Kollagenosen - Rheuma

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Kollagenosen
Der Begriff „Kollagenosen“ wurde Anfang des 20. Jahrhunderts für Krankheiten eingeführt,
die nicht organspezifisch waren, sondern viele Organe gleichzeitig betrafen und daher als
Erkrankungen des Bindegewebes eingeordnet wurden. Heute wird vielfach die Bezeichnung
„Autoimmunkrankheiten des Bindegewebes“ (autoimmune connective tissue diseases)
vorgezogen, die jedoch ebenfalls nicht klar definiert ist. Alle Erkrankungen dieser Gruppe
gehen mit einer Dysregulation des Immunsystems einher. Diese äußert sich im Auftreten
autoreaktiver T-Lymphozyten, die entweder direkt oder durch Stimulation der Bildung von
Autoantikörpern durch B-Lymphozyten eine Gewebeschädigung herbeiführen können. Die
Autoantikörper sind überwiegend gegen Kernbestandteile (Nukleinsäuren, Kernproteine,
Enzyme des Nukleinsäurestoffwechsels) und zu einem kleineren Anteil gegen
zytoplasmatische Proteine (in Ribosomen, Mitochondrien) gerichtet.
Die Ursachen der Immunstörung sind vielfältig und im einzelnen nicht genau bekannt. Eine
Rolle spielen genetische Faktoren
polygen vererbte Prädisposition zur Erkrankung,
familiäre Häufung (beim LE Konkordanz bei eineiigen Zwillingen etwa 25-50%),
starke Gynäkotropie (offenbar infolge einer Beeinflussung des Immunsystems durch
Geschlechtshormone),
besondere HLA-Klasse-II-Typen wie DR2 oder DR3, über die die Antigenpräsentation
an T-Helfer-Zellen erfolgt,
Mutationen in Genen, die die B-Zell- oder T-Zell-Aktivierung beeinflussen (beim LE
z.B. nachgewiesen für den T-Zell-Rezeptor und TNF-),
hereditäre Komplement-Defizienzen (dadurch gestörte Elimination von Eigen- und
Fremdantigenen, gestörte Clearance von Immunkomplexen und von apoptotischen
Zellen)
sowie erworbene Faktoren
virale, bakterielle oder parasitäre Antigene, die zu Kreuzreaktionen mit spezifischen
körpereigenen Antigenen führen (z.B. interagieren Picornaviren zur Produktion ihrer
RNA mit Histidyl-tRNA-Synthetase und könnten für Induktion der gegen dieses
Enzym gerichteten Anti-Jo-1-Antikörper bei Dermatomyositis verantwortlich sein;
Epitop des Scl-70-Antigens ist dem retroviralen p30gag-Protein ähnlich; Onchocerca
volvolus verfügt über Homolog des Calcium-bindenden Enzyms Calreticulin, gegen
das SSA-Antikörper gerichtet sind),
virale oder bakterielle Antigene, die das Immunsystem unspezifisch stimulieren (wie
z.B. Epstein-Barr-Virus),
UV-Licht (v.a. UVB führt zur Aggravation von LE und Dermatomyositis; mögliche
Mechanismen sind u.a. Untergang von Keratinozyten bei starker UV-Exposition,
Transfer des SSA-Antigens vom Zellkern zur Zellmembran, DNA-Veränderungen),
Geschlechtshormone (betroffen sind v.a. Frauen zwischen Menarche und Menopause;
v.a. beim LE Verschlechterung bei Schwangerschaft und exogener Östrogengabe,
teilweise auch zyklusabhängige Verschlechterung; Östrogene fördern humorale
Immunreaktionen durch TH2-Differenzierung von T-Lymphozyten, Androgene
dagegen eine TH1-Differenzierung; beim LE wurde erhöhte Cytokin-Produktion durch
TH2-Zellen unter Östrogen-Einfluss nachgewiesen, u.a. IL-10; auch Prolaktion fördert
humorale Immunantworten),
Medikamente (beim LE Auslösung u.a. durch aromatische Amine wie Procainamid
und Hydralazin, durch Isoniazid, Chlorpromazin, Phenytoin, Minocyclin, Thiazide, βBlocker, Captopril, Allopurinol, Piroxicam etc.; nach Absetzen nicht immer
Abheilung; bei Dermatomyositis ist v.a. Auslösung durch D-Penicillamin, nichtsteroidale Antiphlogistika und Lipidsenker beschrieben),
Tumoren (paraneoplastisches Auftreten der Dermatomyositis).
Im Unterschied zu gewöhnlichen Immunreaktionen kann ein Autoantigen nicht eliminiert
werden. Dies führt zur Perpetuierung der Immunantwort und zur Ausweitung auf andere,
assoziierte Autoantigene („Epitope spreading“).
Trotz der vielfältigen Ursachen äußern sich die Störungen in reproduzierbaren
Krankheitsbildern, die zwar im Einzelfall gewisse Übergänge zeigen, jedoch in der Regel gut
voneinander abzugrenzen sind. Die Klassifikation dieser Krankheitsbilder als
„Kollagenosen“ ist willkürlich und differiert daher von Lehrbuch zu Lehrbuch. Traditionell
werden vor allem der Lupus erythematosus, die Dermatomyositis und die Sklerodermie als
„Kollagenosen“ bezeichnet. Weitere Krankheiten, die dieser Gruppe zugerechnet werden,
sind
das Sjögren-Syndrom („Sicca-Syndrom“; Minderproduktion von Tränen, Speichel etc.
infolge einer Zerstörung exokriner Drüsen; an der Haut v.a. Xerose, Vaskulitis,
anuläre Erytheme; oft SSA- und SSB-Antikörper, Kryoglobuline; Lippenbiopsie zeigt
lymphozytäre Infiltration kleiner Speicheldrüsen; oft Zeichen eines SLE;
Komplikation: extranodale Non-Hodgkin-Lymphome),
das Sharp-Syndrom („mixed connective tissue disease“; zur Diagnose werden
U1RNP-Antikörper gefordert; wahrscheinlich nur Sammelbegriff für ungewöhnliche
Verlaufsformen anderer Kollagenosen; gleichzeitiges Auftreten von Sklerodermieund LE-typischen Hautveränderungen, Raynaud-Phänomen, Arthritis, Myalgien; im
weiteren Verlauf oft Einordnung als Sklerodermie oder SLE möglich),
die rezidivierende Polychrondritis (durch Antikörper gegen Typ-II-Kollagen, das in
Knorpelgewebe zu finden ist; rezidivierende Erysipel-artige Rötung und Schwellung
der Ohren unter Aussparung der Ohrläppchen, im weiteren Verlauf narbige
Schrumpfung der Ohren; auch Befall des Nasenknorpels mit Entwicklung einer
„Sattelnase“ sowie thorakal betonte Arthritis durch Gelenkbefall; oft kombiniert mit
anderen Kollagenosen; histopathologisch perichondriales Infiltrat mit Dominanz von
Neutrophilen, später Plasmazellen),
das Still-Syndrom (Fieber und Arthritis, auch Lymphadenopathie, Splenomegalie,
Serositis, Iridocyclitis; juveniler Typ mit Beginn im Kindesalter wird vom
Erwachsenen-Typ unterschieden; für Diagnose wird Dauer für > 3 Monate und Befall
von > 3 Gelenken gefordert; Rheumafaktor ist negativ; Hautveränderungen sind häufig
und können der Arthritis vorausgehen; initial in ca. 25% der Fälle stammbetontes
Exanthem; ferner persistierende erythematöse Plaques, die histopathologisch ein
interstitielles, oft um Ausführungsgänge ekkriner Drüsen betontes Infiltrat mit
Dominanz von Neutrophilen aufweisen, enstprechend der rheumatoiden neutrophilen
Dermatose),
die rheumatoide Arthritis (symmetrische Polyarthritis meist mit Beginn an
Fingergrund- und -mittelgelenken, oft Fieberschübe, Skleritis; Rheumafaktoren =
Antikörper, meist vom IgM-Typ, gegen IgG gerichtet, sind in ca. 80% nachweisbar,
aber nicht spezifisch; Hautveränderungen sind häufig, haben unterschiedliche
Spezifität und umfassen u.a.
