Kurzüberblick Störungen:

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Kurzüberblick Störungen:
DSM IV:
Störungen, die gewöhnlich erstmals im Kindes- oder Jugendalter diagnostiziert werden:

Kinder mit Trennungsangst haben übermäßige Angst vor der Trennung von Zuhause oder von den
Bezugspersonen

Kinder mit der Störung des Sozialverhaltens verletzen wiederholt soziale Regeln und Normen

Kinder mit Aufmerksamkeitsdefizit/- Hyperaktivitätsstörung haben Schwierigkeiten, aufmerksam zu
bleiben, und sind nicht Fähig, ihre Aktivitäten zu organisieren, wenn es die Situation erfordert

Kinder mit geistigen Behinderungen (Achse II) weisen eine unterdurchschnittliche intellektuelle
Leistungsfähigkeit und Defizite der gegenwärtigen sozialen Anpassungsfähigkeit auf

Zu den tiefgreifenden Entwicklungsstörungen gehört die autistische Störung, eine schwere Störung bei
der die Betroffenen Schwierigkeiten beim Erwerb von Kommunikation und Defizite in Beziehungen zu
anderen Manschen haben

Lernstörungen sind Verzögerungen im Erwerb von Sprach-, Lese- Rechen- und Schreibfertigkeiten
Substanzinduzierte Störungen:

Bei Störungen aufgrund von übermäßigem Alkoholkonsum, Opiaten, Kokain, Amphetaminen usw. hat
sich das Verhalten so geändert, dass die soziale und berufliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigt ist;

die Betroffenen können möglicherweise die Einnahme der Substanz nicht mehr kontrollieren oder
abbrechen;

ein Abbruch kann zu Entzugserscheinungen führen;

die Substanzen können auch andere Achse-I Störungen (mit-)verursachen
Schizophrenie:

Kontakt zur Realität beeinträchtigt , Sprache und Kommunikation sind gestört, und sie wechseln
übergangslos von einem Thema zum anderen, so dass sie schwer zu verstehen sind

Sie erleben häufig Wahnphänomene wie etwa die Überzeugung, dass ihr Gedanken nicht ihre eigenen
sind, sondern von außen eingegeben werden

Die Kranken werden von Halluzinationen gequält, insbesondere von Stimmen, die sie als von außerhalb
ihrer selbst kommend erleben

Ihre Emotionen sind abgeflacht, stumpf oder unangemessen. Ihre sozialen Beziehungen und ihre
Arbeitsleistungen sind deutlich abgesunken
Affektive Störungen:

Bei der Major Depression sind die Betroffenen tief betrübt und mutlos, nehmen häufig ab, sind
antriebslos, haben Suizidgedanken und quälen sich mit Selbstvorwürfen

Manische Menschen erscheinen übertrieben euphorisch, gereizt, übermäßig aktiv, ablenkbar und haben
ein unrealistisch hohes Selbstwertgefühl

Eine bipolare Störung wird diagnostiziert, wenn die Manie episodenhaft auftritt oder Manie und
Depression einander abwechseln
Angststörungen:

Phobie: große Furcht vor einem Gegenstand oder einer Situation, dass sie diese meiden müssen, obwohl
sie erkennen, dass ihre Furcht unbegründet und irrational ist und ihr Leben beeinträchtigt

Bei der Panikstörung treten plötzlich kurze Attacken intensiver Angst auf. Diese kann so stark sein, dass
die Betroffenen zittern, Schwindelgefühle haben und in Atemnot geraten; die Panikstörung kann mit
einer Agoraphobie einhergehen, so dass die Betroffenen auch Angst davor haben, ihre Vertraute
Umgebung zu verlassen

Bei der generalisierten Angststörung ist die Angst übermäßig, anhaltend und unkontrollierbar. Die
Betroffenen sorgen sich ständig, sind allgemein nervös und ermüden leicht

Hauptmerkmale der Zwangsstörung sind anhaltende Zwangsgedanken oder Zwangshandlungen;
Zwangsgedanken sind wiederkehrende Gedanken, Impulse oder Vorstellungen, die das Bewusstsein der
Betroffenen unkontrollierbar beherrschen; eine Zwangshandlung ist der Drang, eine stereotype
Handlung zu vollziehen, um einer gefürchteten bestehenden Situation vorzubeugen. Versuche einem
Zwang zu widerstehen rufen eine so starke Spannung hervor, dass die Betroffenen dem Zwang
gewöhnlich nachgeben

Posttraumatische Belastungsstörung: Angst und Emotionale Erstarrung nach einem traumatischen
Ereignis, das im Allgemeinen außerhalb der üblichen menschlichen Erfahrung liegt; das Trauma wird
tagsüber in eindringlichen und qualvollen Erinnerungen und nachts in Alpträumen wiedererlebt. Die
Betroffenen leiden unter Konzentrationsschwierigkeiten und fühlen sich anderen Menschen und
alltäglichen Dingen entfremdet

Die akute Belastungsstörung ist der posttraumatischen ähnlich, ihre Symptome halten jedoch nicht so
lange an
1
Somatoforme Störungen:
Die Körperlichen Symptome somatoformer Störungen haben keine physiologischen Ursachen, sondern scheinen
einem psychologischen Zweck zu dienen

Menschen mit einer Somatisierungsstörung leiden unter wiederkehrenden mannigfaltigen körperlichen
Beschwerden, wegen denen sie Medikamente einnehmen und in ärztlicher Behandlung sind

Bei der Konversionsstörung berichtet der Patient von einem Verlust motorischer oder sensorischer
Funktionen wie Lähmungen, Taubheitsempfindungen oder Blindheit

Bei der Schmerzstörung empfinden die Betroffenen schwere anhaltende Schmerzen

Hypochondrie ist eine Fehlinterpretation geringfügiger körperlicher Empfindungen als ernsthafte
Krankheit

Menschen mit einer körperdysmophen Störung sind ständig mit einer eingebildeten Veränderung ihrer
äußeren Erscheinung beschäftigt
Dissoziative Störungen:
Hauptmerkmal: eine plötzliche Bewusstseinsänderung, die Gedächtnis und Identitätsgefühl beeinträchtigt

Menschen mit dissoziativer Amnesie sind unfähig, sich an ihre ganze Vergangenheit oder auch nur die
Ereignisse eine bestimmten Zeitraums zu erinnern

Bei der dissoziativen Fugue verlässt der Betroffene plötzlich und unerwartet seine gewohnte Umgebung,
fängt an einem anderen Ort ein neues Leben an und ist unfähig, sich an seine frühere Identität zu
erinnern

Menschen mit dissoziativer Identitätsstörung besitzen zwei oder mehr unterscheidbare, komplexe
Identitäten, von denen jede zu einer bestimmten Zeit dominiert

Die Depersonalisationsstörung besteht vorrangig aus einem intensiven und störenden Gefühl der
Selbstentfremdung oder der Unwirklichkeit
Sexuelle Störungen und Störungen der Geschlechtsidentität:

Bei Paraphilien wird sexuelle Befriedigung unter außergewöhnlichen Bedingungen erreicht (z.B:
Exhibitionismus, Voyeurismus, Sadismus und Masochismus)

Menschen mit sexuellen Funktionsstörungen (z.B. Errektionsschwierigkeiten, vorzeitiger Samenerguss
oder Orgasmushemmung) sind unfähig, den üblichen sexuellen Reaktionszyklus vollständig zu vollziehen

Menschen mit Störung der Geschlechtsidentität sind unglücklich mit ihrem anatomischen Geschlecht und
fühlen sich dem anderen Geschlecht zugehörig
Schlafstörungen:

Bei den Dyssomnien ist die Schlafdauer (z.B. nicht lange genug oder zu lange), die Qualität (sich nicht
ausgeschlafen fühlen) oder die Zeit (nicht während der üblichen Zeit schlafen können) gestört

Bei den Parasomnien treten während des Schlafens ungewöhnliche Ereignisse auf (z.B. Angstträume
oder Schlafwandeln
Essstörungen:

Bei anorexia nervosa vermeidet der Betroffene, in der Regel aus großer Angst dick zu werden, das Essen
und magern stark ab

Bei der Bulimia nervosa treten wiederholt Fressanfälle auf, denen regelmäßige Maßnahmen zu
Verhinderung einer Gewichtszunahme folgen, z.B. selbstinduziertes Erbrechen oder Einnahme von
Laxanzien
Vorgetäuschte Störungen:

Betrifft Menschen, die absichtlich physiologische oder psychologische Symptome entwickeln oder über
solche klagen, offensichtlich, weil sie psychische Bedürfnisse haben, als Kranke zu gelten
Anpassungsstörungen:

Entwicklung von emotionalen Symptomen oder Verhaltenssymptomen als Reaktion auf einen
Belastungsfaktor; diese Symptome erfüllen jedoch nicht die diagnostischen Kriterien für eine Achse IStörung
Störungen der Impulskontrolle:

Die intermittierende explosible Störung zeichnet sich durch Phasen mit gewalttätigem Verhalten aus, in
denen der Betroffene Gegenstände oder Personen schädigt

Bei der Kleptomanie stehlen die Betroffenen wiederholt Gegenstände, die weder zum persönlichen
Gebrauch noch wegen ihres Geldwertes benötigt werden

Ein unter Pyromanie Leidender legt absichtlich Feuer und leitet daraus Befriedigung

Beim pathologischen Spielen sind die Betroffenen stark eingenommen vom Glücksspiel und können nicht
damit aufhören. Sie gehen damit Problemen aus dem Weg

Trichotillomanie wird bei Menschen diagnostiziert, die sich zwanghaft die Haare ausreißen, was oft zu
erheblichem Haarverlust führt
2
Persönlichkeitsstörungen:

Cluster A = paranoide, schizoide und schizotypische Persönlichkeitsstörung; die Betroffenen verhalten
sich absonderlich oder exzentrisch

Cluster B = antisoziale, Borderline, histrionische und narzisstische Persönlichkeitsstörung; die
Betroffenen verhalten sich dramatisch, emotional und launenhaft

Cluster C = vermeidend-selbstunsichere, dependente und zwanghafte Persönlichkeitsstörung; die
Betroffenen verhalten sich Furchtsam oder ängstlich
3
KAPITEL 6: ANGSTSTÖRUNGEN
(S.148-194)
1.

2.






Was ist das Verbindende der Kategorien, die unter der Gruppe der Angststörungen zusammengefasst
werden?
Subjektiv erlebte Gefühle der Angst liegen eindeutig vor
Welche Hauptkategorien der Angststörungen lassen sich unterscheiden?
Phobien (spezifische Phobien, Agoraphobie) = Angst vor und Vermeiden von Gegenständen,
Situationen oder Plätzen, die keine objektive Gefahr darstellen
Panikstörung = Wiederholte Panikattacken mit plötzlichem Auftreten physiologischer Symptome wie
z.B. Schwindel, schneller Herzschlag oder Zittern, zusammen mit Panischer Angst und dem Gefühl
drohenden Unheils; gelegentlich begleitet von Agoraphobie (Angst vor öffentlichen Plätzen)
Generalisierte Angststörung = anhaltende unkontrollierbare Besorgnis, häufig über belanglose Dinge
Zwangsstörung = die Erfahrung unkontrollierbarer Gedanken, Impulse oder Bilder (Zwangsgedanken)
und stereotyp ausgeführten Verhaltensweisen (Zwangshandlungen)
Posttraumatische Belastungsstörung = Angstzustände nach schwer belastenden Situationen, die
mit erhöhter Erregbarkeit, Vermeiden von mit dem Ereignis zusammenhängenden Reizen und durch die
Erinnerung daran ausgelöste Angst einhergehen
Akute Belastungsstörung = Gleiche Symptomatik wie bei der Posttraumatischen Belastungsstörung,
Dauer jedoch nur bis zu vier Wochen
3.

Was versteht man unter Komorbidität?
Paralleles vorliegen mehrer Störungen, Patient erfüllt mehrere Diagnosekategorien; bei Angststörungen
aus folgenden Gründen:
a. Die Symptome der verschiedenen Angststörungen sind für diese Kategorie nicht spezifisch ->
erfüllen mehrere Kategorien
b. Ursächliche Faktoren können auf mehrere Störungen zutreffen
4.

Was versteht man unter Phobien in Abgrenzung zu anderen Formen der Angst?
Beeinträchtigendes, angstvermitteltes Vermeidungsverhalten, das in keinem Verhältnis zur Gefahr steht,
die von dem gemiedenen Gegenstand oder der gemiedenen Situation ausgeht und das die Betroffenen
auch als grundlos erkennen
5.

Was sind typische Beispiele für Phobien?
Angst vor Spinnen(Arachnophobie), Höhen (Akrophobie), geschlossene Räume (Klaustrophobie),
Schlangen
Pnigophobie = Erstickungsangst, Taphophobie = Angst lebendig begraben zu werden, Anglophobie =
Angst vorm Englischen

6.


Wie häufig sind Phobien in der Bevölkerung? Wie häufig sind Männer und Frauen betroffen? Wann ist
das typische Auftretensalter?
Lebenszeitprävalenz = 7 % Männer, 16 % bei Frauen
Junges Erwachsenenalter
7.


Welche Untergruppen unterscheidet man bei den Phobien?
Spezifische Phobien
Soziale Phobien
8.

Was sind spezifische Phobien?
Unbegründete Ängste die durch spezifische Gegenstände oder Situationen bzw. deren Antizipation
ausgelöst werden
Unterscheidung im DSM IV nach
a. Blut-Spitzen –Verletzungen
b. Situationen (z.B. Flugzeuge, Aufzüge, geschlossene Räume)
c. Tiere
d. Umwelt (z.B. Höhen oder Wasser)
Lebenszeitprävalenz = 7 % Männer, 16 % bei Frauen
Kulturelle Unterschiede:
a. China: „Pa-Leng“ = Angst vor Kälte, Verlust lebensbedrohlicher Körperwärme



4
b.
9.





10.






Japan: „Tai-jin-kyofu-sho“ = extreme Angst andere dadurch in Verlegenheit zu bringen, dass
man in ihrer Anwesenheit errötet, den Blick über ihre Genitalienbereiche streifen lässt oder das
Gesicht verzieht
Wie ist eine soziale Phobie definiert?
Anhaltende irrationale Angstzustände, die im allgemeinen mit der Anwesenheit anderer Menschen
Können extrem hemmend sein, die Betroffenen versuchen normalerweise bestimmte Situationen zu
vermeiden, in der sie sich kritisch beobachtet fühlen, ihre Angst verraten oder sich bloßstellen können
Vor einem Publikum reden oder auftreten, in Gegenwart anderer Essen, öffentliche Toiletten aufsuchen
oder irgendeine andere Handlung in Gegenwart anderer kann extreme Angst auslösen
Man unterscheidet spezifische vs. generalisierte soziale Phobien (tritt im frühen Lebensalter schon auf,
häufig mit anderen Störungen wie Depression und Alkoholmissbrauch, stärkere Beeinträchtigung)
Epidemiologie: Lebenszeitprävalenz: 11% Männer, 15 % Frauen; hohe Komorbiditätsrate, oft in
Verbindung mit anderen Angststörungen, spezifischen Phobien, einer Panikstörung, einer vermeidendselbstunsicheren Persönlichkeitsstörung und affektiven Störungen; Beginn meist im Jugendalter wenn
soziales Bewusstsein und Interaktionen mit anderen mehr Bedeutung bekommt; zu einem gewissen
Grad kulturabhängig
Welche Erklärungskonzepte unterscheidet man?
Abwehr verdrängter Triebimpulse/ Verdrängung eines zwischenmenschlichen Problems
Vermeidungskonditionierung (Mowrer)
Modelllernen
Physiologische Bereitschaft
Angeborene vs. erworbene Dispositionen
Mangelnde soziale Fertigkeiten
11. Ätiologie: Welche Erklärungen bieten Psychoanalyse und Lerntheorien für Phobien?

Psychoanalyse: Abwehr verdrängter Triebimpulse aus dem ES; symbolischer Zusammenhang zwischen
Gegenstand/Situation und gefürchteter Triebregung; der Betroffene Vermeidet die Reize und damit auch
die Auseinandersetzung mit den verdrängten Triebimpulsen -> die Phobie stellt für das Ich eine
Möglichkeit dar, einem verdrängten Kindheitskonflikt aus dem Weg zu gehen (z.B. kleiner Hans)

ODER: Verdrängung eines bestimmten zwischenmenschlichen Problems aus der Kindheit (Arieti) ->
Annahme: Kinder (Spätere Phobiker) gehen davon aus dass die Menschen in ihrer Umgebung sie vor
allen Gefahren schützen; später begannen sie dann zu fürchten, dass auf Erwachsene – in der Regel die
Eltern – kein Verlass ist -> Umwandlung in Furcht vor unpersönlichen Objekten um Mitmenschen wieder
Vertrauen zu können

Lerntheorien: Vermeidungskonditionierung/Zwei-Faktorentheorie Mowrer: Durch klassische
Konditionierung kann jemand lernen einen neutralen Reiz zu fürchten, wenn dieser an ein schmerzhaftes
oder Erschreckendes Ereignis gekoppelt ist; durch operante Konditionierung lernt er dann
möglicherweise, die konditionierte Angst zu reduzieren, indem er den konditionierten Reiz meidet
12. Gibt es Belege?

Problematisch: nicht alle Ängste und Phobien können durch klassische Konditionierung entstanden sein;
tatsächlich gibt es nur ganz wenig experimentelle Belege dafür, dass Menschen auf diesem Weg Furcht
vor neutralen Reizen erwerben

Angst lässt sich in Experimenten schnell wieder löschen, wenn der konditionierte Reiz einige male ohne
mittelstarke Stromschläge präsentiert wird

Uneindeutige Befunde aus klinischen Berichten; manchmal mit und ohne handfeste Grundlage für die
Phobie, z. Flugangst ohne vorher geflogen zu sein

Erklärung: -> Modelllernen (auch verbal durch Hinweise der Eltern)

Wenn nicht von einer unmittelbar traumatischen Situation berichtet wird: z.B. Belastungen ->
unspezifische Erregung wird quasi zufällig an die Situation gekoppelt
13. Was versteht man unter Bereitschaft? („preparedness“)

Möglicherweise eignen sich manche neutrale Reize eher als andere dazu, klassisch konditionierte Reize
zu werden (z.B. Ratten: Übelkeit besser mit Geschmack assoziiert als mit Stromschlag)

Manche Ängste können durch klassische Konditionierung hervorgerufen sein, jedoch nur, wenn es sich
um Reize handelt, auf die ein Organismus aufgrund seiner physiologischen Prädisposition empfindlich
reagiert (Leichte Löschung vielleicht bei Reizen, für die keine starke Prädisposition besteht) -> Bsp.
Spielzeugkrokodile und Spielzeugschlangen bei Affen vs. Blumen und Spielzeughase
14. Welche Rolle spielt das operante Konditionieren bei Phobien?

Aufrechterhaltung der Phobie durch Vermeidung und dadurch Angstreduktion (zwei-Faktoren-Theorie)
5
15. Wie erklären Theoretiker des Kognitiven Paradigmas die Entstehung und Aufrechterhaltung von
Phobien?

Konzentrieren sich hauptsächlich auf kognitive Diathese (Glaube, dass sich ähnlich traumatische
Ereignisse in der Zukunft wiederholen) und wie Phobien durch Kognitionen aufrechterhalten werden

Untersuchungen von sozial ängstlichen Menschen wichtig -> Machen sich mehr Sorgen, achten mehr auf
den Eindruck den sie machen, neigen dazu sich selbst negativ zu sehen, auch wenn sie in einer sozialen
Situation gute Leistung erbracht haben

Fortdauer der Angst und die Tatsache, dass sie auch den Betroffenen irrational erscheint, rührt
möglicherweise daher, dass Angst durch frühe kognitive Prozesse ausgelöst wird, die sich dem
Bewusstsein entziehen -> der Reiz wird vermieden, so dass er nicht vollständig verarbeitet wird, dass
die Angst ausgelöscht wurde -> Untersuchungen mit Bildern -> Hautleitfähigkeit steigt bei Präsentation
phobierelevanter Bilder, die aber aufgrund der extrem kurzen Präsentationszeit nicht ins Bewusstsein
eindringen
16. Welche Rolle spielen Defizite sozialer Fertigkeiten und Kompetenzen bei der Ätiologie sozialer Phobien?

Betroffene haben nicht gelernt, sich so zu verhalten, dass sie sich unter anderen wohl fühlen, oder sie
verstoßen wiederholt gegen gesellschaftliche Umgangsformen, sind ungeschickt, sozial unbeholfen und
werden oft von ihrer Umgebung dafür kritisiert

Soziale Fertigkeiten sozial ängstlicher Menschen werden tatsächlich als mangelhaft beurteilt, wählen
tatsächlich unpassende Zeitpunkte „Danke“ und „Nein“ zu sagen

Defizite können sich aber auch im Laufe der Zeit entwickelt haben, weil die Betroffenen aus anderen
Gründen Angst hatten mit anderen zu interagieren, und deshalb wenig Erfahrung sammeln konnten

Ätiologisch möglicherweise wenig bedeutsam, aber für Interventionen wichtig
17. Welche biologischen Mechanismen spielen bei der Entstehung von Phobien eine Rolle?

Biologische Fehlfunktion (Diathese)?

Unterschiedliche Erregbarkeit des autonomen Nervensystems, autonome Labilität (vs. Stabilität),
möglicherweise bis zu einem gewissen Grad genetisch festgelegt

Blut- und Spritzenphobie stark familienbezogen (64 % mindestens einen Verwandten, wohingegen die
Prävalenz in der Gesamtbevölkerung nur 3 – 4 % liegt, ebenso überdurchschnittlich hohe Prävalenz bei
sozialen besonders generalisierten und Spezifischen Phobien

Zwillingsstudien: erblicher Faktor beteiligt

Vorsicht: kann auch durch Modellernen zustande kommen!
18. Wie sehen die Behandlungskonzepte aus Sicht der Psychoanalyse, der Verhaltenstherapie und der
kognitiven Therapie aus?

Psychoanalyse: generell wird versucht, die verdrängten Konflikte aufzudecken, die hinter der extremen
Angst und Vermeidung vermutet werden; Phobie wird nicht direkt behandelt; freie Assoziation soll
Hinweise auf die Phobie bringen, manifeste Trauminhalte werden auf Ursprünge der Phobie hin
untersucht; abhängig von der jeweilig vertretenen psychoanalytischen Schule
a. orthodox: verdrängte sexuelle/aggressive Impulse;
b. Anhänger der interpersonalen Theorie Arietis ersucht seinen Patienten seine generalisierte
Angst vor Menschen zu prüfen;
c. moderne Ich-Analytiker rät dazu sich der Phobie zu stellen;
d. Alexander & French: korrektive emotionale Erfahrung -> Konfrontation mit der gefürchteten
Situation
e. Wachtel. Empfiehlt sogar verhaltenstherapeutische Maßnahmen der Angstreduktion, z.B.
systematische Desensibilisierung

Verhaltenstherapie: systematische Desensibilisierung (Entspannung – Konfrontation in Vorstellung und
real); Keine Entspannung bei Blut- und Spritzenphobie, sondern Muskelanspannung; Training sozialer
Kompetenzen (Rollenspiele, kleine Therapiegruppen); Modelllernen und Reizüberflutung, operante
Verfahren, jede noch so kleine Annäherung wird belohnt

Kognitive Ansätze: Bearbeitung irrationaler Überzeugungen (meist in Verbindung mit Training sozialer
Kompetenzen) (z.B. an Beck und Ellis angelehnt); Gemeinsamkeit Verhaltens- und kognitiver Therapien:
Patienten stellen sich der gefürchteten Situation oder dem Objekt -> Freud „…Erfolg hat man nur dann,
wenn der Patient dazu gebracht werden kann, allein auszugehen und mit seiner Angst zu kämpfen“
19. Woraus bestehen medizinische/biologischen Behandlungen von Phobien

Beruhigungsmittel

Antidepressiva (MAO-Hemmer bei Sozialen Phobien erfolgreicher als Benzodiazepine; selektive
Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer z.B. Fluoxetin
20. Welche besondere Problematik ergibt sich bei der medikamentösen Angstbehandlung?

Problem: hohe Rückfallquote beim Absetzen
6
21. Was sind die zentralen Merkmale einer Panikstörung?

Plötzliche und unerklärliche Anfälle von Symptomen wie Atemnot, Herzrasen, Übelkeit,
Schmerzen/Beklemmungsgefühle im Brustraum, Erstickungsgefühle, Schwindel, Schwitzen und Zittern
sowie starke Besorgnis, panische Angst und das Gefühl drohenden Unheils; Gefühle der
Depersonalisation (Der Eindruck sich selbst fremd zu sein) und Derealisation (Wirklichkeitsverlust) sowie
die Furcht, die Kontrolle oder den Verstand zu verlieren oder sogar zu sterben, überwältigt zu werden

Häufigkeit/Dauer: bis mehrmals wöchentlich, meist Minuten selten Stunden, manchmal an bestimmte
Situationen gebunden

Situationsgebundene vs. situationsprädisponierende Attacken

Können in eigentlich angenehmen Situationen (Ruhe, Schlaf), aber auch unerwartet auftreten

Wird diagnostiziert wenn wiederholt „unabhängige“ Attacken auftreten und der Betroffene Angst vor
weiteren Attacken hat; treten dagegen nur reizgebundene Attacken auf, ist es eher ein Hinweis auf eine
Phobie
22.



Was weiß man zur Epidemiologie dieser Störung?
Lebenszeitprävalenz 2 % bei Männern und 5 % bei Frauen
Setzt im frühen Erwachsenenalter an, erstes auftreten stets mit belastenden Lebensereignissen
Kulturabhängige Unterschiede hinsichtlich der Prävalenz (z.B. sehr niedrig in Taiwan, dort werden
psychische Probleme stigmatisiert), verwandte Störungen z.B. „Kajak-Angst in Westgrönland“, ataque de
nervios in Purto Rico nach schweren Belastungen
23. Welche Beziehung besteht zwischen Panikstörung und Agoraphobie?

Agoraphobie = Gruppe von Ängsten vor weiten Plätzen und davor, keine Fluchtmöglichkeiten zu haben
oder keine Hilfe zu erhalten, wenn man selbst behindert wird

Oft fürchten sich die Betreffenden vor Menschenmengen, vor dem Reisen oder davor, einkaufen zu
gehen; sie meiden gewöhnlich Situationen, in denen eine Panikattacke gefährlich oder blamabel sein
könnte

Wird die Vermeidungsreaktion generalisiert, kann man daraus eine Panikstörung mit Agoraphobie
entwickeln; tritt Agoraphobie ohne eine diagnostizierte Panikstörung auf, hat der Betroffene
normalerweise Paniksymptome, jedoch keine regelrechten Attacken erlebt; in beiden Fällen ist die
Agoraphobie mit einer Angst vor der Attacke verbunden

Bei Frauen häufiger als bei Männern

Über 80 % der Patienten, bei denen eine Panikstörung diagnostiziert wurde, erleben auch Panikattacken,
jedoch nicht so häufig, dass die Diagnose einer Panikattacke gerechtfertigt wäre

Komorbiditäten der Panikstörung: Major Depression, generalisierte Angststörung, Phobien, Alkoholismus
Persönlichkeitsstörungen -> dann meist stärker Ausprägung und schlechtere Prognose
24. Welche Faktoren vermuten biologisch begründete Theorien bei der Entstehung von Panikstörungen?

Sehr selten körperliche Empfindungen wie durch Mitralklappenkollapssyndrom -> starkes Herzklopfen
ODER bestimmte Innenohrerkankung die Schwindel verursacht

Familiäre Häufung und höhere Konkordanz bei eineiigen Zwillingen weisen auf genetische Diathese hin

Theorie: übermächtige Aktivität des noradrenergen Systems; Stimulierung des Locus ceruleus führt bei
Affen und Patienten mit Panikstörung zu Panikattacken, die Hemmung des Areals hilft aber nicht weiter

Experimentelles Herbeiführen von Panikattacken durch Hyperventilation, Laktat, Kohlendioxid (aber nur
bei einer von 24 Attacken Hyperventilation); allgemein: nur bei Personen die an der Störung leiden oder
Angst vor ihren eigenen Körperempfindungen haben
25. Worin besteht die zentrale Annahme psychologischer Theorien der Panikstörung?

Angst vor der Angst und Angst vor Kontrollverlust
26. Was meint „Angst vor der Angst“?

Agoraphobie z.B. Angst vor Panikanfall auf öffentlichen Plätzen und nicht Angst vor dem Platz selbst;
könnte mit übererregbarem Autonomen Nervensystem einhergehen und einer psychischen Neigung sich
über diese Empfindungen stark aufzuregen -> wird als drohende Gefahr interpretiert; bei wiederholten
Vorfällen entwickelt sich dann die Angst vor der Angst; Wenn man sich über eine weitere Mögliche
Panikattacken sorgt und diese antizipiert, wird sie sich dann mit umso größerer Wahrscheinlichkeit auch
einstellen; der Betroffene achtet noch mehr auf noch so geringe Anzeichen einer Panikattacke ->
Teufelskreislauf
Psychologische Behandlungsverfahren der Panikstörung:

Konfrontationsverfahren

Einbeziehung des Partners (keine Rücksichtnahme mehr auf das phobische Vermeidungsverhalten)

Konfrontation mit den angstauslösenden inneren Reizen (Entspannungstraining, Kombination von
Kognitiv strukturierten Verhaltensinterventionen nach Beck und Ellis, Konfrontation des Patienten mit
inneren Reizen, die Panik auslösen
7
27. Was sind die Hauptmerkmale der generalisierten Angststörung?

Persistierende Ängstlichkeit in vielen Lebenssituationen, oft wegen Geringfügigkeiten, sowie eine
chronische und unkontrollierbare Sorge um alles mögliche (Gesundheit, kleine Probleme des Alltags, zu
spät zu Verabredungen zu kommen, zu viel zu tun zu haben,…)

Konzentrationsschwierigkeiten, schnelle Ermüdung, Ruhelosigkeit, Gereiztheit, starke
Muskelverspannungen
28. Wie häufig sind generalisierte Angststörungen?

Epidemiologie: Pt suchen in der Regel keine psychologische Behandlung auf, Lebenszeitprävalenz wird
auf 5 % der Bevölkerung

Beginn in den mittleren Teenagerjahren (viele berichten aber dass sie das Problem schon immer haben

Als Auslöser scheinen belastende Lebensereignisse eine Rolle zu spielen

Doppelt so häufig bei Frauen als bei Männern, hohe Komorbidität mit anderen Angststörungen und
affektiven Störungen

Erfolgreiche Behandlung sehr schwierig (Fünfjahresuntersuchung von Woodman zeigte nur bei 18 %
vollständige Symptombeseitigung)
29. Wie erklären die Psychoanalyse, die klassische Lerntheorie und der kognitiv-verhaltenstheoretische
Ansatz die generalisierte Angststörung?

Psychoanalyse: unbewusster Konflikt zwischen den Triebregungen des ES und dem ICH; die
Triebregungen (meist sexuell, aggressiv) drängen nach Ausdruck, was das Ich wegen einer unbewussten
Angst vor Bestrafung nicht zulassen kann; Da die Ursachen der Angst unbewusst ist, ist der Betroffene
unruhig und angespannt, ohne zu wissen warum; im Gegensatz zum Phobiker fehlt die Bindung an ein
Objekt oder eine Situation und die unspezifische Angst ist somit allgegenwärtig

Kognitiv-verhaltenstheoretische Sicht: äußere konditionierte Reize (aber vielfältiger als bei Phobien);
Kontrolle und Hilflosigkeit, Sorgen als negative Verstärkung
30. Was haben Zwillingsstudien erbracht?

Uneindeutige Befunde bezüglich des Erbfaktors, noch nicht bestätigt, lässt sich aber auch nicht
ausschließen
31. Welches Neurotransmittersystem wird eng mit der generalisierten Angststörung in Verbindung gebracht?

GABA-System; bei normalen Angstreaktionen feuert das Gesamte Gehirn und erzeugt dadurch Angst; die
erhöhte Aktivität regt auch das GABA-System an, das hemmt und somit die Angst reduziert; die
generalisierte Angststörung könnte mit einem Defekt des GABA-Systems zu tun haben, so dass die Angst
nicht unter Kontrolle gebracht werden kann; Benzodiazepine können Angst dadurch verstärken, dass sie
die Freisetzung von GABA fördern; Medikamente, die das GABA-System blockieren oder hemmen führen
zu gesteigerter Angst
32. Welche Behandlungsvorschläge zur Überwindung generalisierter Angst gibt es? Wie ist die empirische
Absicherung?

Psychoanalyse: sich den verdrängten Konflikten stellen, ähnlich wie bei den Phobien

Verhaltenstherapie: Umdeuten der frei flottierenden Angst in eine oder mehrere Phobien und wird so
leichter behandelbar (Problemanalyse)

Weiterhin: Entspannungstraining, Vermittlung von Kompetenzgefühl, Entkatastrophisieren (Schlimmsten
Fall vorstellen und beibehalten, langsam Alternativlösungen suchen) -> Reduziert die Sorge durch
Konfrontation und allmähliches Nachlassen, Unwahrscheinlichkeit der schlimmsten Befürchtung wird
bewusst

Empirische Absicherung: bisher konnte in Kontrollierten klinischen Untersuchungen nicht nachgewiesen
werden, dass die verschiedenen kognitiv-verhaltensorientierten Ansätze den Placebobehandlungen oder
alternativen Therapien wie der klientenzentrierten überlegen sind; auffallend: nur wenige Patienten
weisen ein hohes Funktionsniveau auf; Besserungen werden zwar erreicht, aber die Patienten kämpfen
weiterhin mit vielen Angstsymptomen; Kognitive VT ist im Vergleich zu Benzodiazepinbehandlung
erfolgreicher, eine Kombination beider Behandlungsformen schnitt aber schlechter ab als VT alleine
33. Was versteht man unter einer Zwangsstörung?

Eine Angststörung, bei der das Bewusstsein von beständigen und unkontrollierbaren Gedanken
überflutet wird oder das Individuum unter dem Zwang steht, bestimmte Handlungen immer wieder
auszuführen, was zu großem Leid und Beeinträchtigungen der Alltagsbewältigung führt
8
34. Wie häufig sind Zwangsstörungen?

1 – 2 % der Bevölkerung, dabei wieder mehr Frauen als Männer;

Beginn: üblicherweise im frühen Erwachsenenalter, oft nach Belastenden Ereignissen (Schwangerschaft,
Geburt, Konflikte in der Familie, Schwierigkeiten am Arbeitsplatz

Bei Männern üblicherweise früherer Beginn und in Form von Kontrollzwängen, bei Frauen häufig später
und in Form von Waschzwängen

Entwickeln sich gelegentlich während einer depressiven Episode und häufig leiden zwanghafte Patienten
auch an einer Depression

Komorbidität mit anderen Angststörungen, insbesondere mit Panik und Phobien, sowie verschiedenen
Persönlichkeitsstörungen
35. Welche Unterscheidung trifft man bei Zwangsstörungen?

Zwangsgedanken = sich aufdrängende und sich wiederholende Gedanken, Impulse, Vorstellungen, die
dem Betroffenen unaufgefordert in den Sinn kommen und von ihm als irrational und unkontrollierbar
erlebt werden; starke Beeinträchtigung des normalen Lebens; häufige Zwangsgedanken: Angst vor
Infektionen, Angst sexuelle oder aggressive Impulse auszudrücken, hypochondrische Angst vor
körperlichen Fehlfunktionen oder in Form von extremen Zweifeln, Zauderns und Unschlüssigkeit

Zwangshandlungen = Verhaltensweisen oder geistige Handlungen, zu denen sich der Betroffene wieder
und wieder gezwungen fühlt, um das durch die Zwangsgedanken verursachte Leid zu mildern oder
Unheil abzuwenden; es besteht keine realistische Beziehung zwischen der Handlung und dem, was sie
bewirken soll, oder die Handlung ist völlig übertrieben; meist befürchtet der Betroffene schlimme Folgen
wenn er die Zwangshandlung unterlässt; allein die Häufigkeit mit der die Handlung wiederholt wird ist
oft erschütternd

Häufige Zwangshandlungen sind:
a. Sauberkeits- und Ordnungszwänge
b. Vermeidung bestimmter Gegenstände (z.B. alles was Braun ist)
c. Ausführung wiederholt magischer Vorsichtsmaßnahmen wie Zählen, Berühren des Talismans
oder eines bestimmten Körperteils
d. Kontrollieren, d.h. sieben oder acht Mal zurückgehen und sich vergewissern, dass bereits
erledigtes auch wirklich getan ist (Licht aus, Gas/Wasser abgedreht, Tür verschlossen,…)
e. Ausführen bestimmter Handlungen, z.B. extrem langsam essen

Wirkliche Zwangshandlungen werden vom Betroffenen als ich-fremd angesehen
36.




Welche Auswirkungen haben Zwangsstörungen?
Schwierigkeiten in der Familie bzw. in den Beziehungen zu Familienangehörigen
Antagonistische Gefühle der Bezugspersonen sind dabei oft von Schuld geprägt
Belastung anderer kann ihrerseits in dem Betroffenen depressive Gefühle und generalisierte Angst
hervorrufen, und damit ist der Boden für eine weitere Verschlechterung der zwischenmenschlichen
Beziehungen bereitet
Familientherapeuten: Zwangssymptomatik als Ausdruck von Beziehungsproblemen
37. Ätiologie: Wie erklären die Psychoanalyse, die Verhaltenstherapien und kognitive Ansätze Zwänge?

Psychoanalyse: Ursache in sexuellen oder aggressiven Triebkräften, die aufgrund eines übermäßig
strengen Sauberkeitstrainings in der frühen Kindheit nicht zu kontrollieren sind -> analfixiert; manifeste
Symptome als Ergebnis eines Kampfes zwischen ES und Abwehrmechanismen (Zwanghafte
Tötungsgedanken -> ES); häufiger spiegeln die Symptome allerdings das partiell erfolgreiche Wirken
eines Abwehrmechanismus wider; (z.B.: Reaktionsbildung)
a. Adler: Gefühle der Inkompetenz: Kinder entwickeln aufgrund nachgiebiger oder allzu
dominanter Eltern kein Gefühl der Kompetenz -> Minderwertigkeitskomplex -> später
unbewusste Zwangsrituale, in denen sie sie einen Bereich schaffen, in dem sie Kontrolle haben
und sich Kompetenz fühlen können

Verhaltenstheoretische/kognitive Theorien: Erlerntes Verhalten, das durch die Angstreduktion verstärkt
wird; Gedächtnisschwäche -> Unfähigkeit, sich an eine bestimmte Handlung genau zu erinnern (z.B:
Herdplatte ausschalten) oder zwischen realem und vorgestelltem Verhalten zu unterscheiden
38. Reduzieren Zwänge in jedem Fall immer die Angst?

