Prof. Dr. Andreas Spickhoff Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Medizinrecht, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung Prof. Dr. Andreas Spickhoff * Platz der Göttinger Sieben 6 * D - 37073 Göttingen Institut für Privat- und Prozessrecht Institut für Notarrecht Zentrum für Medizinrecht Platz der Göttinger Sieben 6 D - 37073 Göttingen Telefon +49 (0)551 39-7396 Telefax +49 (0)551 39-7395 Email: [email protected] Website: http://www.unigoettingen.de/de/133328.html Grundkurs Bürgerliches Recht Ib Deliktsrecht WS 2013/14 Begleitende Vorlesungsmaterialien und Skript (Grobgliederung, Literaturhinweise, Detailgliederung mit Skript sowie zur Lektüre empfohlene Entscheidungen) 2 Vorbemerkung Das Skriptum ersetzt weder die vorlesungsbegleitende Lektüre eines der empfohlenen Lehr- oder Lernbücher noch den Besuch der Vorlesung selbst oder der Begleitkollegs, in denen die Technik der Lösung von Fällen erlernt und geübt wird. Es wird vielmehr empfohlen, - ggf. auch in einer privaten Arbeitsgemeinschaft – die (prüfungsrelevante!) Technik der juristischen Arbeitsweise anhand einer der empfohlenen Fallsammlungen zusätzlich zu vertiefen. Dazu dienen auch die sog. Semesterferien (eigentlich nur „vorlesungsfreie Zeit“). Gewiss ist auch Urlaub ohne Jura notwendig, aber er will verdient sein! Die abgedruckten Entscheidungen sollten im Hinblick auf den Sachverhalt („Tatbestand“) und die für den Vorlesungsstoff relevanten Passagen (bitte die zitierten Gesetzesstellen nachlesen!) genauer studiert werden. Abschnitte zu anderen Bereichen des Rechts, die Sie zurzeit noch nicht einordnen können, überfliegen sie einstweilen ganz einfach. 3 Prof. Dr. Andreas Spickhoff WS 2013/14 Grundvorlesung im Bürgerlichen Recht Ib Deliktsrecht Gliederungsübersicht 1. Abschnitt: Die Haftungsgründe des Deliktsrechts § 1. Überblick und Funktionen § 2. Elemente und Aufbau des Deliktstatbestands § 3. Grundtatbestände der Verschuldenshaftung I. § 823 Abs. 1 BGB II. § 823 Abs. 2 BGB III. § 826 BGB § 4. Sondertatbestände der Verschuldenshaftung § 5. Haftung mehrerer Schädiger § 6. Gefährdungshaftung und Haftung für erlaubte Eingriffe 2. Abschnitt: Deliktsfolgen, insbesondere Schadensersatz § 7. Überblick § 8. Grundsätze des Schadensrechts § 9. Schaden und Geschädigter § 10. Inhalt und Umfang des Ersatzanspruchs § 11. Ausschluß und Herabsetzung der Haftung § 12. Haftung und Schadensverlagerung § 13. Unterlassung und Beseitigung 4 Prof. Dr. Andreas Spickhoff WS 2013/14 Grundvorlesung im Bürgerlichen Recht Ib Deliktsrecht Ausgewählte Literatur Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, 37. Auflage 2013 Buck-Heeb, Examens-Repetitorium Besonderes Schuldrecht 2, Gesetzliche Schuldverhältnisse, 4. Aufl. 2012 Deutsch / Ahrens, Deliktsrecht, 6. Auflage 2014 Deutsch, Allgemeines Haftungsrecht, 2. Auflage 1996 Dörner, Schuldrecht 2, 5. Aufl. 2002 (Fallsammlung) Emmerich, BGB – Schuldrecht Besonderer Teil, 13. Aufl. 2012 Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht, 10. Aufl. 2006 Fuchs/Pauker, Deliktsrecht, 8. Auflage 2012 Kötz / Wagner, Deliktsrecht, 12. Auflage 2013 Larenz / Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts, Bd. II/2, 13. Auflage 1994 Looschelders, Schuldrecht Besonderer Teil, 8. Auflage 2013 Medicus/Lorenz, Schuldrecht II, 16. Auflage 2012 Medicus, Gesetzliche Schuldverhältnisse, 5. Auflage 2007 Pfeifer, Schuldrecht Gesetzliche Schuldverhältnisse, 2005 Schlechtriem / Schmidt-Kessel, Schuldrecht Besonderer Teil, 7. Auflage 2007 Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse, 5. Auflage 2012 5 1. Abschnitt: Die Haftungsgründe des Deliktsrecht § 1. Überblick und Funktionen I. Arten der Schadenstragung 1. Grundsatz: casum sentit dominus Im Ausgangspunkt hat der Inhaber eines Rechtsguts den daran entstehenden Schaden selbst zu tragen. Wem das Gut zusteht, den trifft zunächst der Schaden. 2. Ausnahmen Dieser Schadenstragung als Regel steht die Schadensabnahme durch einen anderen als Ausnahme gegenüber. Daher ist es Sache des Anspruchstellers, die Tatbestandsvoraussetzungen für einen ausnahmsweise gegebenen Schadensersatzanspruch darzulegen und zu begründen. 3. Arten der Zurechnung Der Grund für die Schadensabnahme wird auch Zurechnung genannt. Dabei unterscheiden wir zwischen subjektiver und objektiver Zurechnung. Objektiv zurechenbar ist eine Tat schon dann, wenn ein Geschehen oder ein Erfolg irgendwie auf den Willen einer Person zurückgeführt werden kann. Eine subjektive Zurechnung ist demgegenüber erst dann gegeben, wenn dem Handelnden Tat oder Tatfolgen persönlich angelastet werden können, etwa im Falle von Vorsatz oder persönlicher Vorwerfbarkeit (= subjektive Fahrlässigkeit). II. Gründe der Schadenshaftung Neben dem vom Verschuldensprinzip geprägten Schadensausgleich des Deliktsrechts kommt eine wesentliche Bedeutung auch der Haftung ohne Verschulden zu. Um eine solche handelt es sich – abgesehen von der Billigkeitshaftung nach § 829 BGB – namentlich bei der Gefährdungshaftung. Zu beachten sind in diesem Zusammenhang des weiteren die Haftung für erlaubte Eingriffe (zB §§ 904 S 2, 867 S 2 und 1005, 962 S 3 BGB), die Haftung für (rechtswidrige) enteignungsgleiche Eingriffe sowie allgemein der Bereich der Aufopferungsansprüche (s. Deutsch, AllgHaftungsR2 Rz 716ff). III. 1. Verschuldenshaftung 2. Gefährdungshaftung 3. Billigkeitshaftung 4. Aufopferung Funktionen des Haftungsrechts 6 Sucht man nach den Zwecken des Deliktsrechts, so hat man sich zunächst einmal zu vergegenwärtigen, dass die diversen Haftungstatbestände nicht zuletzt auch Freiräume abstecken und insoweit der Handlungsfreiheit dienen. Sodann hat man sich Klarheit darüber zu verschaffen, um den Zweck welcher Normen es geht. Man hat hierbei zu unterscheiden zwischen den deliktischen Haftungsgründen, namentlich der §§ 823 ff, sodann zwischen Verhaltensnormen (zum Teil auch Tatbestandsnormen genannt) sowie den Rechtsfolgenormen (zB § 823 Abs 1), und schließlich zwischen den Haftungsgründen und den haftungsausfüllenden bzw die Rechtsfolge ausfüllenden Vorschriften der §§ 249 ff, 1004 andererseits. Sieht man einmal von dem einzelnen Zweck bestimmter Verhaltensnormen (zB bestimmten Schutzgesetzen) ab, so werden den deliktsrechtlichen Anspruchsgründen, jedenfalls soweit sie auf Schadensersatz gerichtet sind, herkömmlicherweise folgende Funktionen zugeordnet: 1. Ausgleichsfunktion Weitgehend anerkannt ist zunächst die sog Ausgleichsfunktion. Sie schließt an die Wirkung der (nicht nur deliktischen) Schadensersatzansprüche an und stellt den Ausgleich für den materiellen Schaden und die erlittene Unbill in den Vordergrund. Nun liegt diese Wirkung des Schadensausgleichs dann, wenn die Schadensersatzansprüche realisiert worden sind, auf der Hand. Bezweifelt wird aber, ob damit die Frage nach dem normativen Zweck der Haftungsgründe beantwortet ist. Dagegen wird gehalten, die Funktion dieses Rechtsgebiets mit dem Inhalt der jeweils begründeten Ansprüche gleichzusetzen, sei nichtssagend; die Ungeeignetheit der Ausgleichsfunktion zur normativen Anleitung von Problemlösungen korrespondiere mit dem „tautologischen Charakter derartiger Zweckbeschreibungen“. Die zentrale Frage laute vielmehr, welche Schädigungen auszugleichen seien und welche nicht. Dem dahinter stehenden Argument mangelnder Wertorientierung ist auf der anderen Seite entgegengehalten worden, dass das Ausgleichsprinzip seinen Wert „in sich“ trage, und zwar vor allem deshalb, weil es die Schadensabwicklung ideologiefrei lenke. Freilich vermag ein so verstandenes Ausgleichsprinzip in der Tat nicht zu erklären, warum nicht jeder – und sei es auch schuldhaft – zugefügter Schaden (zumal im außervertraglichen Kontext) auszugleichen ist. 2. Präventionsfunktion und ökonomische Analyse Derlei Einwänden unterliegt die sog. Präventionsfunktion nicht. Sie ist früher häufig als Sekundärfunktion angesehen worden. Heute ist man mehrheitlich dazu übergegangen, die Präventionsfunktion neben den Aspekt des Schadensausgleichs gleichberechtigt zu stellen, wenn man diese Funktion nicht sogar ganz in den Vordergrund stellt. Freilich läßt sich auch mit der Präventionsfunktion nicht jedes haftungsrechtliche Ergebnis erklären; man denke an den Fall grob fahrlässigen oder gar vorsätzlichen Verhaltens ohne entsprechenden Verletzungs- oder Schädigungserfolg. Zugleich wird deutlich, dass Präventionsfunktion und Ausgleichsfunktion zusammenwirken: Eine erwünschte Prävention erklärt – wenn man den Grund des Erwünschtseins der Präventionswirkung näher spezifiziert –, warum ggf. etwas auszugleichen ist, jedoch bildet der mögliche Ausgleich (und damit korrespondierend das sog schadensrechtliche Bereicherungsverbot) die Obergrenze einer möglichen Präventionswirkung. Die Präventionswirkung ist insbesondere unter dem Aspekt der ökonomischen Analyse aufgegriffen und weiter verfeinert worden. Ausgangspunkt ist der homo 7 oeconomicus: Jeder handelt nur so sorgfältig, wie das Haftungsrisiko dies als sinnvoll erscheinen läßt. Dass offensichtlich ineffiziente Konsequenzen der Rechtsanwendung nicht nur kein Ziel der Gesetzesauslegung sind, sondern nach Möglichkeit auch vermieden werden sollten, kann kaum ernsthaft bestritten werden. Bereits Mataja hatte auf den möglichen Ertrag von ökonomischen Erkenntnissen über ineffiziente Rechtsbildung namentlich bei der Auslegung des Haftungsrechts hingewiesen und den Gedanken der „ökonomischen Prävention“ in die Diskussion eingebracht. Ökonomisch-analytische Erwägungen im Rahmen der herkömmlichen Auslegungskriterien wären wohl am ehesten in der objektiv-theologischen Auslegung zu verorten. Gegen diese ökonomische Analyse des Rechts sind im Wesentlichen folgende grundsätzliche Einwände geltend gemacht worden: Mißachtung der Eigenständigkeit der Jurisprudenz, Gefährdung der Rechtssicherheit, Benachteiligung Schwacher und Gefährdung der Rechtskultur, weil rechtsethische Bindungen durch das NutzenKalkül des homo oeconomicus ersetzt würden. Nun ist die Eigenständigkeit der Rechtswissenschaft gewiß kein Selbstzweck. Die im Prinzip begründete Befürchtung des Verlustes an Rechtssicherheit wird dadurch abgeschwächt, dass die ökonomische Analyse nur als eines von mehreren Auslegungskriterien angesehen und nur bei der Beantwortung offener Wertungsfragen, kurzum dort als methodisch legitim angesehen werden darf, wo Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte der Norm rechtssichere Antworten ohnehin nicht ermöglichen und der Durchsetzung des Effizienzprinzips nicht entgegenstehen, wenn man also davon ausgehen darf, dass auch der Gesetzgeber den Norminhalt am Effizienzprinzip orientiert (oder wenigstens keine gegenteilige Tendenz verfolgt) haben wird. Die Konkretisierung der erforderlichen Sorgfalt oder die Bildung von Pflichtenprogrammen, namentlich im Kontext mit Verkehrs-(sicherungs-)pflichten ist ein denkbar typisches Einfallstor für ökonomisch-analytische Erwägungen. Allerdings wird die ökonomische Analyse prinzipiell nur auf Modelle gestützt, deren Prämissen oft der Realität nicht entsprechen, zumal es an quantitativ exakten, vollständigen entsprechenden Erhebungen in aller Regel fehlt. Dieser Umstand sowie die Möglichkeit weiterer sozialpolitischer, nicht am Effizienzprinzip ausgerichteter Zielvorgaben des Gesetzgebers (bis hin zum – wenngleich seinerseits eher wenig konturierten – Sozialstaatsprinzip) macht auch das Rangverhältnis der ökonomischen Analyse im Rahmen der Gesetzesauslegung deutlich: Abweichende Zielvorgaben und Richtungsentscheidungen des Gesetzgebers gehen dem Wirtschaftlichkeitsgebot vor. Zudem ist das geltende deutsche Schadensersatzrecht dem Ausgleichsprinzip verpflichtet, das – wie gezeigt – der haftungsrechtlichen Prävention Grenzen setzt. Das zeigt sich ua daran ganz deutlich, dass die Tötung eines Menschen für den Schädiger „billiger“ sein kann als eine zur Berufsunfähigkeit führende Verletzung. Eine vorrangige Ausrichtung des geltenden Haftungsrechts an dessen Präventivwirkungen gegenüber einem homo oeconomicus verträgt sich damit nicht, wird freilich letzthin auch in dieser Konsequenz nicht vertreten. Kein durchgreifender Einwand gegen die Anerkennung der Präventionsfunktion ergibt sich aus den vielfältigen Überlagerungen des Deliktsrechts durch private oder soziale Versicherungen. Der individuelle Täter wird die Möglichkeit der Schadensabnahme durch kollektive Sicherungssysteme vor der Schädigung kaum bedenken. Hinzu kommt, dass typischerweise – man denke etwa an den KfzVersicherungs-Bereich – Prämiensteigerungen drohen; auch dies wirkt präventiv. Umso mehr wirkt die Präventionsfunktion gegenüber Unternehmern, weil diese idR besonders deutlich ökonomischen Kategorien verpflichtet sind und sich Schadensersatzansprüche als Kosten der Produktion auswirken. Freilich sind 8 Unternehmen in aller Regel gegen die aus ihren Handlungen resultierende Haftpflicht versichert. Auch wenn hier das Bonus-Malus-System weniger geläufig ist, führen gleichwohl gezielt eingebaute Lücken im Versicherungsschutz (schon im Interesse der Versicherer selbst) zum Fortwirken der Prävention. Zugleich zeigt sich hieran, dass das Bestehen einer Gefährdungshaftung, wiewohl verschuldensunabhängig, nichts an der Präventionsfunktion auch solcher Tatbestände ändert. 3. Weitere anerkannte oder nicht anzuerkennende Funktionen Neben der Ausgleichs- und Präventionsfunktion ist die Rechtsfortsetzungsfunktion des Schadensersatzanspruchs als dogmatisches Konstrukt anerkannt, wenngleich sich dieser Gedanke in einer Beschreibung der konstruktiven Zusammenhänge erschöpft: Das verletzte Interesse oder Rechtsgut setzt sich im Anspruch auf Schadensersatz fort. Prinzipiell ablehnend steht die deutsche Dogmatik demgegenüber jeder Pönalfunktion des Haftungsrechts gegenüber, wenn auch die sog Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes darauf hindeutet; der BGH weist jeden Strafcharakter des Schmerzensgeldes – auch in der Genugtuungsfunktion – freilich weit von sich. BGH NJW 1996, 984 Tatbestand 1 Die Klägerin, Caroline von Monaco, verlangt von der Beklagten, in deren Verlag u.a. die Wochenzeitschriften "frau aktuell" und "NEUE WELT" erscheinen, die Veröffentlichung einer Richtigstellung und Zahlung einer Geldentschädigung. 2 Die beiden Wochenzeitschriften berichteten in ihren Ausgaben vom 19. Januar 1994 auf den Titelblättern und im Innern der Hefte über die Klägerin. Die Schlagzeile des Titelblatts von "frau aktuell" lautete "Caroline - Tapfer kämpft sie gegen Brustkrebs", auf der Titelseite von "NEUE WELT" heißt es neben der Abbildung der Klägerin "Hilfe für Millionen Frauen - CAROLINE - Kampf gegen Brustkrebs". Im Innenteil der Zeitschriften wird darüber berichtet, daß sich die Klägerin, die unstreitig selbst nicht an Brustkrebs erkrankt ist, für Vorsorgeuntersuchungen zur Erkennung von Brustkrebs einsetzt. 3 Die Klägerin erblickt in den Veröffentlichungen auf den Titelseiten eine Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts. Auf ein Aufforderungsschreiben 9 hat sich die Beklagte hinsichtlich der Veröffentlichung auf dem Titelblatt von "frau aktuell" zur Unterlassung und zum Abdruck einer Widerrufserklärung verpflichtet sowie einen Betrag von 10.000 DM an die Klägerin gezahlt; bezüglich der Veröffentlichung auf der Titelseite der "NEUE WELT" wurde der Beklagten im Wege der einstweiligen Verfügung die Verbreitung der Äußerung "CAROLINE - Kampf gegen Brustkrebs" untersagt. 4 Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin eine Richtigstellung verlangt, mit der in einer bestimmten Schriftart und Schriftgröße auf der Titelseite der "NEUE WELT" klargestellt wird, daß der durch die Veröffentlichung auf dem Titelblatt der Ausgabe vom 19. Januar 1994 erweckte Eindruck, sie sei an Brustkrebs erkrankt, unrichtig ist. Ferner hat die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung einer Geldentschädigung begehrt, die für jede der beiden Veröffentlichungen 50.000 DM - für die Veröffentlichung in "frau aktuell" abzüglich der gezahlten 10.000 DM betragen soll. 5 Das Landgericht hat dem Richtigstellungsanspruch (mit Abstrichen bei der verlangten Buchstabengröße) stattgegeben und der Klägerin eine Geldentschädigung von 15.000 DM wegen der Titelveröffentlichung in "frau aktuell" (abzüglich der vorgerichtlich gezahlten 10.000 DM) und 5.000 DM wegen der Titelveröffentlichung in "NEUE WELT" zuerkannt. 6 Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt; die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag und die Klägerin hat ihren Anspruch auf eine Geldentschädigung in der geltend gemachten Höhe weiterverfolgt. Die Rechtsmittel beider Parteien sind ohne Erfolg geblieben. 7 Mit ihrer Revision greift die Klägerin das Berufungsurteil an, soweit zu ihrem Nachteil erkannt worden ist. Die Beklagte erstrebt mit ihrer (unselbständigen) Anschlußrevision weiterhin die Abweisung der Klage. Der Senat hat die Revision der Klägerin angenommen und die Anschlußrevision der Beklagten nicht angenommen. Entscheidungsgründe 10 I. 8 Das Berufungsgericht hält den Richtigstellungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB für begründet; nach seiner Auffassung kann kein ernsthafter Zweifel daran bestehen, daß die verbreitete Äußerung zumindest einem erheblichen Teil der Leser den Eindruck vermittelt, die Klägerin habe Brustkrebs. Durch die beanstandeten Veröffentlichungen werde die Klägerin so schwer in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt, daß ihr trotz der Richtigstellungen und der schon geleisteten Zahlung von 10.000 DM aus §§ 823, 847 BGB ein Anspruch auf Schmerzensgeld zustehe. Es sei grob fahrlässig gewesen, derartig mißverständlich formulierte Schlagzeilen auf den Titelblättern zu verwenden. Dabei werde die Intensität der Persönlichkeitsrechtsverletzung noch durch die hohe Auflage der beiden Zeitschriften gesteigert. Allerdings könne die Klägerin kein höheres Schmerzensgeld verlangen, als es ihr das Landgericht zuerkannt habe. Ein höherer Betrag gehe über die für ein Schmerzensgeld maßgebliche Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion hinaus; Gedanken der Gewinnabschöpfung und Strafsanktion könnten für die Bemessung eines Schmerzensgeldes bei einer Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht zum Tragen kommen. II. 9 Die Erwägungen des Berufungsgerichts zur Höhe der Geldentschädigung halten den Angriffen der Revision nicht stand. Sie werden den Besonderheiten des vorliegenden Falles nicht gerecht. 10 1. Allerdings geht das Berufungsgericht zutreffend davon aus, daß die Klägerin wegen der Schlagzeilen auf den beiden Titelblättern von der Beklagten eine Geldentschädigung verlangen kann. Das Berufungsgericht trifft jedoch mit seinen Erwägungen zur Höhe dieses Anspruchs nicht den entscheidenden rechtlichen Gesichtspunkt. 11 Die Klägerin hat durch diese Veröffentlichungen eine schwere Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts erlitten. Angaben über den Gesundheitszustand eines Menschen betreffen die durch Art. 1 Abs. 1 und 2 Abs. 1 GG geschützte Privatsphäre (vgl. BVerfGE 32, 373, 379 f); das gilt, wie das Berufungsgericht mit Recht ausführt, erst recht für Angaben über eine so tückische und lebensbedrohende Erkrankung wie Brustkrebs. In tatrichterlicher Würdigung, die Rechtsfehler nicht erkennen läßt, ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß die 11 mißverständnisträchtige Formulierung der Schlagzeilen auf den Titelblättern auf einer groben Pflichtverletzung der Verantwortlichen auf Seiten der Beklagten beruht. Darüber hinaus erhält der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin, wie das Berufungsgericht gleichfalls zutreffend erkennt, sein besonderes Gewicht durch die hohe Auflage der beiden Zeitschriften. Eine Rechtsverletzung dieses Schweregrades rechtfertigt einen Anspruch des Opfers auf Geldentschädigung. 12 Das Berufungsgericht verfehlt indes den entscheidenden rechtlichen Ansatzpunkt, wenn es sich für die Bestimmung der Höhe dieser Geldentschädigung an den in BGHZ 18, 149 ff. für die Schmerzensgeldbemessung entwickelten Grundsätzen der Ausgleichsund Genugtuungsfunktion orientiert. Zwar hat der Bundesgerichtshof den Anspruch auf Geldentschädigung in den Fällen einer schweren Verletzung des Persönlichkeitsrechts im Jahre 1958 zunächst aus einer Analogie zu § 847 BGB hergeleitet (BGHZ 26, 349, 356). Diese Begründung ist jedoch längst aufgegeben. Das Bundesverfassungsgericht hat in der sog. Soraya-Entscheidung aus dem Jahre 1973 die rechtliche Grundlage für einen solchen Geldleistungsanspruch in Art. 1 und 2 GG erblickt (BVerfGE 34, 269, 292). In Parallele hierzu geht der Bundesgerichtshof davon aus, daß es sich bei dem Anspruch auf Geldentschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht um ein Schmerzensgeld nach § 847 BGB, sondern um ein Recht handelt, das auf den Schutzauftrag aus Art. 1 und 2 Abs. 1 GG zurückgeht (vgl. etwa Senatsurteil vom 22. Januar 1985 - VI ZR 28/83 - VersR 1985, 391, 393; zuletzt Senatsurteil vom 15. November 1994 - VI ZR 56/94 - VersR 1995, 305, 309 = NJW 1995, 861, 864 f., zum Abdruck in BGHZ 128, 1 ff. vorgesehen). 13 Die Herleitung dieses Anspruchs aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 und 2 GG hat Folgen für seine Höhe (vgl. hierzu BGB-RGRK/Dunz, 12. Aufl., Anh. I zu § 823 Rdnrn. 141 ff.). Die Zubilligung einer Geldentschädigung im Fall einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung beruht auf dem Gedanken, daß ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, daß der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Bei dieser Entschädigung steht - anders als beim Schmerzensgeld - regelmäßig der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund. Außerdem soll sie der Prävention dienen (vgl. Senatsurteil vom 15. November 1994 - VI ZR 56/94 aaO. m.w.N.). 14 Dies bedeutet, daß hier der Ausgleichsgedanke, auf den sich das Berufungsgericht bei der Bemessung der Geldentschädigung maßgeblich 12 gestützt hat, zugunsten des Präventionsgedankens in den Hintergrund treten muß (vgl. BGB- RGRK/Dunz, aaO.). 15 2. Ferner tragen die Erwägungen des Berufungsgerichts zur Höhe der Geldentschädigung nicht hinreichend den Besonderheiten Rechnung, die der Persönlichkeitsrechtsverletzung im vorliegenden Fall das Gepräge geben. 16 In dem - allerdings erst nach der Verkündung des Berufungsurteils erlassenen - Senatsurteil vom 15. November 1994 (VI ZR 56/94 - aaO.), in dem es gleichfalls um Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin durch Veröffentlichungen in Zeitschriften ging, hat der Senat ausgeführt, daß in Fällen der vorliegenden Art besonders in Betracht zu ziehen ist, daß der Schädiger die Verletzung der Persönlichkeit seines Opfers als Mittel zur Auflagensteigerung und damit zur Verfolgung eigener kommerzieller Interessen eingesetzt hat. Im Streitfall wäre die Klägerin ebenso wie im damals entschiedenen Fall ohne eine für die Beklagte fühlbare Geldentschädigung einer rücksichtslosen Zwangskommerzialisierung ihrer Persönlichkeit weitgehend schutzlos ausgeliefert. "Fühlbar" in diesem Sinne ist eine Geldentschädigung entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts aber nicht schon dann, wenn sie in der der Klägerin zuerkannten Höhe unmittelbar den Gewinn der Beklagten schmälert, vielmehr ist sie erst dann geeignet, den aus dem Persönlichkeitsrecht des Opfers heraus gebotenen Präventionszweck zu erreichen, wenn sie der Höhe nach ein Gegenstück auch dazu bildet, daß hier das Persönlichkeitsrecht zum Zwecke der Gewinnerzielung verletzt worden ist. Das bedeutet zwar, wie das Berufungsgericht insoweit zu Recht ausführt, nicht, daß eine "Gewinnabschöpfung" vorzunehmen ist, wohl aber, daß - und insoweit entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - im Fall einer rücksichtslosen Vermarktung einer Persönlichkeit wie hier die Erzielung von Gewinnen aus der Rechtsverletzung als Bemessungsfaktor in die Entscheidung über die Höhe der Geldentschädigung mit einzubeziehen ist. In solchen Fällen muß von der Höhe der Geldentschädigung ein echter Hemmungseffekt ausgehen; als weiterer Bemessungsfaktor kann die Intensität der Persönlichkeitsrechtsverletzung berücksichtigt werden. Vorstellungen zur Höhe der Entschädigung, wie sie die Klägerin in ihren Anträgen zum Ausdruck gebracht hat, sprengen nicht den Rahmen dessen, was zu einer wirksamen Prävention als angemessen in Betracht kommt. III. 17 Das Berufungsurteil war deshalb aufzuheben, soweit das 13 Berufungsgericht den Anspruch der Klägerin auf eine höhere Geldentschädigung abgewiesen hat. Das Berufungsgericht erhält damit Gelegenheit, über die Höhe dieses Anspruchs im Lichte der vorstehenden Erwägungen erneut zu entscheiden. Diese Entscheidung ist in erster Linie Sache des Tatrichters (vgl. Senatsurteil vom 15. November 1994 - VI ZR 56/94 - aaO.). IV. System des Deliktsrechts 1. Die drei „kleinen“ Generalklauseln Das Verhältnis der drei kleinen deliktsrechtlichen Generalklauseln der beiden Absätze von § 823 und § 826 zueinander ist in der Diskussion durchaus unterschiedlich akzentuiert worden. So war bereits zur Zeit des Inkrafttretens des BGB die Bedeutung von § 823 Abs 2 umstritten, dies freilich vor allem im Hinblick auf das Verhältnis der Schutzgesetzverletzung zur Verletzung eines sonstigen Rechts im Sinne von § 823 Abs 1. Soweit man letzteres auf "alle irgendwie rechtlich geschützten Interessen" bezog, blieb für § 823 Abs 2 wenig, allenfalls eine in dessen "verkürzten Verschuldensbezug" liegende praktische Bedeutung. Doch ist dieses Verständnis des "sonstigen Rechts" alsbald dem bis heute bekannten engeren gewichen. Damit erhielten die beiden Absätze von § 823 jeweils einen eigenen, nur teilweise deckungsgleichen Anwendungsbereich. Wenn heute nach wie vor die Frage nach dem Verhältnis namentlich der beiden Absätze des § 823 zu einander zu stellen ist, dann in einem anderen Sinn. a) 823 Abs 1, 826 als stilprägende Normen des deutschen Deliktsrechts? Nach vielfach, zum Teil auch von der Rechtsprechung befolgter Linie orientiert sich die Auslegung des gesamten Deliktsrechts am ersten Absatz von § 823. Man hat deshalb § 823 Abs 1 als "Grundnorm" oder "Zentralnorm" (Larenz/Canaris, SchuldR II/213, § 76 I 2a,S 375 f) des deutschen Deliktsrechts qualifiziert, und das vor dem Hintergrund der praktischen Handhabung der Norm im Gesamtgefüge des außervertraglichen Haftungsrecht mit Grund. Im Rahmen des § 823 Abs 2 hat diese Dominanz des ersten Absatzes von § 823 zu der noch näher zu erörternden Auffassung geführt, eine Haftung wegen Verletzung eines Schutzgesetzes setze deren "Tragbarkeit im Lichte des haftpflichtrechtlichen Gesamtsystems" voraus, und jenes soll eben maßgeblich von der Enumeration in § 823 Abs 1 und § 826 geprägt sein. Die Ausrichtung des Verständnisses des zweiten Absatzes von § 823 insbesondere an den Schutzgütern des vorhergehenden Absatzes ist von Canaris noch dahin intensiviert und präzisiert worden, dass Schutzgesetze, die nicht ohnedies Rechte und Rechtsgüter des § 823 Abs 1 schützen, regelmäßig strafbewehrt sein müssen, um eine Haftung wegen Schutzgesetzverletzung auslösen zu können. Zumindest sei es notwendig, dass im Fall nicht strafbewehrter Normen – vor allem solcher zum Vermögensschutz – das Vermögen primäres und unmittelbares Schutzgut sei, und dass sich derartige Normen als Typisierung und maßvolle Ergänzung von § 826 verstehen ließen oder dass das Fehlen einer Straf- 14 oder wenigstens Bußgeldbewährung verglichen mit verwandten Tatbeständen eine Gesetzeslücke darstelle. Damit erhält § 823 Abs 2 zwischen den §§ 823 Abs 1 und 826 wenig eigene Bedeutung, sieht man einmal von der (im Rahmen der Bestimmung von Verhaltenspflichten nach den §§ 823 Abs 1, 276 ohnedies angezeigten) Möglichkeit ab, gesetzlich fixierte Verhaltensprogramme in das zivile Haftungsrecht zu transponieren. Denn Straftaten sind in der Regel vorsätzlich zu begehen (StGB § 15) und stehen oft in der Nähe von § 826; insbesondere Straftaten zum Schutz des Vermögens, die fahrlässig begehbar sind (wie StGB § 264 Abs 4, 283 Abs 5, 283 b Abs 2; GmBHG § 84 Abs 2), gibt es trotz einiger Ergänzungen in den letzten Jahren wenige. Canaris will diese in einer nur sehr vorsichtigen Ergänzung der §§ 823 Abs 1, 826 bestehenden Funktion des § 823 Abs 2 vor allem aus systematischer Interpretation gewinnen. Eine "blankettartige Norm wie § 823 Abs 2" beschwöre die Gefahr einer "Systemsprengung und ... Aushöhlung der durch die §§ 823 Abs 1, 826 BGB vorgegebenen deliktsrechtlichen Grundentscheidungen" herauf; sie sei demnach vor "systemzerstörender Ausuferung zu bewahren". Daraus folge, dass im Rahmen des § 823 Abs 2 je nach "Unrechtsgehalt" der bezogenen Norm zu differenzieren sei: Gehe es um den Schutz "des § 823 Abs 1", bestünden gegen die Einbeziehung der betreffenden außerdeliktischen Norm grundsätzlich keine Bedenken; der erste Absatz von § 823 wird dann im Hinblick auf seine Verhaltensanforderungen im Wesentlichen nur konkretisiert. Gehe es hingegen um außerhalb des § 823 Abs 1 liegende Schutzgüter oder Interessen (wozu auch der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb zu rechnen wäre, dessen Anerkennung als "sonstiges Recht" Canaris ablehnt), sei vom Unrechtsgehalt her eine "Nähe zu § 826" erforderlich. Diese These einer Differenzierung nach dem Unrechtsgehalt des in Rede stehenden Interesses bzw. des zu dessen Beeinträchtigung führenden Verhaltens überzeugt nicht. Das gilt bereits im Hinblick auf die dahinter stehende Prämisse, § 826 und die vorsätzliche sittenwidrige Schädigung enthalte "mehr" Unrecht als das von § 823 Abs 1 vorausgesetzte. Diese Einschätzung trifft allenfalls zu, soweit es um die sog. Überwindungsfunktion des § 826 geht, über welche der sittenwidrigen Ausnutzung formaler Rechtspositionen begegnet werden kann; die Sittenwidrigkeit überwindet hier die formale Befugnis. Kaum eine „gesteigerte“ Form der Rechtswidrigkeit beinhaltet der Verstoß gegen die guten Sitten aber, soweit es um die sog Entwicklungsfunktion des § 826 geht. Hier erscheint das in Rede stehende Verhalten als der Rechtsordnung zuwiderlaufend, weil es neuartig oder (noch) nicht gesetzlich verboten ist oder die Bedenken dagegen sich erst im Nachhinein soweit verdichtet haben, dass das Verhalten als unzulässig qualifiziert werden muß. Wenn es daher weniger das nur besonders qualifizierte Unrecht des § 826 ist, sondern eher die besonderen subjektiven Anforderungen dieser Norm in Gestalt des Vorsatzes, so ist zu konstatieren, dass der Vorsatz eben gerade dann, wenn man sich am Leitbild des Strafgesetzes auch für die Auslegung des § 823 Abs 2 orientiert, typischerweise erforderlich, weil von der Verweisung des § 823 Abs 2 mit umfasst ist. Per se vorsätzliches Verhalten verlangt § 823 Abs 2 S 2 nun aber im Gegensatz zu § 826 nicht. Deshalb lassen sich auf der Grundlage dieser Konzeption Wertungswidersprüche in dem Moment nicht vermeiden, in dem die bereits erwähnten, wenn auch selten anzutreffenden Straftaten zum Vermögensschutz in Rede stehen, die fahrlässig begehbar sind. Es gibt keinen überzeugenden Grund dafür, dass im Fall des Vermögensschutzes § 823 Abs 2 ungeschrieben eine Nähe zu § 826 verlangt. Vielmehr ist § 826 nur so zu verstehen, dass der Gesetzgeber zumindest vorsätzliche sittenwidrige Schädigungen auch mit haftungsrechtlichen Konsequenzen belegen wollte. Mit der gleichen Rechtsfolge sollen über § 823 Abs 2 15 aber ebenso Verstöße gegen sonstige individualschützende Ge- und Verbote des Gesetzgebers belegt werden können. Die Gesetzgebungsgeschichte läßt erkennen, dass § 823 Abs 2 zusammen mit §§ 823 Abs 1, 826 eine gleichwertige Stütze des Deliktsrechts bildet, die es nicht zu verkürzen gilt. Schon das RG hat das in aller Deutlichkeit ausgesprochen, wenn es ausführte: "Die Grenzen des § 823 Abs 2 BGB zu eng zu ziehen verbietet sich schon deshalb, weil dann das Fehlen eines allgemeinen Ersatzanspruchs für fahrlässige Vermögensbeschädigungen im Bürgerlichen Gesetzbuche umso drückender empfunden werden würde" (RGZ 59, 236, 238). § 823 Abs 2 beinhaltet damit ein "überaus wichtiges Korrektiv" gegenüber dem ansonsten engherzigen Deliktsbegriff des BGB. Dass Strafgesetzverstöße nicht als prägend im Sinne einer Leitbildfunktion für Schutzgesetze angesehen werden können, ergibt gerade der Kompromißcharakter von § 823 Abs 2 und wird durch die Ablehnung eines Antrags im Beratungsverlauf, anstelle der allgemeinen Verweisung auf Schutzgesetzverstöße nur auf Strafgesetzverstöße zu verweisen, deutlich. Zudem hätte die Tendenz, Straftatbestände in nicht wenigen Bereichen zugunsten von Ordnungswidrigkeiten u.ä. zurückzudrängen, auf der Grundlage des Kriteriums der Strafbewehrung auch den entsprechenden Fortfall des Schutzes der Opfer über das zivile Deliktsrecht zur Folge. Man mag Kriminalisierungs- und Entkriminalisierungstendenzen des Strafrechts, die stets wellenförmig zu konstatieren sind, mit guten kriminalpolitischen Gründen befürworten oder ablehnen. Mit der Abschaffung von Straftaten aber zugleich eine tendenzielle Zurückdrängung des Opferschutzes (über die auf dem Fuße folgende Versagung von Schadensersatzansprüchen) einhergehen zu lassen, entspricht weder den Intentionen des einen noch des anderen Rechtsgebietes. Namentlich im Hinblick auf reine Vermögensschäden bleibt der Einwand, dass in einer "Hierarchie" der rechtlich geschützten Interessen deren Schutz zwar eher an hinterer Stelle liegen mag. Doch trägt § 823 Abs 2 dem dadurch Rechnung, dass er eben erst an den Verstoß gegen außerdeliktische Normen anknüpft, mit denen der Gesetzgeber gegebenenfalls doch das bloße Vermögen geschützt wissen will, und sei dies auch außerhalb des Strafrechts. b) § 823 Abs 2 als "Grundnorm" des deutschen Deliktsrechts? Ein im Ergebnis den bisher beschriebenen Tendenzen diametral gegenüber stehendes Bild vom System des deutschen Deliktsrechts ergäbe sich, wenn auch gesetzlich nicht fixierte Verkehrspflichten einschließlich solcher zum Schutze des Vermögens mit einer seit den 60er Jahren zunehmend vertretenen Auffassung gewissermaßen als "ungesetzliche Schutzgesetze" anerkannt würden. Nicht nur aus begrifflich-konstruktiven Erwägungen heraus ließe sich § 823 Abs 1 dann als "Sonderfall des § 823 Abs 2", als ein "Gesetz, das den Schutz eines anderen bezweckt", verstehen. Auch wäre es ein Leichtes, damit § 823 Abs 1 das Wesentliche von seiner praktischen Bedeutung zu nehmen. Nun könnte man freilich die damit angesprochenen Verkehrs(sicherungs)pflichten als Pflichten definieren, die nur mittelbar zur Verletzung führen. Für unmittelbare Verletzung verbliebe dann die Notwendigkeit des Rückgriffs auf § 823 Abs 1. Das würde freilich zu dem eigentümlichen Ergebnis führen, dass (sogar) unmittelbare Verletzungen von Interessen, die nicht von § 823 Abs 1 erfaßt sind, keine Haftung auslösen, während die bloß mittelbare Verletzung desselben Interesses über § 823 Abs 2 die Haftung auslösen könnte. Bloß mittelbare Verletzungen würden nach dieser Lehre also tendenziell mit einer weitreichenderen Haftung belegt als unmittelbare, eine 16 wertungsmäßig kaum begründbare Konsequenz. Abgesehen davon ist es für § 823 Abs 1 und sogar im Fall strafrechtlicher Erfolgsdelikte seit langem anerkannt, dass auch "mittelbare" Verletzungen zur strafrechtlichen und ebenso zivilen Haftung führen können. Zudem läßt sich mit Grund bezweifeln, dass die Redaktoren des BGB überhaupt einheitlich von einem auf unmittelbare Verursachung geprägten Täterbegriff ausgegangen sind. Immerhin war eine derartige Differenzierung ausdrücklich verworfen worden. Das zeigt sich auch daran, dass ein einer Verkehrssicherungspflichtverletzung vergleichbarer Fall (Aufstellen oder Aufhängen einer Sache ohne gehörige Befestigung an einem Gebäude) als von den "allgemeinen Rechtssätzen über die Schadensersatzpflicht aus unerlaubten Handlungen" angesehen worden ist. Daher besteht wenig Grund, mittelbare Eingriffe aus dem Anwendungsbereich von § 823 Abs 1 von vornherein auszuscheiden, auch wenn diese dann einer verbots- oder gebotsbezogenen Rechtswidrigkeit und keinesfalls der sog erfolgsbezogenen Rechtswidrigkeit unterliegen. Hinzu kommt, dass umgekehrt auch für § 823 Abs 2 jedenfalls nicht durchgängig eine die Verkehrs(sicherungs)pflichtverletzung prägende verbots- oder gebotsbezogene Rechtswidrigkeit angenommen werden kann. c) Die Eigenständigkeit der "kleinen deliktsrechtlichen Generalklauseln" Im Ergebnis kann nach allem ein gleich in welcher Weise zu umschreibendes Rangverhältnis zwischen den beiden Absätzen von § 823 und § 826 nicht angenommen werden. Alle drei Grundnormen haben sich in Übereinstimmung mit der gesetzgeberischen Absicht vielmehr gegenseitig zu ergänzen. Weder prägt der erste Absatz von § 823 die Auslegung des zweiten, noch wird man § 823 Abs 2 als Bestimmung verstehen dürfen, die ein für das gesamte Deliktsrecht geltendes allgemeines Prinzip bei Verstößen gegen rechtliche Verhaltenspflichten jedweden rechtsquellentheoretischen Ursprungs festlegt. Wenn es auch gelegentlich von rechtspolitischen Zufälligkeiten abhängt, ob Verhaltensnormen bereits durch positivierte Schutzgesetze oder durch richterliche Verkehrspflichten fixiert werden, wirkt insbesondere § 823 Abs 2 durch den Rückgriff auf in Gesetzesform gegossene Pflichtenprogramme nicht allein haftungspräzisierend. Vielmehr bezieht die Norm daneben (und in der praktischen Bedeutung wichtiger) individualschützende außerdeliktische Gesetze in das Gefüge des Deliktsrechts ein. § 823 Abs 2 dient damit zugleich dem Postulat der wertungsmäßigen Einheit der Gesamtrechtsordnung. Die Norm ordnet als Rechtsfolgen diejenigen an, die unmittelbar dem Ausgleich der Interessen der Normadressaten und dem von der Norm Geschützten dienen. Hierin liegt auch der Grund, warum – nicht nur im Fall des Ersatzes allgemeiner Vermögensschäden – jeweils zu prüfen ist, ob die Norm wirklich (zumindest auch) Individualinteressen schützt. Im Übrigen hat sich der 17 deutsche Gesetzgeber die Entscheidung über die Haftung – insbesondere mittels § 823 Abs 2 – selbst und in Abkehr von einer deliktsrechtlichen Generalklausel nach dem Modell der meisten Nachbarländer vorbehalten. Diese Prärogative des Gesetzgebers darf auch über 100 Jahre nach Inkrafttreten des BGB weder durch massive teleologische Restriktionen noch durch Extensionen insbes des § 823 Abs 2 übergangen werden. 2. Sondertatbestände Im Deliktsrecht sind insoweit überblicksartig zu nennen: §§ 824, 825, 829, 831, 832, 833, 834, 836, 837, 838, 839, 839 a BGB. 3. Tatbestände außerhalb des BGB S. insbes. die Gefährdungshaftungen (HaftpflichtG, StVG, LuftVG, WHG, BBergG, AtomG, AMG, GenTG, ProdHaftG, UmweltHG, BDSG, ZPO). § 2. Elemente und Aufbau des Deliktstatbestandes I. Aufbau der Verschuldenshaftung II. Ausnahmen vom Aufbauschema 1. Schaden als Erfolg Beispiel: §§ 826, 280 Abs. 1 BGB 2. Offene Tatbestände Sog. Rahmenrechte (Allgemeines Persönlichkeitsrecht, Eingriff in den Gewerbebetrieb, dazu später näher) III. Aufbauschema zu § 823 Abs. 1 BGB § 823 Abs 1 ist in gewissem Sinne stiltypische und stilbildende Norm des deutschen Haftungs- und insbesondere des deutschen Deliktsrechts. In ihr erscheint die auch im Prozeßrecht (ZPO §§ 286, 287) wiederkehrende Aufgliederung in haftungsbegründenden und haftungsausfüllenden Tatbestand. Und im haftungsbegründenden Tatbestand zeigt sich die klassische Dreiteilung in Tatbestand, Rechtswidrigkeit und Verschulden. Daraus ergibt sich zugleich, dass im Rahmen von § 823 Abs 1 zwischen Gesamttatbestand, haftungsbegründendem und haftungsausfüllendem Tatbestand zu unterscheiden ist. Innerhalb des haftungsbegründenden Tatbestands bezeichnet die kausale, objektiv-zurechenbare Verursachung eines in § 823 Abs 1 bezeichneten Verletzungserfolgs durch menschliches Verhalten den Tatbestand im engeren Sinne. Aus der Normstruktur wird zugleich ersichtlich, dass sich die Rechtswidrigkeit nur auf den Tatbestand im 18 engeren Sinne und sich das Verschulden darauf sowie auf die Rechtswidrigkeit zu beziehen hat. Auf die zeitliche Dimension bezogen führt dies zu folgender schematischer Struktur: G e s a m t t a t b e s t a n d: haftungsbegründender Tatbestand: Verhalten (Tun/Unterlassen) haftungsausfüllender Tatbestand: (Zeit) Schaden Verletzungserfolg - haftungsbegründende Kausalität und objektive Zurechnung - Rechtswidrigkeit - Verschulden - haftungsausfüllende Kausalität und objektive Zurechnung Als Prüfungsschema folgt daraus: 1. Haftungsbegründender Tatbestand a) Tatbestand im engeren Sinn (1) Verletzungserfolg (2) Verhalten (Tun/Unterlassen) (3) Kausalität und Zurechnung (a) Äquivalente Kausalität (b) Adäquate Kausalität (str.) (c) Schutzzweck und Schutzbereich der Norm (str.) b) Rechtswidrigkeit c) Verschulden 2. Haftungsausfüllender Tatbestand a) Schaden b) Kausalität und Zurechnung (1) Äquivalente Kausalität (2) Adäquate Kausalität (str.) (3) Schutzzweck der Norm (str.) 3. § 254 IV. Erläuterungen und allgemeine Grundbegriffe: 1. Haftungsrelevantes Verhalten Naturgemäß bildet nur menschliches Verhalten die Grundlage der Haftung (auch) aus § 823. Darunter ist jedes willensgesteuerte, bewusste und beherrschbare Verhalten in den Erscheinungsformen Tun oder Unterlassen gemeint. Daran fehlt es namentlich dann, wenn jemand unter vis absoluta steht; Haftungsschuldner kann dann aber selbstverständlich die Person sein, welche die vis absoluta ausgeübt hat. 19 Freilich kommt eine Vorverlagerung des haftungsrechtlichen Anknüpfungspunktes in Betracht, wenn sich zB jemand mit Medikamenten, Drogen oder Alkohol in den Zustand der Handlungsunfähigkeit versetzt hat, oder wenn sich ein Kfz-Fahrer übermüdet ans Steuer setzt bzw übermüdet weiterfährt und während der Fahrt einschläft (arg § 827 S 2). Unkontrolliertes Verhalten (Bewegung im Schlaf oder in der Narkose während der Operation) ist für sich genommen dagegen nicht haftungsrelevant; freilich kommt dann über § 829 iVm § 827 S 1 immer noch die Billigkeitshaftung in Betracht. Zum Verhältnis des haftungsrechtlich relevanten Verhaltens vom in § 827 S 1 aufgegriffenen Fall der Bewußtlosigkeit als scheinbarer Entschuldigungsgrund (genau genommen fehlt es – von einer denkbaren Vorverlagerung des haftungsrechtlichen Anknüpfungspunktes abgesehen – dann bereits an einem menschlich zurechenbaren Verhalten) 2. Verletzungserfolg, Rechtswidrigkeit des Verhaltens und Verschulden im Allgemeinen Die grundsätzliche Einteilung der Haftungstatbestände in Tatbestand, Rechtswidrigkeit und Verschulden bildet eines der großen Strukturprinzipien des deutschen Haftungsrechts. Rudolf von Jhering war es, der diese Dreiteilung und insbesondere den Begriff der Rechtswidrigkeit prägte, welcher sich später nicht nur im deutschen Rechtskreis verbreitet hat. Wirft man einen Blick auf die Konkretisierung dieser Merkmale in Deutschland und die Abgrenzung von Tatbestand, Rechtswidrigkeit und Verschulden, so trübt sich das Bild freilich alsbald. Denn es herrscht ein noch näher aufzugliedernder Streit und Unklarheit, ob die Rechtswidrigkeit undifferenziert durch einen eingetretenen Verletzungserfolg indiziert ist (sog Lehre vom Erfolgsunrecht), ob stets erst der Verstoß gegen eine Verhaltenspflicht die Rechtswidrigkeit begründet (sog Lehre vom Handlungsunrecht, die in Österreich herrschend ist), oder ob zu differenzieren ist zwischen mittelbaren (dann Verhaltensunrecht) und unmittelbaren (dann Erfolgsunrecht) bzw. unmittelbar drohenden, bevorstehenden Eingriffen. a) Grundlegung. Den Ausgangspunkt für das Verständnis der Regelung des § 823 Abs 1 bildet die Aufzählung der in § 823 Abs 1 genannten Rechtsgüter und Rechte. Daraus wird zugleich deren vom Gesetzgeber anerkanntes, auch im Deliktsrecht herausragendes Schutzbedürfnis deutlich. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass die in dieser Vorschrift genannten Güter und Rechte durch andere Personen grundsätzlich nicht beeinträchtigt werden sollen. Kommt es gleichwohl zu einer von der Rechtsordnung missbilligten Verletzung, so soll die nach Maßgabe dieser Bestimmung zu erbringende Schadensersatzleistung dem Betroffenen einen Ausgleich für die ihm erwachsenen Schäden gewähren. § 823 Abs 1 setzt dementsprechend voraus, dass eines der fraglichen Güter oder Rechte verletzt 20 worden ist. Damit rückt zunächst der Verletzungserfolg, das Verletzt-Sein eines dieser Güter oder Rechte, ins Blickfeld. Für das Eingreifen der Haftung ist sodann erforderlich, dass dieser Erfolg auf das rechtswidrige und schuldhafte Verhalten eines anderen zurückzuführen ist. Daraus ergibt sich die Kernfrage, welche Verhaltensweisen es sind, die in diesem Sinne als rechtswidrige („unerlaubte“) Verletzungshandlungen in Betracht kommen. Für das positive Tun ist hierzu als erstes festzustellen, dass es, um die Haftung nach § 823 Abs 1 begründen zu können, für den eingetretenen Erfolg auf jeden Fall ursächlich gewesen sein muß. Ist das der Fall und ist dieser Ursachenzusammenhang beachtlich, stellt also die Handlung eine die objektive Zurechenbarkeit begründende Bedingung für den eingetretenen Verletzungserfolg dar, so ist in ihr nach einer früher verbreiteten und herrschenden, aber auch heute noch vertretenen Auffassung bereits eine rechtswidrige Verletzungshandlung zu sehen, es sei denn, dass dem Handelnden ein besonderer Rechtfertigungsgrund – wie etwa Notwehr – zur Seite steht, kraft dessen ein sonst allgemein verbotenes Verhalten ausnahmsweise erlaubt ist (sog Lehre vom Erfolgsunrecht). b) Kritik. Gegen diese Ansicht über die Bestimmung und Abgrenzung des objektiv Verbotenen hat sich seit geraumer Zeit Widerspruch erhoben. Wie sich im täglichen Leben mit seinen vielfältigen, nicht zuletzt durch die Technisierung bedingten Gefahren eindrücklich zeigt, will und kann die Rechtsordnung nicht grundsätzlich jede Handlung untersagen, die geeignet ist, zur objektiv zurechenbaren Ursache eines Verletzungserfolges iS des § 823 Abs 1 zu werden. Ist aber eine solche Handlung im Zeitpunkt der Vornahme trotz ihrer Gefährlichkeit erlaubt, so kann sie sinnvollerweise nicht nachträglich noch als unerlaubt abgestempelt werden, wenn sie zu einem unerwünschten Verletzungserfolg geführt hat. Denn was erlaubt und was verboten ist, muß – wenn die Rechtsordnung die Aufgabe erfüllen soll, menschlichem Verhalten bestimmte Bahnen vorzuzeichnen – bereits im Zeitpunkt des jeweiligen Handelns feststehen. c) „Verkehrsrichtiges Verhalten“. Zu der hiernach erforderlichen genaueren Bestimmung des Kreises der widerrechtlichen Verletzungshandlungen hat man verschiedentlich in der Weise zu gelangen versucht, dass man annimmt, § 823 Abs 1 erfasse zwar zunächst jede einen Verletzungserfolg adäquat verursachende Handlung, bei „sozialadäquatem“ und „verkehrsrichtigem“ Verhalten sei aber ein Rechtfertigungsgrund gegeben, kraft dessen die Rechtswidrigkeit der Handlung 21 ausgeschlossen sei. In Deutschland wurde die intensive Diskussion um diese Frage vor allem durch die Entscheidung BGHZ 24, 21 aus dem Jahre 1957 ausgelöst. Ein Fahrgast war unter die anfahrende Straßenbahn geraten, als er die hintere Plattform des Motorwagens besteigen wollte. Er wurde schwer verletzt. Es ließ sich nicht mehr feststellen, ob er schon begonnen hatte, einzusteigen, als der Schaffner das Abfahrtssignal gegeben hatte, oder ob er erst danach das Trittbrett bestieg. Im ersten Fall hätte der Schaffner pflichtwidrig gehandelt, da er nicht abklingeln durfte, solange noch ein Fahrgast einstieg. Im zweiten Fall hätte der Schaffner korrekt gehandelt. Der Schadensersatzanspruch des Fahrgastes war gem § 831 davon abhängig, dass der Schaffner den Schaden rechtswidrig zugefügt hatte. Der BGH rechtfertigte die Verurteilung der Bahngesellschaft damit, dass die Umstände von der Gesellschaft nicht bewiesen worden seien, welche einen vom BGH kreierten Rechtfertigungsgrund des „verkehrsrichtigen Verhaltens“ getragen hätten. Gegen diese Auffassung werden indessen mit Recht Bedenken geltend gemacht. In den Fällen der herkömmlichen Rechtfertigungsgründe wie Notwehr, Einwilligung und dgl werden Handlungen, die ihrer Art nach generell verboten sind, wegen besonderer Umstände ausnahmsweise Gefährdungshandlungen erheblichem Umfang erlaubt. werden ganz Die demgegenüber allgemein und zur von nicht Diskussion stehenden der Rechtsordnung nur unter in bestimmten Ausnahmevoraussetzungen hingenommen. Dem entspricht es, zur systematischen Erfassung nicht von einem allgemeinen Verbot auszugehen und den Bereich der erlaubten Gefährdung dann unter dem Gesichtspunkt der Rechtfertigung auszugrenzen, sondern jeweils positiv zu bestimmen, welche gefährdenden Handlungen die Rechtsordnung untersagt. BGHZ 24, 21: . 1 1. Der Verlage an den Großen Senat für Zivilsachen liegt folgender Sachverhalt zugrunde: 2 Der Kläger nahm am 2. Juni 1951 in L. an einer Familienfeier teil und beabsichtigte, gegen 0.30 Uhr von der Haltestelle "Apotheke" in L. mit der von 22 der Beklagten betriebenen Straßenbahnlinie nach D. zurückzufahren. Als er die vordere Plattform des Motorwagens besteigen wollte, erlitt er einen Unfall; er wurde von der Straßenbahn überfahren und sein rechter Fuß so schwer verletzt, daß der Unterschenkel amputiert werden mußte. Der Kläger hat für seinen Schaden die Beklagte, den Führer und den Schaffner des Motorwagens verantwortlich gemacht und zur Begründung seiner Ansprüche vorgetragen: 3 Zu dem Unfall sei es gekommen, weil die Straßenbahn zu früh abgefahren sei. Der Schaffner habe das Abfahrtssignal gegeben und der Fahrer sei abgefahren, obwohl für beide erkennbar gewesen sei, daß er, der Kläger, noch im Begriffe gewesen sei, auf die vordere Plattform zu steigen. Er habe beim Abfahren vor der Türe gestanden und schon beide Einsteigegriffe erfaßt gehabt. Auf das Notsignal des Schaffners habe der Fahrer nicht sofort gehalten. 4 Mit der Klage hat der Kläger von der Beklagten, dem Straßenbahnfahrer und dem Schaffner des Motorwagens Schadensersatz verlangt. 5 Die Beklagte, der Fahrer und der Schaffner haben die Ansprüche des Klägers zum Teil anerkannt. Insoweit ist Anerkenntnisurteil ergangen. Im übrigen haben die Genannten Abweisung der Klage beantragt und geltend gemacht: 6 Der Schaffner habe das Abfahrtssignal erst gegeben und der Fahrer den Straßenbahnzug erst in Bewegung gesetzt, als nach der Aufforderung "Bitte einsteigen" niemand mehr Anstalten gemacht habe, einzusteigen. Der Kläger habe bei einer Gruppe von Personen gestanden, die nicht habe mitfahren wollen, sei dann aber der fahrenden Straßenbahn nachgeeilt und habe versucht, aufzuspringen. Auf das Notsignal habe der Fahrer sofort gehalten. Der Kläger sei betrunken gewesen und habe den Unfall ausschließlich sich selbst zuzuschreiben. 7 Das Landgericht hat dem Anspruch unter Beschränkung auf die Hälfte stattgegeben. 8 Auf die Berufung des Klägers und die Anschlußberufung der Verurteilten hat das Oberlandesgericht die Klage gegen den Straßenbahnfahrer und den Schaffner abgewiesen und die Schadensersatzpflicht der beklagten Bahngesellschaft zu zwei Dritteln für begründet erklärt. 23 9 Mit der Revision erstrebt die Beklagte die volle Abweisung der Klage. 10 2. Im Revisionsrechtszug ist in erster Linie die Frage streitig, ob die beklagte Bahngesellschaft auch nach § 831 BGB für den Schaden haftet, den ihre Hilfspersonen (Fahrer und Schaffner) verursacht haben. Diese Frage bedarf der Prüfung, weil die Ansprüche des Klägers im Reichshaftpflichtgesetz nicht in vollem Umfange ihre Stütze finden, vor allem nicht, soweit der Kläger Schmerzensgeld begehrt. 11 Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte sei nach § 831 BGB für den Schaden des Klägers verantwortlich, weil der Straßenbahnfahrer, vielleicht auch der Schaffner des Motorwagens, die Körperverletzung widerrechtlich verursacht hätten und weil die Beklagte den Entlastungsbeweis des § 831 Abs 1 Satz 2 Fall 1 BGB für ihre Verrichtungsgehilfen nicht angetreten habe. Das Berufungsgericht ist auf Grund der Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gekommen, daß der Hergang des Unfalls nicht aufzuklären sei. Es sei möglich, daß die Sachdarstellung des Klägers richtig sei, es sei aber auch möglich, daß sich der Unfall in der von der Beklagten geschilderten Weise abgespielt habe. Angesichts dieses negativen Ergebnisses der Beweisaufnahme kann nach Ansicht des Berufungsgerichts die Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem zu vermutenden Auswahlund Überwachungs*-verschulden der Beklagten und dem eingetretenen Schaden nicht ausgeschlossen werden (§ 831 Abs 1 Satz 2 Fall 2 BGB). 12 3. Der vorlegende VI. Zivilsenat trägt Bedenken, der Rechtsansicht des Berufungsgerichts zu folgen. Die Bedenken richten sich vor allem gegen die Auffassung, daß ein Verrichtungsgehilfe im Straßen- oder Eisenbahn*-verkehr einem anderen im Sinne des § 831 BGB schon dadurch rechtswidrig Schaden zufüge, daß er ihn körperlich verletze. Es wird zur Erwägung gestellt, ob nicht zur Begründung der Widerrechtlichkeit weiter gefordert werden müsse, daß sich der Verrichtungsgehilfe als Teilnehmer am Straßen- oder Eisenbahn*verkehr objektiv ordnungswidrig (verkehrswidrig) verhalten habe. Zur Begründung wird auf die Rechtsordnungen über den Verkehrsablauf hingewiesen, die das Verhalten der Verkehrsteilnehmer in immer weitergehendem Maße im einzelnen regeln. Es wird ferner auf den Rechtsgedanken der sozialen Adäquanz und Entwicklungen in der modernen Strafrechtslehre Bezug genommen, insbesondere darauf, daß nach dieser Lehre der Fahrlässigkeitsbegriff wesentliche Erfordernisse umfasse, die zum Gebiet der Rechtswidrigkeit und nicht zur Schuld gehören. Werde das Rechtswidrigkeitsurteil bei Verkehrsunfällen nicht schon an den eingetretenen Erfolg, sondern erst an die Übertretung der für das Verhalten im Verkehr geltenden Rechtsregeln geknüpft, so liegt es nach Ansicht des Vorlageberichts nahe, daß die bisherige Auffassung über die 24 Beweislastverteilung bei Anwendung des § 831 BGB nicht mehr aufrecht erhalten werden kann. Insbesondere soll das für Fälle gelten, die die Gestaltung des Vorlagefalls aufweisen und eben dadurch gekennzeichnet sind, daß angesichts der fehlenden Aufklärung des Unfallgeschehens ein objektiv ordnungswidriges Verhalten des Verrichtungsgehilfen nicht festgestellt werden kann. 13 Der VI. Zivilsenat mißt der Klärung dieser Rechtsfragen grundsätzliche Bedeutung zu. Er hat sie daher gemäß § 137 GVG zur Entscheidung des Großen Senats für Zivilsachen gestellt und wie folgt formuliert: 14 "Fügt ein Verrichtungsgehilfe im Straßen- oder Eisenbahn*-verkehr einem anderen im Sinne von § 831 Abs 1 BGB schon dadurch widerrechtlich Schaden zu, daß er dessen Leben, Körper, Gesundheit oder Eigentum verletzt? Oder ist zur Begründung der Widerrechtlichkeit weiter Voraussetzung, daß sich der angestellte Verkehrsteilnehmer im Verkehr objektiv ordnungswidrig (verkehrswidrig) verhalten hat? Haftet der Geschäftsherr, der sich für fehlendes Auswahl- oder Überwachungs*verschulden nicht entlastet, auch dann gemäß § 831 BGB, wenn nach der Beweisaufnahme die Möglichkeit offen geblieben ist, daß der Verrichtungsgehilfe die objektiven Sorgfaltspflichten eingehalten, insbesondere die Vorschriften des Straßen- oder Bahn*-verkehrs beobachtet hat?" B. 15 1. Wenn § 831 BGB die Haftung des Geschäftsherrn davon abhängig macht, daß sein Verrichtungsgehilfe einem anderen in Ausführung der Verrichtung widerrechtlich Schaden zugefügt hat, so wird mit diesem Erfordernis an die Gesetzestatbestände des Deliktsrechts angeknüpft, in denen die zum Schadensersatz verpflichtenden unerlaubten Handlungen umschrieben und abgegrenzt werden. Nicht jede Schädigung soll die Haftung auslösen, sondern nur eine solche, die unter einen Haftungstatbestand des Deliktsrechts fällt und damit "unerlaubte Handlung" im Sinne der §§ 823ff BGB ist. Damit ist für das hier in Frage stehende Gebiet der Verkehrsunfälle in erster Linie ein Zurückgreifen auf die Bestimmung des § 823 BGB, insbesondere dessen Absatz 1 erforderlich. Aus den im Straßen- und Eisenbahn*-verkehr immer wieder vorkommenden Verletzungen des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder des Eigentums werden Schadensersatzansprüche hergeleitet. Nun enthält auch die Bestimmung des § 823 Abs 1 BGB das Erfordernis, daß die Verletzung der aufgezählten Rechtsgüter widerrechtlich sein, also im Widerspruch zur Rechtsordnung stehen muß. Der Gesetzgeber bringt aber dadurch, daß er den Unrechtstatbestand gesetzlich umschreibt, zum Ausdruck, daß er die Verletzung der in § 823 Abs 1 BGB genannten Rechtsgüter in der Regel als widerrechtlich ansieht. Durch den Zusatz 25 "widerrechtlich" weist er jedoch darauf hin, daß nicht notwendig mit der Verletzung schon die Rechtswidrigkeit gegeben ist, sondern daß diese aus besonderen Gründen entfallen kann. Man mag darüber streiten, ob dieser Hinweis erforderlich war. Sicher ist er für die Rechtsanwendung wertvoll, indem er den Richter darauf aufmerksam macht, daß jede tatbestandliche Umschreibung eines Unrechtsverhaltens notwendig unvollkommen und daher die Pflicht zur Prüfung ernst zu nehmen ist, ob nicht das zunächst bei Erfüllung des Tatbestandes nahegelegte Urteil der Rechtswidrigkeit aus besonderem Grund zurückgenommen werden muß. Darüber, wann ein Rechtfertigungsgrund gegeben ist, hat das Bürgerliche Gesetzbuch keine erschöpfende Regelung getroffen. Die zunächst vorgesehene Bestimmung über die Einwilligung als Rechtfertigungsgrund wurde bei der Gesetzesberatung wieder gestrichen, weil man es der Rechtsanwendung überlassen wollte, insoweit die Grenzen der Rechtfertigung abzustecken (Protokolle Band II S 578). Auch im übrigen haben Rechtswissenschaft und Rechtsprechung erst nach und nach jene Grundsätze entwickelt, die etwa aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag, der Wahrung berechtigter Interessen oder der Güterabwägung zum Ausschluß der Rechtswidrigkeit herangezogen werden können. Es besteht also kein abgeschlossener gesetzlicher Katalog von Rechtfertigungsgründen im Sinne eines numerus clausus, der der Rechtsentwicklung von vornherein hinzunehmende Grenzen setzen würde. Deshalb ist ein Eingehen auf die Sache erforderlich, wenn der Vorlagebericht des VI. Zivilsenats die Frage zur Erörterung stellt, ob nicht auf dem besonderen Gebiet des Straßen- und Eisenbahn*-verkehrs ein zwar äußerlich den Tatbestand des § 823 Abs 1 BGB erfüllendes Verhalten dann von dem Urteil der Rechtswidrigkeit freigestellt werden muß, wenn es im Einklang mit der gesetzlichen Ordnung des Straßen- oder Eisenbahn*-verkehrs gestanden hat. 16 Den in dieser Richtung angestellten Gedankengängen des Vorlageberichts ist im Grundsatz zuzustimmen. Zwar mag der Gesetzgeber des Bürgerlichen Gesetzbuches nicht erkannt haben, daß hier Gesichtspunkte zur Erörterung stehen, die schon die objektive Rechtswidrigkeit und nicht nur die Schuld im Sinne einer persönlichen Zurechnung angehen. Erst mit der technischen Entwicklung des Verkehrs und der Steigerung der Verkehrsgefahren zeichneten sich jene Probleme ab, die sich aus dem modernen Massenverkehr für die Rechtsordnung ergeben. Der Gesetzgeber wurde vor die Notwendigkeit gestellt, durch immer mehr ins einzelne gehende Rechtsvorschriften (Verkehrs- und Betriebs*-ordnungen) die Pflichten der Verkehrsteilnehmer so zu regeln, daß die Gefahrenmöglichkeiten auf ein möglichst geringes Maß herabgesetzt wurden. Gleichzeitig wurden die Gesetzesbestimmungen über die Gefährdungshaftung ausgebaut, um die aus dem modernen Verkehr zwangsläufig sich ergebenden Gefahren und Risiken in ihrer wirtschaftlichen Auswirkung sozial angemessen zu verteilen. Dabei wurde in zunehmendem Maße erkannt, daß es sich hierbei nicht um eine Haftung für Unrecht handelt, sondern um eine den Beherrscher eines Gefahrenbereichs treffende Pflicht, für gewisse typische Gefährdungsfolgen seines Betriebs einzustehen (Esser JZ 1953, 129). Mit dieser Rechtsentwicklung ist eine Auffassung nicht mehr vereinbar, die im 26 Deliktsrecht auch die unvermeidbaren Schädigungen des Straßen- und Eisenbahn*-verkehrs als rechtswidrige Körper- oder Eigentums*-verletzungen ansieht und nur unter dem Gesichtspunkt fehlender Schuld die Schadenshaftung verneint. Indem die Rechtsordnung den gefahrvollen Verkehr zuläßt und den Teilnehmern an diesem Verkehr im einzelnen vorschreibt, wie sie ihr Verhalten einzurichten haben, spricht sie auch aus, daß sich ein Verhalten unter Beachtung dieser Vorschriften im Rahmen des Rechts hält. Es geht nicht an, ein Verkehrsverhalten, das den Ge- und Ver*boten der Verkehrsordnung voll Rechnung trägt, trotzdem mit dem negativen Werturteil der Rechtswidrigkeit zu versehen. Hierfür gibt der eingetretene Erfolg keinen ausreichenden Grund her, da das Urteil der Rechtswidrigkeit im Sinne der Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches über unerlaubte Handlungen die zum Erfolg führende Handlung nicht unberücksichtigt lassen kann. Es ist daher der Satz aufzustellen, daß bei verkehrsrichtigem (ordnungsgemäßem) Verhalten eines Teilnehmers am Straßen- oder Eisenbahn*-verkehr eine rechtswidrige Schädigung nicht vorliegt. 17 Dahingestellt mag bleiben, ob es sich bei diesem Ergebnis um einen Sonderfall der Anwendung des Rechtsgedankens der sogenannten sozialen Adäquanz handelt. Es braucht angesichts der Beschränkung der Fragestellung auf das Gebiet des Verkehrsrechts ebenfalls darauf eingegangen zu werden, ob dasselbe Ergebnis auch dadurch zu gewinnen ist, daß auf die neuere Auffassung der strafrechtlichen Dogmatik zurückgegriffen wird, die den Fahrlässigkeitsbegriff aufspaltet, indem sie die Prüfung der Einhaltung der objektiv erforderlichen Sorgfalt zur Rechtswidrigkeit rechnet und nur die Frage der Zurechnung des mißbilligten Verhaltens an den einzelnen Täter als Schulprüfung versteht (Welzel, Deutsches Strafrecht, 5. Aufl S 104ff; derselbe, Das neue Bild des Strafrechtssystems, 3. Aufl S 31ff; Henkel, Festschrift für Mezger 1954, 249 (282)). Bedenken müßten jedenfalls angemeldet werden, wenn dieser komplexe Fahrlässigkeitsbegriff der neueren Strafrechtslehre mit der Folgerung in das Zivilrecht übernommen würde, daß auch im Haftungsrecht stets unter dem Gesichtspunkt einer besonderen Schuldprüfung an das Verhalten des Schädigers ein individueller, die besondere Persönlichkeitsartung berücksichtigender Beurteilungsmaßstab anzulegen wäre (vgl Nipperdey, Festschrift für Alex Meyer, 1954, 95 (100); Enneccerus-Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts 1955, § 211 II). Damit wäre zwar äußerlich eine Harmonisierung der rechtlichen Begriffsbildung erreicht, aber den wesensgemäßen Unterscheidungen nicht Rechnung getragen, die sich aus der spezifischen Eigenart und Zwecksetzung zweier verschiedener Rechtsgebiete ergeben. Insbesondere würde diese Auffassung der Vorschrift des § 276 Abs 1 Satz 2 BGB, wie sie in der Rechtsanwendung stets verstanden ist, nicht gerecht (vgl Niese JZ 1956, 457 (465)). 18 2. Die Vorlagefrage macht nunmehr die Prüfung erforderlich, welche Folgerungen sich aus dem dargelegten Standpunkt für die 27 Beweislastverteilung ergeben. Dabei ist zunächst der Hinweis zu wiederholen, daß der Gesetzgeber durch die Aufstellung einzelner Deliktstatbestände dem Richter die Prüfung erleichtern will, ob eine Unrechtshandlung vorliegt oder nicht. Anders als bei einer deliktischen Generalklausel, die der Wertung des Richters notwendig einen großen Spielraum lassen muß, geben die das haftungsbegründende Unrecht in kasuistischer Art umschreibenden Deliktstatbestände der §§ 823 bis 825 BGB der Rechtsanwendung eine feste Grundlage, indem sie das Rechtswidrigkeitsurteil zunächst nahelegen. So ist auch bei Verletzung der im § 823 Abs 1 BGB besonders genannten Rechtsgüter, die das Gesetz in bevorzugter Weise schützen will, die Heranziehung eines besonderen Rechtfertigungsgrundes erforderlich, wenn dargetan werden soll, daß eine Verletzung ausnahmsweise nicht das Unwerturteil der Rechtswidrigkeit verdient (Motive Band II S 726; RGZ 50, 60 (65); Enneccerus-Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse 1954, S 912, 915). Das gilt unabhängig davon, ob die Verletzungshandlung von einem Verletzungsvorsatz getragen war. Dieses im System unserer Deliktsrechtsordnung begründete und in der Rechtsanwendung bewährte Verhältnis von Regel und Ausnahme hat gemäß den anerkannten Grundsätzen des Beweisrechts die Folge, daß dem Verletzer eines geschützten Rechtsguts der Beweis für das Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes obliegt (RG SeuffArch 81, 50; RGZ 159, 235 (240); RG JW 1930, 3400). In dieser Hinsicht kann der Rechtfertigungsgrund des verkehrsrichtigen Verhaltens im Straßen- und Eisenbahn*-verkehr keine Sonderstellung beanspruchen. 19 Diese Beweislastverteilung bedeutet bei der Anwendung des § 823 Abs 1 BGB auf Verkehrsunfälle, daß der Schädiger, indem er den Beweis für sein verkehrsrichtiges Verhalten antritt, das Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes dartun kann. Ist der Beweis geführt, wird die Schuldprüfung gegenstandslos, weil es schon an einer rechtswidrigen Schadenszufügung fehlt. Ist dagegen die Frage des verkehrsrichtigen Verhaltens des Schädigers ungeklärt, so ist von einer rechtswidrigen Verletzungshandlung auszugehen. Die Haftungsfrage ist damit noch nicht entschieden. Denn § 823 Abs 1 BGB setzt weiter voraus, daß die Verletzungshandlung (vorsätzlich oder) fahrlässig war. Der Geschädigte muß also beweisen, daß der Schädiger (vorsätzlich oder) iS des § 276 Abs 1 Satz 2 BGB fahrlässig gehandelt, also die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer acht gelassen hat. Auch bei dieser Prüfung wird es natürlich wesentlich darauf ankommen, ob die Verhaltungsvorschriften der Verkehrsordnung eingehalten sind. Daß die nämliche Frage des verkehrsrichtigen Verhaltens auf dem Gebiet der Rechtswidrigkeit und dem Gebiet der Schuld Bedeutung gewinnen kann, ist bedingt durch die Fassung und rechtliche Einordnung des Fahrlässigkeitsbegriffs, wie sie dem Bürgerlichen Gesetzbuch zugrunde liegen. Für die praktische Rechtsanwendung bleibt es bei dem Ergebnis, daß der Geschädigte die vollen Voraussetzungen des auf § 823 Abs 1 BGB gestützten Schadensersatzanspruchs beweisen muß und daß demgemäß von den Fallgestaltungen des Beweises des ersten Anscheins abgesehen eine mangelnde Aufklärung des Sachverhalts zu seinen Lasten geht. 28 20 Anders ist die Beweislastverteilung bei Anwendung des § 831 BGB. Hier ist vom Gesetzgeber bewußt die Haftung des Geschäftsherrn nur davon abhängig gemacht, daß der Verrichtungsgehilfe rechtswidrig, nicht auch davon, daß er vorsätzlich oder fahrlässig den Schaden zugefügt hat. Es können also, soweit es sich um das Verhalten des Verrichtungsgehilfen handelt, nur die Beweislastgrundsätze zur Anwendung kommen, die die Ebene der Rechtswidrigkeit betreffen. Demgemäß muß der Geschädigte beweisen, daß der Verrichtungsgehilfe eines der im § 823 Abs 1 BGB geschützten Rechtsgüter durch eine adäquat ursächliche Handlung verletzt hat. Dem Geschäftsherrn obliegt dagegen der Beweis, daß das Verhalten des Verrichtungsgehilfen rechtmäßig (verkehrsrichtig) war, weil es der gesetzlichen Ordnung des Straßen- oder Eisenbahn*-verkehrs entsprach. Zweifel gehen insoweit zu Lasten des Geschäftsherrn. Andererseits fehlt es dann, wenn ein verkehrsrichtiges Verhalten des Verrichtungsgehilfen feststeht, bereits an einer Anspruchsvoraussetzung des § 831 BGB, so daß es nicht mehr eines Eingehens darauf bedarf, ob der Beweis des fehlenden ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem zunächst vermuteten Auswahloder Überwachungs*-verschulden und dem Schadenseintritt geführt werden kann (Entlastungsbeweis 2 des § 831 Abs 1 Satz 2 BGB). Unter dem letzteren Gesichtspunkt hatte das Reichsgericht die Haftung des Geschäftsherrn dann verneint, wenn zur Überzeugung des Richters feststand, daß auch ein sorgfältig ausgewählter und beaufsichtigter Angestellter in der gegebenen Lage nicht anders hätte handeln können (RGZ 135, 149 (155); 159, 312 (315)). Daß die Erbringung des ersten Entlastungsbeweises des § 831 Abs 1 Satz 2 BGB ein Eingehen auf die Frage der rechtswidrigen Schädigung entbehrlich macht, versteht sich von selbst. 21 Es ist nicht zu verkennen, daß bei Verkehrsunfällen, die in ihrem Ablauf ungeklärt geblieben sind, die dargelegte Beweislastregelung den Geschädigten für den Fall besser stellt, daß der Verrichtungsgehilfe und nicht der Geschäftsherr selbst den Unfall verursacht hat. Im letzteren Falle wird die Haftung des Geschäftsherrn in der Regel ausscheiden, da ein Verschulden nicht festgestellt werden kann, bei Verursachung durch den Verrichtungsgehilfen dagegen haftet der Geschäftsherr, der den Entlastungsbeweis für fehlendes Auswahl- und Überwachungs*-verschulden nicht führen kann. Doch ist diese Besserstellung vom Gesetzgeber erkennbar gewollt, indem er, soweit das Verhalten des Verrichtungsgehilfen in Betracht kommt, geringere Anspruchsvoraussetzungen aufgestellt hat. Hierin liegt ein gewisser Ausgleich dafür, daß im übrigen die Rechtslage des von einem Verrichtungsgehilfen Geschädigten infolge der möglichen und meist zum Zuge kommenden Entlastung recht ungünstig ist. Gerade wegen dieses Zusammenhangs geht es nicht an, den für den Geschädigten günstigen Teil der Regelung des Bürgerlichen Gesetzbuches über die deliktische Haftung für Hilfspersonen in der Rechtsanwendung beiseitezuschieben. Berücksichtigt man, daß in dieser Regelung - wenn auch unvollkommen - der Gedanke des Einstehens für ein Betriebsrisiko zum Ausdruck kommt, so ist es auch nicht unangemessen, demjenigen, aus dessen Bereich die Gefährdung 29 hervorgegangen ist, eine Beweisführung über das Zustandekommen der Schädigung zuzumuten, zu der er zwar nicht immer, aber doch in der Regel eher in der Lage sein wird als derjenige, auf den das Ereignis zugekommen ist. Auch soweit es sich um die Beschaffung der "Vorrichtungen und Gerätschaften" handelt, wozu die Verkehrsmittel zu rechnen sind, hat das Gesetz aus dem gleichen Grund dem Geschäftsherrn im Rahmen des § 831 BGB eine gesteigerte Aufklärungs- und Beweis*-pflicht auferlegt. Steht die Würdigung des Verhaltens des Verrichtungsgehilfen zur Erörterung, muß zudem der Gesichtspunkt Beachtung finden, daß der Verrichtungsgehilfe - das ist der Sinn der Beweisumkehrung - so lange als für seine Aufgabe ungeeignet anzusehen ist, bis der Geschäftsherr die Beachtung der im § 831 Abs 1 Satz 2 BGB näher umschriebenen Sorgfalt dargetan hat. d) Verhaltensbezogene Rechtswidrigkeit. Diese Bestimmung wird heute weithin unter dem Aspekt der Verletzung sog Verkehrs(sicherungs-)pflichten vorgenommen. Eine Handlung, die geeignet erscheint, im weiteren Verlauf der Dinge zur Verletzung eines geschützten Rechtsgutes oder Rechtes zu führen, wird hiernach nur dann als unerlaubt angesehen, wenn sie gegen eine derartige Pflicht verstößt. Verkehrs(sicherungs)pflichten kommt damit deliktsrechtlich eine ähnliche Bedeutung zu wie Schutzgesetzen iS von § 823 Abs 2, soweit diese Verhaltensnormen beinhalten und sich nicht – wie im Falle strafrechtlicher Erfolgsdelikte wie StGB §§ 223, 229 – in der Statuierung eines hintan zu haltenden Erfolges erschöpfen. Im Schrifttum wird sogar verschiedentlich angenommen, Verstöße gegen die in Frage stehenden Verkehrspflichten seien systematisch nicht unter § 823 Abs 1, sondern unter Abs 2 dieser Vorschrift einzuordnen. Festzuhalten bleibt de lege lata aber an dem grundsätzlichen Bezug der genannten Verkehrssicherungspflichten auf die Rechte und Rechtsgüter des § 823 Abs 1, der die Einordnung der zur Erörterung stehenden Haftung bei dieser Vorschrift angezeigt erscheinen läßt. Mit der Einsicht in die grundsätzliche Bedeutung, die der Verletzung sog Verkehrsund Sorgfaltspflichten für die Haftung nach § 823 Abs 1 zukommt, ist das Problem jedoch noch nicht endgültig gelöst. Es stellt sich vielmehr die weitere Frage, was diese Pflichten im einzelnen gebieten und unter welchen Voraussetzungen dementsprechend ein Verstoß gegen sie anzunehmen ist. Der Gedanke, dass man auf die Verletzung spezieller Pflichten abzustellen hat, bezeichnet daher für die Suche nach der tatbestandsmäßigen Abgrenzung zwischen Erlaubtem und Unerlaubtem zunächst gewissermaßen nur eine Leitlinie, die das Augenmerk namentlich darauf lenkt, dass es auf das jeweilige Verhalten und nicht nur auf den 30 ausgelösten Erfolg ankommt und dass es unter diesem Blickwinkel festzustellen gilt, welche Handlungsweisen in dem stets mit Gefahren verbundenen menschlichen Zusammenleben hinzunehmen sind und welche nicht. e) Subjektiv gefärbte Rechtswidrigkeit; Verschuldensmaßstab. Neben der großen Gruppe von Handlungen, die nach dem Gesagten allein um ihrer objektiven Sozialschädlichkeit willen ohne Rücksicht auf Vorsatz oder Fahrlässigkeit des Handelnden als rechtswidrig anzusehen sind, können freilich durchaus auch Fälle auftreten, in denen eine Verhaltensweise nur dann die Grenzen der vorgezeichneten Ordnung überschreitet, wenn sie durch Verschuldenselemente, namentlich den Vorsatz (sog subjektiv gefärbte Rechtswidrigkeit, etwa im Rahmen von § 826) oder grobe Fahrlässigkeit geprägt wird. Derartiges kommt beispielsweise bei Schädigung eines Gewerbebetriebes durch missbräuchliche Erhebung einer auf ein angebliches Schutzrecht gestützten unbegründeten Unterlassungsklage in Betracht. Auch bei den Unterlassungsdelikten ist an diese Möglichkeit zu denken. Freilich wird dadurch die Grenze zwischen Rechtswidrigkeit und Verschulden (mit dem Vorsatz als Verschuldensform) zusätzlich verwischt. Und das gleiche droht, wenn - wie in Deutschland - nach von den zivilrechtlichen Wertungszusammenhängen zutreffend erscheinender hM die Fahrlässigkeit objektiv-typisierend verstanden wird. Noch undurchsichtiger wird das dogmatische Dickicht, wenn man bei der Konkretisierung der Fahrlässigkeit als Außerachtlassung der erforderlichen Sorgfalt zwischen innerer und äußerer Sorgfalt differenziert: Im Falle von unmittelbaren Verletzungsweisen ist dann die Rechtswidrigkeit indiziert; innere wie äußere Sorgfalt erscheinen insoweit als Bestandteil des Verschuldens. Handelt es sich um mittelbare Verletzungsweisen, wirkt die Verletzung der äußeren Sorgfalt (als äußerlich normwidriges Verhalten mit dem Maßstab der Sorgfalt im Höchstmaß) rechtswidrigkeitsbegründend, während die innere Sorgfalt (als - objektivierte! - Erkennbarkeit der äußeren Umstände und der Norm selbst) Verschuldensbestandteil ist. Zu achten ist freilich darauf, dass der Unterschied zwischen Gegenstand und Maßstab der Fahrlässigkeit als wichtigste Verschuldensform nicht verwischt wird. Genau das geschieht aber, wenn man liest, es sei verfehlt, in einem vom objektivierten Fahrlässigkeitsmaßstab geprägten (deutschen) Haftungsrecht von innerer Sorgfalt, also (!) subjektiver Fahrlässigkeit zu sprechen. f) Mittelbare und unmittelbare Verletzungen. Vielfach wird die Ansicht geäußert, dass man im Rahmen des § 823 Abs 1 grundsätzlich zwischen unmittelbaren 31 Eingriffen und mittelbaren Verletzungen unterscheiden müsse. Während das Verhalten im zweiten Fall nur unerlaubt sei, wenn es gegen eine der erwähnten Verkehrspflichten verstoße, seien unmittelbare Eingriffe schlechthin rechtswidrig, ohne dass es auf die Verletzung einer derartigen Pflicht ankomme. Zu dieser Unterscheidung ist zunächst zu bemerken, dass man sicher auch die unmittelbaren Eingriffe – worin immer man ihr maßgebliches Kriterium im einzelnen erblicken mag – unter dem Aspekt der Pflichtverletzung sehen kann, insofern nach herkömmlicher Auffassung die allgemeine Pflicht besteht, die von der Rechtsordnung als unerlaubt bezeichneten Handlungen zu unterlassen. Genau genommen geht es daher um den unmittelbar drohenden Eingriff; bereits gegen ihn muß Notwehr und müssen Abwehransprüche möglich sein. Und fragt man von hier aus nach der Bedeutung, die der verletzten Pflicht in den beiden Bereichen zukommt, so stößt man zunächst auf die Gemeinsamkeit, dass der Ansatzpunkt hier wie dort im Problem des Schutzes bestimmter Rechtsgüter und Rechte gegen beeinträchtigende Verhaltensweisen liegt. Eine Differenzierung ergibt sich dann freilich hinsichtlich der näheren Ausgestaltung dieses Schutzes. Während Handlungen, welche die geschützte Position mit einiger Sicherheit „unmittelbar“ verletzen, wegen dieser Beziehung zum Schutzobjekt im allgemeinen ohne weiteres verboten sind, hängt die Bewertung von Verhaltensweisen, die zunächst nur eine Verletzungsgefahr begründen, nach dem Gesagten vielfach von weiteren Umständen ab. Dieser Unterschied dürfte indessen mehr ein gradueller als ein struktureller sein. Im Bereich des Verschuldens entspricht es der geschilderten Lage, dass zu einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung nach § 823 Abs 1 generell ein auf den Verletzungserfolg gerichteter Vorsatz gehört, eine Vorsatztat iS dieser Bestimmung also nicht schon dann vorliegt, wenn sich Wissen und Wollen des Täters zwar auf die Vornahme einer wegen ihrer Gefährlichkeit verbotenen Handlung, nicht aber auch auf den durch diese herbeigeführten Verletzungserfolg beziehen. Wie die hM mit Recht annimmt, muß dann im Grundsatz Entsprechendes auch für die Fahrlässigkeit gelten. g) Unterlassen. Eine unerlaubte Verletzungshandlung im Sinne des Deliktsrechts kann – darüber war man sich bereits bei der Abfassung des Gesetzes im klaren – nicht nur in einem positiven Tun, sondern auch in einem Unterlassen bestehen. Voraussetzung ist hierfür zunächst, dass derjenige, dessen Verhalten zu beurteilen ist, tatsächlich eine Handlung hätte vornehmen können, die den eingetretenen Verletzungserfolg verhindert hätte. Da die Rechtsordnung aber sicher nicht verlangt, 32 dass jeder, soweit er dazu nur irgendwie in der Lage ist, zur Abwendung aller drohenden Verletzungserfolge eingreift, müssen weitere Umstände vorliegen, aus denen sich für die in Frage stehende Person eine besondere Rechtspflicht zur Abwendung des Erfolgs ergibt. Allgemein können sich Handlungspflichten aus einer Garantenstellung sowie aus gesetzlich vorgesehenen Fürsorgepflichten ergeben. Dabei können die zu StGB § 13 entwickelten Kriterien auch im zivilen Deliktsrecht weitgehend, wenn auch gelegentlich mit Modifikationen (s Rz 115 zur Rechtswidrigkeitsbegründung durch rechtmäßiges gefährliches vorangegangenes Tun), herangezogen werden. Die Abgrenzung zwischen Tun und Unterlassen spielt freilich aufgrund der Verkehrspflichten, welche die Rechtsprechung entwickelt hat, nicht eine ebenso entscheidende Rolle wie im Strafrecht. Der Tätigkeit steht die Untätigkeit gegenüber. Für die Abgrenzung kommt es nicht nur auf die tatsächliche Seite, sondern auch auf das wertende Moment an. Letztlich ist eine Schwerpunktbetrachtung entscheidend, bei der in der Gefahrerhöhung durch den Täter (in Gestalt einer gefährdenden Annäherung an das fremde Recht oder Rechtsgut) das wesentliche Kriterium liegt. - Die Pflicht zum Handeln kann ausdrücklich in Gesetzen begründet sein. Zu nennen sind hierbei gesetzlich vorgesehene Fürsorgepflichten (Eltern-Kind-Verhältnis) sowie das Verhältnis der Eheleute untereinander. Hinzuweisen ist sodann auf die StGB §§ 138 (Nichtanzeige geplanter Straftaten), 323 c (unterlassene Hilfeleistung) i.V.m. §§ 823 Abs 2. Anerkannt sind weiter Handlungspflichten aus Vertrag. Ebenso steht es im Fall weiterer enger Beziehungen, etwa bei enger Freundschaft, aber auch dann, wenn bestimmte Personen vertraglich oder nach der Verkehrsauffassung zur Obhut verpflichtet sind (Kindergärtnerinnen, Werkführer, Sportlehrer, Nachbarn außerhalb von § 832). Hinzu tritt die Pflicht zur Aufsicht über den eigenen Herrschaftsbereich; die Parallele dieser Pflicht zu den Verkehrssicherungspflichten ist evident. Bei der Pflicht zum Handeln aus vorangegangenem Tun (Ingerenz) besteht eine besondere Nähe zum Übernahmeverschulden und zur actio libera in causa (§ 827 S. 2). h) Verkehrssicherungspflichten. Eine für das Haftungsrecht besonders wichtige Rolle spielen in diesem Zusammenhang die bereits erwähnten und von der Rechtsprechung entwickelten mannigfachen Pflichten, die auf den Grundsatz zurückgeführt werden, dass derjenige, der eine Gefahrenlage schafft oder in seinem Bereich andauern lässt, die nach den Umständen erforderlichen Sicherungsmaßnahmen zum Schutz anderer Personen zu treffen hat – Pflichten, die 33 man heute vielfach ganz allgemein als Verkehrssicherungspflichten bezeichnet. Dabei wird, wenn man noch einmal von der Frage ausgeht, wie die Rechtsordnung gegenüber gefährlichen Verhaltensweisen reagiert, an diesen Pflichten sehr deutlich, dass zwischen dem unbedingten Verbot auf der einen und der uneingeschränkten Hinnahme auf der anderen Seite noch die dritte Möglichkeit besteht, gefährliche Verhaltensweisen mit der gewissermaßen einschränkenden Maßgabe zuzulassen, dass für die erforderliche Sicherung gesorgt werden muß (was selbstverständlich nicht heißt, dass sich Sicherungspflichten nur aus einem erlaubten Tun ergeben könnten). Zwischen dem Verstoß gegen eine aus einem gefährlichen Tun resultierende Handlungspflicht und der Pflicht zur Unterlassung eines gefährlichen Tuns besteht, so gesehen, eine enge Verwandtschaft. Auch für das in der Verletzung der Sicherungspflicht kulminierende Geschehen liegt hier eben doch der tatbestandsmäßige Ansatzpunkt in einem (gefährlichen) Tun, was keineswegs bei allen Unterlassungsdelikten der Fall ist. Aus dieser Lage erklärt sich, warum in den erwähnten Bereichen der Verlauf der Grenzlinie zwischen Begehungs- und Unterlassungsdelikt in besonderem Maße zweifelhaft werden kann, aber auch vielfach nicht von entscheidender Bedeutung ist, ohne dass deshalb die grundsätzliche Verschiedenheit der beiden Deliktsformen zu leugnen wäre. i) Zusammenfassung. Zusammenfassend läßt sich festhalten, dass die zunächst einmal im Rahmen von § 823 Abs 1 herrschende Erfolgsunrechtslehre heute nur noch bei „unmittelbaren“, genauer: im Falle unmittelbar rechts- oder rechtsgutsgefährdenden Verhaltensweisen (im Sinne von positivem Tun) eingreifen kann. Bei Unterlassungen und den sog mittelbaren Verletzungen indiziert demgegenüber nach heute weitgehend anerkannter Meinung die bloße Verursachung einer Rechts- oder Rechtsgutsverletzung die Rechtswidrigkeit nicht. In diesen Bereichen ist vielmehr Handlungsunrecht im Sinne der Verletzung einer Pflicht erforderlich. Nur bei unmittelbaren Verletzungshandlungen, bei denen der Erfolgseintritt direkt (d.h. ohne weitere menschliche Zwischenursache) auf die Handlung folgt, kann es dabei bleiben, dass die bloße Verursachung der Rechtsoder Rechtsgutsverletzung bzw (genauer) einer entsprechenden Gefährdung das Rechtswidrigkeitsurteil begründet. Damit sind in der Tat zwar die meisten theoretischen Fallgruppen, in der Rechtswirklichkeit aber keineswegs der „Löwenanteil des Deliktsrechts“ dem Handlungsunrecht überlassen worden. Denn es bleiben weitgehend als „unmittelbare“ Verletzungen Phänomene wie Verkehrsunfälle, 34 weiter zB die deliktische Haftung des Arztes sowie die einfache Schlägerei uam und damit bei der Rechtswidrigkeitsindikation in Übereinstimmung mit der klassischen erfolgsbezogenen (oder genauer: gefährdungsbezogenen) Unrechtslehre. Zu beachten ist schließlich, dass weithin Einigkeit – auch mit den Vertretern der rein handlungsbezogenen Unrechtskonzeption – darüber erzielt worden ist, dass die Frage eine eher dogmatische ohne weitreichende praktische Relevanz ist. Deshalb besteht bezogen auf das deutsche Recht einstweilen wenig Anlass, von der hM abzuweichen. Dazu veranlasst auch nicht ein künftiges Europäisches Zivilrecht. Zwar wird sich die Trennung von Tatbestand, Rechtswidrigkeit und Verschulden in einem Europäischen Zivilrecht kaum ohne weiteres durchsetzen lassen. Doch ist der europäische Diskussionsprozess keineswegs entschieden. 