Rheumaknoten (bei 20% der Patienten; hohe Spezifität; gehen selten der
Arthritis voraus; v.a. an Extremitätenstreckseiten im Bereich größerer Gelenke;
histopathologisch große palisadenförmige Granulome aus einem Ring von
Epitheloidzellen um zentrale fibrinreiche Nekrosezone),
Rheumatoide neutrophile Dermatose (asymptomatische, meist mehrere
Wochen persistierende erythematöse Plaques; histopathologisch dichtes
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Neutrophilen-reiches Infiltrat in der gesamten Dermis, keine Granulome, keine
Vaskulitis),
Interstitielle granulomatöse Dermatitis mit Arthritis (auch bei SLE, StillSyndrom und anderen immunologischen Grundkrankheiten; klinisch
strangförmige, lineäre Indurationen oder erythematöse Plaques;
histopathologisch anfangs interstitielles Infiltrat mit Dominanz von
Neutrophilen, später zunehmend Histiozyten mit Bildung von palisadenartigen
Granulomen sowie von Churg-Strauss Granulomen, die zentral degeneriertes
Kollagen zeigen, das von Histiozyten, Neutrophieln und Eosinophilen
umgeben wird),
Leukozytoklastische Vaskulitis (Immunkomplex-Vaskulitis; unspezifisch;
recht typisch für die rheumatoide Arthritis sind jedoch kleine, meist rasch
abheilende Infarkte an den Fingerspitzen),
Pyoderma gangraenosum (unspezifisch; auch bei M. Crohn, Colitis ulcerosa,
SLE, hämatologischen Erkrankungen; Beginn als Follikulitis, mit
übersteigerter Entzündungsreaktion, zur Akkumulation von massenhaft
neutrophilen Granulozyten und nachfolgender Ulceration führend).
Erythema nodosum (unspezifisch; meist akut auftretende, durckschmerzhafte,
subkutane, erythematöse, manchmal hämorrhagische Knoten;
histopathologisch septal betonte Pannikulitis; meist in Assoziation mit
Streptokokkeninfektionen, Yersiniose, Tuberkulose, Sarkoidose),
Sweet-Syndrom (unspezifisch; plötzlich auftretende, sukkulente erythematöse
Papeln und Plaques; histopathologisch gekennzeichnet durch knotiges bis
diffuses Infiltrat mit Dominanz neutrophiler Granulozyten; meist nach
fieberhaften Infekten sowie bei Lymphomen und Leukämien, auch bei anderen
Autoimmunkrankheiten wie M. Crohn, Sjögren-Syndrom, SLE).
Andere Krankheiten, die auf einer Dysregulation des Immunsystems beruhen und mit
Autoantikörpern einhergehen können, aber gewöhnlich nicht als „Kollagenose“ apostrophiert
werden, sind z.B. der Lichen planus, der M. Behçet, die Wegener’sche Granulomatose und
die Graft-versus-host-disease.
Zu den „klassischen“ Kollagenosen wird die progressive Sklerodermie gerechnet,
gekennzeichnet durch die Kombination von Entzündung, Gefäßveränderungen und Sklerose.
Ätiologie und Pathogenese sind unbekannt; neben einer genetischen Prädisposition könnten
auch Umwelttoxine eine Rolle spielen (Parallelen zu Erkrankungen, die wahrscheinlich durch
aromatische Amine ausgelöst werden: Eosinophilie-Myalgie-Syndrom infolge exogener LTryptophan-Zufuhr und „Toxic-oil-Syndrom“ durch Einnahme anilinvergällten Rapsöls; in
beiden Fällen Eosinophilie, Myalgie, evtl. Lungenödem und Pleuritis, juckendes
makulopapulöses Exanthem, sklerodermiforme Hautveränderungen ohne Beteiligung des
Gesichts und ohne Raynaud-Phänomen). Eine primär immunologische Ursache wird durch
Ähnlichkeit mit der chronischen Graft-vs.-Host-Reaktion nahegelegt. Im Rahmen der
Immunreaktion gebildete Zytokine könnten sowohl für Gefäßveränderungen als auch für die
gesteigerte Kollagensynthese durch Fibroblasten verantwortlich sein. T-Lymphozyten können
die Kollagensynthese u.a. durch Interleukin-4 (TH2-Zellen) und transforming-growth-factor (TGF-) stimulieren; auch vermehrte Freisetzung von TGF- bei Hypoxie.
Histopathologisch findet sich nur in Frühstadien ein interstitielles lymphoplasmazelluläres
Infiltrat; im weiteren Verlauf zunehmende Verdichtung des Kollagens mit Verbreiterung der
Dermis.
Klinisch äußert sich die Entzündung in einem Ödem mit meist nur leichter Rötung (fast nur an
Fingern), die Gefäßveränderungen in einem Raynaud-Phänomen (Spasmen der Fingerarterien
unter Kälteeinfluss mit schmerzhafter Weißverfärbung und anschließender Zyanose; bei fast
allen Patienten; oft anderen Manifestationen um Jahre vorausgehend), bleibenden
Gefäßstenosen und ischämischen Ulcera (v.a. an den Fingerkuppen, mit eingesunkenen
Narben abheilend, durch Sklerosierung mitverursacht), Kapillarerweiterungen und -verlust am
Nagelfalz sowie Teleangiektasien (v.a. an Lippen, Gesicht, Händen), und die Sklerosierung in
einer Sklerodaktylie mit zunehmender Bewegungseinschränkung (von den Fingern auf Hände
und distale Unterarmabschnitte übergehend), einer Mikrostomie mit radiären Furchen
(„Tabaksbeutelmund“), einer Amimie und einer Verkürzung und Fibrosierung des
Zungenbändchens. Weitere häufige Hautveränderungen sind eine Calcinosis cutis, und eine in
druckexponierten Bereichen akzentuierte Hyperpigmentierung.