Paradoxer Effekt der Gedankenunterdrückung -> intensivere Beschäftigung mit dem Gedanken;
Versuche Gedanken zu unterdrücken sind mit starken Emotionen assoziiert, was zu einer festen
Assoziation zwischen dem unterdrückten Gedanken und den Assoziationen führt; Nach vielen
Unterdrückungsversuchen kann eine starke Emotion zu einem Wiederauftreten des Gedankens und
damit einhergehend zu einer Verstärkung der negativen Stimmung führen -> Folge: Anstieg der Angst
39. Wie kommt es zu Zwangsgedanken?
9




Zwangsgedanken ängstigen die Betroffenen in ähnlicher weise wie sich aufdrängende Gedanken über
belastende Ereignisse wie z.B. Einen Gruselfilm normale Menschen;
Die meisten Menschen haben schon mal ähnliche Zwangsgedanken, die sich in Belastungssituationen
verschlimmern, diese Gedanken können aber von normalen Menschen toleriert und verdrängt werden;
bei zwanghaften Menschen können sie jedoch besonders intensiv sein, was möglicherweise darin
begründet liegt, dass sie als Kinder gelernt haben, dass bestimmte Gedanken gefährlich oder
unannehmbar sind
Außerdem wurde nachgewiesen, dass Menschen mit Zwangsstörungen Schwierigkeiten haben, Reize zu
ignorieren, was zu ihren Problemen beitragen könnte
40. Welcher Neurotransmitter spielt bei Zwangsstörungen eine besondere Rolle?

Serotonin -> Selektive Wiederaufnahmehemmer haben sich bei der Behandlung von Zwangsstörungen
als wirksam erwiesen
41. Welche Hirnstrukturen spielen bei der Ätiologie eine besondere Rolle?

Frontallappen (übermäßige Sorge und Gedanken, erhöhte Aktivität bei Zwangspatienten) und
Basalganglien -> nähe zum Tourette-Syndrom

Hinweise auf eine genetische Komponente sind auch vorhanden – bei Verwandten ersten Grades wurden
gehäuft Angststörungen festgestellt; Prävalenz von Zwangsstörungen bei Verwandten ersten Grades
höher -> hinweise auf biologische Prädisposition
42. Was sind typische Behandlungsvorschläge bei Zwängen? (-> Sehr schwer Behandelbar!)

Psychoanalytische Therapie: ähnlich wie bei Phobien und generalisierter Angst, man versucht die
Verdrängung aufzuheben und Patienten dazu ermutigen, sich dem zu stellen, was er wirklich fürchtet;
die Zwangsgedanken und Zwangshandlungen schützen jedoch das Ich vor dem verdrängten Konflikt und
stellen somit für die therapeutische Intervention ein schwieriges Ziel dar; manche Analytiker mittlerweile
eher Handlungsorientiert -> Akzeptanz der Handlungsweisen; aus psychoanalytischer Sicht wird die
Unentschlossenheit der meisten Zwangspatienten darauf zurückgeführt, Im Voraus eine Garantie für die
Richtigkeit aller Handlungen zu erhalten, daher müssen Pt. lernen Ungewissheit und Angst zu tolerieren,
im Mittelpunkt der Behandlung steht aber weiterhin die Einsicht in die unbewussten Determinanten
43. Was sind Erfolg versprechende, gut untersuchte verhaltenstherapeutische Strategien zur
Zwangsbehandlung?

Exposition mit Reaktionsverhinderung (Ritual als Negative Verstärkung), bei mehr als der Hälfte der
Patienten zumindest teilweise wirksam

Rational-Emotive Therapie/Kognitive Therapie nach Beck, Veränderung der irrationalen Überzeugungen
dass alles genauso sein muss, Überprüfung der negativen Folgeüberzeugungen
44. Welche Medikamente werden meist bei Zwangsstörungen verordnet?

Serotonin-Wiederaufnahmehemmer
-
-
-
-
PTBS
PTBS = extreme Reaktion auf sehr starke Belastung, incl. Starke Angst, Vermeidung von Reizen, die mit
dem Trauma in Zusammenhang stehen und einer Einschränkung emotionaler Reaktionen
Definition schließt auch Teilweise die vermutete Ätiologie mit ein, d.h. eines oder mehrere traumatische
Ereignisse, die der Betroffene unmittelbar erlebt hat oder deren Zeuge er war, und bei denen
Lebensgefahr bestand oder jemand zu Tode kam bzw. schwer verletzt wurde, oder auch eine Bedrohung
der körperlichen Unversehrtheit
Das Ereignis muss starke Furcht, Schrecken oder ein Gefühl der Hilflosigkeit ausgelöst haben
Zu differenzieren: posttraumatische Belastungsstörung vs. Akute Belastungsstörung:
o Akut: Dauer < 1 Monat
Anzahl der Fälle ist abhängig von der Art des Traumas:
o Vergewaltigung: 90 % (Rothbaum et al., 1992)
o Opfer von Verkehrsunfällen: 13% (Bryant & Harvey, 1998)
die Ursache der PTBS ist in erster Linie im Ereignis und nicht in der Person zu suchen (dennoch gibt es
Hinweise auf Personenspezifische Faktoren, da nicht alle Menschen nach einem traumatischen Ereignis
eine PTBS entwickeln -> z.B. Shalev et al., 1996: etwa 25 % aller Personen die ein traumatisches
Erlebnis mit Körperverletzung durchlebt haben)
3 Hauptkategorien der Symptome der PTBS:
1.
Wiedererleben des traumatischen Ereignisses
a.
Häufiges Erinnern und träumen
10
b.
2.
3.
Intensive emotionale Reaktionen ausgelöst durch Reize, die symbolisch für das Ereignis stehen
i. McNally et al., 1990: Strooptest -> Interferenz/langsame Reaktionszeiten bei
Kriegsveteranen/Vergewaltigungsopfern (Foa et al., 1991) bei traumaasoziierten
Wörtern
ii. Vrana et al., 1995): bessere Erinnerung an traumaassoziierte Wörter
Meidung der mit dem Ereignis verbundenen Reize oder Einschränkung der Reaktivität
a. Vermeidung von Gedanken und Reizen bis hin zur Amnesie
b. Vermindertes Interesse an anderen
c. Gefühl der Entfremdung
d. Unfähigkeit etwas angenehmes zu fühlen
i. Steht im Widerspruch zu (1) -> Fluktuation zwischen Widererleben und Rückzug
Symptome gesteigerter Erregung
a.
Einschlaf-/Schlafstörungen, Konzentrationsschwierigkeiten, Hypervigilanz, übertriebene
Schreckreaktion
Weitere Symptomatik:
Angst
Depression
Ärger
Schuld
Medikamentenmissbrauch (Selbstmedikation zur Linderung des Leids)
Eheprobleme
Schlechte körperliche Gesundheit
Beeinträchtigung der Berufstätigkeit
Suizidgedanken und – pläne
Heftige Gewaltausbrüche
Psychophysiologische Probleme: Rückenschmerzen, Kopfschmerzen, gastrointestinale Störungen
Bei Kindern:
Schlafstörungen mit Alpträumen über Monster
Verhaltensänderungen (kontaktfreudiges Kind -> Rückzug; ruhiges Kind -> aufdringlich, aggressiv)
Manche Kinder beginnen zu denken dass sie sterben werden bevor sie Erwachsen sind
Verlernen von Fähigkeiten wie Sprache oder Sauberkeit
Besonders bei kleinen Kindern ist es schwierig über die Quelle ihrer Aufregung zu sprechen
Prävalenz:
USA: 1 – 3 % der Bevölkerung
Häufig subsyndromale Form der Störung, Symptome in Anzahl oder Intensität nicht ausreichend für die
Diagnose, es wird aber erhebliches Leid und Beeinträchtigung verursacht
Nach einem traumatischen Ereignis steigt die Prävalenzrate auf 9 %
Unterschiedliche Prävalenz je nach Schwere des Traumas:
o Zivilisten (körperlicher Angriff): 3 %
o Kriegsveteranen/Polizei/Rettungskräfte: bis 20 %
o Vergewaltigungsopfer/Kriegsgefangene: 50%
o Häufigste Ursache: Gewaltsamer Tod eines geliebten Menschen
o Risiko PTBS bei Frauen doppelt so hoch
Ätiologie der PTBS
Risikofaktoren:
-
Wahrnehmung einer Bedrohung des eigenen Lebens
Weibliches Geschlecht
Frühe Trennung von den Eltern
Familiäre Belastungen durch eine psychische Störung
Frühere traumatische Erlebnisse
Eine bereits bestehende Störung (z.B. Angststörung, Depression)
-
die Wahrscheinlichkeit einer PTBS vergrößert sich mit der schwere des traumatischen Ereignisses
Erste Reaktion nach dem Trauma spielt eine wichtige Rolle (höheres Risiko bei starker Angst, Depression
sowie höhere Herzfrequenz)
Schutzfaktor:
hohe Intelligenz (geht mit besseren Copingfähigkeiten einher)
soziale Unterstützung
11
Dissoziative Symptome:
u. a. Depersonalisation, Derealisation, Amnesie, Ichfremdheit
während des Traumas, sowie der Versuch die Erinnerung an das Trauma zu unterdrücken, sind ebenfalls
Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit für eine PTBS erhöhen
möglicherweise ist die Dissoziation für das Anhalten der Störung von Bedeutung, da sie den Pt. Davon
abhält, sich den Erinnerungen zu stellen
Persönliches Verantwortungsgefühl (weiterer Risikofaktor):
Zusammenhang zw. Entwicklung einer PTBS und der Neigung, sich für Misserfolge persönlich
verantwortlich zu fühlen, und Belastungen auf der emotionalen Ebene zu bewältigen, anstatt sich auf die
eigentlichen Probleme zu konzentrieren
Veteranen die keine PTBS entwickelten waren im Gegenzug besonders engagiert und zielorientiert
Psychologische Theorien
Klassische Konditionierung und Vermeidungslernen:
PTBS als Folge einer klassischen Konditionierung von Angst und Vermeidungsverhalten -> ZweiFaktoren-Theorie von Mowrer:
o Beispiel: Eine Vergewaltigungsopfer -> Furcht in einer bestimmten Umgebung(konditionierter
Reiz) spazieren zu gehen, weil sie dort angegriffen wurde (unkonditionierter Reiz) ->
Vermeidungsreaktionen -> negativ verstärkt durch Verminderung der Angst aufgrund des
fehlenden Konditionierten Reizes
Verdrängung:
Erinnerungen an das traumatische Ereignis beschäftigt die Betroffenen ständig und ist so schmerzhaft,
dass sie entweder bewusst unterdrückt oder verdrängt werden
Annahme, dass der Betroffene in einer Art innerem Kampf versucht das Trauma in seine Vorstellungen
von sich und der Welt zu integrieren, um es irgendwie zu verstehen
Biologische Theorien
-
mögliche genetische Disposition (Zwillingsstudien)
Aktivierung des noradrenergen Systems durch das Trauma -> Anstieg des Norepinephrinspiegels
o Folge: Schreckhaftigkeit, schnelleres Ausdrücken von Emotionen
Therapie der PTBS
Krisenintervention
Rekonstruktion des Ereignisses
-
Meist in Gruppengesprächen, es wird über so viele Einzelheiten des Traumas wie möglich berichtet,
sowie die dazugehörigen Gedanken
Ziel: Normalisierung der Angstreaktion indem darauf hingewiesen wird, dass die Betroffenen etwas
erlebt haben, was bei den meisten Menschen großes Leid verursacht
Exposition, Entspannung und neue Interpretation
Erfolgversprechende Therapie in Folge sexueller Angriffe, Kombination aus in-sensu- Exposition mit den
Trauma assoziierten Reizen, Entspannungstraining und Unterstützung der Betroffenen, anders über
das Ereignis zu denken
Narkosynthese
-
Früher übliche Form der Behandlung von Kriegsveteranen
Sedierung mit Penthotal, detaillierte Beschreibung seitens des Therapeuten der kritischen
Kriegssituation – Vergessene Erinnerungen treten wieder auf, Ermunterung des Patienten beim zu
sich kommen weiter über die Ereignisse zu sprechen -> Bewusstmachen der Erinnerung, und dass
diese in der Vergangenheit liegen; Synthese/Verbindung des Schreckens aus der Vergangenheit mit
dem gegenwärtigen Leben
Verhaltenstherapie mit Konfrontation
Annahme: Ängste werden am besten dadurch gelöscht, dass der Betroffene auf irgend eine weise damit
Konfrontiert wird, was er am meisten meiden möchte (Flooding, systematische Desensibilisierung…)
Schwierig für Patienten und Therapeuten, das Ereignis muss in allen Einzelheiten durchgesprochen werden
Folge: dem Patienten kann es erst einmal schlechter gehen, sowie auch der Therapeut kann durch die
Schilderung erschüttert werden
EMDR
Exposition der Situation, negativer Gedanken und positiver Gedanken in Verbindung mit
stereotaktischen Augenbewegungen
Psychodynamische Therapie
Hauptaugenmerk auf der Art und weise, wie das Trauma mit der prämorbiden Persönlichkeit des Betroffenen
interagiert
12
Phamakotherapie
Antidepressiva und Tranquelizer, oft auch zu Behandlung komorbider Faktoren wie z.B. Depression
Soziale Unterstützung
13
KAPITEL 7 : SOMATOFORME UND DISSOZIATIVE STÖRUNGEN
(S. 200-228)
1.




2.
Aus welcher Klassischen psychopathologischen Kategorie sind die somatoformen und die Dissoziativen
Störungen hervorgegangen?
Zusammen mit den Angststörungen galten somatoforme und dissoziative Störungen früher als
Neurosen; bei Angststörungen sind die Angstsymptome offensichtlich, bei den somatoformen und
dissoziativen Störungen ist dies nicht direkt beobachtbar
Bei somatoformen Störungen klagt der Pt. über körperliche Symptome, die auf einen Defekt oder eine
körperliche Fehlfunktion hindeuten, jedoch ohne dass sich eine physiologische Grundlage finden lässt
Bei Dissoziativen Störungen wird der Bewusstseinszusammenhang von Wahrnehmen, Gedächtnis und
Identität plötzlich aufgehoben
Bei beiden Gruppen hängt der Beginn zumeist mit einem Belastenden Ereignis zusammen
Welches sind die Unterkategorien der Somatoformen und der Dissoziativen Störungen? Wie teilt das
ICD-10 die somatoformen und die dissoziativen Störungen ein? Wo liegen die unterschiede zum DSM IV?


SOMATOFORME STÖRUNGEN
Somatisierungsstörungen
Hypochondrische Störungen (inkl. Körperdysmorphie)
Somatoforme autonome Funktionsstörungen
Anhaltende somatoforme Schmerzstörungen
DSM IV:





Schmerzstörung
Körperdysmophe Störung
Hychochondrie
Konversionsstörung
Somatisierungsstörung


3.


4.




5.














DISSOZIATIVE STÖRUNGEN
Dissoziative Amnesie
Dissoziative Fugue
Dissoziativer Stupor
Trance und Besessenheitszustände
Dissoziative Bewegungsstörungen
Dissoziative Krampfanfälle
Dissoziative Stabilitäts- und EmpfindungsStörungen




Dissoziative Amnesie
Dissoziativer Fugue
Dissoziative Identitätsstörung
Depersonalisationsstörung
Was ist das zentrale Merkmal aller somatoformen Störungen?
Psychische Probleme kommen durch körperliche Symptome zum Ausdruck, für die es bisher keine
physiologische Erklärung gibt und die nicht willentlich kontrollierbar sind;
Man nimmt an, dass sie mit psychischen Faktoren, insbesondere Angst zusammenhängen, also
psychische Ursachen haben
Was versteht man unter einer Körperdysmorphen Störung?
Intensive Beschäftigung mit einem eingebildeten oder übertriebenen Makel/Mangel in seiner
Erscheinung (Falten, Nase, Haut, Hüfte, Busen, bei Männern dass sie oder ihr Penis zu klein sind, zu
viele Körperhaare haben)
Manche Betroffenen beschäftigen sich täglich Stunden mit dem Makel, andere hängen z.B. alle Spiegel
ab, um nicht daran erinnert zu werden, oder verbergen ihn z.B. durch weite Kleidung)
Große Belastung, häufig Konsultation des Schönheitschirurgen, der den Patienten aber kaum helfen
kann
Tritt vor allem bei Frauen auf, setzt in der Regel gegen Ende der Pubertät ein und ist oft komorbid mit
Depression und sozialer Phobie, übermäßige Beschäftigung kann als Symptom bei mehreren Störungen
auftreten
Was meint man heute mit Hypochondrie? Worunter leiden diese Patienten?
Der Betroffene beschäftigt sich in übertriebener Form mit der Furcht vor einer schweren Krankheit trotz
gegenteiliger Beteuerung durch den Arzt
Setzt gewöhnlich in frühen Erwachsenenalter ein und verläuft meist chronisch
Pt. suchen häufig medizinische Hilfe auf und haben oft auch affektive Störungen oder Angststörungen
Man nimmt an, dass sie auf normale körperliche Empfindungen überreagieren und geringfügige
Abnormitäten (unregelmäßiger Herzschlag, Schwitzen, gelegentliches Husten, Magenschmerzen,…)als
Bestätigung für ihre Befürchtungen sehen
Ebenso interpretieren Hypochonder Symptome schneller als verhängnisvoll (z.B. ein roter Hautfleck als
Krebs)
Es wird vermutet dass Hypochondrie keine eigene Störung ist, sondern ein Symptom in Verbindung mit
anderen Störungen
Abgrenzung zur Somatisierungsstörung nicht ganz klar
14
6.







Welche Beschwerden und Symptome definieren eine Konversionsstörung?
Sensorische oder motorische Symptome (z.B. der plötzliche Verlust des Sehvermögens oder Lähmung)
auf, obwohl Körperorgane und neuromuskulärer Apparat gesund sind; die klassischen
Konversionssymptome lassen zunächst an eine neurologische Erkrankung denken
Bei physiologisch ganz normalen Menschen treten teilweise oder vollständige Lähmungen der Arme oder
Beine, Anfälle und Koordinationsstörungen , Gefühle des Prickelns, Stechens oder Krabbelns auf der
Haut, Schmerzunempfindlichkeit oder der Verlust bzw. die Beeinträchtigung von Empfindungen auf, die
als Anästhesie bezeichnet werden
Oft ist auch das Sehvermögen beeinträchtigt, der betroffene kann teilweise oder vollständig erblinden
oder an einem „Tunnelblick“ leiden
Außerdem Aphonie (=Stimmverlust und Tonlose Sprache) und Anosmie (Verlust oder Beeinträchtigung
des Geruchssinns
Symptome stellen sich gewöhnlich in besonderen Belastungssituationen ein und ermöglichen es dem
Betroffenen, eine bestimmte Tätigkeit oder Verantwortung zu umgehen oder ihm die schmerzlich
entbehrte Aufmerksamkeit anderer verschaffen
Epidemiologie: in der Regel erstmals in der Jugend und im frühen Erwachsenenalter in einer belastenden
Lebenssituation auf; eine solche Episode kann abrupt enden, aber ein Rückfall (mit gleichen oder
anderen Symptomen) ist wahrscheinlich; Prävalenz = weniger als 1 %, tritt bei Frauen häufiger auf als
bei Männern; während des ersten Weltkrieges wurden konversionsähnliche Phänomene auch bei
Frontsoldaten beobachtet
Die Störung ist oft komorbid mit anderen Diagnosen (z.B. Depression und Drogenmissbrauch) sowie mit
Persönlichkeitsstörungen wie der Borderline- und der histrionischen Persönlichkeitsstörungen
7.

Worin besteht das diagnostische Problem der Konversionsstörung
Unterscheidung von ähnlichen neurologisch begründeten Störungen (z.B: Handschuhanästhesie vs
Karpaltunnelsyndrom); hohe Gefahr der Fehldiagnose
8.

Wie wird die Somatisierungsstörung diagnostiziert?
Früher Briquet-Syndrom; wiederkehrende vielgestaltige körperliche Beschwerden, wegen denen
medizinische Hilfe aufgesucht wird, die aber offensichtlich nicht körperlich bedingt sind
Diagnostische Kriterien:
a. Vier Schmerzsymptome in verschiedenen Körperteilen (Kopf, Rücken, Gelenke)
b. Zwei Gastrointestinale Symptome (Durchfall, Übelkeit,…)
c. Ein sexuelles Symptom, das nicht schmerzhafter Natur ist (sexuelle Indifferenz,
Errektionsstörungen)
d. Ein pseudoneurologisches Symptom (z.B. Symptome der Konversionsstörung)
Die Symptome sind intensiver als die Beschwerden bei Hypochondrie, führen zu starken
Beeinträchtigungen, v.a. am Arbeitsplatz
Spezielle Symptome können kulturabhängig variieren und treten häufiger in Kulturen auf, in denen
Emotionen nicht offen gezeigt wurden
Somatisierungsstörung und Konversionsstörung haben vieles gemeinsam und können auch oft auf einen
Patienten zutreffen




9.





Was fällt bei Patienten mit einer Somatisierungsstörung neben den zahlreichen körperlichen
Beschwerden noch auf?
Die Betroffenen gehen häufig zum Arzt, sind manchmal bei mehreren Ärzten gleichzeitig in Behandlung
und haben einen Beträchtlichen Konsum an Medikamenten
Nicht selten werden sie ins Krankenhaus eingewiesen und sogar operiert
Störungen des Menstruationszyklus und sexuelle Indifferenz sind häufig
Die Beschwerden werden oft in theatralischer, übertriebener weise vorgebracht oder in eine lange und
komplizierte Krankengeschichte eingeflochten
Viele der Patienten sind überzeugt, dass sie schon ein Leben lang leiden
10. Was weiß man zur Epidemiologie der Somatisierungsstörung und zur Komorbidität mit anderen
Störungen?

Komorbidität: Angststörungen, affektive Störungen, Drogenmissbrauch sowie eine Reihe von
Persönlichkeitsstörungen

Epidemiologie: Lebenszeitprävalenz unter 0,5 % der amerikanischen Bevölkerung; bei Frauen, vor allem
afrikanischer und hispanischer Abstammung, sowie bei Pt, die Medikamentös behandelt werden häufiger
auf; in südamerikanischen Ländern und Puerto Rico ist die Prävalenz höher

Symptome setzen gewöhnlich im frühen Erwachsenenalter ein, sind jedoch nicht immer so dauerhaft wie
angenommen
15

Risikofaktoren:
I. Genetische Faktoren: Familiäre Belastungen mit Alkoholmissbrauch, Soziopathie, affektiven
Störungen, somatoformen Störungen
II. Epidemiologische Faktoren: Weibliches Geschlecht, niedriger sozialer Status, lateinamerikanischer
Kulturkreis
III. Entwicklungspsychologische Risikofaktoren: Sexuelle Übergriffe, organmedizinisch orientierter
Gesundheitsbegriff, entsprechend familiäre Krankheitsmodelle
IV. Auslösende Faktoren: Kritische Lebensereignisse, organische Erkrankungen, psychische
Dauerbelastungen, Mikrostressoren
V. Aufrechterhaltende Faktoren: Inadäquater Copingstil, familiär bzw. partnerschaftlich verstärkende
Bedingungen, soziale Vorteile, fehlendes soziales Netz oder Stützsystem
11. Wie erklärt die Psychoanalyse die Entstehung somatoformer Störungen

„Studie über Hysterie“: Ursache der Konversionsreaktion in einer Erfahrung, die mit starker emotionaler
Erregung einhergeht; der Affekt gelangt allerdings nicht zum Ausdruck und die Erinnerung an das
Ereignis wurde vom Bewusstsein ausgeschlossen; Ursache der spezifischen Konversionssymptome wurde
in einem traumatischen Ereignis vermutet

Später: Wurzeln der Konversionsstörung in ungelöstem Elektrakomplex -> das kleine Mädchen
entwickelt eine sexuelle Bindung an den Vater, aber diese frühe Triebregungen werden verdrängt, wenn
die Eltern hart und missbilligend darauf reagieren; als Folge erlangt Sexualität für das Kind eine
überwertige Bedeutung, wird aber gleichzeitig gemieden; in späteren Jahren lösen die wiedererweckten
sexuellen Regungen Angst aus; diese wird in körperliche Symptome umgewandelt -> Primärgewinn der
Konversionssymptome = Vermeiden des ungelösten Elektrakomplexes und früher verdrängter ESImpulse; Sekundärgewinn -> Zuwendung

Neue psychodynamische Interpretation von hysterischer Blindheit: Dissoziation von Wahrnehmung und
Bewusstsein
12. Welche Vermutungen stellen Lerntheoretiker zur Erklärung der Konversionsstörungen an?

Kritisch: Konversionsreaktion ist der Simulation insofern ähnlich, als die Betroffenen ein bestimmtes
Symptom aufweisen, um dadurch ein bestimmtes Ziel zu erreichen; sie versuchen sich so zu verhalten,
wie sich in ihrer Vorstellung jemand mit einer motorisch oder sensorisch beeinträchtigenden Krankheit
verhalten würde
13. Wie lautet die soziokulturelle Erklärung der Konversionssymptomatik?

Sexuelle Repression -> Rückgang der Zahl von Konversionsstörungen (mit einhergehender Lockerung
der Sexualmoral) im letzten Jahrhundert legt nahe, dass soziale und kulturelle Faktoren eine Rolle
spielen

Geringes medizinisches und psychologisches Wissen -> unterstützt wird die Bedeutung sozialer und
Kultureller Faktoren auch durch Untersuchungen, die Belegen, dass die Konversionsstörung öfter bei
Patienten aus ländlichen Gebieten und aus niedrigen sozialen Schichten diagnostiziert wird, bzw. weniger
in Industrienationen und häufiger in weniger entwickelten Ländern

Biologische Faktoren: keine nachgewiesene Erblichkeit, Möglicherweise aber Zusammenhang zur
Struktur des Gehirns -> Konversionssymptome treten häufiger links als rechts auf (Hinweis auf rechte
Hemisphäre, Sitz negativer emotionaler Erregung)
14. Therapie somatoformer Störungen:

Menschen mit somatofomen Störungen gehen wesentlich häufiger zu einem normalen Arzt als zu
Psychiatern und Psychologen; will ein Arzt sie zu einem überweisen, verstehen sie dies als Hinweis, dass
er sie „für nicht ganz richtig im Kopf“ hält und nehmen es ihm übel, dass er sie zu einem „Irrenarzt“
schickt; solche Patienten können die Geduld der Ärzte auf eine harte Probe stellen; häufig wissen diese
sich nicht anders zu helfen, als ein Medikament oder eine Medizinische Behandlung nach der anderen zu
verschreiben – in der Hoffnung die somatischen Beschwerden zu lindern

Psychoanalyse: „Redekur“ basiert auf der Annahme, dass eine massive Verdrängung der psychischen
Energie keinen anderen Ausweg ließ als den der Konversion in rätselhaften Anästhesien oder
Lähmungen; Die Karthasis sollte durch Konfrontation mit den infantilen Ursprüngen der Verdrängung
helfen. Auch heute versucht man mit freier Assoziation und anderen Techniken die Verdrängung
aufzuheben; Psychoanalyse und psychoanalytisch orientierte Therapien haben sich bei der Behandlung
von Konversionsstörungen als weniger effektiv erwiesen, sie bewirken allenfalls, dass die Patienten sich
um ihre Beeinträchtigungen weniger Sorgen machen

Therapie von Angst und Depression -> kognitiv-verhaltenstherapeutische Ansätze;

Familientherapie und Selbstsicherheitstraining
16



Verhalten des Arztes: Beschwerden nicht bestreiten, aber Diagnosetests und Interventionen auf ein
Minimum beschränken und Kontakt zum Patienten halten, unabhängig davon ob dieser sich über
Beschwerden beklagt oder nicht
Therapie von Schmerzen -> Überprüfen, tatsächlich vorliegt oder nur in der Phantasie,
Entspannungstraining, Belohnung des Betroffenen, wenn er sich nicht dem Schmerz entsprechend
verhält; niedrige Dosen von Antidepressiva können helfen; im allgemeinen positive Seiten betonen und
zu mehr Aktivität anregen
Operante Ansätze: Belohnung für jede Besserung
15. Was ist das zentrale Merkmal der dissoziativen Störungen?

Änderung des Bewusstseinszusammenhangs von Identität, Gedächtnis und Wahrnehmung

Bei einer dissoziativen Störung können wichtige persönliche Ereignisse nicht erinnert werden, oder die
eigene Identität geht zeitweise verloren; in manchen Fällen nehmen die Betroffenen sogar eine neue
Identität an oder verlassen ihre gewohnte Umgebung
16. Was weiß man zur Epidemiologie der dissoziativen Störungen?

Kaum präzise Daten bekannt, die bislang wahrscheinlich beste Untersuchung ermittelte Prävalenzraten
von 0,7 % für Amnesie, 2,4 % für Depersonalisationsstörung und 0,2 % für die Fugue
17. Was sind die Hauptmerkmale der dissoziativen Amnesie?

Plötzlich einsetzende Unfähigkeit, sich an wichtige persönliche Daten zu erinnern; tritt gewöhnlich nach
einer Zeit besonderer Belastung auf; zwar sind die Erinnerungen nicht endgültig verloren, sie sind jedoch
während der amnestischen Episode nicht abrufbar; die Erinnerungslücken sind zu groß, als dass man sie
mit normaler Vergesslichkeit erklären könnte

In den meisten Fällen betrifft der Gedächtnisverlust alle Ereignisse innerhalb eines begrenzten
Zeitraums nach einer traumatischen Erfahrung, etwa nachdem jemand den Tod eines geliebten
Menschen miterleben musste

Etwas seltener ist die selektive Amnesie, die nur einige Ereignisse eines bestimmten besonders
belastenden Zeitraums betrifft; Am seltensten ist die vollständige Amnesie, sie erstreckt sich auf das
ganze Leben

Während einer amnestischen Episode ist das Verhalten der Betroffenen unauffällig, als Folge des
Gedächtnisverlustes können jedoch Desorientiertheit und zielloses Umherlaufen vorkommen

Bei vollkommener Amnesie erkennt der Patient weder Verwandte noch Freunde, aber seine Fähigkeit zu
sprechen, zu lesen und vernünftig zu denken und vielleicht auch seine Besonderen Talente und jegliches
zuvor erworbenes Wissen über die Welt und die eigene Rolle in ihr bleiben erhalten

Eine amnestische Episode kann mehrere Stunden, aber auch mehrere Jahre dauern; die Amnesie
verschwindet gewöhnlich so plötzlich, wie sie gekommen ist, die Wiederherstellung ist vollständig,
rezidive sind selten

Differentialdiagnose: psychogene Amnesie vs. organisch bedingte/Substanzmissbrauch bedingte
Amnesie:
a. Bei degenerativen Störungen lässt das Gedächtnis allmählich und unabhängig von besonders
belastenden Ereignissen nach und geht mit anderen kognitiven Defiziten, wie z.B. einer
Unfähigkeit neue Informationen zu speichern einher
b. Bei einer Hirnverletzung, die durch ein Trauma (z.B. Autounfall) oder durch
Substanzmissbrauch verursacht wird, kann der Gedächtnisverlust leicht auf das Trauma oder
die konsumierte Substanz zurückgeführt werden
18. Wodurch fällt jemand mit einer dissoziativen Fugue auf?

Der Gedächtnisverlust ist umfangreicher als bei der dissoziativen Amnesie; die betroffenen erleiden nicht
nur eine vollständige Amnesie, sondern sie verlassen plötzlich Heim und Arbeitsplatz und nehmen eine
völlig neue Identität an; gelegentlich wählen sie einen neuen Namen, ein neues Zuhause, einen neuen
Arbeitsplatz und nehmen sogar neue Persönlichkeitszüge an

Manchmal gelingt es ihnen sogar, ein komplexes gesellschaftliches Leben aufzubauen; in den meisten
Fällen nimmt dieses neue Leben jedoch nicht diese vollständig neue Form an, und die Fugue ist nur von
kürzerer Dauer; meistens beschränkt sie sich auf begrenztes, anscheinend zielbewusstes Umherreisen,
während dessen soziale Kontakte auf ein Minimum beschränkt sind oder völlig fehlen

Zur Fugue kommt es gewöhnlich nach schweren Belastungen wie Ehestreitigkeiten, einer persönlichen
Zurückweisung, finanziellen oder beruflichen Schwierigkeiten, Kriegsdienst, Naturkatastrophen,…

Die Wiederherstellung ist – obwohl die dafür notwendige Zeitspanne unterschiedlich lang ist –
gewöhnlich vollständig und die Betroffenen können sich an die Ereignisse während ihrer Flucht aus der
gewohnten Umgebung nicht erinnern
19. Was ist eine Depersonalisationsstörung?

Im DSM IV -> Dissoziative Störung, nicht im ICD-10; Zuordnung umstritten da die für andere
dissoziative Störungen typische Gedächtnisstörung fehlt
17




Selbstwahrnehmung und Selbsterleben ändern sich auf abrupte und befremdliche Weise
Während einer Depersonalisationsepisode (in der Regel nach starken Belastungen), verlieren die
Betroffenen plötzlich das Gefühl für sich selbst; ihre Glieder scheinen sich auszudehnen oder zu
Schrumpfen, die eigene Stimme klingt fremd oder sie haben das Gefühl sich außerhalb ihres Körpers zu
befinden und sich selbst zu beobachten; manchmal kommen sie sich wie Maschinen vor und haben das
Gefühl, sie und die anderen Personen seien Roboter, oder sie bewegen sich wie im Traum, wie ihnen die
Welt unwirklich geworden ist
Ähnliche Erfahrungen treten gelegentlich auch bei anderen Störungen auf, z.B. Schizophrenie,
Panikattacken, Zwangsstörungen, posttraumatische Belastungsstörung oder BorderlinePersönlichkeitsstörung
Setzt gewöhnlich im Jugendalter ein und verläuft chronisch; häufig finden sich komorbid
Persönlichkeitsstörungen, Angststörungen und Depressionen
20. Was versteht man unter einer dissoziativen Identitätsstörung?

Hauptmerkmal: Existenz von zwei oder mehr verschiedenen Persönlichkeiten innerhalb eines
Individuums; jede dieser Persönlichkeiten hat unabhängig von der anderen ihre eigene Lebensform, ihre
eigenen Gefühle und Verhaltensmuster, die zu verschiedenen Zeiten dominieren

Gewöhnlich ist eine der Persönlichkeiten die Hauptpersönlichkeit, die sich dann auch einer Behandlung
stellt; zum Zeitpunkt der Diagnose sind in der Regel zwei bis vier Persönlichkeiten beteiligt, im Laufe der
Behandlung können jedoch noch weitere dazukommen

Erinnerungslücken sind üblich, weil zumindest eine Persönlichkeit keinerlei Zugang zu den anderen hat

Wenn also Persönlichkeit A dominiert. Weiß der Betroffene nichts über Persönlichkeit B und auch nicht,
dass er über andere Persönlichkeiten verfügt;

Die Existenz verschiedener Persönlichkeiten muss chronisch sein und das eigene Leben stark
beeinträchtigen; die verschiedenen Persönlichkeiten dürfen nicht eine vorübergehende Veränderung z.B.
aufgrund von Drogen sein

Jede Persönlichkeit kann eine voll integrierte und komplexe Ganzheit mit eigenen Verhaltensmustern,
Erinnerungen und Beziehungen sein, die Wesen und Handlungen des Betroffenen bestimmen, solange
diese Persönlichkeit dominiert

Gewöhnlich sind die einzelnen Persönlichkeiten sehr verschieden, manchmal ist die eine sogar das
genaue Gegenteil der anderen; eine ist möglicherweise Rechtshänder, die andere Linkshänder, sie
tragen Brillen mit verschiedenen Sehschärfen und sind gegen verschiedene Substanzen allergisch

Ursprüngliche Persönlichkeit und Subpersönlichkeiten sind sich der zeitlichen Lücken bewusst, und die
Stimmen der einen können ins Bewusstsein der anderen Eindringen, ohne dass diese wissen, wem die
Stimmen gehören
Verlauf:

Beginnt bereits in der Kindheit, wird aber selten vor dem Erwachsenenalter diagnostiziert;

Weitreichender als andere dissoziative Störungen und die Heilung ist möglicherweise weniger vollständig

Weit häufiger bei Frauen als bei Männern

Zeitgleich oft Depressionen, Borderline-Persönlichkeitsstörungen und Somatisierungsstörungen

Geht weiterhin mit Kopfschmerzen, Substanzmissbrauch, Phobien, Halluzinationen, Suizidversuchen,
sexuellen Dysfunktionen und selbstzerstörerischem Verhalten sowie anderen dissoziativen Symptomen
wie Amnesie oder Depersonalisation einher
Differentialdiagnose:

Wird in der Presse oft fälschlicherweise unter Schizophrenie gehandelt (schizo = abspalten); eine
Spaltung innerhalb einer Person in kohärente Systeme ist jedoch von den Symptomen der Schizophrenie
zu unterscheiden
21. Welche diagnostischen Probleme ergeben sich bei der dissoziativen Identitätsstörung?

Diagnose ist sehr umstritten, in einer Umfrage gaben nur ein Drittel der Befragten an, sie hätten nichts
gegen diese Diagnose einzuwenden;

Wurde erstmals im 19. Jh. erwähnt; von 1890 – 1920 wurden etwa 77 Fälle in der Literatur erwähnt;
danach nahm die Zahl der Berichte ab, bis sie in den 70er Jahren wieder deutlich stieg

Keine genauen Prävalenzdaten (Variationen von 1,3 % in Kanada bis 0,4% in der Türkei; diese
Schätzungen schon sehr hoch im Vergleich zu früher)

Wie kommt es zu diesem Anstieg? -> erstmals wurden Diagnosekriterien festgelegt,
Fehldiagnosen,…Veröffentlichung des Fall Sybil -> Steigende Diagnosezahlen; der Fall ist sehr
umstritten, manche sagen die Persönlichkeiten wurden erst durch den Therapeuten hervorgerufen,
indem er den verschiedenen emotionalen Zuständen Namen gab.
22. Welche Erklärungshypothesen für die dissoziativen Störungen gibt es?

Unzugängliche Erinnerungen: Dissoziation -> stammt von Pierre Janet; Grundlegende Annahme: das
Bewusstsein stellt normalerweise eine einheitliche Erfahrung dar und Kognitionen, Emotionen und
Motivationen umfasst; in belastenden Situationen können traumatische Erfahrungen auf eine Weise
gespeichert werden, die sie später, wenn der Betroffene sich wieder in einen normaleren Zustand
befindet, nicht mehr zugänglich macht; dies kann zu einer Amnesie oder Fugue führen
18


Vermeidungsreaktion: Lerntheoretiker halten die Dissoziation im Allgemeinen für eine
Vermeidungsreaktion, die die Betroffenen vor belastenden Ereignissen und den Erinnerungen daran
schützt; da die Betroffenen sich dadurch nicht bewusst der Situation stellen können, besteht keine
Möglichkeit, die daraus entstandene Angst zu löschen
Problem Psychoanalytischer oder lerntheoretischer Erklärungen: extreme Belastungen fördern eher
Erinnerungen als sie zu hemmen (-> siehe PTBS) ABER: dissoziative Störungen extrem selten und eher
unübliche Reaktion auf ein Trauma
23. Welche Rolle spielen frühe Traumatisierungen (z.B. Missbrauch) bei der Ätiologie von dissoziativen
Störungen? Wie ist die Befundlage?

