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PANORAMA
4|2007
DOSSIER
8
KARRIEREANALYSE UND -PLANUNG
Tools im Dienst der
Mitarbeitenden und der Betriebe
Roseline Cisier
Das «Centre de Bilan » von Genf will die Beschäftigungsfähigkeit und die berufliche
Mobilität der Einzelnen fördern und die Betriebe beim Ressourcenmanagement
unterstützen . Das Zentrum bietet auch eine Schlüsselkompetenzbilanz und eine
«Verhaltensbilanz» in Form von Assessment Center an . Das ist für die richtige Wahl
einer Weiterbildung ebenso nützlich wie bei der Stellensuche.
Das Centre de Bilan de Genève (CEBIG) bietet eine breite Palette
von Tools zur Karriereanalyse und -planung an. Neben diversen
Kompetenzbilanzen mit dem Ziel der Laufbahnplanung, der Anerkennung informell erworbener Fähigkeiten oder der beruflichen
Eingliederung gibt es auch zwei eigentliche Assessment Center:
die Schlüsselkompetenzbilanz und die Verhaltensbilanz.
DIE ROLLE DER SCHLÜSSELKOMPETENZEN
Die raschen Veränderungen in der Arbeitswelt zwingen Arbeitnehmende und Unternehmen dazu, effizient auf neue Situationen zu
reagieren. Beschäftigungsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit sind
entscheidende Faktoren sowohl für die Einzelnen als auch für den
Betrieb. Mitarbeitende sollten nicht nur über technische Fähigkeiten, sondern auch über überfachliche Kompetenzen – oder Schlüsselkompetenzen – verfügen. Darunter versteht man Verhaltensweisen, die die Betroffenen mobilisieren können, um sich an die
Erfordernisse der verlangten Arbeit anzupassen. Sie sind komplementär zu den fachlichen Fähigkeiten. Während die «Qualifikation» den anerkannten, normierten Kernbereich eines Berufes abdeckt, schliesst der Begriff Begriff «Kompetenz» auch die Fähigkeit
ein, eine Qualifikation entsprechend der speziellen Beschäftigungs- und Arbeitssituation einzusetzen. Zu diesen Fähigkeiten
gehören Kommunikations- und Teamfähigkeit sowie die Fähigkeit,
Unvorhergesehenes zu bewältigen, Informationen zu verarbeiten
oder die Arbeit zu organisieren.
Angesichts der hohen Bedeutung von überfachlichen Kompetenzen schuf das OFPC (Office pour l’orientation, la formation professionnelle et continue) gemeinsam mit der Universität Genf und
dem CEBIG ein Instrument, mit dem sich Einzelpersonen ihre
Schlüsselkompetenzen offiziell anerkennen lassen können; das Instrument hilft ihnen zudem bei der Wahl einer Weiterbildung.
DIE SCHLÜSSELKOMPETENZBILANZ
Die Schlüsselkompetenzbilanz richtet sich an alle, die bereits über
einige Jahre Berufserfahrung verfügen und eine Evaluierung ihrer
Fähigkeiten in den Bereichen Teamarbeit, Kommunikation, Problemlösung, Organisation, Informationsverarbeitung und Führung
wünschen. Die Menschen, die dieses Instrument in Anspruch nehmen, befinden sich meist auf Stellensuche oder in einer Phase der
beruflichen Veränderung und möchten sich ihr Know-how offiziell
bestätigen lassen.
Andere wiederum unterziehen sich dieser Massnahme, weil sie
sich persönlich weiterentwickeln wollen und Hilfe bei der Klärung
ihres Selbstbilds beanspruchen möchten. Neben Einzelpersonen,
die sich aus eigenem Antrieb an das CEBIG wenden, haben auch
viele Genfer Betriebe dessen Leistungen bereits in Anspruch genommen. Sie wollen häufig klären, welche Weiterbildungen ihre
Mitarbeitenden benötigen oder welche Entwicklungsstrategien ihr
Unternehmen benötigt.
Die Klientinnen und Klienten erarbeiten zunächst – unterstützt
von Kompetenzbilanzberatern des CEBIG und von zum CEBIGTeam gehörenden Fachkräften für Schlüsselkompetenzen – ein
Kompetenzprofil. Dieses Profil stellen sie dann im Rahmen eines
Assessment Center unter Beweis; sie werden dabei während zwei
Vormittagen mit konkreten Situationen konfrontiert. Wenn bei
mindestens drei Kompetenzen das geforderte Mindestniveau erreicht wird, erhalten die Klientinnen und Klienten die vom Kanton
Genf ausgestellte «Attestation Cantonale de Qualification». Neben
diesem Zertifikat wird ihnen auch ein von den Beratenden verfasster Bericht übergeben, in dem die Stärken – und gegebenenfalls
die Schwächen – beschrieben sind.