Neben der Haut sind auch der Gastrointestinaltrakt (u.a. Schluckstörungen und
Refluxösophagitis durch Ösophagusbeteiligung, Obstipation durch reduzierte Motilität und
Peristaltik), der Respirationstrakt (fibrosierende Alveolitis mit Belastungsdyspnoe und
pulmonaler Hypertension), die Nieren (Sklerose der Nierenarteriolen mit Untergang des
Nierenparenchyms, renale Hypertonie), das Herz, Muskulatur, Skelettsystem und
Nervensystem betroffen.
Anhand von Hautveränderungen, Beteiligung innerer Organe und Laborparametern werden
Varianten der progressiven Sklerodermie unterschieden, die eine zunehmend schlechtere
Prognose aufweisen: Typ I (Hautbefall nur der Akren bis zum Hand- bzw. Sprunggelenk; oft
Antizentromeren-Antikörper = ACA), Typ II (Hautveränderungen auch weiter proximal an
Extremitäten und im Gesicht; oft ACA) und Typ III (oft initial Allgemeinsymptome und erst
später Raynaud-Phänomen, stark ausgeprägte Nagelfalz-Läsionen, Reiben der
Sehnenscheiden an Extremitäten, oft Topoisomerase I-Antikörper = Scl70-Ak; häufig rasche
Progredienz; 5-Jahres-Überlebensrate 70%). Eine klare Abgrenzung der Varianten ist
allerdings nicht möglich. Eine besondere Manifestationsform der limitierten progressiven
Sklerodermie (Typ I und II) mit meist milder Ösophagusbeteiligung ist das CREST-Syndrom
(Calcinosis, Raynaud, Esophagus, Sklerodactyly, Teleangiectases).
Zu den Differenzialdiagnosen der progressiven Sklerodermie zählen u.a.:
Morphaea (= zirkumskripte Sklerodermie; fraglich Auslösung durch Borrelien bei
entsprechender genetischer Prädisposition; histopathologisch gleiche Stadien wie
progressive Sklerodermie; Therapie v.a. mit UVA1 oder PUVA; unterschieden
werden
der plaqueförmige Typ (Beginn mit rundlicher Rötung, dann durch
Sklerosierung zentrale Weißverfärbung und Verhärtung mit erythematösem
Randsaum; Abheilung mit atrophischen, hyperpigmentierten, leicht
eingesunkenen Herden, die nicht selten ohne Anamnese entzündlicher oder
sklerotischer Vorstadien beobachtet und auch als Atrophodermia Pasini-Pierini
bezeichnet werden; in akuten Stadien oft gutes Ansprechen auf Penicillin),
der lineäre Typ (meist im Kindesalter; längliche Läsionen, oft mit Fasziitis und
nachfolgender, tief greifender narbiger Schrumpfung; meist an Extremitäten,
aber auch am Kopf unter dem Bilde der „Sclerodermia en coup de sarbe“ oder
der „Hemiatrophia faciei“),
der kleinmakulöse Typ (Morphaea guttata; runde, oft derb infiltrierte Herde;
wegen oberflächlicher Sklerose oft sehr weiß; Typ III der progressiven
Sklerodermie kann mit ähnlichen Herden beginnen),
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der generalisierte Typ (pansklerotische Morphaea, multiple, symmetrisch
verteilte Herde am gesamten Körper, Einschränkungen der Beweglichkeit und
der Atmung),
die Morphaea profunda (Entzündung und Sklerosierung v.a. in Subkutis),
die eosinophile Fasziitis (durch Befall der Fasziien tiefe Induration, v.a. an
Extremitäten unter Aussparung von Händen und Füßen, oft frühzeitig
Beugekontrakturen),
der Lichen sclerosus et atrophicus (wahrscheinlich keine einheitliche
Erkrankung und nur zum Teil dem Spektrum der Morphaea zugehörig; klinisch
weißliche, oft bizarr konfigurierte, atrophische Plaques, meist im
Genitalbereich und am Stamm; histopathologisch atrophische Epidermis mit
Lymphozyten in der Basalzellschicht, subepidermale Sklerose und
bandförmiges lymphoplasmazelluläres Infiltrat im Bereich des superfiziellen
Gefäßplexus, am Stamm häufig kombiniert mit typischen histopathologischen
Zeichen der Morphaea),
Sklerodermie-artige Veränderungen durch exogene chemische Faktoren (u.a. LTryptophan beim Eosinophile-Myalgie-Syndrom, Vinylchlorid-Monomere, organische
Lösungsmittel wie Xylol und Benzol, Pestizide wie DDT, Chemotherapeutika wie
Bleomycin und Cisplatin, Silikate),
Sklerodermie-artige Veränderungen durch physikalische Faktoren (Sklerosierung
durch chronische Vibrationstraumata, Morphaeae-artige Veränderungen nach
Radiatio),
Chronische Graft-versus-Host-Disease (oft ausgedehnter Organbefall; SiccaSymptomatik; Erosionen und Narben der Mundschleimhaut; an der Haut lichenoide
Papeln, retikuläre Hyperpigmentierungen, Sklerodermie-ähnliche Läsionen;
histopathologisch oft Assoziation von lichenoider Interface-Dermatitis und Sklerose
im Stratum reticulare),
Porphyria cutanea tarda (angeborene oder durch Leberschädigung akquirierte
Defizienz der Uroporphyrinogen-Decarboxylase in Hepatozyten; vermehrter Nachweis
von Uroporphyrinen im Harn; neben erhöhter Verletzlichkeit der Haut mit
Ausbildung verkrusteter Erosionen und Milien, Blasen, Hyperpigmentierung,
Hypertrichose des Gesichts sowie Zeichen chronischer Lichtschädigung ist auch
massive Sklerosierung möglich; histopathologisch PAS-positives Material in
Gefäßwänden),
Scleredema Buschke (rasch fortschreitende Induration mit leichter Rötung, v.a. im
Nacken und am oberen Rücken; oft assoziiert mit Diabetes mellitus, auch nach
Infekten; histopathologisch massive Verdickung der Dermis ohne Vermehrung von
Fibroblasten und Muzinablagerungen zwischen Kollagenfaserbündeln),
Skleromyxödem (generalisierte Verlaufsform des Lichen myxoedematosus; meist bei
monoklonaler Gammapathie; großflächig konfluierende Papeln v.a. an Streckseiten
der Extremitäten, oberem Rumpf und Gesicht; histopathologisch Fibrose mit starker
Vermehrung von Fibroblasten und Muzinablagerungen).
Die Therapie der progressiven Sklerodermie ist schwierig. Steroide und Immunsuppressiva
(v.a. Cyclosporin, Methotrexat, Cyclophosphamid) haben einen nur geringen Effekt.
Antifibrotische Substanzen (insbesondere -Interferon, das Wirkung von TGF- auf
Fibroblasten hemmt) werden erprobt. Zur Therapie des Raynaud-Syndroms werden
Vasodilatatoren eingesetzt (v.a. Nifedipin, cave: bei Fingerkuppennekrosen evtl.