Zwei Erklärungstheorien der dissoziativen Identitätsstörung
a. In der Kindheit aufgrund schweren körperlichen Missbrauchs; der Missbrauch führt zur
Dissoziation und der Entstehung verschiedener Persönlichkeiten als Möglichkeit dem Trauma zu
entkommen; da aber nicht alle die als Kind missbraucht wurden eine DIS entwickeln, muss eine
entsprechende Prädisposition vorliegen (z.B. leichte Hypnotisierbarkeit könnte die Schaffung
verschiedener Persönlichkeiten durch Selbsthypnose erleichtern, oder dass diese Menschen eine
starke Neigung haben, sich Phantasien hinzugeben)
b. DIS als erlerntes soziales Rollenverhalten; die verschiedenen Persönlichkeiten treten im
Erwachsenenalter, in der Regel angeleitet durch den Therapeuten auf; die DIS wird nicht als
bewusste Vortäuschung oder Simulation gesehen, es geht nicht darum ob die Störung echt ist
oder nicht sondern darum, wie sie entstanden ist

Befundlage:

Experiment Spanos, Weeks & Betrand: Rollenübernahme ist möglich, heißt aber nicht dass es keine DIS
gibt, die mit Halluzinationen, Zeitlücken und Depersonalisation

Folge von Missbrauch -> schwierig, für Berichte über Missbrauch liegen meist keine handfesten Beweise
vor

Studie Lewis: mit 150 verurteilten Mördern: darunter wurden 14 Fälle mit DIS ermittelt, 12 davon wiesen
schon lange Symptome auf; 8 der Betroffenen hatten in ihrer Kindheit Absencen erlebt, neun von ihnen
hatten akustische Halluzinationen gehabt und 10 Phantasiegefährten; die Symptome wurden durch
mindestens 3 externe Quellen bestätigt, außerdem hatten einige eine völlig andere Handschrift, bevor
sie das Verbrechen begingen; ein weiterer wichtiger Aspekt dieser Untersuchung war die Dokumentation
eines körperlichen oder sexuellen Missbrauchs in der Kindheit in 11 Fällen, was auch von externen
Quellen und anhand körperlicher Zeichen (Narben) belegt werden konnte, Zitat der Autoren „Der Begriff
„Missbrauch“ wird der Art der Misshandlung, die diese Menschen hinter sich haben nicht gerecht;
Treffender wäre hier von „Folter“ zu sprechen“
24. Was ist das Hauptziel bei der Therapie dissoziativer Störungen?

Integration der verschiedenen Persönlichkeiten
25. Therapie dissoziativer Störungen: (Welche Rolle spielt die Hypnose)?

Psychoanalyse, Traumatherapien (PTBS = häufigste komorbide Störung); die Anfänge der Psychoanalyse
gehen auf Hypnose zurück und bis heute werden Patienten mit einer dissoziativen Störung hypnotisiert,
damit sie Zugang zu den verborgenen Teilen ihrer Persönlichkeit bekommen – zu einer verlorenen
Identität oder zu Ereignissen, die vor und nach einem Trauma stattfanden
Behandlung der dissoziativen Identitätsstörung:

Altersregression: Patienten mit DIS sind in aller Regel hypnotisierbar und man nimmt an, dass sie diese
Hypnotisierbarkeit selbst (unbewusst) einsetzen, um durch den Übergang in einen dissoziativen,
tranceartigen Zustand mit Belastungen fertig zu werden; daher wird Hypnose zur Behandlung dieser
Störung eingesetzt

Im allgemeinen geht man davon aus, dass die Rekonstruktion verdrängter schmerzhafter Erinnerungen
durch die Wiederherstellung des Zustands, in den der Patient vermutlich beim ursprünglichen Missbrauch
übertrat, erleichtert wird -> entspricht der Hypothese des zustandsabhängigen Lernens; Altersregression

Psychopharmaka zur Linderung von Angst und Depression (hat aber keine Auswirkungen auf die DIS
selbst)

Behandlungsgrundsätze:
a. Integration der verschiedenen Persönlichkeiten
b. Jeder Persönlichkeit muss dabei geholfen werden zu verstehen, dass sie Teil ein und der selben
Person ist und dass die anderen Persönlichkeiten selbst geschaffen wurden
c. Der Therapeut sollte die Namen der unterschiedlichen Persönlichkeiten nur zur Kennzeichnung
benutzen, nicht um die Existenz separater, autonomer Persönlichkeiten zu bestätigen, die
insgesamt die Verantwortung für die Handlungen der Person nicht übernehmen
d. Alle Personen sollten unvoreingenommen und mit Empathie behandelt werden
e. Der Therapeut sollte die Empathie und die Zusammenarbeit zwischen den Persönlichkeiten
unterstützen
19
f.

Wenn es um das traumatische Kindheitserlebnis geht, das möglicherweise die Spaltung
auslöste, sind Unterstützung und Freundlichkeit gefordert
Ziel: den Betroffenen davon überzeugen, dass das Vergessen oder die Spaltung in verschiedene
Persönlichkeiten nicht mehr nötig sind, um mit einem Trauma umzugehen; Trainieren von besseren
Bewältigungsstrategien kann den Behandlungserfolg stärken
20
KAPITEL 8: PSYCHOPHYSIOLOGISCHE STÖRUNGEN
(S. 232-280)
-> z.B. Asthma, Bluthochdruck, Kopfschmerzen und Gastritis; gekennzeichnet durch ernsthafte körperliche
Symptome, für deren Entstehung oder Verschlimmerung emotionale Faktoren verantwortlich sind
1.

Wodurch unterscheiden sich psychophysiologische Störungen von somatoformen Störungen?
Im Gegensatz zu den somatoformen Störungen (Hypochondrie, Somatisierungsstörung und Konversion)
um wirkliche Krankheiten, die den Körper schädigen; die Störungen auf emotionale Faktoren
zurückzuführen heißt nicht, dass das körperliche Leiden nicht real ist -> an psychisch bedingtem Asthma
oder Bluthochdruck kann man genau so sterben wie an einer infektiösen oder verletzungsbedingten
Krankheit
2.


Wie werden die psychophysiologischen Störungen im ICD-10 und im DSM-IV klassifiziert?
Psychophysiologische Störungen als solche kommen im DSM-IV und im ICD-10 nicht vor;
das DSM-IV verlangt zwar eine diagnostische Einschätzung darüber, ob „psychische Faktoren vorliegen,
die medizinische Krankheitsfaktoren beeinflussen“, die Diagnose ist jedoch dem großen Bereich der
„andere klinisch relevante Probleme“ zugeordnet, da es sich bei diesen Störungen nicht vorrangig um
eine Form psychischer Störungen handelt; bei psychophysiologischen Störungen ist immer die Achse II
des DSM-IV berührt
entsprechend finden sich diese Störungen nicht im Kapitel V (F) des ICD-10, sondern in anderen
Störungskapiteln
a. atopische Dermatitis -> L20 in Kapitel XII (Haut)
b. verschiedene Uclerationen -> K 25 – 29 in Kapitel XI (Verdauungssystem)
c. Migräne/Kopfschmerzen -> G 43 – 44 in Kapitel VI (Nervensystem)
d. Rückenschmerzen -> M 54 in Kapitel XIII (Muskel-Skelett-System)
e. Asthma -> J45 in Kapitel X (respiratorisches System)
f. HIV/AIDS -> B22 in Kapitel I (Infektionen)

Relevanz psychischer Faktoren:

Früher zählten nur wenige Krankheiten zu den psychophysiologischen Störungen, die neue Diagnose ist
hingegen auf jede Erkrankung anwendbar, weil man mittlerweile davon ausgeht, dass jede Krankheit
durch psychische Faktoren beeinflusst werden kann; außerdem gibt es Fälle, in denen psychische
Faktoren oder das Verhalten nicht nur den Beginn, sondern auch den Verlauf oder die Behandlung
körperlicher Krankheiten beeinflussen

Zu solchen psychologischen oder verhaltensbezogenen Faktoren (hier: Verhaltensmerkmale) zählen alle
psychischen Störungen (Diagnosen der Achsen I und II im DSM-IV bzw. des Kapitels F des ICD-10),
Persönlichkeitsmerkmale, Bewältigungsformen (z.B. Ärger unterdrücken) oder der Lebensstil (z.B. keine
regelmäßige körperliche Bewegung)
3.


4.



Welche /tierexperimentellen Belege gibt es im Zusammenhang von Stress und psychophysiologischen
Störungen
Bei Tieren können verschiedene Krankheiten (z.B. Geschwüre) experimentell erzeugt werden, wenn man
sie starken Belastungen aussetzt; schnelleres Tumorwachstum bei Stress
Weiterhin: Nachuntersuchung von Vietnamkriegsveteranen nach 20 Jahren: ungewöhnliche Häufung von
Erkrankungen des Kreislaufsystems, des Respirationstrakts, des Verdauungs- und Bewegungsapparates,
des endokrinen und des Nervensystems
Was versteht man unter Verhaltensmedizin und unter Gesundheitspsychologie?
Seit den 70er Jahren befasst man sich in diesen neuen Bereichen mit der Rolle psychischer Faktoren bei
allen Aspekten von Gesundheit und Krankheit; neben der Bedeutung Stress für die Ätiologie von
Krankheiten werden psychologische Therapien (z.B. Biofeedback für Migränekopfschmerz) und das
Gesundheitssystem selbst (z.B. bessere Versorgung unterversorgter Bevölkerungsgruppen) untersucht
Auch der Prävention wird in der Gesundheitspsychologie große Aufmerksamkeit geschenkt; als man im
Laufe des 20. Jhdt. Infektionskrankheiten besser unter Kontrolle bekam, starben zunehmend Menschen
an Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Ursachen z.B. Rauchen, übermäßiges Essen und Alkoholkonsum);
daher geht man davon aus, dass Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch die Änderung eines ungesunden
Lebensstils verhindert werden können
Gesundheitspsychologie und Verhaltensmedizin beschränken sich jedoch nicht auf bestimmte Techniken
oder Grundsätze zur Verhaltensänderung; Kliniker, die in diesen Bereichen arbeiten wenden eine ganze
Palette von Verfahren an – vom Kontingenzmanagement über Stressreduzierung bin hin zu kognitivverhaltensorientierten Ansätzen – alle mit dem Ziel, schlechte Lebensgewohnheiten, quälende
psychische Zustände und abweichende physiologische Prozesse zu ändern und eine positive Wirkung auf
die Gesundheit zu erzielen
21
5.

Was ist das Adaptionssystem nach Seyle?
Beschreibt die biologische Reaktion auf lange andauernden, unverminderten körperlichen Stress; das
Modell umfasst 3 Phasen:
a. In der ersten Phase, der Alarmreaktion, aktiviert Stress das autonome Nervensystem. Ist die
Belastung zu stark, bilden sich gastrointestinale Ulcera, die Nebennieren vergrößern sich und es
entsteht eine Atropie (Schwund des Thymus)
b. In der zweiten Phase, dem Widerstand, passt sich der Organismus durch die Verfügbaren
Bewältigungsmechanismen dem Stress an
c. Wenn der Stressor weiter besteht oder der Organismus nicht in der Lage ist, wirksam zu
reagieren, folgt eine Phase der Erschöpfung, und der Organismus stirbt oder erleidet
irreparable Schädigungen

Problem der reaktionsbasierten Definition (Stress als Reaktion auf Umweltbedingungen): Kriterien nicht
spezifisch, physiologische Veränderungen (emotionale Erregung, Leistungsbeeinträchtigung,
physiologische Veränderungen wie größere Hautleitfähigkeit, gesteigerte Hormonkonzentrationen,…) im
Körper können auch als Reaktion auf Reize auftreten, die wir nicht als belastend erachten würden (z.B.
Vorfreude)
Reizbasierte Definition: Stress als Reiz (= Stressor), gleichgesetzt mit Umweltbedingungen wie
Elektroschocks, Langeweile, unkontrollierbaren Reizen, Katastrophen, alltäglicher Ärger und Schlafentzug
-> unangenehme Erfahrungen, unterteilt in
a. Starke Reize (Tod eines geliebten Menschen)
b. Schwächere Reize (Ärger im Verkehr)
c. Akute Reize (Nichtbestehen einer Prüfung)
d. Chronische Reize (Belastendes Arbeitsumfeld)
Auch hier besteht die Problematik festzulegen, was einen Stressor ausmacht; Negativität genügt nicht,
denn auch ein grundsätzlich positives Ereignis wie eine Eheschließung wird als Stressor angesehen, weil
es Anpassung erfordert; außerdem reagieren Menschen sehr unterschiedlich auf die Anforderungen des
Lebens


6.

Wie definiert Lazarus Stress? Welche Faktoren spielen in seinem Modell eine Rolle?
Lazarus gehört zu den Forschern, die der Meinung sind, dass eine objektive Definition psychischer
Stressoren nicht möglich ist; die kognitiven Aspekte von Stress, also die Art und Weise, wie die Umwelt
wahrgenommen und beurteilt wird, entscheidet darüber, ob etwas als Stress erlebt wird oder nicht ->
jemand empfindet Stress, wenn er meint, dass eine Situation seine adaptiven Möglichkeiten übersteigt
(eine Anschlussprüfung kann für den einen eine Herausforderung sein, für den anderen, der sich ihr
nicht gewachsen fühlt, jedoch eine starke Belastung darstellen – unabhängig davon, ob diese
Einschätzung realistisch ist oder nicht)
7.

Welche Arten von Coping lassen sich unterscheiden?
Coping = Bewältigungsverhalten, also die Art und Weise wie Menschen versuchen ein Problem zu
bewältigen oder mit den damit einhergehenden Emotionen umzugehen; auch unter denjenigen, die eine
Situation als belastend empfinden, können die Auswirkungen von Stress variieren, je nachdem wie die
einzelnen mit dem Ereignis umgehen
Lazarus und seine Kollegen haben zwei weit gefasste Dimensionen des Coping ermittelt
a. Problemorientiertes Coping = direkte Handlungen die zur Lösung eines Problems führen, oder
die Suche nach Informationen, die für die Lösung wichtig sein können (z.B. erstellen eines
Arbeitsplans, durch den das Lernen über das Semester verteilt und damit die Belastung am
Ende des Semesters reduziert wird.
b. Emotionsorientiertes Coping = Anstrengungen, um die negativen emotionalen Reaktionen auf
Stress abzubauen, indem beispielsweise Ablenkung vom Problem, Entspannung oder
Unterstützung gesucht wird
Ob Bewältigungsstrategien wirksam sind, hängt häufig von der Situation ab


8.



Was meint soziale Unterstützung? Welche Formen gibt es?
Strukturelle soziale Unterstützung: elementares soziales Netz einer Person (Familienstand, Anzahl der
Freunde)
a. Verlässlicher Prädiktor der Mortalität
Funktionale soziale Unterstützung: Qualität der Beziehungen – ist jemand davon überzeugt, dass er gute
Freunde hat, die er in Anspruch nehmen kann, wenn er sie braucht?
a. Geht mit geringerer Häufigkeit von Arteriosklerose einher, und bei Frauen mit der Fähigkeit,
sich an die chronische rheumatische Arthritis anzupassen
Wirkungsweise der sozialen Unterstützung:
22
a.
b.
9.



Steigert evtl. die Wahrscheinlichkeit für positives Gesundheitsverhalten
Direkte Auswirkung auf biologische Prozesse -> geringe soziale Unterstützung mit mehr
negativen Emotionen verbunden, die ihrerseits die Konzentration einiger Hormone und des
Immunsystem beeinflussen können
Welche Befunde zur Wirkung sozialer Unterstützung gibt es?
Beeinflusst den Blutdruck
Tierexperimentell: stressmindernde Wirkung durch Freisetzung von Oxytocin; vermindert die Aktivität
des sympathischen Nervensystems und kann dadurch die physiologischen Auswirkungen eines Stressors
abschwächen (aber nur bis zu einem gewissen Grad)
Positiver Einfluss bei Brustkrebspatienten (Verringerung des persönlichen Leids, oder sogar geringere
physiologische Beeinträchtigung)
10. Wie stellt man sich den Zusammenhang von Stress und Krankheitsentwicklung vor?

Indirekte Auswirkungen von Stress -> Veränderungen des Gesundheitsverhaltens -> Erhöhung des
Krankheitsrisikos
11. Welche biologischen Konzepte zur Erklärung psychophysiologischer Störungen gibt es?

Theorie der Organschwäche (durch genetische Faktoren, frühere Krankheiten,
Ernährungsgewohnheiten,…)

Theorie der spezifischen Reaktion -> nimmt an, dass jeder Mensch sein besonderes autonomes Muster
für die Reaktion auf Stress besitzt; vielleicht ist das jeweils reaktivste Körperorgan/system auch zugleich
der Ort einer eventuellen späteren Störung

Theorie der protrahierten Exposition gegenüber Stresshormonen -> stressbedingte biologische
Veränderungen durchaus kurzfristig adaptiv -> der Körper erleidet Beeinträchtigungen, wenn er sich
ständig an Stress anpassen muss -> vielleicht Beeinträchtigung des Immunsystems
12. In welcher Beziehung stehen Stress und Immunsystem?

Unterschiedlichste Stressoren verursachen Veränderungen im Immunsystem – Prüfungen, Depressionen,
und schmerzliche Verluste, Ehestreit und Scheidung, Verlust des Arbeitsplatzes, Pflege eines
Angehörigen, Natur- und Industriekatastrophen,… -> noch nicht geklärt ob solche Veränderungen zu
einem ungünstigeren klinischen Verlauf führen oder ob Stressbedingte Veränderungen des
Immunsystems so stark sind, das sie tatsächlich das Krankheitsrisiko erhöhen

Sekretorische Immunität: Immunglobulin A -> erste Verteidigung gegen eindringende Viren und
Bakterien; Zahl der Antikörper an Veränderungen der Stimmung gebunden; man könnte sich vorstellen,
das ein Mehr an negativen Lebensereignissen und ein Weniger an positiven Ereignissen die Stimmung
beeinträchtigt und das wiederum das Antikörperniveau im sekretorischen Ig A senkt – Ist der Betroffene
in dieser Situation mit einem Virus konfrontiert, erhöht sich das Infektionsrisiko
13. Wie versuchen psychologische Theorien die Entstehung psychophysiologischer Störungen zu erklären?

Psychologische Theorien versuchen, die Ursachen verschiedener Störungen in Faktoren wie der
unbewussten emotionalen Verfassung, Persönlichkeitsmerkmalen, kognitive Bewertungen und spezielle
Formen der Stressbewältigung zu finden
14. Welche Annahmen macht die Psychoanalyse zu psychophysiologischen Störungen?

Psychoanalytische Theorien – Franz Alexander: gehen davon aus, dass spezielle Konflikte und die damit
einhergehenden negativen Emotionen psychophysiologische Störungen auslösen, z.B. unterdrückte
aggressive Impulse, unterdrückter Ärger -> Hypertonie
15. Welche Rolle spielen Kognitionen und Verhalten bei der Ätiologie psychophysiologischer Störungen?

Kummer und Sorgen können genauso wie physische Bedrohungen die Aktivität des sympathischen
Nervensystems und die Sekretion von Stresshormonen beeinflussen; Negative Emotionen wie
Missbehagen, Bedauern oder Sorge können jedoch nicht so leicht bekämpft werden wie äußere
Bedrohungen -> können das sympathische Nervensystem aktivieren und dadurch den Körper in einer
ständigen Alarmsituation halten, die länger anhält, als es der Körper vertragen kann

Bewertung, Bewältigung, Persönlichkeitsmerkmale und Geschlecht können Einfluss auf die Erkrankung
nehmen
16. Was zeigen Studien zur Geschlechtszugehörigkeit und Gesundheit bzw. Krankheit?

Geringere Mortalität bei Frauen – in jedem Alter sterben mehr Männer als Frauen; die einzelnen
Todesursachen unterscheiden sich stark zwischen den Geschlechtern; Durch Autounfälle, Mord,
Leberzirrhose, Herz- und Lungenkrankheiten, Lungenkrebs und Suizid sterben Männer doppelt so häufig
wie Frauen;
23


Dennoch haben Frauen eine höhere Morbidität, ihre allgemeine Gesundheit ist schlechter, und sie
erkranken häufiger -> der Anteil an Diabetes, Anämie, gastrointestinalen Problemen und rheumatoider
Arthritis ist bei Frauen höher; sie gehen häufiger zum Arzt, nehmen mehr Medikamente ein und stellen
zweidrittel aller Patienten chirurgischer Eingriffe in den USA; in den Letzten Jahren hat sich allerdings
der Mortalitätsvorteil der Frauen vermindert -> Annäherung des Lebensstils
Schutzfaktor Östrogen? -> Kardiovaskuläre Erkrankungen sind z.B. bei Frauen nach der Menopause
oder nach Entfernen der Ovarien häufiger als bei Frauen vor der Menopause
17. Was sind kardiovaskuläre - Störungen? Welches besondere Risiko ist damit verbunden?

Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems; In USA und Europa geht fast die Hälfte aller Todesfälle auf
diese Erkrankungen zurück; über 50 Mio. Amerikaner leiden daran

Besonders Bluthochdruck und koronare Herzkrankheiten (häufigste Todesursache der kardiovaskulären
Erkrankungen) werden durch Stress negativ beeinflusst; es besteht Einigung darüber, dass viele
Todesfälle aufgrund kardiovaskulärer Erkrankungen verhindert werden können, wenn man einen oder
mehrere bekannte Risikofaktoren ausschalten würde
18. Wie definiert man essentielle Hypertonie?

Bluthochdruck ohne erkennbare organische Ursache

Hypertonie disponiert für Arteriosklerose, Herzinfarkt und Schlaganfälle und kann tödliches
Nierenversagen verursachen

Nur bei 10 % der Betroffenen lässt sich eine körperliche Ursache feststellen

Etwa 20 % der US-Amerikaner leiden mehr oder weniger stark daran, wobei Afroamerikaner etwa
doppelt so oft betroffen sind als Weiße; etwa 10 % der US-Amerikanischen Studenten leiden an
Hypertonie – meist ohne es zu wissen
19. Welche Faktoren nehmen Einfluss auf den Blutdruck?

Genetische Disposition, Fettleibigkeit, übermäßiger Alkohol- und Salzkonsum, erhöhtes Herzvolumen,
erhöhter Widerstand der Arterien (Vasokonstriktion);

Komplexes Zusammenspiel von sympathischem Nervensystem, Hormonen, Salz- und Wasserhaushalten;
viele dieser physiologischen Mechanismen können durch psychischen Stress verändert werden
20. Wie hängen Stress und Bluthochdruck zusammen?

Anstrengende Besprechungen, Naturkatastrophen und Stress am Arbeitsplatz führen zu
vorübergehenden Anstieg des Blutdrucks

In Laboruntersuchungen ist es ziemlich leicht, einen erhöhten Blutdruck zu erzeugen,. Indem man
verschiedene emotionale Zustände wie Ärger, Angst oder Traurigkeit auslöst; ebenso führen
anspruchsvolle Aufgaben wie Kopfrechnen oder spiegelbildliches Zeichnen, die Hand in eiskaltes Wasser
legen oder eine Rede halten zu einer Erhöhung des Blutdrucks

Tierexperimente: eher Dauerbelastungen wie Konkurrenz um Futter bewirken einen langfristigen
Blutdruckanstieg; insgesamt lässt sich jedoch schließen dass gewisse prädisponierende Faktoren oder
Faktoren wie die Aktivierung des sympathischen Nervensystems durch Ärger erforderlich sind, damit
Stress essentielle Hypertonie zur Folge hat

Untersuchung in natürlicher Umgebung:
a. sowohl positive als auch negative Emotionen hängen mit erhöhtem Blutdruck zusammen, es
gibt Hinweise darauf dass bei den negativen Emotionen Ärger am stärksten mit hohem
Blutdruck in Verbindung steht
b. Umweltbedingungen: z.B. Stresssituationen bei Rettungskräften, stark belastende Notrufe lösen
höheren Blutdruck aus, v.a. bei Rettungskräften mit hohen Ärger-/Abwehrwerten;
Untersuchungen am Arbeitsplatz: Blutdruck niedriger, wenn die Probanden das Gefühl hatten,
ihr Arbeitsumfeld unter Kontrolle zu haben, wenn sie z.B. glaubten auswählen zu können,
welche Arbeit sie erledigen wollten
c. Insgesamt: bei den meisten Probanden eher mäßiger Anstieg -> lässt auf gewisse
Prädisposition schließen (Diathese), der auch im Laufe der Zeit zu anhaltender Hypertonie führt
21. Welche Rolle spielt Ärger oder Zorn bei der Blutdruckveränderung?

Die psychische Diathese könnte darin bestehen, dass man sich leicht ärgert; unklar ist dabei, welcher
Aspekt der wichtigste ist: dass man sich leicht ärgert, dass man seinen Ärger nicht ausdrückt oder eine
zynische bzw. misstrauische Einstellung gegenüber anderen hat?

Ärger wirkt bei Männern und Frauen anders: Bei Männern wurde ein Zusammenhang zwischen Ärger
und Blutdruckanstieg festgestellt, während bei Frauen ein Zusammenhang zwischen Unterdrückung von
Ärger und Blutdruckanstieg besteht; des weiteren hatten Männer mit der Neigung sich leicht ärgern zu
lassen einen erhöhten Blutdruck, Frauen jedoch nicht
22. Welche Prädisponierenden Faktoren für erhöhten Blutdruck bzw. Blutdruckreaktivität hat man gefunden?
24






Kardiovaskuläre Reaktivität = das Ausmaß, indem Blutdruck und Herzfrequenz bei Stress ansteigen ->
mögliche biologische Prädisposition für Hypertonie und koronare Herzkrankheit
Menschen mit Hypertonie in der Familiengeschichte weisen eine stärkere Blutdruckreaktivität auf
verschiedene Stressoren auf -> wahrscheinlich genetisch übertragen
Außerdem hängt Reaktivität mit anderen bekannten Risikofaktoren der Hypertonie wie z.B. der sozialen
Schicht oder der ethischen Zugehörigkeit zusammen
Trotz all dieser Erkenntnisse liegen noch kaum Nachweise darüber vor, dass die kardiovaskuläre
Reaktivität tatsächlich Bluthochdruck vorhersagt
Schwierig: erhöhter Blutdruck kann durch erhöhtes Herzvolumen wie auch durch arterielle Verengung
verursacht werden -> zwei völlig verschiedene Mechanismen führen also zum gleichen Ergebnis;
außerdem kann eine Variable wie das Herzvolumen durch Aktivierung des sympathischen Nervensystems
oder durch verminderte Aktivierung im parasympathischen Nervensystem verstärkt werden
Es gibt Hinweise, dass ein anhaltender Blutdruckanstieg darauf zurückzuführen ist, dass Mechanismen,
die der Aktivität des sympathischen Nervensystems entgegenwirken versagen -> Menschen, deren
Blutdruck erst nach längerer Zeit wieder auf den normalen Wert zurückkehrt, könnten demnach mit
höherer Wahrscheinlichkeit Bluthochdruck entwickeln
23. Welche Hauptformen koronarer Herzerkrankungen kennt man?

Angina pectoris – plötzlich einsetzende Schmerzen im Brustkorb, meist hinter dem Brustbein, die in die
linke Schulter-Arm-Region ausstrahlen; Hauptursache dieser Paroxysmen ist eine unzureichende
Sauerstoffversorgung des Herzens (Ischämie), die ihrerseits auf einer Arteriosklerose der
Herzkranzgefäße, einer Verengung oder Verhärtung der Herzkranzarterien durch Fettablagerungen
(Cholesterin) oder auf eine Verengung der Blutgefäße zurückgeht; Bei vielen Patienten führen
ischämische Episoden nicht zu Schmerzen -> „stumme Ischämie“; sowohl angina pectoris als auch
stumme Ischämie gehen körperliche oder emotionale Belastungen voraus; man behandelt sie mit Ruhe
oder Medikamenten. Nur in seltenen Fällen wird der Herzmuskel ernsthaft geschädigt, denn der
Blutzufluss ist zwar reduziert, jedoch nicht unterbrochen; führt die Verengung einer oder mehrerer
Herzkranzarterien zu einem völligen Verschluss, kommt es zu einem…

…Myokardinfarkt oder Herzinfarkt; dieser ist sehr viel ernster und zudem eine häufige Todesursache und
führt zu einer dauerhaften Schädigung des Herzens
24.











Was sind Risikoerkrankungen für koronare Herzgefäßerkrankungen?
Alter
Geschlecht (Männer -> höheres Risiko)
Rauchen
Erhöhter Blutdruck
Erhöhter Cholesterinspiegel
Vergrößerung der linken Herzkammer
Fettleibigkeit
Langfristiger Bewegungsmangel
Übermäßiger Alkoholkonsum
Diabetes
Kurzfristig können körperliche Belastungen oder Wutanfälle einen Myokardinfarkt auslösen, Akuter Stress
ist ein weiterer Faktor (z.B. Bombenangriff); chronische Stressoren wie Ehekonflikte und finanzielle
Sorgen spielen ebenfalls eine große Rolle, so wie Belastungen am Arbeitsplatz
25. Durch welche Verhaltensmerkmale lassen sich Typ-A-Personen charakterisieren?

Stark wettbewerbs- und leistungsorientiert, haben einen stark ausgeprägten Sinn dafür, wie schnell die
Zeit vergeht und wie sehr man sich beeilen muss, und zeigen beträchtliche Aggressivität und
Feindseligkeit gegenüber anderen
26. Wie steht es um die prädiktive Nützlichkeit des Typ-A?

Widersprüchliche Befunde: Western Collaborative Studie zeigte dass Typ-A-Persönlichkeiten etwa
doppelt so oft eine koronare Herzkrankheit als Typ-B-Persönlichkeiten entwickelten, in neueren
Untersuchungen konnte die Vorhersagekraft jedoch nicht bestätigt werden

Andere Studien legen nahe, dass Zynismus einen wichtigen Faktor im Typ-A-Komplex darstellt
27. Gibt es andere Persönlichkeitsfaktoren zum Verständnis koronarer Erkrankungen?

Zynismus, Ärger, Feindseeligkeit,

Typ-D-Persönlichkeit = starke negative Affektivität (Angst, Ärger, Depression), wobei diese Emotionen
nicht zum Ausdruck gebracht werden
28. Welche Symptome lassen sich bei Asthma beobachten?

Bei Asthma verengen sich die Luftwege in der überempfindlichen Lunge, was zu extrem schwerer und
keuchender Atmung (besonders der Ausatmung) führt
25





Diese Bronchialverengung kann durch Virusinfekte, Allergene, Umweltschadstoffe, Rauch, körperliche
Bewegung, Kälte und starke Emotionen ausgelöst werden
Außerdem wird eine Entzündung des Lungengewebes durch das Immunsystem herbeigeführt, was zu
erhöhter Schleimsekretion und Ödemen führt
Asthmaanfälle treten intermittierend (manchmal fast täglich, dann erst wieder nach Wochen und
Monaten) auf und sind unterschiedlich schwer; aus bisher ungeklärten Gründen treten die Anfälle
meistens in den frühen Morgenstunden auf
Bei manchen Patienten ist die Häufigkeit der Anfälle jahreszeitlich bedingt und anhängig vom Pollenflug;
die Luftwege sind nicht ständig blockiert, vielmehr normalisiert sich das Respirationssystem völlig, sei es
spontan oder nach Behandlung
Die Anfälle setzen in den meisten Fällen plötzlich ein, der Pt. verspürt ein Engegefühl in der Brust,
keucht, hustet und es kommt zu Auswurf; ein schwerer Asthmaanfall ist eine beängstigende Erfahrung
und kann auch zu Panikattacken führen, die wiederum den Asthmaanfall verschlimmern; es ist
ungeheuer mühsam, Luft in die Lungen hinein- und auch wieder hinaus zu bekommen, man glaubt zu
ersticken, und das rasselnde Geräusch des Keuchens und Hustens verstärkt die panische Angst
29. Wie häufig ist Asthma?

Weltweit leiden etwa 100 Mio. Menschen an Asthma, was volkswirtschaftliche Kosten von etwa 6 Mrd.
US-Dollar verursacht

Prävalenz nimmt zu, von 1984 – 1994 betrug der Anstieg 74 %, Luftverschmutzung wird als möglicher
Faktor angesehen

Etwa die Hälfte aller Menschen die an Asthma leiden sind Kinder, Jungen sind stärker betroffen, im Alter
zwischen 15 und 45 sind es eher Frauen, danach wieder die Männer
30. Welche psychologischen Faktoren werden bei Asthma diskutiert?

Emotionalität, emotionale Belastungen, Kinder belasteter Mütter haben eine höhere Asthma-Rate (ist
aber umstritten)
31.



Was sind mögliche physiologische Prädispositionen bei Asthma?
Infektion der Atemwege -> Lunge geschwächt und Anfälliger für Stress?
Erbliche Diathese
FAZIT: Das Diathese-Stress-Modell scheint die Ätiologie einer psychophysiologischen Störung am
angemessensten zu erklären; Sind die Atemwege prädisponiert, kann eine Interaktion von psychischen
Stressoren und bestehender Diathese die Krankheit schließlich zum Ausbruch bringen
32.







Was sind Merkmale chronischer Schmerzen?
Funktionseinschränkung (z.B. der Arbeitsfähigkeit)
Depressive Verstimmungen (etwa 30 – 50 %)
familiäre Probleme
Individuelles Leid
Häufige Inanspruchnahme der Gesundheitsversorgung
Vorzeitige Invalidität (Berentung) und dadurch
Enorme Kosten

Diagnostik: Multiaxial nach betroffenen Körperteil, dem betroffenen Körpersystem, zeitlichen
Charakteristika des Schmerzes, der Schmerzintensität und der vermuteten Ätiologie
Betrifft etwa 5 % der Bevölkerung

33. Wie lassen sich chronische Schmerzen erklären?

Psychobiologisches Modell -> Gate-Control-Theorie; auf Grundlage neurophysiologischer Befunde wird
postuliert, dass bestimmte Neuronen im Rückenmark eine Art Torfunktion ausüben, d.h. die
Weiterleitung von Schmerzimpulsen aus der Peripherie wird durch übergeordnete Mechanismen (z.B.
vom Gehirn absteigende Schmerzdämpfende Impulse) moduliert; subjektive Überzeugungen, eigenes
Verhalten und emotionales Befinden beeinflussen, wie weit das Tor für Schmerzaffarenzen offen steht
34. Welche Behandlungsvorschläge lassen sich machen?

Bewältigungsfertigkeiten -> Training kognitiver Bewältigungsstrategien, Verhaltensübungen zum
Umgang mit Schmerzen, Übungen zur physischen Reaktivierung, Stressbewältigung, Aufbau einer positiv
bewältigenden Einstellung dem Schmerz gegenüber

Biofeedback, insbesondere bei Kopf- und Rückenschmerzen, hilft die Wahrnehmung zu verbessern und
körperliche Reaktionen willkürlich zu beeinflussen

Teufelskreis der richtigen Behandlung chronischer Schmerzen: große Behandlungsresistenz, Verbindung
von Körperlichen und psychologischen Faktoren, erhöhte Muskelspannung…
26
35. Was ist HIV bzw. AIDS?

Eine Erkrankung, bei der das Immunsystem des Körpers durch den HIV massiv geschwächt wird; die
Betroffenen sind einem hohen Risiko ausgesetzt für opportunistische (-> kommen bei gesundem
Immunsystem selten vor und nutzen die Immunschwäche quasi aus) und lebensbedrohende Krankheiten
wie dem Karposi-Syndrom, seltenen Formen von Lymphdrüsenkrebs und einem großen Spektrum
gefährlicher durch Pilze, Viren und Bakterien verursachter Infektionen
36. Was ist typisches Risikoverhalten bei HIV?

Ungeschützter Geschlechtsverkehr, Austausch unsterilisierter Nadeln be9i Drogenkonsumenten,
Schwangerschaftsübertragung von der Mutter zum Kind/Stillen
37. Welche Strategien zur Prävention von AIDS kennt man?

Aufklärung/Information, Aufklärung über Merkmale hochriskanter Situationen, Anleitung zur Verwendung
von Kondomen, Schulung in sozialen Fertigkeiten,…
38. Was ist Tinnitus?

Pfeiffton im Ohr
27
KAPITEL 9: ESSSTÖRUNGEN
(S. 208-302)
1.



2.




Welche Essstörungen lassen sich unterscheiden?
Anorexia nervosa (Anorexia = schwerer Appetitverlust, nervosa = emotionale Gründe)
Bulimia nervosa (bulimia = Ochsenhunger)
a. Es gibt Hinweise, dass es sich nicht um zwei verschiedene Störungen, sondern um zwei
Varianten ein und derselben Störung handelt (Zwillinge von Patienten mit Anorexia leiden z. B:
überdurchschnittlich oft an bulimia)
Binge-eating-störung
Welche Merkmale kennzeichnen eine Anorexia nervosa?
Weigerung, das Minimum des für Alter und Größe normalen Körpergewichts ( = Körpergewicht weniger
als 85% des zu erwartenden Gewichts); der Gewichtsverlust wird typischerweise durch Hungern
erreicht, aber auch durch Entleerungsmaßnahmen (selbstinduziertes Erbrechen, Einnahme von
Laxanzien oder Diuretika) und übermäßige körperliche Aktivitäten können zum Gesamtbild gehören
Ausgeprägte Angst vor einer Gewichtszunahme, die durch Gewichtsverlust nicht gemindert wird. Die
Betroffenen können nie dünn genug sein
Störung in der Wahrnehmung der eigenen Figur. Auch wenn die Betroffenen schon stark abgemagert
sind, behaupten sie immer noch, übergewichtig zu sein, oder dass bestimmte Körperteile, insbesondere
Bauch, Gesäß und Oberschenkel noch zu dick seien; sie wiegen sich oft, messen bestimmte Körperteile
ab und betrachten sich kritisch im Spiegel; ihre Selbstachtung hängt stark davon ab, dass sie dünn
bleiben
Bei Frauen führt starke Abmagerung zu Amenorrhoe, d.h. zum Ausbleiben der Menstruation (am
wenigsten wichtiges Kriterium, kaum Unterschiede zwischen Frauen die nur Punkt 1 – 3 oder alle 4
betreffen)
3.


