Das österreichische Unterbringungsgesetz (UbG) trat mit 1

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Das Unterbringungsgesetz (UbG)
trat mit 1.1.1991 in Kraft (Novelle 97)
Es regelt den zwangsweisen Aufenthalt psychisch Kranker in psychiatrischen
Krankenanstalten bzw. in psychiatrischen Abteilungen.
Untergebracht ist, wer in einem psychiatrischen Krankenhaus oder an einer
psychiatrischen Abteilung in einem geschlossenen Bereich angehalten oder sonst
Beschränkungen seiner Bewegungsfreiheit unterworfen ist.
Für den Begriff der Unterbringung nicht entscheidend ist der räumliche Umfang der
Bewegungsbeschränkung: Die Beschränkung auf ein gesamtes (größeres)
Anstaltsareal ist ebenso eine "Unterbringung" wie die Anwendung mechanischer
Beschränkungen innerhalb eines Raumes (z.B. Netzbett, Schutzjacke, Angurten).
(FN 1)
Der Patient gilt nur dann nicht als "untergebracht" im Sinne des
Unterbringungsgesetzes, wenn er die Anstalt jederzeit und bedingungslos verlassen
kann.
Jemand darf nur dann in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht
werden, wenn:

der Betroffene psychisch krank ist; (FN 2)

es ernstliche und erhebliche Gefahr für Leben oder Gesundheit für sich und
andere besteht (Eigen- oder Fremdgefährdung);