Durchblutungsverschlechterung durch Blutdrucksenkung). Das Prostazyklin-Derivat Iloprost
hat eine protektive Wirkung auf Endothelzellen (u.a. durch Hemmung der
Plättchenaktivierung, Reduktion endothelialer Adhäsionsmoleküle wie ICAM-1 und VCAM-
1) und hemmt TGF--Wirkung auf Fibroblasten (anhaltende Besserung des RaynaudPhänomens nach 5tägiger Infusionstherapie zu Beginn der kalten Jahreszeit, gute Wirkung bei
Fingerkuppennekrosen). Wichtig sind Allgemeinmaßnahmen (Schutz vor Kälte,
Bewegungsübungen) sowie eine an den Symptomen orientierte Therapie (z.B.
Protonenpumpen-Hemmern wie Omeprazol bei Reflux-Ösophagitis).
Die Dermatomyositis ist charakterisiert durch die Assoziation einer Polymyositis
(lymphozytäre Myositis mit symmetrischer Myopathie v.a. der Schulter- und
Beckengürtelmuskulatur, oft schmerzhaft, Sicherung durch EMG und Biopsie des M. triceps
brachii, Ultraschall, Erhöhung von CK und Aldolase im Serum) mit charakteristsichen
Hautveränderungen. Beide Komponenten können anfangs (teilweise auch dauerhaft) isoliert
vorhanden sein. Evtl. Kombination mit anderen Autoimmundermatosen (v.a. progressive
Sklerodermie) und Befall weiterer Organe (in bis zu 40% Reizleitungsstörungen und
Tachyarrhythmien infolge meist milder Beteiligung des Herzmuskels, seltener Dysphagie,
interstitielle Pneumonitis etc.). Evtl. Nachweis von Autoantikörpern (u.a. Anti-Jo-1, gerichtet
gegen Histidyl-tRNA-Synthetase, bei ca. 20% der Patienten, Indikator für
Lungenbeteiligung). Altersgipfel in der Kindheit (juvenile Form) und im mittleren bis
höheren Erwachsenenalter (adulte Form; in 10 bis 50% Assoziation mit Karzinom).
Die Hautveränderungen sind v.a. Folge einer Interface-Dermatitis, d.h. einer Entzündung mit
Schwerpunkt im Bereich der dermoepidermalen Junktion (vakuoläre Veränderungen an der
Junktion; einzelne nekrotische Keratinozyten v.a. im Stratum basale, teilweise in die obere
Dermis abtropfend; Abtropfen von Pigment aus Epidermis in obere Dermis mit nachfolgender
Speicherung in Melanophagen), die durch T-Lymphozyten hervorgerufen wird. Die
Epidermis ist meist atrophisch, die Basalmembran verdickt, im Stratum reticulare findet sich
vermehrt Muzin. Im Unterschied zum diskoiden Lupus erythematosus, der ansonsten die
gleichen Veränderungen zeigt, geht die Dermatomyositis meist mit einem nur spärliches
Lymphozyteninfiltrat in der oberen Dermis einher.
Klinische Zeichen der Dermatomyositis sind ein livides Erythem in lichtexponierten Arealen,
v.a. periokulär (kombiniert mit Lidödem) und an den Streckseiten der Extremitäten (unter
Bevorzugung der Ellenbogen-Streckseiten und der Streckseiten der Fingergelenke),
weißliche, zentral eingesunkene Papeln über den Streckseiten der Fingergelenke
(„Gottron’sche Papeln“) sowie Teleangiektasien und Hyperkeratosen am Nagelfalz. Oft
besteht Juckreiz. Bei längerer Bestandsdauer geht das Erythem in eine Poikilodermie
(Atrophie, Teleangiektasien und Pigmentverschiebungen als Folge der chronischen InterfaceDermatitis) über.
Die Therapie der Dermatomyositis besteht in einer initial hoch dosierten Prednisongabe (etwa
1 mg/kg KG mit allmählicher Dosisreduktion über Monate), evtl. in Kombination mit
Methotrexat oder Azathioprin. Meist wird so innerhalb von 2 bis 3 Jahren eine vollständige
Abheilung erreicht. Bei Karzinom-assoziierten Fällen führt eine erfolgreiche Therapie des
Karzinoms meist zur Besserung.
Der Lupus erythematosus ist eine Systemkrankheit mit vielen unterschiedlichen
Manifestationen. Die Verschiedenartigkeit des klinischen Bildes und des Verlaufs ist auf
Unterschiede in Ätiologie und Pathogenese all jener Manifestationen zurückzuführen, die dem
Spektrum des Lupus erythematosus zugerechnet werden. Die häufige Kombination dieser
Manifestationen spricht jedoch für große pathogenetische Gemeinsamkeiten und war für ihre
Zusammenfassung unter einem Namen verantwortlich. Trotz der Verschiedenartigkeit der
Manifestationen ist der Lupus erythematosus letztlich ein charakteristisches Krankheitsbild,
das sich von anderen Autoimmunkrankheiten in der Regel gut abgrenzen lässt.
Der Lupus erythematosus geht in schweren Fällen mit Fieber und Abgeschlagenheit einher
und betrifft u.a.
Haut,
Schleimhäute (v.a. Erosionen der Mundschleimhaut),
Gelenke (symmetrische Polyarthritis, v.a. Finger-, Hand-, und Kniegelenke),
Muskeln (Myalgien),
Nervensystem (periphere Neuropathie, Infarkte im Gehirn, Kopfschmerzen,
epileptische Anfälle, Psychosen),
Nieren (Nephritis unterschiedlichen Schweregrades; histopathologisch werden u.a.
eine fokale proliferative Lupus-Nephritis, eine diffuse proliferative Nephritis und eine
membranöse Nephritis mit starker Verdickung der Basalmembranen der Glomeruli
unterschieden; zu den Symptome zählen Proteinurie, Hämaturie, nephrotisches
Syndrom; renale Hypertension ist Hinweis auf schlechte Prognose),
Herz (Perikarditis, auch Myokarditis mit Reizleitungsstörungen, verruköse
Endokarditis = Libman-Sacks-Endokarditis, Arteriitis der Koronararterien mit Infarkt),
Lungen (Pleuritis, Lupus-Pneumonitis),
Gastrointestinaltrakt (Überkeit, Anorexie, krampfhafte Schmerzen bei Infarkt und
Darmperforation infolge einer Arteriitis der Mesenterialarterien, Aszites),
Milz (Splenomegalie),
Lymphknoten (Lymphadenopathie),
Augen (Konjunktivitis, Episkleritis),
Speicheldrüsen (Parotitis, oft assoziiert mit Sjögren-Syndrom).
Vom American College of Rheumatology wurden 11 Kriterien für die Diagnose eines
systemischen Lupus erythematosus (SLE) propagiert, von denen vier erfüllt sein sollten (1.