Welche Untertypen der Anorexia nervosa trennt das DSM-IV?
Restriktiver Typus: Gewichtsverlust durch starke Einschränkung der Nahrungsaufnahme
Binge-Eating-/Purging-Typus: regelmäßige Fressanfälle und selbstinduziertes Erbrechen
a. Für diese Differenzierung sprechen zahlreiche Unterschiede zwischen den Untertypen; der
Binge-Eating/Purging-Typus scheint pathologischer zu sein, die Betroffenen weisen mehr
Persönlichkeitsstörungen, impulsives Verhalten, Stehlen, Alkohol- und Drogenmissbrauch und
Selbstmordversuche auf als Patienten mit dem restriktiven Typus

Epidemiologie: setzt typischerweise in den frühen bis mittleren Jugendjahren ein, und zwar häufig nach
einer Diät oder einem belastenden Ereignis; bei Frauen ist die Störung etwa 10mal so häufig als bei
Männern, wobei die Lebenszeitprävalenz bei etwas unter 1 % liegt; tritt die Störung bei Männern auf,
entsprechen die Symptome und andere Merkmale, wie etwa Berichte über Familienkonflikte, denen
anorektischer Frauen; wahrscheinlich rühren die Geschlechtsspezifischen Unterschiede bei der Prävalenz
der Anorexie sehr wahrscheinlich daher, dass Frauen kulturabhängige Schönheitsnormen, die in den
letzten Jahrzehnten eine schlanke Figur als Ideal vorgaben, mehr Bedeutung zumessen
4.

Welche komorbiden Störungen sind typisch für Anorexia nervosa?
Depressionen, Zwangsstörungen, Phobien, Panikstörungen, Alkoholismus und verschiedene
Persönlichkeitsstörungen diagnostiziert; die Komorbidität nimmt ab, wenn nicht stationär, sondern
ambulant behandelte Fälle untersucht werden;
Frauen mit anorexia nervosa leiden auch oft an sexuellen Störungen; in einer Untersuchung an Frauen
im durchschnittlichen Alter von 24 Jahren wurde festgestellt, dass 20 % von ihnen noch keinen
Geschlechtsverkehr und über die Hälfte entweder keinen Orgasmus oder kaum sexuelle Appetenz hatten
Körperliche Veränderungen: Blutdruck und Herzfrequenz niedriger, Nieren- und Magen-Darm-Probleme,
Knochenmasse schwindet, Haut trocknet aus, Nägel werden spröde, veränderter Hormonhaushalt,
leichte Blutarmut, manche entwickeln Haarausfall oder entwickeln Laguna (leichter Flaum aus feinem
weichem Haar am ganzen Körper), veränderte Elektrolytwerte (z.B. Kalium und Natrium) -> Folge davon
Müdigkeit, Schwäche, Herzrhythmusstörungen, sogar plötzlicher Tod; es kann sogar die Hirngroße
abnehmen und häufig sind auch Störungen im EEG und neurologische Beeinträchtigungen


5.



Wie ist die Prognose für Anorexia nervosa?
Etwa 70 % der Patienten mit Anorexia nervosa genesen irgendwann, auch wenn dies häufig sechs bis
sieben Jahre dauert
In der Regel kommt es auch zu häufigen Rückfällen, bevor ein stabiles Essmuster erreicht und das
Gewicht gehalten wird
Es ist sehr schwierig die verzerrten Wahrnehmungen dieser Patienten zu ändern, insbesondere in
Kulturen, in denen Schlankheit hoch bewertet wird.
28

Anorexia nervosa ist eine lebensbedrohliche Störungen: die Mortalität der Patienten ist zehnmal so hoch
wie in der Allgemeinbevölkerung und doppelt so hoch wie die von Patienten mit anderen psychischen
Störungen; meistens führen körperliche Komplikationen der Krankheit (z.B. dekompensierte
Herzinsuffizienz) oder Suizid zum Tod.
6.

Welche typischen Merkmale kennzeichnen die Bulimia nervosa?
Hauptmerkmal: Heisshungerattacken, gefolgt von Gegenmaßnahmen wie Erbrechen, Fasten oder
übermäßige körperliche Betätigung mit dem Ziel, eine Gewichtszunahme zu verhindern
Eine „Fressatacke“ ist gekennzeichnet durch den Verzehr einer riesigen Nahrungsmenge in weniger als
zwei Stunden;
Die Diagnose „bulimia nervosa“ trifft nicht zu, wenn die Fress-Brech-Episoden nur im Zusammenhang
mit Anorexia nervosa und dem damit verbundenen drastischen Gewichtsverlust auftreten
Die Fressanfälle finden meist im geheimen statt, können durch Stress und die damit verbundenen
negativen Emotionen ausgelöst werden und sie dauern, bis die Betroffenen sich unangenehm voll fühlen
Während des Anfalls haben die Betroffenen nicht mehr das Gefühl kontrollieren zu können, wie viel sie
essen; gewöhnlich wählen die Patienten Nahrungsmittel, die sich schnell essen lassen, insbesondere
Süßigkeiten wie Eis oder Kuchen
Die Patienten schämen sich normalerweise für ihre Fressanfälle und versuchen sie zu verbergen; sie
berichten, dass sie während der Anfälle die Kontrolle verlieren, was sogar bis zum Erleben einer Art
dissoziativen Zustands gehen kann, bei dem ihnen möglicherweise nicht mehr bewusst ist, was sie tun
oder fühlen, ob es wirklich sie Selbst sind, die sich da voll fressen
Ekel nach dem Anfall und Angst vor Gewichtszunahme -> Entleerung, um die Kalorienaufnahme wieder
rückgängig zu machen durch Erbrechen und Abführmittel, exzessives Fasten, exzessiver Sport
Zur Diagnose von bulimia nervosa sind mindestens zweimal pro Woche mindestens drei Monate lang
Episoden von Fressanfällen/Erbrechen/Entleerung Vorraussetzung -> Kriterium aber kritisch, kein
Unterschied zwischen zweimal pro Woche oder einmal, eher ein Kontinuum







7.


Lassen sich Subtypen bei Bulimia nervosa unterscheiden?
Purging-Typus mit selbstinduziertem Erbrechen und
Nicht-Purging-Typus, bei dem die Maßnahmen zur Verhinderung der Gewichtszunahme Fasten oder
übermäßige körperliche Betätigung sind

Epidemiologie: setzt normalerweise in den späten Jugendjahren oder im frühen Erwachsenenalter ein;
die Prävalenz wird auf 1 – 2 % geschätzt; etwa 90 % der Betroffenen sind Frauen, viele waren vor
Beginn der Störung leicht übergewichtig und die Fressanfälle begannen häufig während einer Diät;
Nachuntersuchungen zeigen, dass etwa 70 % der Pt. genesen, während 10 % ihre Symptome in vollem
Umfang beibehalten
Komorbidität: Depressionen, Persönlichkeitsstörungen, Angststörungen, Substanzmissbrauch und
Verhaltensstörungen; wesentlich höhere Suizidrate als in der Allgemeinbevölkerung; Aus einer
Zwillingsstudie lässt sich vermuten dass Bulimie und Depression genetisch bedingt sind;
Eigenartigerweise stehlen viele Bulimiepatienten und diejenigen die stehlen konsumieren auch häufig
illegale Drogen und wechseln oft den Partner -> Ausdruck von Impulsivität oder fehlender
Selbstkontrolle (Merkmale, die auch beim Fressverhalten eine Rolle spielen)

8.

Welche psychischen und körperlichen Begleiterscheinungen finden sich bei bulimia nervosa?
Körperliche Begleiterscheinungen: häufiges Erbrechen kann zu Kaliummangel führen; der übermäßige
Gebrauch von Laxanzien führt zu Diarrhoe, was wiederum den Elektrolythaushalt verändern und
unregelmäßigen Herzschlag mit sich bringen kann; Wiederholtes Erbrechen kann zu Gewebsverletzungen
in Magen und Rachen sowie zu Verlust von Zahnschmelz führen, da die Magensäure an den Zähnen
frisst, die dann zerklüftet werden; außerdem können die Speicheldrüsen anschwellen; Bulimia nervosa
ist wie die anorexia nervosa eine ernsthafte Störung mit vielen schädlichen physikalischen Folgen, die
Mortalität ist aber geringer als bei anorexia nervosa
9.


Was meint „binge-eating“-Störung?
Ist als formale Diagnose noch nicht aufgenommen, muss noch weiter untersucht werden
Es treten wiederholte Episoden von Fressattacken auf (zweimal pro Woche und mindestens sechs
Monate lang), fehlende Kontrolle über die Attacken sowie Verzweiflung über die Fressanfälle
Die Betroffenen essen sehr hastig und alleine
Wird von der Anorexie dadurch unterschieden, dass sie kein Gewicht verlieren und von der Bulimie dass
keine gegensteuernden Maßnahmen ergriffen werden
Scheint häufiger aufzutreten als Anorexie und Bulimie, in einer Stichprobe nicht klinischer Probanden
stellte man die Störung bei 6% derjenigen fest, die erfolgreich abgenommen hatten (ihr Gewicht mehr
als ein Jahr erfolgreich gehalten hatten), sowie bei 19 % derjenigen, die nicht erfolgreich waren



29



Vorteil der Aufnahme dieser Diagnose: trifft bei vielen zu die die Kriterien von Anorexie und Bulimie nicht
erfüllen und unter „nicht näher bezeichnete Essstörung“ diagnostiziert werden
Die Störung wird aufgrund fehlender empirischer Belege zwar noch nicht als offizielle Störung geführt,
verfügt jedoch über mehrere Merkmale, die ihre Validität stützen:
a. Tritt häufiger bei Frauen als bei Männern auf und steht in Zusammenhang mit Übergewicht und
Diätversuchen in der Vorgeschichte
b. Damit einher gehen Beeinträchtigungen der Berufstätigkeit und der sozialen Funktionsfähigkeit,
Depression, geringe Selbstachtung, Substanzmissbrauch und Unzufriedenheit mit der eigenen
Figur
c. Risikofaktoren: Übergewicht in der Kindheit, kritische Kommentare zum Übergewicht, negatives
Selbstbild, Depression, körperlicher/sexueller Missbrauch
Dennoch plädieren einige Forscher dafür, dass es sich nicht um eine eigene Störung handelt, sondern als
weniger schlimme Form der Bulimie
10. Welche Ätiologischen Faktoren werden für Essstörungen diskutiert?

Genetische Vorraussetzungen: Anorexie und Bulimie treten in bestimmten Familien gehäuft auf, bei
Verwandten ersten Grades von jungen Frauen mit Anorexie etwa 4 mal so häufig als in der
Gesamtbevölkerung, bei Bulimie ähnlich; außerdem weisen Verwandte von Patienten mit Essstörungen
überdurchschnittlich häufig Symptome von Essstörungen auf, auch wenn sie die Diagnosekriterien nicht
erfüllen; höhere Raten bei Zwillingsstudien (auch Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper und Wunsch,
schlank zu sein)
11. Welche körperlichen Prozesse sind bei der Entstehung von Essstörungen relevant?

Hypothalamus-Modell: -> steuert Hunger und Essverhalten; Tiere, bei denen der laterale Hypothalamus
beschädigt war, zeigten hohen Gewichtsverlust und keinen Appetit -> Vermutung, dass der
Hypothalamus bei Anorexie eine Rolle spielt; einige Hormone, die von Hypothalamus gesteuert werden
liegen bei Anorexie-Patienten tatsächlich außerhalb der Norm, dies tritt jedoch als Folge des Hungerns
und nicht ursächlich auf; mit der Gewichtszunahme spielt sich alles wieder ein -> Modell erklärt keine
verzerrten Wahrnehmungen oder Angst vorm Dick werden

Endogene Opioide -> vermindern Schmerzempfinden, heben die Stimmung und unterdrücken den
Appetit; Bei Hunger -> erhöhte Opioidwerte, kann als Verstärker dienen
12. Welcher Neurotransmitter steht in Beziehung zu impulsivem Verhalten (z.B. bei bulimia nervosa)?

Serotonin -> steht auch mit Essverhalten und Sättigung in Zusammenhang, Serotonin fördert die
Sättigung -> Bulimie vielleicht Folge von Serotoninmangel? (Zusammenhang zu
Depression/Antidepressiva)
13. Welche soziokulturellen Faktoren lassen sich in der Ätiologie von Essstörung finden?

Veränderte Schönheitsnorm (immer schlanker)

Zunehmende Prävalenz von Übergewicht in Industriestaaten (größeres Nahrungsangebot, Lebensstil bei
dem man viel sitzt) -> Idealvorstellung gerät immer mehr in Konflikt mit der Realität

Gesteigertes Bewusstsein für Gesundheit und Fettleibigkeit -> immer mehr Diäten

Einfluss der Medien
14. Welche Gründe sehen Psychodynamiker für Essstörungen?

Hauptursache gestörte Eltern-Kind-Beziehungen, übereinstimmende Persönlichkeitseigenschaften wie
geringes Selbstwertgefühl und Perfektionismus;

Symptome befriedigen bestimmte Bedürfnisse, z.B. Stärkung des Gefühls der eigenen Wirksamkeit

Anorexia als Versuch von Kindern, denen in ihrer Erziehung das Gefühl vermittelt wurde, unfähig zu sein,
Kompetenz und Respekt zu erwerben und Gefühle der4 Hilflosigkeit, Unfäh9igkeit und Machtlosigkeit
abzuwehren -> Eltern zwingen dem Kind ihre Wünsche auf, ohne dessen Wünsche und Bedürfnisse
Rücksicht zu nehmen; das Kind lernt nicht, den eigenen inneren Zustand zu erkennen und erwirbt kein
Selbstvertrauen; Hungern als Mittel der Kontrolle und Identitätsfindung

Bulimia: konflikthafte Mutter-Tochter-Beziehung, kein ausreichendes Selbstgefühl entwickelt; die
gestörte Beziehung spiegelt sich in der Ernährung wieder -> in den Fressanfällen und Entleerung der
Tochter drückt sich der Konflikt zwischen Sehnsucht nach der Mutter und dem Wunsch aus, sie
zurückzuweisen
15. Was ist die Annahme der Familientheoretiker (Salvador Minuchin) bezüglich Essstörungen?

Symptome einer Essstörung können aus familientheoretischer Sicht am besten verstanden werden,
wenn untersucht wird, welchen Platz der Patient mit seinen Symptomen innerhalb einer dysfunktionalen
Familienstruktur einnimmt;

Das Kind gilt aus dieser Sichtweise als physiologisch verletzbar (genaue Art bleibt offen) und seine
Familie weist Merkmale auf, die die Entwicklung der Essstörung begünstigen
30

Die Essstörung des Kindes trägt dazu bei, dass andere Konflikte in der Familie vermieden werden
16. Welche typischen familiären Prozesse lassen sich für Essstörungen nennen?

Verstrickung. In der Familie herrschen übermäßig starke Bindungen und Vertrautheit vor. Die Eltern
sprechen beispielsweise für ihre Kinder, weil sie zu wissen glauben, wie diese sich fühlen.

Überbesorgtheit. Die Familienmitglieder sind extrem um das gegenseitige Wohl besorgt

Rigidität. Die Familie versucht, den Status quo aufrecht zu erhalten, und vermeidet es, mit Ereignissen
und Umständen, die Veränderung erfordern (z.B. Bedürfnis nach mehr Autonomie in der Adoleszenz),
angemessen umzugehen

Fehlende Konfliktlösung. Die Familie vermeidet entweder Konflikte oder befindet sich in chronischen
Konflikten
17. Unterscheiden sich Essgestörte in Persönlichkeitsaspekten von Gesunden? Wenn ja in welchen?

Beachte: auch die Essstörung kann die Persönlichkeit beeinflussen

Retrospektive Einschätzung (Vorsicht: Verzerrung): Anorexiepatienten vor Einsetzen der Störung
perfektionistisch, schüchtern und nachgiebig, bei Bulimiepatienten zusätzlich histrionische
Persönlichkeitseigenschaften, affektive Labilität, extravertierte soziale Disposition

Persönlichkeitsfragebögen: Bei Anorexie und Bulimie starke Tendenz zu emotionaler Labilität und Angst
sowie geringe Selbstachtung; hohe Werte bei Traditionalismus -> weist auf starkes Festhalten an Familie
und sozialen Normen hin; Unterschiede zwischen den Gruppen:
a. Anorexiepatienten berichteten Depression, soziale Isolation und Angst
b. Bulimiepatienten: diffusere und schwerwiegendere psychische Störungen und in verschiedenen
Skalen höhere Werte als die Anorektiker
18. Was meint interozeptives Bewusstsein?

Prospektive Studien untersuchen Persönlichkeitsmerkmale, bevor eine Essstörung vorliegt (derzeit liegen
noch keine Daten vor, aus laufenden Untersuchungen haben sich aber interessante Informationen
ergeben

In einem Vorort von Minneapolis füllten über 200 Schüler über einen Zeitraum von 3 Jahren hinweg eine
Reihe von Testfragebogen aus
a. Als starke Prädiktoren für das Risiko einer Essstörung galten die Neigung zu negativen
Emotionen und ein gering ausgeprägtes interozeptives Bewusstsein = die Fähigkeit,
verschiedene biologische Zustände des eigenen Körpers zu unterscheiden
19. Wie ist der Zusammenhang von physischer und sexueller Gewalt in der Kindheit und späteren
Essstörungen?

Patienten mit Essstörungen berichten überdurchschnittlich oft über sexuellen Missbrauch in ihrer
Kindheit, besonders die Bulimiepatienten

Ansonsten spielt sexueller Missbrauch bei vielen Störungen eine Rolle und man muss immer Vorsichtig
sein, da solche berichte auch erst während einer Therapie entstehen können

Misshandlung: bei Patienten mit Essstörungen wurden überdurchschnittlich viel körperliche Misshandlung
in der Kindheit festgestellt
20. Wie erklären Verhaltenstheoretiker die Entwicklung von Essstörungen?

Anorexia nervosa: Positive und negative Verstärkung; Kritik von Gleichaltrigen und Eltern
a. Angst vor dem Dickwerden und gestörte Körperwahrnehmung als motivierende Faktoren, die
das Hungern und den Gewichtsverlust zu wirkungsvollen Verstärkern machen;
Verhaltensweisen, durch die Schlankheit erreicht oder aufrechterhalten wird, werden durch die
Reduktion der Angst dick zu werden, negativ verstärkt
b. Abmagerungskuren und Gewichtsverlust werden durch das Gefühl der Selbstkontrolle, das sie
schaffen positiv verstärkt

Bulimia: Teufelskreislauf Hungern – Fressen - Entleeren
21. Welche Ätiologischen Komponenten lassen sich in einem komplexen Modell untersuchen?

Prädisponierende Faktoren: Familiäre Faktoren, Soziokulturelle Faktoren, Individiuelle Faktoren (z.B.
Trennungserlebnisse, sexuelle Traumata); Biologische Faktoren (z.B. Serotoninmangel)

Psychische Probleme: niedriges (labiles) Selbstwertgefühl, Identitäts- und Autonomiekonflikte, Geringe
Fähigkeit, Stress- und Spannungen zu ertragen

Spezifische Symptombildung: Extreme Bedeutung von Figur und Gewicht; Teufelskreislauf Diät –
Untergewicht – Heißhungeranfälle – Erbrechen; Interaktionelle Probleme (z.B. Vermeidung sexueller
Kontakte, soziale Rückzugstendenzen), vermehrte Leistungsorientierung

Sekundäre Symptome: Ängste, Depressionen, Beziehungsstörungen, Körperschemastörungen,
Körperliche Folgeerscheinungen
31
22. Welche Medizinischen Maßnahmen bestimmen die Behandlung von Essstörungen?

Antidepressiva, aber hohe Abbruchraten und danach Rückfallquoten
23. Welche Stufen der Behandlung werden bei der Anorexia nervosa unterschieden?/Therapiemöglichkeiten

Zunächst muss dem Patient bei der Gewichtszunahme geholfen werden, um medizinische
Komplikationen und einer möglichen Todesgefahr zu begegnen -> operante Verfahren, zunächst
Isolation und dann Belohnung durch Gesellschaft bei den Mahlzeiten, Fernsehen, Musik, Spaziergänge
mit Schwesternschülerinnen und der Erlaubnis, Post und Besuche zu erhalten

Das zweite Behandlungsziel, die Langfristige Beibehaltung des Gewichts wird durch medizinische,
verhaltenstherapeutische oder traditionelle psychodynamische Interventionen nicht immer erreicht

FAmilientherapie
24.








Therapie der Bulimia nervosa?
In-Frage stellen von Normen und Einstellungen
Regelmäßiges Essen als grundlegendes Behandlungsziel
Alternativer Umgang mit Belastungen
Reaktionsverhinderung
Antidepressiva
Selbsthilfegruppen
Überlegenheit der kognitiv-verhaltensorientierten Therapie
Interpersonale Therapie – nicht so schnell Ergebnisse, aber vergleichsweise gute Ergebnisse dafür
32
KAPITEL 10: AFFEKTIVE STÖRUNGEN
(S. 306-364)
= Störungen der Stimmungslage, die die Betroffenen stark beeinträchtigen
1.








2.

Durch welche Symptome wird eine Depression definiert?
Starke Traurigkeit und Niedergeschlagenheit, Gefühle der Wertlosigkeit und Schuld, sozialer Rückzug,
Schlafstörungen, Appetitverlust, Verlust von sexuellem Verlangen, Verlust von Interesse und Freude an
alltäglichen Aktivitäten
Geht häufig mit anderen psychischen Problemen wie Panikattacken, sexuellen Dysfunktionen,
Substanzmissbrauch oder Persönlichkeitsstörungen einher
Sich zu konzentrieren bedeutet für Depressive eine Kaum zu bewältigende Anstrengung; Sie nehmen
weder auf was sie lesen noch was andere zu ihnen sagen
Sie sprechen langsam und machen viele Pausen zwischen ihren Worten und reden mit leiser, monotoner
Stimme; andere wiederum sind übernervös und können nicht still sitzen, laufen umher, ringen die
Hände, seufzen, stöhnen und klagen
Einem depressiven Menschen schein jedes Problem unlösbar, jeder Augenblick wiegt schwer und der
Kopf hallt wieder vor Selbstvorwürfen;
Zuweilen vernachlässigen sie Körperpflege und äußere Erscheinung und ergehen sich in
hypochondrischen Klagen über Schmerzen und Beschwerden, die offensichtlich keine körperliche
Grundlage haben
Symptome je nach Alter unterschiedlich: Bei Kindern: oft somatische Beschwerden wie Kopf- oder
Magenschmerzen; Bei Älteren: Ablenkbarkeit, Gedächtnisprobleme
Auch kulturelle Unterschiede hinsichtlich des für die Kultur akzeptablen Verhaltens
a. Lateinamerika: Klagen über Nervenbeschwerden und Kopfschmerzen
b. Asiaten: eher Schwäche und Müdigkeit

Welche Symptome zeichnen eine Manie aus?
Redefluss laut und kaum zu unterbrechen, voll mit Witzen, Wortspielen, Reimen und Berichten über
Ereignisse, die im Moment die Aufmerksamkeit des Sprechers erregt haben -> Ideenflucht
Die Rede kann kurzzeitig kohärent sein, wechselt dann aber abrupt von Thema zu Thema
Das manische Aktivitätsbedürfnis macht die Betroffenen penetrant gesellig und aufdringlich; sie sind
permanent und zuweilen ziellos geschäftig und sind sich leider der offensichtlichen Gefährlichkeit ihres
Tuns nicht bewusst; jeder Versuch ihnen Einhalt zu gebieten kann Zorn und sogar einen Wutanfall
auslösen
Die Manie entwickelt sich gewöhnlich plötzlich innerhalb von 1 – 2 Tagen
3.


Welche Gruppen affektiver Störungen unterscheidet das DSM-IV bzw. das ICD-10?
Major Depression/ Unipolare Depression
Bipolare Affektive Störung


4. Wie lauten die diagnostischen Kriterien einer unipolaren Depression?
DSM-VI: Für das Vorhandensein einer Major Depression müssen mindestens 5 der folgenden Symptome über
mindestens zwei Wochen gegeben sein; dabei muss mindestens entweder die depressive Stimmung oder der
Verlust an Interesse oder Freude zu den Symptomen gehören

Depressive Verstimmung an fast allen Tagen, die meiste Zeit des Tages

Deutlich vermindertes Interesse oder Freude an allen oder fast allen Aktivitäten

Schlaflosigkeit, Einschlafschwierigkeiten, kein erneutes Einschlafen nach dem Erwachen mitten in der
Nacht und frühmorgendliches aufwachen; ODER: Bedürfnis, einen großen Teil der Zeit mit Schlafen zu
verbringen

Veränderung des Aktivitätsniveaus entweder Verlangsamung (psychomotorische Hemmung) oder
Unruhe

Verminderter Appetit und Gewichtsverlust oder gesteigerter Appetit und Gewichtszunahme

Energieverlust, große Müdigkeit

Negatives Selbstbild; Selbstvorwürfe und Schuldgefühle, Gefühl der Wertlosigkeit

Verminderte Konzentrationsfähigkeit, verminderte Fähigkeit zu denken oder verringerte
Entscheidungsfähigkeit

Wiederkehrende Gedanken an den Tod oder Selbstmord
Das ICD-10 verlangt für die Diagnose einer depressiven Episode das gleichzeitige Vorliegen von mindestens zwei
der folgenden Symptome:

Depressive Stimmung in einem für die Betroffenen deutlich ungewöhnlichem Ausmaß über die meiste
Zeit des Tages

Interessenverlust oder Verlust der Freude an normalerweise angenehmen Aktivitäten

Verminderter Antrieb oder erhöhte Ermüdbarkeit
33










5.






6.













7.



8.
Zusätzlich mehrere Symptome bis zu einer Gesamtzahl von 4 (leichte Episode) bis 8 (schwere Episode)
aus der folgenden Gruppe
Verlust des Selbstvertrauens oder des Selbstwertgefühls
Unbegründete Selbstvorwürfe oder ausgeprägte, unangemessene Schuldgefühle
Wiederkehrende Gedanken an den Tod oder Suizid
Klagen über vermindertes Denk- und Konzentrationsvermögen, Unentschlossenheit;
Psychomotorische Hemmung oder Agitiertheit
Schlafstörungen jeder Art;
Appetitverlust oder Appetitsteigerung mit entsprechender Gewichtsänderung
Es besteht allgemeine Übereinstimmung darüber, dass dies die wichtigsten Symptome der Depression
sind; Umstritten ist allerdings, ob ein Unterschied besteht zwischen einem Patienten mit 5 Symptomen,
die mindestens zwei Wochen andauern und einem Patienten, der nur drei der Symptome an zehn Tagen
aufweist
Der Schweregrad der Depression scheint einem Kontinuum zu folgen und die diagnostischen Kriterien
beschreiben den Zustand einer Person am relativ ernsten Ende des Kontinuums
Wie hoch ist das Lebenszeitrisiko für eine unipolare Depression?
5,2 – 17,1 % (Spanne kommt durch verschiedene Interviewverfahren, unterschiedliche
Diagnosekriterien und unterschiedlich intensive Schulungen der Interviewer zustande)
Prävalenz bei Frauen etwa 2 – 3 mal so hoch als bei Männern
Tritt häufiger in sozialen Unterschichten und vor allem im Erwachsenenalter auf
Prävalenzunterschi9ede hinsichtlich verschiedener Kulturen – 1,5 % in Taiwan bis 19 % in Beirut
Prävalenz stieg in den letzten 50 Jahren kontinuierlich an, wobei das Alter, in dem die Störung einsetzt
kontinuierlich sank -> könnte an den sozialen Veränderungen liegen
Rezidivierende Störung -> etwa 80 % derjenigen, die einmal daran erkrankt sind, erleiden weitere (im
Durchschnitt vier) Episoden von gewöhnlich 3 – 5 Monaten Dauer; in etwa 12% der Fälle wird die
Depression mit einer Dauer von mehr als 2 Jahren chronisch
Wie lauten die diagnostischen Kriterien einer bipolaren Störung?
Zu einer bipolaren affektiven Störung gehören manische oder gemischte Episoden, die Symptome
sowohl der Manie als auch der Depression umfassen
Die formale Diagnose einer manischen Episode setzt eine euphorische oder gereizte Stimmung und drei
(bei gereizter Stimmung vier) zusätzliche Symptome voraus; die Symptome müssen bedeutsam sein,
dass sie Beeinträchtigungen in sozialen oder beruflichen Funktionsbereichen verursachen
Erhöhung des Aktivitätsniveaus im beruflichen, sozialen oder sexuellen Bereich
Ungewöhnliche Geschwätzigkeit, schnelle Rede
Ideenflucht oder der subjektive Eindruck, dass die Gedanken rasen
Übertriebenes Selbstwertgefühl; die Überzeugung, über besondere Talente, Kräfte, Fähigkeiten zu
verfügen
Ablenkbarkeit; leicht abgleitende Aufmerksamkeit
Übermäßige Beteiligung an angenehmen Aktivitäten, die mit hoher Wahrscheinlichkeit unerwünschte
Konsequenzen haben (z.B. leichtsinnige Ausgaben)
Epidemiologie: seltener als die Major Depression, Lebenszeitprävalenz beträgt etwa 1 % der
Bevölkerung
Im Durchschnitt tritt sie im zweiten Lebensjahrzehnt erstmals auf, und zwar bei Frauen und Männern
etwa gleich häufig
Bei Frauen treten mehr depressive und weniger manische Episoden auf als bei Männern
Rezidivierend, etwa 50 % der Fälle weisen 4 oder mehr Episoden auf
Wie schwerwiegend die Störung ist, lässt sich daran erkennen, dass 12 Monate nach Entlassung aus der
Klinik noch 76 % der Patienten als beeinträchtigt beurteilt werden und bei 52 % die Symptome immer
noch so stark sind, dass die ursprüngliche Diagnose noch immer zutrifft
Ist die Unterscheidung zwischen unipolarer bzw. bipolarer affektiver Störungen berechtigt (empirisch
belegt)?
Das Problem der großen Heterogenität innerhalb der affektiven Störungen bleibt ungelöst; Zwischen
Patienten mit der gleichen Diagnose gibt es große Unterschiede
Manche Patienten mit einer Bipolaren Störung weisen manische und depressive Symptome in ihrer
ganzen Bandbreite fast gleichzeitig oder innerhalb weniger Tage in schnellem Wechsel auf -> gemischte
Episode
Andere Patienten haben während einer klinischen Episode entweder nur Depressive oder nur manische
Symptome
Was versteht man unter einer Bipolar-II-Störung und was ist eine psychotische Depression?
34


Phasen einer Major-Depression begleitet von Hypomanie (weniger ausgeprägt als bei der Manie)
Psychotische Depression -> zusätzlich Wahnideen und Halluzinationen; am Vorhandensein von
Wahnideen können Patienten mit unipolarer Störung allem Anschein nach unterschieden werden,
Depressive Patienten mit Wahnideen sprechen meist nicht besonders gut auf die übliche medikamentöse
Therapie der Depression an, es sei denn, sie bekommen zusätzlich Medikamente, die zur Behandlung
anderer psychotischer Störungen wie Schizophrenie eingesetzt werden
9.

Wodurch wird die Major-Depression mit Melancholie definiert?
Bei manchen Pt. können so genannte melancholische Merkmale (bzw. somatische -> ICD-10) auftreten;
früher endogene Depression
Den Betroffenen macht nichts Freude und sie fühlen sich nicht einmal vorübergehend besser, wenn
etwas erfreuliches eintritt; die depressive Verstimmung ist in der Regel morgens schlimmer, die
Patienten wachen etwa zwei Stunden zu früh auf, verlieren den Appetit, nehmen ab und sind entweder
lethargisch oder extrem erregt; in der Regel haben sie vor ihrer ersten depressiven Episode keine
Persönlichkeitsstörung und sie sprechen gut auf medikamentöse Therapien an
Die Unterscheidung zwischen Depression mit und ohne Melancholie ist nicht gut validiert; vor kurzen
stellte man jedoch fest, dass Patienten mit Melancholischen Merkmalen mehr Komorbidität (z.B. mit
Angststörungen), häufigere Episoden und stärkere Beeinträchtigungen aufweisen, was darauf schließen
lässt, dass es sich hier um einen schweren Typus der Depression handelt


10. Was ist eine saisonal abhängige Depression?

Uni- wie bipolare affektive Störungen können als saisonal abhängig gekennzeichnet werden, wenn sie an
bestimmte Jahreszeiten gebunden sind

Z.B. Winterdepression -> geringerer Serotoninspiegel durch Lichtmangel; Lichttherapie
11. Welche zwei Gruppen chronischer affektiver Störungen werden unterschieden?

Zyklothymie = häufiger Wechsel zwischen Phasen mit depressiven und hypomanen Symptomen; sie
können gemischt, im Wechsel oder unterbrochen durch Phasen normaler Stimmung auftreten; die
Betroffenen weisen sowohl in der depressiven als auch der hypomanen Phasen einander zugeordnete
Symptome auf; während der Depression fühlen sie sich unterlegen, während der Hypomanie ist ihr
Selbstwertgefühl übersteigert, sie ziehen sich von anderen zurück und gehen dann in der hypomanen
Phase wieder hemmungslos auf andere zu, sie schlafen zuviel und dann wieder zu wenig; sie haben
Schwierigkeiten sich zu Konzentrieren und ihre verbale Leistung nimmt ab, in der hypomanen Phase wird
ihr Denken präzise und kreativ, ihre Leistungsfähigkeit steigert sich; auch ausgeprägtere Phasen von
Depression und Manie sind möglich

Dysthymie = chronisch depressiv, neben dem Verlust der Freude an allen üblichen Aktivitäten und
Freizeitbeschäftigungen weisen die Betroffenen mehrere weitere Anzeichen der Depression auf (z.B.
Schlaflosigkeit oder zuviel Schlaf, das Gefühl der Unzulänglichkeit, der Leistungsfähigkeit und des
Energiemangels, Pessimismus, Unfähigkeit sich zu konzentrieren oder klar zu denken, der Wunsch die
Gesellschaft anderer zu meiden; manchmal auch Phasen der Major Depression („Doppelte Depression“)
12. Wie erklärt die Psychoanalyse affektive Störungen?

Freud, 1917 „Trauer & Melancholie“: Grundlage der Depression in der frühesten Kindheit -> orale
Fixierung; während der oralen Phase finden seiner Meinung nach die Bedürfnisse des später depressiven
Menschen entweder unzureichende oder übermäßige Befriedigung; das Kind bleibt in dieser Phase
stecken und ist später Abhängig von der für sie typischen Triebbefriedigung -> z.B. zur
Aufrechterhaltung des Selbstwertgefühls übermäßige Abhängigkeit zu anderen

Introjektion: Annahme, dass der Trauernde nach dem Verlust des geliebten Menschen (durch Tod,
Trennung oder Entzug der Zuneigung) den Verlorenen zunächst introjiziert/verinnerlicht; vielleicht ist
dies der vergebliche Versuch den Verlust ungeschehen zu machen; weil wie gegenüber Menschen die
wir lieben auch negative Gefühle hegen, wird der Trauernde durch den Akt der Introjektion zum Objekt
seines eigenen Hasses oder seiner eigenen Wut; überdies nimmt er übel dass man ihn verlassen hat und
empfindet Schuld beim Gedanken an das wirkliche oder eingebildete Böse, dass er dem verlorenen
Mensch angetan hat

Missglückte Trauerarbeit: auf die Phase der introjektion folgt zunächst eine Zeit der Trauerarbeit,
während der der Trauernde Erinnerungen an den verlorenen lebendig werden lässt, sich so von ihm löst
und die Bande lockert, die die Introjektion geknüpft hat; bei übermäßig abhängigen Menschen kann die
Trauerarbeit missglücken und in einen andauernden Prozess von Selbstverachtung, Selbstbeschuldigung
und Depression münden; solche Menschen verlieren ihre emotionale Bindung an den verlorenen
Menschen nie und kasteien sich für jeden Fehler und jede Unzulänglichkeit, die sie an dem geliebten,
nunmehr introjizierten Menschen wahrgenommen haben; der Zorn des Trauernden auf den verlorenen
bleibt nach innen gerichtet -> Grundlage für die psychodynamische Sichtweise der Depression als nach
innen gerichteter Zorn
35
13. Welche Ideen stellen die kognitiven Theorien affektiver Störungen in den Mittelpunkt?

Konzepte wie gelernte Hilflosigkeit und irrationale Überzeugungen weisen darauf hin, dass kognitive
Prozesse das emotionale Verhalten entscheidend beeinflussen
14. Wie erklären Kognitionstheoretiker die Entstehung affektiver Störungen?

Beck: Menschen werden depressiv, weil ihre Gedankengänge und Schlussfolgerungen verzerrt sind

Erwerb negativer Schemata: nach Becks Auffassung haben depressive Menschen in der Kindheit und
Jugend durch den Verlust eines Elternteils oder durch unbarmherzige Schicksalsschläge, durch
Zurückweisung von gleichaltrigen, Kritik in der Schule, depressive Haltung eines Elternteil,… negative
Schemata erworben; die Schemata werden immer dann aktiviert, wenn neue Situationen in irgendeiner
Hinsicht, vielleicht auch nur ganz entfernt, den Bedingungen ähneln, unter denen die Schemata
erworben wurden; die negativen Schemata veranlassen den depressiven zu bestimmten Fehlschlüssen,
die wiederum die die negativen Schemata bestätigen; gemeinsam verzerren sie die Realität

Kognitive Triade = Negative Ansichten über sich selbst, die Umwelt (Bewältigungsmöglichkeiten) und
die Zukunft

Wichtigste Denkfehler:
a. Willkürliche Schlüsse
b. Selektive Abstraktion
c. Übergeneralisierung
d. Über- und Untertreibung


Hilflosigkeit/Hoffnungslosigkeit – Grundannahme dass ein Individuum seine Passivität und das Gefühl
nicht handeln und sein eigenes Leben nicht steuern zu können, durch unangenehme Erfahrungen und
Traumata gelernt hat, die es erfolglos zu überwinden versuchte; das dadurch entstehende Gefühl der
Hilflosigkeit führt zu Depression
3 Theorien:
a. Gelernte Hilflosigkeit: Unkontrollierbare aversive Ereignisse -> Gefühl der Hilflosigkeit ->
Depression
b. Umattribuierung -> Aversive Ereignisse -> Attribution auf globalere und stabilere Faktoren ->
Gefühl der Hilflosigkeit; keine Möglichkeit vorhanden, die Situation zu verändern -> Depression
c. Hoffnungslosigkeit: Aversive Ereignisse -> Attribution auf globalere oder stabilere Faktoren
oder einen anderen kognitiven Faktor -> Gefühl der Hoffnungslosigkeit; keine Möglichkeit
vorhanden, die Situation zu verändern, und eine Erwartung, dass ein wünschenswertes Ereignis
nicht eintreten wird -> Depression
15. Welche Biologischen Faktoren bzw. Prozesse spielen bei der Ätiologie affektiver Störungen eine wichtige
Rolle?