Im Einzelnen verlangt der Weg zum Qualifikationsattest vier
Schritte:
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1. Erstellung einer Kompetenzbilanz im CEBIG. Die Ratsuchenden
erstellen eine Liste ihrer Fertigkeiten und führen eine Selbstevaluierung ihrer Schlüsselkompetenzen durch.
2. Identifikation der Schlüsselkompetenzen und Evaluierung
durch zertifizierte Beobachtungspersonen anhand eines normierten Beurteilungssystems. Die Person wird mit Situationen
der beruflichen Realität konfrontiert. Sie wird vor zu lösende
Probleme gestellt, wobei sie Ziele erreichen muss. Die Begutachtenden beobachten die Aktionen und Leistungen und beurteilen sie nach standardisierten Indikatoren.
3. Gespräch mit einem Begutachter bzw. einer Begutachterin. Das
Ziel dieses Gesprächs ist es, den Klientinnen und Klienten das
Ergebnis der Beobachtungen mitzuteilen. Dazu gehört die Prüfung der Frage, ob dieses Ergebnis mit der Selbstbeurteilung
der Kompetenzen übereinstimmt. Zudem werden Entwicklungsstrategien ausgearbeitet.
4. Überreichung des Qualifikationsattests, das die Schlüsselkompetenzen bescheinigt. Dieses kantonale Zertifikat wird vom
OFPC auf der Basis der Empfehlungen einer Kommission ausgestellt.
DIE VERHALTENSBILANZ
Neben der Beurteilung der Schlüsselkompetenzen bietet das
Centre de Bilan de Genève auch eine Verhaltensbilanz («Bilan
comportemental») an. Dieses Angebot wurde bereits von mehreren
Genfer Betrieben genutzt mit dem Ziel, den tatsächlichen Bedürfnissen der Mitarbeitenden entsprechende Weiterbildungsmassnahmen zu finden. Damit hilft das Instrument, die interne Mobilität
und Weiterentwicklung zu fördern, Ausbildungspläne zu entwickeln, eine treffendere Analyse der Übereinstimmung zwischen
Stelle und Person zu ermöglichen, die berufliche Entwicklung des
Personals zu fördern, die Motivation der Mitarbeitenden zu stärken usw.
Die Verhaltensbilanz beruht auf einer ähnlichen, ebenso exakten
Methodik wie die Schlüsselkompetenzbilanz. Sie bietet den Unternehmen auch die Möglichkeit, vorab die die notwendigen Kompetenzen und deren Niveau zu definieren und gemeinsam mit den
Fachleuten des CEBIG ein Beurteilungssystem zu erarbeiten. Simulationen erlauben, die Kompetenzen der Mitarbeitenden zu
analysieren und sie mit den vom Betrieb geforderten zu vergleichen, um Entwicklungspläne auszuarbeiten. Im Unterschied zur
Beurteilung der Schlüsselkompetenzen wird für die Verhaltensbilanz kein kantonales Zertifikat, sondern ein Gutachten ausgestellt.
Es wird ein Bericht für die Mitarbeitenden verfasst, der auch den
Verantwortlichen im Unternehmen übermittelt wird, um sie bei
der Planung von Weiterbildungsmassnahmen zu unterstützen.
Die Kosten für die Schlüsselkompetenzbilanz werden zu einem
Drittel (750 Franken) von den Betroffenen getragen, während das
OFPC die restlichen zwei Drittel finanziert. Personen, die über einen jährlichen Bildungsscheck (CAF) im Wert von 750 Franken
verfügen, können diesen für die Bilanz einsetzen. Die Kosten für
Verhaltensbilanzen sind von den Unternehmen zu tragen. Ihre
Höhe hängt vom Arbeitsaufwand ab; auf diese Weise kann den
speziellen Bedürfnissen der einzelnen Betriebe Rechnung getragen
werden.
Roseline Cisier ist Direktorin, Centre de Bilan Genève.
Adresse: Boulevard du Pont-d’Arve 28, 1205 Genf, [email protected].
Übersetzung: Viviane Vajda
Alle berühren den Bambusstab und führen ihn langsam zu Boden. Wie geduldig ist die Gruppe? Und wer ist schuld,
wenn es nicht klappt?
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