3. Kausalität und Zurechnung Ist nach dem Gesagten nicht jedes Verhalten rechtswidrig, das in zurechenbarer Weise zur Verletzung eines geschützten Rechts oder Rechtsguts führt, so sind umgekehrt einem rechtswidrigen Verhalten auch nicht notwendig alle Verletzungserfolge zurechenbar, die es auslöst. Eine Haftung kommt vielmehr grundsätzlich nur hinsichtlich solcher Folgen des rechtswidrigen Verhaltens in Betracht, die kausal verursacht sowie auch im übrigen objektiv zurechenbar sind. Da § 823 Abs 1 ein mehraktiger Tatbestand ist, sind die jeweiligen Kriterien insbesondere der objektiven Zurechnung für den haftungsbegründenden und den haftungsausfüllenden Tatbestand nicht denknotwendig gleichermaßen geeignet. a) naturgesetzlich-faktische Kausalität. Sowohl für den Haftungsgrund als auch für die Haftungsausfüllung ist im Prinzip die Kausalität erforderlich. Damit ist zunächst Ursächlichkeit im naturwissenschaftlichen Sinn gemeint. Die conditio sine qua nonFormel (die haftungserhebliche Handlung kann nicht hinweggedacht werden, ohne dass der Erfolg entfiele; der Haftungsgrund kann nicht hinweggedacht werden, ohne dass der Schaden entfiele) beinhaltet genau genommen eine Verkürzung des Äquivalenzkriteriums. Präziser ist im Rahmen der Äquivalenzlehre die naturgesetzliche Wiederholbarkeit unter gleichbleibenden Umständen erforderlich. Unter gleichbleibenden Umständen muß der Vorgang den Nachteil notwendig zur Folge haben. Geht es um die Kausalität der Unterlassung, kommt es darauf an, ob die objektive Möglichkeit der Erfolgsabwendung bestand bzw ob das unterbliebene Tun den Erfolgseintritt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verhindert 35 hätte. Im Haftungsrecht wird demgegenüber – ohne dass offengelegt werden würde, warum – zumeist definiert, es müsse feststehen, ob nach Maßgabe des individuellen Unfallgeschehens pflichtgemäßes Handeln den Eintritt des konkreten Erfolges mit Sicherheit verhindert haben würde. Mehr noch als im Bereich der Unterlassens-Kausalität ist es erforderlich, im Bereich der sog psychischen oder psychisch vermittelten Kausalität Abstriche an der Gewißheit zuzulassen. Hier ist schon streitig, ob psychische Faktoren in der Ereigniskette – gewissermaßen deterministisch – unter Naturgesetzen stehen oder ob eine Möglichkeit besteht, seinen Willen heute in der einen und morgen in einer anderen Weise zu betätigen, was von vornherein dem Abheben auf die Wiederholbarkeit unter gleichen Bedingungen oder auf das Hinwegdenken der entscheidenden Bedingung entgegenstehen würde. Jedenfalls muß man sich im Bereich der psychischen oder psychisch vermittelten Kausalität mit mehr oder weniger großen Wahrscheinlichkeiten zufrieden geben; in der Sache ist eine Abschleifung des Beweismaßes erforderlich. b) Adäquanz und Normzwecklehre. Mit der Kausalität im Sinne der Äquivalenztheorie hat die objektive Zurechnung noch nicht ihr Bewenden. Denn die Haftungsfolgen würden nach einhelliger Meinung in zu weitgehendem Maße zugerechnet werden. Es bedarf daher weiterer normativer Korrekturen. Diese Korrekturen erfolgen zum einen über die Adäquanztheorie und zum anderen über die Normzwecklehre (die im niederländischen BW als Import aus Deutschland sogar in Gesetzesform gegossen worden ist, Art 6:163 BW). Nach – wenngleich kaum noch – vertretener Auffassung soll die Adäquanztheorie die Normzwecklehre grundsätzlich verdrängen. Häufiger wird umgekehrt die Adäquanztheorie insgesamt als von der Normzwecklehre verdrängt angesehen. Nach hM sollen beide Kriterien kumulativ eingreifen können. Der Streit beruht nicht zuletzt darauf, dass der Adäquanztheorie in ihrer Entwicklung verschiedenartige Inhalte beigelegt worden sind; zum Teil ist es auch heute noch nicht anders. Ihre ersten Protagonisten hoben das Merkmal der Gefahrerhöhung und insbesondere die Notwendigkeit einer teleologischen Ausrichtung bei der Umschreibung der Adäquanz hervor, was eine Nähe zur heutigen Schutzzwecklehre herstellt. Später wurde darauf abgestellt, ob das Verhalten generell den Eintritt der Folge begünstigt hat. Dabei wurde letztlich auf die Voraussehbarkeit (Kenntnis oder Erkennbarkeit) aus der Sicht des Täters abgestellt, 36 und die Nähe zur Fahrlässigkeit wurde evident. Die Rechtsprechung schied teilweise nur (negativ) noch völlig unvorhersehbare Umstände aus (ZB BGHZ 57, 137, 141; RGZ 105, 336, 338; RGZ 78, 270, 272). Teilweise wurde die Adäquanz aber auch positiv dahin umschrieben, der Schadenseintritt dürfe nicht ebenso wahrscheinlich sein wie ohne die in Rede stehende Handlung. Heute liegt der wesentliche Unterschied der Adäquanz zur Fahrlässigkeit darin, dass die Voraussehbarkeit im Sinne der Adäquanz von der Voraussehbarkeit im Sinne fahrlässiger Begehungsweise folgendermaßen zu trennen ist: Die Adäquanz rekurriert nicht auf den engeren Verkehrskreis der Fahrlässigkeit, sondern auf die menschenmögliche Voraussicht schlechthin. Das freilich führt dazu, dass der Adäquanzgedanke – in dieser Ausformung konsequent verfolgt – letztlich nur noch in geringem Maße zu dem fähig ist, wozu er entwickelt worden war, nämlich zu einer angemessenen Begrenzung der Haftung. Um der Adäquanz noch eine wirkliche Funktion als Haftungskorrektiv beizulegen, wird deshalb teilweise an die Stelle des optimalen, nahezu allwissenden Beobachters, den es doch realiter nicht gibt, ein „erfahrener“ Beobachter gesetzt. Es verwundert nicht, dass die Adäquanztheorie in ihrer Ausrichtung an dem Kenntnisstand des optimalen Beobachters einerseits Ergebnisse hervorrief, die als zu weitgehend angesehen wurden, andererseits aber auch die Haftung wegen angeblich fehlender Adäquanz abgelehnt wurde, obwohl man von einer völligen Unvorhersehbarkeit im Sinne der Adäquanztheorie kaum sprechen konnte. Zudem verschleiert die so verstandene Adäquanz auch ihr methodisches Fundament, hat sie doch zunächst im Gebot teleologischer Gesetzesauslegung ihre originäre Rechtfertigung gefunden. Insgesamt erweist sich das Adäquanzkriterium als Unterfall der Normzwecklehre in einem weit verstandenen Sinn. Als allgemeines, an Wahrscheinlichkeitsprognosen anknüpfendes und daher Zurechnungskriterium sie aus dem kann generell eher statisches Erfordernis einer zweckentsprechenden Begrenzung der Haftung aus den haftungsrechtlichen Rechtsfolgenormen abgeleitet werden. Gerade der Gesichtspunkt der Methodenehrlichkeit in Gestalt der Verdeutlichung, aus welcher Norm oder welchen Normen ein bestimmtes Kriterium zur Bestimmung der Reichweite der Haftung folgt, spricht freilich dafür, das Erfordernis der Adäquanz als selbständiges Kriterium beizubehalten. Das bedeutet nicht, dass das Kriterium der Adäquanz nicht im Einzelfall durch den Schutzzweck der konkret verletzten Verhaltensnorm korrigiert 37 werden könnte und müßte. Indes zeigt gerade der (weithin anerkannte) Satz, ganz fernliegende, unwahrscheinliche Schäden seien regelmäßig nicht mehr zuzurechnen, dass es sich hierbei um einen allgemeinen Grundsatz handelt. Wenn von dieser Regel (eben der der Adäquanz) abgewichen werden soll, bedarf dies besonderer Begründung (etwa in Gestalt des besonderen Zwecks der übertretenen Norm). In Bezug auf § 823 Abs. 1 ist das Kriterium der Adäquanz im Rahmen der haftungsbegründenden Kausalität freilich insgesamt bedeutungslos. Denn die Ersatzpflicht wird insoweit in der Tat schon durch das (engere) Verschuldenserfordernis begrenzt. Daran fehlt es freilich im Rahmen von § 831. Das erforderliche Verschulden des Geschäftsherrn hat hier andere Bezugspunkte. Ebenso steht es im Rahmen von § 1004. Will man namentlich im Rahmen der §§ 831, 1004 von dem Satz, dass es des Adäquanzkriteriums nicht bedarf, nicht abweichen, ist die Adäquanz auch im Rahmen des Haftungsgrundes einheitlich zu prüfen. Ohne praktische Relevanz bleibt auch die Frage, ob weitere besondere Zurechnungskriterien allgemeiner Natur (wie die Sonderproblematik der sog. Schockschäden, aber auch die sog. Herausforderungsfälle) integrale Bestandteile der Schutzzwecklehre sind oder eigenständige Zurechnungskriterien darstellen bzw im Rahmen der Adäquanztheorie zu verorten sind. Hinter derlei Fragen steht der Befund, dass die Bezugspunkte der Schutzzwecklehre, ihr dogmatischer Standort und ihr Verhältnis zu anderen Haftungsbeschränkungen letztlich ungeklärt geblieben sind. Meist wird nicht deutlich, auf den Zweck welcher Norm (Tatbestandsnorm, Rechtsfolgenorm oder beider Normen) abzustellen ist. Im Rahmen von § 823 Abs 2 ist anerkannt, dass es jedenfalls auch auf den Schutzzweck und Schutzbereich der Verhaltensnorm ankommt, also des Schutzgesetzes. Doch können besondere Zwecke der konkreten Verhaltensnorm, insbesondere im Bereich von Schutzgesetzen, Verkehrssicherungspflichten, dazu aber ebenso führen, dass im Bereich die von allgemeinen Zurechnungskriterien eingegrenzt werden. Die Regel, dass die Vermeidung ganz entfernt liegender Schäden im allgemeinen nicht in den Schutzbereich der verletzten Verhaltensnorm fällt (unter dem Aspekt der fehlenden Adäquanz), kann kaum aus dem Schutzbereich einer konkret verletzten Verhaltensnorm abgeleitet werden, sondern sie folgt aus der grundsätzlichen Abwägung der Freiheitsinteressen des Täters mit den Schutzinteressen des Opfers. Sehr unwahrscheinliche Folgen werden 38 grundsätzlich der Sphäre des Opfers zugeschlagen; sie sind zu (er-)tragen. Indes können abweichende Zwecksetzungen der konkret verletzten Schutznorm dieser Regel (und damit den Wertungen und Zwecksetzungen der Rechtsfolgenorm) vorgehen. So erfassen Sicherheitsvorschriften, die besonders große und schwer abschätzbare Gefahren vermeiden sollen, ggf eben auch und gerade entlegene (und zumindest statistisch) fernliegende Risiken. Ebenso ist es denkbar, dass Schädigungen, die normalerweise in den von jedem selbst zu tragenden Bereich des „allgemeinen Lebensrisikos“ fallen, aufgrund von besonderen Zwecken und Wertungen der konkret verletzten Schutznorm ausnahmsweise dem Täter zugerechnet werden. Der Zweck des Schutzgesetzes kann schließlich zu Einschränkungen der Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs wegen vorsätzlichen Dazwischentretens (novus actus interveniens) führen. So sollen etwa Bewachungspflichten das intervenierende Eingreifen eines Dritten, etwa eines Diebes, unterbinden. Verletzt der Wächter diese Pflicht, haftet er trotz des intervenierenden Diebstahls. Auf der gleichen Linie liegt es, dass der Schutzbereich des StVG § 21 Abs 1 Nr 2, Abs 2 Nr 1 (fahrlässiges Zulassen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis) geradezu typischerweise ein vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis durch eine dritte Person erfaßt, weil dadurch drohende Gefahren für andere Verkehrsteilnehmer hintan gehalten werden sollen. Der Aspekt des novus actus interveniens wird in diesen Zusammenhängen durch den Zweck des Schutzgesetzes verdrängt. Zugerechnet wurden weiter unter dem Aspekt der Freiheitsberaubung und der Vergiftung Vergewaltigungen durch einen Dritten, dem eine ihrer Freiheit beraubte und betäubte Frau im Zustand der Hilf- und Willenlosigkeit überlassen worden war. Das Opfer soll durch die verletzten Verhaltensnormen gerade vor den Folgen der Hilf- und Willenlosigkeit geschützt werden. Weder wurde die Adäquanz abgelehnt, noch eine Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs durch das Dazwischentreten des Zweittäters angenommen. Für die Bestimmung des Schutzbereichs, nicht nur eines Schutzgesetzes, sondern auch im Rahmen der sog Verkehrs(sicherungs)pflichten, ist dabei der persönliche, sachlich-gegenständliche (bezogen auf das geschützte Interesse) und modale Schutzbereich in Rechnung zu stellen. Insgesamt sind Einschränkungen der objektiven Zurechnung unter den Aspekten der Normzwecke von Tatbestandsnorm sowie Rechtsfolgenorm sowohl im Rahmen der haftungsbegründenden als auch im Rahmen der haftungsausfüllenden Zurechnung angezeigt. Im Rahmen von § 823 Abs 1 entfaltet die Prüfung des Schutzbereichs der konkret verletzten Verhaltensnorm innerhalb des haftungsbegründenden Tatbestands besondere Bedeutung, und zwar namentlich im Bereich von VerkehrssicherungspflichtVerletzungen. So liegt im Recht der Straßenverkehrsunfälle ein Zweit-(Auffahr-) 39 Unfall nicht mehr im (modalen) Schutzbereich des verschuldeten Erstunfalls, wenn es zu dem Zweitunfall nur deshalb kommt, weil der Verursacher des Zweitunfalls ordnungsgemäße und ausreichende Absicherungsmaßnahmen nicht beachtet, die nach einem die Fahrbahn versperrenden oder verengenden Erstunfall getroffen worden sind. Zwar liegt dann kein Fall der sog Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs wegen vorsätzlichen oder wenigstens grob fahrlässigen novus actus interveniens vor. Doch ist es in derlei Fällen ggf letztlich unwesentlich, ob das bestehende Hindernis durch einen vorangegangenen Unfall oder aus anderen Gründen (zB einen Stau) geschaffen wurde, so dass der Schaden nicht mehr im modalen Schutzbereich der Norm liegt. – Freilich hat v Bar (Verkehrspflichten, 1980, S 181 ff.) die Berechtigung der Schutzbereichsprüfung und der Normzwecklehre selbst bezogen auf die Verletzung von Verkehrs(sicherungs)pflichten in Frage gestellt. Und in der Tat besteht hier von Vornherein die Möglichkeit, diese Pflichten sogleich auf die Besonderheiten des Einzelfalles zuzuschneiden und zu formulieren. Bei Verkehrs(sicherungs)pflichten kann daher die Konkretisierung des Schutzbereichs der betreffenden Pflicht schon in deren Formulierung mit eingehen, so dass sich eine darüber hinausgehende Ermittlung des Schutzbereichs dieser Pflicht damit im Wesentlichen erübrigt. Anders liegt es freilich bei bereits in abstrahierter Form konsolidierten Verkehrs(sicherungs)pflichten, die richter- oder gewohnheitsrechtlich verfestigt sind und daher schriftlich fixierten, abstrakter formulierten Gesetzen nahe kommen. Wichtige Entscheidungen zum Problemkreis psychisch vermittelter Kausalverläufe und Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs (ungenau: des Kausalzusammenhangs): BGHZ 57, 25 Tatbestand 1 Am 24. Juni 1967 traf der Kläger, der als Betriebsoberaufseher der Deutschen Bundesbahn in H. auf der Strecke Hauptbahnhof-A. Fahrkartenkontrollen durchführte, den damals 23jährigen Beklagten auf dem Bahnhof S. ohne Fahrtausweis an. Er versuchte, den Beklagten zur Zahlung des erhöhten Fahrgeldes von 20,-- DM oder zur Vorlage seines Ausweises zu veranlassen, um die Personalien festzustellen. Der Beklagte ergriff jedoch schließlich die Flucht und lief an der Sperre vorbei die Treppe zum Bahnhofsausgang hinunter. Der Kläger verfolgte ihn und suchte ihn noch auf der Treppe zu ergreifen. Am Fuß der Treppe stürzte der Kläger. Er erlitt einen komplizierten Schenkelhalsbruch am linken Bein. 2 Der Kläger verlangt vom Beklagten Ersatz des ihm entstandenen Schadens, soweit er nicht von dritter Seite getragen wird. 3 40 Landgericht und Oberlandesgericht haben der Klage zu zwei Dritteln stattgegeben. Die zugelassene Revision des Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Entscheidungsgründe 4 Das Berufungsgericht bejaht in Übereinstimmung mit dem Landgericht nach § 823 Abs 1 BGB die Verpflichtung des Beklagten, dem Kläger zwei Drittel des Schadens zu ersetzen, den er infolge des Sturzes auf der Treppe des Bahnhofs erlitten hat. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision haben im Ergebnis keinen Erfolg. 5 1. Zu dem im einzelnen streitigen Unfallhergang hält das Berufungsgericht zwar einen auf den Sturz des Klägers gerichteten Zugriff seitens der Beklagten nicht für erwiesen. Das gilt insbesondere von dem Vorbringen des Klägers, der Beklagte habe ihn mittels eines Polizeigriffs gepackt, über sich hinweg auf die Treppenstufen oder die Fliesen am Fuß der Treppe geworfen und dort durch Schüttelbewegungen gegen die Stufen geschleudert. Das Berufungsgericht stellt aber jedenfalls fest, daß der Beklagte infolge seiner nicht mehr beherrschten Geschwindigkeit auf der Treppe gefallen und der Kläger sodann über ihn hinweg gestürzt ist, wobei er sich den Schenkelhalsbruch zugezogen hat. 6 2. Damit hat der Beklagte die Körperverletzung des Klägers im Sinne des Bedingungszusammenhangs verursacht. 7 Das Berufungsgericht führt weiterhin aus, dieser Ursachenzusammenhang zwischen dem Verhalten des Beklagten und der Körperverletzung des Klägers sei auch adäquat. 8 Es mag dahinstehen, ob der Adäquanz nur im Bereich der haftungsausfüllenden Ursächlichkeit ein Platz zukommt, wie man zunehmend unter Hinweis auf die haftungsbeschränkende Funktion dieses Zurechnungsgrundes meint, die bei der Haftungsbegründung bereits durch das Erfordernis schuldhaften Verhaltens erfüllt werde (Esser, SchR I 4. Aufl § 44 II 1 S 300; Lorenz, JZ 1964, 179, 180; Deutsch, JZ 1967, 641; vgl Huber, JZ 1969, 677, 680 und Stoll, Kausalzusammenhang und Normzweck im Deliktsrecht, 1968 S 20; unterscheidend: Weitnauer, Festgabe für Karl Oftinger, 1969 S 321, 325/326), oder ob sie auch im Bereich der hier in Frage stehenden haftungsbegründenden Ursächlichkeit rechtliche Bedeutung gewinnt, wovon das Berufungsgericht ausgeht (E.-Lehmann, SchR 15. Aufl § 41 15 I S 63/64; Esser, SchR 2. Aufl § 59, 10 S 229; Medicus, Bürgerliches Recht 3. Aufl § 25 I 1a, b, 2; Brox, Besonderes Schuldrecht S 249 Nr 1b, Rn 438; Palandt/Thomas, 28. Aufl § 823, 5; vgl auch BGHZ 41, 123, 125; Adäquanz im Bereich der Haftungsbegründung; vgl ebenfalls BGH Urt v 24. März 1964 - VI ZR 33/63 = LM BGB § 823 (C) Nr 32 = NJW 1964, 1363; Urt v 3. Februar 1967 - VI ZR 115/65 = LM BGB § 823 (C) Nr 36 = VersR 1967, 580 = JZ 1967, 639 m Anm Deutsch). Denn wenn man die Adäquanz auch in diesem Bereich für erforderlich hält, bestehen - vorbehaltlich der Erwägungen zu 3 - gegen ihre Bejahung hier aus den insoweit zutreffenden Gründen des Berufungsgerichts keine ernsthaften Bedenken. Auch die Revision räumt einen adäquaten Zusammenhang zwischen der Flucht des Beklagten und seinem Sturz ein. Entgegen ihrer Meinung ist aber auch der fernere Verlauf, nämlich der Sturz des Klägers über den Beklagten und die hierbei erlittene Körperverletzung, nicht besonders eigenartig, unwahrscheinlich und nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge außer Betracht zu lassen. Im Gegenteil lag ein solcher Sturz des Verfolgenden durchaus nahe. 9 3. Der durch das Verhalten des Beklagten verursachte Verletzungserfolg (Körperverletzung) ist auch im übrigen, ohne daß es auf die Erwägungen zu 2 ankommt, dem Beklagten im Rechtssinne objektiv zuzurechnen. 10 a) Hierfür ist entscheidend, daß der Beklagte, für ihn erkennbar, durch sein Weglaufen ohne Notwendigkeit in zurechenbarer Weise eine Lage erhöhter Verletzungsgefahr für den Kläger geschaffen hat, indem er die mit dem Gesetz in Einklang stehende Verfolgung durch den Kläger herausforderte, obgleich er die nicht unerhebliche Gefährdung voraussehen und vermeiden konnte (vgl von Caemmerer, DAR 1970, 283, 291 unter Hinweis auf Nökel, Rechtsstellung des Nothelfers, Anglo-Amerikanisches im Vergleich zum Deutschen Recht, Diss Freiburg 1968 S 96ff, 102ff; von Caemmerer, Festschrift DJT II 1960, 49, 74; Huber aaO S 679; vgl auch Stoll, Kausalzusammenhang aaO S 32). Der Kläger war zur Verfolgung des Beklagten jedenfalls berechtigt. Ihm stand nicht nur das Recht aus § 127 StPO zu, sondern auch die Ausübung des Selbsthilferechts (§ 229 BGB), das der Bahn zur Sicherung ihres Anspruchs gegen den Beklagten zukam. Demgegenüber standen dem Beklagten für seine Flucht keine schutzwürdigen Belange zur Seite. Durch sein Weglaufen suchte er sich nach einer strafbaren Handlung (§ 265a StGB) der Feststellung seiner Personalien zu entziehen, obgleich er zu deren Offenlegung und damit auch zum Verbleiben zu ihrer Feststellung bürgerlich-rechtlich schon auf Grund der zwischen ihm und der Bahn bestehenden schuldrechtlichen Sonderverbindung sogar verpflichtet war. 11 Daß der eigentliche Zurechnungsgrund die Schaffung des gekennzeichneten gesteigerten Gefahrenzustandes ist, auf Grund dessen der Verfolgende eine Verletzung der in der Rechtsordnung deliktisch geschützten Rechtsgüter oder 42 Rechte erleidet, klingt bereits in den Ausführungen des Urteils des erkennenden Senats vom 24. März 1964 (VI ZR 33/63 = aaO) zur Begründung der objektiven Zurechnung an. In derartigen Gefahrenlagen, so ist dort ausgeführt, wird das Eingreifen (dort) opferbereiter Dritter nahezu zwangsläufig herausgefordert (vgl auch BGHZ 43, 178, 181). So ist diese Entscheidung auch verstanden worden (von Caemmerer, DAR aaO S 291 unter Hinweis auf Nökel aaO; vgl auch Stoll aaO). 12 b) Daß der Kläger durch sein Dazutreten, nämlich durch seinen Entschluß zur Verfolgung und dessen Ausführung, eine neue Gefahr gesetzt hat und damit ein Schadensrisiko eingegangen ist, schließt die Zurechnung der verursachten Rechtsgutverletzung nicht ohne weiteres aus. 13 Allerdings gibt es, wie allgemein anerkannt ist, Fälle, in denen der Ausschluß der Zurechnung geboten ist, obgleich an sich ein Ursachenzusammenhang besteht und auch der Schutzzweck der die Haftung begründenden Norm keinen Anhalt für eine Begrenzung hergibt (vgl Larenz, SchR I 10. Aufl § 27 III 3 S 322; ders Festschrift f Honig, 1970, S 79, 83o). In diesem Zusammenhang werden ua eben die Fälle erörtert, in denen die Schadensfolge auf einem selbständigen oder "freien" Entschluß des Verletzten selbst (oder eines Dritten) beruht. Diese Gestaltung wird meist unter dem Gesichtspunkt und der Bezeichnung "Unterbrechung" oder Abbruch des (adäquaten) Ursachenzusammenhangs behandelt (vgl dazu: Larenz, SchR I aaO; Weitnauer, aaO S 345; Esser, SchR I 4. Aufl § 44 III 2c S 305; Deutsch aaO; vgl auch Oftinger, Schweiz Haftungsrecht Bd I 2. Aufl S 91ff). Ohne Rücksicht darauf, ob man diesem Gesichtspunkt dem Bereich der Adäquität des Ursachenzusammenhang oder einem daneben stehenden Zurechnungsbereich zuordnet (vgl Larenz, SchR I 10. Aufl § 27 III 3; Festschrift f Honig S 322; Esser aaO), ändert sich nichts an seiner Erheblichkeit. So ist anerkannt, daß sich diese Frage der Zurechnung, wenn sie auch meist nur im haftungsausfüllenden Bereich von Belang wird, auch im Rahmen der haftungsbegründenden Zurechnung stellen kann (Larenz, SchR I 10. Aufl § 27 III 3 N 1 S 324 unter Hinweis auf BGH Urt v 3. Februar 1967 - VI ZR 115/65 = aaO; vgl auch BGH Urt v 24. März 1964 - VI ZR 33/63 = aaO; Urt v 1. Februar 1966 - VI ZR 196/64 = VersR 1966, 368). 14 Auch im Streitfall liegt es so. Die Verfolgung und damit die Körperverletzung des Klägers beruht (auch) auf seinem eigenen selbständigen freien Willensentschluß. Bei solcher Lage erscheint eine Zurechnung der Schadensfolge allerdings dann nicht gerechtfertigt, wenn der Entschluß des Verletzten (Dritten), der eine neue Gefahr schafft, durch den haftungsbegründenden Vorgang nicht herausgefordert ist (vgl BGH Urt v 24. März 1964 - VI ZR 33/63 = aaO), wenn das Verhalten des die erste Ursache Setzenden lediglich den äußeren Anlaß und nur die Gelegenheit für den Verletzten (Dritten) darstellt, sich zusätzlich einem unfallfremden Risiko 43 auszusetzen (vgl BGH Urt v 12. Februar 1963 - VI ZR 181/62 = LM BGB § 823 (C) Nr 28 = NJW 1963, 1671). Wird aber der selbständige Entschluß des Verletzten (Dritten) durch den haftungsbegründenden Vorgang herausgefordert, so ist in der Regel die Verantwortlichkeit nicht schon wegen des Dazutretens des Verletzten (Dritten) ausgeschlossen (Larenz, SchR I aaO; Festschrift f Honig S 79, 87). Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Verfolgende sich des Risikos eigener Verletzung bewußt war oder nicht. So liegt der Fall hier. 15 c) Diese im Grundsatz anerkannte Unterscheidung und Einschränkung bezweckt haftungsrechtlich, im Bereich psychisch vermittelter Kausalität bei Dazutreten eines selbständigen Entschlusses des Verletzten oder eines Dritten nicht ohne weiteres für sämtliche im Sinne des Bedingungszusammenhangs ursächliche Verletzungsfolgen - vorbehaltlich des Verschuldens - schlechthin einstehen zu lassen. Bei dieser Fallgruppe ist die objektive Zurechnung der verursachten Verletzung somit nicht selbstverständlich. Vielmehr ist eine genauere Bestimmung der Voraussetzungen für die wertende Einschränkung geboten. Das kommt bereits darin zum Ausdruck, daß ein herausgefordertes Dazutreten (Eingreifen) zur Bejahung der Zurechnung vorausgesetzt wird. Diesem Erfordernis ist nicht bereits genügt, wenn sich der Verletzte (Dritte) tatsächlich zum Eingreifen hat bewegen lassen. Außer dieser psychischen Verursachung ist notwendig, daß sich der Eingreifende zum Handeln herausgefordert fühlen durfte, und zwar überhaupt und gegebenenfalls in der gewählten Art und Weise. Wann ein Eingreifen in diesem Sinne als herausgefordert zu werten ist, hängt von den Umständen ab. So hat der erkennende Senat im Urteil vom 24. März 1964 (VI ZR 33/63 = aaO) - dort bei Erörterung der Adäquanz ausgeführt, daß bei Gefahr für Leib und Leben das Eingreifen opferbereiter Dritter, und zwar nicht nur in den Fällen rechtlicher und sittlicher Pflicht zur Rettung, nahezu zwangsläufig herausgefordert werde. Für den Fall der Verfolgung eines nach Verkehrsunfall Flüchtigen hat er dort weiter ausgeführt, es hänge von dem Verhältnis des von dem Flüchtenden angerichteten und noch drohenden Schadens zu den Wagnissen der Verfolgung ab, ob gesagt werden könne, jener habe mit dem Unfall und der Flucht objektiv auch das Risiko weiterer Unfälle bei seiner Verfolgung gesetzt. Das hat der erkennende Senat dort bejaht; es lag ebenso bei der im Urteil vom 3. Februar 1967 (VI ZR 115/65 = aaO) beurteilten Sachlage vor (hierzu zustimmend: von Caemmerer, DAR 1970, 283, 291 unter Hinweis auf Nökel aaO S 99). 16 Auch bei dieser Sicht ist im übrigen nicht ausgeschlossen, daß der Ersatzanspruch des Eingreifenden durch ein mitwirkendes Verschulden auf seiner Seite gemindert wird, was das Berufungsgericht hier auch bejaht hat (vgl dazu Deutsch aaO S 643 aE). 17 44 Der Senat brauchte nicht darüber zu befinden, ob die damit geforderte Verhältnismäßigkeit zwischen Zweck und erkennbarem Risiko des Eingreifens für die verschiedenen Fallgruppen - etwa für die Fälle der Rettung und die der Verfolgung - einheitlich zu beurteilen ist oder nicht (vgl dazu Deutsch aaO S 643). Bereits im Urteil vom 24. März 1964 (VI ZR 33/63 = aaO) klingt an, daß ein Eingreifen Dritter bei einer Gefahr für Leib und Leben als "nahezu zwangsläufig herausgefordert" anzusehen ist und damit Schäden des Retters weithin ohne Einschränkung zu ersetzen sind, während die Antwort bei weniger bedrohlichen Situationen von der Wertung der besonderen Umstände abhängt (vgl zu dieser Fallgruppe auch: Larenz, SchR I 10. Aufl § 27 III 3 S 323). Denn diese Verhältnismäßigkeit unterliegt hier nach der zutreffenden Wertung des Berufungsgerichts keinen durchgreifenden Bedenken. Das allerdings hier gesteigerte Risiko der Verfolgung zu Fuß über die, wie der Beklagte vorgetragen hat, steile und langgezogene Treppe stand nicht außer Verhältnis zu dem Anliegen des Klägers, für die Bahn zur Sicherstellung ihres bürgerlich-rechtlichen Anspruchs die Personalien des Beklagten festzustellen. Außerdem diente es einer wirksamen Durchführung der Fahrkartenkontrolle und damit zugleich der Abschreckung vor Schwarzfahrten (vgl zur Prävention: Deutsch, JZ 1971, 244). Welche schließliche Auswirkung das Risiko hat, ist nicht entscheidend, denn es kommt auf die bei Übernahme des Risikos erkennbare Gefahrenlage an. 18 d) Soweit eine Haftung des Verfolgten für die Verletzungs- und Schadens*folgen hiernach gerechtfertigt ist, beschränkt sie sich auf die gesteigerten Risiken der Verfolgung. Dagegen hat er, wie schon das Erfordernis des inneren Zusammenhangs mit dem Grund der Haftung naheliegt, das normale Risiko des Eingreifenden jedenfalls bei der Gruppe der Verfolgungsfälle nicht zu tragen (Deutsch aaO S 642; vgl auch Lüer, Die Begrenzung der Haftung bei fahrlässig begangenen unerlaubten Handlungen, 1969, S 150 u). Legt man die Feststellungen des Tatrichters zugrunde, so hat sich ein durch die Verfolgung deutlich erhöhtes Risiko verwirklicht. Der Kläger mußte zur Verfolgung die steile und langgezogene Treppe mit einer hohen Geschwindigkeit hinablaufen, um den Beklagten einholen und seiner habhaft werden zu können. 19 4. Das Berufungsgericht hat schließlich im einzelnen zutreffend ausgeführt, daß der Beklagte die Körperverletzung des Klägers fahrlässig verursacht hat. 20 Zunächst mußte der Beklagte bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt damit rechnen, daß der Kläger ihn weiterhin verfolgen werde. Es mußte für ihn naheliegen, daß ein Kontrollbeamter entsprechend dem Sinn und Zweck der Überwachung und seiner Aufgabe eine Person, die Fahrgeld hinterzogen und hierdurch eine strafbare Handlung nach § 265a StGB begangen hat, verfolgt. Der Tatrichter stellt sogar fest, daß der Beklagte die Aufnahme und Fortsetzung der Verfolgung durch den Kläger erkannt hat. Der 45 Kläger hatte den Beklagten bereits an der Sperre vor der Treppe erreicht, wo dieser sich dem Zugriff entziehen konnte. Der Beklagte wußte den Kläger aber auch auf der Treppe unmittelbar hinter sich mit dem Vorhaben, ihn zu ergreifen. Unter diesen Umständen unterliegt auch die weitere Annahme des Berufungsgerichts keinen rechtlichen Bedenken, der Beklagte habe ebenfalls voraussehen können, daß der Kläger bei der schnellen Verfolgung über die Treppe körperliche Schäden davontragen könne. Die Verfolgung führte zu einer erhöhten für den Beklagten erkennbaren Gefahr für den Kläger, als der Beklagte in Kenntnis der Verfolgung die Flucht fortsetzte und die Treppe hinabstürmte, um sich der Festnahme zu entziehen. 21 Auf den Einwand der Revision, der Beklagte habe vernünftigerweise nicht damit zu rechnen brauchen, daß er selbst stürzen und der Kläger dann über ihn fallen und in solchem Hergang verletzt werde, kommt es nicht an. Die Vorhersehbarkeit braucht sich nur darauf zu erstrecken, daß der Kläger bei dem Hergang irgendwie körperlich zu Schaden kommen könne, aber nicht darauf, daß er gerade in dem schließlich verwirklichten Ablauf verletzt werde (von Caemmerer, Festschrift DJT 1960 II S 75 Nr 114 mwN; Stoll, AcP 162, 203, 234). BGH NJW 1971, 1982 Haftung eines Flüchtigen für Körperschaden des Verfolgenden BGB § 823 Wer sich einer berechtigten Verfolgung durch Flucht entzieht, haftet für einen dadurch bedingten Körperschaden des Verfolgenden nur, wenn dieser Schaden die Folge eines gesteigerten Risikos der Verfolgung ist. BGH, Urteil vom 13. 7. 1971 - VI ZR 165/69 (Bremen) Am 17. 9. 1966 verließ die damals 16jährige Beklagte heimlich ihr Elternhaus und wollte mit zwei weiteren minderjährigen Mädchen per Anhalter nach H. fahren. Die Mädchen wurden am Abend desselben Tages von der Polizei an der Bundesautobahn nahe dem Br.-Kreuz aufgegriffen und als ausweis- und mittellose Jugendliche in polizeilichen Gewahrsam genommen. In der Folge wurde die Beklagte von der Polizei dem Hauptgesundheitsamt Br. zur Untersuchung auf Geschlechtskrankheiten zugeführt. Da sie eine Untersuchung durch den dort Dienst 46 tuenden Arzt verweigerte, verfügte das Amt ihre Einweisung in die Dermatologische Klinik der Städtischen Krankenanstalten. Dorthin wurde sie in einem polizeilichen Transportfahrzeug gefahren. Beim Aussteigen ergriff sie die Flucht. Der Polizeimeister B. verfolgte sie. Als er einen feuchten, frisch geschnittenen Rasen überquerte, glitt er aus, stürzte und zog sich einen Muskelriß an der Beugeseite des linken Oberschenkels mit einem Bluterguß zu. Er war dadurch vorübergehend dienstunfähig. Die Klägerin macht kraft Rechtsübergangs gemäß § 87 BremBeamtenG einen angeblichen Schadensersatzanspruch des Polizeimeisters B. aus § 823 BGB geltend. Sie hat vorgetragen, sie habe dem Polizeibeamten während dessen Dienstunfähigkeit Dienstbezüge gezahlt. Mit ihrer Klage hat sie von der Beklagten Erstattung begehrt. Das LG hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das OLG die Klage abgewiesen. Die zugelassene Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg. Aus den Gründen: Das Berufungsgericht verneint einen nach § 87 BremBeamtenG auf die Klägerin übergegangenen Schadensersatzanspruch des Polizeimeisters B. aus § 823 BGB. Eine Schadensersatzpflicht der Beklagten nach § 823 Abs. 1 BGB lehnt es mit der Begründung ab, sie habe zwar die Verletzung des Polizeibeamten in adäquater Weise verursacht, jedoch nicht widerrechtlich gehandelt. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision im Ergebnis ohne Erfolg. 1. Ohne das Fliehen der Beklagten hätte der Polizeibeamte sie nicht verfolgt und den dabei erlittenen Körperschaden erlitten. Damit hat die Beklagte die Körperverletzung des Polizeibeamten im Sinne des Bedingungszusammenhangs verursacht. Das Berufungsgericht hält diesen Ursachenzusammenhang weiterhin für adäquat. Es mag offen bleiben, ob der Adäquanz nur im Bereich der haftungausfüllenden Ursächlichkeit ein Platz zukommt, wie man zunehmend unter Hinweis auf die haftungbeschränkende Funktion dieses Zurechnungsgrundes meint, die bei der Haftungsbegründung bereits durch das Erfordernis schuldhaften Verhaltens erfüllt werde (Esser, SchuldR I, 4. Aufl., § 44 II 1, S. 300; Lorenz, JZ 64, 179, 180; Deutsch, JZ 66, 641; vgl. auch Huber, JZ 69, 677, 680, und Stoll, Kausalzusammenhang und Normzweck im Deliktsrecht, 1968, S. 20; unterscheidend Weitnauer, Festgabe für Karl Oftinger, 1969, S. 321, 325/326), oder ob sie auch im Bereich der hier in Frage stehenden haftungbegründenden Ursächlichkeit rechtliche Bedeutung gewinnt, wovon das Berufungsgericht ausgeht (Enneccerus-Lehmann, SchuldR, 15. Aufl., § 15 I, S. 63/64; Esser, SchuldR, 2. Aufl., § 59, 10 S. 229; Medicus, Bürgerl. Recht, 3. Aufl., § 25 I 1 a, b, 2; Brox, Bes. SchuldR, S. 249 Nr. 1 b Rdnr. 438; Palandt-Thomas, 28. Aufl., § 823, 5; vgl. BGHZ 41, 123, 125 = NJW 64, 720: Adäquanz im Bereich der Haftungsbegründung; vgl. auch BGH, Urt. v. 24. 3. 1964 - VI ZR 33/63 = LM Nr. 3 zu § 823 [C] BGB = NJW 64, 1363; Urt. v. 3. 2. 1967 - VI ZR 115/65 = LM Nr. 36 zu § 823 [C] BGB = VersR 67, 580 = JZ 67, 639 mit Anm. Deutsch). Denn wenn man die Adäquanz auch in diesem Bereich für erforderlich hält, bestehen gegen ihre Bejahung aus den insoweit zutreffenden Gründen des Berufungsgerichts hier keine ernsthaften Bedenken. Auch die Revision erhebt insoweit keine Einwendungen. 47 2. Der verursachte Verletzungserfolg (Körperverletzung) ist der Beklagten aber aus anderen Gründen objektiv nicht zuzurechnen. a) Allerdings kann, wie der Senat im Urteil v. heutigen Tage in der Sache VI ZR 125/70 (i. ds. Heft S. 1980 lfd. Nr. 1) ausgeführt hat, entscheidender Haftungsgrund in derartigen Fällen sein, daß der Fliehende, ihm erkennbar, durch sein Weglaufen ohne Notwendigkeit in zurechenbarer Weise eine Lage gesteigerter Verletzungsgefahr für den Verfolgenden geschaffen hat, indem er diesen zu der mit dem Gesetz in Einklang stehenden Verfolgung herausfordert, obgleich er die nicht unerhebliche Gefährdung voraussehen und vermeiden konnte (vgl. von Caemmerer, DAR 71, 283, 291 unter Hinweis auf Nökel, Rechtsstellung des Nothelfers, AngloAmerikanisches im Vergleich zum Deutschen Recht, Diss. Freiburg 1968, S. 96 ff., 102 ff.; von Caemmerer, Festschrift DJT 1960, 49, 74; Huber, aaO S. 679; vgl. auch Stoll, aaO S. 32). Daß der eigentliche Zurechnungsgrund die Schaffung des gekennzeichneten gesteigerten Gefahrenzustandes ist, auf Grund dessen der Verfolgende eine Verletzung der in unserer Rechtsordnung deliktisch geschützten Rechtsgüter oder Rechte erleidet, klingt bereits in den Ausführungen des Urteils des erkennenden Senats v. 24. 3. 1964 (VI ZR 33/63, aaO) zur Begründung der objektiven Zurechnung an. In derartigen Gefahrenlagen, so ist dort ausgeführt, wird das Eingreifen (dort) opferbereiter Dritter nahezu zwangsläufig herausgefordert (vgl. auch BGHZ 43, 178, 181 = NJW 65, 1177). So ist diese Entscheidung denn auch verstanden worden (von Caemmerer, DAR 71, 283, 291 unter Hinweis auf Nökel, aaO; vgl. auch Stoll, aaO). b) Der objektiven Zurechnung der verursachten Körperverletzung stünde, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, nicht schon entgegen, daß der Verfolgende durch sein Dazutreten, nämlich durch seinen Entschluß zur Verfolgung und dessen Ausführung, eine neue Gefahr gesetzt hat und ein Schadensrisiko eingegangen ist. Allerdings gibt es, wie allgemein anerkannt ist, Fälle, in denen der Ausschluß der Zurechnung geboten ist, obgleich an sich ein Ursachenzusammenhang besteht und auch der Schutzzweck der die Haftung begründenden Norm keinen Anhalt für eine Begrenzung hergibt (vgl. Larenz, SchuldR I, 10. Aufl., § 27 III 3, S. 322; ders., Festschr. Honig 1970, S. 70, 83 o). In diesem Zusammenhang werden u.a. eben die Fälle erörtert, in denen die Schadensfolge auf einem selbständigen oder „freien“ Entschluß des Verletzten selbst (oder eines Dritten) beruht. Diese Gestaltung wird meist unter dem Gesichtspunkt und der Bezeichnung „Unterbrechung“ oder Abbruch des (adäquaten) Ursachenzusammenhangs behandelt (vgl. dazu Larenz, SchuldR I, aaO; Weitnauer, aaO S. 345; Esser, SchuldR I, 4. Aufl., § 44 III 2 c, S. 305; Deutsch, aaO; vgl. auch Oftinger, Schweiz. Haftungsrecht Bd. I, 2. Aufl., S. 91 ff.). Ohne Rücksicht darauf, ob man diesen Gesichtspunkt dem Bereich der Adäquanz des Ursachenzusammenhangs oder einem danebenstehenden Zurechnungsbereich zuordnet (vgl. Larenz, SchuldR I, 10. Aufl., § 27 III 3; Festschr. Honig, S. 322; vgl. Esser, aaO), ändert sich nichts an seiner Erheblichkeit. So ist anerkannt, daß sich diese Frage der Zurechnung, wenn sie auch meist nur im haftungausfüllenden Bereich von Belang wird, auch im Rahmen der haftungbegründenden Zurechnung stellen kann (Larenz, SchuldR I, 10. Aufl., § 27 III 3 Nr. 1, S. 324 unter Hinw. auf BGH, Urt. v. 3. 2. 1967 - VI ZR 115/65, aaO; vgl. auch BGH, Urt. v. 24. 3. 1964 - VI ZR 33/63, aaO; BGH, Urt. v. 1. 2. 1966 - VI ZR 196/64 = VersR 66, 368 = LM Nr. 8 a zu § 832 BGB). 48 Auch hier liegt es so. Die Verfolgung und damit die Körperverletzung des Polizeibeamten beruht (auch) auf seinem selbständigen freien Willensentschluß. Bei solcher Lage erscheint eine Zurechnung der Schadensfolge allerdings dann nicht gerechtfertigt, wenn der Entschluß des Verletzten (Dritten), der eine neue Gefahr schafft, durch den haftungbegründenden Vorgang nicht herausgefordert ist (vgl. BGH, Urt. v. 24. 3. 1964 - VI ZR 33/63, aaO), wenn das Verhalten des die erste Ursache Setzenden lediglich den äußeren Anlaß und nur die Gelegenheit für den Verletzten (Dritten) darstellt, sich zusätzlich einem unfallfremden Risiko auszusetzen (vgl. BGH, Urt. v. 12. 2. 1963 - VI ZR 181/62 = LM Nr. 28 zu § 823 (C) BGB = NJW 63, 1671). Wird aber der selbständige Entschluß des Verletzten (Dritten) durch den haftungbegründenden Vorgang herausgefordert, so ist in der Regel die Verantwortlichkeit nicht schon wegen des Dazutretens des Verletzten (Dritten) ausgeschlossen (Larenz, SchuldR I, aaO; Festschr. Honig 1970, S. 79, 87). c) Wie der erkennende Senat in dem Urteil in der Sache VI ZR 125/70 (vorstehend Nr. 1) ausgeführt hat, bezweckt diese im Grundsatz anerkannte Unterscheidung und Einschränkung haftungsrechtlich im Bereich psychisch vermittelter Kausalität bei Dazutreten eines selbständigen Entschlusses des Verletzten oder eines Dritten nicht ohne weiteres für sämtliche im Sinne des Bedingungszusammenhangs ursächliche Verletzungsfolgen - vorbehaltlich des Verschuldens - schlechthin einstehen zu lassen. Bei dieser Fallgruppe ist die objektive Zurechnung der verursachten Verletzung somit nicht selbstverständlich. Vielmehr ist eine genauere Bestimmung der Voraussetzungen für die wertende Einschränkung geboten. Das kommt bereits darin zum Ausdruck, daß ein herausgefordertes Dazutreten (Eingreifen) zur Bejahung der Zurechnung vorausgesetzt wird. Diesem Erfordernis ist nicht bereits genügt, wenn sich der Verletzte (Dritte) tatsächlich zum Eingreifen hat bewegen lassen. Außer dieser psychischen Verursachung ist notwendig, daß sich der Eingreifende zum Handeln herausgefordert fühlen durfte, und zwar überhaupt und gegebenenfalls in der gewählten Art und Weise. Wann ein Eingreifen in diesem Sinne als herausgefordert zu werten ist, hängt von den Umständen ab. So hat der erkennende Senat bereits im Urteil v. 24. 3. 1964 (VI ZR 33/63, aaO) - dort bei Erörterung der Adäquanz - ausgeführt, daß bei Gefahr für Leib und Leben das Eingreifen opferbereiter Dritter, und zwar nicht nur in den Fällen rechtlicher oder sittlicher Pflicht zur Rettung, nahezu zwangsläufig herausgefordert werde. Für den Fall der Verfolgung eines nach Verkehrsunfall Flüchtigen hat er dort weiter ausgeführt, es hänge von dem Verhältnis des von dem Flüchtenden angerichteten und noch drohenden Schadens zu den Wagnissen der Verfolgung ab, ob gesagt werden könne, jener habe mit dem Unfall und der Flucht objektiv auch das Risiko weiterer Unfälle bei seiner Verfolgung gesetzt. Das hat der erkennende Senat dort bejaht; es lag ebenso bei der im Urteil v. 3. 