Genetische Komponente vor allem bei bipolaren Störungen, bei unipolaren nicht ganz so hoch

Noradrenalin und Serotonin

Überaktivität der Hypothalamus –Hypophysen – Nebennierenrinden-Achse

16. Welche Befunde ergeben Familien- Zwillings- und Adoptionsstudien bei affektiven Störungen?

Genetische Faktoren: Familiäre Häufung (Familien- Zwillings- und Adoptionsstudien): etwa 10 – 25 %
der Verwandten ersten Grades von Patienten mit Bipolarer Störung erlitten ebenfalls eine Episode der
affektiven Störung; setzt die Erkrankung früher ein, Ist auch das Risiko bei Verwandten höher; die
Zahlen liegen höher als bei der Gesamtbevölkerung
17. Was weiß man zur Genetik affektiver Störungen?

Diskutiert wird die Beteiligung der Chromosome 11, 18 und 21 sowie das X-Chromosom
18. Welche Neurotransmittersysteme spielen bei affektiven Störungen eine wichtige Rolle?

Serotonin und Noradrenalin -> Einsatz von Trizyklika, die die Wiederaufnahme durch das präsynaptische
Neuron hindern bzw. MAO-Hemmer (verhindert den Abbau)

Lithium -> vielleicht G-Proteinregulation? (Bei Manie große Konzentration, bei Depression geringe
Konzentration), Lithium wirkt bei Manie und Depression
19. Welche neuroendokrinen Systeme bzw. Achsen sind bei affektiven Störungen beteiligt bzw. fehlerhaft?

Überaktivität von Hypothalamus – Hypophysen – Nebennieren-Achse (vegetative Symptome -> Appetit
und Schlafstörungen); hoher Kortisolspiegel (ist aber auch Ausdruck einer unspezifischen Stressreaktion)

Schilddrüse -> Erkrankungen der Schilddrüse kommen bei Menschen mit bipolarer Störung oft vor
36
20. Welche psychologischen Therapien bei affektiven Störungen lassen sich unterscheiden?

Psychodynamische Therapien: Einsicht in den verdrängten Konflikt (keine nachgewiesene Wirksamkeit)

Interpersonale Therapie: Konzentration auf die tägliche Interaktion depressiver Menschen mit ihrer
sozialen Umgebung; ziemlich erfolgreich bei unipolaren Depressionen; geht v. a. darum mit dem
depressiven Menschen herauszufinden, wie sein gegenwärtiges interpersonales Verhalten mit seinem
Wunsch nach erfüllenden Beziehungen kollidiert -> Verbesserung der Kommunikation

Kognitive Verhaltenstherapien -> Kognitive Therapie nach Beck & Rational -emotive Therapie nach Ellis

Training sozialer Fertigkeiten

21. Welche somatischen Depressionstherapien lassen sich unterscheiden?

Elektrokrampftherapie – Stromschlag von 70 – 130 Volt durch das Gehirn, Krampfanfall und
vorübergehende Bewusstlosigkeit; früher bilateral, heute an der nichtdominanten Hemisphäre und unter
Betäubung, wirt bei schweren Depressionen, ist aber mit erheblichen Risiken verbunden

Medikamente –
a. Trizyklika
b. Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer
c. MAO-Hemmer
d. Lithium – bei bipolaren Störungen
22. Was sind typische Nebenwirkungen antidepressiv wirkender Medikamente?

Trizyklische Antidepressiva – Herzinfarkt, Schlaganfall, niedriger Blutdruck, unscharfes Sehen, Angst,
Müdigkeit, trockener Mund, Verstopfung, Verdauungsstörungen, Errektionsstörungen, Gewichtszunahme

MAO-Hemmer – möglicherweise tödlicher Bluthochdruck, trockener Mund, Übelkeit, Schwindel,
Kopfschmerzen

Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer – Nervosität, Schläfrigkeit, gastrointestinale Beschwerden,
Schwindel, Kopfschmerzen, Schlafstörungen

Lithium – Tremor, Magenprobleme, Koordinationsstörungen, Schwindel, Herzrhythmusstörungen,
unscharfes Sehen, Schläfrigkeit, Tod
23. Was weiß man zu Depressionen im Kindes- und Jugendalter?

Affektive Störungen werden bei Kindern genauso diagnostiziert wie bei erwachsenen, es werden aber
altersspezifische Merkmale wie Gereiztheit und Aggressives Verhalten berücksichtigt; Depressionen und
Dysthymie sind bei Kindern genauso häufig wie bei Erwachsenen

Bei Kindern und Jugendlichen gibt es einen höheren Anteil an Selbstmordversuchen und mehr
Schuldgefühle

Die Schätzungen bezüglich der Prävalenz variieren beträchtlich, je nachdem welches Alter, welches
Land, welche Art von Stichproben, Diagnosekriterien oder Untersuchungsinstrumente verwendet wurden

Gelegentlich wird aus Verhaltensweisen, die bei Erwachsenen nicht als Zeichen einer Depression gelten
würden geschlossen -> Verweigerung, Zorn, aggressives Handeln, Ungezogenheit in Schule und
Zuhause

Häufig Komorbidität mit Angststörungen, Verhaltensstörungen, Aufmerksamkeitsdefizitstörungen

Ätiologie: belastete Beziehungen und biologische Diathese, depressiver Elternteil, negative
Interaktionen, eingeschränkte soziale Fertigkeiten, negativere Einstellungen; Mädchen wieder besonders
gefährdet

Behandlung: Medikamente helfen kaum, modifizierte Interpersonale Therapie (mit Kinder.- und
Jugendlichen Themen), kognitiv-verhaltenstherapeutische Interventionen, Einbeziehen von Familie und
Schule
37
KAPITEL 11: SCHIZOPHRENIE
(S. 364-410)
1.



Was versteht man unter Schizophrenie?
Unter dem Begriff Schizophrenie wird eine Gruppe psychotischer Störungen zusammengefasst, die durch
massive Störungen des Denkens, der Emotion und des Verhaltens gekennzeichnet sind; das gestörte
Denken zeigt sich darin, dass Inhalte nicht logisch miteinander verknüpft sind. Wahrnehmung und
Aufmerksamkeit sind fehlerhaft, der Affekt ist flach und unangemessen; in der motorischen Aktivität
treten bizarre Störungen auf; all dies führt dazu, dass sich die Patienten von den Menschen und der
Realität zurückziehen; häufig in eine Phantasiewelt aus Wahnideen und Halluzinationen
Die Lebenszeitprävalenz liegt bei etwa 1 %, Männer und Frauen sind gleichermaßen davon betroffen;
gelegentlich setzt die Störung zwar schon in der Kindheit ein, normalerweise aber erst im späten
Jugend- und Erwachsenenalter, bei Männern zirka 3 Jahre früher als bei Frauen
Die Betroffenen haben typischerweise eine Reihe akuter Episoden/Schübe ihrer Symptome,
zwischenzeitlich sind die Symptome dann weniger schwer, aber immer noch stark beeinträchtigend
2.





Welche Hauptbereiche sind bei schizophrenen Symptomen betroffen?
Denken
Wahrnehmung und Aufmerksamkeit
Motorisches Verhalten
Affekt und Emotion
Lebensbewältigung
a. Ingesamt sehr Heterogen -> Untertypen
3.

Was sind positive Symptome bei der Schizophrenie?
Desorganisierte Sprechweise (formale Denkstörung) = Schwierigkeit der Betroffenen, Vorstellungen und
Sprache so zu organisieren, dass ein Zuhörer ihnen folgen kann
Wahnideen
a. Körperliche Passivität – der Patient als passiver und unfreiwilliger Empfänger von
Körperempfindungen, die von einer äußeren Macht gesteuert werden
b. Gedankeneingebung – dem Patienten werden fremde Gedanken von einer äußeren Macht ins
Bewusstsein eingegeben
c. Gedankenausbreitung – der Gedanke des Patienten wird übertragen, so dass andere ihn
kennen
d. Gedankenentzug – die äußere Kraft stiehlt die Gedanken
e. „Gemachte Gefühle“
f. „Gemachte Handlungen“
g. Gemachte Impulse
Halluzinationen (bei 74 %) und andere Wahrnehmungsstörungen, z.B. nicht gleichzeitig Ton und Bild
beim Fernsehen verfolgen können; Manche Halluzinationen gelten diagnostisch als besonders
bedeutsam, weil sie bei Schizophrenen häufiger sind als bei Patienten mit anderen psychotischen
Störungen
a. Gedankenlautwerden
b. Streitende Stimmen
c. Kommentierende Stimmen


4.



Was sind negative Symptome?
Verhaltensdefizite wie Apathie, Antriebslosigkeit, Spracharmut (Alogie), Lustlosigkeit (Anhedonie),
Affektverflachung und Ungeselligkeit, Katatonie (motorische Auffälligkeiten, komplexe Abfolgen von
Finger- Hand- und Armbewegungen bis zum katatonen Stupor – der Patient nimmt eine ungewöhnliche
Haltung ein und behält sie für lange Zeit bei), Inadäquater Affekt
Diese Symptome halten auch über eine akute Episode an und haben gravierende Auswirkungen auf das
Leben von Schizophrenen
Auch prognostisch sind sie von Bedeutung: viele negative Symptome sind ein starker Prädiktor für eine
schlechte Lebensqualität in den zwei auf die Hospitalisierung folgenden Jahren
5. Wie lauteten die frühen Beschreibungen der Schizophrenie nach Bleuer und Kraeplin?
Kraeplin:

dementia praecox (früherer Begriff der Schizophrenie), 1898; er unterschied zwischen zwei
Hauptgruppen endogener (innerlich verursachter) Psychosen: das manisch depressive Irresein und die
dementia praecox

Letztere schloss mehrere diagnostische Konzepte mit ein, nämlich Paranoia, Katatonie und
Hebrephrenie, die von Klinikern Jahrzehnte zuvor als eigene Krankheit angesehen wurde; obwohl sich
38

diese Störungen symptomatisch voneinander unterscheiden, ging Kraeplin davon aus, dass sie einen
gemeinsamen Kern hätten
Die Bezeichnung dementia praecox beschreibt zwei Hauptaspekte der Störung: den frühen Beginn und
den fortschreitenden geistigen Verfall
Bleuer:

Versuchte den Kern der Störung zu erfassen und nicht mehr so sehr das Alter des Beginns und den
Verlauf in den Mittelpunkt seiner Definition zu stellen; Bleuer entfernte sich von Kraeplin in zwei
Hauptpunkten: er glaubte weder an den durchgängig frühen Beginn der Störung, noch an ihr
unausweichliches fortschreiten bin hin zur Verblödung -> schlug den Namen „Schizophrenie“ vor

Problem: Begründen, warum so vielfältige Symptome in einer Kategorie zusammengefasst wurden; ->
gemeinsames Konzept: „Lockerung der Assoziationsspannung“ (nicht nur Worte sondern auch Gedanken
sind assoziativ verbunden)
6.



7.







8.


Was meint das erweiterte amerikanische Konzept?
Die Diagnose Bleuers wurde Anfang des 20 Jhdts. Erheblich erweitert -> in den 30 Jahre bezeichnete
man z.B. am New York Psychiatric Institut 20 % der Patienten als Schizophren, dies erhöhte sich immer
mehr bis 1952 etwa 80 %der Patienten als Schizophren galten; der europäische Schizophreniebegriff
war weniger umfassend
Kasanin: prägte den Begriff schizoaffektive Psychose bei Patienten, bei denen schizophrene und affektive
Symptome kombiniert vorkamen; die Diagnose wurde dann Bestandteil des amerikanischen Konzepts
und ging in den DSM ein
Eine erneute Ausweitung erfuhr die Kategorie der Schizophrenie dann durch drei zusätzliche
Diagnosepraktiken:
a. US-Kliniker tendierten dazu, immer wenn Wahnideen und Halluzinationen vorlagen,
Schizophrenie zu diagnostizieren (kommt aber auch bei affektiven Störungen vor)
b. Patienten, bei denen heute Persönlichkeitsstörungen diagnostiziert würden (v.a. schizotypische,
schizoide, paranoide und Borderline-Persönlichkeitsstörungen) wurden anhand der DSM-II
Kriterien als schizophren diagnostiziert
c. Patienten, bei denen Schizophreniesymptome akut einsetzten und die sich schnell erholten
wurden als Schizophren diagnostiziert
Wie lauten die Diagnosen nach DSM-IV und ICD-10? Halten die Diagnosekriterien einem Kulturvergleich
stand?
ICD-10 und DSM-IV haben ihre Diagnosen mittlerweile angenähert und engen den Kreis der Patienten,
die als schizophren zu bezeichnen sind in 5 Aspekten ein:
Die Diagnosekriterien werden explizit und detailliert aufgeführt
Patienten mit einer affektiven Störung werden ausgeschlossen
Die Schizophrenen Symptome müssen seit mindestens 6 Monaten bestehen, dieser Zeitraum muss
mindestens einen Monat einer aktiven Phase mit mindestens zwei der folgenden Symptome umfassen:
Wahn, Halluzinationen, desorganisierte Sprechweise, grob desorganisiertes oder katatones Verhalten
oder negative Symptome
Was früher leichte Form der Schizophrenie war, ist jetzt schizotype Störung oder schizotype
Persönlichkeitsstörung
Es wird zwischen einer paranoiden Schizophrenie und einer wahnhaften Störung (keine desorganisierte
Sprechweise oder Halluzinationen) unterschieden
Die Diagnosekriterien halten einem Kulturvergleich stand; bei Patienten in Entwicklungsländern setzt die
Störung jedoch akuter ein und verläuft weniger günstig als in industrialisierten Gesellschaften
Welche Kategorien von Schizophrenie werden unterschieden?
Desorganisierter bzw. hebephrener Typus: desorganisierte Sprechweise, , wirre Sprache,
Verbindung ähnlich lautender Worte (Alliterationen) oder Neologismen, verhält sich läppisch oder lacht;
der Affekt kann verflacht oder labil sein, der Pt. bricht aus unerklärlichen Gründen in Lachen oder
Weinen aus; sein Verhalten ist allgemein desorganisiert und nicht zielgerichtet; gelegentlich
verschlechtert sich der Zustand so, dass Stuhl und Urin nicht mehr gehalten werden können; er
vernachlässigt sein äußeres und die Körperhygiene
Katatoner Typus: auffälligstes Symptom: motorische Störungen; die Betroffenen wechseln zwischen
extremer Erregung und Stupor, wobei aber der eine oder andere Symptomtyp überwiegen kann; der
Patient widersetzt sich Anweisungen und Vorschlägen und spricht häufig nach, was andere sagen
(Echolalie); katatone Reaktionen können plötzlicher einsetzen als andere Formen der Schizophrenie,
obwohl wahrscheinlich zuvor bereits Apathie und Rückzug aus der Wirklichkeit zu beobachten waren; im
Stupor können die Gliedmaßen steif werden und anschwellen; obwohl der Patient dabei nichts
wahrzunehmen scheint, kann er sich in vielen Fällen an alles erinnern, was sich während des Stupors
ereignet hat; im katatonen Erregungszustand läuft er agitiert umher, schreit und spricht ununterbrochen
39

9.




und unzusammenhängend; heutzutage ist diese Form selten, vielleicht weil die medikamentöse Therapie
die bizarren motorischen Prozesse wirksam beeinflusst
Paranoider Typus: Hauptmerkmal: ausgeprägte Wahnvorstellungen, gewöhnlich Verfolgungswahn,
selten Größenwahn; die Betroffenen können übertriebene Vorstellungen von ihrer Bedeutung, ihrer
Macht, ihrem Wissen oder ihrer Identität haben; oft plagt sie auch wahnhafte Eifersucht oder verfolgt
oder bespitzelt zu werden; die Wahnvorstellungen können von lebhaften akustischen und visuellen
Halluzinationen begleitet sein; Paranoide Schizophrene sind agitiert, streitsüchtig, zornig und zuweilen
auch gewalttätig; die emotionale Schwingungsfähigkeit bleibt jedoch erhalten, obwohl sie im Umgang
mit anderen steif, förmlich und angespannt sein können; sie sind aufmerksamer und gesprächsfreudiger
als andere Schizophrene, ihre Sprache ist zwar gespickt von Hinweisen auf Wahnvorstellungen, aber
nicht desorganisiert
Sind die Subtypen valide?
Verringerte Realiabilität durch Überschneidungen zwischen den Kategorien (z.B. in allen Kategorien
kommen Wahnsymptome vor), prognostisch nicht valide, d.h. die Zuordnung zu einem bestimmten
Typus lässt nur wenige Informationen über die weitere Behandlung und die Prognose ableiten
Weitere Unterscheidungen sind ebenfalls unscharf, z.B. „undifferenzierte Schizophrenie“ wird bei den
Patienten gestellt, die zwar die Kriterien der Schizophrenie, nicht jedoch die eines bestimmten
Untertypus erfüllen; ODER: „residuale Schizophrenie“, wenn der Patient die Kriterien der Schizophrenie
nicht mehr erfüllt, aber noch Anzeichen der Störung bestehen
Mögliches neues System: Unterscheidung zwischen überwiegend positiven und überwiegend negativen
Symptomen (meist liegt aber ein gemischtes Symptombild vor)
Anderer Ansatz: Unterteilung in drei Dimensionen, und zwar positive Symptome, negative und
Desorganisation
Ätiologie:
10. Was weiß man über genetische Komponenten der Schizophrenie?

Familienstudien: Schizophrenierisiko
a. Ehepartner:
1%
b. Enkel:
2,84 %
c. Nichten/Neffen:
2,65 %
d. Kinder:
9,35 %
e. Geschwister:
7,30%
f. Zweieiige Zwillinge:
12,08 %
g. Eineiige Zwillinge:
44,30 %

Beachtet werden muss aber trotz der hohen Zahlen, die auf eine genetische Komponente hinweisen
auch der Einfluss der Umgebung

-> Adoptionsstudien (Längsschnittstudie von Heston): von 47 Kindern schizophrener Mütter erhielten 60
% (31 Kinder) eine psychiatrische Diagnose, von den 50 Kontrollprobanden nur 9; bei keinem der
Kontrollprobanden wurde eine Schizophrenie diagnostiziert, bei 16,6% der Kinder schizophrener Mütter
aber schon; zusätzlich bekamen sie mit höherer Wahrscheinlichkeit die Diagnose der Debilität, der
Persönlichkeitsstörung oder der Neurose; sie waren häufiger kriminell geworden, hatten mehr Zeit im
Strafvollzug verbracht und waren öfters aus psychiatrischen Gründen aus der Armee entlassen worden

Genetische Komponenten als prädisponierende Faktoren, erst Stress macht daraus eine beobachtbare
Störung

Polygene Vererbung -> wird nicht mit einem einzelnen Gen vererbt

Anzeichen einer genetischen Prädisposition (ohne Symptomatik) –> z.B. haben Schizophrene und etwa
50 % ihrer Verwandten ein Problem damit, mit den Augen ein bewegtes Objekt zu verfolgen; was genau
vererbt wird ist also unklar
11. Welche biochemischen Faktoren spielen eine Rolle?

Übermäßige Dopaminaktivität -> beruht auf dem Wissen über die Wirkungsweise von Medikamenten,
z.B. Neuroleptika lindern einerseits die Symptome der Schizophrenie, produzieren aber auch
Nebenwirkungen die der Parkinson ähneln; die Neuroleptika passen in die postsynaptischen
Dopaminrezeptoren und können diese blockieren

Amphetaminpsychose -> weitere indirekte Bestätigung der Dopaminhypothese

Dopaminrezeptoren Schizophrener könnten auch überempfindlich sein bzw. eine zu große Anzahl der
Rezeptoren

Größere Anzahl von Dopaminrezeptoren scheint v. a. mit positiven Symptomen in Verbindung zu stehen
(-> Amphetamine verschlimmern positive, bessern aber negative Symptome in manchen Fällen)

Betrifft besonders die mesolimbische Nervenbahn, sowie mesokortikale zum präfrontalen Kortex -> sind
Dopaminneuronen im präfrontalen Kortex wenig Aktiv, üben sie keine Hemmende Kontrolle auf die
40



Dopaminneuronen im limbischen aus, was zur Folge hat, dass das mesolimbische Dopaminsystem
überaktiv ist
Grenzen der Dopaminhypothese: Neuroleptika bessern positive Symptome nur allmählich, obwohl sie die
Dopaminrezeptoren schnell blockieren -> Therapeutische Wirkung eher aus den Folgen der D2-Blockade
auf andere Gehirnregionen und andere Neurotransmittersysteme; rätselhaft ist auch, warum
Neuroleptika, um therapeutisch wirksam sein zu müssen, den Dopaminspiegel unter das normale Niveau
senken müssen, wobei es dann zu den erwähnten Parkinsonähnlichen Symptomen kommt
Neuere Schizophreniemedikamente beziehen auch andere Neurotransmitter mit ein (z.B. Serotonin) ->
Dopamin nur ein Element
Niedrige Glutamatwerte in der Cerebrospinalflüssigkeit bei Schizophrenen -> Wirkung der Droge PCP
kann positive wie negative psychotische Symptome produzieren und wird mit einem der
Glutamatrezeptoren in Verbindung gebracht
12. Was weiß man über das Gehirn von Schizophrenen?

Pathologische Veränderungen in einigen Gehirnregionen, am häufigsten geweiterte Ventrikel (-> Verlust
subkortikaler Gehirnzellen), strukturelle Auffälligkeiten in subkortikalen temporallimbischen Regionen wie
Hippocampus und Basalganglien, sowie im präfrontalen und temporalen Kortex

Geringere Aktivität im präfrontalen Kortex

Häufig wurden Geburts- oder Schwangerschaftskomplikationen berichtet (höheres Risiko wenn
genetische Prädisposition und Geburtskomplikationen vorliegen; Hinweise auf Virusinfektionen während
der Schwangerschaft
13. Wie hängen psychischer Stress, soziale Schicht und Schizophrenie zusammen?

Schizophrenie ist in der untersten sozialen Schicht doppelt so häufig wie in der nächst höheren ->
Kausalinterpretation schwierig

Hypothese der soziogenen Schizophrenie: die mit der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen
Schicht verbundenen Stressoren werden als Ursache oder Beitrag zur Entwicklung von Schizophrenie
angesehen – Entwürdigende Behandlung durch andere, das niedrigere Bildungsniveau, die fehlenden
Bestätigungen und Startchancen; zusätzlich: biologische Belastungen durch schlechtere Ernährung

Social drift Theorie: dreht die Wirkrichtung um, demnach driften Schizophrene im Verlauf ihrer sich
entwickelnden Psychose in ärmere Stadtteile ab
14. Welche Rolle spielt die Familie?

Theorie der schizophrenogenen Mütter (kalt, dominant, Konflikt auslösend, aber auch zurückweisend,
überfürsorglich, aufopfernd, unzulänglich für die Gefühle anderer, rigide und moralisch in ihren
Ansichten) hat sich nicht bestätigt

Kommunikationsstörung

Expressed Emotions = kritische Aussagen, feindselige Äußerungen oder allzu intensive emotionale
Bindung -> Einteilung in High und Low; nach neun Monaten hatten 10 % der Patienten aus niedrigen
EE-Familien einen Rückfall erlitten, in der HEE Gruppe waren es 58 %! -> Umgebung hat hohen Einfluss
darauf, ob und wie schnell die Patienten ins Krankenhaus zurückkehren; Ungeklärt ist aber, ob kritische
Bemerkungen Ursache oder Folge des Verhalten des Patienten sind -> Wechselseitiger Einfluss: Wenn
der Patient bizarre Aussagen machte, führt dies bei Mitgliedern , denen zuvor eine ausgeprägte EE
zugeschrieben wurde zu kritischeren Kommentaren, und in Familien mit hohen EE-Werten führen
kritische Bemerkungen der Familienmitgliedern zu mehr bizarren Aussagen bei den Patienten

Auf welche Weise verstärkt nun Stress, wie z.B. HEE die Symptome der Schizophrenie und beschleunigt
die Rückfälle? -> Zusammenhang zwischen Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse und der
Dopaminhypothese: Stress Aktiviert das Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierensystem und führt zur
Sekretion von Kortisol; Kortisol erhöht wiederum die Dopaminaktivität und kann dadurch die
Schizophreniesymptome verstärken, und die erhöhte Dopaminaktivität kann selbst die Aktivierung des
Hypothalamus-Hypophysen-Systems verstärken, was die Betroffenen besonders Stressempfindlich
machen kann (bidirektionaler Zusammenhang); Stress kann darüber hinaus zu vermehrtem
Substanzmissbrauch führen, so berichten Patienten, dass Alkohol ihre Angst, Apathie und
Schlafschwierigkeiten mindert, ironischerweise stimulieren Drogen jedoch die Dopaminsysteme im
Gehirn und können dadurch die positiven Symptome der Störung verstärken
15. Was ergaben High-Risk Studien zur Schizophrenie?

Prämorbide Merkmale: niedrigerer IQ, Sozialverhalten: Lehrer beschrieben die Jungen als unangenehme,
die Mädchen als passive Kinder; sowohl Jungen als auch Mädchen wurden prämorbid als delinquent und
verschlossen charakterisiert; bei der Sichtung von Familienvideofilmen wurden die prämorbiden Kinder
verglichen mit ihren Geschwistern als motorisch ungeschickter eingestuft und zeigten mehr negativen
Affekt

Unterschiedliche Prädiktoren bei positiven und negativen Symptomen (Mednick & Schulsinger, ab 1968):
eine Schizophrenie mit negativen Symptomen entwickelt sich eher, wenn Schwangerschafts- und
41

16.




Geburtskomplikationen aufgetreten waren, und einfache Reize keine elektrodermale Reaktion auslösen;
eine Schizophrenie mit positiven Symptomen ging mit familiärer Instabilität (Trennung, und zeitweiser
Aufenthalt in Heimen) einher
Anschlussarbeiten: Aufmerksamkeitsdysfunktionen, niedriges neuropsychologisches Funktionsniveau
(schlechte Konzentration, geringe verbale Fertigkeiten, Mangel an motorischer Kontrolle und
Koordination)
Was kann man zur Prognose und zum Verlauf der Schizophrenie derzeit feststellen?
Etwa ein viertel der Patienten zeigt einen monophasischen Verlauf mit vollständiger Remission
Etwa zwei Drittel der Patienten hatten einen polyphasischen oder wellenförmigen Verlauf
Nur knapp 10 % zeigten einen ungünstigen Verlauf ohne Remission bzw. Besserung
Eine gute soziale und berufliche Anpassung vor der Erkrankung erwies sich als stärkster Prädiktor für
einen günstigen Verlauf; ein hohes Ausmaß an Anhedonie nach sechs Monaten war ebenso ein
ungünstiger Indikator für zahlreiche Auffälligkeiten in Sprache, im Verhalten und im Funktionsniveau
nach 5 Jahren, wie deutliche Negativsymptomatik generell; Frauen haben einen günstigeren Verlauf als
Männer; Als Schutzfaktoren erwiesen sich ein hoher Selbstwert, internale Kontrollüberzeugung, geringe
Irritierbarkeit durch andere, aktiver Umgang mit der Krankheit, ein vermeidender Umgang war ein
ungünstiger Prädiktor; die Größe der Bezugsgruppe ging mit einem günstigen Krankheitsverlauf einher
Therapie:
17. Welche grundsätzliche Schwierigkeit besteht in der Therapie Schizophrener?

Schizophrenie ist eine der schwersten psychischen Störungen und dementsprechend auch schwer
behandelbar; ein grundsätzliches Problem besteht darin, dass viele Schizophrene selbst kein Verständnis
für ihren beeinträchtigten Zustand haben und jegliche Behandlung verweigern; da sie nicht glauben dass
sie krank sind, sehen sie auch keine Notwendigkeit für eine ärztliche Intervention, besonders wenn dies
Hospitalisierung oder Medikamenteneinnahme bedeutet; dies gilt v. a. für paranoid schizophrene, die
jegliche Therapie als bedrohliche Einmischung feindlicher Kräfte ansehen. Daher ist es auch für die
Familienmitglieder kein leichtes Unterfangen, die Betroffenen zu einer Behandlung zu bringen, und
gelegentlich müssen sie zu einer Zwangseinweisung als letzte Möglichkeit greifen
18. Welche somatischen Behandlungsformen kennt man?

Früher: Insulinkomatherapie, Elektrokrampftherapie, präfrontale Lobotomie (Durchtrennung der
Nervenbahnen zwischen Frontallappen und unteren Gehirnzentren, bis 50er Jahre)
19. Welche Medikamentösen Therapien werden angewandt?

Neuroleptika/Antipsychotika, ab 50er Jahre („Neuroleptika“ -> Nebenwirkungen führen zu
Verhaltensmanifestationen, die denen neurologischer Erkrankungen ähneln)

Chlorpromazin (ursprünglich Antihistamin) -> beruhigende Wirkung; Haloperidol, Truxal, Fluanxol ->
lindern positive Symptome, haben aber wenig Einfluss auf negative

Etwa 30 % der Schizophreniepatienten sprechen nicht günstig darauf an, einige von ihnen sprechen
dann auf neuere Antipsychotika an (Clozapin, Risperidon und Olanzapin)

Andere Medikamente werden ergänzend zur Behandlung von Depressionen oder Angst bzw. zur
Stablisierung der Stimmung verabreicht (Lithium, Antidepressiva, Antikonvulsiva und Tranquilizer)

In der Regel werden Patienten auf einer so genannten Erhaltungsdosis weiterbehandelt, d.h. gerade
soviel, dass die Wirkung erhalten bleibt -> ständige Kontrolle durch den Arzt nötig, die Patienten bleiben
in ihren Anpassungsmöglichkeiten an die soziale Gemeinschaft und das Berufsleben stark eingeschränkt


Nebenwirkungen von Antipsychotika: Schwindel, verschwommene Sicht, Ruhelosigkeit, sexuelle
Fehlfunktionen, extrapyrmidale Nebenwirkungen -> Ähnlichkeit zu Parkinsonsymptomen: spezifischer
Tremor der Finger, schwerfälliger kleinschrittiger Gang, ausfließender Speichel, Dysthonie (Störung des
natürlichen Spannungszustands) und Dyskinese (abnorme Bewegungen der willkürlichen und
unwillkürlichen Muskulatur); Kaubewegungen, Bewegungen der Lippen, Finger und Beine; die Patienten
verharren in einer gebeugten Haltung mit verdrehtem Rumpf und Hals; bei Akathisie sind sie unfähig,
sich ruhig zu halten; Ältere Patienten leiden unter der sog. Tardiven Dyskinesie, einer
Bewegungsstörung, die sich in unwillkürlichen Saug- und Schmatzbewegungen und Kinnwackeln äußert;
in einem Prozent der Fälle kommt es zum sog., malignen neuroleptischen Syndrom (schwere
Muskelstarre, begleitet von Fieber; das Herz rast, der Blutdruck steigt und die Betroffenen können ins
Koma fallen
Clozapin: bei Patienten oft wirksam, die auf andere Medikamente nicht ansprechen, weniger motorische
Nebenwirkungen und niedrigere Rückfallquoten; gefährliche Nebenwirkungen: bei 1 % der Personen
Einfluss aufs Immunsystem (Anzahl der weißen Blutkörperchen wird gesenkt) -> sehr infektionsanfällig;
Krampfanfälle, Schwindel, Müdigkeit, auslaufender Speichel, Gewichtszunahme
42

Risperidon: verbessert das verbale Arbeitsgedächtnis bessere als andere Medikamente, dadurch
Verbesserung beim Erlernen sozialer Fertigkeiten
20. Welche Psychologischen Therapiemöglichkeiten hat man bei der Schizophrenie?

Grundsätzlich: die kognitiven Beeinträchtigungen reduzieren wahrscheinlich das Ausmaß, indem diese
Patienten von psychologischen Interventionen profitieren, dazu kommt die Erkenntnis, dass
Schizophrenie unabhängig von der biologischen Diathese das ganze Leben lang als Verletzbarkeit
bestehen bleibt
Psychodynamische Therapien

Freud hielt Schizophrene unfähig zu einer Analyse und bemühte sich aus nicht, die Psychoanalyse für die
Behandlung Schizophrener zu öffnen

Pionierarbeit leistete Harry Stack Sullivan: Sullivan glaubte, dass in der Schizophrenie
Kommunikationsformen der frühen Kindheit wiederkehrten; das zerbrechliche Ich des Schizophrenen,
unfähig mit der extremen Belastung zwischenmenschlicher Herausforderungen fertig zu werden,
regrediere; Aufgabe der Therapie müsse es sein, den Patienten eine erwachsene Kommunikationsform
zu lehren und Einsicht in ihre Schwierigkeiten zu vermitteln; Sullivan riet zu einer sehr allmählichen,
nicht ängstigenden Entwicklung einer Verrauensbeziehung (z.B. seitlich hinsetzen, um den Pt nicht zum
Blickkontakt zu zwingen) erst nach vielen Sitzungen ermuntere der Therapeut den Patienten, seine
zwischenmenschlichen Beziehungen näher zu betrachten

Vermeidung von Zurückweisung (Frieda Fromm-Reichmann): in der Abgeschlossenheit der
Schizophrenen komme der Wunsch zum Ausdruck, die in der frühen Kindheit erlittenen und später für
unvermeidlich gehaltenen Zurückweisungen zu vermeiden; sie behandelte Schizophrene mit großer
Geduld und viel Optimismus und vermittelte ihnen, dass sie ihre Therapeutin weder in ihre Welt hinein
nehmen noch ihre Krankheit aufgeben müssten, bis sie vollkommen dazu bereit seien; Zusammen mit
Sullivan trug Frieda Fromm-Reichmann entscheidend dazu bei, dass die Psychoanalyse zu einer der
Hauptbehandlungsformen der Schizophrenie wurde
a. Aber: keine entscheidenden Erfolge, in akuten starken Phasen sogar schädlich, zu tiefgreifend
und intensiv; bei näherer Sicht zeigte sich dass die Patienten von Sullivan und FrommReichmann schwach ausgeprägte Symptome hatten und den strengen Kriterien heute nicht
genügt hätten
b. Neuer psychosoziale Interventionen sind aktiver sowie gegenwarts- und realitätsbezogener; die
Therapeuten versuchen den Patienten und deren Familien unmittelbar bei der Bewältigung
alltäglicher Probleme zu helfen; dabei gehen die Therapeuten davon aus, dass ein großer Teil
der Belastungen von Schizophrenen auf die Schwierigkeiten zurückzuführen sind, die diese bei
der Bewältigung alltäglicher sozialer Anforderungen haben, wozu auch der Druck in ihren
Familien gehört

-> Training sozialer Fertigkeiten z.B. Besprechung der Medikamenteneinnahme mit ihrem Psychiater,
Bestellung von Essen in einem Restaurant, Ausfüllen von Bewerbungsformularen, Ablehnung von
Drogenangeboten auf der Strasse, Lesen von Busfahrplänen -> all diese Dinge, die uns
selbstverständlich erscheinen sind für Schizophrene eben nicht selbstverständlich; auch Rollenspiele und
Modelllernen können eingesetzt werden, um zu überprüfen ob der Schizophrene angemessen auf
normale alltägliche Dinge reagiert und gegebenenfalls eine angemessene Reaktion einzuüben

Familientherapie -> Ermittlung von Stressoren, Kommunikations- und Problemlösetrainings, zeigen von
Videofilmen über Familien mit niedriger EE

Kognitiv-Verhaltensorientierte Therapie -> manche fehlangepasste Überzeugungen können verändert
werden; Persönliche Therapie von Hogarty, Muskelentspannungstechniken, Vermittlung von Akzeptanz
und Optimismus, Kritikmanagement und Konfliktlösung
21. Welche familienbezogenen Interventionen ergeben sich aus dem Expressed-Emotions-Konzept?

Information über Schizophrenie und die biologische Vulnerabilität, die manche Menschen für die
Krankheit prädisponiert; kognitive Probleme im Zusammenhang mit Schizophrenie, ihre Symptome und
Anzeichen eines erneuten Rückfalls -> Familien mit HEE sind in der Regel nicht gut informiert; die
Information soll helfen, mit dem Betroffenen weniger Kritisch umzugehen -> bessere Akzeptanz und
Verständnis des Verhaltens

Die Therapeuten ermuntern die Familienmitglieder, ihre Erwartungen an den Schizophrenen und somit
auch ihre Kritik zurückzuschrauben;

Information über Antipsychotika und Überwachung der Wirkungen

Vermeidung von Schuldzuweisung und insbesondere Ermutigung der Familienmitglieder, weder sich
selbst noch dem Patienten die Schuld an der Krankheit und den Schwierigkeiten zuzuschreiben, die alle
damit haben

Verbesserung von Kommunikation und Problemlösefertigkeiten in der Familie

Aufforderung an Patient und Familie, die sozialen Kontakte zu erweitern, insbesondere ihre
Unterstützungssysteme

Vermittlung einer gewissen Hoffnung, dass sich die Lage verbessern kann und dass die Patienten
vielleicht nicht mehr in die Klinik zurückkehren müssen
43
KAPITEL 12: SUBSTANZINDUZIERTE STÖRUNGEN
(S. 410-458)
1. Wie lauten die diagnostischen Kriterien für Substanzabhängigkeit und Substanzmissbrauch?
Substanzabhängigkeit: mindestens drei der folgenden Merkmale bezogen auf 1 Jahr:

Toleranzentwicklung -> verlangen nach ausgeprägter Dosissteigerung, um den erwünschten Effekt
herbeizuführen oder deutlich verminderte Wirkung bei fortgesetzter Einnahme derselben Dosis

Entzugssymptome, d.h. negative körperliche und psychische Wirkungen, bei Unterbrechung des Konsums
oder Verringerung der Menge ODER: dieselbe Substanz wird eingenommen, um die Entzugssymptome zu
lindern oder zu vermeiden

Die Substanz wird in größeren Mengen oder länger als beabsichtigt eingenommen

Der Betroffene erkennt den übermäßigen Konsum; erfolglose Versuche, den Substanzkonsum zu verringern

Es wird viel Zeit darauf verwendet, die Substanz zu beschaffen oder sich von ihren Wirkungen zu erholen

Fortgesetzter Substanzkonsum trotz psychischer oder körperlicher Beschwerden, die durch die Droge
verursacht oder verstärkt werden

Wichtige soziale, berufliche oder Freizeitaktivitäten werden aufgrund des Substanzkonsums aufgegeben oder
beschränkt

Körperliche Abhängigkeit wird diagnostiziert wenn entweder Toleranzentwicklung oder Entzugssymptome
vorliegen; in der Regel geht eine körperliche Drogenabhängigkeit mit gravierenden Problemen einher
Substanzmissbrauch: Merkmale als Folge wiederholten Drogenkonsums:

Versagen bei der Erfüllung wichtiger Verpflichtungen, z.B. Fernbleiben von der Arbeitsstelle oder
Vernachlässigung der Kinder

Körperliche Gefährdung durch Substanzkonsum, z.B. Bedienen von Maschinen oder Autofahren unter
Drogeneinfluss

Konfrontation mit dem Gesetz, z.B. Verhaftung wegen ungebührlichen Benehmens oder Verkehrsdelikten

Fortgesetzte soziale oder zwischenmenschliche Probleme, z.B. Ehestreitigkeiten

Substanzintoxikation: wird diagnostiziert, wenn die Einnahme einer Substanz des Zentralnervensystems
beeinträchtigt und fehlangepasste kognitive und verhaltensbezogene Wirkungen hat
Alkoholmissbrauch und Abhängigkeit:
2.