Schmetterlingserythem; 2. diskoide kutane LE-Herde; 3. Photosensitivität; 4. orale Ulcera; 5.
Arthritis; 6. Serositis, d.h. Pleuritis oder Perikarditis; 7. Nierenbeteiligung; 8. neurologische
Veränderungen in Form von Psychose oder epileptischen Anfällen; 9. hämatologische
Veränderungen in Form von hämolytischer Anämie, Leukopenie, Lymphopenie,
Thrombozytopenie; 10. immunologische Veränderungen, u.a. anti-DNA-Ak, Anti-SmAntikörper, falsch pos. unspezifische Lues-Serologie; 11. Antinukleäre Antikörper).
Diese Kriterien wurden von Rheumatologen v.a. mit dem Ziel entwickelt, den LE von
anderen Erkrankungen mit Gelenkbeschwerden abzugrenzen. Tatsächlich ist die Diagnose
jedoch bereits anhand einer typischen Hautläsion zu stellen, denn der Lupus erythematosus ist
immer eine systemische Erkrankung. Die Unterscheidung zwischen systemischem und nichtsystemischem LE ist willkürlich, sachlich nicht gerechtfertigt und für die Patientenbetreuung
nicht hilfreich. In schweren Fällen mit ausgedehnten Manifestationen an Haut und/oder
anderen Organen ist stets ein Staging mit anschließender adäquater Therapie erforderlich,
unabhängig davon, ob vier der propagierten Kriterien erfüllt sind oder nicht.
Der Lupus erythematosus nimmt meist einen milden Verlauf mit nur geringen
morphologischen und funktionellen Veränderungen. An inneren Organen sind diese oft nicht
nachweisbar. An der Haut werden dagegen schon geringfügige Veränderungen erfasst, so dass
umschriebene Hautläsionen oft die einzige Manifestation eines Lupus erythematosus sind.
Diese Läsionen werden im wesentlichen durch autoreaktive T-Lymphozyten verursacht und
manifestieren sich meist in Form einer Interface-Dermatitis. T-Lymphozyten führen dabei
entweder direkt (zytotoxische T-Zellen, CD8+) oder durch Freisetzung von Zytokinen wie Interferon und TNF- (T-Helfer-Zellen, CD4+; NK-Zellen) zu einer Schädigung der
Junktionszone und zum Untergang (Apoptose) von Keratinozyten. Ein gleichartiger
Mechanismus liegt auch anderen T-Zell-vermittelten Immunreaktionen zugrunde (z.B. Graftversus-Host-Disease, Lichen planus, Erythema exsudativum multiforme, lichenoide
Arzneimittelreaktionen).
Autoantikörper spielen in der Pathogenese kutaner LE-Herde nur eine untergeordnete Rolle.
Im Serum finden sich Antinukleäre Antikörper (als sensibelster Screening-Test) bei
limitiertem Hautbefall in Form des dermoepidermalen LE nur in etwa 25% und beim rein
dermalen LE tumidus in etwa 10%. An der dermoepidermalen Junktion lassen sich beim
dermoepidermalen LE immunfluoreszenzmikroskopisch in der Regel Niederschläge von IgG,
IgM, IgA und/oder Komplement (C3) nachweisen, wenn Läsionen in belichteter Haut
biopsiert werden (in frühen Läsionen jedoch oft negativ; zudem sehr unspezifisch, da
Niederschläge auch in lichtgeschädigter Haut gesunder Personen und bei anderen Krankheiten
wie Rosazea vorkommen können). Beim Lupus erythematosus tumidus, bei dem die
Junktionszone intakt ist, sind junktionale Niederschläge von Immunglobulinen und/oder
Komplement nur in etwa 10% der Fälle nachweisbar. Erst bei stärkerer Krankheitsaktivität
(klinisch erkennbar an ausgedehnten Hautveränderungen bzw. Symptomen vonseiten anderer
Organe) ist die direkte Immunfluoreszenz auch in nicht-läsionaler Haut positiv (beim SLE in
lichtexponierter Haut in etwa 80%; in nicht lichtexponierter Haut seltener, aber hinweisend
auf hohe Krankheitsaktivität, einschl. Nierenbeteiligung).
Erst bei stärkerer Krankheitheitsaktivität sind Autoantikörper im Serum regelmäßig
nachweisbar, insbesondere
Antinukleäre Antikörper (ANA; sehr sensibel, aber wenig spezifisch; bei SLE in 95%
nachweisbar; auch bei anderen Autoimmunkrankheiten, chronischen Infektionen etc.;
durch manche Medikamente induzierbar, z.B. Procainamid, Hydralazin,
Diphenylhydantoin, Isoniazid; bei gesunden Personen in 5% nachweisbar, v.a. bei
alten Personen),
Anti-DNS-Antikörper (nur Antikörper gegen Doppelstrang-DNS sind aussagekräftig;
mäßig sensibel, dafür recht spezifisch für LE; bei SLE in 50 bis 70% nachweisbar;
Konzentration korreliert mit Krankheitsaktivität, v.a. bezüglich Nierenbeteiligung),
Anti-Histon-Antikörper (mäßig sensibel, mäßig spezifisch; bei SLE in etwa 50%
nachweisbar, aber auch bei rheumatoiden Arthriitis und anderen Krankheiten; bei
medikamenteninduziertem LE meist positiv),
Anti-Sm-Antikörper (gerichtet gegen kleine nukleäre Ribonucleoproteine, = snRNP;
wenig sensibel, aber recht spezifisch; bei SLE in ca. 30% nachweisbar; korrelieren mit
Nierenbeteiligung),
Anti-nRNP-Antikörper (gerichtet gegen snRDPs; wenig sensibel, wenig spezifisch;
ursprüngliche Korrelation mit mixed connective tissue disease ließ sich nicht
bestätigen; Vorkommen bei verschiedenen Kollagenosen, bei SLE in ca. 10%
nachweisbar);
SSA-Antikörper (= Ro-Antikörper; gerichtet gegen kleine cytoplasmatische
Ribonucleoproteine, = scRNP, u.a. Calreticulin, ein auch bei pathogenen Keimen
nachweisbares 46 kDA-Antigen in endoplasmatischen Retikulum, das u.a. nach UVExposition an die Zelloberfläche transloziert wird; mäßig sensibel, mäßig spezifisch;
ursprünglich beim Sjögren-Syndrom beschrieben, aber auch bei anderen Kollagenosen
vorkommend; beim SLE in ca. 25% nachweisbar, auch bei ANA-negativen Fällen;
Korrelation mit besonderen LE-Manifestationen, u.a. starker Photosensitivität,
subakut-kutanem LE, neonatalem LE und LE bei hereditärem C2- und C4Komplementmangel),
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SSB-Antikörper (= La-Antikörper; gerichtet gegen scRNP; oft gemeinsam mit SSAAntikörpern auftretend, aber weniger sensibel, bei SLE in ca. 10% nachweisbar),
Anti-C1q-Antikörper (nicht sensibel, aber sehr spezifisch für Lupus-Nephritis),
Anti-Neutrophilen-Cytoplasmatische Antikörper (= ANCA; wenig sensibel, wenig
spezifisch; bei SLE in ca. 20% nachweisbar; v.a. perinukleäre ANCA, = pANCA; im
Gegensatz zur Wegener’schen Granulomatose keine zytoplasmatischen ANCA, =
cANCA),
Rheumafaktoren (Anti-IgG-Antikörper; wenig sensibel, wenig spezifisch; bei SLE in
ca. 30% nachweisbar);
Anti-Phospholipid-Antikörper (heterogene Gruppe von Antikörpern gegen
Phosphodiestergruppen in DNS und Phospholipiden wie Phosphatidylcholin,
Phosphatidylserin und Cardiolipin; erstmals bei der Lues beschrieben und noch heute
im VDRL-Test zur Lues-Diagnostik genutzt, später Beschreibung als „lupus
anticoagulant“; wenig sensibel, wenig spezifisch; bei SLE in ca. 30% nachweisbar,
aber auch bei anderen Autoimmunkrankheiten und ohne assoziierte
Autoimmunkrankheit; klinisch relevant infolge einer Beeinflussung der Gerinnung, die
zu erhöhter Thromboseneigung führt und sich an der Haut in Thrombophlebitiden,
Ulcera crurum, Gangrän und Livedo racemosa äußern kann; auch Migräne und
zunächst passagere Sprachstörungen etc. infolge zentralnervöser Thrombosen;
Detektion u.a. durch verlängerte PTT infolge reduzierter Umwandlung von
Prothrombin in Thrombin durch Phospholipid-haltigen
Prothrombinaseaktivatorkomplex).