2. 1967 (VI ZR 115/65, aaO) beurteilten Sachlage vor (hierzu zustimmend von Caemmerer, DAR 70, 283, 291 unter Hinweis auf Nökel, aaO S. 99). d) In der Sache VI ZR 125/70 hat der erkennende Senat im einzelnen dahinstehen lassen, ob die damit geforderte Verhältnismäßigkeit für die verschiedenen Fallgruppen des hier in Frage stehenden Bereichs einheitlich zu beantworten ist oder nicht (vgl. dazu Deutsch, aaO S. 643). Bereits im Urteil v. 24. 3. 1964 (VI ZR 33/63, aaO) klingt an, daß Schäden, die einem Retter aus einer Gefahr für Leib und Leben zustoßen, als „nahezu zwangsläufig herausgefordert“ anzusehen und damit weithin ohne Einschränkung zu ersetzen sind, während die Antwort bei weniger bedrohlichen 49 Situationen von der Wertung der besonderen Umstände abhängt (vgl. zu dieser Fallgruppe Larenz, SchuldR I, aaO § 27 III 3, S. 323). In dem jetzt zu beurteilenden Sachverhalt kommt es hierauf schon deshalb nicht an, weil, wie der Senat in der Sache VI ZR 125/70 ebenfalls befunden hat, eine im Grundsatz gebotene Haftung für die bei dem Eingreifenden eingetretenen Verletzungsfolgen jedenfalls in Fällen der Verfolgung auf die gesteigerten Risiken der Verfolgung zu beschränken ist. Dagegen hat der Verfolgte das normale Risiko des Eingreifenden nicht zu tragen (vgl. Deutsch, aaO S. 642; vgl. auch Lüer, Die Begrenzung der Haftung bei fahrlässig begangenen unerlaubten Handlungen, 1969, S. 150 u.). Um die Verwirklichung eines solchen normalen Risikos handelt es sich aber hier. Nach den Feststellungen des Tatrichters glitt der Polizeibeamte aus, als er einen feuchten, frisch geschnittenen Rasen überquerte. Damit hat sich nicht das besondere gesteigerte Risiko der Verfolgung verwirklicht. Art und Umfang der schließlich eingetretenen Schadensfolgen sind für diese Beurteilung kein brauchbarer Maßstab. BGHZ 58, 162 Tatbestand 1 Am 21. Juni 1968 ereignete sich auf der L.-Straße in B. ein Verkehrsunfall. Ein Lastkraftwagen der niederländischen Streitkräfte war bei dem Versuch, einen parkenden Kraftwagen zu überholen, mit einem ihm entgegenkommenden Personenkraftwagen zusammengestoßen. Die beiden Fahrer ließen ihre Fahrzeuge in der durch den rechts parkenden Wagen gebildeten Engstelle der Straße stehen, um das Eintreffen der Polizei abzuwarten. Infolgedessen war die Straße für die nachfolgenden Kraftfahrer zunächst gesperrt. Daraufhin fuhren mehrere Kraftfahrer, die wegen des vor ihnen stehenden LKW nicht weiterfahren konnten, um die Unfallstelle herum, indem sie über den rechts befindlichen Rad- und Fuß*-weg fuhren. Als die Verkehrspolizei nach etwa 15 Minuten eintraf, waren an dem Rad- und Fuß*-weg erhebliche Schäden entstanden. Für deren Beseitigung mußte die Stadt B., die Klägerin, als Wegeeigentümerin 1.736,58 DM aufwenden. 2 Die Kraftfahrer, die über den Bürgersteig gefahren waren, sind nicht ermittelt worden. 3 Die Bundesrepublik hat aufgrund der Bestimmungen des NATOTruppenstatuts dem Eigentümer des von dem Militär-LKW angefahrenen PKW dessen Schaden ersetzt. Die Klägerin steht auf dem Standpunkt, daß die 50 Bundesrepublik auch für die Schäden einstehen müsse, die jene Kraftfahrer beim Überfahren des Rad- und Geh*-weges verursacht hatten. 4 Während das Landgericht die Klage abgewiesen hat, hat ihr das Oberlandesgericht stattgegeben. 5 Auf die vom Oberlandesgericht zugelassene Revision der Beklagten hat der Bundesgerichtshof das Urteil des Landgerichts wiederhergestellt. Entscheidungsgründe 6 1. Die Bundesrepublik hat, worüber die Parteien einig sind, nach den Bestimmungen des NATO-Truppenstatuts für die von dem LKW der niederländischen Streitkräfte verursachten Schäden in gleicher Weise einzustehen, wie wenn der Schaden von einem LKW der Bundeswehr angerichtet worden wäre. Anspruchsgrundlage ist daher zunächst § 839 BGB iV mit Art 34 GG, so daß eine Haftung aus den §§ 831, 823 BGB i Verb mit den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung ausscheidet. Nach Satz 2 des § 839 Abs 1 BGB hätte die Klägerin dartun müssen, daß sie den Ersatz ihrer Schäden nicht anderweit erreichen konnte - vor allem nicht von den Kraftfahrern, die die eigentlichen Schadensurheber gewesen sind und ihr, wären sie ermittelt worden, zweifellos hätten Ersatz leisten müssen. Das Berufungsgericht brauchte nicht zu untersuchen, ob die Klägerin etwa, nachdem die schuldigen Kraftfahrer nicht hatten ermittelt werden können, einen Ersatzanspruch - wenigstens soweit er 1.000 DM übersteigt - gegen den "Entschädigungsfonds" (§ 12 des PflVersG idF vom 5. April 1965 - BGBl I 213) hätte geltend machen können, (vgl aber auch § 152 VVG). Auf diese Frage kam es nicht mehr an, nachdem die Klägerin erklärt hatte, sich lediglich auf die Haftung der Beklagten nach § 7 StVG zu stützen. 7 Daß an sich hier die Voraussetzungen dieser Haftungsnorm erfüllt sind, ist zwischen den Parteien nicht streitig. Da, wie das angefochtene Urteil feststellt, den Fahrer des LKW sogar ein Verschulden trifft, entfällt die Gefährdungshaftung nicht etwa wegen unabwendbaren Ereignisses (§ 7 Abs 2 StVG). Fraglich ist allein, ob auch die Schäden, welche die hinter dem die Straße sperrenden LKW zunächst zum Halten gezwungenen Kraftfahrer beim Überfahren des Rad- und Geh*-weges angerichtet haben, noch auf ein haftungsbegründendes Verhalten, hier die vom Halter zu vertretende Betriebsgefahr des LKW, zurückgeführt werden können. Das Berufungsgericht hat das bejaht. II. 51 8 Diesem Standpunkt kann nicht gefolgt werden. 9 1. Dem Berufungsgericht muß zwar zugestimmt werden, wenn es auch im vorliegenden Fall den Ursachenzusammenhang zwischen dem zum Unfall führenden Verhalten des LKW-Fahrers und der Beschädigung von Rad- und Geh*-weg als adäquat angesehen hat (insofern richtig auch LG Düsseldorf NJW 1955, 1031: "Grünstreifen-Fall"). Erfahrungsgemäß gibt es bei Unfällen der hier geschehenen Art immer wieder Kraftfahrer, die - unzweifelhaft verkehrswidrig und wegen vorsätzlicher Sachbeschädigung strafbar (§ 303 StGB) - nicht so lange warten, bis die Weiterfahrt wieder möglich oder ihnen die Umfahrung durch eine Anordnung der Verkehrspolizei erlaubt worden ist. Angesichts der Erfahrung, daß das Verhalten jener Kraftfahrer immer wieder vorkommt, wird man sogar annehmen können, ein Kraftfahrer müsse voraussehen, daß ein von ihm verursachter Unfall im fließenden Verkehr derartige Reaktionen nachfolgender Fahrer mit den damit angerichteten Schäden an öffentlichen Straßen, privaten Vorgärten, Zäunen usw zur Folge haben kann. Indes kommt es im vorliegenden Fall ohnehin nicht auf Verschulden als Zurechnungsgrund entscheidend an, weil die Klägerin ihren Ersatzanspruch auf § 7 StVG stützen kann. 10 Zu Unrecht zieht die Revision den Standpunkt des Berufungsgerichts in Zweifel, daß der LKW noch in dem Zeitpunkt "im Betrieb" war, in welchem jene Kraftfahrer den Rad- und Geh*-weg überfuhren. Der LKW war, als er zum Stehen gekommen war, aber die anderen Fahrzeuge an der Weiterfahrt hinderte, noch nicht aus dem Verkehr gezogen. Im Sinne des § 7 StVG dauert der Betrieb eines Kraftfahrzeugs so lange fort, wie es der Fahrer im Verkehr beläßt und die dadurch geschaffene Gefahrenlage fortbesteht (BGHZ 29, 163, 166). Auch stand das Ausweichen der ungeduldig gewordenen Kraftfahrer noch in dem erforderlichen nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem von dem LKW verursachten Zusammenstoß (vgl BGHZ 37, 311, 318). Wäre ein nachfolgendes Kraftfahrzeug, um nicht auf den vor ihm stehenden LKW aufzufahren, beim Bremsen ins Schleudern gekommen und dabei auf den Rad- und Geh*-weg geraten, so wäre der dabei von ihm angerichtete Schaden gewiß noch der Betriebsgefahr des LKW zuzurechnen. Nichts anderes würde gelten, wenn ein nachfolgender Kraftfahrer, um nicht aufzufahren oder nicht von nachkommenden Verkehrsteilnehmern angefahren zu werden, sein Fahrzeug bewußt auf den Rad- und Geh*-weg gelenkt hätte. 11 2. Lassen sich somit der adäquate Ursachenzusammenhang und der Zusammenhang mit der Betriebsgefahr des die Straße sperrenden LKW nicht verneinen, so hängt die Entscheidung des Rechtsstreits davon ab, ob einem Schädiger auch solche Folgen zugerechnet werden können, die auf einem "freien" Entschluß eines Dritten beruhen (sog "Unterbrechung des 52 Kausalzusammenhangs" oder Regreßverbot"). Diese Frage stellt sich in Fällen der vorliegenden Art ohne Rücksicht darauf, ob der Geschädigte seinen Ersatzanspruch auf § 823 Abs 2 (iV mit den Vorschriften der StVO) oder Abs 1 BGB oder auf § 839 BGB oder, wie hier, weil die Straße durch ein Kraftfahrzeug gesperrt worden war, auf die §§ 7, 18 StVG stützt. 12 a) Entgegen der Meinung der Revision ist diese Zurechnung nicht schon deshalb zu verneinen, weil jene ungeduldigen Kraftfahrer vorsätzlich und rechtswidrig handelten, als sie über den Rad- und Geh*-weg fuhren. 13 Die Zurechnung eines Schadens ist keineswegs schlechthin schon deshalb ausgeschlossen, weil er auf dem Eingreifen eines Dritten beruht (BGHZ 12, 206, 211; 17, 153, 159; 24, 263, 266). Nur dann, wenn die Ursächlichkeit des ersten Umstandes für das zweite Ereignis völlig unerheblich war, kann davon gesprochen werden, daß der Kausalzusammenhang "unterbrochen" ist (BGHZ 3, 261, 268; 12, 211; 17, 159). Das ist hier nicht der Fall. Der Zurechnung steht auch nicht entgegen, daß jene Kraftfahrer den Schaden rechtswidrig angerichtet haben. Ob das Eingreifen des Dritten in den Ablauf des Geschehens rechtmäßig war oder rechtswidrig, ist nicht von entscheidender Bedeutung für die Frage der Zurechnung. 14 Ebensowenig wird ein Schädiger, dessen Verhalten einen haftungsbegründenden Tatbestand erfüllt hat, von der Haftung für Schäden, die ein Dritter angerichtet hat, schon deshalb freigestellt, weil dieser außerdem vorsätzlich gehandelt hat (vgl Senatsurteil vom 1. Februar 1966 - VI ZR 196/64 - LM BGB § 832 Nr 8a; vgl auch Larenz in NJW 1958, 627 gegen NJW 1955, 1009). Deshalb muß zB der Fahrer und der Halter, dessen Kraftwagen einen Lieferwagen so angefahren hat, daß dessen Ladung auf die Straße gefallen ist, nicht nur die Waren ersetzen, die bei dem Unfall beschädigt worden sind oder nicht mehr geborgen werden konnten, sondern auch die aus der verstreut auf der Straße liegenden Ladung gestohlenen Waren. Hier kann der für den Unfall Haftende den Geschädigten nicht auf seine Ansprüche gegen die Diebe verweisen; der von diesen verursachte Schaden ist auch ihm zuzurechnen, weil er die Gefahr, daß der durch den Unfall Geschädigte bestohlen werden könnte, geschaffen hat. Daß diese Folgen seines haftungsbegründenden Tuns, nämlich das Halten seines schadensträchtigen Kraftfahrzeugs oder der Verkehrsverstoß seines Fahrers, nicht mehr in den Bereich der Gefahren fielen, zu deren Abwehr jene Haftungsnormen (§§ 7, 18 StVG, §§ 823ff BGB iV mit den Vorschriften der StVO usw) erlassen worden sind, kann nicht angenommen werden (vgl BGHZ 27, 137, 140; H. Lange Gutachten zum 43. DJ-Tag 1960 S 50). Ebensowenig kann, wer aufgrund Vertrages dafür einzustehen hat, daß eine Sache behütet bleibt, seinen trotzdem bestohlenen Auftraggeber auf seine Ansprüche gegen den Dieb verweisen. Auch durch Gesetz können derartige "Garantenpflichten" begründet sein. So kann unter Umständen die einem Verkehrsteilnehmer 53 obliegende Sorgfaltspflicht so weit gehen, daß er darauf achtet, nicht durch sein verkehrswidriges Verhalten Dritte zu vorsätzlichen Verkehrsverstößen zu verleiten. Vor allem ist der Halter eines Kraftfahrzeugs für sämtliche Schäden verantwortlich, die mit dem Betrieb seines Fahrzeugs verbunden sind, gleichviel wie im konkreten Fall dessen Gefährlichkeit schadenswirksam geworden ist; er haftet auch für Schäden, die der Schwarzfahrer mittels seines Fahrzeugs bewußt und gewollt anrichtet, sogar bei vorsätzlicher Tötung eines Menschen (BGHZ 37, 311, 316/317). 15 b) Bei wertender Betrachtung liegt aber der hier zu entscheidende Fall anders. Die Kraftfahrer sind, nachdem sie auf der Straße zum Halten gekommen waren, aus freien Stücken über den Rad- und Geh*-weg gefahren. Das war nur insofern noch mit dem Unfall, also mit der Fahrweise des LKW und der von ihm ausgehenden Betriebsgefahr verknüpft, als der Unfall mit seiner Sperrung der Straße den Anlaß für das Verhalten jener Kraftfahrer bildete. Dies aber war nicht mehr als ein äußerer Umstand, der lediglich die Motivation für das eigenmächtige, nicht mehr von Rücksichten auf Verkehrssicherheit bestimmte Verhalten der Kraftfahrer abgab. Er kann daher nicht als ausreichend angesehen werden, um einen zurechenbaren Zusammenhang zu begründen (vgl auch BGHZ 25, 86, 90; Senatsurteil vom 12. Februar 1963 - VI ZR 181/62 - LM BGB § 823 (C) Nr 28). Vor allem kann hier nicht gesagt werden, daß das Verhalten des LKW-Fahrers und die Sperrung der Straße das Handeln jener Kraftfahrer "herausgefordert" hätte (so die Formulierung von Larenz, Schuldrecht, Bd I 10. Aufl § 27 III b3 S 323; vgl BGHZ 57, 25, 28 mw Nachw). Eine solche zum Eingreifen Dritter drängende Lage war durch die Sperrung der Straße nicht entstanden. "Herr" des schadenstiftenden Geschehens waren in bezug auf die Beschädigung des Randstreifens allein die ungeduldigen Kraftfahrer und nicht auch der Fahrer des LKW. Der vorliegende Fall gibt daher keinen Anlaß zur Prüfung, ob bei der Frage nach der "Herausforderung" des vorsätzlichen Handelns des Dritten auch dem Grade und der Erheblichkeit der hervorgerufenen Gefahr für die Rechtsgüter anderer Bedeutung zukommt. Die Entscheidung folgt im Streitfall bereits aus dem Grundsatz, daß die Vorgänge, die für die Frage nach der Zurechnung eines Schadens erheblich sind, stets einer wertenden Betrachtung zu unterwerfen sind (BGHZ 18, 286, 288; 30, 154, 157; Senatsurteile vom 8. Januar 1963 - VI ZR 80/62 - und vom 12. Februar 1963 - VI ZR 181/62 - BGH LM BGB § 823 (C) Nr 27 und Nr 28). 16 Bei wertender Betrachtung besteht ein für die Haftung ausreichender Zusammenhang zwischen dem Verhalten des LKW-Fahrers und der Sachbeschädigung hier auch dann nicht, wenn zugunsten der Klägerin nicht nur auf § 7 StVG abgestellt wird, sondern auf das den LKW-Fahrer treffende Verschulden, das zu dem Zusammenstoß geführt hat. Hier waren nach der Rechts-, vor allem der Verkehrs*-ordnung die Verantwortungsbereiche deutlich getrennt: Der Fahrer und der Halter des LKW waren verantwortlich für den Zusammenstoß und seine Folgen für andere Verkehrsteilnehmer, die etwa in den Unfall verwickelt worden waren, sowie für alle durch den 54 Zusammenstoß in Mitleidenschaft gezogenen Sachen. Für die Beschädigung des Rad- und Geh*-weges sind aber bei dem hier gegebenen Schadensverlauf allein die Kraftfahrer, die über ihn gefahren waren, verantwortlich. Die für den Fahrer des LKW geltenden Gebote und Verbote schützten nur insoweit auch die Interessen derer, die mit ihrem Eigentum dem Verkehrsraum nahe waren, als der Fahrer nicht mit seinem LKW auf den Bürgersteig geraten und nicht Anlaß dafür geben durfte, daß andere Fahrzeuge, um nicht mit ihm zusammenzustoßen, auf das Gelände neben der Straße ausweichen mußten. In seinen Pflichtenkreis fällt aber nicht mehr das, was sich, nachdem das Unfallgeschehen beendet war, dadurch ereignete, daß die nachfolgenden, schon zum Halten gelangten Kraftfahrer über den Rad- und Geh*-weg fuhren, um schneller vorwärts zu kommen. Diese daran zu hindern, war der LKW-Fahrer weder tatsächlich in der Lage noch rechtlich verpflichtet. Daß die vom Berufungsgericht bejahte Zurechnung zu weit geht, wird auch dadurch deutlich, daß die Klägerin, wäre ihr Standpunkt zutreffend, auch den Halter des PKW, auf den der LKW aufgefahren war, in Anspruch nehmen könnte, wenn diesem nicht der Entlastungsbeweis aus § 7 Abs 2 StVG gelungen wäre; unter Umständen könnte dann sogar die Mit-Haftung des rechts parkenden Kraftwagens in Betracht kommen. Zu weit ginge es auch, einen Halter, dessen Fahrzeug sich infolge Versagens seiner Einrichtungen (§ 7 Abs 2 StVG) in der Straße quergestellt hat, für die Schäden haften zu lassen, die nachfolgende Kraftfahrer durch überfahren des Bürgersteiges angerichtet haben. 17 3. Hier war es nach alledem nicht die Betriebsgefahr des LKW oder die Fahrweise des Fahrers, die in zurechenbarer Weise zu den Schäden an dem Bürgersteig geführt hat. Diese mögen allerdings dadurch verursacht worden sein, daß der Fahrer des LKW diesen anschließend so lange stehen ließ, bis die hereingerufene Verkehrspolizei eintraf. Sollte er für die dadurch herbeigeführte Behinderung des Verkehrs (vgl § 1 StVO) keinen vernünftigen Grund (mehr) gehabt haben, so könnte aus diesem Verhalten eine Haftung für die von den ungeduldig gewordenen Kraftfahrern angerichteten Schäden hergeleitet werden (§ 823 Abs 1 und 2, hier § 839 BGB), so daß auch der Halter (nach § 831 BGB, hier die Beklagte nach Art 34 GG) haftbar sein könnte. Eine so begründete Haftung ist aber rechtlich von der Haftung aus dem vorausgegangenen Verhalten für die eigentlichen Unfallfolgen zu trennen. Jene Haftung könnte auch den treffen, der die Straße nicht durch ein Kraftfahrzeug (§ 7 StVG) sperrt oder an dem Unfall schuldlos gewesen war. 18 Unter welchen Voraussetzungen eine solche Haftung zu bejahen wäre, bedarf hier keiner Prüfung. In dieser Richtung hat die Klägerin gegen den Fahrer des LKW keine Vorwürfe erhoben. III. 19 55 Die Klägerin kann sich somit wegen der Schäden, die ihr jene Kraftfahrer zugefügt haben, lediglich an diese halten. Sie läuft zwar, nachdem diese nicht mehr zu ermitteln sind, Gefahr, den Schaden endgültig tragen zu müssen. Das aber ist ein allgemeines Risiko, das jeden Anlieger einer vom Verkehr benutzten Straße trifft und das sie nicht auf die Beklagte abwälzen kann (vgl H. Lange aaO S 53). Infolgedessen kann das angefochtene Urteil nicht aufrechterhalten bleiben (vgl die Bedenken von von Caemmerer DAR 1970, 290; Jagusch, Straßenverkehrsrecht, 19. Aufl § 7 StVG Anm 2d S 886). Mit Recht ist daher auch das "Grünstreifen-Urteil" des Landgerichts Düsseldorf angegriffen worden (Larenz, NJW 1955, 1009, und von Caemmerer, Das Problem des Kausalzusammenhangs, 1956 = Gesammelte Schriften S 398, 405). Auch im übrigen Schrifttum wird dieses Urteil überwiegend als unrichtig angesehen (H. Lange aaO; Wolf, Der Normzweck im Deliktsrecht, Göttinger Rechtswissenschaftliche Studien Bd 42 S 30; Rother NJW 1965, 180 und in Haftungsbeschränkungen im Schadensrecht 1965 S 26; Deutsch in der Festschrift für Honig 1970 S 33, 51; Esser Schuldrecht, Bd I 4. Aufl § 45 II 2 Fn 9; Erman/Sirp, BGB 4. Aufl § 249 Anm 3h; von Caemmerer DAR 1970, 290). 20 Somit war das die Klage abweisende Urteil des Landgerichts wiederherzustellen. BGH NJW 1985, 671 m. Anm. Deutsch Schadensersatz bei fehlgeschlagenem Schwangerschaftsabbruch* BGB §§ 611, 823, 847; StGB 1975 § 218a 1. Mißlingt bei festgestellter Notlagenindikation, die auch auf wirtschaftlichen Umständen beruht, dem Arzt schuldhaft der Schwangerschaftsabbruch, so hat er in der Regel wie im Falle der mißlungenen Sterilisation der Mutter des Kindes den Unterhaltsaufwand zu ersetzen. 2. Die Mutter kann den Anspruch nicht geltend machen, wenn sie sich einer alsbald möglichen, medizinisch zumutbaren und rechtlich noch erlaubten Wiederholung des Eingriffs verweigert. Jedoch entfällt der Anspruch grundsätzlich nicht, wenn die Mutter sich später weigert, die Schwangerschaft aufgrund einer anderen Konfliktlage (hier: medizinische Indikation) abbrechen zu lassen. 3. Der Arzt ist nicht ersatzpflichtig, wenn die Schwangere ihren ursprünglichen Entschluß aufgibt und das Kind nunmehr ohne Rücksicht auf etwaige Indikationslagen des § 218a StGB austragen will. 4. Auch bei fehlgeschlagenem Schwangerschaftsabbruch kommt ein Schmerzensgeldanspruch der Mutter in Betracht. BGH, Urteil vom 27-11-1984 - VI ZR 43/83 (KG) 56 Zum Sachverhalt: Die damals 35jährige, berufstätige und unverheiratete Kl. war ab 17. 11. 1978 in der Behandlung des Bekl., der eine gynäkologische Praxis in B. unterhielt. Am 19. 12. 1978 diagnostizierte der Bekl. bei der Kl. eine Schwangerschaft. Nach entsprechender ärztlicher Untersuchung und Beratung erteilte die Fachärztin für innere Krankheiten Dr. K der Kl. am 2. 1. 1979 eine „Bescheinigung zur Indikation für den Schwangerschaftsabbruch“. Sie kreuzte dabei auf dem Formular an: „Indikation aus sozialen Gründen“ und bescheinigte eine Schwangerschaft im 2. Monat. Am 9. 1. 1979 nahm der Bekl. im Krankenhaus V., einer Belegklinik, den Schwangerschaftsabbruch vor. Wegen von ihm festgestellter Myome in der Gebärmutter entschloß er sich dabei zur sogenannten Curettage. Da nach den Angaben des Bekl. bei dem Eingriff kein für eine pathologische Untersuchung ausreichendes Material gewonnen wurde, konnte er, wie er behauptet, nicht feststellen, ob der Eingriff zum gewünschten Erfolg geführt hatte. Er untersuchte die Kl. in der Klinik am 16. 1. 1979 manuell, stellte aber keinen Fortbestand der Schwangerschaft fest. Am 8. 2. 1979 untersuchte er erneut die Kl., die über zunehmende Beschwerden am Unterleib klagte. Er fand eine Gewichtszunahme und mittels Palpation eine Vergrößerung des Uterus und schloß daraus auf ein Wachstum der Myome. Er gab der Kl. darauf in einem verschlossenen Umschlag eine Einweisung in das A.-Krankenhaus mit, die die Diagnose „Uterus myomatosus" und die Indikation für eine Operation enthielt. Ob die Kl. sich in das Krankenhaus begeben hat, ist unter den Parteien streitig. Jedenfalls wurde sie dort nicht untersucht und behandelt. Am 12. 2. 1979 rief sie den Bekl. an und teilte mit, sie wolle sich noch einmal überlegen, ob sie sich operieren lasse. Der Bekl. forderte sie auf, sich umgehend im Krankenhaus untersuchen zu lassen. Indessen wartete die Kl. die Rückkehr ihres Freundes, des Erzeugers des Kindes, von einer Auslandsreise ab und ließ sich erst am 2. 3. 1979 im G.-Krankenhaus von dem Chefarzt der dortigen gynäkologischen Abteilung Dr. S untersuchen. Dieser stellte eine intakte Schwangerschaft bei Uterus myomatosus fest; er will auch Herztöne des Kindes gehört haben. Den Befund teilte die Kl. darauf dem Bekl. mit. Dieser untersuchte sie erneut und riet ihr zu einer Operation, wobei streitig ist, ob dabei nur von einer Entfernung der Myome oder auch von einem Schwangerschaftsabbruch die Rede gewesen ist. Die Kl. unterzeichnete jedenfalls am 12. 3. 1979 eine Einverständniserklärung zur Operation. Sie suchte aber am 13. 3. 1979 Prof. Dr. M im L.-Krankenhaus auf und ließ sich von diesem untersuchen sowie ausführlich, insbesondere auch über die Frage eines Schwangerschaftsabbruches, beraten. Sodann begab sie sich in das Beleg-Krankenhaus des Bekl., verweigerte aber am Morgen des 14. 3. 1979 die vorgesehene Operation und verließ die Klinik. Anschließend wurde sie in der Zeit vom 16. bis 31. 3. 1979 bei Prof. M im L.Krankenhaus stationär behandelt. Sie trug das Kind aus, das am 13. 7. 1979 mittels Kaiserschnitt geboren wurde. Dabei fand auch eine Hysterektomie des myomatosen Uterus (Entfernung der Gebärmutter) statt. Das Kind wurde zunächst von der Schwester der Kl. gegen Bezahlung versorgt, befindet sich aber inzwischen seit längerem bei der Kl. Der Erzeuger des Kindes zahlt monatlich 300 DM Unterhalt. Die Kl. verlangt vom Bekl. wegen der fehlgeschlagenen Schwangerschaftsunterbrechung Ersatz der Unterhaltsaufwendungen für ihr Kind, Zahlung eines Schmerzensgeldes sowie Feststellung der Ersatzpflicht des Bekl. für materielle Zukunftsschäden. Das LG hat der Klage im wesentlichen stattgegeben. Das KG hat sie abgewiesen. Die Revision der Kl. führte zur Aufhebung und Zurückweisung. 57 Aus den Gründen: I. Das BerGer. läßt offen, ob der Bekl. das Fortbestehen der Schwangerschaft hätte erkennen können und müssen. Es meint, daß ein etwaiges ärztliches Fehlverhalten jedenfalls nicht zu dem geltend gemachten Schaden geführt hat. Dazu erwägt es im wesentlichen: Die in der Rechtsprechung des BGH entwickelten Grundsätze zum Schadensersatz nach fehlgeschlagener Sterilisation ließen sich nicht auf einen mißlungenen Schwangerschaftsabbruch übertragen. Voraussetzung für einen Anspruch in solchen Fällen sei, daß die Entscheidung der Mutter für den Abbruch nicht mehr realisierbar sei. Die Kl. hätte aber den Eingriff zumindest aufgrund medizinischer Indikation noch vornehmen lassen können. Jedenfalls aber sei das Kind, was Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch sei, zum Zeitpunkt der Geburt für die Kl. nicht „unerwünscht“ gewesen. Aus einem Schreiben von Prof. M über die Behandlung und Beratung der Kl. ergebe sich nämlich, daß die Kl. sich im Verlauf der Gespräche mit ihm dazu entschieden habe, das Kind auszutragen, weil eine spätere Schwangerschaft wegen der myomatösen Gebärmutter ausgeschlossen gewesen sei und sie sich die einzige Möglichkeit, ein Kind zu gebären, habe erhalten wollen. Sie habe mithin ihre ursprüngliche Einstellung durch freiwilligen Entschluß geändert und das Kind nunmehr haben wollen. Der Anspruch der Kl. auf Zahlung des Schmerzensgeldes scheide schon deswegen aus, weil der Bekl. allenfalls die Beendigung einer schon bestehenden Schwangerschaft versäumt habe. Der Fortbestand einer Schwangerschaft und die damit verbundenen Beschwerden für die Kl. bedeuteten aber keine Verschlechterung ihres körperlichen Zustandes. II. Dem kann aus Rechtsgründen nicht in allen Punkten gefolgt werden. Das angefochtene Urteil erweist sich auch im Ergebnis nicht als richtig, weil es im entscheidenden Punkt, der Frage, ob die Kl. sich nicht nur unter dem Druck der Verhältnisse, sondern aufgrund einer grundsätzlichen Änderung ihrer inneren Einstellung zum Austragen des Kindes entschlossen hat, den Verfahrensrügen der Revision nicht standhält. 1. Für die Revisionsinstanz ist davon auszugehen, daß der Bekl. schuldhaft das Fortbestehen der Schwangerschaft bei der Kl. nach dem mißlungenen Eingriff vom 9. 1. 1979 nicht erkannt und deshalb die Schwangerschaft nicht entsprechend dem weiter bestehenden Willen der Kl. noch innerhalb der 12-Wochen-Frist des § 218a III StGB i. V. mit Abs. 2 Nr. 3 dieser Vorschrift mittels eines weiteren Eingriffs abgebrochen hat. Ein solches, dem Bekl. zuzurechnendes ärztliches Versagen, das zur Geburt des Kindes der Kl., die gerade verhindert werden sollte, geführt hat, kann Schadensersatzansprüche der Kl. wegen der Unterhaltsbelastungen für das Kind und - wegen immaterieller Schäden infolge körperlicher Belastung durch die Schwangerschaft - auch einen Schmerzensgeldanspruch entstehen lassen. Die dagegen gerichteten Bedenken des BerGer. und der Revisionserwiderung sind nicht begründet. a) Der Bekl. hatte sich der Kl. gegenüber vertraglich verpflichtet, die bei ihr bestehende Schwangerschaft abzubrechen. Ein nach § 218a StGB straffreier Abbruch der Schwangerschaft kann Gegenstand eines rechtswirksamen ärztlichen Vertrages sein, wie der Senat bereits entschieden hat (Senatsurt. BGHZ 86, 240 (244 ff.) = NJW 1983, 1371; BGHZ 89, 95 (98) = NJW 1984, 658). An dieser 58 Rechtsprechung wird auch gegenüber den Bedenken von G. Müller, NJW 1984, 1798 ff., festgehalten. Für die Frage, ob der Schwangerschaftsabbruch Gegenstand eines von der Rechtsordnung gebilligten Vertrages zwischen der Frau und dem den Eingriff vornehmenden Arzt sein kann, kommt es nicht darauf an, ob die in § 218a StGB bezeichneten sogenannten Indikationen für einen Schwangerschaftsabbruch Rechtfertigungsgründe sind, oder ob nur die Voraussetzungen für eine Straffreiheit in besonderen Fällen geregelt sind. Der Senat sieht auch jetzt keine Notwendigkeit, auf die dogmatischen Streitfragen hierzu einzugehen. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der geltenden Fassung des § 218a StGB haben weder die Parteien noch das LG und das KG gehabt. Der Senat hält die derzeitige gesetzliche Regelung nach den hierfür vom BVerfG verlangten Anforderungen (BVerfGE 39, 1 ff. (48 ff.) = NJW 1975, 574 ff.) entgegen vereinzelten anderslautenden Stimmen in der Literatur für verfassungskonform. Unter dieser Voraussetzung ist zivilrechtlich allein von Bedeutung, ob der Vertrag über die Vornahme des Schwangerschaftsabbruchs bei Vorliegen einer der gesetzlichen Indikationen gegen ein gesetzliches Gebot verstößt oder sittenwidrig ist. Beides ist nicht der Fall, wie die gesetzliche Gesamtregelung des Schwangerschaftsabbruchs einschließlich der sogenannten flankierenden Maßnahmen nach Ansicht des Senates eindeutig zeigt. Daran vermag die auf achtbaren sittlichen Gründen beruhende anderweitige Überzeugung derjenigen, die die derzeitige gesetzliche Regelung für sittlich anstößig, ja verwerflich und für verfassungswidrig halten, nichts zu ändern (zur notwendigen Toleranz gegenüber anderen Meinungen in diesem Falle vgl. Senat, NJW 1984, 2625 = VersR 1984, 864 m. w. Nachw.). Das alles gilt nicht nur für den Fall der sogenannten medizinischen Indikationen des § 218a II Nr. 1 StGB, sondern auch für die anderen gesetzlichen Indikationen, die den Schwangerschaftsabbruch straffrei machen, mithin auch für die hier von der Kl. in Anspruch genommene Notlagenindikation des § 218a II Nr. 3 StGB (sachlich ungenau häufig als soziale Indikation bezeichnet). Dabei geht es um die Respektierung eines ernsthaften Entscheidungskonfliktes der Mutter, die sich durch das Fortbestehen der Schwangerschaft und die zu erwartende Geburt des Kindes vor schwerwiegende Belastungen verschiedenster Art gestellt sieht, die sie in ihrer sozialen, wirtschaftlichen und seelischen Befindlichkeit treffen können (zusammenfassend zum Problem neuerdings Poettgen, DtÄrztBl 1984, 1918 ff. m. w. Nachw., der sich mit Recht gegen eine im Gesetz nicht vorgesehene verkürzte Sicht auf die wirtschaftliche Notlage wendet). Die Notlagenindikation ist mithin nicht weniger ernst zu nehmen als andere Indikationen und darf insoweit rechtlich auch nicht anders als diese behandelt werden. Im Streitfall hatte sich die Kl. den gesetzlichen Vorschriften entsprechend von der Ärztin Dr. K beraten lassen, die ihr das Vorliegen einer Notlagenindikation bescheinigt hat. Mangels festgestellter anderer Tatsachen ist für die Revisionsinstanz davon auszugehen, daß die tatsächlichen Umstände die Indikation zum Schwangerschaftsabbruch rechtfertigten und sich auch später nicht wesentlich geändert haben, so daß es keiner Entscheidung darüber bedarf, ob die Voraussetzungen für einen straffreien Schwangerschaftsabbruch im Einzelfall von den Zivilgerichten nachprüfbar sind und welche rechtliche Folgen sich aus einer anderen Beurteilung für etwaige Schadensersatzansprüche der Mutter ergeben können. 59 b) Mißlingt der erlaubte Schwangerschaftsabbruch durch Verschulden des Arztes, und kommt das Kind entgegen dem Wunsch der Mutter auf die Welt, verwirklicht sich diejenige Gefahr für die Mutter, der mit dem Eingriff gerade vorgebeugt werden sollte. Sie wollte die mit dem Austragen und Haben des Kindes verbundenen Belastungen gerade nicht auf sich nehmen. In aller Regel wird zu diesen Belastungen, die es abzuwenden galt, bei Vorliegen einer Notlagenindikation zum Schwangerschaftsabbruch gerade auch der Unterhaltsaufwand für das Kind gehören. Diese wirtschaftliche Seite wird deshalb in solchen Fällen von dem Schutzzweck des Arztvertrages mitumfaßt; mißglückt der Schwangerschaftsabbruch infolge ärztlichen Fehlverhaltens, so ist mithin auch die Belastung mit dem Unterhalt eine diesem Umstand zuzurechnende Schadensfolge (zur Unterhaltsbelastung durch die Geburt eines planwidrig auf die Welt gekommenen Kindes s. Senatsurt. BGHZ 76, 249 ff. = NJW 1980, 1450; NJW 1984, 2625). Freilich geht es im Falle des mißlungenen Schwangerschaftsabbruches nicht wie im Falle der mißlungenen Sterilisation um die Störung der Familienplanung in einer Ehe und auch nicht um die Störung der Lebensplanung einer unverheirateten Frau, die die Empfängnis eines Kindes von vornherein ausschließen will. Das führt indessen zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Auch der Entschluß zum erlaubten Schwangerschaftsabbruch ist eine Willensentscheidung der Frau, die ihr weiteres Lebens-Schicksal entscheidend beeinflußt. Sie wird deshalb in der Konfliktslage, in der sich die werdende Mutter befindet, vom Gesetz anerkannt. Der Arzt, der sich der Frau gegenüber zum Abbruch der Schwangerschaft bereit erklärt, stellt sich in den Dienst dieser ihrer Entscheidung und wird insoweit zum Garant für deren Durchsetzung, als er sich zum Einsatz des medizinisch Möglichen für die von ihm übernommene Aufgabe verpflichtet. Daran knüpft seine Schadensersatzpflicht an, wenn er seine vertraglichen Pflichten schuldhaft verletzt hat. Daß es in diesem Zusammenhang keinen Unterschied machen kann, ob die schwangere Frau verheiratet ist oder nicht, liegt auf der Hand. Es kommt nur auf die den Schwangerschaftsabbruch straffrei lassende Konfliktlage und die Einbeziehung ihrer Beseitigung in den Arztvertrag an. 2. Ein ersatzfähiger Schaden der Kl. entfällt dem Grunde nach weiter nicht deswegen, weil der Erzeuger des Kindes entsprechend seiner gesetzlichen Verpflichtung Unterhaltszahlungen leistet. Diese Zahlungen decken den Unterhaltsbedarf nicht vollständig. Es bleibt die von der Mutter für das Kind aufzuwendende Unterhaltsleistung in Form der Pflege und Sorge für das persönliche Wohl des Kindes, deren Vermögenskomponente sich in Geld bewerten läßt. Insoweit gilt hier nichts anderes als für den Unterhaltsschaden der Frau im Falle einer mißglückten Sterilisation. Die für seine Ersatzfähigkeit von dem erkennenden Senat aufgestellten Grundsätze sind auch auf die hier in Rede stehenden Fallgestaltungen anwendbar. Daraus ergibt sich weiter, daß die Kl. auch für die Zeit, in der sie ihr Kind durch ihre Schwester gegen Entgelt hat versorgen lassen, neben den Zahlungen des Erzeugers Anspruch auf Ersatz ihrer entsprechenden Baraufwendungen hat. Im übrigen kann zur Frage des Unterhaltsschadens der Mutter und der Abgrenzung zu den Unterhaltsaufwendungen des Vaters auf die grundsätzlichen Erwägungen im Senatsurteil BGHZ 76, 259 (269 ff.) = NJW 1980, 1452, verwiesen werden, aus denen sich auch die Maßstäbe für eine Aufteilung der geschuldeten Unterhaltsleistungen zwischen der Mutter des Kindes und dem nichtehelichen Erzeuger entwickeln lassen. Da der Mutter jedenfalls nur ein Anspruch auf Ersatz der ihr verbleibenden Unterhaltsaufwendungen als Schadensersatz zusteht, kann es im Ergebnis nicht zu einer doppelten Unterhaltsleistung an das Kind kommen. Ob und in 60 welchem Umfange dem Erzeuger des Kindes Ersatzansprüche gegen den Arzt zustehen und ob insoweit durch § 218a StGB, der allein auf die Interessen der Mutter abhebt, Grenzen gesetzt sind, ist nicht zu entscheiden, weil solche Ansprüche nicht geltend gemacht werden. 3. Der Anspruch der Kl. scheitert auch nicht schon daran, daß sie sich nicht alsbald im Februar 1979 der vom Bekl. vorgeschlagenen Operation der Myome im Uterus unterzogen hat. Freilich wird nach dem Fehlschlag eines Schwangerschaftsabbruches, wenn er innerhalb der ersten 12 Wochen nach der Empfängnis entdeckt wird, der Mutter, die einen den Umständen nach straffreien Schwangerschaftsabbruch weiter wünscht, ein erneuter Eingriff zugemutet werden können. Angesichts des Mißverhältnisses zwischen den Belastungen eines erneuten, nicht schweren operativen Eingriffs, und den von ihr befürchteten Schwierigkeiten wirtschaftlicher, sozialer und psychischer Art, die erst die Notlagenindikation für den Abbruch herbeiführen können, handelte sie widersprüchlich und damit arglistig, wenn sie den unter ihrer Mitwirkung noch wiedergutzumachenden Fehler des Arztes dazu benutzen würde, ihn an seinen schadensersatzrechtlichen Unterhaltsverpflichtungen festzuhalten. So liegt es aber im Streitfall nach den Feststellungen des BerGer. nicht. Die Kl. erfuhr nämlich erst am 12. 3. 1979 bei der Untersuchung des Dr. S, daß ihre Schwangerschaft fortbestand. Anfang Februar 1979 hatte ihr der Bekl. nichts darüber mitgeteilt; er ging ja auch selbst davon aus, daß der Schwangerschaftsabbruch gelungen war und daß sich das körperliche Befinden der Kl. aus dem Wachstum der Myome erklärte. Dann kann es der Kl. nicht, wie der Bekl. gemeint hat, angelastet werden, daß sie selbst nichts von der Schwangerschaft bemerkte. Selbst wenn sie ihre Regel nicht wiederbekommen hatte, mußte das für sie noch kein Alarmsignal sein, und andere Anzeichen für ein etwaiges Fortbestehen der Schwangerschaft hatte der Bekl. als der Fachmann ihr gegenüber anders gedeutet. 4. Endlich kann der Bekl. der Kl. nicht anlasten, daß sie sich im März 1979 nach Kenntnis von dem Fortbestehen der Schwangerschaft einem möglichen Schwangerschaftsabbruch, nun aber aus medizinischer Indikation nach § 218a I Nr. 2 StGB und aus einer etwaigen eugenischen Indikation nach § 218a II Nr. 1 StGB, nicht unterzogen hat. Selbst wenn eine solche Indikationslage bestand, betraf diese eine andere Konfliktslage. Es ging nicht mehr um einen Schwangerschaftsabbruch aus „sozialer“ Notlage; ein solcher hätte schon deswegen nicht mehr durchgeführt werden dürfen, weil die 12-Wochen-Frist seit der Empfängnis (§ 218a III StGB) längst verstrichen war. Nunmehr ging es in erster Linie um die Gesundheit der Kl. und um die Gesundheit des werdenden Kindes, die durch die Myome im Uterus der Kl. bedroht sein konnten. Mit Hilfe der jetzt, wie zu unterstellen ist, vorliegenden Indikationslage hätte die Kl. allerdings auch jetzt noch ihre nach einer durch die Geburt des Kindes zu befürchtende Notlage, die den ursprünglich gewünschten Schwangerschaftsabbruch rechtfertigte, beseitigen können. Daß sie von dieser rechtlichen Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat, entbindet den Bekl. indessen nicht von seiner Ersatzpflicht; dies schon deshalb nicht, weil er sie durch seine Fehlbehandlung, die hier zu unterstellen ist, in eine ganz andere Entscheidungssituation gebracht hatte. Die Kl. befand sich nunmehr mindestens im 5. Schwangerschaftsmonat. Das bedeutet, daß sie das werdende Kind als ein neues, selbständiges Leben in ganz anderer Weise wahrnahm. Ein Abbruch der Schwangerschaft war dazu jetzt nicht mehr als ein verhältnismäßig kleiner Eingriff 61 vaginal möglich, sondern nur mittels Bauchschnitt. Schon das sind Umstände, die die Entscheidungslage der Kl. für oder gegen das Kind völlig veränderten. Was sie in ihrer Not und Bedrängnis noch zu Beginn der Schwangerschaft hinzunehmen bereit war, konnte ihr verständlicherweise jetzt als nicht mehr verantwortbar erscheinen. Das ist einfühlbar und zu respektieren. Dabei spielt es keine Rolle, ob bei naturwissenschaftlicher oder ethischer Betrachtung Unterschiede in der Lebensqualität des Fötus in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten und danach gemacht werden können und dürfen. Im Vordergrund der rechtlichen Betrachtung muß die Person der Schwangeren stehen und die für sie sichtbaren und einfühlbaren Umstände, die für ihre Entscheidung zum Abbruch der Schwangerschaft oder zum Austragen des Kindes von Bedeutung sind. Wenn die Kl., wie sie hat vortragen lassen, im März 1979 trotz medizinischer Indikation zum Abbruch sich nunmehr für das Kind entschieden hat, weil sie den Abbruch jetzt als „Mord“ ansah, dann hat ein solcher Entschluß den Haftungszusammenhang zwischen dem Fehlverhalten des Bekl. und dem durch die Geburt des Kindes entstandenen Schaden von der Unterhaltsleistung nicht unterbrochen. 5. Anders läge es, wenn die Kl. angesichts der Eröffnung durch Prof. M, sie werde kein Kind mehr bekommen können, wenn sie nicht versuche, trotz aller Risiken das bereits empfangene auszutragen, sich nunmehr entschlossen hätte, wenigstens dieses Kind zu bekommen, weil sie in jedem Falle wenigstens ein Kind haben wollte. Das stellt das BerGer. im angefochtenen Urteil fest. In der Tat entfiele dann der rechtliche Grund für die Schadensersatzpflicht des Bekl., der nur darin liegen kann, daß er die Geburt des Kindes nicht im Interesse der Notlage der Mutter verhindert hat. Wenn diese selbst eine Notlage nicht mehr verhindern will, sondern im Gegenteil alles in Kauf nehmen will, weil sie anderen Sinnes geworden ist und jetzt auf jeden Fall ein Kind haben will, zeigt sie, daß sie den vom Bekl. vertraglich geschuldeten Schutz nicht mehr will, sondern den gegenteiligen Erfolg. Es fehlte damit an dem Zurechnungszusammenhang zwischen dem Fehlverhalten des Bekl. und der die Kl. belastenden Folge, nämlich der Geburt des Kindes und den daraus erwachsenden Unterhaltsbelastungen (vgl. dazu und zu der Frage, wann ein Kind im Rechtssinne „erwünscht“ oder „unerwünscht“ ist, Senat, NJW 1984, 2625). Indessen ist die entsprechende Feststellung des BerGer., wie die Revision mit Recht rügt, nicht verfahrensfehlerfrei zustandegekommen (§ 286 ZPO). a) Das BerGer. folgert den von ihm festgestellten „Sinneswandel“ der Kl. aus dem Inhalt des Schreibens von Prof. M an den Haftpflichtversicherer des Bekl. Der Inhalt des Schreibens, auf das sich beide Parteien im Laufe des Rechtsstreits bezogen haben, ist nicht streitig. Die Kl. hat überdies sämtliche Ärzte, die sie im Zusammenhang mit der Schwangerschaft behandelt haben, von ihrer Schweigepflicht entbunden. Deswegen bestehen keine Bedenken dagegen, daß das BerGer. das Schreiben bei der Entscheidung des Rechtsstreites als Parteivortrag gewürdigt hat. Indessen durfte es angesichts des entgegenstehenden Vortrages der Kl. aus den von Prof. M in seinem Schreiben gewählten Formulierungen nicht folgern, das lasse nur den Schluß zu, daß die Kl. sich im Verlaufe der Gespräche mit Prof. M entschieden habe, das Kind auszutragen, weil eine spätere Schwangerschaft ausgeschlossen schien und sie die ihr verbliebene einzige Möglichkeit, ein Kind zu gebären, sich erhalten wollte. Freilich liegt eine solche Deutung dem Wortlaut nach recht nahe. Sie ist aber einmal nicht die einzige Möglichkeit der Auslegung, zum anderen hat die Kl. einer solchen gerade widersprochen. In erster Instanz hat sie nach Einführung des Schreibens des Prof. M durch den Bekl., der unter Bezug 62 darauf behauptete, die Kl. habe sich mithin bewußt für das Kind entschieden, erwidern lassen, ihr sei vielmehr der Gedanke unerträglich gewesen, das in ihrem Mutterleib nun bereits ausgebildete Kind töten zu lassen. Nachdem der Bekl. in der Berufungsbegründung wiederum einen Sinneswandel der Kl. behauptet hatte, hat sie zur Frage eines „nachträglichen Einverständnisses“ ausführen lassen, es sei ja nun schon ausführlich dargelegt worden, daß die Kl. sich am 14. 