3.


4.






Wie sehen Entzugssymptome und Toleranzsteigerung bei Alkoholabhängigkeit aus?
Der Patient fühlt sich ängstlich, depressiv , schwach, ruhelos und kann nicht schlafen; es kann zu einem
ausgeprägten Tremor insbesondere der kleinen Muskulatur der Finger, des Gesichts, der Augenlider,
Lippen und Zunge kommen, der Puls beschleunigt sich, Blutdruck und Körpertemperatur steigen
In relativ seltenen Fällen: Delirium tremens bei Personen, die jahrelang stark getrunken haben wenn der
Blutalkoholspiegel plötzlich sinkt: zittern, getrübtes Bewusstsein, taktile Halluzinationen, fiebernd,
desorientiert und voll Angst und Schrecken kratzt sich der Alkoholiker unentwegt wie rasend, um das
Ungeziefer loszuwerden
Toleranz: manche Alkoholiker können einen Liter Schnaps am Tag trinken ohne Anzeichen von
Trunkenheit erkennen zu lassen; zudem ist ihre Blutalkoholspiegel auch nach exzessivem Alkoholkonsum
überraschend niedrig, was darauf hinweist, dass der Körper sich an die Droge angepasst hat und sie
effizienter verarbeitet
Was versteht man unter Polytoxikomanie?
Mehr als eine Droge wird zur gleichen Zeit konsumiert; Schätzungsweise sind etwa 80 – 85 % der
Alkoholmissbraucher auch Raucher (Alkohol dient auch als Auslöser zum Rauchen)
Polytoxikomanie kann zu schwerwiegenden Gesundheitsproblemen führen -> die Wirkungen der
einzelnen Drogen interagieren und erzeugen so eine besonders starke Reaktion (z.B. Alkohol und
Beruhigungsmittel als verbreitete Suizidmethode)
Was weiß man zur Prävalenz des Alkoholmissbrauchs und Komorbidität mit anderen Störungen?
Lebenszeitprävalenz etwa 20 % der Männer und etwas über 8 % bei Frauen
Die Prävalenz nimmt mit zunehmendem Alter ab, sowohl aufgrund des frühen Todes von
Langzeitalkoholikern als auch aufgrund der stabilen Abstinenz, die andere nach ihrer Abhängigkeit
erreicht haben
Der Anteil des Problemtrinkens von jungen Frauen gleicht sich dem der Männer an
Die Punktprävalenz für Alkoholismus in Deutschland wird auf 7 – 9 % geschätzt, wobei Männer und die
mittlere Altersgruppe (22 – 40 Jahre) bezüglich der Alkoholprobleme deutlich herausragen;
Für die Altersgruppe der 18 – bis 60 Jährigen werden in Deutschland 9,5 Millionen Menschen mit
riskanten Alkoholkonsum geschätzt, darunter erfüllen knapp 3 Mio. die Missbrauchskriterien und 2 Mio.
die Abhängigkeitskriterien
Stark ist auch der Alkoholkonsum unter Studenten und Schülern der Sekundarstufe
44

Problemtrinken ist komorbid mit mehreren Persönlichkeitsstörungen, affektiven Störungen, dem Konsum
anderer Drogen, Schizophrenie und Angststörungen und er spielt bei einem Viertel der Suizide eine Rolle
5.

Was kann man zum Verlauf der Störung sagen?
Kein einheitlicher Verlauf, die Trinkmuster fluktuieren beträchtlich, von Zeiten starken Trinkens zu Zeiten
der Abstinenz oder mäßigen Trinkens
Es gibt kein einheitliches Muster des Alkoholmissbrauchs
Frauen fangen im Allgemeinen später an zu trinken und Anlass ist häufig eine Belastung, wie etwa der
Tod des Ehemanns 0oder eine Familienkrise; der Zeitraum zwischen Problemtrinken und Alkoholismus ist
dabei bei Frauen kürzer; Frauen mit Alkoholproblemen trinken stetiger als Männer und meistens allein,
sie neigen meist weniger zu Trinktouren


6.



7.





Wie sehen die Kurzzeitwirkungen von Alkohol aus?
Zwei-Phasen-Wrkung: zunächst stimulierend und euphorisierend, sobald der Blutalkohol sinkt wirkt er
wie ein Sedativum und die Betroffenen empfinden mehr negative Emotionen
Beeinträchtigt komplexe Denkfunktionen, die motorische Koordination, Gleichgewicht, Sprache und
Sehvermögen, stumpft gegen Schmerz ab und wirkt in größeren Dosen sedierend und einschläfernd, ja
sogar tödlich
Interaktion mit mehreren neuronalen Systemen: Stimuliert GABA-Rezeptoren -> Spannungsminderung,
erhöht Serotonin und Dopamin (angenehme Wirkung), hemmt Glutamatrezeptoren -> kognitive
Beeinträchtigungen
Was sind Langzeitwirkungen anhaltenden Alkoholkonsums?
Unterernährung
Amnestisches Syndrom
Leberzhirrose
Schwere Schädigungen bei Konsum in der Schwangerschaft
Französisches Paradox -> mäßiges Trinken, insbesondere Rotwein, reduziert das Risiko koronarer
Hererkrankungen und Schlaganfall (Vorsicht: kann auch mit anderen Faktoren zusammenhängen, wie
mehr Bewegung,
Nikotin und Rauchen:
8.



Wie ist die Prävalenz des Rauchens und welche gesundheitlichen Folgen gibt es?
Jeder sechste Todesfall in Europa geht letztlich auf das Rauchen von Zigaretten zurück -> Rauchen ist
das einzig vermeidbare Risiko für Frühzeitigen Tod; Tabak tötet jedes Jahr mehr Menschen als Aids,
Autounfälle, Kokain, Crack, Heroin, Mord und Suizid
Medizinisch gesehen besteht zwischen langjährigen Rauchen und Lungenkrebs, Lungenemphysem,
Kehlkopf- und Speiseröhrenkrebs sowie einer Reihe von Herzkrankheiten ein fast mit Sicherheit
ursächlicher Zusammenhang; die Gesundheitsrisiken nehmen in den 5 – 10 Jahren, nachdem jemand
aufgehört hat zu rauchen drastisch ab und liegen dann nur noch knapp über denen von Nichtrauchern,
die Zerstörung von Lungengewebe ist allerdings nicht reversibel
Passiv Rauchen – der indirekte Rauch enthält mehr Ammoniak, Kohlenmonoxid, Nikotin und Teer als der
Rauch, der beim Rauchen inhaliert wird
Cannabis und Marihuana:
9.


Wie ist die Prävalenz des Cannabiskonsums?
Über 20 % der Erwachsenen (bis 39 Jahre) geben an, schon mal Cannabis konsumiert zu haben, die
Kriterien einer Abhängigkeit erfüllen dabei 03 % (12-Monats-Prävalenz) bzw. 0,5 % (Lebenszeitrisiko);
Die Prävalenz des regelmäßigen Konsums ist zwar gestiegen, der Anteil derer, die ein
Abhängigkeitssyndrom entwickeln, ist über verschiedene Altersgruppen hinweg aber recht stabil
10. Welche psychischen Wirkungen hat der Konsum zur Folge?

Die meisten Konsumenten fühlen sich dach dem Konsum kontaktfreudig und entspannt, hohe Dosen
führen zu schnellem STimmu7ngswechsel, Abstumpfung der Aufmerksamkeit, fragmentiertem Denken
und Gedächtnisstörungen; sehr hohe Dosen können Halluzinationen und Panik auslösen

Das Marihuana ist im vergleich zu dem vor 20 Jahren stärker; Ende der 80 er wurden Cannabinoide
Rezeptoren im Gehirn entdeckt (körpereigene Substanz: Anandamid)

Kognitive Beeinträchtigungen, besonders Beeinträchtigung des KZG, bis hin zur Lernbehinderung

Psychomotorische Beeinträchtigungen -> wichtig fürs Autofahren
45
11. Welche Physischen Wirkungen sind bekannt?

Kurzfristig Rötungen und Jucken der Augen, trocknet Mund und Kehle aus, steigert den Appetit und
führt gelegentlich zu leichtem Blutdruckanstieg

Für das gesunde Herz besteht keine Gefahr, für Menschen mit geschädigter Herzfunktion ist aber
gefährlich, da es den Herzschlag zuweilen drastisch beschleunigt

Strukturen und Funktion der Lunge können ernsthaft geschädigt werden -> tiefere Inhalation, entspricht
den Werten von etwa 4 – 5 Zigaretten

Toleranzentwicklung -> Süchtigkeit

Toleranzumkehr: erfahrene Raucher benötigen weniger Züge, um von einem Joint berauscht zu werden,
von dem ein weniger Erfahrener Raucher viele Züge benötigt, um einen vergleichbaren Zustand zu
erreichen; THC wird zwar schnell metabolisiert, dann aber im Fettgewebe des Körpers eingelagert und
sehr langsam freigesetzt; diese Freisetzung kann bis zu einem Monat dauern, was die Toleranzumkehr
erklären kann
12. Wie kann Cannabis therapeutisch eingesetzt werden?

Linderung der Nebenwirkungen der Chemotherapie z.B. Übelkeit oder Appetitlosigkeit, wo andere
Medikamente versagen, oder zur Behandlung von Begleitsymptomen von AIDS;

Wirkung übers Rauchen stärker als per Einnahme in Pillenform
Sedativa und Stimulanzien:
13. Welche Sedativa kennt man?

Opiate (Opium und sein Derivat Morphium, Heroin und Codein

Synthetische Barbiturate und Tranquilizer, z.B. Alprazolam (Tafil), Bromazepam (Lexotanil), Larazepam
(Tavor) oder Diazepam (Valium)
14. Wie ist die psychische und physische Wirkung der Opiate?

Euphorische Benommenheit, träumerisch und manchmal auch eine Beeinträchtigung der Koordination;

Heroin besitzt darüber hinaus eine besondere Initialwirkung, ein warm strömendes, ekstatisches Gefühl
unmittelbar nach der Injektion; der Süchtige ist vier bis sechs Stunden lang selbstbewusst und frei von
Sorgen, danach folgt ein Abfall, der fast an Stupor grenzt

Die Opiate wirken durch Stimulierung von Nervenrezeptoren des Körpereigenen Opioidsystems; Heroin
wird beispielsweise im Gehirn in Morphium verwandelt und bindet sich dann an die Opioidrezeptoren;
der Körper produziert Opioide (Endorphine, Enkephaline) und Opium und seine Derivate passen in in
deren Rezeptoren und stimulieren sie

Starke Entzugserscheinungen: bei Heroinsucht mit starker Toleranz können Entzugssymptome bereits
nach 8 Stunden auftreten -> Muskelschmerzen, Niesen, Schwitzen, Tränenfluss, häufiges Gähnen
(ähnlich einer starken Erkältung), innerhalb der nächsten 26 Stunden Verschlimmerung:
unkontrollierbares Muskelzucken, Krämpfe, Schüttelfrost und Hitzewellen, steigende Herzfrequenz und
Blutdruck, können nicht schlafen, erbrechen und haben Durchfall; diese Symptome halten etwa 72
Stunden an und bauen sich innerhalb von 5 – 10 Tagen wieder ab
15. Was sind synthetische Sedativa

Barbiturate, Benzodiazepine; entspannen die Muskeln, lindern Angst und führen in kleinen Dosen zu
einem leicht euphorischen Zustand; man nimmt an dass sie wie Alkohol das GABA-System beeinflussen;

Bei hohen Dosen wird die Sprache undeutlich und verschwommen und der Gang unsicher; Urteilskraft,
Konzentration und Arbeitsfähigkeit können stark beeinträchtigt werden; die Betroffenen verlieren die
emotionale Kontrolle, werden reizbar und aggressiv und fallen dann in tiefen Schlaf

Sehr hohe Dosen können tödlich sein, weil der Zwerchfellmuskel sich soweit entspannt, dass der
Betroffene erstickt

Bei längerer Einnahme kommt es zu Toleranzsteigerung; die Entzugserscheinungen nach abruptem
Absetzen sind besonders schwer und können sogar zum plötzlichen Tod führen; Delirium, Krämpfe und
andere Symptome haben Ähnlichkeit mit den Entzugssymptomen eines abrupten Alkoholentzugs

Man unterscheidet drei Gruppen von Menschen, die Sedativa missbrauchen:

Stereotyp des Drogenabhängigen, der sich auf dem illegalem Markt versorgt, meist Jugendliche
und junge Erwachsene männlichen Geschlechts und antisozial

Bürger mittleren Alters, die irgendwann einmal Schlafprobleme und Angst hatten und die Dosis
dann immer weiter erhöhen

Ärzte, Pflegepersonal und andere im Gesundheitswesen, die leichten Zugang haben und ihre
mit Ängsten verbundenen Probleme auf diese weise selbst behandeln
16. Welche Stimulanzien kann man unterscheiden?

Wirken auf das Gehirn und das sympathische Nervensystem und verstärken ihre Wachheit und
motorische Aktivität
46

Kaffee
Amphetamine :

zunächst in den 30er Jahren als Inhalationsmittel gegen verstopfte Nase, anregende Wirkung wurde
dann gegen leichte Depressionen und als Appetitzügler verschrieben; im zweiten Weltkrieg versorgten
alle Parteien ihre Soldaten damit gegen Müdigkeit und Erschöpfung, heute werden sie gelegentlich zur
Behandlung hyperaktiver Kinder eingesetzt

Verursachen die Freisetzung von Noradrenalin und Dopamin und blockieren die Wiederaufnahme dieser
Neurotransmitter; werden oral oder intravenös verabreicht und können zur Sucht führen; sie machen
wach, hemmen die intestinalen Funktionen, reduzieren Appetit; das Herz schlägt schneller, Blutgefäße
verengen sich; bei höheren Dosen können Nervosität, Agitiertheit, Verwirrung, Palpitationen,
Kopfschmerzen, Benommenheit und Schlaflosigkeit einstellen

Die Betroffenen werden überwach und euphorisch, gehen mehr aus sich heraus und verfügen scheinbar
über Grenzenlose Energie

Gelegentlich kann der Konsum hoher Dosen zu starkem Argwohn und zu so starker Aggressivität führen,
dass die Betroffenen eine Gefahr für die Umgebung darstellen; nimmt jmd. Über längere Zeitraum
höhere Dosen zu sich, kann sich ein Zustand einstellen, der einer paranoiden Schizophrenie ähnelt und
in dem Wahnvorstellungen auftreten

Rasche Toleranzsteigerung, viele Abhängige gehen dazu über, sich Amphetamine direkt in die Venen zu
spritzen
KOKAIN

Lindert nicht nur Schmerzen, sondern wirkt auch sehr schnell auf das Gehirn und blockiert die
Wiederaufnahme von Dopamin in mesolimbischen Bereichen; Selbstberichte über das durch Kokain
hervorgerufene Hochgefühl hängen sehr davon ab, in welchem Ausmaß das Kokain die Wiederaufnahme
von Dopamin blockiert hat

Das sexuelle Verlangen steigt, der Konsument ist erfüllt von Selbstvertrauen, wohlbehagen und dem
Gefühl, niemals müde zu werden

Eine Überdosis kann Schüttelfrost, Übelkeit, aber auch einen paranoiden Zusammenbruch und
Schreckenserregende Halluzinationen von unter die Haut kriechenden Insekten zur Folge haben

Der ständige Konsum führt zu Persönlichkeitsveränderungen, darunter erhöhte Reizbarkeit,
Beeinträchtigung der sozialen Beziehungen, paranoide Gedanken, Ess- und Schlafstörungen; ein
Abbruch führt zu schweren Entzugssymptomen

Führt zu Gefäßverengung, Gefahr des Myokardinfarkts bei Überdosierung

Abwandlungen: Freebase und Crack

Prävalenz des Kokainmissbrauchs: bei bis 39 jährigen 1,5 – 2 %
LSD und andere Halluzinogene:
17. Welche Halluzinogene gibt es?

LSD, Meskalin, Psilocybin,

Ecstasy, PCP (Angel Dust)
18. Wie wirken Halluzinogene?

Synästhesien 0 Überfließen von einer sensorischen Modalität zur anderen (Farben werden gehört, Töne
können gesehen werden)

Stark verändertes Zeitgefühl

Verlust der Grenzen zwischen dem eigenen Selbstgefühl und der Umgebung und die Angst auseinander
zu brechen schaffen ein Bedürfnis nach Strukturierung oder Unterstützung durch die Umgebung;

Während des Trips können Gedanken und Erinnerungen unter der Selbstkontrolle lebhaft oder – zum
Leid der Konsumenten – unerwartet auftauchen

Die Stimmung kann stabil sein und von Depressionen bis zur Heiterkeit, von gehobener Stimmung bis
Angst reichen; Spannung und Angst können steigen und Ausmaße von Panik erreichen

Nach 4 – 5 Stunden, wenn keine besondere Panikepisode auftritt, kann es zu einem Gefühl der Distanz
und der Überzeugung kommen, dass man auf magische Weise etwas unter Kontrolle hat

Der Konsument kann von der Drogenerfahrung stark beeindruckt sein und größere Sensibilität für Kunst,
Musik, menschliche Gefühle und die Harmonie des Universums verspüren

Wirkung abhängig von Erwartung und Motivation, und der Umgebung

Horrortrips: eine der größten Gefahren des LSD-Konsums, gelegentlich bis zu einer richtigen
Panikattacke entwickeln können und mit wesentlich größerer Wahrscheinlichkeit eintreten, wenn
irgendein Aspekt beim Einnehmen der Droge Angst verursacht; in selten en Fällen verfallen die
Betroffenen in einen psychotischen Zustand, der Hospitalisierung und Intensive Behandlung erforderlich
macht

Flashbacks, -> nicht vorhersehbare Wiederkehr von psychedelischen Erfahrungen nach Abklingen der
pharmakologischen Wirkung, meist in Zeiten von Stress, Krankheit und Erschöpfung; bei etwa 15 – 30
% der Halluzinogenkonsumenten; keine Hinweise auf neurologische Veränderungen
47
Ätiologie von Substanzmissbrauch und –abhängigkeit:
19.







Wie stellt man sich die Entwicklung in die Abhängigkeit vor?
Zunächst muss der Betroffene der Substanz gegenüber positiv eingestellt sein
Dann beginnt er damit zu experimentieren
Sie regelmäßig einzunehmen
Sie in großen Mengen einzunehmen
Und schließlich sie zu missbrauchen oder körperlich davon abhängig zu werden
Beispiel: man entwickelt viel eher eine positive Einstellung zum rauchen und beginnt mit Tabak zu
experimentieren, wenn auch andere Familienmitglieder rauchen; und man wird eher zum regelmäßigen
Raucher, wenn Gruppenmitglieder auch Rauchen und Zigaretten leicht zugänglich sind
Das Modell trifft jedoch nicht auf alle Fälle zu und nicht alle Stufen müssen unweigerlich durchlebt
werden
20. Welche soziokulturellen Variablen spielen eine Rolle?

Angefangen vom Einfluss der Eltern und der Gruppe bis zu den Werten, die in den Medien transportiert
werden, und den Vorstellungen akzeptablen Verhaltens kann die soziale Umgebung einen starken
Einfluss darauf haben, ob jemand Interesse und Zugang zu Drogen hat

Der Alkoholkonsum von Land zu Land variiert erheblich, es gibt aber auch Gemeinsamkeiten, so dass
z.B. generell der Alkoholkonsum gestiegen ist

Auch der leichte Zugang zu einer Substanz spielt eine große Rolle, die Missbrauchsrate liegt bei
Barkeepern und Spirituosenhändlern besonders hoch

Auch soziales Umfeld und Familien nehmen großen Einfluss, nicht nur, ob Eltern und Geschwister z.BV.
Rauchen und Alkohol trinken, sondern auch psychiatrische Probleme, Ehekonflikte oder Konflikte mit
dem Gesetzt haben Einfluss auf Drogenmissbrauch; fehlende emotionale Unterstützung führt z.B. zu
verstärktem Konsum von Zigaretten, Cannabis und Alkohol
21. Welche psychologischen Variablen spielen eine Rolle?

Drei Hauptvariablen: Wirkung des Alkohols auf die Stimmung, Überzeugungen über die Häufigkeit des
Konsums und damit verbundene Gesundheitsrisiken, Persönlichkeitsmerkmale, die den starken Konsum
wahrscheinlicher machen

Drogenkonsum hat die Funktion eines Verstärkers, d.h. er verstärkt positive Stimmung und mildert
negative ab -> Spannungsreduktion, in Tierexperimenten wurde gezeigt, dass Alkohol
Vermeidungsreaktionen reduziert, Ergebnisse aber Inkonsistenz

Erhält seine Spannungsreduzierende Wirkung durch eine Veränderung der Kognitionen und der
Wahrnehmung -> Alkoholmyopie, abgelenkte Aufmerksamkeit und verminderte Kapazität zu
sorgenvollen Gedanken und damit der Angst; ist keine Ablenkung möglich, kann Alkohol die Spannung
erhöhen

Keine Spannungsreduktion nach Stress, sondern eigentlich nur, wenn der Alkohol vorher getrunken wird
-> Betroffenen erwarten die Spannungsmindernde Wirkung im Nachhinein -> Wechselwirkung zwischen
Erwartung und Konsum -> Erwartung, dass Trinken Angst mindert, erhöht den Alkoholkonsum, was
wiederum die positiven Erwartungen verstärkt; dieser Zusammenhang gilt auch für andere Drogen

Auf der Suche nach Persönlichkeitsmerkmalen, die die Spannungsmindernde Wirkung von Alkohol
besonders verstärken, hat man festgestellt, dass Menschen, bei denen Alkohol stark spannungsmindernd
wirkt hohe Werte auf dem Anxiety Sensitivity Index erzielen (dem entspricht dass Menschen mit PTBS
häufig Alkohol missbrauchen und lässt vermuten, dass Alkohol bei Angstproblemen besonders
verstärkend wirkt

Überzeugungen über Häufigkeit und Risiken des Konsums spielen eine entscheidende Rolle

Persönlichkeitsmerkmale: Ausgeprägter Negativer Affekt und der ständige Wunsch nach Erregung und
positivem Affekt
22. Welche biologischen Variablen sind bekannt?

Alkoholismus tritt familiär gehäuft auf

Höhere Konkordanz bei eineiigen Zwillingen (Alkohol, Koffein, Rauchen, starken Konsum oder
Missbrauch von Cannabis und Drogenmissbrauch im Allgemeinen

Subtypen des Alkoholmissbrauchs (mit unterschiedlicher genetischer Grundlage, Adoptionsstudien) ->

Problemtrinken Typ I -> Männer und Frauen, nicht allzu ausgeprägt, Verbindung zu Leiblichen
Eltern als auch Adoptiveltern, Genetik und Umwelt spielt eine Rolle

Alkoholmissbrauch oder Abhängigkeit des Typs II -> nur bei Männern, setzte früher ein, hing
mit antisozialen Verhalten der Adoptierten sowie mit Alkoholmissbrauch der biologischen Eltern
zusammen

Anlage zur Alkoholtoleranz wird wahrscheinlich vererbt

Prädiktoren für Alkoholmissbrauch: geringe Intoxikation nach Alkoholgenuss und geringes Schwanken
48
23.









Welche Therapiemöglichkeiten hat man bei Alkoholmissbrauch und Abhängigkeit?
Eingestehen des Problems
Herkömmliche Klinikbehandlung: Entgiftung
Alkoholkonsum verleiden -> z.B. mit Disolfiram, führt in Verbindung mit Alkohol zu starkem Erbrechen
Behandlung komorbider Störungen
Anonyme Alkoholiker
Paar- und Familientherapie
Kognitive und Verhaltensorientierte Therapien -> Aversionstherapie (Elektrischer Schlag oder
medikamentöse Übelkeit), Kontingenzmanagement und Verhaltenstraining (auch selbstkontrolliertes
Verhaltenstraining; Reizkontrolle, Veränderung des Trinkverhaltens, Belohnung für Abstinenz),
Kontrolliertes Trinken (zum Vermeiden der Extreme Völlige Abstinenz und Trunkenheit), Quellen für
Rückfälle identifizieren, persönliche Verantwortung und Preis des Trinkens verdeutlichen
Wichtig: die Gründe, warum jemand trinkt sind vielfältig und dementsprechend sind auch nicht immer
alle möglichen Interventionen geeignet; auch die meist vorliegenden komorbiden Störungen spielen eine
große Rolle (Angst, Depression, Persönlichkeitsstörung,…)
Trotz der vielen Behandlungsmöglichkeiten begeben sich schätzungsweise nicht mehr als 10 % der
Menschen mit Alkoholproblemen jemals deswegen in professionelle Behandlung; über 40 % heilen sich
selbst (meist nach einschneidenden Erlebnissen)
24. Welche Therapiemöglichkeiten hat man bei Missbrauch illegaler Drogen?

Entgiftung

Heroinsubstitution (Methadon, Opiatantagonisten, Entzugssymptommildernde Medikamente

Kognitive VT, operante Therapieansätze

Selbsthilfe in therapeutischen Wohngemeinschaften
24.





