GERALD MONK, PH

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GERALD MONK, PH.D.*
NARRATIVE MEDIATION AUF EINEN BLICK
Narrative Prinzipien:
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Narrative Mediation geht von der Annahme aus, dass Konflikte mehr durch soziale und kulturelle
Gefüge als durch innere Antriebe und Interessen gestaltet werden.
Narrative Mediation geht von der Annahme aus, dass wir unser Leben als Geschichten erleben.
Geschichten und der Bedeutung, die die verschiedenen Geschichten in unserem Leben erhalten und
der Frage, wie Bedeutung innerhalb einer Geschichte jeweils Verschiedenem in verschiedener Art und
Weise zugemessen wird, wird in der Mediation mehr Wichtigkeit zugemessen, als Fakten und Ursachen.
Narrative Mediation betrachtet Geschichten als durch soziale und kulturelle Einflüsse geformt.
Narrative Mediation fokussiert darauf, wie Individuen versuchen, stimmige Geschichten
hervorzubringen, aus denen Lebensgeschichten, Laufbahnen, Karrieren, Beziehungen und
Gemeinschaften geschaffen werden. Die Aufgabe der Mediation ist es, den Parteien dabei zu helfen,
das Trennende eines Konfliktes zu überwinden, indem mit den Geschichten gearbeitet wird, in die der
Konflikt eingebettet ist.
Narrative Mediation achtet darauf, wie der Einfluss größerer sozialer Kräfte auf lokale, individuelle
Konflikte und auf Konflikte zwischen Gruppen wirkt und schlägt Mediation als geeignetes Mittel, in einem
Konflikt eine gemeinsame Basis zu finden, vor.
Narrative Mediation betrachtet Geschichten, die über andere Geschichten dominieren, als
mitverantwortlich dafür, wie sich Macht in sozialen Beziehungen etabliert. Mit einer narrativen
Perspektive arbeiten bedeutet, die kulturelle Welt und die darin wirksamen Machtbeziehungen in das
Zentrum des Mediationsprozesses zu stellen, anstatt sie als „Anhängsel“ zu betrachten oder draußen zu
lassen.
Narrative Mediation zielt darauf ab, in der Mediation eine Geschichte der Kooperation zu schaffen, die
so stark ist, dass die Konfliktgeschichte nicht mehr dominieren kann.
Narrative Techniken:
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Narrative Mediation arbeitet mit Techniken, wie dekonstruktiven Fragen, externalisierender
Konversation und „restorying practices“, um eine Beziehungsgrundlage für das Schaffen von
Geschichten des Verständnisses und der Kooperation zu etablieren.
Narrative Mediation verwendet eine Technik, die sich Dekonstruktion nennt. Der Mediator stellt Fragen,
die die Parteien dazu einladen, gedanklich aus der Konfliktgeschichte herauszutreten und zu sehen, wie
sie sich im Netz der Konfliktgeschichte verfangen haben. Als selbstverständlich angenommene
Standpunkte „wie die Dinge sind und zu sein haben“ können von einer neuen Perspektive betrachtet
werden und verlieren dadurch ihre Selbstverständlichkeit und Unverrückbarkeit. Dadurch vermindert
dekonstruktive Konversation die Autorität der bisher vorherrschenden Art die Dinge zu sehen und öffnet
den Raum für eine unterschiedliche Art des Denkens und der Betrachtungsweisen.
Narrative Mediation verwendet externalisierende Konversation als Technik, die einer psychologischen
Betrachtungsweise, die Erklärungen für das Geschehen im Inneren von Individuen sieht,
entgegengesetzt ist. Vielmehr wird der Beziehungskontext und die Welt der Diskurse als Ursprung von
menschlicher Erfahrung gesehen. Narrative Mediation nähert sich einem Konflikt und behandelt ihn, wie
wenn er ein eigenes, externes Objekt wäre, das einen Einfluss auf die Parteien hat und sieht den
Konflikt nicht als mit den Parteien verwoben oder mit ihnen identifiziert. Externalisieren führt dadurch,
dass der Konflikt als eigene Einheit betrachtet wird und dies auch in der Sprache des Mediators ihren
Niederschlag findet, eine Art der Konversation in die Mediation ein, die den Kreislauf von Vorwürfen und
Schuldfragen unterbricht und den Parteien hilft, sich gedanklich vom Konflikt zu trennen. Es wird eine
klare Trennung von Personen und Problemen geschaffen, die die Parteien einlädt, ihre bisherige
Verbindung mit und Verwicklung in Probleme zu sehen und diese durch die sprachliche und gedankliche
Trennung von den Problemen zu überdenken und neu zu bewerten und zu entscheiden, welche
Beziehung zu den Problemen sie haben wollen. Da eine Beziehung geändert und neu gestaltet werden
kann, wird es den Parteien ermöglicht, die Dominanz des Konfliktes zu durchbrechen.