3. 1979 aus ethischen und auch medizinischen Gründen gegen die Kaiserschnittoperation entschieden habe und nicht etwa, weil sie sich plötzlich zu diesem Zeitpunkt ein Kind gewünscht habe. b) Danach hat die Kl. entgegen der Ansicht des BerGer. die sich aus dem Inhalt des Schreibens von Prof. M ergebenden oder jedenfalls naheliegenden tatsächlichen Umstände und Gesprächsinhalte im hier interessierenden Kernpunkt in aller Deutlichkeit bestritten. Sie hat auch - was das BerGer. zu Unrecht vermißt dargelegt, sie habe sich zum Austragen des Kindes aus den oben unter II 4 dargelegten Gründen entschlossen. Danach fehlt den rechtlichen Erwägungen des BerGer. die tatsächliche Grundlage. Es wird vielmehr erst aufzuklären sein, ob die Kl. aus den vom Bekl. behaupteten Gründen das Kind nunmehr entgegen ihren früheren Bedenken und ohne Rücksicht auf die dadurch geschaffene wirtschaftliche Lage haben wollte. Dabei ist es grundsätzlich Sache des Bekl., einen solchen Sachverhalt, durch den Umstände geltend gemacht werden, die ausnahmsweise den bestehenden Zurechnungszusammenhang zwischen dem ärztlichen Fehlverhalten und eingetretenen Schaden entfallen lassen können, zu beweisen. Im Streitfall mag freilich nach dem unstreitig im Wortlaut vorliegenden Schreiben des Prof. M schon viel für die Darstellung des Bekl. sprechen, so daß die Kl. die gegen sie sprechenden Umstände entkräften müßte. Das mag das BerGer. aber mit den Parteien erörtern und entsprechende Beweisanträge anregen. Als unstreitig durfte es das Vorbringen des Bekl. nicht ansehen. 6. Rechtlich nicht haltbar sind darüber hinaus die Erwägungen, mit denen das BerGer. einen Anspruch der Kl. auf Zahlung von Schmerzensgeld abgelehnt hat. a) Ein etwaiger schuldhafter Behandlungsfehler des Bekl., der im Nichterkennen des Fortbestehens der Schwangerschaft und im Unterlassen eines rechtzeitigen weiteren Eingriffs liegen könnte, kann, sofern das zu einer Körperverletzung der Kl. geführt hat, auch einen Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung nach § 823 I BGB rechtfertigen. Es kommt dann auch ein Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld nach § 847 BGB, den die Kl. geltend macht, in Betracht. b) Der Senat hat in der Herbeiführung einer Schwangerschaft und Geburt entgegen dem Willen der betroffenen Frau, auch wenn es sich um einen normalen physiologischen Fall ohne Komplikationen handelt, eine Körperverletzung gesehen, die die Zubilligung eines Schmerzensgeldes rechtfertigen kann (Senat, NJW 1980, 1452 (1453), insoweit in BGHZ 76, 259, nicht abgedruckt). Mit Einschränkungen hat er einen Schmerzensgeldanspruch der Mutter auch dann für möglich gehalten, wenn die Schwangerschaft selbst (wie auch hier) zwar nicht auf dem Versagen des Arztes, sondern auf freier Entschließung der Mutter beruht oder von dieser doch hingenommen worden ist, nämlich für diejenige Schmerzbelastung, die schadensbedingt die mit einer natürlichen, komplikationslosen Geburt verbundenen Beschwerden übersteigt (BGHZ 86, 240 (248) = NJW 1983, 1371). Darüber hinaus können im Einzelfall die körperlichen und vor allem auch seelischen Belastungen der 63 Schwangeren durch den Fortbestand ihrer Schwangerschaft, soweit auch sie schadensbedingt sind, d. h. gerade auf das dem Arzt zuzurechnende Mißlingen eines frühzeitigen Schwangerschaftsabbruchs zurückzuführen sind, einen so schwerwiegenden Eingriff in ihre körperliche Befindlichkeit darstellen, daß ein Schmerzensgeld in Betracht kommt. Im Streitfall ist der Kl., wie der eindrucksvolle Verlauf der verschiedenen ärztlichen Untersuchungen und Behandlungen nach dem Fehlschlagen des geplanten Schwangerschaftsabbruchs, die erforderlich werdenden schwierigen persönlichen Entscheidungen sowie die drohenden, stets vor Augen stehenden Gesundheitsgefahren zeigen, körperlich und seelisch viel abverlangt worden, wofür der Bekl. verantwortlich sein kann. Das kann selbst unter Berücksichtigung dessen, daß die Kl. sich ohnehin zum Zwecke der Entfernung der myomatösen Gebärmutter einer Operation hätte unterziehen müssen, entgegen der Ansicht des BerGer., das die unterschiedliche Belastung im Verlauf einer komplikationslosen, „normalen“ Schwangerschaft im Vergleich zu dem, was die Kl. hat auf sich nehmen müssen, verkennt, eine billige Entschädigung in Geld rechtfertigen. 7. Das angefochtene Urteil beruht auf den aufgezeigten Rechts- und Verfahrensfehlern. Es ist deshalb insgesamt aufzuheben und die Sache an das BerGer. zurückzuverweisen. Derzeit ist nämlich nicht auszuschließen, daß das BerGer. nach der gebotenen weiteren Aufklärung zu der Überzeugung gelangt, daß dem Bekl. ein haftungsbegründendes ärztliches Fehlverhalten zur Last fällt, das eine Schadensverpflichtung der Bekl. auslösen kann, und zwar einschließlich der Verpflichtung zur Zahlung eines Schmerzensgeldes. N. Anmerkung: Dem Urteil ist zuzustimmen. Es verbindet Arztrecht und moderne haftungsrechtliche Theorie. Welches Urteil behandelte bisher schon den Schutzzweck, die Unterbrechung des Haftungszusammenhangs und den Zurechnungszusammenhang in einem Atemzug? Allerdings dienen alle drei Institute demselben Zweck, nämlich der Einschränkung des versari in re illicita. Nicht jede Folge eines Fehlers soll haftungsrechtlich ausgeglichen werden. 1. Schutzzweck und Gefahrverwirklichung. Nach den Gründen des vorstehenden Urteils ist der Unterhaltsschaden durch den Arzt nur zu ersetzen, wenn sich diejenige Gefahr für die Mutter verwirklicht, der mit dem Eingriff vorgebeugt werden sollte. Bei Vorliegen einer Notlagenindikation zum Schwangerschaftsabbruch gehöre dazu in aller Regel auch der Unterhaltsaufwand für das Kind. Deshalb werde die wirtschaftliche Seite in solchen Fällen vom Schutzzweck des Arztvertrages mit umfaßt. Dem kann man im ausgesprochenen Teil voll zustimmen, im nicht ausgesprochenen, vielleicht aber mitgedachten Teil ist eher ein Rat zur Vorsicht am Platze. Sollte das Gericht etwa meinen, daß eine mißlungene Sterilisation aus Gesundheitsgründen keinen Anspruch auf Unterhaltsschaden des dennoch geborenen Kindes gibt (so Staudinger-Medicus, BGB, 12. Aufl., § 249 Rdnr. 17). An dieser Stelle ist es wichtig, daran zu erinnern, daß aus vielerlei Gründen die wirklichen Motive für eine Sterilisation oder einen Schwangerschaftsabbruch nicht immer nach außen deutlich hervortreten. Auch spielt der Vertrauensgrundsatz eine erhebliche Rolle: Ist aus gesundheitlichen Gründen eine Sterilisation versucht 64 worden, so können sich die Eheleute auf den vertraglich versprochenen Erfolg grundsätzlich verlassen. Das Vertrauen bezieht dann den Vermögensschaden des nicht eingeplanten Kindes mit in den Schutzbereich der Vertragsverletzung ein. 2. Unterbrechung des Haftungszusammenhangs. Die Unterbrechung des Haftungszusammenhangs setzt für gewöhnlich voraus, daß durch vorsätzliches oder wenigstens bewußtes Dazwischentreten ein psychischer Kausalzusammenhang völlig in den Hintergrund gedrängt wird. Allerdings darf das Dazwischentreten nicht durch das schuldhafte Verhalten „herausgefordert“ sein (Steffen, in: RGRK, 12. Aufl., § 823 Rdnrn. 93 ff.; Deutsch, HaftungsR I, S. 164). Die vorliegende Entscheidung führt die Lehre von der Unterbrechung des Haftungszusammenhangs weiter. Auf seiten der Schwangeren handelt es sich nicht um positives Tun, sondern um ein Unterlassen der Mitwirkung. Auch wird ein normaler Kausalzusammenhang, nicht etwa eine psychisch vermittelte Kausalität unterbrochen. Aus diesen Gründen paßt auch das Merkmal der „Herausforderung“ nicht. Vielmehr handelt es sich um einen Haftungszusammenhang, der durch bewußtes Nichtmitwirken der Schwangeren möglicherweise gestoppt sein kann. Dazu kommt es darauf an, ob das Unterlassen der Mitwirkung auf vertretbare Motive zurückzuführen ist. Daß dies der Fall ist, hat der BGH unter Bezug auf die Person der Schwangeren zutreffend und nachvollziehbar dargelegt. Auf diese Weise hat das deutsche Gericht den Fehler eines englischen Richters vermieden, der nach einer fehlgegangenen Sterilisation das Krankenhaus wegen eines novus actus interveniens nicht für haftbar gehalten hatte. Die Unterbrechung des Kausalzusammenhangs sah er in der Weigerung der Schwangeren, einer Abtreibung zuzustimmen, obwohl sie zu der entscheidenden Zeit etwas mehr als vier Monate schwanger war (Emeh v. Kensington, Chelsea and Fulham Area Health Authority (The Times 3. 1. 1983)). 3. Zurechnungszusammenhang. Wie früher schon das Schweizerische Bundesgericht gestaltet der BGH nunmehr auch den Fahrlässigkeitsbegriff zunehmend zum relativen Rechtsbegriff um (vgl. BGE 64 II 254; Deutsch, Fahrlässigkeit und erforderliche Sorgfalt, S. 113). Zwischen dem Fehlverhalten und dem eingetretenen Schaden hat eine enge Verbindung zu bestehen, d. h. die Sorgfaltswidrigkeit muß sich in dem besonderen Schaden verwirklichen oder umgekehrt sorgfältiges Verhalten müßte nach der Vorstellung der Vertragsschließenden den Schaden hintangehalten haben. Das noch etwas undeutlich erscheinende Merkmal des Zurechnungszusammenhangs bedarf wohl noch weiterer Erhellung. 4. Operationspflicht und Mitverschulden. Als obiter dictum äußert der BGH, daß nach dem Fehlschlag eines Schwangerschaftsabbruchs, der innerhalb der ersten 12 Wochen nach der Empfängnis entdeckt wird, der Mutter ein erneuter Eingriff zugemutet werden könnte. Damit begibt sich das Gericht in einen gewissen Gegensatz zu der deutlichen Zurückhaltung schon des RG, aber auch ausländischer Gerichte, hinsichtlich der Zurechenbarkeit der sogenannten Operationspflicht beim Mitverschulden, § 254 BGB. Es ist zwar herrschende Lehre, daß der Geschädigte gehalten ist, eine gefahrlose und nicht mit nennenswerten Schmerzen verbundene Operation auf Kosten des Schädigers vornehmen zu lassen, wenn die Heilung oder eine beträchtliche Besserung mit Sicherheit zu erwarten ist. Jedoch hat das RG die Ablehnung einer Operation mangels Verschuldens auch wegen fehlender Entschlußkraft nicht als Mitverschulden angerechnet (RGZ 139, 131 (135); RG, JW 1935, 1402; ähnlich Selvanayagam v. University of the West Indies, Privy Council 65 1983 1 W. L. R. 585). Hier geht es allerdings um den erneuten Entschluß zum gleichen Eingriff, der schon vergeblich versucht worden ist. Aber könnte das nicht doch etwas anderes sein? Hat der Mut der Schwangeren vielleicht nur für einen Eingriff ausgereicht? Ist einmal wirklich keinmal? Professor Dr. Erwin Deutsch, Göttingen c) Weitere Sonderformen der Kausalität werden im Schadensrecht erörtert. 4. Rechtfertigungsgründe Siehe Grundkurs Ia (§ 20) 5. Verschuldensfähigkeit a) Zweck und Anwendungsbereich der §§ 827 ff. § 828 stellen auf einen Entschuldigungsgrund ab, der von einem streng subjektiven Maßstab gekennzeichnet ist. Den Verkehrsinteressen kommt lediglich § 827 S 2 sowie § 829 entgegen. Im Wesentlichen geht es dem Gesetzgeber um den Schutz von in der konkreten Situation schuldlos Bewusstlosen, Unzurechnungsfähigen, Behinderten und Minderjährigen (alte Personen fallen ggf unter die krankhafte Störung der Geistestätigkeit, welche die freie Willensbestimmung ausschließt). Allein die Präventionsfunktion trägt den Grund des Wechsels vom objektiven Maßstab bei der allgemeinen Fahrlässigkeitsdefinition zum subjektiven Maßstab der §§ 827, 828 demgegenüber nicht. Denn obwohl der objektive Verschuldensmaßstab im Prinzip Verhaltensanforderungen aufstellt, die vom Delinquenten subjektiv-konkret nicht erbracht werden können, die aber vom Verkehr erwartet werden, greift auch in seinem Anwendungsbereich – ja sogar in den Fällen der Gefährdungshaftung – die Präventionsfunktion (s oben Vor § 823). So gesehen lassen sich §§ 827, 828 eher als besondere Fälle verstehen, in denen der Gesetzgeber dem Verkehr schuldlose persönliche Unzurechnungsfähigkeit zumutet. Im Übrigen schränken die §§ 827 f das "Alles-oder-Nichts" – Prinzip nicht ein. Auch gibt es keine verminderte Zurechnungsfähigkeit wie in StGB § 21. Insgesamt schließen die §§ 827 f die Haftung (erst) auf der Verschuldensebene aus, und zwar unabhängig von dem Streit zwischen gemischt erfolgs- und verhaltensbezogenen und streng verhaltensbezogen ausgerichtetem Rechtswidrigkeitskonzept. 66 Im Bereich der Gefährdungshaftung gelten die §§ 827 f nicht unmittelbar, weil es mangels Verschuldenserfordernis nichts zu „entschuldigen“ gibt. Damit erhebt sich die Frage nach einer analogen Anwendung der §§ 827 f, und zwar in Bezug auf die Haltereigenschaft. Eine planwidrige Regelungslücke liegt offenbar vor. Zweifelhaft ist allein die Vergleichbarkeit der Interessenlage. Eine verbreitete Ansicht tritt für die analoge Anwendung der §§ 104ff ein. Indes erfassen diese Vorschriften nicht den Interessenkonflikt deliktischer Tatbestände. Nach einer weiteren Ansicht ist hinsichtlich der Begründung der Haltereigenschaft Minderjähriger weder auf die Geschäfts- noch auf die Deliktsfähigkeit abzustellen, sondern auf die Kriterien des Eigeninteresses und der Eigengewalt und den Reifegrad der Betroffenen. Doch sind derartige Kriterien außerhalb der §§ 104 ff, 827 f zu undeutlich. Schließlich wird zwischen der Begründung der Haltereigenschaft mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters (dann §§ 104 ff) und dem Halten des Tieres auf eigene Faust (dann § 828) unterschieden. Eine entsprechende Anwendung der §§ 827 f erscheint dann insoweit angebracht, als es sich um die Begründung der Haltereigenschaft ohne Wissen und Willen eines gesetzlichen Vertreters handelt. Selbst diese Auffassung greift in Bezug auf die Anwendbarkeit der §§ 827 f noch zu kurz. Schon unbeantwortet bleibt zunächst das Problem der nach Begründung der Haltereigenschaft eintretenden Geschäfts- bzw Deliktsunfähigkeit. Sodann sollte es keinen Unterschied machen, ob ein Minderjähriger mit einer gefährlichen Sache hantiert, die der Gefährdungshaftung unterliegt (typischerweise geht es um Tiere), oder nicht (im letzteren Fall sind die §§ 827 f ohnedies immer anwendbar). Daher sind in Bezug auf die Haltereigenschaft zur Zeit des schädigenden Ereignisses die §§ 827 f (bis hin zu § 829) analog anzuwenden. Dem Einwand, dass unklar sei, worauf sich die erforderliche Einsicht iSd § 828 Abs 2 zu beziehen hat, ist entgegenzuhalten, dass es nicht auf die Begründung der Haltereigenschaft, sondern – nicht anders als im Falle der Verschuldenshaftung – auf die (erlaubte, aber haftungsbewehrte und daher wenigstens de facto hintanzuhaltende) Gefahr ankommen muss. Haben die Eltern bzw hat der gesetzliche Vertreter der Begründung der Haltereigenschaft zugestimmt, so liegt die überhaupt die Haltereigenschaft des gesetzlichen Vertreters nahe. b) § 827. Nach S 1 ist Voraussetzung für den Ausschluss der Verantwortlichkeit des Täters für den Schaden, dass dieser im Zustand der Bewusstlosigkeit oder bei sonst krankhafter Störung der Geistestätigkeit, welche die freie Willensbestimmung 67 ausschließt, zugefügt worden ist. Unter Bewusstlosigkeit ist ein Zustand von solchem Tiefengrad zu verstehen, in dem die Fähigkeit zur Willenssteuerung aufgehoben ist. Bei voller Bewusstlosigkeit - so etwa im Zustand der Ohnmacht oder des Schlafes – fehlt es rechtlich gesehen bereits an der Möglichkeit einer Handlung. § 827 S 1 greift also erst ein, wenn bei gegebener Handlungsfähigkeit die Freiheit der Willensbestimmung aufgehoben ist. Als Bewusstlosigkeit iS des § 827 sind indessen (mit der Folge bloßer Zurechnungsunfähigkeit) auch starke Störungen des Bewusstseins anzusehen, die – ohne dass sie krankhaft zu sein brauchen – die freie Willensbestimmung ausschließen. Eine solche Störung kann uU bei einem Unfallschock, äußerster Erregung, schwerer Übermüdung, hypnotischen Zuständen, hochgradiger Trunkenheit (Umkehrschluss aus S 2), sonstigen Berauschungszuständen, panischem Schrecken oder kreislaufbedingtem "Blackout" vorliegen. Es kommt ganz auf den Einzelfall an. Das gilt auch bei alkoholbedingter Zurechnungsunfähigkeit. Die Überschreitung der Promille-Grenzen zur Annahme von Fahruntüchtigkeit genügt jedenfalls nicht zur Annahme der Zurechnungsunfähigkeit. Unterhalb der Schwelle von 2 o/oo ist jedenfalls ohne besondere weitere Umstände keine Deliktsunfähigkeit anzunehmen; als solch besondere Umstände kommen eine Ausschaltung des Bewusstseins durch einen Unfallschock in Kombination mit Alkoholkonsum, Drogenkonsum, jugendlichem oder hohem Alter in Betracht. Eine leichte Gehirnerschütterung genügt aber noch nicht. Die krankhafte Störung der Geistestätigkeit entspricht der in § 104 Nr 2 genannten. Ob es sich um einen dauernden oder einen vorübergehenden Zustand handelt, ist für § 827 ohne Bedeutung. Erforderlich ist nur, dass im Augenblick der Tat die freie Willensbestimmung durch die Störung völlig ausgeschlossen ist. Ein sog lucidum intervallum stellt ggfs also die Zurechnungsfähigkeit wieder her. c) § 827 S. 2 und „actio libera in causa“. Liegt zur Zeit der unmittelbar verletzenden Verhaltensweise Deliktsunfähigkeit vor, ist immer noch an ein sog Übernahmeverschulden (oder auch einleitendes Verschulden) zu denken. Da das Verschulden zur Zeit des zur Verletzung führenden Verhaltens vorgelegen haben muss, ist also eine Vorverlagerung des haftungsrechtlich relevanten Anknüpfungspunkts in Betracht zu ziehen. Befindet sich der Täter später im Zustand der Deliktsunfähigkeit, sind zunächst die Grundsätze der actio libera in causa anwendbar. Vorausgesetzt ist dafür, dass sich der Täter vorsätzlich oder fahrlässig in den Zustand der Unzurechnungsfähigkeit 68 gesetzt hat, sei es, dass er von vornherein plante, im Zustand der Deliktsunfähigkeit die Tat zu begehen, sei es, dass er hätte erkennen können, während der Deliktsunfähigkeit eine rechtswidrige Tat zu begehen. Es besteht keine Veranlassung, Grundsätze der actio libera in causa neben § 827 S 2 nicht anzuwenden. Die Vorverlagerung des haftungsrechtlich erheblichen, weil (noch) schuldhaften Verhaltens führt freilich dazu, dass die Kausalverbindung zwischen dem entsprechenden (vorverlagerten) Verhalten und dem Verletzungserfolg so dünn werden kann, dass die Grenze der objektiven Zurechenbarkeit überschritten ist. Dann hilft immer noch ggf § 827 S 2, der über die „normale“ haftungsrechtlichen Vorverlagerungsmöglichkeiten und die actio libera in causa hinausgeht. Noch im Rahmen der Grundsätze der actio libera in causa befindet man sich demgegenüber, wenn sich der Täter Mut antrinkt, um eine vorsätzlich-sittenwidrige Schädigung zu begehen und diese auch verwirklicht. Dabei ist zu beachten, dass § 827 S 2 nicht weiter hilft, wenn die Haftung Vorsatz (z. B. § 826) voraussetzt; hier greifen ggf allein die Grundsätze der actio libera in causa. Anders steht es in dem geradezu klassischen Beispiel, dass sich der Delinquent betrinkt und hernach mit seinem Pkw fährt, obwohl er damit rechnen musste, im Zustand der alkoholisierten Zurechnungsunfähigkeit seinen Wagen zu benutzen. d) § 828 und Verfassungsrechtliche Fragen. Kann der Minderjährige seine Zurechnungsunfähigkeit nicht darlegen und beweisen, haftet er nach dem Alles-oderNichts-Prinzip ggf in unbegrenzter Höhe. Es fragt sich, ob eine solche Konsequenz gegen sein Persönlichkeitsrecht verstoßen kann, zumal dann, wenn ihm dadurch die Möglichkeit zur Gestaltung seines späteren Lebens genommen wird. Ein – freilich anders gelagertes – Phänomen (Haftung für Verbindlichkeiten, welche die Sorgeberechtigten mit Wirkung zu Lasten eines Minderjährigen eingegangen sind „Kinder haften für ihre Eltern“) hat der Gesetzgeber im Anschluss an das BVerfG (BVerfGE 72, 155) in § 1629 a aufgegriffen. Die Haftung des einsichtsfähigen Minderjährigen für eigene Delikte wird dadurch freilich nicht berührt. In einem 1989 ergangenen Vorlagebeschluss hat das OLG Celle indes die Ansicht vertreten, die unbegrenzte Haftung von Kindern und Jugendlichen nach § 828 Abs 2 sei mit dem GG jedenfalls insoweit nicht vereinbar, als es sich um Fälle handelt, in denen auf Seiten des Kindes oder Jugendlichen nur leichte Fahrlässigkeit vorliegt, die uneingeschränkte Haftung zu einer wirtschaftlichen Existenzvernichtung führen 69 würde und die Entschädigung des Opfers von dritter Seite – zB durch eine Versicherung – gewährleistet ist; der Rechtsstreit wurde durch Vergleich erledigt. OLG Celle NJW-RR 1989, 791 = VersR 1989, 709 mAnm E Lorenz; vgl dazu Canaris JZ 1990, 679; Kuhlen JZ 1990, 273; Medicus AcP 192 (1992), 35, 65 ff. Zum Sachverhalt: Die Kl. nimmt die beiden Bekl., die zur Vorfallszeit 14 Jahre und 10 Monate sowie 15 Jahre und 8 Monate alt waren, aus übergegangenem Recht auf Ersatz eines Brandschadens in Anspruch. Am Abend des 22. 1. 1984 gegen 18. 00 hielten sich die Bekl. auf dem Gelände der Fa. S auf. Der Bekl. zu 1 holte aus einer Telefonzelle ein Telefonbuch, welches die Bekl. anzündeten, um sich zu wärmen. Streitig ist insbesondere, ob dieses Feuer vor oder in einem Anbau einer dort befindlichen Halle entzündet worden ist. In der darauffolgenden Nacht gegen 3. 00 wurde der Polizei ein Feuer auf demselben Grundstück gemeldet, das u. a. zur Vernichtung der Halle führte. Die Kl. zahlte an die Fa. S als deren Feuerversicherer in Teilbeträgen 330870,04 DM, die sie von den Bekl. erstattet verlangt. Der von der Kl. beauftragte Sachverständige I hat den Schaden auf 467774 DM geschätzt. Der Bekl. zu 1 ist nicht haftpflichtversichert. Das LG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, eine Brandstiftung durch die Bekl. stehe nicht fest. Auf die Berufung der Kl. erklärte das OLG den Klageanspruch gegen den Bekl. zu 2 dem Grunde nach zu 70 % für gerechtfertigt und verwies wegen der Höhe an das LG zurück; hinsichtlich des Bekl. zu 1 setzte es gem. Art. 100 I GG den Rechtsstreit aus und legte dem BVerfG die in dem Leitsatz enthaltene Frage zur Entscheidung vor. Aus den Gründen: A. ... I. Der von der Kl. geltend gemachte Anspruch ist nicht verjährt. (Wird ausgeführt.) ... II. ... 2. Nach Überzeugung des Senats gibt es keinen ernstlichen Zweifel daran, daß die Bekl. das Telefonbuch im Anbau angezündet, andererseits aber das Feuer vor dem Verlassen des Gebäudes ausgetreten haben, nach ihrer Einschätzung in ausreichendem Umfang, in Wirklichkeit aber nur in der Weise, daß Reste weiterglimmten und das Gebäude entzündeten. (Es folgt eine ausführliche Beweiswürdigung.) ... IV. Die Bekl. sind für die Schadensverursachung auch nach Maßgabe der §§ 823 I, 828 II BGB verantwortlich. 1. Eine Zurechnungsfähigkeit im Sinne dieser Vorschrift ist zu bejahen, wenn der Jugendliche die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht, d. h. die geistige Entwicklung besitzt, die ihn in den Stand versetzt, das Unrecht seiner Handlung gegenüber Mitmenschen und zugleich die Verpflichtung zu erkennen, in 70 irgendeiner Weise für die Folgen seines Verhaltens selbst einstehen zu müssen (BGH, NJW 1984, 1958). In dieser Hinsicht bestehen zunächst einmal schon deshalb keine ernstlichen Zweifel, weil nach der sprachlichen Fassung des § 828 BGB der Mangel der Einsicht nicht von Amts wegen zu berücksichtigen, sondern vom Täter zu behaupten und zu beweisen ist (BGH, VersR 1970, 467; NJW 1984, 1958). Da in dieser Hinsicht nichts vorgetragen worden ist, kann eine Haftung insoweit nicht verneint werden, ganz abgesehen davon, daß angesichts des Alters der Bekl. von knapp unter 15 bzw. über 15 Jahren auch sonst keine erkennbaren Zweifel an der zuvor näher beschriebenen Einsichtsfähigkeit bestehen (vgl. die empirischen Untersuchungen von Wille-Bettge, VersR 1971, 878 ff.). 2. Die Bekl. haben auch schuldhaft i. S. von § 276 BGB gehandelt, und zwar fahrlässig. Insoweit ist nach ständiger Rechtsprechung nicht auf die individuellen Fähigkeiten des Jugendlichen abzustellen, sondern darauf, ob ein normal entwickelter Jugendlicher dieses Alters die Gefährlichkeit seines Tuns hätte voraussehen und dieser Einsicht gemäß hätte handeln können und müssen (BGH, NJW 1970, 1038; 1984, 1958). Hinsichtlich dieses Verschuldens, welches der Geschädigte zu beweisen hat, ist ein Anscheinsbeweis mit der Einschränkung zulässig, daß es bei der Prüfung der Fahrlässigkeit nicht auf die persönliche Schuld des Jugendlichen ankommt, sondern objektiv darauf, was von einem Jugendlichen seiner Altersgruppe zu fordern war (BGH, NJW 1970, 1038). In dieser Beziehung ist zunächst daran zu erinnern, daß bei der Fahrlässigkeit generell nicht die Vorhersehbarkeit des konkreten Geschehensablaufes erforderlich ist, die Bekl. also nicht mit den Feinheiten der Entstehung eines Schwelbrandes vertraut zu sein brauchten. Ausgangspunkt ist vielmehr, daß das Telefonbuch und der in ihm befindliche Brandherd nicht vollständig ausgetreten worden sein kann, weil sich anderenfalls der Brand nicht entwickelt hätte. Das Verschulden der Bekl. liegt dementsprechend vor in bezug auf das nicht ordnungsgemäße Austreten des Feuers, zumal der Brand schon verhindert worden wäre, wenn die Bekl. ein paar Hand voll Schnee zusätzlich auf das Telefonbuch geworfen hätten. Gerade wenn ein dickes Telefonbuch vorher geglimmt hat, kann sich auch ein 15jähriger sagen, daß die Reste des Feuers auf einem Holzfußboden zur Entzündung führen können, mögen die Einzelheiten der Schadensentwicklung auch für ihn nicht vorhersehbar gewesen sein. V. Der Anspruch des S ist indessen durch ein Mitverschulden seinerseits zu kürzen (§ 254 BGB). (Wird ausgeführt.) ... B. Bezüglich des Bekl. zu 1 ist eine Vorlage an das BVerfG gem. Art. 100 BVerfGoten. I. Nach Überzeugung des Senats ist § 828 II BGB jedenfalls in denjenigen Fällen nicht mit der Verfassung (Art. 1, 2, 6 II 2 GG) vereinbar, in denen Kinder und/oder Jugendliche im Alter zwischen sieben und siebzehn Jahren in existenzvernichtender Weise auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden, obwohl ihnen einerseits nur leichtes Verschulden vorzuwerfen, andererseits aber die finanzielle Entschädigung des Opfers von dritter Seite gewährleistet ist. II. 1. Nach § 823 I i. V. mit § 828 I BGB haftet bereits ein Kind (in Übernahme der strafrechtlichen Terminologie: eine Person von sieben bis dreizehn Jahren) und/oder ein Jugendlicher (im Alter von vierzehn bis siebzehn Jahren) dann, wenn er einem 71 anderen einen Schaden zufügt, in unbegrenzter Höhe. Diese Haftung greift schon bei ganz geringem Verschulden, d. h. bei leichtester Fahrlässigkeit ein, und zwar mit dem Ergebnis, daß auch eine momentane und angesichts der Situation verständliche Unaufmerksamkeit eines Kindes oder Jugendlichen oder insbesondere ein Verhalten, welches typischerweise als „Dummenjungenstreich“ charakterisiert wird, zu einer unbegrenzten Haftung führt. 2. Nach Überzeugung des Senats reichen die in § 828 II BGB enthaltenen Schranken, die eine Haftung des Kindes bzw. des Jugendlichen von seiner Zurechnungsfähigkeit und dem Verschulden - bezogen auf ein normal verständiges Kind der entsprechenden Altersgruppe - abhängig machen, nicht aus, um in sämtlichen Fällen zu akzeptablen Ergebnissen zu gelangen. a) Was zunächst die Zurechnungsfähigkeit anbetrifft, so wird die erforderliche Einsicht im Sinne einer geistigen Entwicklung, die den Handelnden in den Stand setzt, das Unrecht seiner Tat gegenüber den Mitmenschen und zugleich seine Verpflichtung zu erkennen, in irgendeiner Weise für die Folgen seiner Handlung selbst einstehen zu müssen, in der Regel bei den typischen Fällen der Unaufmerksamkeit oder der „Dummenjungenstreiche“ zu bejahen sein, insbesondere bei Kindern oberhalb der Grenze von zehn Jahren. b) Auch das Erfordernis des Verschuldens wird regelmäßig zu sachgerechten Ergebnissen nicht ohne weiteres führen können. Wenn, um dies an einem Beispiel zu erläutern, ein zehn oder zwölfjähriges Kind, das ein schlechtes Zeugnis erhalten hat oder nicht versetzt worden ist, voller Angst vor Strafe nach Hause geht, deshalb unaufmerksam die Straße überquert und einen schweren Unfall mit hohem Schaden zu Lasten eines Autofahrers verursacht, der ihm ausweicht und dabei verunglückt, so wird regelmäßig nicht um die Feststellung herumzukommen sein, daß auch ein normaler Zehn- oder Zwölfjähriger selbst unter Berücksichtigung der konkreten Situation an die ihm seit vielen Jahren eingeimpfte Belehrung hätte denken können, daß Straßen nicht unaufmerksam überquert werden dürfen. Entsprechendes gilt für typisches kindliches Fehlverhalten beim Spielen und die bereits erwähnten „Dummenjungenstreiche“ trotz der vom BGH entwickelten Haftungseinschränkungen (z. B. BGH, NJW 1984, 1958), denn gerade auch im vorliegenden Fall hätten sich die Bekl. sagen können und müssen, daß schon das Anzünden eines Telefonbuches in einem Raum mit Holzfußboden gefährlich war und die Brandreste zumindest mit Schnee hätten gelöscht werden müssen. Die in jedem Kommentar zitierten Einzelfälle aus der Rechtsprechung belegen im übrigen dieses Urteil, ganz abgesehen davon, daß Gerichte dazu neigen, und zwar berechtigterweise, an das Verschulden - gerade eines versicherten - Kindes oder Jugendlichen nur geringe Anforderungen zu stellen, weil anderenfalls den möglicherweise schwer geschädigten Opfern sonst jegliche Entschädigung abgesprochen werden müßte. c) Ganz besonders problematisch ist die Haftung jedoch, weil es beim Verschulden auf die Sorgfalt eines durchschnittlichen Kindes dieser Altersgruppe ankommt (st. Rspr., z. B. BGH, NJW 1984, 1958), so daß gerade ein in seiner Entwicklung zurückgebliebenes Kind besonders scharf haftet. 3. Die in § 828 II BGB getroffene Regelung ermöglicht somit die Existenzvernichtung von Kindern und Jugendlichen, der sie sich im Ergebnis nicht entziehen können. 72 a) Richtig ist zwar, daß auch die menschlich nachvollziehbare und verständliche momentane kleine Unaufmerksamkeit eines Erwachsenen zu dessen unbegrenzter Schadensersatzpflicht führen kann, und zwar bei fahrlässigem Verhalten sowohl im beruflichen als auch im privaten Bereich. Die diesbezügliche gesetzliche Regelung erscheint jedoch deshalb vertretbar, weil in Teilbereichen (Stichwort: gefahrgeneigte Arbeit) jedenfalls bei leichter Fahrlässigkeit der Schadensersatzanspruch des Opfers durch den Arbeitgeber befriedigt wird, während der Erwachsene in den übrigen Fällen durch den Abschluß einer Berufs- und/oder einer Privathaftpflichtversicherung zu akzeptablen finanziellen Bedingungen die Folgen einer wirtschaftlichen Existenzvernichtung vermeiden kann, zumal eine derartige Privathaftpflichtversicherung bei einer Deckungssumme von 2 Mio. DM je nach Versicherungsgesellschaft lediglich zwischen 70 und 150 DM im Jahr kostet. b) Das der unbegrenzten Haftung unterliegende Kind bzw. der Jugendliche ist indessen nicht in der Lage, gegen existenzvernichtende Schadensersatzansprüche selbst Vorsorge zu treffen. Die Erwägung der Kl., das Kind oder der Jugendliche möge unter Berücksichtigung des § 110 BGB selbst eine Versicherung abschließen, kann nur als abwegig bezeichnet werden, und zwar zum einen deshalb, weil ein Zehnjähriger, der beispielsweise 2 DM pro Monat Taschengeld erhält, nicht zumutbarerweise davon eine jährliche Versicherungsprämie von 100 DM aufbringen kann und soll, vor allen Dingen aber auch deshalb, weil diesem Kind oder Jugendlichen die ihm drohenden Gefahren in der Regel überhaupt nicht bewußt sind. c) Ebenso abwegig ist die ferner angesprochene Möglichkeit, das Kind oder der Jugendliche möge im Falle eines Schadenseintritts bei seinen Eltern Regreß nehmen. Es ist aus psychologischen Gründen und im Interesse des notwendigen vertrauensvollen Eltern-Kind-Verhältnisses indiskutabel, von dem Kind bzw. dem Jugendlichen zu erwarten, er möge seine eigenen Eltern auf Zahlung von mehreren 100000 DM verklagen, weil sie ihn unter Verletzung der Sorgepflichten nicht ausreichend versichert hätten, ganz abgesehen davon, daß die finanzielle Leistungsfähigkeit der Eltern nicht gesichert ist und der Schaden dadurch, daß eventuelle Erbansprüche damit verkürzt oder zunichte gemacht werden, wiederum auf dem Kind bzw. dem Jugendlichen selbst hängenbleibt. Der entscheidende Punkt ist indessen nicht die finanzielle Konsequenz, sondern das unvertretbare Ansinnen einer gerichtlichen Auseinandersetzung innerhalb der Familie. III. Die Haftung nach § 828 II BGB ist mit der Verfassung nicht in allen Fällen vereinbar. 1. Die unbegrenzte Haftung von Kindern oder Jugendlichen hat deren wirtschaftliche Existenzvernichtung und häufig zweifellos auch die weitgehende Zerstörung ihrer Persönlichkeit zur Folge, die auch unter Berücksichtigung der Interessen des Opfers und der Allgemeinheit nicht mit der Würde des Menschen und dem Gebot der freien Entfaltung der Persönlichkeit, sowie dem Willkürverbot vereinbar ist. 2. Angesichts des im vorliegenden Fall angerichteten Schadens muß der Bekl. zu 1 mit einer Zahlungspflicht von etwa 116000 DM rechnen, wobei sich diese Summe pro Jahr um etwa 8000 DM für die Zinsen erhöht. Dieser Betrag ergibt sich auf der Basis des Grund-Urteils gegen den Bekl. zu 2, hinsichtlich der Zinsen unter Berücksichtigung des allgemeinen Erfahrungssatzes, daß die von der Kl. geltend gemachte Zinsforderung jedenfalls in einer Größenordnung von 7 % begründet 73 erscheint, weil Versicherungen die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel etwa mit dieser Rendite anlegen können. Der Bekl. zu 1, der nach seinen insoweit nicht angezweifelten und glaubhaften Angaben im Rahmen der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe über kein Vermögen verfügt, war zum Zeitpunkt der Tat knapp 15 Jahre alt, ihm stand ausweislich der Strafakten ein monatliches Taschengeld von 40 DM zur Verfügung. Selbst wenn er deshalb sein gesamtes Taschengeld - eine absurde Vorstellung angesichts des pädagogischen Gebots, Jugendliche den Umgang mit Geld erlernen zu lassen - zur Rückführung der Schulden eingesetzt hätte, so würde sich die Forderung der Kl. pro Jahr um etwa 7500 DM allein aufgrund der Zinsen erhöhen, wobei die Prozeßkosten bei einem Verfahren durch drei Instanzen in einer fünfstelligen Größenordnung noch gar nicht in Betracht gezogen worden sind. Wie dem Protokoll vom 14. 4. 1989 zu entnehmen ist, befindet sich der Bekl. zu 1 auch jetzt noch in der Ausbildung. Geht man davon aus, daß diese Ausbildung - wobei es sich nur um Annäherungswerte handeln kann - mit 17 Jahren beginnt, so würden ihm angesichts der Bruttovergütung von 730 DM im ersten, 1136 DM im zweiten und 1434 DM im dritten Lehrjahr mit 17 Jahren etwa monatlich netto 500 DM, mit 18 Jahren 700 DM und mit 19 Jahren etwa 900 DM zur Verfügung stehen. Unter Berücksichtigung der in § 850c ZPO festgelegten Pfändungsfreigrenze von 754 DM monatlich, wobei von den Besonderheiten beim Wohnen im elterlichen Haushalt abgesehen werden soll, wäre der Bekl. zu 1 an sich bis zum 18. Lebensjahr überhaupt nicht in der Lage, zur Tilgung seiner Schulden in irgendeiner Form beizutragen, so daß seine Verbindlichkeiten um jährlich mindestens 8000 DM und somit in den vier Jahren bis zum Erreichen des dritten Lehrjahres auf etwa 150000 DM nebst 7 % Zinsen gestiegen wären, mit der Folge, daß selbst im dritten Ausbildungsjahr bei einer Rückzahlung von monatlich 200 DM die Forderung pro Jahr allein im Hinblick auf die Zinsen um 5000 DM ansteigt - von den bereits erwähnten Prozeßkosten ganz abgesehen. Auch die eventuelle Verjährung von Zinsen nach § 197 BGB hilft dem Schuldner im Hinblick auf die Möglichkeiten der Unterbrechung nicht wesentlich weiter. Wenn man sodann unterstellt, daß der Bekl. zu 1 mit 20 Jahren einen Arbeitsplatz erhält und 2000 DM netto verdient, so müßte er allein 875 DM monatlich an Zinsen zahlen, wobei die Rückzahlung der Forderung als solche ihn für Jahrzehnte auf den Status eines Sozialhilfeempfängers verweist. Dabei hat der Senat bereits - worüber noch nicht rechtskräftig entschieden ist - die Forderung der Kl. wegen Mitverschuldens ihres Versicherungsnehmers um 100000 DM gekürzt. Der Bekl. zu 1 befindet sich darüber hinaus noch in der vergleichsweise glücklichen Lage, daß ein weiterer Schuldner zur Verfügung steht, von dem, weil er haftpflichtversichert ist, ein hälftiger Schadensausgleich tatsächlich erwartet werden kann mit der Folge der Verringerung der Hauptforderung und insbesondere der Zinslast. Gleichwohl verbleibt es dabei, daß der Bekl. zu 1 auch im vorliegenden Fall für eine leichte Fahrlässigkeit bzw. ein Verhalten, welches man als „Dummenjungenstreich“ charakterisieren kann, für Jahrzehnte, wenn nicht lebenslänglich, auf den einem Sozialhilfeempfänger vergleichbaren Status verwiesen werden wird. 3. Nach Auffassung des Senats verstößt eine derartige unbegrenzte Haftung bereits gegen Art. 1 GG. Es bedarf keiner psychologischen Beratung und auch nicht der Anwesenheit in der mündlichen Verhandlung, um erkennen zu können, daß die Jugend eines Menschen durch die psychische Belastung weitgehend zerstört wird, 74 wenn er sich derart unerfüllbaren Forderungen gegenübersieht. Es war für den Senat auch bedrückend zu erleben, daß der Bekl. zu 1 mit Zustimmung seiner Mutter sich bereiterklärte, aus verständlicher Verzweiflung über die drohende Existenzvernichtung einen Eid hinsichtlich seiner Aussage zu schwören, an welchem Ort das Telefonbuch angezündet worden ist, der nach Überzeugung des Senats ein Meineid gewesen wäre. Es liegt darüber hinaus auf der Hand, daß die auf den Bekl. zu 1 zukommende finanzielle Belastung seine Lebensplanung (Heirat, Kinder, Ausscheiden der Ehefrau aus dem Beruf, Berufsausbildung der Kinder) in einer Weise beeinträchtigt, daß von einer würdevollen und freien Gestaltung nicht mehr die Rede sein kann. Die dem Bekl. zu 1 drohenden Gefahren sind im übrigen deshalb sehr realistisch, weil es unter den Versicherungsgesellschaften keine Absprachen und/oder Regelungen gibt mit dem Ziel, die existenzvernichtende Inanspruchnahme von Kindern und/oder Jugendlichen zu vermeiden. Diese Situation mag zwar einerseits angesichts der Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles verständlich sein, könnte aber auch darauf beruhen, daß man durch ständige Pfändungsversuche bei dem Jugendlichen schließlich so viel Druck auf Eltern und Verwandte erzeugt, daß diese sich zur Übernahme eines erheblichen Teils der Verbindlichkeiten bereit erklären, um dem Jugendlichen eine vertretbare Lebensplanung zu ermöglichen, obwohl sie gesetzlich zum Ausgleich des Schadens nicht verpflichtet sind. Insgesamt besteht somit die realistische Gefahr, daß eine vernünftige Lebensplanung des Bekl. zu 1 noch für viele Jahre - wenn nicht Jahrzehnte - verhindert wird. 4. In verfassungsrechtlicher Hinsicht nimmt der Senat ergänzend Bezug auf eine Entscheidung des BVerfG (NJW 1986, 1859), in der es als ein Verstoß gegen Art. 2 i. V. mit Art. 1 GG angesehen worden ist, daß Eltern ihre Kinder finanziell in einer Weise verpflichten können, durch die in erheblichem Maße die Grundbedingungen der freien Entfaltung und Entwicklung und damit nicht nur einzelne Ausformungen allgemeiner Handlungsfreiheit, sondern die engere persönliche Lebenssphäre junger Menschen betroffen werden. Das BVerfG hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, es könne nicht ausgeschlossen werden, daß Eltern nicht fähig oder nicht bereit sind, den Anforderungen des Elternrechts zu entsprechen und der Gesetzgeber insoweit nach Maßgabe seines Wächteramtes (Art. 6 II 2 GG) aufgerufen sei, Regelungen zu treffen, die verhindern, daß der volljährig Gewordene nicht mehr als nur eine scheinbare Freiheit erreicht, und ihm Raum bleibt, um sein weiteres Leben selbst und ohne unzumutbare Belastungen zu gestalten (ebenso RefE 1967 des BMJ, S. 74). Dem ist nichts hinzuzufügen außer einer Begründung dafür, warum in Fällen der hier vorliegenden Art entsprechende Schlußfolgerungen gezogen werden sollten. Während in dem vom BVerfG entschiedenen Fall die Kinder überhaupt keinen Einfluß auf die wirtschaftlichen Dispositionen ihrer Eltern nehmen konnten, ist den Bekl. dieses Verfahrens immerhin ein gewisses Verschulden im Sinne des bereits erwähnten „Dummenjungenstreichs“ vorzuwerfen. Auch ein solcher rechtfertigt aber nach Maßgabe des Willkürverbots, wonach Anlaß und Reaktion in einem noch vertretbaren Verhältnis zueinander stehen müssen (BVerfG, NJW 1988, 2232), eine entsprechende Anwendung der Grundgesetzvorschriften, zumal die Fälle in einem entscheidenden Punkt parallel liegen, nämlich in bezug auf Eltern, die bei der Sorge für ihre Kinder den ihnen obliegenden Pflichten - vielleicht aus Unkenntnis - nicht nachgekommen sind, weil verantwortungsbewußte Eltern angesichts des 75 Spieltriebes und der typischerweise jungen Menschen eigenen Unachtsamkeit unter Berücksichtigung der finanziellen Konsequenzen eine Privathaftpflichtversicherung abschließen würden, um die Existenz ihrer Kinder nicht zu gefährden. Es ist deshalb auch unter Berücksichtigung des Art. 6 II 2 GG Aufgabe des Gesetzgebers, Kinder und junge Menschen nicht sehenden Auges bei unzulänglicher Wahrnehmung der Erziehungsaufgaben in ihr Verderben laufen zu lassen. IV. Es gibt auch vertretbare und sachgerechte alternative Lösungsmöglichkeiten für die zivilrechtliche Haftung Minderjähriger. 