Welche Möglichkeiten der Raucherentwöhnung hat man?
Widerwille erzeugen
Geplantes Rauchen (allmähliche Reduktion)
Anweisung des Arztes
Nikotinkaugummi und Pflaster
Geringe Antidepressiva
49
KAPITEL 13: PERSÖNLICHKEITSSTÖRUNGEN
(S. 460-490)
1. Was versteht man unter Persönlichkeitsstörungen?
heterogene Gruppe von Störungen, die als lange bestehende, tiefgreifende und unflexible
Verhaltensmuster und persönliche Erfahrungen gelten; sie weichen von dem ab, was von einem
Menschen erwartet wird und beeinträchtigen das soziale und berufliche Leistungsvermögen; einige von
diesen Störungen können auch zu emotionalen Belastungen führen
Ich-Synthonie -> , das Gefühl der Gestörtheit der eigenen Person erwächst aus dem Leiden infolge
zunehmender Interaktionsprobleme
Persönlichkeitsstörung liegt erst dann vor, wenn mehrere Merkmale extrem ausgeprägt sind und auf
relativ unflexible Art zum Ausdruck kommen
Persönlichkeitsstörungen sind oft komorbid mit anderen Störungen und können den Kontext für
psychische Störungen bilden
Klassifikation der Persönlichkeitsstörungen: Cluster, Kategorien und Probleme
Im DSM –II wurden Persönlichkeitsstörungen erstmals auf einer getrennten Achse angeordnet, damit
sollte gewährleistet sein, dass bei der Diagnose auf ihr mögliches vorliegen geachtet wurde
Persönlichkeitsstörungen unterscheiden sich von Persönlichkeitsänderungen durch den Zeitpunkt und die
Art und weise ihres Auftretens: Persönlichkeitsstörungen entstehen in der Kindheit bzw. Adoleszenz und
dauern im Erwachsenenalter an; sie beruhen nicht auf anderen psychischen Störungen oder einer
Hirnerkrankung, Persönlichkeitsänderungen werden im Erwachsenenalter Erworben
Durch Einführen spezieller Diagnosekriterien und Entwicklung struktureller Interviews konnte die
Reliabilität (Interraterreliabilität) verbessert werden; die Retestreliabilität ist sehr unterschiedlich -> für
antisoziale sehr hoch(stabiles Muster), für dependente und schizotype Persönlichkeitsstörung sehr
gering, die Symptome sind also über die Zeit nicht stabil
Ein weiteres Problem betrifft die Komorbidität mehrerer Persönlichkeitsstörungen: z.B. erfüllen 55 % der
Borderliner auch die Diagnose der schizotypen Persönlichkeitsstörung; auf 47 % trafen die Kriterien der
antisozialen Persönlichkeitsstörung zu und auf 57 % die der histrionischen Persönlichkeitssstörung
Problem kontinuierliche Variablen: wenn ein Patient mit einer Persönlichkeitsstörung einen allgemeinen
Persönlichkeitsfragebogen ausfüllt, stellt sich in der Regel heraus, dass seine Persönlichkeitsstuktur dem
normaler Menschen ähnelt, jedoch extremer ausgeprägt ist -> Persönlichkeitsstörungen können also als
extremform von Merkmalen verstanden werden, die wir alle besitzen (-> möglicherweise dimensionaler
Ansatz besser)
2. In welche Cluster sind die Persönlichkeitsstörungen eingeteilt?
Cluster A = paranoide, schizoide und schizotypische Persönlichkeitsstörung; die Betroffenen verhalten
sich absonderlich oder exzentrisch
Cluster B = antisoziale, Borderline, histrionische und narzisstische Persönlichkeitsstörung; die
Betroffenen verhalten sich dramatisch, emotional und launenhaft
Cluster C = vermeidend-selbstunsichere, dependente und zwanghafte Persönlichkeitsstörung; die
Betroffenen verhalten sich Furchtsam oder ängstlich
Cluster A:
3. Was macht die Paranoide Persönlichkeitsstörung aus?
Ist anderen gegenüber voller misstrauen; die Betroffenen erwarten nur schlechtes, verschließen sich
immer mehr und behalten beständig Ausschau dafür, dass man sie betrügt oder schädigt
Sie sind oft feindselig und reagieren wütend auf vermeintliche Beleidigungen
Sie vertrauen kaum jemandem und neigen dazu andere zu beschuldigen, auch wenn der Fehler bei
ihnen liegt
Sie sind extrem eifersüchtig und stellen die Untreue des Partner möglicherweise zu unrecht in Frage
Beschäftigen sich laufend mit unberechtigten Zweifeln an der Loyalität oder Glaubwürdigkeit anderer;
Manchmal sehen sie verborgene negative oder bedrohliche Botschaften in bestimmten Ereignissen
Unterscheidet sich von der paranoiden Schizophrenie dadurch, dass andere Symptome, wie etwa
Halluzinationen nicht vorhanden sind und die soziale und berufliche Leistungsfähigkeit weniger
beeinträchtigt ist; von der wahnhaften Störung unterscheidet sie sich dadurch, dass keine voll
ausgeprägten Wahnsymptome vorhanden sind
Tritt am meisten bei Männern auf und überlappt sich meist stark mit der schizotypischen, der Borderlineund der vermeidend-selbstunsicheren Persönlichkeitsstörung
Die Prävalenz liegt bei etwa 1 %
4. Was macht eine Person mit einer schizoiden Persönlichkeitsstörung aus?
Hat weder den Wunsch nach sozialen Beziehungen, noch Freude daran; sie erscheinen gelangweilt,
ausdruckslos, unnahbar und ohne warme, zärtliche Empfindungen für andere
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-
Die Patienten berichten selten über starke Gefühle, haben kein Interesse an sexuellen Aktivitäten, und
nur wenige Tätigkeiten bereiten ihnen Freude
Gleichgültig gegenüber Lob, Kritik und den Gefühlen anderer verfolgen sie als Einzelgänger ihre
einsamen Interessen
Die Prävalenz liegt etwas unter 1 %, bei Frauen tritt sie etwas seltener auf
Häufig liegt gleichzeitig eine schizotypische, vermeidend-selbstunsichere oder paranoide
Persönlichkeitsstörung vor
Die diagnostischen Kriterien sind denen einer promodalen oder residualen Phasen der Schizophrenie
ähnlich
5. Was zeichnet die schizotypische Persönlichkeitsstörung aus?
Entwickelte sich aus einer dänischen Studie über Kinder Schizophrener Mütter, die nicht die
Schizophreniekriterien erfüllten, aber dennoch so etwas wie eine abgeschwächte Form der Schizophrenie
hatten
Im ICD-10 wird die schizotypische Persönlichkeitsstörung unter der Schizophreniekategorie geführt, und
zwar als schizotype Störung -> da man annimmt, dass diese Störung Teil des genetischen Spektrums
der Schizophrenie ist
Hat gewöhnlich die selben zwischenmenschlichen Probleme wie die schizoide Persönlichkeit und die
starke Sozialangst nimmt bei zunehmender Vertrautheit nicht ab;
Darüber hinaus bestehen eine Reihe weiterer exzentrischer Symptome, die im wesentlichen denen der
promodalen und residualen Phasen der Schizophrenie entsprechen
Exzentrische Symptome:
absonderliche Vorstellungen oder „magisches Denken“ in Form von Aberglauben, Hellseherei und
Telepathie, aber auch Wahrnehmungsstörungen wie Depersonalisation, Derealisation und
wiederkehrende Illusionen; die Betroffenen spüren etwa die Anwesenheit einer Person oder Kraft, die
nicht da ist, oft zeigt auch die Sprache Eigentümlichkeiten, z.B. werden Worte auf unübliche oder
verschwommene Art und weise gebraucht;
die äußere Erscheinung und das Verhalten können ebenfalls exzentrisch sein (z.B. Selbstgespräche
führen, schmutzige, unordentliche Kleidung)
häufig treten Beziehungsideen, Misstrauen und paranoide Vorstellungen auf
der Affekt wirkt beschränkt und flach
Prävalenz: etwa 3 %, bei Männern häufiger
Komorbidität mit Borderline, narzisstische, vermeidend-selbstunsichere paranoide und schizoide
Persönlichkeitsstörungen
6. Was weiß man zur Ätiologie von Persönlichkeitsstörungen mit absonderlichem und exzentrischem Verhalten?
Familienstudien weisen darauf hin, dass Persönlichkeitsstörungen des Clusters A mit Schizophrenie
zusammenhängen; bei der schizotypischen Persönlichkeitsstörung geht es sogar darin, dass ähnliche
Veränderungen des Gehirns vorliegen (erweiterte Ventrikel, weniger graue Substanz im Temporallappen)
Cluster B:
7. Was sind die Merkmale einer borderline- oder emotional instabilen Persönlichkeitsstörung?
Impulsivität und Instabilität von zwischenmenschlichen Beziehungen, Stimmung und Selbstbild;
Einstellungen und Gefühle anderer Menschen gegenüber können innerhalb von kurzer Zeit und ohne
ersichtliche Gründe beträchtlich schwanken; auch die Emotionen sind sprunghaft und abrupt,
insbesondere von leidenschaftlicher Idealisierung bis hin zu beträchtlicher Wut
Borderline-Persönlichkeiten sind streitsüchtig, reizbar, sarkastisch und leicht gekränkt; insgesamt ist es
sehr schwierig mit ihnen zu leben
ihr unberechenbares und impulsives Verhalten, zu dem z.B. Glücksspiel, Geldausgaben, unüberlegte
sexuelle Aktivität und übermäßiges Essen zählen, sind potentiell selbstschädigend
Instabiles Selbstgefühl; sie sind sich ihrer Werte und Loyalitäten und beruflichen Entscheidungen
unsicher; sie ertragen es nicht alleine zu sein, haben Angst verlassen zu werden und fordern
Aufmerksamkeit; das ständige Gefühl der Depression und Leere kann sie zu suizidalen und
selbstverstümmelnden Handlungen treiben (beispielsweise schneiden sie sich mit einer Rasierklinge die
Haut auf);
Unter Stress können sie paranoide Vorstellungen und dissoziative Symptome entwickeln
Epidemiologie und Komorbidität: setzt im Jugendalter bzw. frühen Erwachsenenalter ein, hat eine
Prävalenz von 1 bis 2 % und tritt bei Frauen häufiger auf als bei Männern
Ungünstige Prognose
Borderliner leiden auch häufig an einer affektiven Störung und ihre Eltern sind ebenfalls
überdurchschnittlich häufig von affektiven Störungen betroffen; Ebenso wurde eine Komorbidität mit
Substanzmissbrauch, posttraumatischen Belastungsstörungen, Essstörungen sowie mit
Persönlichkeitsstörungen des Clusters A
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Das ICD-10 unterscheidet zwei Subtypen der emotional instabilen Persönlichkeit: impulsiver Typus
(reizbare, explosive, aggressive und verletzende Tendenzen überwiegen) und borderline Typus
8. Welche Theorien gibt es zur Ätiologie der Borderline-Persönlichkeitsstörung?
Objektbeziehungstheorie
Kernberg vermutet, dass schädliche Erfahrungen in der Kindheit, z.B. wenn Eltern Liebe und
Aufmerksamkeit in widersprüchlicher weise geben (z.B. Erfolge Loben, aber unfähig zu emotionaler
Stützung und Wärme sind) dazu führen, dass das Kind ein unsicheres Ego, das wichtigste Merkmal der
Borderline Persönlichkeitsstörung, entwickeln
Obwohl Borderline Persönlichkeiten ein schwaches Ego besitzen und ständige Bestätigung brauchen,
sind sie unfähig die Realität zu prüfen; sie sind zwar mit der Realität in Kontakt, reagieren jedoch häufig
mit dem Abwehrmechanismus der Spaltung -> dabei werden Objekte in gute und böse getrennt sowie
positive und negative Aspekte eines Menschen nicht in ein ganzes integriert; dies verursacht große
Schwierigkeiten bei der Regulierung von Emotionen, denn die Betroffenen ´nehmen die Welt und sich
selbst nur in schwarz/weiß wahr; Irgendwie schützt diese Abwehr das schwache Ego der BorderlinePersönlichkeit vor unerträglicher Angst
Erwartungskonform berichten Borderline Patienten in einer Reihe von Untersuchungen, dass ihre Mütter
sich wenig um sie gekümmert haben; sie empfinden ihre Familien als emotional ausdruckslos, mit wenig
Zusammenhalt und sehr konfliktgeladen; häufig liegt sexueller oder körperlicher Missbrauch vor, was in
einigen Studien überprüft wurde und die Betroffenen wurden in vielen Fällen von ihren Familien getrennt
Biologische Faktoren:
Borderline-Persönlichkeitsstörung tritt in Familien gehäuft auf, was auf eine genetische Komponente
hinweist; zudem sind die Betroffenen auch stark neurotisch, ein Zug, der bekanntlich erblich ist
Beeinträchtigung des Frontallappens möglich (impulsives Verhalten)
niedriger Serotoninspiegel -> Gabe von Serotoninspiegelsteigernden Medikamenten reduziert die Wut
Diathese-Stress-Theorie von Linehan
emotionale Fehlregulierung des Kindes (als mögliche biologische Disposition) -> Große Anforderungen
an die Familie -> Entwertung durch die Eltern durch Bestrafung oder Ignorieren der Bedürfnisse ->
Emotionale Ausbrüche des Kindes auf die die Eltern reagieren ->…
9. Welche Merkmale zeichnen die histrionische Persönlichkeitsstörung aus?
früher: hysterische Persönlichkeit; verhält sich übertrieben dramatisch und ist fortwährend bemüht,
Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen (z.B. durch unübliche Kleidung, Make-up oder Haarfarbe)
flacher Affekt, zeigen Emotionen aber übertrieben
ich-zentriert, übermäßig beschäftigt mit ihrer körperlichen Attraktivität und fühlen sich unwohl, wenn sie
nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen
sie können unangemessen aufreizend und verführerisch sein und sind leicht durch andere zu
beeinflussen
ihr Sprachstil ist häufig übertrieben plakativ und wenig detailliert; sie bringen z.B. eine feste
Überzeugung zum Ausdruck, können diese dann aber nicht weiter begründen
Epidemiologie: die Prävalenz dieser Störung beträgt 2 – 3 %, wobei die Diagnose häufiger bei Frauen als
bei Männern gestellt wird
Die histrionische Persönlichkeitsstörung tritt bei getrennt lebenden und Geschiedenen häufiger auf und
geht oft mit Depressionen und einem insgesamt schlechten Gesundheitszustand einher und zusätzlich
besteht eine hohe Komorbidität mit der Borderline Persönlichkeitsstörung
10. Welche Ätiologischen Faktoren werden bei der histrionischen Persönlichkeitsstörung angenommen?
Psychoanalyse: vermutet dass die Emotionalität und verführerische Art durch die verführerische Art
eines Elternteils gefördert wird, insbesondere zwischen Vater und Tochter; man glaubt dass die
Betroffenen in einem elterlichen Umfeld aufwuchsen, in dem die Eltern über Sexualität als etwas
Schmutziges sprachen, sich aber dennoch so verhielten, als ob es sich dabei um etwas Erregendes und
wünschenswertes handele
Diese Erziehung erklärt möglicherweise die ständige Beschäftigung mit Sexualität, verbunden mit der
Angst, tatsächlich sexuell zu handeln; der übertriebene Ausdruck von Emotionen gilt als Symptom
solcher zugrunde liegender Konflikte, und ihr Bedürfnis im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen,
gilt als Abwehr ihres in Wirklichkeit geringen Selbstwertgefühls
11. Welche Merkmale sind für die narzisstische Persönlichkeitsstörung charakteristisch?
grandioses Selbstbild der Einzigartigkeit und der Fähigkeiten; phantasieren gern von grenzenlosen
Erfolgen, sie als egozentrisch zu bezeichnen ist noch untertrieben
sie fordern fast ständige Aufmerksamkeit und starke Bewunderung; sie sind überzeugt, dass sie nur von
besonderen Menschen oder von solchen hohen Rangs verstanden werden
ihre zwischenmenschlichen Fähigkeiten leiden unter ihrer mangelnden Empathie, ihrem Neid und ihrer
Arroganz
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sie neigen dazu, andere auszubeuten und nur auf ihren Vorteil bedacht zu sein, stellen Ansprüche und
erwarten von anderen Vergünstigungen, ohne zu Gegenleistungen bereit zu sein
die Prävalenz dieser Störung beträgt weniger als 1 %, in den meisten Fällen tritt sie zusammen mit einer
Borderline- Persönlichkeitsstörung auf
das ICD-10 sieht für die narzisstische Persönlichkeitsstörung keine eigene Kategorie mehr vor, zu unklar
und unzuverlässig sind die Kriterien („andere Persönlichkeitsstörungen)
12. Welche Ätiologischen Faktoren der narzisstischen Persönlichkeitsstörung werden diskutiert?
psychoanalytische Wurzeln, Ergebnis unserer Zeit und unseres Wertesystems; Vordergründig weist die
narzisstische Persönlichkeit erstaunliche Selbstüberhebung, völlige Selbstversunkenheit und Phantasien
unbegrenzten Erfolgs auf, man nimmt jedoch an, dass diese Merkmale ein schwaches Selbstwertgefühl
verdecken
sind extrem empfindlich vor Kritik und haben Angst vor dem versagen; gelegentlich suchen sie andere,
die sie idealisieren können, weil sie von sich selbst enttäuscht sind
grundsätzlich lassen sie jedoch nicht zu, dass irgend jemand sonst ihnen wirklich zu nahe kommt; sie
unterhalten nur wenige und nur oberflächliche Beziehungen; wenn andere Menschen ihre Erwartungen
nicht erfüllen, werden sie böse und zurückweisend (wie Borderliner); ihr Gefühlsleben ist verarmt, da sie
trotz ihrer Selbstverherrlichung sehr wenig von sich halten
Kohut: nach seiner Ansicht entsteht das Selbst am Anfang des Lebens als bipolare Struktur, deren Pole
in einem unreifen Größenwahn einerseits und einer abhängigen Überidealisierung anderer Menschen
andererseits gebildet werden; ein gesundes Selbstwertgefühl entwickelt sich dann nicht, wenn die Eltern
auf dem Ausdruck von Kompetenz ihrer Kinder nicht zustimmend reagieren, d.h. ein Kind wird nicht
wegen seines eigenen Selbstwertes geschätzt, sondern als Mittel zur Förderung des Selbstwerts der
Eltern -> Kinder die auf diese Art und Weise vernachlässigt werden, entwickeln kein verinnerlichtes
gesundes Selbstvertrauen, und tun sich schwer, die eigenen Unzulänglichkeiten zu akzeptieren; sie
werden zu narzisstischen Persönlichkeiten, die durch endloses Streben nach Liebe und Anerkennung von
anderen versuchen, ihr Selbstwertgefühl aufzubessern
13. Welche Merkmale hat jemand mit einer dissozialen bzw. antisozialen Persönlichkeitsstörung?
Zwei Hauptmerkmale:
eine Störung des Sozialverhaltens war bereits vor Vollendung des 15. Lebensjahres erkennbar; zu den
wichtigsten Symptomen dieser Störung zählen Schule schwänzen, von zu Hause weglaufen, häufiges
Lügen, Diebstahl, Brandstiftung und vorsätzliche Zerstörung von Eigentum
Die Fortsetzung dieses Musters antisozialen Verhaltens im Erwachsenenalter
Von den verhaltensgestörten Kindern entwickeln 60 % später diese Störung
Die erwachsene antisoziale Persönlichkeit zeigt verantwortungsloses und antisoziales Verhalten durch
nur zeitweises Arbeiten, Gesetzesübertretungen, Gereiztheit und körperlich aggressives Verhalten,
Nichtbezahlen von Schulden und Rücksichtslosigkeit; sie ist impulsiv und plant nicht voraus; darüber
hinaus zeigt sie keinen Respekt vor der Wahrhei9t und keine Reue für Missetaten
Schätzungsweise sind etwa 3 % der Männer und 1 % der Frauen als antisoziale Persönlichkeit
einzustufen; von der Störung sind mehr jüngere als Ältere Menschen betroffen und sie ist unter
Menschen mit niedrigem soziökonomischen Status häufiger anzutreffen
Tritt häufig komorbid mit einer Reihe anderer Diagnosen auf, z.B. Substanzmissbrauch
14. Welche Merkmale hat die Psychopathie nach Hervey Cleckley?
orientiert sich eher an Gedanken und Gefühlen der Betroffenen
Zentrales Merkmal: Verarmung sowohl der negativen als auch der positiven Gefühle; Psychopathen
besitzen keim Schamgefühl, und sogar ihre anscheinend positiven Gefühle für andere sind nur
vorgegeben
Der Psychopath ist außergewöhnlich charmant und manipuliert andere zu seinem persönlichen Vorteil
Das Fehlen von Angst kann dazu führen, dass er nicht in der Lage ist, aus Fehlern zu lernen, und der
Mangel an positiven Emotionen führt dazu, dass er sich anderen gegenüber unverantwortlich und häufig
auch grausam verhält
Das antisoziale Verhalten ist impulsiv und sowohl auf das Erlebnis als auch auf Dinge wie finanziellen
Gewinn gerichtet
Diagnoseinstrument: Checkliste von Hare; „antisoziale Persönlichkeitsstörung“ und „Psychopathie“
stehen miteinander in Zusammenhang, sind jedoch keineswegs identisch: nur etwa 20 % der Menschen
mit antisozialer Persönlichkeitsstörung erreichten hohe Werte auf der Checkliste von Hare; die
Diagnosen unterscheiden sich also in mehreren Punkten
15. Welche ätiologischen Faktoren werden in Zusammenhang mit der antisozialen bzw. dissozialen
Persönlichkeitsstörung diskutiert? (Untersuchungen zumeist an Häftlingen)
fehlende Zuwendung und elterliche Zurückweisung, Inkonsequenz, Väter von antisozialen
Persönlichkeiten neigten auch zu antisozialem Verhalten (Problem der Retrospektiven Angaben, und
Lügen als eines der Hauptmerkmale der Störung)
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Längsschnittstudien: (Erziehungsberatungsstellen, 30 Jahre später Folgeuntersuchungen): Jungen, die
stehlen oder besonders aggressiv sind, Vielfalt antisozialer Verhaltensweisen, die auch vorm
Jugendrichter enden, durch das antisoziale Verhalten Konflikte mit Fremden, Organisationen und
Lehrern, Schuleschwänzen, zu spätes nachhause kommen, Ungehorsam, kaum Schuldgefühle,…
Genetische Komponenten werden nicht ausgeschlossen, aber auch großer Einfluss der Umwelt
Geringes Angstniveau; auch bei den psychophysiologischen Reaktionsmustern, außer bei der
Herzfrequenz -> wenn Psychopathen einen belastenden Reiz erwarten, schlägt ihr Herz schneller als das
gesunder Menschen (Zeichen dass sie „abschalten“)
Psychopathen können Reize ignorieren und ihre Aufmerksamkeit auf das Lenken, was sie interessiert
Geringe Schreckreaktionen
Mangelnde Empathie
Cluster C:
16. Welche Merkmale hat eine Person mit einer vermeidend-selbstunsicheren Persönlichkeitsstörung:
außerordentlich Empfindlich gegenüber sozialer Zurückweisung, Erniedrigung und Beschämung und
zögern daher, sich auf Beziehungen einzulassen, wenn sie nicht sicher sind, dass man sie mag; manche
meiden daher Beschäftigungen, die viel zwischenmenschlichen Kontakt mit sich bringt
in sozialen Situationen haben sie Angst davor, etwas dummes zu sagen, sich durch Erröten in
Verlegenheit zu bringen oder andere Anzeichen von Angst zu zeigen
sie sind davon überzeugt, dass sie inkompetent und anderen unterlegen sind, und sie gehen nur sehr
zögerlich ein Risiko ein oder Versuchen etwas neues
die Prävalenz liegt bei etwa 1 % , die Störung tritt kormorbid mit der dependenten
Persönlichkeitsstörung auf und der Borderline-Persönlichkeitsstörung; häufig auch Komorbidität zu
Depression, generalisierte soziale Phobie (vermeidend-selbstunsichere Persönlichkeitsstörung könnte
eine schwere Form der generalisierten sozialen Phobie sein
17. Welche Merkmale machen eine dependente Persönlichkeitsstörung aus?
Hauptmerkmal: fehlendes Selbstvertrauen und die Unfähigkeit zu selbstständigen Entscheidungen; die
Betroffenen empfinden sich selbst als schwach und andere als stark
Sie haben ein zu starkes Bedürfnis, versorgt zu werden, was allzu oft dazu führt, dass sie sich unwohl
fühlen, wenn sie alleine sind; sie haben Angst davor, alleine gelassen zu werden und für sich selbst zu
sorgen; sie stellen eigene Bedürfnisse zurück, um nicht die Beziehung zu Menschen zu gefährden, von
denen sie abhängig sind; endet eine enge Beziehung, suchen sie dringend nach einer neuen, die die alte
ersetzen kann
Die Diagnosekriterien umfassen auch Merkmale, die durch Forschungsliteratur nur bedingt ausreichend
gestützt werden, zum Beispiel Passivität
Die Prävalenz liegt bei etwa 1,5 %; in Indien und in Japan ist die Prävalenz höher, vielleicht weil diese
Gesellschaften ein abhängiges Verhalten fördern
Die Störung tritt häufiger bei Frauen als bei Männern auf, was vielleicht auf Geschlechtsspezifische
Sozialisationserfahrungen in der Kindheit zurückgeht
Häufig besteht eine KOmorbidität mit der Borderline- Persönlichkeitsstörung, der schizoiden und
histrionischen und der vermeidend-selbstunsicheren, sowie mit bipolaren Störungen, Depressionen und
Angst sowie Bulimie
18. Wie ist die Zwanghafte (anankastische) Persönlichkeitsstörung definiert?
perfektionistisch und übermäßig mit Einzelheiten, Regeln, Plänen usw. beschäftigt; halten sich oft so
sehr mit Details auf, dass sie Projekte nie abschließen; Arbeit ist ihnen wichtiger als Vergnügen und es
fällt ihnen Übermaßen schwer, Entscheidungen zu treffen und ihre Zeit einzuteilen; ihre
zwischenmenschlichen Beziehungen sind häufig schlecht, denn sie bestehen darauf, dass alles nach
ihrem Kopf gemacht wird
Menschen mit dieser Störung sind gewöhnlich ernst, stur, formal und inflexibel, insbesondere in
moralischen Fragen
Sie sind nicht in der Lage sich von abgetragenen oder nutzlosen Dingen zu trennen, auch wenn diese
keinen Erinnerungswert haben, und geizen um Geld; eine dysfunktionale Einstellung gegenüber Arbeit
und Produktivität findet sich häufiger bei Männern als bei Frauen
Unterschied zur Zwangsstörung keine Zwangsgedanken und Zwangshandlungen
Prävalenz liegt bei etwa 1 %, tritt am häufigsten komorbid mit der vermeidend-selbstunsicheren
Persönlichkeitsstörung auf
19. Welche Ätiologischen Faktoren werden für die Cluster C-Störungen diskutiert?
Frühe Bindungsprobleme, Elterliche Stil z.B. überbesorgt und autoritär, Entwicklung der
Selbstwirksamkeit verhindert
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Das ungewöhnliche Bindungsverhalten dependenter Personen könnte auf eine Störung im üblichen
Entwicklungsprozess hinweisen, die von einer Unterbrechung der frühen Eltern-Kind-Beziehung herrührt,
verursacht durch Tod, Vernachlässigung, Zurückweisung oder übermäßiger Besorgnis
Eine vermeidend-selbstunsichere Persönlichkeit kann den Einfluss einer Umgebung wieder spiegeln, in
der dem Kind beigebracht wurde, Menschen und Situationen zu fürchten, die die meisten als harmlos
betrachten; ein Elternteil hat möglicherweise ähnliche Ängste gehabt, die dann durch Imitationslernen
übertragen wurden
Freud sah die Ursache zwanghafter Persönlichkeiten in einer Fixierung in der analen Phase; die
modernen psychodynamischen Therapien stellen eher Angst vor Kontrollverlust in den Mittelpunkt
20. Welche Therapiemöglichkeiten bei Persönlichkeitsstörungen hat man?
Grundsätzlich: die Patienten kommen eher wegen komorbider Achse-1-Störungen in Behandlung und
Persönlichkeitsstörungen brauchen wegen ihres intensiven überdauernden Charakters exzessivere
Therapien
Welche Psychopharmaka eingesetzt werden, bestimmt häufig die Ähnlichkeit mit der Achse 1 Störung,
z.B. Tranquilizer bei der vermeidend-selbstunsicheren, ansonsten Antidepressiva, z.B. konnte Fluoxetin
auch Impulsivität und Aggressivität bei einer Gruppe von verschiedenen Persönlichkeitsstörungen
vermindert werden
Psychodynamische Ansätze versuchen die gegenwärtige Einstellung des Patienten zu ändern, von denen
vermutet wird, dass sie einer Persönlichkeitsstörung zugrunde liegt
Kognitive und behaviorale Therapien: z.B: Kritikempfindlichkeit bei paranoider und vermeidend
selbstunsicherer Persönlichkeitsstörung mit systematischer Desensibilisierung oder rational-emotiver
Therapie behandeln, Training sozialer Fertigkeiten, kognitive Therapie nach Beck um vorliegende
Denkfehler und dysfunktionale Schemata zu verändern
21. Welche Therapiemöglichkeiten und Probleme hat man bei der Borderline-Persönlichkeitsstörung?
mit die schwierigste Patientengruppe; es fällt den Betroffenen unheimlich schwer, Vertrauen zu
gewinnen und aufrecht zu erhalten; die Beziehung zum Therapeuten ist gekennzeichnet durch
abwechselnde Idealisierung und Diffamierung; verlangen im einen Moment größtmögliche
Aufmerksamkeit und Rücksicht und weigern sich im nächsten Moment Verabredungen einzuhalten, sie
bitten um Verständnis und Unterstützung, bestehen aber auch darauf, dass bestimmte Themen nicht
angetastet werden
Es besteht ein ernsthaftes Suizidrisiko, ist oft schwierig zwischen ernsthaftem Versuch oder Hilfeschrei
bzw. manipulativen Versuchen die Treue des Therapeuten zu testen, zu unterscheiden
Provozieren starke Gegenübertragungsgefühle
Eingesetzte Medikamente: Antidepressiva und Neuroleptika werden am häufigsten eingesetzt;
Antidepressiva sind kaum empfehlenswert und Neuroleptika zeigen mäßige Wirkung auf die Angst, die
Suizidalität und die psychotischen Symptome; da die Patienten oft Drogen missbrauchen und
suizidgefährdet sind, ist bei jeder medikamentösen Behandlung Vorsicht geboten
Therapie nach Kernberg: das schwache Ego der Patienten zu stärken, damit er nicht mit Spaltung und
Dichotomisierung reagieren muss; integrierende Vorgehensweise, der Therapeut arbeitet heraus, auf
welche weise der Patient seine Emotionen und sein Verhalten durch Abwehrmechanismen wie Spaltung
reagiert; direktivere Vorgehensweise
Dialektische Verhaltenstherapie nach Marsha Linehan: verbindet klientenzentrierte Empathie mit
verhaltensorientierter Problemlösung und dem Training sozialer Fertigkeiten; Drei Allgemeinziele: lernen,
die extreme Emotionalität zu modellieren und Verhaltensweisen zu kontrollieren; Lernen, Gefühle zu
tolerieren und ihren eigenen Gedanken und Emotionen zu trauen; im Mittelpunkt der Therapie steht die
volle Akzeptanz des Therapeuten für die Borderline Persönlichkeit mit all ihren Widersprüchen und
Neigungen zum Ausagieren; der Therapeut soll auf empathische Weise versuchen die verzerrten
Überzeugungen mit einer sachlichen Einstellung zu bewerten; zusätzlich Problemlösungen, Verbesserung
der zwischenmenschlichen Fertigkeiten und bessere Kontrolle über die Ängste
22. Welche Therapiemöglichkeiten und Probleme bestehen bei der dissozialen bzw. antisozialen
Persönlichkeitsstörung?
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über die Therapie der antisozialen Persönlichkeitsstörung äußern sich Therapeuten unterschiedlichster Zweige
einhellig: die Psychopathie ist praktisch nicht behandelbar; Hauptschwierigkeit: fehlende Motivation zur Therapie und
Unfähigkeit und Unmotiviertheit, mit Therapeuten eine vertrauensvolle, offene Beziehung einzugehen
der Therapeut muss ständig mit Manipulationsversuchen rechnen, er muss bis zum Beweis des Gegenteils annehmen,
dass das, was ihm der Patient erzählt, die Wirklichkeit verfälscht oder gar nichts mit ihr zu tun hat, und drittens muss
er sich damit abfinden, dass ein therapeutischen Arbeitsbündnis, wenn es überhaupt zustande kommt,
außerordentlich lange auf sich warten lässt
kaum Wirksamkeit von Medikamenten, nur Hinweise dass hochdosierte Angstlösende Medikamente bei Psychopathen
aggressionsmindernd wirken, und dass Psychopathen, die als Kind an einer ADHS Störung litten von Ritalin profitieren
können
Besondere verzerrte Gedanken: allein der Wunsch nach etwas rechtfertigt jede Handlung, persönliche Unfehlbarkeit,
Unfähigkeit anderer, Geringfügigkeit von Konsequenzen
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KAPITEL 14: SEXUELLE STÖRUNGEN UND STÖRUNGEN DER GESCHLECHTSIDENTITÄT
(S. 492-539)
1. Welche Hauptgruppen unterscheiden das DSM-IV und das ICD-10?
DSM-IV
ICD-10
A Geschlechtsidentitätsstörung
A Störung der Geschlechtsidentität
B Paraphililien:
B Störungen der Sexualpräferenz
1. Fetischismus
Fetischismus
2. Transvestitischer Fetischismus
Fetischistischer Transvestitismus
3. Pädophilie
Pädophilie
4. Exhibitionismus
Exhibitionismus
5. Voyeurismus
Voyeurismus
6. Frotteurismus
7. Sexueller Masochismus
Sadomasochismus
8. Sexueller Sadismus
9. Nicht näher bezeichnete Paraphilie (z.B. Koprophilie,
Nicht näher bezeichnete Störung der Sexualpräferenz
Nekrophilie
C Sexuelle Funktionsstörungen
C Nichtorganische sexuelle Funktionsstörungen
1. Störungen der sexuellen Appentenz
Mangel oder Verlust an sexuellem Verlangen
a) mit verminderter
Sexuelle Aversion
b) mit sexueller Aversion
Versagen genitaler Reaktionen
2. Störung der sexuellen Erregung
beim Mann;
a)/b) Beim Mann/bei der Frau
bei der Frau
3. Orgasmusstörungen
Orgasmusstörungen
a) weibliche Orgasmusstörung
beim Mann
b) Männliche Orgasmusstörung
bei der Frau
c) Ejaculatio praecox
Ejaculatio praecox
4. Störungen mit sexuell bedingten Schmerzen
a) Dyspareunie
nichtorganische Dyspareunie
b) Vaginismus
nichtorganischer Vaginismus
2.
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3.
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Welche Merkmale hat jemand mit einer Störung der Geschlechtsidentität?
= Transsexualismus, fühlen sich in der Regel von früher Kindheit an dem entgegen gesetzten Geschlecht
zugehörig, haben Aversionen gegen Kleidung und Aktivitäten des eigenen Geschlechts; ihre Anatomie
überzeugt sie nicht davon, dass sie das sind, was andere in ihnen sehen
Der Betroffene versucht häufig, sich als Angehöriger des anderen Geschlechts darzustellen und verlangt
nach einer Operation zur Geschlechtsumwandlung, um seinen Körper seiner Geschlechtsidentität
anzupassen
In der Kindheit zeigen sich oft gegengeschlechtliche Verhaltensweisen, die Eltern erkennen eine
Geschlechtsidentitätsstörung normalerweise, wenn das Kind zwischen 2 und 4 Jahren ist
Tritt bei Jungen sechsmal so häufig auf als bei Mädchen, bei den meisten Kindern setzt sich die Störung
auch ohne professionelle Interventionen nicht bis ins Erwachsenenalter fort, wenngleich viele von ihnen
dann homosexuell orientiert sind
Differentialdiagnose: Schizophrenie, Hermaphroditen, transvestitischer Fetischismus
Ein Mann mit dieser Störung empfindet sein sexuelles Interesse an Männern als normale heterosexuelle
Präferenz, da er sich selbst ja als Frau sieht
Zieht oft Missbilligung anderer und Diskriminierung nach sich, für Frauen ist ein männlicher Kleidungsstil
weniger problematisch
Leiden oft an Depressionen und Angst
Geschlechtsidentitätsstörung in der Kindheit geht oft einher mit einer Störung mit Trennungsangst
Prävalenz: sehr selten, etwa einer von 30 000 Männern und eine von 100 000 bis 150 000 Frauen ist
davon betroffen
Welche Ursachen über Störungen der Geschlechtsidentität werden in Betracht gezogen?
Hormone: Studie an einer dominikanischen Großfamilie: die Probanden waren nicht in der Lage ein
Hormon zu produzieren, das für die Ausformung von Skrotum und Penis bei männlichen Föten
verantwortlich ist; die Jungen wurden mit einem sehr kleinen Penis geboren und einem Skrotum, das
wie Lippenfalten aussah; zwei drittel von ihnen wurden als Mädchen großgezogen, als sie in die Pubertät
kamen und Testosteron produzierten, veränderten sich ihre Geschlechtsorgane und bis auf einen Fall
entwickelte sich eine männliche Geschlechtsidentität
Einsatz von Hormonen in der Schwangerschaft: z.B. sind Mädchen, deren Mütter in der Schwangerschaft
zur Vorbeugung von Uterusblutungen Progestine erhalten haben, sind besonders wild, kleine Jungen,
deren Mütter deren Mütter weibliche Hormone genommen hatten, sind weniger wild und weniger
sportlich
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4.
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Hormone bei Erwachsenen: kein Unterschied bei Männlichen Transsexuellen, männlichen
Heterosexuellen oder männlichen Homosexuellen; bei einem Teil der weiblichen Transsexuellen mehr
männliche Hormone -> nicht interpretierbar, da viele Transsexuelle mit Hormoneinnahmen nachhelfen
Familiäre Einflüsse: viel Aufmerksamkeit und Verstärkung für Geschlechtsrollenatypisches Verhalten (z.B.
wenn der Junge sich mit Mamas Kleidern schmückt)
Attraktivität: männliche Transsexuelle wurden als Kinder attraktiver und weibliche Transsexuelle als
weniger attraktiv eingestuft
Männliche Transsexuelle berichten oft, dass sie eine schwache Beziehung zum Vater hatten, weibliche
Transsexuelle berichten von körperlichem und sexuellem Missbrauch
Kulturelle Aspekte: feminine Jungen haben mehr Schwierigkeiten als maskuline Mädchen
Welche Therapeutischen Möglichkeiten hat man bei Störungen der Geschlechtsidentität?
Zwei grundsätzliche Möglichkeiten: entweder den Körper der Psyche anpassen oder die Psyche dem
Körper
12 Monate Psychotherapie vor einer Operation, Schwerpunkt nicht auf Angst und Depression, sondern
auf den verschiedenen Möglichkeiten, die zur Umwandlung des Körpers zur Verfügung stehen ->
Kosmetische Eingriffe, Hormone, Geschlechtsumwandlung (vorher: zwei Jahre Probeleben als dem
anderen Geschlecht zugehöriger)
a. Beim Mann zur Frau: heterosexueller Geschlechtsverkehr nachher möglich, plastische
Operationen, Stimmtraining, Hormone
b. Bei der Frau zum Mann: kleiner Penis kann geformt werden, inklusive Harnröhre, männliche
Hormone zeigen mehr Veränderungen als im Umgekehrten Fall
Uneinigkeit bezüglich des Nutzens der Operation (soziale Anpassung, beruflicher, sexueller und
psychischer Hinsicht, Langzeituntersuchungen nach langer Praxis zeigen aber Besserungen, wobei die
Umwandlung von der Frau zum Mann erfolgreicher einzuschätzen ist (obwohl die
Geschlechtsumwandlung häufiger bei Männern als bei Frauen durchgeführt wird
Prädiktoren für gute postoperativ Anpassung: emotionale Stabilität, erfolgreiche Anpassung an die neue
Rolle für mindestens ein Jahr, ausreichendes Verständnis der Grenzen und Folgen der Operation,
Psychotherapie im Rahmen eines etablierten Programms zur Geschlechtsidentität
Gründliche Indikation ist nötig und psychologische prä- und post Begleitung
Häufig Trennung vom sozialen Umfeld und damit einhergehende Verschlechterung des psychischen
Zustands auch nach der Operation; auch andere Lebensprobleme bleiben nach einer Operation ungelöst
Änderungen der Geschlechtsidentität (also Anpassung der Psyche an den Körper) mittels
verhaltenstherapeutischer Verfahren, unter der Vorraussetzung, dass dies der Wunsch des Patienten ist
Paraphilien
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Was sind Paraphilien?
Eine Gruppe von Störungen, bei denen die Sexuelle Attraktivität von ungewöhnlichen Objekten ausgeht
und die sexuellen Aktivitäten selbst ungewöhnlich sind
Phantasien, dranghafte Bedürfnisse oder Verhaltensweisen müssen über einen Zeitraum von mindestens
sechs Monaten andauern und Leiden oder Beeinträchtigungen verursachen -> wiederkehrend und
intensiv
Das Kriterium des Leidens ist problematisch, da viele Paraphile weder leiden noch beeinträchtigt sind ->
wird von vielen Forschern außer acht gelassen, und es wird sich eher auf die Verhaltensorientierten
Kriterien beschränkt
Epidemiologie: häufig weist ein Patient mehrere Paraphilien auf und die Muster können auch Teil
anderer psychischer Störungen sein, z.B. Schizophrenie, Depression, Persönlichkeitsstörungen
Statistiken werden oft unterschätzt, weil viele Straftaten nicht gemeldet werden, oder im Fall des
Voyeurismus, das Opfer nichts ahnt; Paraphile sind meist Männer
Was versteht man unter Fetischismus?
Für die sexuelle Erregung wird ein unbelebtes Objekt herangezogen; ein Fetischist, fast immer ein Mann,
wird wiederholt und intensiv sexuell von irgendeinem unbelebten Objekt erregt, dass als „Fetisch“
bezeichnet wird (z.B. ein Frauenschuh); der Fetisch wird für sexuelle Erregung bevorzugt, oder ist sogar
dafür notwendig
Häufige Fetische: Füße, Schuhe, hauchdünne Strümpfe, Gummi-Artikel, Handschuhe, Toilettenartikel,
Pelze und besonders häufig Unterwäsche
Manche praktizieren ihren Fetischismus heimlich, herzen und küssen das angebetete Objekt während der
Masturbation, führen es in ihr Rektum ein oder betrachten es nur; andere können den
Geschlechtsverkehr nur vollziehen, wenn der Partner den Fetisch anzieht, und wieder andere sind fast
ausschließlich daran interessiert sich eine Sammlung der begehrenswerten Objekt anzulegen und gehen
Woche für Woche auf Raubzug, um ihre Schätze zu vermehren
Die Anziehung die das Objekt auf den Fetischisten ausübt, ist zwanghaft
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Die Störung beginnt zumeist in der Adoleszenz, auch wenn der Fetisch seine besondere Bedeutung
schon in der Kindheit erlangt haben kann
Fetischisten leiden oft auch an anderen Paraphilien wie Pädophilie, Sadismus und Masochismus
Was ist transvestitischer Fetischismus?
Wenn ein Mann sich durch das Tragen von Frauenkleidern sexuell erregt fühlt, sich aber weiterhin als
Angehöriger des eigenen Geschlechts fühlt – reicht vom Tragen von Frauenunterwäsche bis hin zur
vollständigen Verkleidung als Frau
Manche zeigen sich gern in der Öffentlichkeit und treten in Nachtclubs auf; solange die Verkleidung nicht
mit sexueller Erregung verbunden ist, ist es auch kein Transvestismus
Nicht zu verwechseln mit Menschen mit Geschlechtsidentitätsstörung oder manchen Vorlieben
männlicher Homosexueller
Beginnt gewöhnlich mit teilweiser Verkleidung in der Kindheit oder Adoleszenz;
Transvestiten sind heterosexuell, immer männlichen Geschlechts und verkleiden sich meist nur
zeitweise; sie unterscheiden sich häufig in Kleidung und Auftreten nicht von anderen Männern, viele von
ihnen sind verheiratet;
Das Verkleiden findet gewöhnlich privat und im geheimen statt, und nur wenige Angehörige wissen
davon
Offensichtlich kein Leiden und Beeinträchtigung, der Verkleidungszwang kann sich manchmal mit der
Zeit verstärken und gelegentlich mit einer Dysphorie über das eigene Geschlecht einhergehen, jedoch
nicht in dem Ausmaß wie bei Patienten mit Störung der Geschlechtsidentität
Oft komorbid mit anderen Paraphilien, z.B. Masochismus
Pädophilie und Inzest:
8.
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Was versteht man unter Pädophilie?
das DSM-IV setzt voraus, das die Belästigung von jemandem ausgeht, der mindestens 16 Jahre ist und
dass das Opfer mindestens 5 Jahre jünger ist als der Täter; die Forschung hat aber gezeigt, dass viele
Pädophilie auch Opfer wählen,. Die nicht präpupertär sind, sondern auch Jugendliche, die noch nicht das
gesetzliche Alter erreicht haben, indem sie zu einer sexuellen Handlung mit einem Erwachsenen
zustimmen können
es gibt mehr pädophile Männer als Frauen und die Störung tritt oft komorbid mit affektiven Störungen,
Angststörungen und Substanzmissbrauch oder anderen Paraphilien auf
Gewalt ist selten Teil der Belästigung, ist aber nicht ausgeschlossen; meist ängstigen sie die Kinder und
drohen der Familie oder dem Haustier etwas anzutun, falls das Kind jemandem etwas erzählt
Manchmal begnügt sich der Pädophilie damit, die Haare eines Kindes zu streichen, aber er kann auch die
Genitalien des Kindes manipulieren bzw. das Kind dazu bringen es mit seinen zu tun,. Seltener wird eine
Intromission versucht
Die pädophilen Kontakten können Wochen, Monate oder Jahre dauern, solange niemand etwas merkt
oder das Kind sich nicht wehrt
Eine Minderheit der Pädophilen , die auch als sexuelle Sadisten oder antisoziale Persönlichkeiten
diagnostiziert werden können, führen den Objekten ihrer Begierde schweren körperlichen Schaden zu
o Groth et al. Sehen diese abgetrennt als Vergewaltiger von Kindern an, weil sie mindestens
genauso intensiv wünschen, das Kind körperlich zu verletzen wie sexuelle Befriedigung zu
erhalten
9. Was versteht man unter Inzest?
Sexuelle Beziehungen zwischen engen Verwandten, denen Eheschließung untersagt ist; am häufigsten
unter Geschwistern, gefolgt von Vater zu Tochter
Adaptive Bedeutung des Inzesttabus -> rezessive Gene finden sich schneller Zusammen und können zu
schweren Geburtsfehlern führen
Familienstruktur: außergewöhnlich patriarchalisch und traditionell, insbesondere auf die Frauen-MännerRolleverteilung; die Kinder werden vernachlässigt und auf Distanz gehalten, es wird auch angenommen,
dass Inzest häufiger ist, wenn die Mutter abwesend oder behindert ist
Unterschied zu Pädophilie: innerfamiliär und die Opfer sind meist älter (meist erst wenn es Anzeichen
körperlicher Reife zeigen)
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Welche Rolle spielt Kinderpornographie bei Pädophilie?
Nicht notwendig, die pädophilen Männer finden z.B. Katalogbilder oder Werbung erregend, hinter der
man gewöhnlich keinen sexuellen Hintergrund entdecken würde -> sie konstruieren ihr eigenes
sexuelles Material aus Quellen, die allgemein hin als harmlos angesehen werden
Pädophilie und Inzest sind weit verbreitet: in einer Untersuchung an fast 800 College-Studenten stellte
sich heraus dass 19 % der Frauen und etwa 8,6 % der Männer angaben, sie seien als Kind sexuell
missbraucht worden; von den missbrauchten Frauen hatten 28 % eine inzestuöse Beziehung, von den
Männern 23 %; diese Zahlen steigen noch deutlich an, wo wirksame stattliche Vorschriften gelten
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10. Was versteht man unter Voyeurismus?
Wenn der Betroffene eine deutliche Präferenz für die Erlangung sexueller Befriedigung durch die
Beobachtung anderer in nacktem Zustand oder bei sexuellen Handlungen aufweist
Es kommt selten zum Kontakt zu dem Beobachteten
Wichtig: Gefahr des Entdecktwerdens
Die Häufigkeit lässt sich schwer schätzen, die Taten bleiben meist unbemerkt
Setzt in der Regel in der Adoleszenz ein, man nimmt an, dass Voyeure Angst vor direktem sexuellen
Kontakt mit anderen haben, vielleicht weil sie kaum über soziale Fertigkeiten verfügen; das Zuschauen
dient als Ersatzbefriedigung und gibt ihnen möglicherweise das Gefühl der Macht
Voyeure haben häufig noch andere Paraphilien, scheinen aber ansonsten nicht gestört zu sein
11. Was versteht man unter Exhibitionismus?
Der Exhibitionist entblößt wiederholt die Genitalien vor unbefangenen Fremden, manchmal vor Kindern,
um sexuelle Erregung zu erreichen; setzt in der Regel in der Adoleszenz ein
Selten wird versucht zu dem Fremden wirklich Kontakt aufzunehmen
Die sexuelle Erregung erreicht der Betroffene dadurch, dass er sich vorstellt, wie er sich zur Schau stellt,
oder es wirklich macht;
In den meisten Fällen besteht auch der Wunsch, den Fremden zu schockieren oder in Verlegenheit zu
bringen
Die Mehrzahl der Sexualdelikte, von denen die Polizei erfährt sind voyeuristischer oder sexueller Natur
Der Entblößungsdrang ist zwanghaft, überwältigend und unkontrollierbar und wird durch Angst,
Ruhelosigkeit, und sexuelle Erregung ausgelöst
Offensichtlich ist der Drang so stark, dass der Betroffene die möglichen sozialen und rechtlichen Folgen
ihres Tuns vergessen;
In der Verzweiflung und Spannung des Augenblicks können sie an Kopfschmerzen und Palpitationen
leiden und ein Gefühl der Unwirklichkeit erleben; anschließend suchen sie zitternd und voller Scham das
Weite
Im Allgemeinen hat der Exhibitionist Schwierigkeiten in zwischenmenschlichen Beziehungen und ist
unreif in seinem Verhalten dem anderen Geschlecht gegenüber
Über die Hälfte der Exhibitionisten ist verheiratet, ihre ehelichen Beziehungen sind jedoch wenig
befriedigend
In Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass Exhibitionisten durch nichtsexuelle Situationen erregt
werden (Bilder von angezogenen Frauen in Parks und Aufzügen z.B.), was die Hypothese stützt, was
Exhibitionisten Hinweisreize in der Anfangsphase eines späteren sexuellen Kontakts insofern falsch
interpretieren, als sie bestimmte Situationen als sexuell wahrnehmen, die von anderen nicht als erotisch
angesehen werden
12. Was versteht man unter Frotteurismus?
sexuelle Erregung wird durch Berühren einer nichts ahnenden Person erreicht; der Frotteur reibt seinen
Penis an den Oberschenkeln oder dem Gesäß der Frau, oder er streichelt über ihre Brüste und
Genitalien; diese Angriffe finden in der Regel an Orten statt, an denen der Angreifer leicht entkommen
kann (Voller Bus oder Gehweg)
setzt in der Adoleszenz ein, tritt üblicherweise zusammen mit anderen Paraphilien auf
13. Was versteht man unter sexuellem Sadismus und sexuellem Masochismus?
Schlüsselmerkmal des Sadismus: deutliche Bevorzugung des Erreichens oder der Verstärkung sexueller
Befriedigung durch zufügen von Schmerzen oder psychischen Leid (Erniedrigung); Beim sexuellen
Masochismus: Pendant, also Erleiden von Schmerz
Gibt es sowohl in hetero- wie auch homosexuellen Beziehungen, aber schätzungsweise sind 85 %
heterosexuell
20 – 30 % der Mitglieder Sadomasochistischer Clubs sind Frauen; unter Sadisten ist Alkoholismus weit
verbreitet; die Störungen beginnen anscheinend im frühen Erwachsenenalter und die meisten Sadisten
und Sadomasochisten fühlen sich bei ihren ungewöhnlichen Praktiken wohl
Die Mehrzahl führt ein ansonsten eher konventionelles Leben, und es gibt Belege dafür, dass sie in
Bezug auf Einkommen und Schulbildung über dem Durchschnitt liegen
Die meisten Sadisten unterhalten zum Zwecke gegenseitiger sexueller Befriedigung sexuelle
Beziehungen mit Masochisten
Zwischen 5 und 10 % der Bevölkerung beteiligen sich in irgendeiner Form an sadomasochistischen
Praktiken (z.B. Augen verbinden), jedoch nur wenige regelmäßig und noch weniger Bevorzugen solche
Praktiken während des Geschlechtverkehrs
Die meisten können zwischen Sadismus und Masochismus wechseln, die Zahl der Masochisten ist jedoch
größer
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Verschiedene Erscheinungsformen: Körperliche Einschränkung (Fesseln), Ausschalten der Wahrnehmung
(Augen verbinden), Verprügeln, auspeitschen, Elektroschocks, Schnitte und Demütigungen (Urinieren,
Defäzieren, wie ein Hund bellen oder nackt zur Schau gestellt werden), Sklavenspiel; Infantilismus,
Hypoxyphilie (Sauerstoffentzug)
Die sexuellen Aktivitäten sind gut vorbereitet; der Verlust an Kontrolle ist teilweise trügerisch, da die
Partner in der Regel klare Regeln darüber aufgestellt haben, was durchgeführt wird -> Schmerz,
Erniedrigung, Dominanz ist Teil einer Geschichte,, die beide zusammen ausagieren; die fiktive
Bedeutung erhöht die sexuelle Erregung (Unartiges Kind oder Sklave); das Thema Unterwerfung und
Dominanz scheint ebenso wichtig zu sein, wie das Zufügen körperlicher Schmerzen
Sexuelle Funktionsstörungen:
14. In welche Phasen kann man den sexuellen Reaktionszyklus einordnen?
Appetenzphase – Interesse oder Wünsche, häufig von sexuellen Phantasien begleitet
Erregungsphase – subjektives Gefühl der Lust und begleitende körperliche Veränderungen, die durch
eine verstärkte Durchblutung der Genitalien und der Brust zustande kommt
Orgasmusphase – Höhepunkt der sexuellen Lust (Ejakulation, Kontraktion der äußeren Vaginalmuskeln)
Entspannungsphase mit unterschiedlicher Refraktärzeit
15. Was sind Störungen der sexuellen Appetenz?
anhaltender oder wiederkehrender Mangel an sexuellen Phantasien und an dem Verlangen nach
sexueller Aktivität bzw. Extremform der Störung mit sexueller Aversion, bei der jeglicher Genitalkontakt
vermieden wird
bei etwa 20 – 30 % der erwachsenen Bevölkerung liegt eine Störung der verminderten sexuellen
Appetenz, wobei genaue Schätzungen schwierig sind; zumal es schwierig ist festzulegen, was eine
normale Appetenz ist und wenn die Betroffenen sich in Behandlung begeben liegt der Grund meist
daran, dass der Partner unzufrieden ist; subjektive Faktoren spielen eine große Rolle
Ursachen: wenig bekannt, Frauen mit der Störung verfügen meist über die Fähigkeit der Erregung; zu
den Ursachen können religiöse Orthodoxie gehören, der Versuch Geschlechtsverkehr mit dem Partner
des nicht präferierten Geschlechts zu haben, Furcht die Kontrolle zu verlieren, Angst vor
Schwangerschaft, Depression, Nebenwirkungen von Medikamenten, Mangelnde Anziehung aufgrund
ungenügender Körperhygiene des Partners, Beziehungsprobleme, sexuelle Traumata, Ängste vor sexuell
übertragbaren Krankheiten, Wut, hohes Maß an alltäglichen Belastungen, geringer Testosteronspiegel
16. Was sind Störungen der sexuellen Erregung?
Bei der Frau: keine ausreichend vaginale Lubrikation für angenehmen Geschlechtsverkehr (Prävalenz: 20
%)
o Ursachen: Angst vor dem Versagen oder Zuschauerrolle; möglicherweise wei0ß die Frau nicht
was sie sexuell erregend findet oder kennt ihre eigene Anatomie nicht
o Schüchternheit, Bedürfnisse mitzuteilen, empfindet das Verhalten des Partners möglicherweise
als wenig erregend oder abstoßend,
o Weitere Faktoren: Eheprobleme, medizinische Faktoren (Östrogenmangel, Diabetes)sowie
Medikamente
Beim Mann: Unfähigkeit eine Erektion zu bekommen oder diese Aufrecht zu erhalten (Prävalenz: 3 – 9
%), steigt bei älteren Erwachsenen deutlich an
o Ursachen: bis zu zweidrittel körperlicher Natur in Verbindung mit psychischen Problemen;
grundsätzlich kann jede Krankheit oder jedes hormonelle Ungleichgewicht die
Nervenverbindung oder die Blutversorgung des Penis beeinträchtigen (Medikamente, diabetes,
Nierenprobleme, Alkoholismus,…)
17. Welche Orgasmusstörungen gibt es?
Bei der Frau: starke Prävalenzschwankungen (5 – 20 bzw. 24 %); häufigster Grund zu einer Behandlung
Mögliche Ursachen: Frauen müssen evtl. Lernen einen Orgasmus zu haben (im Gegensatz zum Mann
evtl. nicht angeboren); Umfragen ergaben, dass Frauen, die vor der ersten Koituserfahrung wenig oder
gar nicht masturbierten, sehr viel häufiger anorgastisch waren; Informationsmangel über die eigene
Anatomie, chronischer Alkoholkonsum, unterschiedliche Orgasmusschwellen; Reaktion des Partners auf
manuelle Manipulation, Angst vor Kontrollverlust, nichtsexuelle Beziehung zum Partner
Orgasmusstörung beim Mann relativ selten, tritt bei 3 – 8 % der Patienten auf, die sich in Behandlung
befinden; Gründe: Angst ein Kind zu zeugen, Liebesverweigerung, Ausdruck von Feindseligkeit, Angst
davor sich gehen zu lassen, manchmal organische Ursachen oder Medikamente
Ejaculatio praecox: tritt bei etwa 40 % der Männer irgendwann mal auf; manchmal schon ein paar
Sekunden, bevor der Penis eingeführt wurde, meist aber ein paar Sekunden danach; geht mit
erheblicher Angst einher; möglicherweise ist der Penis empfindlicher; die Zeiten zwischen orgasmischen
Sex ist bei den Betroffenen gewöhnlich länger; auch die Lerngeschichte könnte eine Rolle spielen
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18. Was sind Störungen mit sexuell bedingten Schmerzen?
Dyspareunie wird diagnostiziert, wenn ständig oder wiederholt Schmerzen vor, während oder nach dem
Geschlechtsverkehr auftreten; Prävalenz zwischen 8 und 15 %; tritt bei Männern erheblich seltener auf,
möglicherweise nur bei 1 %
Vaginismus ist dadurch gekennzeichnet, dass unwillkürliche Spasmen des äußeren Drittels der Vagina
auftreten; trotz der Unfähigkeit zum Geschlechtsverkehr sind Frauen mit Vaginismus normal erregbar
und Erreichen mit manueller oder oraler Stimulation ohne Penetration auch Orgasmen; Prävalenz: 12 –
17 % der Frauen, die sich einer Therapie unterziehen wollen, und auch in gynäkologischen Praxen eine
gängige Beschwerde
Genitale Schmerzen beim Geschlechtsverkehr haben fast immer einer körperliche Ursache, z.B.
Infektionen der Vagina, der Blase des Uterus oder der Eichel; ebenso stehen depressive Symptome,
Angst und Eheprobleme in Zusammenhang mit Dyspareunie
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KAPITEL 15: STÖRUNGEN IN KINDHEIT UND JUGEND
(S. 540-590)
1. Welche Störungen des Kindes- und Jugendalters werden nach ICD-10 bzw. DSM-IV diagnostiziert?
I. Störungen, die zuerst im Kleinkindalter, in der Kindheit oder Adoleszenz diagnostiziert werden:
a) Geistige Behinderung/Intelligenzminderung