Das Auftreten so zahlreicher Autoantikörper ist auf eine Dysregulation des Immunsystems
zurückzuführen (herabgesetzte Funktion von zytotoxischen T-Zellen und TH1-Zellen bei
Überwiegen einer TH2-Immunantwort; TH2-Zytokine wie IL10 stimulieren AntikörperProduktion durch B-Zellen; ferner reduzierte Hemmung von B-Zellen durch antiidiotypische
Antikörper; Antigen-Spreading durch Zellschädigung bei erhöhtem Aktivitätsniveau von BZellen). Die meisten Antikörper sind lediglich Epiphänomene. Für besondere Manifestationen
des LE scheinen sie jedoch direkt verantwortlich zu sein (u.a. liegt dem neonatalen LE ein
diaplazentarer Übergang von SSA-Antikörpern von der Mutter auf das Kind zugrunde; antiDNS-Antikörper lösen im Mausmodell eine Nephritis aus; zirkulierende Antigen-AntikörperKomplexe können zu einer leukozytoklastischen Vaskulitis führen; anti-PhospholipidAntikörper führen zu Thromben und Ulzerationen).
Die Hautveränderungen des Lupus erythematosus werden in spezifische und unspezifische
Läsionen eingeteilt. Letztere entsprechen teilweise besonderen Stadien der spezifischen
Veränderungen (z.B. Pigmentanomalien, Urticae), teilweise sind sie Ausdruck einer
Kombination mit anderen, verwandten Krankheitsbildern (z.B. Rheumaknoten,
Sklerodaktylie). Zu den unspezifischen Hautveränderungen zählen (mit Angabe der
ungefähren Häufigkeit bei SLE)
Teleangiektasien (45-65%; auffällig v.a. am Nagelfalz),
leukozytoklastische Vaskulitis (10-20%; Immunkomplex-Vaskulitis, Purpura v.a. an
Unterschenkeln),
Thrombophlebitis (5-10%),
Raynaud-Phänomen (15-20%),
Livedo racemosa (im englischen Sprachraum als Livedo reticularis bezeichnet; 10%;
meist verursacht durch Anti-Phospholipid-Antikörper, die zu Thromben und
Gefäßverschlüssen führen; auch polyklonale Kryoglobulinämie kann verantwortlich
sein; klinisch minder durchblutete weißliche Hautareale, umgeben von bizarr
konfigurierten lividen Rötungen, die durch Hyperämie bei sauerstoffarmem Blut
bedingt sind; v.a. an Beinen und Gesäß; bei gleichzeitigem Vorliegen zentralnervöser
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Komplikationen infolge von Gefäßverschlüssen sind Kriterien für Diagnose des
Sneddon-Syndroms erfüllt),
die Atrophie blanche (<5%; schmerzhaft, Weißverfärbung mit randständiger livider
Rötung infolge einer Minderdurchblutung, oft ulzerierend, fast nur an
Unterschenkeln),
der Morbus Degos (= maligne atrophische Papulose; <5%; klinisch gekennzeichnet
durch im Durchmesser ca. 5 mm große Papeln mit eingesunkenem, weißlichem
Zentrum und erythematösem Rand an Stamm und Extremitäten; histopathologisch oft
typisches Bild des dermoepidermalen LE, zentral teilweise Nekrosezone aufgrund
eines Gefäßverschlusses nachweisbar; bei vielen Patienten gleichartige Veränderungen
im Gastrointestinaltrakt, die infolge Perforation und Peritonitis oft zum Tode führen;
auch andere Manifestationen eines SLE),
chronische Ulcera der Haut (5%),
Erosionen der Mundschleimhaut (7%),
Gangrän (<5%, schwarze Verfärbung, v.a. Finger, Zehen),
Perniones (<5%; livide Maculae oder Papeln an den Akren nach Kälteexposition;
histopathologisch superfizielles und tiefes perivaskuläres Lymphozyteninfiltrat mit
interstitieller Muzinvermehrung, vom dermalen LE nicht abzugrenzen; bei
Entwicklung von Hyperkeratosen und anderen Zeichen des chronisch-diskoiden LE
wird vom Chilblain-Lupus gesprochen; Beziehungen zwischen Kälte-induiziertem
Chilblain-Lupus und Perniones sind unklar);
Anetodermie (<5%; umschriebener Verlust elastischer Fasern, der sich klinisch in
weißlichen, leicht erhabenen und leicht eindrückbaren Papeln und Plaques
manifestiert; ursächlich sind evtl. Mikrothromben infolge von Anti-PhospholipidAntikörpern),
Rheumaknoten (5-10%),
Pyoderma gangraenosum (<5%),
Sklerodaktylie (10%),
Calcinosis cutis (<5%),
Urticae (7-15%; oft mit hämorrhagischer Note)
Pigmentveränderungen (10%).