ausreichende andere Behandlungs- und Betreuungsmöglichkeiten fehlen.
Diese drei Voraussetzungen müssen alle gleichzeitig vorliegen. (FN 3)
Man unterscheidet zwei Arten der Unterbringung:
1. Die zwangsweise Unterbringung in die Anstalt:
Grundlage dafür ist § 8 UbG, der normiert, dass eine Person nur dann gegen oder
ohne ihren Willen in eine Anstalt gebracht werden darf, wenn ein im öffentlichen
Sanitätsdienst stehender Arzt oder ein Polizeiarzt sie untersucht und bescheinigt,
dass die Voraussetzungen der Unterbringung vorliegen. In der Bescheinigung sind
im einzelnen die Gründe anzuführen, aus denen der Arzt die Voraussetzungen der
Unterbringung für gegeben erachtet.
(FN 4)
2. Die Unterbringung auf Verlangen
Patienten dürfen nur dann auf eigenes Verlangen untergebracht werden, wenn sie
den Grund und die Bedeutung der Unterbringung einsehen und diese Entscheidung
von ihrem Willen umfasst ist. Fehlt eines dieser Kriterien, ist eine Unterbringung auf
Verlangen in einem geschlossenen Bereich unzulässig. Der Patient muss zum
Zeitpunkt des Verlangens in bezug auf die Unterbringung einsichtsfähig sein, wobei
es hier nicht auf die zivilrechtliche Geschäftsfähigkeit des Betroffenen ankommt.
(FN 5)
Wenn der Patient in die Anstalt gebracht wird, so haben gem. § 10 Abs. 1 UbG der
Abteilungsleiter und ein weiterer Facharzt die betroffene Person unverzüglich zu
untersuchen. Sie darf nur aufgenommen werden, wenn nach übereinstimmenden,
unabhängig voneinander erstellten ärztlichen Gutachten die Voraussetzungen der
Unterbringung vorliegen.
(FN 6)
Zuständigkeit des Gerichtes
Zur Durchführung des Unterbringungsverfahrens ist jenes Bezirksgericht sachlich
und örtlich zuständig, in dessen Sprengel die Anstalt liegt. Das Gericht entscheidet
im Verfahren Außerstreitsachen.
(FN 7)
Die Vertretung durch Patientenanwälte
Der Vorsteher des Bezirksgerichts hat für die Patienten einer Anstalt aus dem Kreis
der von einem geeigneten Verein namhaft gemachten Personen im voraus einen,
erforderlichenfalls auch mehrere Patientenanwälte zu bestellen. Patientenanwälte
sind von den Krankenanstalten unabhängig und kostenlos.
(FN 8)
Fußnoten (FN):
1) Es kommt nicht darauf an, ob sich die Beschränkung der Bewegungsfreiheit in
bestimmten räumlich-organisatorischen Strukturen (oder gar Bezeichnungen) äußert,
sondern
maßgeblich
ist
allein,
ob
der
Patient
irgendwelchen
Bewegungsbeschränkungen unterworfen wird. Diese können beispielsweise durch
zeitlich
begrenzte
Ausgangsbeschränkungen
oder
besondere
Überwachungsmaßnahmen oder durch anderweitige Mittel realisiert werden.
Kopetzki, Das neue österreichische Unterbringungsrecht, Recht & Psychiatrie (R&P)
1991, S 61 (62). Dazu ausführlich Kopetzki, Unterbringungsgesetz (1991), S 22 ff.
2) Unter psychischen Krankheiten werden alle Geisteskrankheiten verstanden, wie
körperlich begründbare und endogene Psychosen, Neurosen und die Gruppe der
Reaktiones- und Persönlichkeitsstörungen. Die geistige Behinderung als geistige
Entwicklungsstörung ist keine psychische Krankheit im Sinne des UbG. Vgl.
Kopetzki, UbG, 2. 20.
3) Die Notwendigkeit einer Behandlung allein ist ebenso wenig ein
Unterbringungsgrund wie die Gefährdung von Eigentum. Eine Unterbringung wegen
körperlicher Gebrechen, Alkoholismus, abnormer Persönlichkeit, Geistesschwäche
oder geistiger Behinderung ohne Vorliegen einer psychischen Krankheit ist auch bei
Selbst- oder Fremdgefährdung nicht erlaubt.
4) Eine solche Bescheinigung ist weder als Bescheid noch als Gutachten, sondern
als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu
deuten. Diese unterliegt der nachprüfenden rechtsstaatlichen Kontrolle durch den
Unabhängigen Verwaltungssenat (UVS).
5) Gem. § 7 UbG ist die Dauer der Unterbringung auf Verlangen mit sechs Wochen
begrenzt, auf erneutes Verlangen darf sie auf insgesamt längstens zehn Wochen
ausgedehnt werden. Eine Verlängerung der Unterbringung über diese Fristen hinaus
ist nicht zulässig; Das Verlangen muss vor der Aufnahme eigenhändig schriftlich
gestellt werden. Das Unterfertigen eines Aufnahmevordruckes entspricht nicht den
gesetzlichen Anforderungen. Dies hat in Gegenwart des mit der Führung der
Abteilung betrauten Arztes oder seines Vertreters (Abteilungsleiter) sowie eines
weiteren Facharztes für Psychiatrie und Neurologie (Facharzt) zu geschehen. Sind
beide nicht gleichzeitig anwesend, bedarf es zweier Aufnahmeerklärungen.
6) Wird ein Patient untergebracht, so hat der Abteilungsleiter das zuständige
Bezirksgericht für Zivilrechtssachen und die Patientenanwaltschaft unverzüglich von
der Unterbringung zu verständigen.
7) Das Gericht muss binnen vier Tagen ab Kenntnis von einer Unterbringung eine
erste Anhörung durchführen, sich dabei einen persönlichen Eindruck vom Patienten
in der Anstalt machen und darüber entscheiden, ob die Unterbringung "zulässig" oder
"unzulässig" ist. Das Unterbringungsgesetz regelt detailliert, in welcher Form und in
welchen zeitlichen Abständen das Gericht die Zulässigkeit der Unterbringung zu
überprüfen hat.
8) Patientenanwälte unterstützen die Patienten hinsichtlich ihrer Anliegen und
Beschwerden und vertreten deren Rechte. Die Vertretungstätigkeit der
Patientenanwälte ändert nichts an der Geschäftsfähigkeit der Patienten.
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