Deutlich unterdurchschnittliche intellektuelle Leistungsfähigkeit, gleichzeitig Defizite der
gegenwärtigen sozialen Anpassungsfähigkeit und Beginn der Störung vor Vollendung des 18.
Lebensjahres
b) Umschriebene Entwicklungsstörungen

Lernstörungen: die schulischen Leistungen in Lesen, Rechnen oder schriftlichem Ausdruck
liegen wesentlich unter denen, die aufgrund des Alters, der gemessenen Intelligenz oder der
altersgemäßen Bildung einer Person zu erwarten wären

Störungen der motorischen Fähigkeiten: Probleme mit der motorischen Koordination

Kommunikationsstörungen: Artikulationsstörungen, Störungen der Expressiven und/oder
rezeptiven Phase
c) Tiefgreifende Entwicklungsstörungen

Ausgeprägte und tiefgreifende Beeinträchtigung in mehreren Bereichen, darunter in der
sozialen Interaktion und Kommunikation mit anderen, sowie stereotype Verhaltensweisen

Dazu gehört der frühkindliche Autismus, Rett-Syndrom, Asperger Syndrom u. a.
d) Unterkontrollierte Verhaltensstörungen

Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätssyndrom: Beständiges Muster von Unaufmerksamkeit
und/oder Hyperaktivität und Impulsivität, das in einem mit dem Entwicklungsstand des Kindes
nicht zu vereinbarenden und unangemessenen Ausmaß vorhanden ist; die Symptome müssen
vor Erreichen des 7. Lebensjahres auftreten und die Funktionsfähigkeit in mindestens zwei
Bereichen einschränken

Störung des Sozialverhaltens: Repetetives und anhaltendes Muster ernsthaft antisozialen
Verhaltens, das gewöhnlich krimineller Natur und durch extreme Gefühllosigkeit geprägt ist

Störung mit oppositionellem Trotzverhalten: anhaltendes Muster von negativistischem,
feindseligem und trotzigem Verhalten gegenüber Autoritätspersonen
e) Überkontrollierte Verhaltensstörungen

Störung mit Trennungsangst: Unangemessene und übermäßige Angst vor Trennung von
Zuhause oder von Bezugspersonen, die in klinisch bedeutsamer weise Leiden oder
Beeinträchtigungen verursacht

Emotionale Störung im Kindesalter: phobische, überempfindliche, depressive Störungen
f) Störungen der Nahrungsaufnahme und der Ausscheidung

Fütter- und Essstörungen im Säuglingsalter: Anhaltende Fütter- und Essstörungen, wie z.B.
ständiges essen ungenießbarer Stoffe (Pica), wiederholtes herauswürgen und Wiederkauen von
Nahrung (Ruminationsstörung) oder ständiges Unvermögen, adäquat zu essen, was sich in
einem deutlichen Gewichtsverlust oder fehlender Gewichtszunahme ausdrückt (Fütterstörung
im Säuglings- und Kindesalter)

Störungen der Ausscheidung: Wiederholtes Defäzieren an ungeeigneten Stellen bei Kindern, die
mindestens vier Jahre alt sind (Encopresis), oder wiederholtes Entleeren von Urin in Bett oder
Kleidung bei Kindern, die mindestens 5 Jahre als sind (Eneuresis)
g) Ticstörung

Plötzliche, schnelle, sich wiederholende, unrhythmische uns stereotype motorische Bewegungen
oder Lautäußerungen;

Dazu gehören: vorübergehende Ticstörung, chronische motorische oder vokale Ticstörung,
kombinierte vokale und multiple motorische Ticstörung (Tourette-Störung)
h) Störung sozialer Funktionen

Selektiver Mutismus: Andauernde Unfähigkeit, in bestimmten Situationen zu sprechen (z.B., in
der Schule), wobei in anderen Situationen normale Sprechfähigkeit besteht (z.B. mit den Eltern)

Reaktive Bindungsstörung im Säuglingsalter oder in der frühen Kindheit: deutlich gestörte und
entwicklungsmäßig inadäquate soziale Bindung, die in den meisten Bereichen auftritt und vor
dem Alter von 5 Jahren beginnt; sie ist verbunden mit stark pathologischen Fürsorgemerkmalen
der Eltern oder anderer Betreuer
II. Störungen und Diagnosen, die auf Erwachsene, Jugendliche und Kinder zutreffen:
substanzinduzierte Störung
Schizophrenie
Affektive Störungen
Angststörungen
Somatoforme Störungen
Dissoziative Störungen
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Geschlechtsidentitätsstörungen
Essstörungen
Parasomnien: Abnorme verhaltensbezogene oder physiologische Ereignisse im Zusammenhang mit dem
Schlaf, beispielsweise Schlafstörungen mit Albträumen, Pavor nocturnus oder Schlafstörung mit
Schlafwandeln
2. Was ist bei der Klassifikation abweichenden Verhaltens bei Kindern zu berücksichtigen?
Zunächst muss ermittelt werden, was für ein bestimmtes Alter als normal anzusehen ist
Manche Störungen treten nur bei Kindern auf (z.B. Störung mit Trennungsangst), andere werden unter
die Kriterien summiert, die auch für Erwachsene gelten (z.B. Depression) und wieder andere wurden
zwar den Störungen im Kindesalter zugeordnet, setzen sich aber im Erwachsenenalter fort
(Aufmerksamkeits-/Hyperaktivitätssyndrom
Die Störungen des Kindesalters sind leichter mit einem dimensionalen Modell zu erfassen als mit einem
Kategorialen -> Kontinuum, z.B. Verhaltenskontrolle (Aggressivität vs. Gehemmtheit); gelegentlich
unterscheidet man die beiden Extreme auch danach, ob das Kind in erster Linie anderen Probleme
macht (zu wenig kontrolliert) oder sich selbst (übermäßig Kontrolliert)
Die Störungen findet man in der ganzen Welt, dabei findet sich kulturunabhängig unterkontrolliertes
Verhalten durchweg häufiger bei Jungen und überkontrolliertes Verhalten häufiger bei Mädchen
Störungen mit unterkontrolliertem Verhalten:
3. Welche Merkmale beschreiben die Aufmerksamkeits-/Hyperaktivitätsstörung?
Als hyperaktiv werden oft Kinder bezeichnet, die ständig in Bewegung sind, mit den Fingern trommeln,
mit den Beinen zappeln, andere aus unerfindlichen Gründen anstoßen, sprechen, wenn sie nicht an der
Reihe sind und auf dem Stuhl hin und herrutschen;
Es fällt ihnen schwer, sich eine angemessene Zeit lang auf eine bestimmte Aufgabe zu konzentrieren; sie
erhalten dann in der Regel die Diagnose Aufmersamkeits-/Hyperaktivitätssyndrom (DSM-IV) oder eine
der Diagnosen aus der Kategorie „hyperkinetische Störungen“ aus dem ICD-10
Den Kindern fällt es besonders schwer ihr Verhalten zu kontrollieren in Situationen, in denen sie still
sitzen müssen; sie können dann nicht aufhören sich zu bewegen, sind unorganisiert, sprunghaft, taktlos,
eigensinnig und herrisch; ihre Handlungen und Bewegungen erscheinen planlos, sie ruinieren im
Handumdrehen Schuhe und Kleider, zerbrechen ihre Spielsachen und treiben ihre Familie und Lehrer
schnell an den Rand der Erschöpfung; im freien Spiel sind sie schwer von normalen Kindern zu
unterscheiden
Viele hyperaktive Kinder haben ungeheuere Schwierigkeiten, mit Gleichaltrigen zurechtzukommen und
Freundschaften zu knüpfen, vermutlich weil ihr Verhalten häufig aggressiv ist und andere belästigt; die
Kinder sind zwar in der Regel freundlich und gesprächig, sie erkennen jedoch häufig soziale Hinweise
nicht, z.B. wenn Spielgefährten ihr ständiges Schubsen und stoßen satt haben
Oft interpretieren sie die Wünsche und Absichten ihrer Gleichaltrigen falsch und machen unbeabsichtigt
soziale Fehler (aggressiv), weil sie annehmen, ein neutrales Verhalten eines Gleichaltrigen sei Aggressiv
gemeint
Die Kinder wissen gegebenenfalls, welche Verhalten in vorgestellten sozialen Situationen richtig wäre,
können dies aber nicht umsetzen
Etwa 15 bis 30 % der betroffenen Kinder haben auch Lernschwierigkeiten in Mathematik, Lesen und
Schreiben
Weil die Symptome der Störung so verschiedenartig sind, werden im DSM-IV drei Unterkategorien
vorgeschlagen:
o Die Probleme der Kinder sind überwiegend auf Unaufmerksamkeit zurückzuführen
o Überwiegend auf Hyperaktivität und Impulsivität
o Beide Arten von Problemen (meistens)

Entwickeln mit größerer Wahrscheinlichkeit Störungen des Sozialverhaltens und
oppositionelles Verhalten und haben Schwierigkeiten im Umgang mit Alterskameraden
Abgrenzung zur Störung des Sozialverhaltens schwierig, Überschneidung von 30 – 90 %; Hyperaktivität
ist eher gekennzeichnet von für die Aufgaben irrelevanten Verhaltens in der Schule, Defiziten in
Kognitionen und Leistung, sowie einer besseren Langzeitprognose; dagegen reagieren sich Kinder mit
Störung des Sozialverhaltens in der Schule und anderswo ab, sind wesentlich aggressiver und haben oft
dissoziale Eltern; ihre Familien sind gekennzeichnet von Feindseligkeit und einem niedrigen
sozioökonomischen Status und das Risiko für Delinquenz und Substanzmissbrauch in der Adoleszenz ist
bei ihnen wesentlich höher
Bei gleichzeitigem Vorliegen von Aufmerksamkeits-/Hyperaktivitätsstörung und Störung des
Sozialverhaltens: schwerwiegendste asoziale Verhaltensweisen, schlechte Prognosen, geht mit größter
Wahrscheinlichkeit im Erwachsenenalter in eine antisoziale Persönlichkeitsstörung
Prävalenz der Störung: kann schwer ermittelt werden, die Schätzungen liegen zwischen 2 – 7 % in
Deutschland, USA und Neuseeland; in Indien und China etwas höher, Weltweite Schätzung etwa 3 – 5
%;
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man geht davon aus, dass die Störung bei Jungen häufiger ist als bei Mädchen, das ist aber abhängig
von den Stichproben -> Jungen werden häufiger in Kliniken eingewiesen, weil sie Aggressiver sind und
mehr antisoziales Verhalten aufweisen und haben auch häufiger Störung des Sozialverhaltens oder
oppositionelles Trotzverhalten
Verlauf: 65 – 80 % der erwachsenen Betroffenen erfüllen immer noch die Kriterien, auch wenn die
Symptome nicht mehr so stark sind
4. Welche Ätiologischen Komponenten werden diskutiert?
Genetische Faktoren, was vererbt wird weiß man nicht, aber es gibt Hinweise auf unterschiedliche
Funktionsweise und Struktur des Gehirns (Frontallappen reagiert schwach auf Reize, verminderter
Blutstrom;
Lebensmittelzusatzstoffe -> Feingold Diät, aber nur wenige Kinder sprechen darauf an
Rauchende Mütter während der Schwangerschaft
Diathese Stress-Theorie nach Bettelheim (Prädisposition & Erziehungspraktiken der Eltern
Multifaktorielle Erklärungen müssen berücksichtigt werden:
o Defizitäre Psychophysiologische Grundlagen (zentralnervöse Aktivitätsregulation,
immunologische Prozesse
o Einschränkung der Verhaltensregulation (mangelnde inhibitorische Kontrolle; Reizsuchen)
o Unangemessene Verhaltensäußerungen (Impulsivität, Hyperaktivität)
o Einschränkung der Verhaltensorganisation (metakognitive Prozesse, Handlungsplanung
o Umweltreaktion (soziale Faktoren, negative Faktoren)
o Ungünstige Erlebnisverarbeitung (negative affektive und Kognitive Erfahrungen)
o Ungeschickte Extensive Kompensationsversuche (Trotz, Aggression, Kaspern, Vermeidung), die
meist wieder negative Umweltreaktionen provozieren
5. Welche Behandlungsmöglichkeiten hat man bei Kindern mit Aufmerksamkeits-Hyperaktivitätsstörung?
seit den 60er Jahren: Stimulantien, insbesondere Ritalin, mindert das Störende Verhalten und verbessert
die Konzentrationsfähigkeit, Wirksamkeit bei etwa 75 %; aber längerfristig keine schulischen
Leistungsverbesserungen oder sportliche Fertigkeiten; neben vermindertem Appetit und Schlafstörungen
auch Gefahr des Missbrauchs
Schulung der Eltern und Veränderungen der Vorgehensweise in der Schule auf Grundlage des operanten
Konditionierens, Punktesysteme und Sternkarten -> Erlernen sozialer Fertigkeiten, Helfen im Haushalt,
Verbesserung der schulischen Leistungen
6. Wodurch ist die Störung des Sozialverhaltens gekennzeichnet?
ein sich wiederholendes Muster dissozialen, aggressiven oder auffälligen Verhaltens; in seinen
extremsten Ausprägungen mit Verletzungen; fast alle diese Verhaltensmuster sind auch rechtswidrig
aggressives Verhalten gegen Menschen, Tiere, Zerstörung von Eigentum, Betrug, Diebstahl
in vielen Fällen ist das Verhalten gekennzeichnet von Gefühllosigkeit, Boshaftigkeit und Mangel an Reue,
was die Störung des Sozialverhaltens zu einem Kriterium für eine antisoziale Persönlichkeitsstörung
macht
Eine verwandte, jedoch seltener diagnostizierte Kategorie ist die Störung mit oppositionellem
Trotzverhalten; diese wird diagnostiziert, wenn das Kind den Kriterien der Störung des Sozialverhaltens
(insbesondere extreme Aggressivität) nicht entspricht, jedoch schneller ärgerlich wird, sich häufig mit
Erwachsenen streitet, sich häufig aktiv den Regeln von Erwachsenen widersetzt, andere häufig
absichtlich verärgert und häufig boshaft und nachtragend bzw. wütend oder beleidigt ist;
die betroffenen Kinder, meist Jungen, sehen selten die Schuld bei sich und rechtfertigen ihr
oppositionelles Trotzverhalten mit dem Vorwurf, dass unzumutbare Anforderungen an sie gestellt
werden;
in der Regel geht die Störung mit Aufmerksamkeits-/Hyperaktivitätsstörung einher, mit Lernstörungen
sowie Kommunikationsstörungen
Mütter mit Depressionen haben öfters solche Kinder, unklar ist, ob die Depression zum Verhalten des
Kindes beiträgt oder dadurch verursacht wird
Weitere Komorbiditäten der Störung des Sozialverhaltens: Substanzmissbrauch, Angst und Depression
Wie weit verbreitet eine Störung des Sozialverhaltens ist, hat die Untersuchung an über 2500 in Kanada
geborenen Kinder gezeigt: 8 % der Jungen und etwa 3 % der Mädchen im Alter zwischen 4 und 16
Jahren; in der Adoleszenz steigt der Anteil der Jungen sogar auf über 16 %; Einbrüche und
Gewaltverbrechen, wie etwa Vergewaltigung und schwere Körperverletzung zählen weitgehend zu den
Straftaten männlicher Jugendlicher
Prognose: die Mehrzahl der antisozialen Erwachsenen war in der Kindheit bereits antisozial -> führt aber
nicht zwangsläufig dazu dass sich daraus asoziale Erwachsene entwickeln -> zwei Verlaufsformen,
entweder das Verhalten setzt sich fort oder legt sich wieder; Bei Mädchen höhere Komorbidität mit
Angststörungen, Depressionen, Substanzmissbrauch und Hyperaktivität
7. Welche ätiologische Faktoren der Störung des Sozialverhaltens werden angenommen?
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Erblichkeit: gemischte Belege, manche Faktoren sind wahrscheinlich erblich (aggressives Verhalten),
andere nicht (delinquente Verhaltensweisen)
Neuropsychologische Defizite spielen auch eine Rolle (schlechte Verbale Fertigkeiten, Schwierigkeiten
mit ausführenden Funktionen wie etwas vorhersehen, planen, Selbstkontrolle, Problemlösen)
Kein moralisches Bewusstsein , fehlende familiäre Faktoren für die Entwicklung eines moralischen
Bewusstseins, Modelllernen, operantes Konditionieren
Kognitive Verzerrungen: Interpretation uneindeutiger Handlungen als Zeichen feindseliger Absichten
Soziologische Faktoren: die soziale Schicht und das Leben in der Stadt beeinflussen die Inzidenz der
Delinquenz; als mitverursachende Faktoren gelten hohe Arbeitslosigkeit, wenig Bildungsmöglichkeiten,
gestörtes Familienleben und eine Subkultur, in der Delinquenz akzeptiert wird; die Kombination aus
frühem antisozialem Verhalten des Kindes und sozioökonomischer Benachteiligung der Familie ist ein
Prädiktor für frühe Straffälligkeit
8. Wie können Störungen des Sozialverhaltens behandelt werden?
Bestrafung? Keine Auswirkungen wenn man Jugendliche einfach nur wegsperrt; inhaftierte Jugendliche
haben später weniger stabile Arbeitsverhältnisse und begehen als Erwachsene mehr Straftaten
Interventionen in der Familie -> konsequente Belohnung bei erwünschtem Verhalten, den Eltern
Beibringen, positive Verstärkung einzusetzen, und bei aggressivem oder antisozialem Verhalten der
Einsatz von Auszeiten oder Entzug von Privilegien
Multisystem-Behandlung -> intensive und umfassende Therapie in der Gemeinde, bezieht die
Betroffenen Jugendlichen, die Familie, die Schule und manchmal auch den Freundeskreis mit ein; Stärke
werden genutzt und der Kontext der Verhaltensprobleme wird erforscht
Selbstkontrolltechniken -> kognitive Fertigkeiten zur Kontrolle von Wut
Moralisches Denken fördern
Lernstörungen:
9. In welche Gruppen lassen sich die Lernstörungen unterteilen?
Lesestörung -> Legasthenie oder Dyslexie; die Kinder haben große Schwierigkeiten beim
Wiedererkennen von Wörtern, dem Leseverständnis und auch mit der Rechtschreibung; wenn sie
vorlesen lassen sie etwas weg, fügen etwas hinzu oder verändern die Aussprache der Wärter in einem
für ihr Alter ungewöhnliches Ausmaß; Im Erwachsenenalter bestehen die Probleme mit flüssigem
Vorlesen, Leseverständnis und der Rechtschreibung weiter; tritt bei 2 – 8 % der Schulkinder auf, schließt
jedoch großartige Leistungen nicht aus (-> Nelson Rockefeller)
Bei der Störung des Schriftlichen Ausdrucks handelt es sich um eine Beeinträchtigung der Fähigkeit, das
geschriebene Wort sinnvoll zusammenzusetzen (dazu gehören auch Rechtschreib- Grammatik- oder
Zeichenfehler sowie eine schlechte Handschrift), die so schwerwiegend ist, dass die schulischen
Aktivitäten, bei denen solche Fertigkeiten erforderlich sind, stark beeinträchtigt werden
Kindern mit Rechenstörungen (Dyskalkulie) fällt es schwer, sich schnell und genau an mathematische
Fakten zu erinnern, Gegenstände richtig und schnell zu zählen oder Zahlen sauber untereinander zu
schreiben
Kommunikationsstörungen:
10. Welche Kommunikationsstörungen können unterschieden werden?
Expressive Sprachstörung: dem Kind fällt es schwer, sich sprachlich auszudrücken; es will ganz
offensichtlich etwas mitteilen, hat dann aber außerordentliche Schwierigkeiten, die richtigen Worte zu
finden; es vergisst früher gebrauchte Wörter, wenn es neue lernt, und im Gebrauch grammatischer
Strukturen bleibt es erheblich hinter seinen Altersgenossen zurück
Artikulationsstörung: Im Unterschied zu Kindern, die Wortfindungsschwierigkeiten haben, verfügen diese
Kinder über ein altersgerechtes Vokabular und Ausdrucksvermögen; nur klingt das was sie sagen, wie
Babysprache, z.B. „ßön“ statt „schön“, „bau“ statt „blau“; sie haben nicht gelernt, später erworbene
Sprachlaute wie r, sch, f, z, L und ch zu artikulieren -> super Heilungschancen durch Logopädie,
manchmal auch Spontanremission
Stottern: unangemessene Störung des normalen Redeflusses, die durch häufiges Auftreten von
mindestens einem der folgenden Kriterien gekennzeichnet ist:
o Häufige Wiederholungen oder Dehnungen von Lauten
o Lange Pausen zwischen den Wörtern
o Wortsubstitution, um problematische Wörter zu umgehen (z.B. Wörter, die mit bestimmten
Konsonanten beginnen
o Wiederholung ganzer Wörter (z.B. ich geh, geh, geh weg“)
Gelegentlich geht die Redeflussstörung einher mit ticartigem Zucken des Körpers oder Blinzeln der
Augen; das Stottern kann die schulischen oder beruflichen Leistungen beeinträchtigen und ansonsten
Begabte Menschen daran hindern, ihre Leistungen voll auszuschöpfen; es wird fast immer schlimmer,
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wenn die Betroffenen nervös sind und wird weniger oder verschwindet völlig wenn sie Singen; setzt vor
dem 5. bzw. 10 Lebensjahr ein und betrifft etwa dreimal soviel Männer wie Frauen
11. Was versteht man unter Eneuresis?

Eneuresis nocturna = einnässen nachts im Schlaf; Eneuresis diurna = einnässen nur tagsüber, und
kombiniert

Urinkontinenz bei Tage wird früher erworben, da die Blasenkontrolle wesentlich einfacher ist, wenn man
wach ist;

Es wird geschätzt dass bei den 5 Jährigen 7 % der Jungen und 3 % der Mädchen betroffen sind; bei den
10jährigen 5 % der Jungen und 2 % der Mädchen und bei den 18-Jährigen 1 % der jungen Männer und
weniger Junge Frauen

Unterscheidung zwischen primären (waren nie nachts trocken) und sekundären Eneuretikern (nässen
erneut wieder ein

75 % der Eneuretiker haben einen Verwandten, der ebenfalls einnässt und es wurde ein direkter
Zusammenhang des nächtlichen Einnässens zum 13 Gen hergestellt

Etwa 10 % rein medizinische Ursachen, z.B. Harnwegsinfektion, chronische Nierenleiden, Tumoren,
Diabetes und Anfallsleiden; Weitere Faktoren: fehlende Beckenbodenmuskelanspannung, fehlende
Konditionierung auf volle Blase, emotionale Belastungen

Behandlung: Medikamente und Urin-Alarm-System (Klingelkissen)
Geistige Behinderung:
12. Welche Merkmale für Geistige Behinderung (Intelligenzminderung, früher Schwachsinn bzw. Oligophrenie)
tauchen in den Diagnosesystemen auf?

deutlich unterdurchschnittliche intellektuelle Leistungsfähigkeit
o Weniger als IQ 70 – 75; betrifft etwa 3 % der Bevölkerung; bei der Auswertung sind kulturelle,
linguistische und sensorische oder motorische Einschränkungen, die die Leistung
möglicherweise beeinträchtigen können, zu berücksichtigen -> angemessener Test benutzen

Defizite oder Beeinträchtigungen der gegenwärtigen sozialen Anpassungsfähigkeit
o Sich selbstständig waschen und anziehen, mit Zeit und Geld umgehen, Werkzeuge bedienen, …

Beginn der Störung vor Vollendung des 18. Lebensjahres
13. Wie wird die geistige Behinderung klassifiziert?

Unterscheidung nach Schweregrad, IQ – Kriterium, eingeschränktes Anpassungsverhalten

Leichte geistige Behinderung: IQ zwischen 50/55 bis 70, die Kinder sind von normalen Kindern meist
erst im Grundschulalter zu unterscheiden, sie können bis zu ihren Späteren Teenagerjahren
Schulkenntnisse erwerben, die etwa dem Niveau der sechsten Klasse entsprechen; als Erwachsene
können sie sich mit unqualifizierten Tätigkeiten oder Arbeit in einer beschützten Werkstatt selbst
finanzieren , brauchen jedoch bei größeren sozialen oder finanziellen Problemen häufig Hilfe, sie können
heiraten und Kinder bekommen

Mäßige geistige Behinderung: IQ zwischen 35/40 bis 50/55: etwa 10 % der Menschen mit einem IQ
unter 70 werden so klassifiziert; in vielen Fällen liegt ein Gehirnschaden oder andere Pathologien vor, sie
weisen Körperliche Defekte und neurologische Fehlfunktionen auf, die feinmotorischen Fertigkeiten wie
greifen oder Figuren ausmalen, sowie die Grobmotorischen Fertigkeiten wie Rennen oder Klettern sind
beeinträchtigt; In vertrauter Umgebung lernen sie, sich selbstständig zu bewegen, viele von ihnen leben
in entsprechenden Einrichtungen, die meisten sind jedoch von ihrer Familie abhängig und leben zuhause
oder in Betreuten Wohngruppen

Schwere geistige Behinderung: IQ zwischen 20/25 und 35/40; zu dieser Gruppe zählen etwa 3 – 4 %
der Menschen mit IQ unter 70; im allgemeinen gehen mit diesem Behinderungsgrad auch angeborene
körperliche Abnormitäten und eine eingeschränkte sensomotorische Kontrolle einher; die meisten
Betroffenen leben in speziellen Einrichtungen und bedürfen ständiger Aufsicht; sie sind zumeist zu sehr
konkreter Motivation nur kurze Zeit fähig, sie legen weniger unabhängige Aktivitäten an den Tag und
sind häufig lethargisch, viele können unter Aufsicht einfache Arbeiten verrichten

Schwerste geistige Behinderung: IQ unter 20/25; etwa 1 – 2 % der Betroffenen sind so schwer
behindert, dass sie lebenslang ständige Aufsicht und Pflege bedürfen; viele von ihnen weisen starke
körperliche Deformationen und neurologische Schäden auf und können nichts allein tun; die
Sterblichkeitsrate in der Kindheit ist hoch
Autistische Störung:
14.Welche tiefgreifenden Entwicklungsstörungen/autistischen Störungen gibt es ?
Autismus: 1943 entdeckt von Kanner, zunächst wurde angenommen dass es eine kindliche
Schizophrenie (Gemeinsamkeit: Rückzug, unangemessener Affekt) sei; Abgrenzung zur Schizophrenie ->
mehr Jungen als Mädchen, keine Wahnvorstellungen und Halluzinationen, setzt bereits im frühen
Kleinkindalter oder in der frühen Kindheit ein
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Zählt zu den tiefgreifenden Entwicklungsstörungen
Rett-Störung: sehr selten, wurde bisher nur bei Mädchen festgestellt; Bis zum ersten oder zweiten
Lebensjahr verläuft die Entwicklung völlig normal, dann verlangsamt sich das Kopfwachstum, das
Mädchen verliert die zuvor erworbenen zielgerichteten Fertigkeiten der Hände und entwickelt statt
dessen stereotype Handbewegungen (z.B. Hände wringen oder waschen), dann treten schlecht
koordinierte Rumpf- und Gangbewegungen auf, und die Entwicklung der expressiven und rezeptiven
Sprache ist stark beeinträchtigt; die zwischenmenschliche Kontaktaufnahme ist schlecht, dies kann sich
jedoch im späteren Leben bessern
Desintegrative Störung: die Kinder entwickeln sich bis zu einem Alter von zwei Jahren offensichtlich
normal, danach kommt es zu einem bedeutsamen Verlust von zuvor erworbenen sozialen Fertigkeiten,
Spiel- und Anpassungsverhalten sowie motorische Fertigkeit; Die Störung der zwischenmenschlichen
Beziehung und Kommunikation sowie die Stereotypen Verhaltensweisen sind dem Autismus sehr ähnlich
Asperger-Störung: wird häufig als leichte Form des Autismus betrachtet; soziale Beziehungen sind kaum
vorhanden und das stereotype Verhalten ist stark ausgeprägt und starr; Sprache und Intelligenz sind
jedoch intakt
Die Autistische Störung setzt in der frühen Kindheit ein und kann sich bereits in den ersten
Lebenswochen manifestieren; sie tritt sehr selten auf, nur zwei bis fünf Kinder von 10 000, also 0,05 %
der Geburten, sind davon betroffen (Prävalenz der Schizophrenie zum Vergleich etwa 20mal so hoch);
die Autistische Störung findet sich bei Jungen etwa vielmal so häufig als bei Mädchen; autistische Kinder
finden sich in allen sozioökonomischen Schichten
15. Welche Begleiterscheinungen finden sich beim Autismus?
etwa 80 % der autistischen Kinder erreichen bei standardisierten Intelligenztests Werte unter 70; da ein
großer Teil von ihnen auch geistig behindert ist, ist es manchmal schwierig, zwischen den beiden
Behinderungen zu unterscheiden; Abgrenzungen: geistig behinderte Kinder schneiden meist in allen
Testteilen schlecht ab, autistische Kinder können differenziertere Muster aufweisen; manchmal finden
sich auch große Talente
extreme autistische Einsamkeit
manchmal schon mit drei Monaten Anzeichen schwacher Bindung
kaum Symbolspiel
keine eigenständige Kontaktaufnahme
mehr Beschäftigung mit Gegenständen als mit Menschen; können zu einem bestimmten Gegenstand
eine starke Bindung aufbauen und tragen diesen dann ständig mit sich herum
Theory of Mind (= das Bewusstsein,. Dass andere Menschen andere Wünsche, Überzeugungen,
Absichten und Gefühle haben) -> autistische Kinder scheinen dazu unfähig, die Sichtweise und
emotionalen Reaktionen anderer zu verstehen -> Rückzug
Kommunikationsstörungen -> prompte und verzögerte Echolalie, Pronomenumkehr (Kinder sprechen
von sich selbst als „er“)
Zwanghafte Rituelle Handlungen
Prognose: nur 5 bis 17 % der Erwachsengewordenen Autisten führen ein relativ gut angepasstes,
Selbstständiges Leben; die meisten sind sehr eingeschränkt und Leben in Heimen
16. Welche Ätiologischen Überlegungen zum Autismus gibt es?
Psychoanalytische Theorien, z.B. Bettelheim: zurückweisende Eltern; oder neuerdings: kindliche Version
der posttraumatischen Belastungsstörung -> zwischen der stillenden Mutter und dem Kind besteht eine
übermäßig starke Bindung, die dann bei der Entwöhnung als Katastrophe und traumatische Trennung
erlebt wird
Soziale Lerntheorie: mangelnde Aufmerksamkeit der Eltern (besonders der Mutter) verhindert, dass das
Kind Assoziationen herstellt, die Menschen zu Verstärkern macht
o Kein abweichendes elterliches Verhalten belegt
Biologische Grundlagen -> genetische Komponente, Abweichungen im EEG, vergrößerte Gehirne; häufig
epileptische Anfälle (30 %)
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KAPITEL 16: PSYCHISCHE STÖRUNGEN IM ALTER
(S. 590-639)
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