Die spezifischen Veränderungen des kutanen Lupus erythematosus weisen ein
charakteristisches klinisches Bild auf, nämlich Erytheme, die bevorzugt in lichtexponierten
Arealen auftreten (v.a. Nasenrücken und Wangen; Ohren; Hals und Nacken; DecolletéBereich; Finger, dort im Unterschied zur Dermatomyositis nicht über, sondern zwischen
Interphalangealgelenken), häufig mit Hyperkeratosen einhergehen und meist mit
atrophischen, hyper- oder hyperpigmentierten Patches abheilen. Histopathologisch findet sich
meist eine Interface-Dermatitis (vakuoläre Veränderungen an der Junktion, unscharfe
Junktionszone, einzelne nekrotische Keratinozyten, Melanophagen im Stratum papillare) in
Assoziation mit einem fast rein lymphozytären perivaskulären Infiltrat und interstitiellen
Muzinablagerungen. Das histopathologische Bild entspricht damit dem der Dermatomyositis
(siehe dort); allerdings ist das Entzündungsinfiltrat in der Regel stärker ausgeprägt und betrifft
nicht nur die obere, sondern die gesamte Dermis. Die Epidermis ist jedoch nicht immer
betroffen, und die Entzündung kann auch die Subkutis erfassen. Zudem variiert das
histopathologische Bild in Abhängigkeit von Bestandsdauer und Akuität der Veränderungen:
bei akuten Läsionen gehören dem Infiltrat auch neutrophile (viel seltener eosinophile)
Granulozyten an. Weitere Zeichen der Akuität sind ein Ödem und Erythrozytenextravasate.
Bei lange bestehenden Läsionen sieht man meist eine ausgeprägte Atrophie der Epidermis
(Ausnahme: hypertropher LE, bei dem es infolge anhaltenden Kratzens bzw. Reibens zu einer
reaktiven Epidermishyperplasie kommt) und der Dermis (klinisch sind die Herde dann oft
eingesunken), die Basalmembran ist verdickt, im Stratum papillare finden sich zahlreiche
Melanophagen (= „Pigmentinkontinenz“, verantwortlich für die klinisch wahrnehmbaren
Hyper- und Hypopigmentierungen; in Assoziation mit Epidermisatrophie und ektatischen
Gefäßen Bild der Poikilodermie), und es findet sich oft eine follikulär betonte Hyperkeratose
(wegen der starken sensiblen Innervation der Follikel führt Kratzen an den follikulären
Hyperkeratosen zu Schmerzen, = „Tapeziernagelphänomen“). Der Verlauf des kutanen LE ist
in der Regel chronisch-rezidivierend: über Jahre hinweg treten (oft an den gleichen Stellen,
v.a. nach UV-Exposition) immer wieder Entzündungsschübe auf, die sich über Wochen bis
Monate zurückbilden, meist einen atrophischen, hyper- oder hypopigmentierten Patch
hinterlassend. Nur selten heilt die Erkrankung nach einem einzigen oder wenigen Schüben
spontan ab.
Die spezifischen Hautveränderungen des LE wurden nach unterschiedlichen Gesichtspunkten
eingeteilt. Eine Klassifikation anhand betroffener anatomischer Strukturen wurde 1940 von
Irgang vorgenommen. Dieser unterschied zwischen dem
dermoepidermalen LE (= klassischer diskoider Lupus erythematosus): häufigste
Manifestationsform; klinisch charakterisiert durch meist scheibenförmige, scharf
begrenzte, teilweise konfluierende Plaques, die – abhängig von Stadium und Akuität –
alle typischen Charakteristika des kutanen LE aufweisen können; bei Befall des
behaarten Kopfes Alopezie (anfangs mit Rötung und follikulären Hyperkeratosen
einhergehend; Abheilung mit Verlust der Haarfollikel und permanenter Alopezie unter
dem unspezifischen Bild der „Pseudopelade Brocq“);
dermalen LE (Lupus erythematosus tumidus): keine Epidermisbeteiligung oder nur
minimale Hinweise darauf, wie zum Beispiel einige Melanophagen im Stratum
papillare; histopathologisch gekennzeichnet durch ein perivaskuläres
Lymphozyteninfiltrat in der gesamten Dermis mit interstitieller Muzinvermehrung;
ANA nur in 10% nachweisbar, direkte Immunfluoreszenz nur in 10% positiv; klinisch
rötliche Papeln ohne Veränderungen der Oberfläche, häufig anuläre Läsionen, keine
Hyperkeratosen, keine Pigmentverschiebung; wegen fehlender Epidermisbeteiligung
Abheilung der Läsionen mit klinischer Restitutio ad integrum, d.h. ohne Atrophie und
Hyper- bzw. Hypopigmentierung; Varianten des LE tumidus wurden unter
verschiedenen Namen beschrieben (wobei wegen fehlender Epidermisbeteiligung
Zugehörigkeit zum Spektrum des LE meist nicht erkannt wurde):
lymphocytic infiltration Jessner-Kanof (rötliche Papeln und Plaques, meist im
Gesicht; durch UV-Licht provozierbar, meist rasche Besserung durch
Hydroxychloroquin);
retikuläre erythematöse Muzinose (= REM-Syndrom; klinisch anuläre und
retikuläre Rötungen im Decolleté-Bereich und am oberen Rücken; durch UVLicht provozierbar, meist rasche Besserung durch Hydroxychloroquin);
tiefes gyriertes Erythem (= tiefer Typ des Erythema anulare centrifugum;
meist wenige anuläre Herde);
Lupus erythematosus gyratus repens (sich rasch ausdehnende, zentral wieder
abheilende anuläre Herde am gesamten Integument; rasch wechselnde
Konfiguration der Effloreszenzen; die ursprüngliche Beschreibung des
Erythema anulare centrifugum 1916 durch Darier betraf einen solchen Fall);
subkutanen LE (Lupus profundus): in zwei Dritteln der Fälle assoziiert mit
Veränderungen an der dermoepidermalen Junktion und in der Dermis;
histopathologisch lymphozytäres Infiltrat v.a. in den Läppchen der Subkutis, oft
lymphozytärer „Kernstaub“ durch Zerfall von Lymphozyten, lymphozytäre Vaskulitis,
subkutane Nekrosen; klinisch tiefe, unscharf begrenzte rötlich-bräunliche Knoten,
nicht selten ulzerierend und mit eingesunkenen Narben abheilend; v.a. im Gesicht, an
Oberarmen und Oberschenkeln, am behaarten Kopf, am oberen Stamm und am Gesäß;
ANA fast immer nachweisbar; direkte Immunfluoreszenz in etwa einem Drittel der
Fälle positiv).
Eine Klassifikation anhand der Ausdehnung der Hautveränderungen erfolgte schon 1872
durch Kaposi, nämlich eine Unterscheidung zwischen dem
limitierten kutanen LE (von Kaposi als diskoider Lupus erythematosus bezeichnet):
meist nur wenige „scheibenförmige Flecken“, keine Beeinträchtigung des
Allgemeinzustandes;
disseminierten kutanen LE (von Kaposi als Lupus erythematosus discretus et
aggregatus bezeichnet): zahlreiche kleine Flecken, oft in Gruppen stehend, meist
assoziiert mit schweren, z.T. lebensbedrohlichen Allgemeinerscheinungen.
Zahlreiche kleine, meist sich sehr rasch vermehrende Effloreszenzen deuten auf eine hohe
Krankheitsaktivität hin und sind häufig mit Manifestationen an inneren Organen und einer
schlechten Prognose assoziiert.