1. Wie der Senat insoweit nicht verkennt, obliegt ihm nicht die Aufgabe, dem Gesetzgeber Alternativlösungen zu empfehlen, zumal er dazu mangels ausreichender Informationsmöglichkeiten, die nur dem Gesetzgebungsapparat zur Verfügung stehen, gar nicht in der Lage ist. Wenn der Senat deshalb gleichwohl derartige Möglichkeiten kurz anspricht, so ausschließlich unter dem verfassungsrechtlichen Aspekt, nämlich deshalb, weil dann, wenn man allein die gegenwärtige Rechtslage als sachgemäß ansehen müßte, sie nicht gleichzeitig verfassungswidrig sein kann. Das wesentliche Kriterium für ein verfassungswidriges Gesetz liegt, wie das BVerfG (z. B. BVerfG, NJW 1988, 2232) mehrfach ausgesprochen hat, gerade darin, daß willkürliche - und/oder unverhältnismäßige Regelungen zum Gesetz erhoben werden, obwohl es andere gerechte und praktikable Lösungsmöglichkeiten gibt. Zur Klarstellung sei zunächst folgendes angemerkt: a) Die Ausführungen des Senats zur teilweisen Verfassungswidrigkeit des § 828 BGB beziehen sich nicht auf Fälle, in denen Kinder und/oder Jugendliche grob fahrlässig oder sogar vorsätzlich einen bestimmten Schaden herbeiführen. Mag es aus jugendpsychologischer Sicht möglicherweise problematisch sein, grobe Fahrlässigkeit auf die intellektuelle und emotionale Entwicklungsstufe des Kindes zu übertragen, so sind derartige Konstellationen auf jeden Fall nicht Gegenstand dieser Entscheidung. b) Der Senat ist ferner keineswegs der Auffassung, daß eine zivilrechtliche Haftung von Kindern oder Jugendlichen generell ausgeschlossen sein sollte, und zwar sowohl aus pädagogischen als auch aus generalpräventiven Gründen. c) Besondere Bedeutung würde bei der gesetzlichen Neuregelung auch dem Gedanken des Schutzes des Geschädigten zukommen müssen. Dieser Aspekt würde es dem Senat verfassungsrechtlich nicht geboten erscheinen lassen, eine Haftungsbegrenzung auch dort vorzunehmen, wo sich die finanzielle Situation des Täters und des Opfers entsprechen. Wenn deshalb ein Jugendlicher schuldhaft einen Schaden verursacht, der bei einem nichtversicherten und auch sonst finanziell schlecht gestellten - z. B. arbeitsunfähigen und/oder kranken - Opfer zur Existenzvernichtung führt, so müßte es bei der unbegrenzten Haftung des Schädigers bleiben. Zusammenfassend sei somit darauf hingewiesen, daß der Senat nur über die Verfassungswidrigkeit der unbegrenzten Haftung bei leichter Fahrlässigkeit zu entscheiden hat, die einerseits zur Existenzvernichtung des Jugendlichen führt, während das Opfer finanziell von anderer Seite befriedigt wird. 76 2. Bei der Erörterung von Alternativen mag zunächst einmal dahinstehen, ob die gesetzliche Regelung unter Berücksichtigung der Erkenntnisse der Entwicklungspsychologie (vgl. Wille-Bettge, VersR 1971, 878 ff., m. w. Nachw.) überhaupt sachgerecht ist. Jedenfalls ist die Problematik der gegenwärtigen Regelung bekannt, und deshalb wurde im Jahre 1967 ein Referentenentwurf zur Änderung und Ergänzung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vorgelegt - wobei frühere Reformbestrebungen außer Betracht bleiben können, in dem eine Neufassung des § 828 II BGB des Inhalts vorgesehen war, daß die Haftung von Kindern und Jugendlichen zwischen sieben und siebzehn Jahren angesichts der geringeren Einsichtsfähigkeit des Jugendlichen beschränkt werden sollte, und zwar auch insoweit, als es nach den Umständen, insbesondere nach den Verhältnissen der Beteiligten, der Billigkeit entsprach. a) Dieser Referentenentwurf, der, wie dem Senat bekannt ist, zur Zeit nicht weiterverfolgt wird, enthielt bereits eine jener möglichen vertretbaren Alternativlösungen, nämlich die grundsätzliche Haftung des Kindes aus generalpräventiven und pädagogischen Gründen, während andererseits auf eine existenzvernichtende Inanspruchnahme verzichtet wurde. Damit übereinstimmend hat v. Bar in seiner Stellungnahme (Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des SchuldR, Bd. II, hrsg. vom BMJ, 1981, S. 1739 ff., 1762) eine Vorschrift (Neufassung nach § 829 BGB) des Inhalts vorgeschlagen, daß Kinder und Jugendliche bis einschließlich siebzehn Jahren zum Schadensersatz insoweit nicht verpflichtet sind, als dies im Hinblick auf ihr Alter, ihre Entwicklung, die Art der Tat, der wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten und die übrigen Umständen des Einzelfalles nicht der Billigkeit entspricht. Bei der Feststellung der wirtschaftlichen Verhältnisse soll dabei ein vorhandener oder im Verkehr erwarteter Versicherungsschutz berücksichtigt werden. V. Bar weist dabei in der Begründung unter ausführlichen Hinweisen auf die internationale Rechtsentwicklung (S. 1740, 1774) darauf hin, daß eine Neuordnung der Haftung schuldunfähiger oder begrenzt schuldfähiger Personen angezeigt erscheint, wobei die Berücksichtigung des Versicherungsschutzes im Rahmen der schon jetzt in § 829 BGB geregelten Billigkeitsprüfung im übrigen auch der Rechtsprechung des BGH (NJW 1980, 1623) entspricht. b) Demgegenüber gäbe es als zweite Alternative grundsätzlich auch die Möglichkeit einer staatlichen Haftpflichtversicherung, wie dies - teilweise mit einer Altersbegrenzung - von einigen Autoren vorgeschlagen worden ist (vgl. die Literaturnachw. bei v. Bar, S. 1739, Rdnr. 10). Diese Lösung hätte den Nachteil, daß die Kosten vernünftiger Maßnahmen, wie der Abschluß einer Privathaftpflichtversicherung, zu denen sich verantwortungsbewußte und informierte Eltern ohnehin entschließen, auf die Allgemeinheit abgewälzt werden, während die Billigkeitshaftung selbst bei fehlendem Versicherungsschutz immer noch zu einer fühlbaren Inanspruchnahme des Schädigers führen würde, die seine Eltern erwünschtermaßen veranlassen könnte, selbst auf eigene Kosten eine derartige Versicherung abzuschließen. c) Als dritte Möglichkeit käme in Betracht, Eltern gesetzlich vorzuschreiben, eine Privathaftpflichtversicherung für ihre Kinder abzuschließen. Wie bereits dargelegt, gehört es nicht zu den Aufgaben und Befugnissen des Senats, dem Gesetzgeber Empfehlungen zu geben. Die voranstehenden Ausführungen 77 sollen nur verdeutlichen, daß es unter Berücksichtigung des RefE 1967, der internationalen Rechtsentwicklung und der sonst in der Literatur gemachten Reformvorschläge vertretbare Alternativen gibt, die es als insgesamt unerträglich erscheinen lassen, Kinder und Jugendliche für eine verständliche Unaufmerksamkeit lebenslänglich in ihren Entwicklungsmöglichkeiten zu beschneiden (und zwar auch und gerade solche, die in ihrer Entwicklung zurückgeblieben sind, mag das auch in concreto nicht der Fall sein). V. Nach Auffassung des Senats liegen auch die Voraussetzungen einer Richtervorlage i. S. von Art. 100 GG an das BVerfG vor. 1. Der Senat hat erwogen, von einer Vorlage vorerst deshalb abzusehen, weil einstweilen die Haftung der Bekl. nur in einem Grund-Urteil festgeschrieben wird und nach seiner Überzeugung eine teilweise Inanspruchnahme des Bekl. zu 1 nicht verfassungswidrig wäre, beispielsweise eine Verurteilung zum Ersatz von 20000 DM nebst Zinsen und anteiliger Gerichtskosten. Die Gültigkeit von § 828 BGB wäre somit dann (noch nicht) entscheidungserheblich, wenn im Betragsverfahren beispielsweise nur ein Schaden von 70000 DM festgestellt würde, weil der Senat dann nach Maßgabe der ständigen Rechtsprechung des BVerfG (BVerfGE 2, 266 (271) = NJW 1953, 1057; BVerfGE 7, 171 (173 ff.) = NJW 1958, 98 L; BVerfG 53, 257 (287) = NJW 1980, 692) im Falle der Gültigkeit der Norm nicht anders entscheiden würde als im Falle ihrer Ungültigkeit, denn eine Haftung von 24500 DM (70 %, davon die Hälfte) erschiene jedenfalls vertretbar. In Anbetracht der durch die Einreichung von Unterlagen zur Bewilligung von Prozeßkostenhilfe glaubhaft gemachten Vermögenslosigkeit des Schuldners einerseits sowie der Höhe der von der Kl. geltend gemachten Schadensersatzforderung andererseits ist der Senat indessen davon überzeugt, daß keine realistischen Aussichten dafür bestehen, im Betragsverfahren die Schadensersatzverpflichtung des Bekl. zu 1 umfangsmäßig auf eine Summe herabzusetzen, die dem Bekl. die bereits erwähnte Lebensperspektive nicht verschließt. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, daß Versicherungen erfahrungsgemäß bei der Auszahlung von Schadensersatzleistungen eher Zurückhaltung zu ihren Gunsten üben, die Gebäude abgebrannt sind und bereits ein Sachverständigengutachten vorliegt, in dem der von der Kl. geltend gemachte Schaden plausibel und nachvollziehbar dargelegt ist, so daß in Betragsverfahren realistische Änderungen, die über eine Größenordnung von 10000 DM bis 20000 DM hinausgehen, nicht zu erwarten sind. Selbst eine Kürzung im Betragsverfahren von 30000 DM würde sich im übrigen auf den Bekl. zu 1 nicht wesentlich - nämlich nur in Höhe von 10500 DM (70 %, davon die Hälfte) - auswirken. Auch im Hinblick auf die dem Senat bekannte drückende Arbeitsbelastung des BVerfG erscheint eine weitere Verzögerung einer Vorlage um mehrere Jahre bei der zu erwartenden Revision gegen das Grund-Urteil, dem anschließenden Betragsverfahren beim LG und der sich dann evtl. anschließenden Berufung - auch im Interesse des Bekl. zu 1, dessen Leben seit über fünf Jahren beeinträchtigt ist -, nicht vertretbar, wenn im Betragsverfahren realistischerweise erhebliche Abweichungen nicht zu erwarten sind. 2. Nach Auffassung des Senats besteht auch kein ernstlicher Zweifel daran, daß es sich bei § 828 BGB um ein sogenanntes nachkonstitutionelles Gesetz nach Maßgabe der Rechtsprechung des BVerfG (BVerfGE 2, 124 (128 ff.) = NJW 1953, 78 497; BVerfGE 18, 241 (252) = NJW 1965, 343; Maunz-Dürig, GG, Art. 100 Rdnr. 12; v. Münch-Meyer, GG, 2. Aufl., Art. 100 Rdnr. 13; Stern, in: BK, Art. 100 Rdnr. 86) handelt. Zwar ist die betreffende Vorschrift nicht nach dem Inkrafttreten des Grundgesetzes erlassen worden, ein nachkonstitutionelles Gesetz im Sinne dieser Vorschrift ist indessen auch dann zu bejahen, wenn der Gesetzgeber die betreffende Regelung in seinen Willen aufgenommen hat (BVerfGE 6, 55 (65) = NJW 1957, 417). Auch wenn in der Literatur (Maunz-Dürig, Art. 100 Rdnr. 14) bisweilen die Auffassung vertreten wird, das Kriterium der nachträglichen Willensaufnahme sei im Einzelfall kaum einer eindeutig rationalen Klärung fähig, so ergibt sich aus den zahlreichen Modifikationen des BGB nach Inkrafttreten der Verfassung in Verbindung gerade mit den hier erörterten Reformbestrebungen (RefE 1967, Entwurf des Gesetzes zur Neuordnung des zivilrechtlichen Persönlichkeits- und Ehrenschutzes aus dem Jahre 1959), daß der Gesetzgeber durch die Änderung zahlreicher Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches in Verbindung mit dem Festhalten an § 828 BGB gerade diese Vorschrift und die entsprechenden Haftungsregelungen in seinen Willen aufgenommen hat, so daß das Vorliegen eines nachkonstitutionellen Gesetzes nicht ernstlich zweifelhaft sein kann. 3. Es bedarf keiner weiteren Erörterung, daß der Senat nicht befugt ist, durch Auslegung der Vorschrift eine Haftungsbegrenzung auf ein vertretbares Maß selbst herbeizuführen, weil dies dem ausdrücklichen und erkennbaren Willen des Gesetzgebers widerspricht. Diese Entscheidung vermag jedoch in ihrer Grundkonzeption nicht zu überzeugen. Das Problem existenzbedrohender Schadensersatzpflichten ist allgemeinerer Natur. Es kann sich nicht nur in Fällen leichter Fahrlässigkeit ergeben und ist vor allem auch nicht auf den in § 828 geregelten Bereich der Verantwortlichkeit Minderjähriger beschränkt; dass diese nicht selbst durch Abschluss einer Haftpflichtversicherung Vorsorge treffen können, erscheint dabei nicht von entscheidender Bedeutung, zumal für Volljährige keineswegs von einer allgemeinen Obliegenheit oder Üblichkeit einer umfassenden privaten Haftpflichtversicherung ausgegangen werden kann und zudem auch an Schäden zu denken ist, die von einer solchen nicht gedeckt sind. Entschärft wird das Problem durch die in der neuen InsO enthaltenen Vorschriften über die Möglichkeiten der Restschuldbefreiung (InsO §§ 286ff) und des für Verbraucherinsolvenzverfahren und sonstige Kleinverfahren vorgesehenen Schuldenbereinigungsplanes (InsO §§ 305ff). Auch der Ausschluss der Restschuldbefreiung bei vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen eines Minderjährigen (InsO § 302 Nr 1) führt nicht per se zu unerträglichen Härten, blendet man nicht die Interessen des (evtl seinerseits minderjährigen) Opfers von vornherein aus. Zudem ist an alle sonstigen Möglichkeiten des Vollstreckungsschutzes ebenso zu denken (s insbes ZPO §§ 765a, 850f Abs 1 Buchst b) wie an die allgemeinen materiellrechtlichen Beschränkungen der Rechtsausübung. Rechtspolitisch spricht freilich vieles dafür, wenigstens im Bereich der Minderjährigenhaftung eine Reduktionsklausel an § 828 anzufügen, wenn man nicht – zu Recht – eine allgemeine Reduktionsklausel im Schadensrechts befürwortet. Der Preis dafür wäre (in beiden Fällen) allerdings eine gewisse Einbuße an Rechtssicherheit, was freilich allen Generalklauseln eigen ist. Und bekanntlich 79 konnte über die Generalklauseln, welche die Kodifikation des BGB seit jeher prägen, dieser über die Jahre hinweg die notwendige Flexibilität gesichert worden. e) Absolute Zurechnungsunfähigkeit - Kinder unter sieben Jahren (Abs 1). Kinder, die im Zeitpunkt der Handlung das 7. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sind unter dem Gesichtspunkt der Verschuldenshaftung für die von ihnen verursachten Schäden von vornherein als Deliktstäter nicht verantwortlich. Auf den Grad ihrer individuellen Reife kommt es nicht an. - Kinder von sieben Jahren bis zu zehn Jahren im Unfallrecht (Abs 2). Der Grund dafür, dass auch ein Kind nach Vollendung des siebten und vor Vollendung des zehnten Lebensjahres haftungsrechtlich nicht verantwortlich ist für einen Schaden, den es bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug, einer Schienenbahn oder einer Schwebebahn einem anderen zufügt, soll ieL darin liegen, dass Kinder im Allgemeinen erst ab dem zehnten Lebensjahr dazu im Stande sind, die besonderen Gefahren der Motorisierung im Straßen- oder Schienenverkehr zu erkennen und sich entsprechend zu verhalten. Insbesondere fällt es solchen Minderjährigen entsprechend schwer, Entfernungen und Geschwindigkeiten richtig einzuschätzen. Demgemäß besteht kein Grund für die Privilegierung, wenn der Minderjährige die Verletzung vorsätzlich herbeigeführt hat, wenn er also die entsprechende Entfernung oder Geschwindigkeit zutreffend einschätzte (§ 828 Abs 2 S 2). Nach dem eindeutigen Wortlaut reicht – auch im Rahmen von § 823 Abs 2 – nicht der verkürzte Verschuldensbezug, der sich mit einem vorsätzlichen Verstoß allein gegen Verhaltensnormen zufrieden gibt. Gedacht ist an den geradezu klassischen Fall von Kindern, die von der Autobahnbrücke Steine auf fahrende Autos werfen. Für den Vorsatz genügt jede Form des Vorsatzes bis hin zum dolus eventualis. Freilich muss jedenfalls die Möglichkeit eines Eintritts des Verletzungserfolges vom Jugendlichen klar und konkret erkannt worden sein; entsprechend deutliche Feststellungen sind im Urteil erforderlich. - Fraglich ist, inwieweit § 828 Abs 2 teleologisch einzuschränken ist. Vertreten worden ist zunächst eine teleologische Einschränkung der Norm in dem Sinn, dass sich der Unfall „beim Betrieb“ des Kraftfahrzeugs, der Schienen- oder Schwebebahn ereignet haben muss, so wie dies zB StVG § 7 erfordert. Dafür spricht, dass die Privilegierung des § 828 Abs 2 zunächst einmal auf der besonderen Schwierigkeit der Einschätzung von Geschwindigkeiten für Jugendliche beruhen soll. Dieser Aspekt greift beim ruhenden Verkehr allerdings von vornherein nicht, obwohl der ruhende Verkehr nach herrschender Meinung durchaus in den Schutzbereich von StVG § 7 fallen kann. Zudem hat der Gesetzgeber die abweichende Formulierung von StVG § 7, HaftpflG § 1 für § 828 Abs 2 nicht gewählt und Schwierigkeiten einer Abschätzung von Geschwindigkeiten auch nicht zum Tatbestandsmerkmal für das Eingreifen von § 828 Abs 2 erhoben. Vielmehr ist die Ungleichbehandlung von Unfällen mit und ohne motorisierten Verkehr offenbar auch zur Vermeidung von Abgrenzungsschwierigkeiten, die sich aus einer „Sonderdogmatik des Verkehrsunfalls“ in § 828 Abs 2 ergeben würden, in Kauf genommen worden. Zudem greift § 828 Abs 2 nicht einmal immer, wenn der Unfall aufgrund einer Fehleinschätzung von Geschwindigkeiten (zB mit dem Fahrrad, Roller, Rollschuhen, Kettcar uä) zustande kommt. Freilich ist dann besonders sorgfältig die konkrete Einsichtsfähigkeit des Jugendlichen im Rahmen von § 828 Abs 3 in Frage zu stellen. Die undifferenzierte Übernahme der Kriterien, die zur Präzisierung des Schutzbereichs von StVG § 7 entwickelt worden sind, könnte überdies zu 80 eigentümlichen Differenzierung führen: Hat – für das zB radfahrende Kind nicht erkennbar – der Fahrer des abgestellten Pkw schon den Motor angelassen, geschieht nach hM zu StVG § 7 der Unfall (Beschädigung des Pkw durch das Fahrrad des Kindes) ggf schon „beim Betrieb“; erst recht gilt das, wenn das Fahrzeug vom Kind im Stau oder an der Ampel im Vorbeifahren beschädigt wird. Beschädigt das Kind, das rechts an einer Schlange wartender Kraftfahrzeuge vorbeifährt, zugleich links und rechts (rechts geparkte) Fahrzeuge, würde nach der die Kriterien von StVG § 7 übernehmende Ansicht der Eigentümer des geparkten Fahrzeugs unter den Voraussetzungen von Abs 3 Schadensersatzansprüche erhalten können, der Eigentümer des im Stau oder an der Ampel wartenden Fahrzeugs wegen Abs 2 aber nicht. Der sachliche Unterschied dieser Konstellation zu im Verkehrsraum ordnungsgemäß geparkten Fahrzeugen (an die das Kind womöglich gerät, um nicht zu weit auf die Fahrbahnmitte zu gelangen) ist jedenfalls denkbar gering, wenn überhaupt vorhanden. All das zeigt, dass eine teleologische Reduktion von § 828 Abs 2 durch eine undifferenzierte Implantation des Schutzbereichs der Gefährdungshaftungstatbestände der StVG § 7, HaftpflG § 1 nicht angezeigt ist. Der BGH hat demgemäß vorsichtiger § 828 Abs 2 S 1 aus sich selbst heraus teleologisch ausgelegt: Der Schutzbereich des Haftungsprivilegs dieser Norm soll nur eingreifen, wenn sich bei der gegebenen Fallkonstellation eine typische Überforderungssituation des Kindes durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs realisiert hat. Das ist nicht der Fall (und demgemäß greift die Haftungsprivilegierung zugunsten des Kindes nicht ein), wenn Kinder – zB beim Wettrennen mit Kickboards – gegen ordnungsgemäß am rechten Straßenrand geparkte Fahrzeuge prallen und diese beschädigen. Ebenso liegt es, wenn Kinder mit Fahrrädern ordnungsgemäß geparkte Fahrzeuge beim Spielen beschädigen, wenn ein neunjähriger Fußgänger beim Spielen auf ein geparktes Auto fällt oder mit dem Ball ein geparktes Auto zerbeult. Derlei Fälle entsprechen wertungsmäßig solchen Konstellationen, in denen ein Kind mit einer Wand, einem Gartenzaun oder der Marmorstatue auf einem Privatgrundstück kollidiert; hier greift nur Abs 3. Indes hat der BGH ausdrücklich hervorgehoben, dass sich in besonders gelagerten Fällen auch im ruhenden Verkehr eine spezifische Gefahr des motorisierten Verkehrs verwirklichen kann. Zu prüfen ist demgemäß, ob im konkreten Fall die betroffenen Kinder durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs in typisierter Weise überfordert sind. Das kann auch bei dem zuvor erwähnten Fall angenommen werden, in dem Kinder mit dem Fahrrad im Stau oder an der Ampel Fahrzeuge beschädigen, und zwar unabhängig davon, ob es sich um Fahrzeuge handelt, die (links) in der Schlange des wartenden Verkehrs stehen, oder die zB rechts (an sich ordnungsgemäß) geparkt sind. Nur in diesem Rahmen wird mithin durch § 828 Abs 2 von Kindern bis zum Alter von zehn Jahren das haftungsrechtliche Risiko der unvorsätzlichen Beschädigung namentlich von Kraftfahrzeugen (oder durch Kraftfahrzeuge, BGB § 254, StVG § 9) genommen. BGH NJW 2005, 354 (s. ferner BGH NJW 2005, 356 – hier nicht abgedruckt) Tatbestand 1 Am 12. September 2002 veranstalteten der damals neun Jahre alte Beklagte zu 1 (nachfolgend: Beklagter), sein Zwillingsbruder und ein Klassenkamerad 81 auf der Fahrbahn der M.-straße in K. ein Wettrennen mit Kickboards. Obgleich der Beklagte im Umgang mit einem Kickboard geübt war, stürzte er aus Unachtsamkeit. Sein Kickboard prallte gegen den ordnungsgemäß am rechten Straßenrand geparkten PKW des Klägers. Es entstand ein Sachschaden, für den der Kläger nebst weiteren Folgeschäden vom Beklagten und - wegen einer Verletzung der Aufsichtspflicht - auch von dessen Eltern Ersatz begehrt hat. 2 Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht den Beklagten zu einem Schadensersatz in Höhe von 1.904,16 € verurteilt und seine weitergehende Berufung sowie die gegen seine Eltern gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Emtscheidungsgründe I. 3 Das Berufungsgericht, dessen Urteil in r+s 2004, 172 veröffentlicht ist, hat ausgeführt, der Beklagte sei gemäß § 823 Abs. 1 BGB verpflichtet, dem Kläger die aus der Beschädigung seines Fahrzeugs entstandenen Schäden zu ersetzen. 4 Ein Schadensersatzanspruch sei nicht nach § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB (n.F.) ausgeschlossen. Zwar könne nach dessen Wortlaut ein Sachverhalt wie der vorliegende ohne weiteres der Haftungsprivilegierung unterfallen. Der Gesetzeswortlaut reiche aber offensichtlich zu weit, weshalb er einschränkend auszulegen sei. Ausweislich der Gesetzesbegründung sei es ein wichtiges Ziel des Gesetzgebers gewesen, die haftungsrechtliche Situation von Kindern im motorisierten Verkehr nachhaltig zu verbessern und den Mitverschuldenseinwand gemäß §§ 9 StVG, 4 HPflG und 254 BGB im Verhältnis zu Kindern auszuschließen. Deshalb sei der Anwendungsbereich des § 828 Abs. 2 BGB dahin teleologisch zu reduzieren, daß ein "Unfall mit einem Kraftfahrzeug" nur vorliege, wenn sich die von einem in Bewegung befindlichen Kraftfahrzeug ausgehende typische Gefahr realisiert habe. Voraussetzung der Haftungsprivilegierung sei deshalb, daß sich das Kraftfahrzeug in Bewegung, also im sogenannten "fließenden" Verkehr befinde. Die von einem parkenden Kraftfahrzeug ausgehenden Gefahren würden sich nicht von denen eines ordnungsgemäß abgestellten Fahrrads, eines Baumes oder einer Mauer unterscheiden. Eine weitergehende Haftungsprivilegierung führte zudem zu unbilligen Ergebnissen. II. 82 5 Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand. 6 Der Beklagte ist gemäß § 823 Abs. 1 BGB verpflichtet, dem Kläger den aufgrund des Zusammenpralls seines Kickboards mit dessen PKW entstandenen Schaden zu ersetzen. 7 1. Unter den Umständen des Streitfalls hat das Berufungsgericht zutreffend angenommen, daß die Verantwortung des Beklagten nicht gemäß § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB ausgeschlossen ist. Da das schädigende Ereignis nach dem 31. Juli 2002 eingetreten ist, richtet sich die Verantwortlichkeit des minderjährigen Schädigers gemäß Art. 229 § 8 Abs. 1 EGBGB nach § 828 BGB in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung schadensrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 (BGBl I S. 2674). Danach ist für den Schaden, den er bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug einem anderen zufügt, nicht verantwortlich, wer das siebente, aber nicht das zehnte Lebensjahr vollendet hat. 8 a) Wie vom Berufungsgericht zutreffend gesehen, könnte der hier zu beurteilende Sachverhalt nach dem Wortlaut des neugefaßten § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB ohne weiteres unter das Haftungsprivileg für Minderjährige fallen. Aus seinem Wortlaut geht nicht hervor, daß das Haftungsprivileg davon abhängen soll, ob sich das an dem Unfall beteiligte Kraftfahrzeug im fließenden oder - wie der hier geschädigte parkende PKW - im ruhenden Verkehr befindet. Auch aus der systematischen Stellung der Vorschrift ergibt sich nicht, daß der Gesetzgeber einen bestimmten Betriebszustand des Kraftfahrzeugs zugrunde legen wollte, zumal er bewußt nicht das Straßenverkehrsgesetz, sondern das allgemeine Deliktsrecht als Standort für die Regelung gewählt hat (vgl. BT-Drucks. 14/7752, S. 26). Allein diese Auslegungsmethoden führten daher nicht zu dem Ergebnis, daß § 828 Abs. 2 BGB auf Fälle des fließenden Verkehrs von Kraftfahrzeugen begrenzt ist. Andererseits ist dem Wortlaut der Vorschrift auch nicht zweifelsfrei zu entnehmen, daß sie sich ohne Ausnahme auf sämtliche Unfälle beziehen soll, an denen ein Kraftfahrzeug beteiligt ist, wie schon die seit ihrem Inkrafttreten dazu veröffentlichten kontroversen Meinungen im Schrifttum zeigen (vgl. für eine weite Auslegung: Cahn, Einführung in das neue Schadensrecht, 2003, Rn. 232 ff.; Elsner DAR 2004, 130, 132; Jaklin/Middendorf, VersR 2004, 1104 ff.; MünchKommBGB/Wagner, 4. Aufl., § 828, Rn. 6; Pardey, DAR 2004, 499, 501 ff.; für eine einschränkende Auslegung: Ady, ZGS 2002, 237, 238; Erman/Schiemann, BGB, 11. Aufl., § 828 Rn. 2a; Heß/Buller, ZfS 2003, 218, 220; Huber, Das neue Schadensersatzrecht, 2003, § 3 Rn. 48 ff.; Kilian, ZGS 2003, 168, 170; Lemcke, ZfS 2002, 318, 324; Ternig, VD 2004, 155, 157). Im Hinblick darauf würde bei einer einschränkenden Auslegung oder bei einer im 83 Schrifttum und in der bisher veröffentlichten Rechtsprechung (vgl. neben dem Berufungsurteil auch LG Koblenz NJW 2004, 858 und AG Sinzheim NJW 2004, 453) in Bezug auf parkende Fahrzeuge befürworteten teleologischen Reduktion der Vorschrift jedenfalls keine einschränkende Anwendung vorliegen, die einem nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Gesetz einen entgegengesetzten Sinn verliehe oder den normativen Gehalt der auszulegenden Norm grundlegend neu bestimmte und deshalb nicht zulässig wäre (vgl. BVerfG NJW 1997, 2230). 9 b) Da der Wortlaut des § 828 Abs. 2 BGB nicht zu einem eindeutigen Ergebnis führt, ist der in der Vorschrift zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers mit Hilfe der weiteren Auslegungskriterien zu ermitteln, wobei im vorliegenden Fall insbesondere die Gesetzesmaterialien von Bedeutung sind. Aus ihnen ergibt sich mit der erforderlichen Deutlichkeit, daß das Haftungsprivileg des § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift nur eingreift, wenn sich bei der gegebenen Fallkonstellation eine typische Überforderungssituation des Kindes durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs realisiert hat. 10 Mit der Einführung der Ausnahmevorschrift in § 828 Abs. 2 BGB wollte der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung tragen, daß Kinder regelmäßig frühestens ab Vollendung des zehnten Lebensjahres imstande sind, die besonderen Gefahren des motorisierten Straßenverkehrs zu erkennen, insbesondere Entfernungen und Geschwindigkeiten richtig einzuschätzen, und sich den Gefahren entsprechend zu verhalten (vgl. BT-Drucks. 14/7752, S. 16, 26). Allerdings wollte er die Deliktsfähigkeit nicht generell (vgl. dazu Wille/Bettge, VersR 1971, 878, 882; Kuhlen, JZ 1990, 273, 276; Scheffen, 29. Deutscher Verkehrsgerichtstag 1991, Referat Nr. II/3, S. 97; dieselbe in Festschrift Steffen, 1995, S. 387, 388 ff.) und nicht bei sämtlichen Verkehrsunfällen (vgl. Empfehlungen des Deutschen Verkehrsgerichtstages 1991, S. 9; Antrag von Abgeordneten und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 18. Juli 1996, BT-Drucks. 13/5302, S. 1 ff.; Antrag von Abgeordneten und der SPD-Fraktion vom 11. Dezember 1996, BT-Drucks. 13/6535, S. 1, 5 ff.) erst mit Vollendung des zehnten Lebensjahres beginnen lassen. Er wollte die Heraufsetzung der Deliktsfähigkeit vielmehr auf im motorisierten Straßenoder Bahnverkehr plötzlich eintretende Schadensereignisse begrenzen, bei denen die altersbedingten Defizite eines Kindes, wie z.B. Entfernungen und Geschwindigkeiten nicht richtig einschätzen zu können, regelmäßig zum Tragen kommen (vgl. BT-Drucks. 14/7752, S. 26). Für eine solche Begrenzung sprach, daß sich Kinder im motorisierten Verkehr durch die Schnelligkeit, die Komplexität und die Unübersichtlichkeit der Abläufe in einer besonderen Überforderungssituation befinden. Gerade in diesem Umfeld wirken sich die Entwicklungsdefizite von Kindern besonderes gravierend aus. Demgegenüber weisen der nicht motorisierte Straßenverkehr und das allgemeine Umfeld von Kindern gewöhnlich keine vergleichbare Gefahrenlage auf (vgl. Bollweg/Hellmann, Das neue Schadensersatzrecht, 2002, Teil 3, § 828 BGB, Rn. 11; BT-Drucks. 14/7752, S. 16 f., 26 f.). Diese Erwägungen 84 zeigen, daß Kinder nach dem Willen des Gesetzgebers auch in dem hier maßgeblichen Alter von sieben bis neun Jahren für einen Schaden haften sollen, wenn sich bei dem Schadensereignis nicht ein typischer Fall der Überforderung des Kindes durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs verwirklicht hat und das Kind deshalb von der Haftung freigestellt werden soll. 11 Dem Wortlaut des § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB ist nicht zu entnehmen, daß der Gesetzgeber bei diesem Haftungsprivileg zwischen dem fließenden und dem ruhenden Verkehr unterscheiden wollte, wenn es auch im fließenden Verkehr häufiger als im sog. ruhenden Verkehr eingreifen mag. Das schließt jedoch nicht aus, daß sich in besonders gelagerten Fällen - zu denen der Streitfall aber nicht gehört - auch im ruhenden Verkehr eine spezifische Gefahr des motorisierten Verkehrs verwirklichen kann (vgl. etwa Senatsurteile BGHZ 29, 163, 166 f. und vom 25. Oktober 1994 - VI ZR 107/94 - VersR 1995, 90, 92). Der Gesetzgeber wollte vielmehr lediglich den Fällen einer typischen Überforderung der betroffenen Kinder durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs Rechnung tragen. Zwar wird in der Gesetzesbegründung ausgeführt, der neue § 828 Abs. 2 BGB lehne sich an die Terminologie der Haftungsnormen des Straßenverkehrsgesetzes an (vgl. BT-Drucks. aaO, S. 26). Die danach folgende Erläuterung, im motorisierten Straßenverkehr sei das deliktsfähige Alter heraufzusetzen, weil bei dort plötzlich eintretenden Schadensereignissen in der Regel die altersbedingten Defizite eines Kindes beim Einschätzen von Geschwindigkeiten und Entfernungen zum Tragen kämen (vgl. BT-Drucks. aaO S. 26 f.), zeigt aber deutlich, daß für den Gesetzgeber bei diesem Aspekt nicht das bloße Vorhandensein eines Motors im Fahrzeug ausschlaggebend war, sondern vielmehr der Umstand, daß die Motorkraft zu Geschwindigkeiten führt, die zusammen mit der Entfernung eines Kraftfahrzeugs von einem Kind vor Vollendung des zehnten Lebensjahres nur sehr schwer einzuschätzen sind (vgl. Bollweg/Hellmann, aaO). 12 Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, daß der Gesetzgeber nur dann, wenn sich bei einem Schadensfall eine typische Überforderungssituation des Kindes durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs verwirklicht hat, eine Ausnahme von der Deliktsfähigkeit bei Kindern vor Vollendung des zehnten Lebensjahres schaffen wollte. Andere Schwierigkeiten für ein Kind, sich im Straßenverkehr verkehrsgerecht zu verhalten, sollten diese Ausnahme nicht rechtfertigen. Insoweit ging der Gesetzgeber davon aus, daß Kinder in dem hier maßgeblichen Alter mit solchen Situationen nicht generell überfordert sind und die Deliktsfähigkeit daher grundsätzlich anzunehmen ist. Das wird auch deutlich bei der Begründung, weshalb das Haftungsprivileg in Fällen vorsätzlicher Schädigung nicht gilt. Hierzu heißt es, daß in diesen Fällen die Überforderungssituation als schadensursächlich auszuschließen sei und sich jedenfalls nicht ausgewirkt habe (vgl. BT-Drucks. 14/7752, S. 16, 27; Hentschel, NZV 2002, 433, 442). Allerdings kam es dem Gesetzgeber darauf 85 an, die Rechtsstellung von Kindern im Straßenverkehr umfassend zu verbessern. Sie sollte insbesondere nicht davon abhängen, ob das betroffene Kind im Einzelfall "Täter" oder "Opfer" eines Unfalls ist, denn welche dieser beiden Möglichkeiten sich verwirklicht, hängt oft vom Zufall ab (vgl. Medicus, Deutscher Verkehrsgerichtstag 2000, Referat Nr. III/4, S. 121; Bamberger/Roth/Spindler, BGB, § 828 Rn. 4). Die Haftungsprivilegierung Minderjähriger erfaßt deshalb nicht nur die Schäden, die Kinder einem anderen zufügen. Da § 828 BGB auch für die Frage des Mitverschuldens nach § 254 BGB maßgeblich ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 34, 355, 366), hat die Haftungsfreistellung Minderjähriger auch zur Folge, daß Kinder dieses Alters sich ihren eigenen Ansprüchen, gleichviel ob sie aus allgemeinem Deliktsrecht oder aus den Gefährdungshaftungstatbeständen des Straßenverkehrsgesetzes oder des Haftpflichtgesetzes hergeleitet werden, ein Mitverschulden bei der Schadensverursachung nicht entgegenhalten lassen müssen (vgl. BT-Drucks. 14/7752, S. 16; Bollweg/Hellmann, Das Neue Schadensersatzrecht, § 828 Teil 3, Rn. 5; Heß/Buller ZfS 2003, 218, 219). § 828 Abs. 2 BGB gilt deshalb unabhängig davon, ob das an einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug beteiligte Kind Schädiger oder Geschädigter ist. 13 Diese Grundsätze können im Streitfall jedoch nicht eingreifen, weil nach den Feststellungen des Berufungsgerichts unter den Umständen des vorliegenden Falles das Schadensereignis nicht auf einer typischen Überforderungssituation des Kindes durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs beruht, so daß das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht eine Freistellung des Beklagten von der Haftung verneint hat. 14 2. Entgegen der Auffassung der Revision steht auch § 828 Abs. 3 BGB einer haftungsrechtlichen Verantwortung des Beklagten nicht entgegen. 15 Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats besitzt derjenige die zur Erkenntnis seiner Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht im Sinne von § 828 Abs. 3 BGB, der nach seiner individuellen Verstandesentwicklung fähig ist, das Gefährliche seines Tuns zu erkennen und sich der Verantwortung für die Folgen seines Tuns bewußt zu sein. Auf die individuelle Fähigkeit, sich dieser Einsicht gemäß zu verhalten, kommt es insoweit nicht an (vgl. Senatsurteile vom 28. Februar 1984 - VI ZR 132/82 - VersR 1984, 641, 642 m.w.N. und vom 29. April 1997 - VI ZR 110/96 - VersR 1997, 834, 835). Die Darlegungs- und Beweislast für das Fehlen der Einsichtsfähigkeit trägt der in Anspruch genommene Minderjährige; ab dem Alter von 7 Jahren wird deren Vorliegen vom Gesetz widerlegbar vermutet (vgl. Senatsurteil vom 29. April 1997 - VI ZR 110/96 - aaO; Baumgärtel/Strieder, 2. Aufl., § 828 BGB, Rn. 2 m.w.N.). 16 86 Der Beklagte hat zu einem Mangel, das Gefährliche seines Tuns erkennen und sich der Verantwortung seines Tuns bewußt sein zu können, nichts vorgetragen. Der von der Revision herangezogene Vortrag, der Beklagte habe mit dem Kickboard zunächst die Fahrbahn einer Spielstraße befahren und habe deren Ende im Eifer des veranstalteten Wettrennens übersehen, bevor es zu dem Unfall mit dem PKW des Klägers gekommen sei, betrifft nicht die Einsichtsfähigkeit des Beklagten im Sinne von § 828 Abs. 3 BGB. 17 3. Mit Recht hat das Berufungsgericht auch ein fahrlässiges Verhalten (§ 276 BGB) des Beklagten bejaht. 18 a) Ein solches Verhalten setzt voraus, daß die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer acht gelassen (§ 276 Abs. 2 BGB) und dabei die Möglichkeit eines Schadenseintritts erkannt oder sorgfaltswidrig verkannt wurde sowie ein die Gefahr vermeidendes Verhalten möglich und zumutbar war (vgl. Senatsurteile BGHZ 58, 48, 56 und vom 10. November 1992 - VI ZR 45/92 VersR 1993, 230, 231; BGH Urteil vom 23. Oktober 1952 - III ZR 273/51 - LM Nr. 1 zu § 828 BGB). Dabei ist dem Alter des Schädigers Rechnung zu tragen (vgl. BGH Urteil vom 23. Oktober 1952 - III ZR 273/51 - aaO). Bei einem Minderjährigen kommt es darauf an, ob Kinder bzw. Jugendliche seines Alters und seiner Entwicklungsstufe den Eintritt eines Schadens hätten voraussehen können und müssen und es ihnen bei Erkenntnis der Gefährlichkeit ihres Handelns in der konkreten Situation möglich und zumutbar gewesen wäre, sich dieser Erkenntnis gemäß zu verhalten (vgl. Senatsurteile vom 27. Januar 1970 - VI ZR 157/68 - VersR 1970, 374, 375 und vom 29. April 1997 - VI ZR 110/96 - VersR 1997, 834, 835). 19 b) Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Kinder in der Altersgruppe des Beklagten wissen, daß sie sich so zu verhalten haben, daß ihr Kickboard nicht gegen einen parkenden PKW prallt und diesen beschädigt. Es ist ihnen auch möglich und zumutbar, dieses Spielgerät so zu benutzen, daß eine solche Schädigung vermieden wird. Die danach gebotene Sorgfalt hat der Beklagte mißachtet, indem er im Wettrennen mit seinem Bruder und einem Freund so schnell fuhr, daß er stürzte und sein Kickboard führungslos mit dem PKW des Klägers zusammenstieß. Insoweit ist ohne Bedeutung, ob der Beklagte das Ende der Spielstraße im Eifer des Wettrennens übersah, da er die vorgenannten Sorgfaltspflichten auf allen Verkehrsflächen hätte beachten müssen. 20 4. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, daß sich unter den vom Berufungsgericht festgestellten Umständen die Betriebsgefahr des parkenden Fahrzeugs ausgewirkt haben könnte, so daß auch nicht eine Mithaftung des Klägers nach den Grundsätzen des § 254 BGB in Betracht kommt. 