ausserhalb der Schweiz nimmt die Wirtschaft auch weltweit Fahrt auf, was den Unternehmensgewinnen zugutekommt. Die Geldpolitik der Notenbanken bleibt derweil
grösstenteils expansiv. Leider begrenzen die hohen Bewertungen das Aufwärtspotenzial. Wir sind daher in riskanten Vermögenswerten nur moderat übergewichtet.
Grafik 2: Die Schweizer Währung ist strukturell stark
Schweizerfranken pro US-Dollar
Quelle: Thomson Reuters Datastream, Vontobel Asset Management
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