Eine Klassifikation anhand des Verlaufes der Hautveränderungen wurde 1981 von Gilliam
und Sontheimer vorgenommen. Sie unterschieden zwischen dem
chronisch-kutanen Lupus erythematosus: diskoider Lupus erythematosus,
hypertropher LE, Lupus profundus; nur in 5-10% Entwicklung eines SLE;
subakut-kutanen Lupus erythematosus (= SCLE): in ca. 15% Entwicklung eines
SLE; starke Photosensitivität; SSA-Antikörper positiv; histopathologisch meist relativ
geringes, oberflächliches Entzündungsinfiltrat, jedoch keine grundsätzlichen
Unterschiede zum chronisch-diskoiden LE; klinisch sind zentrale Gesichtspartien
meist ausgespart bei bevorzugtem Befall von seitlichen Gesichtspartien, Hals,
Decolleté-Bereich und Streckseiten der Arme; unterschieden werden ein
anulärer Typ (erythematöser, indurierter Randsaum, meist ohne
Epidermisbeteiligung) und ein
papulosquamöser Typ (= „psoriasiformer Typ“);
als eigenständige Variante des subakut-kutanen LE gilt der
neonatale Lupus erythematosus (ausgelöst durch transplazentaren Übergang
von SSA-Antikörpern von der Mutter auf das Kind; der Säugling entwickelt
SCLE-typische Veränderungen, jedoch bevorzugt im Gesicht, v.a. periokulär;
starke Photosensitivität; oft AV-Block; weitere Komplikationen sind
Kardiomyopathie, Thrombozytopenie, hepatobiliäre Störungen mit
Hyperbilirubinämie; Abheilung innerhalb von Monaten, allerdings oft mit
irreversiblen Schädigungen);
akuten kutanen Lupus erythematosus: plötzliches Auftreten der Hautveränderungen,
meist nach UV-Exposition; Rückbildung oft mit Hyper- oder Hypopigmentierungen;
meist erythematöse Maculae oder flache, ödematöse Plaques ohne Schuppung;
typische Manifestationen sind das
Schmetterlingserythem (Rötung an Nasenrücken und Wangen; meist rasches
Auftreten nach UV-Exposition und spätere Rückbildung),
exanthematische Hautveränderungen („morbilliform“) und
bullöse Hautveränderungen (bullöser Lupus erythematosus; histopathologisch
einhergehend mit Ansammlungen neutrophiler Granulozyten in dermalen
Papillen mit nachfolgender subepidermaler Blasenbildung, ähnlich der
Dermatitis herpetiformis und der linearen IgA-Dermatose; wahrscheinlich
induziert durch Autoantikörper gegen Antigene der dermoepidermalen
Junktion, v.a. Typ-VII-Kollagen; in der direkten Immunfluoreszenz sind meist
IgG, IgA, IgM und C3 an der Junktion nachweisbar);
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Erythema-exsudativum-multiforme-artige Hautveränderungen (auch als
Rowell-Syndrom bezeichnet; ursprünglich in Verbindung mit ANA, SSBAntikörpern und positivem Rheumafaktor beschrieben; diese Laborparameter
sind jedoch nur inkonstant nachweisbar);
Der akute kutane LE weist in der Regel auf das Vorliegen eines SLE hin (beim
bullösen LE fast immer). Er wurde teilweise als Folge einer Vaskulitis bezeichnet,
tatsächlich liegen jedoch keine Vaskulitiszeichen vor; mit Ausnahme des bullösen LE
(bei dem Autoantikörper ein Dermatitis herpetiformis-ähnliches Bild induzieren)
entsprechen die Veränderungen histopathologisch denen des diskoiden LE (oft mit
zusätzliches Zeichen der Akuität: Beteiligung neutrophiler Granulozyten am Infiltrat,
Ödem, Erythrozytenextravasate).
Die verschiedenen Manifestationen des LE bilden ein Spektrum mit fließenden Übergängen;
jede Klassifikation bleibt daher ungenau. Die Einteilung der Hautveränderungen anhand
betroffener anatomischer Strukturen hat den Vorteil einer morphologischen Charakterisierung
der Einzeleffloreszenzen (und der absehbaren Konsequenzen wie Narbenbildung,
Pigmentalterationen, Restitutio ad integrum). Die Einteilung anhand von Ausdehnung oder
Akuitätsgrad ermöglicht Rückschlüsse auf die Gefährlichkeit der Erkrankung: disseminierte
und akut auftretende Läsionen sind Hinweise auf eine hohe Krankheitsaktivität und sollten
zur einer genauen Untersuchung auf (klinisch oft noch nicht manifeste) Komplikationen
vonseiten innerer Organe Anlass geben.
In der Therapie des Lupus erythematosus wird im Unterschied zur Dermatomyositis und
einigen bullösen Autoimmundermatosen eine zurückhaltende Strategie bevorzugt, d.h. eine
möglichst niedrig dosierte Behandlung, die den klinischen Erfordernissen angepasst ist
(anstelle einer initial massiven Unterdrückung des Immunsystems):
bei wenigen Hautläsionen Lokaltherapie mit Corticosteroiden, ferner Lichtschutz;
in therapierefraktären Fällen, bei größerer Zahl von Hautveränderungen und/oder bei
extrakutanen Manifestationen (v.a. Arthritis) Gabe von Antimalariamitteln (z.B. 200400 mg Hydroxychloroquin/die; u.a. verminderte Prostaglandin-Synthese durch
Hemmung der UV-induzierten Aktivität von Phospholipase A und C; Hemmung der
Freisetzung von Proteasen aus Lysosomen; reduzierte Wirksamkeit bei Rauchern evtl.
wegen Hemmung der Aufnahme in Lysosomen; wegen seltener Komplikation einer
irrevesiblen Retinopathie möglichst intermittierende Gabe, v.a. in Sommermonaten,
und regelmäßige opthalmologische Kontrollen; auch Neuropathie, Leukopenie etc.
möglich), initial evtl. kombiniert mit Steroiden; alternativ können Retinoide versucht
werden (anfangs z.B. 50 mg Etretinat oder Acitretin/die; cave: Teratogenität);
bei fehlender Besserung durch Antimalariamittel und akutem Verlauf (subakut-kutaner
LE, akuter kutaner LE, bullöser LE) DADPS, evtl. kombiniert mit Steroiden,
bei schwererem Verlauf Corticosteroide (initial z.B. 60-120 mg Prednison/die) in
Kombination mit Immunsuppressiva (z.B. Azathioprin, Cyclophosphamid),
therapeutische Alternativen umfassen u.a. Thalidomid (v.a. diskoider LE),
Cyclosporin-A; in schweren Fällen hochdosierte Pulstherapie mit Steroiden oder
Immunsuppressiva, Photopherese,
gezielte Therapie besonderer Manifestationen, z.B. ASS bei erhöhtem
Thromboserisiko durch Anti-Phospholipid-Antikörper.
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