87 f) Relative Zurechnungsunfähigkeit (§ 828 Abs 3). Für alle Jugendlichen, die das siebente, aber noch nicht das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, trifft Abs 3 außerhalb von Unfällen, die Jugendliche im Sinne des Abs 2 verursacht haben, eine differenzierende Regelung: Sie sind für den Schaden, den sie einem anderen zufügen, dann nicht verantwortlich, wenn sie nach dem Stand ihrer persönlichen Entwicklung bei Begehung der Tat nicht die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht haben. Ebenso wie früher StGB § 56 stellt das Gesetz damit (im Gegensatz zu JGG § 3, vgl auch StGB § 20) lediglich auf die intellektuelle Fähigkeit des Täters ab und nicht auch darauf, ob er imstande ist, nach seiner Einsicht zu handeln. Die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht setzt nach ständiger Rechtsprechung einen Stand der geistigen Entwicklung voraus, der es dem Jugendlichen ermöglicht, das Unrecht seiner Handlung und zugleich die Verpflichtung zu erkennen, in irgendeiner Weise für die Folgen seines Verhaltens einzustehen. g) Billigkeitshaftung (§ 829). - Zweck. Im Wesentlichen handelt es sich bei § 829 um einen Ausdruck für die Abwägung der Interessen des (unzurechnungsfähigen) Schädigers einerseits und des Geschädigten andererseits. Zwar mutet man dem Geschädigten prinzipiell zu, deliktsrechtlich erhebliches Verhalten des Delinquenten, das sich zum Nachteil des Geschädigten auswirkt, ohne haftungsrechtliche Konsequenzen zu ertragen, gewissermaßen als Unglück. Doch wenn der Delinquent namentlich aus wirtschaftlichen Gründen ohne Weiteres oder doch wenigstens wesentlich eher in der Lage ist, den Schaden zu tragen, als der Geschädigte, genügt die kausal verursachte und objektiv zurechenbare Realisierung der Gefahr, die von dem unzurechnungsfähigen Delinquenten ausgegangen ist, für die Schadenszurechnung. § 829 federt also die Konsequenzen der §§ 827, 828 ab. § 829 ist in diesem Sinn Ausdruck des Bemühens um Verteilungsgerechtigkeit. Der BGH (VersR 1958, 485, 487) sprach sogar vom "Millionärsparagraphen". - Voraussetzungen: (1.) § 829 setzt zunächst voraus, dass in einem der Fälle der §§ 823 bis 826 der Schädiger eigentlich haften würde, aber auf Grund der §§ 827, 828 für den von ihm verursachten Schaden deliktsrechtlich nicht verantwortlich ist. Angesichts des Zwecks von § 829 ist die Norm auch im Rahmen der Sondertatbestände des Deliktsrechts als Sonderausprägungen der §§ 823 bis 826 anzuwenden. Angesichts des engen Zusammenhangs der Ansatzpunkte erkennt der BGH (BGHZ 39, 281) des weiteren mit Recht die entsprechende Anwendbarkeit der Vorschrift insoweit an, als ein jugendlicher Schädiger zwar über so viel allgemeine Einsicht verfügt, dass er nicht schuldunfähig ist, aber nach Maßgabe des typischen Entwicklungsstandes von Personen seiner Altersgruppe nicht die Reife besitzt, die in der konkreten Lage zur Bejahung eines Verschuldens erforderlich ist. Mindestvoraussetzung ist aber das Erfordernis des "natürlichen Vorsatzes", wenn es auf den Vorsatz tatbestandlich notwendigerweise ankommt. (2.) Seinem Wortlaut nach ist § 829 nur für Fälle der deliktischen Haftung der §§ 823826 anwendbar, vorausgesetzt, die Haftung entfällt aufgrund der §§ 827, 828. Da – wie erwähnt - § 827 S 1 mit der Bewusstlosigkeit auch Fälle erfasst, in denen es an einem deliktsrechtlich relevanten willensgesteuerten Verhalten fehlt, ist in neuerer Zeit vorgeschlagen worden, diese Fälle im Wege der teleologischen Restriktion aus dem Anwendungsbereich von § 829 auszuklammern. Dem liegt die Vorstellung 88 zugrunde, dass § 829 ausnahmslos eine tatbestandliche und rechtwidrige Schädigung voraussetzt. Angesichts der eindeutigen Einbeziehung der Bewusstlosigkeit des § 827 S 1, die kaum auf einem Redaktionsversehen beruhen kann, überzeugt dies nicht. Vielmehr muss zugegeben werden, dass § 829 in solchen Fällen auch ohne tatbestandsmäßig-rechtswidrige Tat im eigentlichen Sinne eingreifen kann. (3.) § 829 setzt des weiteren voraus, dass der Ersatz des Schadens nicht von einem aufsichtspflichtigen Dritten (§ 832) erlangt werden kann. Das gilt auch im Falle öffentlich-rechtlicher Aufsichtspflichten (zB in der Schule). (4.) Sodann ist die Ersatzpflicht sowohl hinsichtlich des Grundes als auch hinsichtlich der Art und des Umfanges davon abhängig, dass die Billigkeit nach den gesamten Umständen des Falles, insbesondere nach den Verhältnissen der Beteiligten, trotz der Zurechnungsunfähigkeit des Schädigers eine Schadloshaltung erfordert. Zu berücksichtigen sind dabei außer der wirtschaftlichen Lage und den Bedürfnissen der Beteiligten vor allem die Besonderheiten der Zufügung und Entstehung des Schadens. Erhebliche Schwierigkeiten bereitet dabei insbesondere die Frage, ob bei der Entscheidung über die Billigkeit das Bestehen einer Haftpflichtversicherung des Schädigers zu berücksichtigen ist. Die Problematik ergibt sich daraus, dass die Haftpflichtversicherung an sich nicht dazu bestimmt ist, eine Haftung des Schädigers gegenüber dem Geschädigten zu begründen, sondern dass ihr Eingreifen die Haftung des Schädigers voraussetzt. Der BGH hat in BGHZ 23, 90, 100 die Berücksichtigung einer bestehenden Haftpflichtversicherung bejaht, bei der es sich um eine Pflichtversicherung handelte, ohne dass aber das Urteil hierauf besonders abhebt. In später entschiedenen Fällen freiwilliger Versicherungen hat er dann dahingehend differenziert, dass für die Frage, ob überhaupt eine Schadloshaltung geboten sei, die Haftpflichtversicherung außer Betracht zu bleiben habe, dass sie dagegen zu berücksichtigen sei, soweit es sich um die Höhe der Haftung handle (BGH NJW 1958, 1630). Inzwischen hat er aber eingeräumt, dass diese im Schrifttum vielfach kritisierte Unterscheidung zwischen Grund und Höhe des Billigkeitsanspruchs keine brauchbare Eingrenzung für die Berücksichtigung der Haftpflichtversicherung biete. Jedenfalls für den Bereich der freiwilligen Privathaftpflichtversicherung lehnt er jedoch eine generelle Berücksichtigung weiterhin ab und erkennt nur einen Einfluss auf die Höhe des Anspruches in der Weise an, dass die Grenzen des dem Schädiger mit Rücksicht auf seinen notwendigen Lebensunterhalt noch Zumutbaren weiter ausgedehnt werden, dabei aber nicht jeden Zusammenhang mit den wirtschaftlichen Möglichkeiten des Schädigers verlieren (BGHZ 76, 279). Hinsichtlich der KFZ-Pflichtversicherung nimmt der BGH dagegen nunmehr an, dass die besondere Zweckbestimmung dieser Versicherung es rechtfertige, dem Geschädigten den Versicherungsschutz des Schädigers schon für das „Ob“ des Anspruches nach § 829 zugute kommen zu lassen (BGHZ 127, 186, 191 f). § 3. Grundtatbestände der Verschuldenshaftung I. § 823 Abs. 1 BGB 1. Enumerationsprinzip 2. Rechtsgüter 89 Herkömmlicherweise werden Leben, Körper, Gesundheit und Freiheit als Rechtsgüter bezeichnet, die selbst keine Rechte sind, sondern auf die der Mensch nur ein Recht hat. Rechte ieS sind demgegenüber das Eigentum sowie die sonstigen (im klassischen Sinne: eigentumsähnlichen) Rechte. Unterschiede bestehen insbes in Bezug auf die Übertragbarkeit und den Charakter als Herrschaftsrechte; beides trifft für Leben, Körper, Gesundheit und Freiheit nicht zu. Freilich ist nach der Anerkennung der sog Rahmenrechte (insbes des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und des Rechts am Gewerbebetrieb bzw des Rechts am Unternehmen) die Entwicklung über diese Unterscheidung hinausgegangen, soweit man die Rahmenrechte – freilich kaum zutreffend – als „sonstige Rechte“ einordnet. Daher wird die Sinnhaftigkeit der herkömmlichen terminologischen Differenzierung zwischen Rechten und Rechtsgütern zunehmend – ohne dass aus der uneinheitlich gewordenen Terminologie zwangsläufig unterschiedliche Konsequenzen abgeleitet werden müssten – in Frage gestellt und relativiert. a) Leben Die Verletzung des Lebens eines anderen ist gleichbedeutend mit Tötung eines Menschen. Da die Rechtsfähigkeit mit dem Tod endet, können Ansprüche demgemäß wegen eines durch den Tod verursachten Schadens nicht mehr für den Verletzten selbst entstehen, sondern nur für Dritte (vgl insbesondere §§ 844, 845). Ein sog Angehörigenschmerzensgeld wird (über den sog Schockschaden hinaus) mangels eigener Rechtsgutsverletzung der Angehörigen gleichwohl nicht anerkannt. Daneben kommen aber aus der Person des Verletzten Ansprüche auf Ersatz etwaiger Schäden in Frage, die noch zu seinen Lebzeiten entstanden sind (zB Kosten einer versuchten Heilung). Um die Frage der Verletzung des Lebens beantworten zu können, ist es auch im Rahmen von § 823 Abs 1 erforderlich, sich über den Todesbegriff Klarheit zu verschaffen. Bekanntlich wird die Diskussion von dem möglichen Unterschied zwischen Herz-Kreislauf-Tod und Hirntod geprägt. Auch für § 823 Abs 1 in der Fallgruppe der Verletzung des Lebens wird in Anlehnung an die herrschende Auffassung im Strafrecht auf das Hirntodkriterium abgestellt. Indes ist der „Tod“ ein rechtlicher Begriff. Medizinisch handelt es sich nicht um einen fixen Zeitpunkt, sondern vielmehr um einen Prozess. Um so mehr ist zu bedenken, dass der Todesbegriff in verschiedenen Rechtsgebieten unterschiedliche Aufgaben erfüllt, 90 ganz abgesehen davon, dass das Hirntod-Kriterium auch aus medizinischer Sicht zunehmend auf Kritik stößt. Zudem ist der Herz-Kreislauf-Tod eindeutiger festzustellen, was im zivilen Haftungsrecht ebenso wie im Versicherungsrecht ein gewichtiges Argument begründet. Über das Herz-Kreislauf-Todeskriterium bleiben daher Kosten für Maßnahmen bis zu diesem Zeitpunkt schadensersatzfähige Positionen, was den Opferschutz verstärkt. Das angeblich aus den Grundrechten (GG Art 1 Abs 1, 2 Abs 2) abzuleitende Hirntodkriterium würde seine Aufgabe hier verfehlen. Freilich wird der Todesbegriff des TPG § 3 Abs 1 Nr 2, Abs 2 Nr 2 maßgeblich sein müssen, soweit es darum geht, die Straf- und Haftungsbestimmungen bezüglich der Tötung einzuschränken, um Transplantationen zu ermöglichen und die Reanimation zu beenden. Zu fragen ist weiter, ob eine haftungsbegründende Verletzung des Lebens auch vor der Geburt möglich ist. Bislang ist man überwiegend davon ausgegangen, dass nur ein im Sinne von § 1 BGB bereits rechtsfähiger Mensch getötet (= am Leben verletzt) werden kann. Demgegenüber ist eine vorgeburtliche Körperverletzung anerkannt worden (BGHZ 58, 48, 49). Schon im Hinblick auf GG Art 1 Abs 1, 2 Abs 2 wird man daher auch den Nasciturus, ja sogar den extrakorporal erzeugten Embryo als vom deliktischen Lebensschutz des § 823 Abs 1 anzusehen haben. Relevant werden kann die Frage, wenn es um die Kosten für eine mögliche Bestattung geht, wenn etwa eine Spätabtreibung durchgeführt worden ist, zB weil eine schwere Schädigung des Embryos fehlerhaft diagnostiziert wurde (vgl § 844 Abs 1). Eine Ersatzpflicht nach § 844 Abs 2 wird bei der „Tötung eines Embryos“ demgegenüber nur schwer darstellbar sein. Zwar kommt der dort geregelte Entzug der Unterhaltspflicht auch in Betracht, wenn der Getötete dem Dritten gegenüber kraft Gesetzes unterhaltspflichtig „werden konnte“. Jedoch ist schon bei der Tötung eines Kindes schwierig, dessen mutmaßliche Leistungsfähigkeit anhand der zur Zeit der Urteilsfindung bekannten Tatsachen (Alter, Gesundheit, geistige Befähigung, Schulund Berufsausbildung, Arbeitswilligkeit und Erwerbsmöglichkeit) zu prüfen. b) Körper Verletzung des Körpers ist jeder nicht völlig unerhebliche äußere Eingriff in die körperliche Unversehrtheit eines anderen. Ein solcher kann auch auf einer psychisch vermittelten Verursachung beruhen. So hat der BGH in einem Falle, in dem auf 91 Grund eines ärztlichen Fehlers die einzige Niere eines Kindes entfernt worden war, die dadurch veranlaßte Nierenspende der Mutter dem verantwortlichen Arzt als Verletzung des Körpers der Spenderin zugerechnet (BGHZ 101, 215). Die Lage ist insoweit ähnlich wie in den Fällen, in denen jemand durch das rechtswidrige Verhalten eines anderen zu einer sonstigen Rettungshandlung oder zur Verfolgung des Rechtsbrechers „herausgefordert“ wird und dabei einen körperlichen Schaden erleidet. Auf Grund der Erwägung, dass § 823 Abs 1 den Körper als Basis der Persönlichkeit schützt, bewertet es der BGH sogar als eine zu einem Schmerzensgeldanspruch führende Verletzung des Körpers oder jedenfalls als einen entsprechend zu behandelnden Tatbestand, wenn Sperma, das auf Veranlassung eines Spenders eingefroren worden war, um diesem bei einer vorhersehbaren Unfruchtbarkeit die Möglichkeit eigener Nachkommen zu erhalten, durch das Verschulden eines anderen vernichtet wird BGHZ 124, 52). Der BGH vertritt dabei zugleich die Auffassung, dass der Schutz des Körperverletzungstatbestandes auch anderen Bestandteilen des Körpers zuzuerkennen sei, die diesem entnommen werden, um mit ihm nach dem Willen des Rechtsträgers zur Bewahrung der Körperfunktion oder zu ihrer Verwirklichung später wieder vereinigt zu werde. Kaum anders könnte es demgemäß beurteilt werden, wenn eine weibliche Eizelle, die nach extrakorporaler Befruchtung reimplantiert werden soll, entsprechend verfrüht zerstört würde. Angesichts der völligen gegenständlichen Trennung der betreffenden Teile vom Körper des Spenders erscheint eine solche Ausdehnung des Begriffs der Körperverletzung aber problematisch. Zwar ist nicht zu verkennen, dass es sich in den zur Erörterung stehenden Fällen um das Fortbestehen körperlicher Lebensfunktionen des Spenders handelt. Sachgerecht zu erfassen ist die Situation aber wohl besser unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes, unter dem ja auch ein Anspruch auf Geldentschädigung für immateriellen Schaden in Betracht kommt. Für eine in diese Richtung gehende Einordnung läßt sich ua geltend machen, dass sich ähnliche Probleme des Rechtsschutzes auch noch nach dem Tode des Spenders ergeben können (wobei von der Frage der Zulässigkeit einer postmortalen künstlichen Insemination an dieser Stelle abgesehen werden mag). Soweit es sich um die Vernichtung oder Schädigung entnommener Körperbestandteile handelt, die dem Körper des Spenders wieder eingefügt werden sollen (oder auch für einen 92 anderen Empfänger bestimmt sind), ist im übrigen auch an den Aspekt einer Verletzung der Gesundheit des Empfängers zu denken. Auch eine medizinische Körperverletzung Heilbehandlung begründen. Unstreitig kann ist den dies Tatbestand im Falle der des behandlungsfehlerhaften medizinischen Eingriffs in die körperliche Integrität des Patienten. Nach – immer wieder bestrittener - stRspr und hM gilt nichts anderes aber auch im Falle der behandlungsfehlerfreien Maßnahme; hier fehlt es im Falle der wirksamen Einwilligung nach zureichender Aufklärung freilich an der Rechtswidrigkeit. Diese wird allerdings „indiziert“, so dass der Arzt bzw der in Anspruch genommene Krankenhausträger den entsprechenden Rechtfertigungsgrund darzulegen und zu beweisen hat. S näher zum ganzen Anhang ArzthaftungsR. Nicht anders als die medizinische Heilbehandlung ist auch das Abschneiden oder Versengen von Haaren tatbestandlich eine Körperverletzung, die (namentlich beim Friseur) der rechtfertigenden Einwilligung bedarf (ohne dass insoweit über die allgemein bekannte Möglichkeit der – evtl nur subjektiven – Missglückens einer Frisur als Voraussetzung der Einwilligung aufgeklärt werden müsste). Als Verletzung des Körpers einer Frau stellt sich nach der Rspr des BGH auch die Herbeiführung einer Schwangerschaft und einer Geburt entgegen dem Willen der betroffenen Frau dar (BGH NJW 1980, 1452, 1453). Eine deliktsrechtliche Haftung kann sich danach ua daraus ergeben, dass es wegen eines Fehlers bei einem Sterilisationseingriff zu einer Schwangerschaft kommt. Entsprechend ist eine Körperverletzung auch in der zusätzlichen körperlichen Beeinträchtigung zu erblicken, die eine Frau dadurch erleidet, dass infolge eines zurechenbaren Fehlers des sie behandelnden Arztes eine zulässige Schwangerschaftsunterbrechung mißlingt oder unterbleibt. Entgegen der in BGHZ 86, 240, 248 anklingenden Tendenz dürfte dies nicht nur für eine mit besonderen Komplikationen verbundene Geburt gelten, sondern grundsätzlich für jede erhöhte Beeinträchtigung, die mit der fortdauernden Schwangerschaft und der Entbindung im Vergleich zu der Lage einhergeht, die sich bei Unterbrechung der Schwangerschaft ergeben hätte. Eine Körperverletzung kann ferner ua im Geschlechtsverkehr (nicht nur mit einem Mädchen im Kindesalter) liegen; die Einwilligung ist Rechtfertigungsgrund. Siehe auch § 825 BGB. Als Körperverletzung kommt weiter in Betracht die körperliche Züchtigung eines Minderjährigen; die Rechtswidrigkeit wird weder durch 93 Amtspflichten noch über die Geschäftführung ohne Auftrag beseitigt. Auch gibt es kein elterliches Züchtigungsrecht, das vom Personensorgerecht gedeckt wäre (§ 1631 Abs 2 BGB; die Norm ist zugleich Schutzgesetz). Leichteste Einwirkungen, die lediglich Missbilligung symbolisieren, erfüllen allerdings weder den Tatbestand der „körperlichen Bestrafung“ nach § 1631 Abs 2 S 2 BGB (und wären daher noch vom Personensorgerecht erfaßt), noch übersteigen sie die Unerheblichkeitsschwelle, die der Tatbestand der Körperverletzung auch in § 823 verlangt. Abgesehen davon wird der Schadensersatzanspruch des § 823 aber ggf insoweit nicht vom Familienrecht verdrängt. c) Gesundheit Die Verletzung der Gesundheit ist die zu einer nachteiligen Abweichung vom Normalzustand führende Störung der inneren Lebensvorgänge; dass der Betroffene unter Schmerzen oder einer sonstigen tiefgreifenden Veränderung der Befindlichkeit leidet, gehört nicht zu den Voraussetzungen. Die Gesundheitsverletzung verbindet sich oft mit einer Verletzung des Körpers aufs engste, so dass die Abgrenzung einerseits dogmatisch schwierig, andererseits aber auch praktisch irrelevant ist, solange nur wenigstens entweder eine Körper- oder eine Gesundheitsverletzung vorliegt. Die Gesundheitsverletzung kann auf sehr verschiedenartigen Ursachen beruhen und nicht nur im körperlichen, sondern auch im geistigen oder seelischen Bereich liegen. Als Verletzung der Gesundheit ist aber nicht schon die Verursachung von seelischen Schmerzen, Trauer, Schrecken u dgl anzusehen. Auch die mit schweren negativen Erlebnissen dieser Art häufig verbundenen Störungen von physiologischen Abläufen und seelischen Funktionen werden vom BGH in den Fällen, in denen eine gesundheitliche Beeinträchtigung vom Täter nicht gewollt war, nur dann als Gesundheitsverletzung anerkannt, wenn sie als solche nicht nur in medizinischer Sicht, sondern auch nach der allgemeinen Verkehrsauffassung betrachtet werden. Dogmatisch sollte das Problem der Verkehrsauffassung freilich nicht als solches des Verletzungserfolges „Gesundheitsverletzung“ (die eben vorliegt), sondern im Bereich der psychisch vermittelten Kausalität verortet werden. Psychisch verursachte Störungen unterhalb dieser Schwelle gehören, so gesehen, zur Sphäre der Eigenrisiken des Betroffenen. Man hat deshalb mit Grund bemerkt, dass der Schutzbereich der gesundheitlichen Integrität – und hier vor allem der psychischen Gesundheit – weniger deutlich abgesteckt ist als derjenige der körperlichen Integrität. Da die Verletzung der psychischen Gesundheit zugleich einen 94 Fall der von vornherein unsicher feststellbaren sog. psychisch vermittelten Zurechnung, zumeist sogar einen Fall der „mittelbaren“ Verletzung darstellt, ist hier auch die Rechtswidrigkeit im allgemeinen durch Abwägung im Einzelfall festzustellen und wird nicht stets „indiziert“. Daher lösen psychische Schädigungen von psychisch ganz unterschiedlichen Individualpersonen durch die Medien nicht per se die Rechtswidrigkeit aus. Um eine Gesundheitsverletzung kann es sich auch handeln, wenn ein Kind infolge einer vor seiner Geburt oder sogar vor der Empfängnis begangenen Handlung bereits geschädigt zur Welt kommt (BGHZ 8, 243: angeborene Lues eines Kindes infolge Infektion der Mutter bei einer mehr als ein Jahr vor der Geburt des Kindes vorgenommenen Bluttransfusion; BGHZ 58, 48: Gehirnschaden eines Kindes infolge einer von der Mutter während der Schwangerschaft erlittenen Verletzung). Dies gilt auch dann, wenn die Verletzung der Leibesfrucht durch einen Angriff auf die Psyche der Schwangeren vermittelt worden ist; dabei ist es nicht entscheidend, ob die Einwirkung auf die Mutter auch bei dieser eine als Gesundheitsverletzung anzusehende Beeinträchtigung herbeigeführt hat. Des weiteren kann es nicht darauf ankommen, ob die schädigende Handlung den Nasciturus betroffen oder schon vor der Empfängnis zu einer für den Gesundheitsschaden des Kindes ursächlichen Keimschädigung geführt hat. Ob eine rechtswidrige Gesundheitsverletzung auch dann anzunehmen ist, wenn einer der Elternteile bei der Zeugung und Empfängnis eines Kindes auf dieses eine Krankheit übertragen hat, oder ob in einem solchen Falle eine Schadensersatzpflicht ausgeschlossen ist, weil ohne das dem Vater oder der Mutter vorzuwerfende Verhalten das Kind überhaupt nicht geboren worden wäre, hat der BGH in BGHZ 8, 243, 249 unentschieden gelassen. In Fällen dieser Art ist zunächst zu beachten, dass überall dort, wo die Schädigung des Kindes nach der Empfängnis noch durch eine rechtzeitige ärztliche Behandlung abgewendet werden kann, als Grundlage der Schadensersatzpflicht das von Zeugung und Empfängnis zu sondernde Unterlassen der Herbeiführung einer solchen Behandlung in Betracht kommt. Aber auch soweit eine Ersatzpflicht unter diesem Blickwinkel ausscheidet (sei es, dass eine entsprechende Behandlungsmöglichkeit objektiv nicht besteht oder dass es in dieser Richtung am Verschulden fehlt), dürfte eine deliktsrechtliche Haftung grundsätzlich zu bejahen sein, sofern der Verkehr, aus dem das geschädigte Kind hervorgegangen ist, um der Vermeidung derartiger Folgen willen von Rechts wegen untersagt war. 95 Dass das der Fall ist, wird man freilich etwa bei Erbkrankheiten nicht ohne weiteres annehmen können, wohl aber zB bei Geschlechtskrankheiten. Zwar wäre das geschädigte Kind unter diesen Umständen ohne das verbotene Verhalten seiner Eltern nicht etwa gesund, sondern überhaupt nicht geboren worden. Da aber gerade der Eintritt einer Gesundheitsstörung verhindert werden sollte, erscheint es sachgerecht, dem Verantwortlichen eine Pflicht zur Beseitigung oder Milderung der Folgen seiner Handlung in der Weise aufzubürden, dass er die Beeinträchtigung des aus seinem Verhalten entstandenen neuen Lebens, das als solches voll zu respektieren ist, nach Möglichkeit auszugleichen hat. Die Übertragung einer Krankheit ist im übrigen ganz allgemein als möglicher Fall einer Gesundheitsverletzung zu erwähnen. Dabei kann eine solche schon vor dem unmittelbaren Ausbruch der Krankheit in der Infektion liegen. Wie freilich das Beispiel eines gewöhnlichen Schnupfens zeigt, gibt es auch mancherlei Infektionen, deren Gefahr der Verkehr im allgemeinen hinnimmt. Die sich damit abzeichnende Frage, wo im Hinblick auf die Herbeiführung von Infektionsgefahren die Grenze zwischen erlaubtem und unerlaubtem Verhalten verläuft, läßt sich wohl nicht mit einer präzisen Einheitsformel beantworten. Eine wesentliche Rolle spielt zunächst die allgemeine Eigenart der Krankheit, insbesondere ihre Schwere, des weiteren auch die Intensität der mit ihr gegebenen Ansteckungsgefahr. Darüber hinaus können aber auch andere Umstände bedeutsam sein. So ist es etwa denkbar, dass man mit manchem Infekt zwar noch am normalen Verkehr teilnehmen, sich aber nicht mehr ohne weiteres in einen Kreis von Menschen begeben darf, für die, wie vielleicht für die Pfleglinge eines Alters- oder Säuglingsheimes, eine Ansteckung besonders gefährlich wäre. Abgesehen von der Übertragung einer eigenen Krankheit kann sich eine Verantwortlichkeit für eine Ansteckung auch daraus ergeben, dass jemand einen an einer infektiösen Erkrankung Leidenden mit anderen in Kontakt bringt oder nicht diejenigen Vorkehrungen zum Schutz vor Infektionen trifft, die ihm nach den Umständen des Falles obliegen. Nicht minder kommen als haftungsbegründend zB auch die Weitergabe, die Zuführung und die unzureichende Sicherung infizierter Stoffe in Betracht. Psychische Gesundheitsverletzungen. Eine Verletzung der Gesundheit kann auch über psychische Einwirkungen eine psychische Krankheit und damit eine Gesundheitsverletzung auslösen, so zB durch Zeitungsartikel, durch wahrheitswidrige Prozeßbehauptungen des Prozeßgegners, durch Beleidigungen 96 oder durch ehrenkränkende Behandlung eines Untergebenen. Voraussetzung ist aber immer, dass ein pathologischer, behandlungsbedürftiger Zustand entsteht. Die bloße Aufregung gehört dazu nicht. Die Zurechnung findet in Fällen dieser Art aber dort eine Grenze, wo sich in der Schädigung letztlich nur das allgemeine Lebensrisiko des Betroffenen aktualisiert. Die genauere Bestimmung kann freilich im Einzelfall sehr zweifelhaft sein, zumal die Gefahr der Manipulation durch das Opfer einerseits und die Schwierigkeit der Feststellung, also der richterlichen Überzeugungsbildung andererseits, auf der Hand liegen. Das RG hat unter dem Gesichtspunkt der Gesundheitsverletzung auch einen Schadensersatzanspruch der geschiedenen Ehefrau gegen den früheren Ehemann wegen der durch dessen ehewidriges Verhalten ausgelösten Verschlimmerung eines Nervenleidens anerkannt (RGZ 85, 335). Dagegen hat der BGH seine ablehnende Rspr zum Schadensersatz wegen Ehestörung selbst auf den Fall erstreckt, dass ein geschiedener Ehegatte wegen einer durch die Zerstörung der Ehe herbeigeführten körperlichen und seelischen Erkrankung einen Ersatzanspruch gegen einen Dritten geltend macht, dem ehewidrige und ehebrecherische Beziehungen zu dem anderen Ehegatten vorgeworfen werden (BGHZ 23, 279). Fraglich ist, ob es gerechtfertigt erscheint, den Ehegatten auch den Schutz der unzweifelhaft unter § 823 Abs 1 fallenden Rechte und Rechtsgüter insoweit a limine zu versagen, als ihre Verletzung aus einer Verletzung der Ehe oder ehelicher Pflichten folgt. Einen Verletzungserfolg (Gesundheitsverletzung zB in Form von nachhaltiger Schlaflosigkeit, Aufregungs- und Erregungszuständen mit Krankheitswert) sowie haftungsbegründende adäquate Kausalität wird man kaum verneinen können. Indes wird man trotz § 1353 BGB (Pflicht zur Lebensgemeinschaft auf Lebenszeit) einen innerehelichen ehelichen deliktischen Rechtsgüterschutz wegen Ehebruchs außerhalb der Fälle gezielt-absichtlicher Verletzungen der körperlichen Integrität des Ehegatten durch Ehebruch als außerhalb des Schutzbereichs der Norm ansehen müssen. Genaugenommen ist die Möglichkeit des Scheiterns der Ehe (durch Ehebruch uam) deren Wesen (negativ) von vornherein immanent. Obwohl der Ehebruch gleichwohl durchaus rechtswidrig bleibt, liegt im Eingehen der Ehe daher gewissermaßen ein Ansprüche aus fahrlässiger Gesundheitsverletzung wegen Ehebruchs (oder sonst ehewidrigen Verhaltens) ausschließendes Handeln auf eigene Gefahr. Ansprüche wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (die ohnedies als subsidiär hinter 97 der tatbestandsmäßigen Gesundheitsverletzung zurücktreten) scheiden ebenso aus. „In einer Zeit, in welcher jede dritte Ehe in Scheidung endet, mag der Gesetzgeber noch an der Fiktion des § 1353 Abs 1 S 1 BGB festhalten, wonach die Ehe auf Lebenszeit geschlossen wird. Das Haftungsrecht sollte jedoch in dieser Zeit die gewöhnlichen Umstände, die zur Scheidung führen, nicht zum Grund eines Schadensersatzanspruchs machen. … Die tiefgreifenden Umwälzungen im sozialen Verständnis der Ehe und die rechtstatsächliche Wirklichkeit der häufigen Scheidungen mit ihren Vorstadien lässt das Haftungsrecht vom Zweck her weitgehend zurücktreten.“ (Deutsch Festschr. f. Gernhuber, S. 581, 588 mit dem Vorschlag, es im wesentlichen mit § 826 sein Bewenden haben zu lassen. Unstreitig ist, dass es keinen prinzipiellen Schmerzensgeldanspruch „für verlorene Liebe“ (nach einem Wort von MünchKommBGB/Wacke4, § 1353 Rn. 40) gibt. Eine besondere Fallgruppe bilden die sog Schockschäden Dritter. Wie in der Rspr seit langem grundsätzlich anerkannt ist, kann gegenüber einem nahen Angehörigen eines Unfallopfers eine (eigene!) Gesundheitsverletzung darin liegen, dass das Miterleben des Unfalls oder die Nachricht von diesem Schockfolgen auslöst. Diese müssen – so die Rspr - indes über die gesundheitlichen Beeinträchtigungen hinausgehen, denen nahe Angehörige des Unfallopfers in derartigen Fällen erfahrungsgemäß ausgesetzt sind. Diese Einschränkung wird im Schrifttum zu Recht kritisiert. Eine Grenze ist jedoch dort zu ziehen, wo es sich um eine ganz ungewöhnliche und daher inadäquate Reaktion handelt. Im Prinzip gilt aber auch hier der Grundsatz, dass der Ersatzpflichtige den Geschädigten so nehmen muss, wie er ist. Das einzig geeignete medizinisch-fachmännisch „mittelbar“ verursacht haftungsbegründenden dogmatische festgestellter worden objektiven sein Feld einer Haftungsbegrenzung Gesundheitsverletzungen, können, Zurechnung. Da ist der psychische die Bereich auch der Kausalitäten unsicherer verlaufen als naturgesetzliche oder zumindest schwerer feststellbar sind, ist der Schutzbereich des Tatbestandes der Gesundheitsverletzung wertend zu begrenzen. Zugerechnet werden im persönlichen Schutzbereich zunächst Schockund Neuroseschäden eines am Unfallgeschehen Beteiligten. Entsprechend einer im Schrifttum vielfach vertretenen Auffassung und internationaler Tendenz dürfte es dem für den Unfall Verantwortlichen nicht mehr zuzurechnen sein, wenn ein außenstehender Dritter, der mit dem Unfallopfer nicht enger verbunden ist, unter dem Eindruck des Geschehens einen Schockschaden erleidet. Insoweit ist vielmehr 98 davon auszugehen, dass sich dann ein der Eigensphäre des Betroffenen zugehöriges (allgemeines Lebens-) Risiko verwirklicht hat, welches vom Schutzzweck des § 823 Abs 1 nicht mehr gedeckt wird. Zweifelhaft ist indes die genaue Abgrenzung zwischen außenstehenden Dritten und nahestehenden Personen. Jedenfalls sind nahe Angehörige des Opfers (Eheleute, Eltern, Kinder, Lebenspartner iS des Lebenspartnerschaftsgesetzes) vom Schutzzweck noch erfaßt. Auch Verlobte oder Lebensgefährten, jedenfalls solche aus stabiler Partnerschaft, sind noch erfasst, wohl nicht mehr hingegen die das Opfer begleitende Freundin oder der Freund. Im Übrigen führt nicht nur die Tötung, sondern auch die schwere Verletzung oder die drohende schwere Verletzung zu einem Ersatzanspruch von Opfern aus dem genannten Personenkreis wegen Schockschadens unter dem Aspekt einer Gesundheitsverletzung. Ob das physisch verletzte Unfallopfer später stirbt oder wie sich dessen Körperverletzungen sonst weiterentwickeln, ist für die haftungsbegründende Zurechnung des Schockgeschädigten irrelevant. Daher genügt an sich überhaupt eine bloß akute schwere Gefahrenlage (Zug, Bus oder Lkw fährt über eine Person, ohne diese zu verletzen). Mit Grund werden auch Retter in den geschützten Kreis mit einbezogen. Und ebenso kann der (schuldlose) Führer eines Unfallwagens oder einer Eisenbahnlokomotive Schockschadensberechtigter sein, vorausgesetzt, der Getötete oder Verletzte hat die weiteren haftungsbegründenden Voraussetzungen von § 823 Abs 1 erfüllt oder ein anderer erfüllt die Voraussetzungen von § 823 Abs 1, etwa indem der Täter das noch lebende Opfer vor ein Kfz oder die herannahende Eisenbahn wirft. Das folgt schon daraus, dass hier der Schockgeschädigte gewissermaßen zum mittelbaren Tatwerkzeug gemacht wird und insoweit Unfallbeteiligter ist. Hierin liegt auch der wesentliche Unterschied zum bloßen Zuschauer, der sich – nicht etwa als Retter – aus bloßer Sensationsgier zum Unfallort begibt. Zumindest am Verschulden (fehlende Voraussehbarkeit) fehlt es, wenn ein Schock bei der Nachricht von einem unbedeutenden Sachschaden am Pkw erlitten wird. Überhaupt kommt die Zurechnung eines Schockschadens kaum in Betracht, wenn es sich um bloß (drohende) Sach- und Vermögensschäden, ja sogar um geringfügige Primärverletzungen, handelt. Auch aktives wie passives Rauchen kann – nicht anders als im Fall des Einatmens von emittierenden Stoffen - zu Gesundheitsverletzungen führen. Allerdings muss zum einen die Erheblichkeitsschwelle überschritten werden. Zudem kommt ein Mitverschulden bzw Handeln auf eigene Gefahr in Betracht, vorausgesetzt, der 99 Geschädigte begibt sich freiwillig an Orte, an denen bekanntermaßen geraucht zu werden pflegt (Gaststätte oä). Überdies ist der Nachweis der Kausalität schwierig zu führen. All dies steht ggf auch Ansprüchen auf Unterlassung entgegen. d) Freiheit Die Freiheitsverletzung, wie sie in § 823 Abs 1 zusammen mit der Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit aufgeführt wird, ist nach hM die Beeinträchtigung der körperlichen Bewegungsfreiheit; es geht insoweit also vom Ansatz her im wesentlichen um den gleichen Bereich wie bei der persönlichen Freiheit im Sinne von § 239 StGB und nicht um das gesamte, nur schwer eingrenzbare Feld bloßer Einwirkungen auf die Entschlußfreiheit. Dementsprechend wird auch die Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Freiheit nicht erfaßt. Ebenso wenig fällt die bloße Nötigung zu einer Handlung unter den Tatbestand der Freiheitsverletzung; hier genügt der Rückgriff auf §§ 823 Abs 2 BGB iVm § 240 StGB. Auch die bloße Zutrittsverhinderung begründet keine Freiheitsberaubung. Stets ist eine gewisse Erheblichkeit der Einschränkung der Fortbewegungsfreiheit zu Ein e une rlau bte Ver letz ung der Frei heit iS des §8 23 Abs 1 kan n etw a dari n lieg en, das s ein e Per son ein verlangen: Minima non curat praetor. Daher erfüllt das nur kurzfristige Versperren der Garagenzufahrt vornherein weder den Tatbestand der Freiheitsverletzung noch den der Eigentumsverletzung. Von der gezielten Blockade abgesehen dürfte zumindest im Ergebnis auch der schuldhaft verursachte Autobahnstau keinen Anspruch wegen Freiheitsverletzung auslösen; hierbei hat sich lediglich das allgemeine Lebensrisiko verwirklicht bzw. man handelt durch die Teilnahme am allgemeinen Verkehr auf eigene Gefahr. Zudem können sich Autofahrer bzw Insassen im Prinzip bewegen, wohin sie wollen (wenn auch nicht im Kfz). Das Einverständnis, etwa beim Einsteigen in öffentliche Beförderungsmittel (Busse, Bahn), schließt – nicht anders als im Strafrecht - schon den Tatbestand aus, soweit es um Einschränkungen der Fortbewegungsfreiheit im Rahmen der üblichen Beförderungsmodalitäten geht. Daher begründet die Nichtöffnung der Türen im Stau bzw beim Stopp der Bahn auf offener Strecke insoweit nicht den Tatbestand der Freiheitsverletzung, wenn die Fahrgäste aussteigen wollen; zumindest rechtswidrigkeitsausschließende Einwilligung vor. 3. Eigentum und sonstige Rechte liegt eine bindende 100 a) Eigentum Die Eigentumsverletzung bezieht sich auf den einzigen in § 823 benannten Fall eines absoluten, subjektiven Rechts, zu dem freilich weitere als sonstige Rechte hinzukommen. Schutzgegenstand sind alle Sachen (bewegliche wie unbewegliche) iSd §§ 90 ff. BGB. Weil § 823 Abs. 1 BGB an den sachenrechtlichen Begriff des Eigentums anschließt (und nicht etwa an den des Art 14 GG), wird die Reichweite des Eigentumsschutzes zunächst einmal auch über die §§ 903 ff (bis hin zur Eigentumsvermutung des § 1006) bestimmt. Daher ist das Grundwasser ebensowenig Schutzgegenstand iSd § 823 Abs 1 wie sonstige Umweltgüter, die nicht eigentumsrechtlich einem bestimmten Rechtsträger zugeordnet sind. Fallgruppen der Eigentumsverletzung: aa) Zuordnungsverletzungen Die Zuordnungsverletzung besteht in einer rechtlichen Einwirkung, und zwar entweder in einer Aufhebung der Zuordnung (zB in einer unberechtigten, aber wirksamen rechtsgeschäftlichen Verfügung über das Eigentum oder in einer unberechtigten Herbeiführung eines Rechtsverlustes nach §§ 946 ff) oder aber auch in einer Beeinträchtigung der gutgläubigen Erwerbs eines Zuordnung Grundpfandrechts beweglichen Sachen). Der Veräußerer haftet Verursachung des Verlustes (zB durch oder Ermöglichung des eines Pfandrechts an im Falle jeder schuldhaften bzw einer Beeinträchtigung der sachenrechtlichen Zuordnung, der Erwerber hingegen nicht im Rahmen gutgläubigen Erwerbs. Auch im Rahmen der §§ 946 ff ist zwischen Bauherrn und Einbauenden zu unterscheiden: Derjenige, der eine Sache nach §§ 946, 950 verbindet oder verarbeitet, verletzt das Eigentum. Der einen Einbau nur duldende Bauherr soll demgegenüber nicht aus § 823 Abs 1 wegen Eigentumsverletzung haften. Das passt nicht zu den Wertungsmodellen der §§ 932, 989, 990. Im Falle grober Fahrlässigkeit des Bauherrn sollte eine Haftung des den Einbau fremder Sachen duldenden Bauherrn wegen Eigentumsverletzung nach § 823 Abs 1 möglich sein. Freilich ist bei der konkreten Annahme grober Fahrlässigkeit des Bauherrn deutliche Zurückhaltung geboten. Der Bauherr trägt angesichts der verschiedenen Lieferanten grundsätzlich nicht das Risiko des Einbaus schuldnerfremder Baumaterialien; ihn trifft demgemäß 101 auch nur dann eine entsprechende Nachforschungspflicht, wenn die konkret fehlende Eigentumsstellung des Lieferanten auf der Hand liegt. bb) tatsächliche Einwirkungen Der klassische, prototypische Fall ist derjenige der Substanzverletzung, die sich in einer Beeinträchtigung der Sachsubstanz oder der sächlichen Beschaffenheit (Zerstörung, Beschädigung, nachhaltige Verschmutzung u dgl, gleich, ob es um bewegliche, lebende oder unbewegliche Sachen geht) realisiert. cc) Sonstige Eigentumsverletzungen Eine weitere Fallgruppe umfasst alle sonstigen die Eigentümerbefugnisse treffenden tatsächlichen Einwirkungen auf die Sache. Hier kann wieder unterschieden werden zwischen der Entziehung der Sache und der Verletzung der sonstigen Befugnisse des Eigentümers in Bezug auf Nutzung und Gebrauch (Störung des Gebrauchs und der Benutzbarkeit), zB durch unzulässige Immissionen, unberechtigten Gebrauch, etwa in Gestalt einer widmungswidrigen Benutzung eines dem öffentlichen Verkehr erkennbar nur beschränkt gewidmeten Weges oder ähnlichem. Eine unzulässige Eigentumsbeeinträchtigung wird etwa auch in einem verbotswidrigen Einwurf von Werbesendungen in den Briefkasten des Betroffenen gesehen. dd) Sonderfall Nutzungsbeeinträchtigungen Diese Fallgruppe markiert den Übergang zu reinen Vermögensschäden und damit zum Recht am Gewerbebetrieb (dazu später). Sie ist eher unproblematisch, wenn es um den Entzug bzw. die Vorenthaltung des Besitzes geht, problematisch aber bei Behinderung des Eigentümers ohne Einwirkung auf Sachsubstanz oder überhaupt ohne körperliche Einwirkung. Als Verletzung des Eigentums kommen insoweit auch Störungen der Eigentumsfunktion in Betracht, die sich weder als Eingriffe in den rechtlichen Bestand des Eigentums darstellen, noch als tatsächliche Einwirkung auf die Sache, noch als Beeinträchtigung der Sachsubstanz. Dass dies der Konzeption des Gesetzes entspricht, zeigt sich nicht zuletzt an der Vorschrift des § 906 Abs 1. Für Fälle dieser Art bedarf es aber einer Abgrenzung der Eigentumssphäre gegenüber 102 den Sphären der Person und der rechtsgeschäftlichen Beziehungen. Verhaltensweisen, die eine bestimmte Person als solche treffen oder die Begründung oder Durchführung von bestimmten Leistungsverhältnissen stören, sind daher auch dann keine rechtlich relevanten („mittelbaren“) Eigentumsverletzungen, wenn der Eigentümer durch sie an der Nutzung oder Verwertung seines Eigentums gehindert wird; anderenfalls würde sich der Übergang zum durch § 823 Abs 1 nicht geschützten bloßen Vermögensschaden verflüchtigen. Es stellt dementsprechend keine Eigentumsverletzung dar, wenn der Eigentümer seine Sache infolge eines Freiheitsentzuges oder einer Körperverletzung nicht nutzen kann, wenn die Veräußerung einer bestimmten Sache, etwa eines Grundstücks, planmäßig hintertrieben wird oder wenn infolge einer Unterbrechung der Stromzufuhr eine elektrisch betriebene Maschine nicht arbeitet. Dagegen kann eine Eigentumsverletzung zB darin liegen, dass der Zugang zu einem Grundstück oder der zur bestimmungsgemäßen Nutzung des Grundstücks erforderliche sonstige Kontakt zur Umwelt durch Behinderung des Verkehrs vor dem Grundstück nachhaltig beeinträchtigt wird. Verneint hat der BGH (BGHZ 86, 152) aber die Verletzung des Eigentums an Lagerei- und Umschlagseinrichtungen eines Hafens bei einem Dammbruch an einer Bundeswasserstraße, der dazu führte, dass die über Land zugänglichen Anlagen zeitweilig nicht von Schiffen erreicht werden konnten. – Ebenso kann das Eigentum dadurch verletzt werden, dass ein Grundstück wegen der von einem Nachbargrundstück drohenden akuten Brand- oder Explosionsgefahr vorübergehend geräumt werden muß. Entsprechendes gilt grundsätzlich auch dann, wenn eine bewegliche Sache dergestalt von der Umwelt abgeschlossen wird, dass sie nicht mehr funktionsgerecht genutzt werden kann, wie im Falle des Einschlusses eines Binnenschiffes durch Verursachung eines Schiffahrtshindernisses in einem Kanal („Fleet“): Fleet-Fall : BGHZ 55, 153 Tatbestand: 1 Die beklagte Bundesrepublik ist Eigentümerin eines als Bundeswasserstraße eingetragenen Fleets, das in B. eine Mühle mit dem dortigen Hafen verbindet. In das Fleet stürzte in der Nacht vom 21. zum 22. Oktober 1962 ein 3 bis 4 m langes Stück der Ufermauer mit einem Teil der darauf ruhenden Außenwand eines Wohnhauses. Um den weiteren Einsturz des Hauses zu verhindern, ließ der Eigentümer dieses, und zwar in Vollzug einer baupolizeilichen Verfügung, abstützen. Hierbei wurden zwei Baumstämme so angebracht, daß sie 103 unmittelbar über der Wasseroberfläche von der einen zur anderen Seite des Fleets führten. Damit war das Fleet - bis zur vorläufigen Instandsetzung der Ufermauer Mitte 1963 - für Schiffe unpassierbar. Dies hatte zur Folge, daß das der Klägerin gehörende MS "Christel" während der Zeit der Sperrung des Fleets dieses nicht verlassen konnte und an der Verladestelle der Mühle festlag. Außerdem konnte die Klägerin, die der Mühle gegenüber vertraglich gehalten war, Schiffsraum für Transporte bereit zu stellen, mit drei Schuten nicht zur Mühle fahren. 2 Die Klägerin beziffert den ihr durch die Sperrung des Fleets entstandenen Verdienstausfall auf insgesamt 31.061,10 DM. Sie verlangt diesen Betrag von der Beklagten ersetzt. 3 Beider Vorinstanzen haben den Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Die Revision der Beklagten führte zur teilweisen Abweisung der Klage. Entscheidungsgründe I. ... 4 II. Das angefochtene Urteil hält nicht in allen Punkten einer rechtlichen Nachprüfung stand: 5 1. Rechtlich zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß im Falle einer schuldhaften Verletzung der der Beklagten obliegenden Unterhaltungspflicht durch deren verfassungsmäßige Vertreter § 823 Abs 1, §§ 89, 31 BGB als Anspruchsgrundlage in Betracht kommen und nicht, wie die Revision meint, allenfalls § 839 BGB, Art 34 GG. 6 Die Unterhaltungspflicht an einer Wasserstraße wird unabhängig davon, wer der Träger dieser Pflicht ist, als eine öffentlich-rechtliche Verbindlichkeit angesehen (Wüsthoff, Handbuch des Deutschen Wasserrechts, WHG § 29 Anm 1; Holtz/Kreutz/Schlegelberger, Das Preußische Wassergesetz, 3. und 4. Aufl § 133 Anm 4). Im Streitfall ergibt sich überdies der öffentlich-rechtliche Charakter der Unterhaltungspflicht aus § 80 Nds WasserG. Das bedeutet jedoch nur, daß die Unterhaltungspflicht gegenüber der Allgemeinheit zu erfüllen ist und ihre Erfüllung allein von der Aufsichtsbehörde im Verwaltungswege erzwungen werden kann (Rehder, Niedersächsisches Wassergesetz, 3. Aufl § 80 Anm 1; Giesecke/Wiedemann, 104 Wasserhaushaltsgesetz § 28 Rdnr 2; vgl auch BGH VersR 1964, 534ff; 1967, 604). Hingegen folgt aus dem öffentlich-rechtlichen Charakter der Unterhaltungspflicht nicht, wie die Revision meint, daß ihre Erfüllung in den Fällen, in denen sie, wie vorliegend, der Bundesrepublik obliegt, zu den Hoheitsaufgaben des Unterhaltungspflichtigen gehört. Das ist zwar nunmehr kraft ausdrücklicher Gesetzesvorschrift (§ 7 Abs 1 BWasserStrG) der Fall. Im Zeitpunkt des Einsturzes der Ufermauer und davor wurde jedoch die Unterhaltungspflicht unabhängig von dem Träger der Pflicht überwiegend als ein Teil der Vermögensverwaltung des Pflichtigen betrachtet, deren schuldhafte Verletzung Ansprüche nach § 823 Abs 1 BGB begründet (BGH VersR 1964, 534ff; BGB-RGRK 11. Aufl § 89 Anm 5; Rehder aaO § 80 Anm 2; Giesecke/Wiedemann aaO; Holtz/Kreutz/Schlegelberger aaO). 7 2. Das Berufungsgericht leitet die Pflicht der Beklagten, das Fleet zu unterhalten, für die Zeit bis zum 14. Juni 1960 aus den § 113, 114 PrWasserG und für die Zeit danach aus den §§ 80, 81 des am 15. Juni 1960 in Kraft getretenen Niedersächsischen Wassergesetzes her. Es meint, die Unterhaltungspflicht umfasse auch die Ufermauer im Bereich der Einsturzstelle. Diese Auffassung stützt es für die hier in erster Linie interessierende Zeit nach dem Inkrafttreten des Niedersächsischen Wassergesetzes zunächst auf dessen § 81 Abs 2 Satz 1, der bestimmt, daß zur Erhaltung des ordnungsmäßigen Zustandes eines Gewässers auch die Unterhaltung des Gewässerbettes einschließlich der Ufer gehört. Weiter gründet es sie auf die in § 81 Abs 1 NdsWasserG enthaltene Regelung, wonach die Unterhaltungspflicht an einem schiffbaren Gewässer auch die Pflicht umgreift, die Schiffbarkeit zu erhalten. Hierzu, so führt das Berufungsgericht näher aus, gehöre auch die Verpflichtung, alle erkennbaren, die Schiffahrt hindernden Zustände des Wasserlaufs, und zwar auch soweit diese von den Ufern oder Uferanlagen ausgehen, zu beseitigen. Andernfalls wäre nicht sichergestellt, daß die Schiffahrt die Wasserstraße überhaupt oder auch nur ungehindert benutzen könne. Die Revision wendet sich gegen diese Ausführungen im Ergebnis ohne Erfolg. 