Narrative Ziele:
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Narrative Mediation strebt drei Ziele an: a) das Schaffen von Beziehungsgrundlagen, auf denen eine
alternative Geschichte aufbauen und wachsen kann; b) eine Geschichte der Kooperation zu schaffen,
die mit einer Fortsetzung der Dominanz des Konfliktes unvereinbar ist; und c) für die Parteien den Raum
für andere Betrachtungsweisen (discursive shifts) zu öffnen.
Narrative Mediation geht davon aus, dass eine Geschichte nie vollständig erzählt werden kann, immer
muss etwas ausgelassen werden, da die Erzählung sonst ausufern würde. Jede Erzählung betont
verschiedene Elemente der Geschichte und lässt verschiedene Elemente aus. Jeder Erzähler nimmt
also, indem er erzählt, eine Auswahl vor, welche Elemente er erzählt, welche er betont und welche am
Rande vorkommen und welche ganz ausgelassen werden. Beim Erzählen einer Konfliktgeschichte
werden in der Regel Elemente, die mit Kooperation, gegenseitigem Verständnis oder Respekt zu tun
haben, ausgelassen und das in den Vordergrund der Geschichte gerückt, was den Konflikt betont.
Narrative Mediation konzentriert die Aufmerksamkeit auf die Fülle von Erfahrungen, die kein
Bestandteil der erzählten Geschichten geworden sind oder in diesen Geschichten am Rande stehen.
Daraus werden Ausnahmen von der Dominanz des Konfliktes geschaffen. Diskursive Ausnahmen
werden aus der Konfliktgeschichte herausgeholt, um der Konfliktgeschichte etwas entgegenstellen zu
können. Diese Ausnahmen bestehen aus positiven Momenten in der Beziehung der Konfliktparteien,
geteilten Ansichten oder Übereinstimmung in einzelnen Punkten darüber, was geschehen ist. Diese
Ausnahmen sind nicht vorhersehbar, wenn man die in der Mediation von den Parteien erzählten
Geschichten aus der Perspektive des Konfliktes betrachtet. Diese Ausnahmen bestehen aus Momenten
der Kooperation oder Partnerschaft, die vernachlässigt im Schatten des Streites liegen, wenn manchmal
unausgesprochen der Wunsch sichtbar wird, die Streitpunkte auf faire Art und Weise zu behandeln oder
wenn sich eine Bereitschaft zeigt, Kompromisse anzubieten oder sich kleine Akte der Großzügigkeit
zeigen.
Narrative Mediation verbindet Elemente, die nichts mit dem Konflikt zu tun haben zu einer
lebensfähigen Geschichte, indem sie miteinander verknüpft werden und indem eine alternative
Geschichte des Dialogs, der Kooperation und der Übereinkünfte entwickelt wird. Diese alternative
Geschichte kann durch das Finden von unique outcomes (Ausnahmen) geschaffen werden, indem eine
Serie von Elementen der Handlung zusammengefügt werden, wobei die alternative Geschichte als
Projekt bezeichnet werden kann und die Parteien eingeladen werden, sich in ihre Charakteristika
hineinzuversetzen und die Bedeutung der alternativen Geschichte zu steigern, indem sich die Parteien
mit ihren Themen identifizieren.
GERALD MONK ist Professor für Mediation und Psychotherapie in San Diego. Gemeinsam mit John Winslade gilt er als
Wegbereiter der narrativen Mediation.
* Übersetzung W. Miller
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