8 Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung der Frage, ob die Beklagte vor dem Inkrafttreten des Niedersächsischen Wassergesetzes verpflichtet war, die Ufermauer im Bereich der Einsturzstelle zu unterhalten. Es kann weiter dahinstehen, ob den §§ 80ff NdsWasserG allgemein die Pflicht zur Unterhaltung der Ufer durch den Gewässerunterhaltungspflichtigen zu entnehmen ist, und zwar unabhängig davon, wie die Ufer beschaffen oder gestaltet sind, in wessen Eigentum oder Besitz sie stehen oder welchen Zwecken sie außer der Begrenzung des Gewässers dienen. Insbesondere kann offen bleiben, ob § 89 NdsWasserG die gleiche Regelung wie § 120 Abs 5 PrWasserG (vgl zu dieser Bestimmung PrOvG 96, 131, 136) enthält und, wie die Revision meint, die Unterhaltung von Ufermauern grundsätzlich dem Nutzungsberechtigten und nicht dem Gewässerunterhaltungspflichtigen auferlegt. Auf alle diese Fragen und die eingehenden Erörterungen der Revision zu diesen Punkten kommt es im Streitfall nicht an. Denn unter den 105 gegebenen besonderen Umständen folgte jedenfalls aus der nach § 81 Abs 1 NdsWasserG (vgl auch § 28 Abs 1 Satz 1 WHG) bestehenden Verpflichtung der Beklagten, die Schiffbarkeit des Fleets zu erhalten, auch die Pflicht, den drohenden Einsturz der Ufermauer durch geeignete, vom Eigentümer des Hauses zumindest in sinngemäßer Anwendung des § 95 Abs 1 und 2 NdsWasserG zu duldende Sicherungsmaßnahmen zu verhindern. 9 Das Fleet besitzt, wie im angefochtenen Urteil festgestellt ist, eine Breite von etwa 5 m. Das Fahrwasser reicht nach den Ausführungen in der Verfügung des Wasser- und Schiffahrts*-amts vom 4. Juni 1957 von Ufermauer zu Ufermauer. Das Fleet durfte bis zu dem Mauereinsturz, wie zwischen den Parteien außer Streit steht, von Schiffen befahren werden, deren Breite nahezu der Breite des Fahrwassers entsprach. Jeder Einsturz eines Teils der Ufermauern mußte danach die Schiffbarkeit des Fleets zumindest beeinträchtigen. Unter diesen besonderen Umständen umfaßte die Pflicht der Beklagten, die Schiffbarkeit des Fleets zu erhalten, aber nicht nur, wie die Revision meint, die Verpflichtung, nach Eintritt einer Beeinträchtigung oder nach Wegfall der Schiffbarkeit des Fleets diese wiederherzustellen. Vielmehr ging diese Pflicht auch dahin, zumindest jeder unmittelbaren Gefahr, die der Schiffbarkeit des Fleets von der Beschaffenheit der Ufermauern drohte, durch geeignete Maßnahmen zu begegnen. Denn die Schiffbarkeit eines Gewässers zu erhalten, bedeutet nicht nur, sie wiederherzustellen, sondern, wie das Wort "erhalten" besagt, auch dafür zu sorgen, daß es möglichst zu keiner Beeinträchtigung oder Beseitigung der Schiffbarkeit kommt. Daran, daß letzteres im Streitfall technisch möglich war, kann, wie der weitere Verlauf zeigt, nicht gezweifelt werden. 10 3. Gegen diese Pflicht haben, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, die verfassungsmäßigen Vertreter der Beklagten dadurch schuldhaft verstoßen, daß sie in Kenntnis des baufälligen Zustandes der Ufermauer und obwohl sie, wie bereits in der Verfügung des Wasser- und Schiffahrts*-amts vom 4. Juni 1957 zum Ausdruck kommt, jederzeit mit einem Einsturz der Mauer rechnen mußten, über Jahre hinweg nichts unternommen haben, um durch geeignete Sicherungsmaßnahmen den drohenden Einsturz der Mauer zu verhindern. Wenn das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang allerdings meint, die Beklagte habe derartige Maßnahmen "notfalls im Wege der Ersatzvornahme" durchführen müssen, so unterscheidet es nicht hinreichend zwischen deren öffentlich-rechtlicher Unterhaltungspflicht und etwaigen öffentlich-rechtlichen Befugnissen der Beklagten gegenüber Dritten. Vorliegend handelt es sich aber nicht um die Durchsetzung derartiger Befugnisse (vgl hierzu die vorerwähnte Verfügung des Wasser- und Schiffahrts*-amts), sondern um die Erfüllung einer der Beklagten selbst obliegenden Pflicht. Das beachtet auch die Revision nicht. 11 106 Daß der schuldhafte Pflichtverstoß der verfassungsmäßigen Vertreter der Beklagten für die Sperrung des Fleets (mit den der Klägerin daraus entstandenen Nachteilen) adäquat kausal war, zieht die Revision zu Unrecht in Zweifel. Sicher war der unmittelbare Anlaß für die Sperrung des Fleets die Verfügung der Stadt B. vom 22. Oktober 1962 und die in Vollzug dieser Verfügung erfolgte Abstützung des Hauses F.straße 10. Beides war aber nur eine adäquate Folge der vorangegangenen Pflichtwidrigkeit der verfassungsmäßigen Vertreter der Beklagten. Denn daß das Unterlassen der Sicherung einer baufälligen Ufermauer, auf der eine Außenwand eines Gebäudes ruht, unter den gegebenen Umständen zu derartigen Folgen führen kann, liegt nicht außerhalb der Lebenserfahrung. 12 Ob der weitere Vorwurf des Berufungsgerichts berechtigt ist, die Beklagte habe nach dem Einsturz der Mauer unverzüglich durch deren Ausbesserung für ihre Standfestigkeit sorgen und dadurch die alsbaldige Wiederaufnahme der Schiffahrt auf dem Fleet ermöglichen müssen, kann dahinstehen. Denn für das Schadensersatzbegehren der Klägerin ist es ohne Belang, ob die verfassungsmäßigen Vertreter der Beklagten die Sperrung des Fleets (mit den der Klägerin daraus entstandenen Nachteilen) durch eine weitere Pflichtwidrigkeit länger als notwendig schuldhaft verursacht haben. 13 4. Das Berufungsgericht verneint den Schutzgesetzcharakter (§ 823 Abs 2 BGB) der Vorschriften über die Unterhaltungspflicht an einem Gewässer. Das ist rechtlich zutreffend (BGH VersR 1967, 405, 406; RG HRR 1935 Nr 1068; vgl auch BGH VersR 1964, 534ff). Es hält die Beklagte aber deshalb für den der Klägerin durch die Sperrung des Fleets entstandenen Schaden für ersatzpflichtig, weil in dem schuldhaft pflichtwidrigen Verhalten ihrer verfassungsmäßigen Vertreter ein unzulässiger Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin zu sehen sei. Diese Auffassung begegnet in ihrer Begründung, teilweise auch im Ergebnis, rechtlichen Bedenken. 14 a) Die Haftung aus einem Eingriff in das Recht an einem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb tritt wegen ihres subsidiären Charakters nur ein, wenn eine andere Rechtsgrundlage nicht gegeben ist und der Zusammenhang der auf dem jeweiligen Rechtsgebiet geltenden Normen ergibt, daß eine Lücke besteht, die mit Hilfe des § 823 Abs 1 BGB geschlossen werden muß (BGHZ 38, 200, 204). Eine Prüfung des Streitfalls aus dieser Sicht führt zu folgendem Ergebnis: 15 Hinsichtlich des MS "Christel"der Klägerin kommen Schadensersatzansprüche wegen eines Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb deshalb nicht in Betracht, weil insoweit eine die Beklagte zum 107 Schadensersatz verpflichtende Eigentumsverletzung vorliegt. Die Verletzung des Eigentums an einer Sache kann nicht nur durch eine Beeinträchtigung der Sachsubstanz, sondern auch durch eine sonstige die Eigentümerbefugnisse treffende tatsächliche Einwirkung auf die Sache erfolgen (Soergel/Zeuner, BGB, 10. Aufl § 823 Rdnr 24; vgl auch BGB-RGRK, 11. Aufl § 823 Anm 15; Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts II. Bd 9. Aufl S 407). Im Streitfall ergibt sich eine Verletzung des Eigentums der Klägerin an MS "Christel" daraus, daß das Schiff an der Verladestelle der Mühle wegen der Sperrung des Fleets liegen bleiben mußte. Es verlor dadurch jede Bewegungsmöglichkeit über das zwischen der Verladestelle und den als Sperre wirkenden Baumstämmen befindliche Fleetstück hinaus. Es war damit als Transportmittel praktisch ausgeschaltet, seinem bestimmungsgemäßen Gebrauch entzogen. Die "Einsperrung" des Schiffes stellte sich demnach als eine die Eigentümerbefugnisse der Klägerin treffende tatsächliche Einwirkung auf dieses Fahrzeug dar. Sie war mithin eine Eigentumsverletzung. Wenn das Reichsgericht in einem ähnlichen Falle eine Eigentumsverletzung verneint hat (RG Gruchot 68, 76, 79), so ging es im Gegensatz zu dem erkennenden Senat ersichtlich davon aus, daß eine Eigentumsverletzung im Sinne des § 823 Abs 1 BGB nur bei einem Eingriff in die Sachsubstanz, nicht aber bei sonstiger Einwirkung auf die Sache (vgl BGH WM 1967, 562, 563), vorliegt. Eine derart enge Auslegung des § 823 Abs 1 BGB wird aber dem Zweck dieser Vorschrift nicht gerecht. Diese will die dort aufgeführten Rechte gegen jede schuldhaft widerrechtliche Verletzung schützen. Die Beklagte, die für das pflichtwidrige schadensursächliche Verhalten ihrer verfassungsmäßigen Vertreter verantwortlich ist (§§ 89, 31 BGB), ist daher der Klägerin für den dieser aus der "Einsperrung" des MS "Christel" entstandenen Schaden ersatzpflichtig (§ 823 Abs 1 BGB). Insoweit kommt eine Haftung der Beklagten wegen eines schuldhaft rechtswidrigen Eingriffs in das Recht der Klägerin am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nicht in Betracht. Dabei bleibt offen, ob ein derartiger Eingriff überhaupt vorgelegen hat. 16 Anders verhält es sich hingegen hinsichtlich des von der Klägerin wegen der Nichtbefahrbarkeit des Fleets für die Schuten geltend gemachten Schadensbetrages. Eine Eigentumsverletzung seitens der Beklagten liegt insoweit deshalb nicht vor, weil die Schuten durch die Sperrung des Fleets in ihrer Eigenschaft als Transportmittel nicht betroffen und damit ihrem natürlichen Gebrauch nicht entzogen wurden. An dieser Beurteilung ändert sich nichts dadurch, daß die Klägerin die Schuten während der Sperrung des Fleets nicht zur Verladestelle der Mühle fahren lassen konnte. Darin ist kein Eingriff in das Eigentum an den Schuten zu sehen, sondern eine Behinderung der Klägerin in der Ausübung des ihr wie jedem Schiffahrttreibenden an dem Fleet zustehenden Gemeingebrauchs. Dieser stellt aber kein "sonstiges Recht" im Sinne des § 823 Abs 1 BGB dar (RG Gruchot 68, 76, 78; KG JW 1938, 948; vgl auch RG SeuffArch 76 Nr 14 und Soergel/Zeuner aaO Rndnr 35). 17 108 b) Allein für den Schadensersatzanspruch der Klägerin aus der Nichtbefahrbarkeit des Fleets für die Schuten kommt es demnach darauf an, ob in dem pflichtwidrigen Verhalten der verfassungsmäßigen Vertreter der Beklagten ein unzulässiger Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin zu sehen ist. Dem Berufungsgericht kann nicht beigetreten werden, wenn es diese Frage bejaht. Zwar meint die Revision zu Unrecht, im Streitfall könne schon deshalb nicht von einer Verletzung des Rechts der Klägerin am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb die Rede sein, weil das Begehen einer derartigen Verletzung durch ein Unterlassen nicht möglich sei. Denn die Verletzung der durch § 823 Abs 1 BGB geschützten Rechte oder Rechtsgüter kann auch durch Unterlassung eines den Verletzungserfolg abwendenden Tuns begangen werden (Soergel/Zeuner aaO Rdnr 102). Jedoch ist der Revision zuzugeben, daß die Ausführungen des Berufungsgerichts zu der Frage, ob im Streitfall ein unmittelbarer Eingriff der Beklagten in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin gegeben ist, rechtlich jedenfalls insoweit nicht einwandfrei sind, als sie den vorliegend zur Erörterung stehenden Schadensbetrag betreffen. 18 Es ist in er Rechtsprechung anerkannt, daß nicht jede rechtswidrige und schuldhafte Beeinträchtigung der gewerblichen Tätigkeit eines Dritten Schadensersatzansprüche nach § 823 Abs 1 BGB auslöst. Das ist vielmehr nur dann der Fall, wenn sie einen unmittelbaren Eingriff in den Bereich des Gewerbebetriebes darstellt, also betriebsbezogen ist und nicht vom Gewerbebetrieb ohne weiteres ablösbare Rechte oder Rechtsgüter betrifft (BGHZ 29, 65, 74; vgl auch Hauß zu LM Nr 1 § 823 (Ai) BGB und zu Nr 10 § 823 (Ac) BGB). Um einen derartigen, irgendwie gegen den Betrieb der Klägerin gerichteten Eingriff handelt es sich vorliegend aber nicht. Die Schiffbarkeit einer Wasserstraße gehört nicht zum Bereich des Gewerbebetriebes eines Schiffahrttreibenden. Die zeitweilige, auch andere Schiffahrttreibende treffende Sperrung einer Wasserstraße greift daher nicht in dessen Gewerbebetrieb ein. Wenn das Berufungsgericht im Streitfall deshalb eine andere Beurteilung Platz greifen lassen will, weil die Klägerin das Fleet mit ihren Fahrzeugen vor der Sperrung mehr als andere Schiffahrttreibende oder zeitweilig nahezu allein benutzt und die Sperrung sie an der Einhaltung vertraglicher Bindungen gegenüber der Mühle vorübergehend gehindert hat, so kann dem nicht gefolgt werden. Das Bestehen derartiger Bindungen kann nicht dazu führen, die Schiffbarkeit einer von einem Schiffahrttreibenden im Rahmen der Erfüllung vertraglicher Pflichten zu benutzenden Wasserstraße als zum Bereich seines Gewerbebetriebes gehörend anzusehen. Die gegenteilige Auffassung des Berufungsgerichts kann auch nicht der Umstand stützen, daß die Fahrten der Schiffe der Klägerin für die Mühle im Zeitpunkt des Einsturzes der Ufermauer einen wesentlichen Teil ihrer geschäftlichen Tätigkeit ausgemacht haben. Darüber, was dem Bereich des Gewerbebetriebes eines Schiffahrttreibenden zuzurechnen ist, kann nicht der schwerpunktmäßige, ausschließlich von den jeweiligen Frachtangeboten Dritter abhängige Einsatz eines oder mehrerer Schiffe eines Schiffahrttreibenden auf bestimmten Fahrwasserstrecken entscheiden. Es trifft deshalb nicht zu, wenn das Berufungsgericht meint, im 109 Streitfall liege ein zum Schadensersatz verpflichtender Eingriff der Beklagten in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin auch insoweit vor, als diese mit ihren Schuten das Fleet zeitweilig nicht befahren konnte. Wollte man dieser Auffassung folgen, so würde das nur auf dem Umweg über das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu einer Anerkennung des Gemeingebrauches als eines "sonstigen Rechts" im Sinne des § 823 Abs 1 BGB führen. 19 6. Im Ergebnis ist damit dem angefochtenen Urteil nur insoweit beizutreten, als es den Schadensersatzanspruch der Klägerin aus dem "Einsperren" des MS "Christel" (24.096,-- DM) dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt hat. Siehe weiter BGHZ 86, 152 (Leergelaufener Elbe-Seitenkanal); BGH NJW 1977, 2264 (Polizeiliche Räumung eines Grundstücks für 2 Stunden wegen verschuldeten Brandes auf Nachbargrundstück, danach Blockade durch Einsatzfahrzeuge für fünf Stunden: Eigentumsverletzung nur hinsichtlich 2 Stunden, in kurzer Störung des öffentlichen Verkehrs zum Grundstück ist keine Eigentumsverletzung zu sehen); Stromkabelfall BGHZ 29, 65 (Eigentumsverletzung ebenfalls abgelehnt; nur Betriebsstillstand begründet keine Eigentumsverletzung, anders aber, wenn durch mangelnde Stromzufuhr Substanzschäden entstehen - Bruteier verderben). ee) „Weiterfressende Mängel“ Sehr umstritten ist die Frage, ob es bei Mangelhaftigkeit eines Teiles einer auf Grund eines Kaufvertrages gelieferten Sache zur Begründung einer deliktsrechtlichen Haftung des Verkäufers führen kann, wenn der Mangel des Teiles nach der Übereignung des Kaufgegenstandes an den Käufer die Beschädigung oder Zerstörung weiterer Teile dieses Gegenstandes zur Folge hat („weiterfressende Mängel“). Der BGH bejaht dies grundsätzlich, wenn sich – wie er die Voraussetzungen zu umschreiben pflegt – in der Beschädigung oder Zerstörung ein Schaden verwirklicht, den zu vermeiden demjenigen, der die Sache hergestellt oder in Verkehr gebracht hat, im Integritätsinteresse des Erwerbers durch eine deliktische Sorgfaltspflicht aufgegeben ist; insoweit sind auch die vertraglichen (kaufrechtlichen) Verjährungsvorschriften nicht angewandt worden. Dagegen besteht nach Ansicht des BGH keine deliktsrechtliche Haftung für diejenigen Schäden, die lediglich den auf der Mangelhaftigkeit des Produktes beruhenden Unwert für das Nutzungs- und Äquivalenzinteresse des Erwerbers ausdrücken (und in diesem Sinne mit dem von Anfang an bestehenden Mangelunwert „stoffgleich“ sind; zunächst war – mE ein praktikableres Kriterium - die funktionelle Abgrenzbarkeit des mangelhaften Teils vom Rest der Kaufsache entscheidend). Anders formuliert erblickt der BGH eine Verletzung des Eigentums an diesen bisher unversehrten Teilen, wenn 110 gelieferte mangelhafte Sachen im Rahmen ihrer Bestimmung mit mangelfreien zu einer neuen Sache verbunden werden und sich die wegen des Mangels erforderliche nachfolgende Trennung nur unter Beschädigung der mangelfreien Teile durchführen lässt. Der BGH geht bei alledem mit der hM zu Recht davon aus, dass die Lieferung einer mangelhaften Sache als solche keine Verletzung des Eigentums an der betreffenden Sache darstellt, weil der Vertragspartner insoweit nie Eigentümer einer einwandfreien Sache war. Wie hat die Rspr nun das entscheidende Merkmal der fehlenden oder vorhandenen „Stoffgleichheit“ konkretisiert? Hier hilft in erster Linie ein Blick auf die Kasuistik des BGH, der nicht selten Entscheidungen der OLG aufhob, weil er „sein“ Merkmal anders ausgefüllt hat als die Vorinstanz(en). „Stoffungleichheit“, funktionelle Abgrenzbarkeit des fehlerhaften Teils und also eine Eigentumsverletzung bejaht hat der BGH in folgenden Fällen: Ein als Sicherung wirkender, als funktionell abgrenzbar angesehener (heute: „stoffungleicher“) Schwimmerschalter funktionierte nicht und setzte die gekaufte Reinigungsanlage in Brand (BGHZ 67, 359). Der geplatzte Reifen ist nicht stoffgleich mit dem gekauften Pkw (BGH NJW 2004, 1032). Das "Fehlen (!)" einer Befestigungsschraube soll nicht stoffgleich sein mit dem infolgedessen später beschädigten Motor (BGH NJW 1992, 1678). Der nach dem Gasgeben nicht zurückfedernde Gaszug eines später insgesamt beschädigten Kfz soll nicht stoffgleich mit dem Kfz selbst sein (BGHZ 86, 256) Stoffgleichheit bejaht und damit die Eigentumsverletzung abgelehnt hat der BGH im Fall einer fehlerhaft konstruierten Kfz-Hebebühne, deren hydraulisch betriebene Säule absackte (BGH NJW 1983, 812). Die Auffüllung eines Grundstücks mit Elektroofenschlacke, die sich später ausdehnt und das mittlerweile darauf gebaute Grundstück beschädigt, keine Eigentumsverletzung bewirken. Denn Grundstück und Bauwerk seien bei natürlicher Betrachtung ebenso wie aus juristischen Gründen (Bauwerk als wesentlicher Bestandteil) stoffgleich (BGH NJW 2001, 1364 = LM § 823 Ac Nr. 68 m. Anm. Spickhoff). Kritik: Hinsichtlich des Interesses am Kaufgegenstand selbst sollten die Vorschriften über die vertragliche Haftung gegenüber dem Deliktsrecht als abschließend angesehen werden; der Ansatz für eine systemgerechte Behandlung der in Frage stehenden Haftungsprobleme ist deshalb auf der Ebene des Vertrages zu suchen. Das Deliktsrecht sollte (nur) anwendbar bleiben, soweit der Mangel der Sache zur Verletzung anderer deliktsrechtlich geschützter Rechte oder 111 Rechtsgüter führt. Bedacht werden sollte nicht zuletzt das ganz erhebliche Maß an Rechtsunsicherheit, das das Stoffgleichheitskriterium und die damit zusammenhängenden Wertungen in Bezug auf die Abgrenzung von sog Äquivalenzund Integritätsinteresse bewirkt haben. Die Zahl der insofern vom BGH aufgehobenen und anders bewerteten Entscheidungen der Vorinstanzen bilden eine Legion. Genau genommen kann man heute das Stoffgleichheitskriterium nur noch in dem Sinne definieren, als Stoffgleichheit dann anzunehmen ist, wenn der BGH es eben annimmt. Eine zureichende Vorsehbarkeit der Ergebnisse gewährleistet dieses Kriterium nicht, und es ist weder Rechtsprechung noch Schrifttum bislang gelungen, es zureichend zu präzisieren oder ein anderes praktikables Abgrenzungskriterium zu benennen. Schon dieser Umstand deutet auf die prinzipielle Fragwürdigkeit der „Weiterfresser-“ Doktrin hin. Man sollte auch deshalb in Zukunft davon Abstand nehmen, die Verjährungsvorschrift des § 438 in ihrer Wertung zu konterkarieren. b) sonstige Rechte Zu den „sonstigen Rechten“, die § 823 Abs 1 im Anschluss an Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit und Eigentum nennt, sind nach hM nur solche Rechte zu zählen, die sich gegen jedermann richten, also absolute Rechte. Kein Recht in diesem Sinne ist anerkanntermaßen das Vermögen als solches! Nicht als „sonstiges Recht“ iS des § 823 Abs 1 sind nach hM des weiteren die Forderungsrechte anzusehen. Nicht zu den „sonstigen Rechten“ iS des § 823 Abs 1 gehört des weiteren der Gemeingebrauch an öffentlichen Wegen und Wasserstraßen. Als „sonstige Rechte“ kommen namentlich dingliche Rechte in Betracht. So sind Pfandrechte, Grundpfandrechte und Nießbrauch in entsprechender Weise wie das Eigentum gegen Zerstörung, Beschädigung oder sonstige Verschlechterung der belasteten Sache geschützt. Auch absolute Anwartschaftsrechte, wie sie sich vor allem aus bedingten oder befristeten Verfügungen über absolute Rechte ergeben, kommen als „sonstige Rechte“ iS des § 823 Abs 1 in Betracht. Zu den „sonstigen Rechten“ iS des § 823 Abs 1 wird weithin ganz allgemein der Besitz gezählt, da er gleich einem absoluten Recht gegen jedermann geschützt sei. Dabei ist die Anwendung des § 823 Abs 1 zunächst sicher insoweit angebracht, als es sich um den Schutz eines im Besitz verkörperten Rechts zum Besitz handelt, so insbesondere etwa bei Verletzung des Miet- oder Pachtbesitzes oder des dem Käufer schon vor dem Eigentumsübergang übertragenen Besitzes. Auch ohne ein 112 besonderes Recht zum Besitz erscheint ein deliktsrechtlicher Schutz außerdem insoweit gerechtfertigt, als, wie zB nach §§ 955, 994ff und 1007, an die Stellung des Besitzers über die possessorischen Rechte hinaus weitere Befugnisse geknüpft sind. Den Besitz über diesen Rahmen hinaus als „sonstiges Recht“ zu behandeln, stößt dagegen auf Bedenken. Auch die Aktie und der Geschäftsanteil an einer GmbH werden als „sonstige Rechte“ iS des § 823 Abs 1 angesehen. Entsprechendes ist generell für Mitgliedschaftsrechte anzunehmen. Zu den „sonstigen Rechten“ gehören Namens- und Firmenrecht. „Sonstige Rechte“ sind des weiteren das Urheberrecht und die gewerblichen Schutzrechte. Soweit ihre Verletzung in den betreffenden Spezialgesetzen geregelt ist, greifen aber lediglich diese ein. Die Deliktsvorschriften des BGB kommen daher hier nur ergänzend in Betracht. Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat, wie dies auch im Schrifttum weithin geschieht, mehrfach ausdrücklich ein absolutes Recht der Ehegatten auf den Fortbestand der ehelichen Lebensgemeinschaft anerkannt. Dagegen bestehen Bedenken. Alternativ wird vorgeschlagen, den ehelichen Status als ein Schutzgut iS des § 823 Abs 1 anzusehen, woraus für den Fall der schuldhaften Verletzung ein Restitutionsanspruch abgeleitet wird, der sich inhaltlich mit der quasi-negatorischen Beseitigungsklage deckt. Noch konsequenter dürfte es sein, den Schutz der Ehe nach § 823 Abs 1 generell abzulehnen und in diesem Bereich eine Haftung nur unter den Voraussetzungen des § 826 anzunehmen (die durchgängig vorliegen dürften). Indessen gewährt der BGH gegen den anderen Ehegatten und gegen Dritte bei Störungen des räumlich-gegenständlichen Bereichs der Ehe Unterlassungs- und Beseitigungsklagen. Auf diese Weise wurde der Ehefrau gegen das Eindringen oder die Aufnahme der Geliebten des Ehemannes in die Ehe- und Familienwohnung Schutz gewährt (BGHZ 6, 361). So soll es einen Anspruch der im Geschäft des Ehemannes mitarbeitenden Ehefrau gegen den Ehemann darauf geben, dass dieser seiner Geliebten das Betreten der Geschäftsräume verbiete, ebenso die Möglichkeit einer entsprechenden Unterlassungsklage gegen die Geliebte (BGH FamRZ 1963, 553; BGH LM § 823 (Af) Nr 2; s ferner BGHZ 34, 80). Deliktsrechtliche Ansprüche auf Ersatz der auf einer Ehestörung beruhenden allgemeinen Vermögensschäden lehnt die höchstrichterliche Rechtsprechung jedoch unter Berufung auf die Besonderheiten des Eherechts ab. Auf Grund der Annahme, dass sich der deliktsrechtliche Rechtsgüterschutz des § 823 Abs 1 generell nicht auf den Bereich 113 der Ehestörungen beziehe, wird ferner ein auf die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gestützter Anspruch des hintergangenen Ehegatten gegen den am Ehebruch des Partners beteiligten Dritten auf eine Geldentschädigung für Nichtvermögensschaden abgelehnt (BGH NJW 1973, 991). Ein „sonstiges Recht“ ist auch das Recht der elterlichen Sorge. Noch nicht eindeutig geklärt ist, ob das Umgangsrecht eines Elternteils als „sonstiges Recht“ anzuerkennen ist. In Rspr und Schrifttum wird das Umgangsrecht mit guten Gründen als absolutes Recht gekennzeichnet und als sonstiges Recht anerkannt. Dann könnte auch über § 823 Abs 1 der umgangsberechtigte Elternteil vom anderen Schadensersatz verlangen, wenn ihm der andere Elternteil den Umgang nicht in der vom Familienrecht vorgesehenen Art und Weise gewährt und ihm daraus Mehraufwendungen (zB zusätzliche Reise- oder Fahrtkosten) entstehen. Der BGH (JZ 2003, 46) hat die Frage offen gelassen und stattdessen auf die Verletzung von Pflichten aus einem gesetzlichen, besonderen familienrechtlichen Schuldverhältnis abgestellt, die einen Schadensersatzanspruch (mittlerweile unmittelbar über § 280 Abs 1, da die Norm auch gesetzliche Schuldverhältnisse erfasst) auslöst. Als ein „sonstiges Recht“ ist des weiteren ein den Angehörigen eines Verstorbenen zustehendes Recht der Totensorge anerkannt; nach der neueren Entwicklung ist insoweit auch der Gesichtspunkt des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in Betracht zu ziehen. 4. Rahmenrechte Die sog. Rahmenrechte befinden im Spannungsfeld der im BGB nicht vorgesehenen Haftung für fahrlässige reine Vermögensschäden; allerdings hat sich Notwendigkeit gezeigt, abgegrenzte Vermögensschäden rechtlich zu schützen; Entwicklung durch die Rspr: mittlerweile Gewohnheitsrecht, allerdings teilweise kritisiert im Schrifttum zB Larenz/Canaris Schuldrecht Band II/2 S. 544ff bzgl. Recht am Gewerbebetrieb. Hauptunterschied zu den anderen Rechtsgütern und Rechten: Lehre vom Erfolgsunrecht gilt nicht, vielmehr umfassende Interessenabwägung notwendig; Lehre vom Verhaltensunrecht. a) Recht am Unternehmen (Gewerbebetrieb) aa) Entwicklung 114 Schon vom Reichsgericht im Zusammenhang mit unberechtigten Schutzrechtsverwarnungen entwickelt, auch für Boykottaufrufe, dh zunächst nur bei sehr einschneidenden Beeinträchtigungen (führen oft zu Einstellungen, Einschränkungen der Geschäftstätigkeit); später ausgedehnt auf jede schuldhafte Beeinträchtigung der gewerblichen Betätigung eines anderen. Es bestehen aber eingrenzende Kriterien, damit keine ausufernde Anerkennung von Ersatz für fahrlässige Vermögensschäden eintritt. Zunächst wurde das Unmittelbarkeitskriterium (gegen Bestand des Betriebs gerichtet) hinsichtlich des Eingriffs entwickelt, das später auf die sog. Betriebsbezogenheit des Eingriffs fortentwickelt wurde. bb) Allgemeines: Grundsatz der Subsidiarität, im Besonderen hinsichtlich wettbewerbsrechtl. Vorschriften (UWG), § 824 BGB (unwahre Tatsachenbehauptungen) und Eigentum (zB Eier verderben durch Stromausfall, Eigentumsverletzung, Nutzungsbeeinträchtigungen). Ziel: keine Umgehung gesetzgeberischer Wertungen (zB Frist §11 UWG kürzer als §§ 195, 199 BGB). cc) Voraussetzungen (1) Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb? ( TB-Ebene) Unternehmerische Tätigkeit (als Anbieter den Mechanismen des Marktes unterworfen), gegenständlicher Betrieb nicht notwendig, reine Privattätigkeit scheidet also aus, auch Nicht-Gewerbe iSd Handels und Gewerbebetriebs wie Freiberufler sind erfasst fasst (str.), wobei BGH dort meist Persönlichkeitsrecht heranzieht Nach dem BGH geht es um den Schutz gegen solche Störungen, die verhindern, dass ein Unternehmen zur vollen, in der Gesamtheit seiner Bestandteile und Betriebsmittel begründeten Entfaltung kommt. Die bloße Erwerbsaussicht wird nicht geschützt. (2) Der Eingriff muss betriebsbezogen sein Welche Eingriffe sind betriebsbezogen? Das ist i. w. fallgruppenbezogen zu beantwortenen 115 Formel der Rspr: Handlung muss zweckbezogen auf die Einschränkung einer unternehmerischen Tätigkeit abzielen und sich irgendwie gegen einen Betrieb als solchen richten; Beeinträchtigung muss auf der Wesenseigentümlichkeit von Unternehmen (und nicht Privaten) beruhen. Manche Praktiken tragen Betriebsbezogenheit bereits in sich, zB Streiks, Schutzrechtsverwarnungen, Boykotte, unternehmensschädigende Äußerungen, wenn sie sich auf ein bestimmtes Unternehmen beziehen Keine Betriebsbezogenheit bei mittelbaren Schädigungen bzw. Drittschädigungen, zB bei Produktionsausfall in Folge Beschädigung einer Stromleitung. BGHZ 29, 65, 69 Tatbestand Die Klägerin betreibt eine Fabrik. Im September 1955 hatte ein Baggerführer des Beklagten, der als Tiefbauunternehmer tätig ist, auf dem Grundstück der Firma M., Graphische Betriebe, ein unterirdisch verlegtes, dem Elektrizitätswerk in H. gehörendes Starkstromkabel, das von dort zum Werk der Klägerin führt, beschädigt. Am 18. Juni 1956 ließ der Beklagte auf dem gleichen Grundstück der Graphischen Betriebe M. durch einen anderen Arbeiter mit einem Bagger eine Grube für einen Öltank ausgraben. Gegen 9.40 Uhr wurde von dem Bagger das Starkstromkabel erneut und zwar etwa 60 m hinter der alten Bruchstelle zerrissen; infolge der Stromunterbrechung lag der Betrieb der Klägerin bis zum 19. Juni 1956, 6.30 Uhr, still. 2 Die Klägerin macht den Beklagten für den ihr durch die erneute Betriebsruhe entstandenen Schaden verantwortlich. Sie ist der Ansicht, daß das Starkstromkabel, durch das von der Schadensstelle ab außer den Graphischen Betrieben nur noch sie mit Strom beliefert werde, wirtschaftlich einen Teil ihres Betriebes darstelle. Der Beklagte habe durch die Kabelunterbrechung widerrechtlich und schuldhaft in ihren Gewerbebetrieb eingegriffen; er habe es auch pflichtwidrig unterlassen, sich hinreichend über den Kabelverlauf zu unterrichten, diesen äußerlich kenntlich zu machen, den für eine derartige Erdarbeit erforderlichen zweiten Arbeiter zur Beobachtung abzustellen und den Baggerführer hinreichend zu unterrichten und zu überwachen. 3 Der Beklagte hat den Anspruch bestritten. Er vertritt die Auffassung, durch den Kabelbruch sei der Gewerbebetrieb der Klägerin nur mittelbar betroffen worden; jedoch verpflichte nur ein unmittelbarer Eingriff in einen Gewerbebetrieb zum Schadensersatz. Bei der Vorbereitung der Arbeit habe er ebenso wie bei der Auswahl des Baggerführers und bei dessen Einweisung 116 die erforderliche Sorgfalt beobachtet; eine persönliche Überwachung der Baggerarbeiten sei ihm bei der Größe seines Geschäfts nicht zuzumuten gewesen. 4 Das Landgericht hat den Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Die Berufung des Beklagten blieb erfolglos. Seine Revision führte zur Abweisung der Klage. Entscheidungsgründe 5 1. Landgericht und Oberlandesgericht haben übereinstimmend die Schadensersatzpflicht des Beklagten bejaht und angenommen, daß der Beklagte durch die Beschädigung des zum Werk der Klägerin führenden Starkstromkabels und die dadurch herbeigeführte Unterbrechung der Stromzufuhr in das Recht der Klägerin am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb widerrechtlich und schuldhaft eingegriffen habe. Das Oberlandesgericht hat die Haftung des Beklagten aus § 823 Abs 1 BGB in Verb mit § 831 BGB, wobei es den Entlastungsbeweis als nicht hinreichend erboten angesehen hat, sowie aus § 823 Abs 1 BGB allein wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht hergeleitet. 6 Die Revision wendet sich dagegen, daß die Kabelunterbrechung als Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin gewertet worden ist. 7 Die Revision mußte im Ergebnis Erfolg haben. 8 a) Das Reichsgericht hat in ständiger Rechtsprechung das Recht an einem bestehenden Gewerbebetrieb als ein "sonstiges Recht" im Sinne des § 823 Abs 1 BGB anerkannt. 9 Bereits in RGZ 58, 24, 29 ist das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb als ein subjektives Recht angesehen worden, das unmittelbar verletzt werden könne; Störungen und Beeinträchtigungen, welche sich unmittelbar gegen den Gewerbebetrieb richteten, stellten danach eine unter § 823 Abs 1 BGB fallende Rechtsverletzung dar. In der Folgezeit hat das Reichsgericht dem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb den Schutz des § 823 Abs 1 BGB zunächst nur dann gewährt, wenn ein Eingriff in den Bestand des Gewerbebetriebes vorlag, also wenn der Betrieb tatsächlich behindert, seine Unzulässigkeit behauptet oder seine Einschränkung oder 117 Einstellung verlangt wurde; gelegentlich hat es auch so formuliert, daß die Grundlagen des Gewerbebetriebes unmittelbar angetastet sein müßten (RGZ 64, 52, 55; 64, 155, 156; 76, 35, 46; 95, 339, 340; 102, 223, 225; 109, 272, 276; 119, 435, 438; 126, 93, 96; 135, 242, 247). Nach dieser an Fragen des Wettbewerbs und Boykotts entwickelten Rechtsprechung wurden Handlungen, die den Gewerbebetrieb nur mittelbar schädigten, nicht als Rechtsverletzungen im Sinne des § 823 Abs 1 BGB erachtet, so wenn dem Gewerbetreibenden nur ein wirtschaftlicher Gewinn entzogen wurde (RGZ 126, 93, 96), ferner bei schädigenden Einwirkungen auf Lieferanten (RGZ 56, 271, 275), bei Beschränkung des Kundenkreises (RGZ 79, 224, 226), schließlich wenn nur die Aussicht auf Erwerb beeinträchtigt oder gestört wurde (RGZ 102, 223, 225; 119, 435, 438; 135, 242, 247). Gewährt wurde der Schutz des § 823 Abs 1 BGB vor allem in solchen Fällen, in denen die Einstellung der gewerblichen Tätigkeit eines anderen mit der Behauptung verlangt wurde, die Tätigkeit verstoße gegen ein dem Untersagenden zustehendes gewerbliches Schutzrecht (Gebrauchsmuster, Patent) und sich dann herausstellte, daß ein solches Schutzrecht nicht bestand und die dahingehende Behauptung mindestens fahrlässig falsch war (RGZ 58, 24; 94, 248; 141, 336); ferner zB bei einem Boykott, bei dem durch Postenstehen vor der Tür und durch tätliche Einwirkung Besucher von dem Betreten einer Gastwirtschaft abgehalten worden waren (RGZ 76, 35, 46). 10 Eine Lockerung der strengen Erfordernisse für den Schutz des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb wurde in der späteren Rechtsprechung des II. Zivilsenats des Reichsgerichts vollzogen. Ein Ansatz zeigte sich bereits in dem Urteil vom 7. Juni 1929 (MuW 1929, 378), durch welches die Bestimmung einer Ortskrankenkasse, daß für gewisse wortgeschützte Arzneikörper keine Zahlung geleistet würde, als bewußte Gefährdung des auf Herstellung der wortgeschützten Arzneimittel gerichteten Gewerbebetriebes angesehen wurde, da die Bestimmung der Ortskrankenkasse bei voller Auswirkung den Hersteller zu Betriebseinschränkungen zwänge. In dem Urteil vom 9. Oktober 1934 (MuW 1935, 26, 30) ist der II. Zivilsenat eindeutig vom bloßen Bestandsschutz abgerückt und hat ausgesprochen, daß für die Anwendbarkeit des § 823 Abs 1 BGB auf dem Gebiete des Warenzeichen- und Wettbewerbs*-rechts eine schuldhafte Beeinträchtigung der gewerblichen Betätigung eines anderen zur Begründung eines Schadensersatzanspruchs ausreiche, ohne daß auch ein "unmittelbar gegen den Bestand des Geschäftsbetriebs gerichteter Eingriff" erforderlich sei. Diese Auffassung hat der gleiche Senat in seiner Entscheidung vom 19. Dezember 1938 (JW 1938, 484 = RGZ 158, 377 (in den für die vorliegende Rechtsfrage maßgeblichen Teilen jedoch in der Amtlichen Sammlung nicht abgedruckt)) bestätigt; es werde damit dem Gedanken Rechnung getragen, daß jeder Unternehmer beanspruchen könne, vor widerrechtlichen Störungen bewahrt zu bleiben, die sein Unternehmen nicht zur vollen, in der Gesamtheit seiner Bestandteile und Betriebsmittel begründeten Entfaltung kommen ließen, auch wenn dadurch der Bestand des Unternehmens selbst nicht in Frage gestellt sein möge (vgl RGZ 132, 311, 316; RG GRUR 1940, 375, 378; 1942, 364). Der II. Zivilsenat hat in RGZ 163, 21, 32 weiter erwogen, ob das gleiche nicht auch außerhalb des 118 Wettbewerbs- und Warenzeichen*-rechts zu gelten habe. In seinem Urteil vom 3. Oktober 1941 GRUR 1942, 54 = DR 1942, 175 (auszugsweise)) hat sich der I. Zivilsenat des Reichsgerichts der Ansicht des II. Zivilsenats, daß ein unmittelbar gegen den Bestand des Betriebes gerichteter Angriff für eine Anwendung des § 823 Abs 1 BGB bei schuldhafter Beeinträchtigung der gewerblichen Betätigung eines anderen nicht erforderlich sei, ausdrücklich angeschlossen (anders noch der V. Zivilsenat des Reichsgerichts in DR 1940, 723). 11 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird der Schutz des § 823 Abs 1 BGB gegen jede Beeinträchtigung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, wenn sie einen unmittelbaren Eingriff in den gewerblichen Tätigkeitskreis darstellt, gewährt, und zwar auch außerhalb des Gebietes des Wettbewerbs und der gewerblichen Schutzrechte (BGHZ 3, 270; 8, 142; 8, 387; 24, 200; vgl auch BGHZ 23, 157). In der vorgenannten Entscheidung BGHZ 3, 270, 279 ist ausgeführt, daß das Recht am bestehenden Gewerbebetrieb - ebenso wie das Eigentum - durch § 823 Abs 1 BGB nicht nur in seinem eigentlichen Bestand, sondern auch in seinen einzelnen Erscheinungsformen, wozu der gesamte gewerbliche Tätigkeitskreis zu rechnen sei, vor unmittelbaren Störungen bewahrt bleiben müsse. Hieran ist festzuhalten. 12 b) Durch die von der Rechtsprechung vorgenommene Einordnung des Rechts am bestehenden Gewerbebetrieb in den Kreis der "sonstigen Rechte" des § 823 Abs 1 BGB ist dieses Recht den dort ausdrücklich aufgeführten Rechtsgütern und Rechten Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit und Eigentum hinsichtlich seines Schutzes gleichgestellt. Deshalb ist auch bei einer Verletzung des Rechts am bestehenden Gewerbebetrieb zu prüfen, ob die Tatfolgen, für die Ersatz begehrt wird, in den Schutzbereich des Gesetzes fallen (Urteil des erkennenden Senats = BGHZ 27, 137). Allerdings kann, soweit der Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes in Frage steht, nicht wie im vorgenannten grundlegenden Urteil des Senats zum Problem der Haftungsbegrenzung gefragt werden, ob der geltendgemachte Schaden aus der Verletzung eines Rechtsgutes entstanden ist, zu dessen Schutz das Gesetz erlassen worden ist. Denn der Gesetzgeber hatte bei der Fassung des § 823 Abs 1 BGB den Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes noch nicht ins Auge gefaßt. Die Frage der Haftungsbegrenzung ist deshalb vorliegend in der Richtung aufzuwerfen und zu entscheiden, was eigentlich der Gegenstand des dem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb durch die Rechtsprechung zuerkannten Rechtsschutzes ist. 13 Unter dem Begriff des Gewerbebetriebes im Sinne des § 823 Abs 1 BGB ist alles das zu verstehen, was in seiner Gesamtheit den Gewerbebetrieb zur Entfaltung und Betätigung in der Wirtschaft befähigt, also nicht nur Betriebs*- 119 räume und -grundstücke, Maschinen und Gerätschaften, Einrichtungsgegenstände und Warenvorräte, sondern auch Geschäftsverbindungen, Kundenkreis und Außenstände. Durch den dem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb von der Rechtsprechung gewährten und nach und nach erweiterten Schutz soll das Unternehmen in seiner wirtschaftlichen Tätigkeit, in seinem Funktionieren vor widerrechtlichen Eingriffen bewahrt bleiben. Wenn auch in BGHZ 23, 157, 163 selbst die jeweilige Situation, in der ein Gewerbe betrieben wird, als für den Umfang des gewerblichen Tätigkeitskreises bestimmend angesehen worden ist, so handelt es sich in allen Fällen, in denen der Bundesgerichtshof die Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb bejaht hat, um den Schutz solcher Erscheinungsformen des Gewerbebetriebes, die ihm spezifisch und als solchem eigen sind. Geschützt werden soll der Gewerbebetrieb in seinem Bestande und in seinen Ausstrahlungen, soweit es sich um gerade dem Gewerbebetrieb in seiner wirtschaftlichen und wirtschaftenden Tätigkeit wesensgemäße und eigentümliche Erscheinungsformen und Beziehungen handelt. 14 c) Nach wie vor aber ist, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, ein unmittelbarer Eingriff in den Bereich des Gewerbebetriebes als Voraussetzung für eine Anwendbarkeit des § 823 Abs 1 BGB zu fordern (RGZ 163, 21, 32; BGHZ 8, 387, 394; 15, 338, 349; 23, 157; BGH LM BGB § 823 (Da) Nr 4). Zu Unrecht beruft sich demgegenüber die Klägerin auf die Entscheidungen des Reichsgerichts in RGZ 132, 311, 316 und DR 1942, 175; in diesen ist lediglich der bloße Bestandsschutz des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb als zu eng und jede schuldhafte Beeinträchtigung der gewerblichen Betätigung eines anderen für die Anwendbarkeit des § 823 Abs 1 BGB als ausreichend erachtet worden; das Erfordernis der Unmittelbarkeit des Eingriffs aber wurde nicht angetastet. Es ist freilich richtig, daß, wie das Berufungsgericht ausgeführt hat, der Begriff des "unmittelbaren Eingriffs" in der Rechtsprechung nicht definiert worden ist. Baumbach/Hefermehl (Wettbewerbs- und Warenzeichen*-recht, 7. Aufl 1955, Allg Ziff 53 (S 33)) weisen zutreffend darauf hin, daß die Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen unmittelbaren und mittelbaren Eingriffen bei dem komplexen Rechtsbegriff des Unternehmens besonders groß sind. Aus der rein sprachlichen Unterscheidung zwischen "unmittelbar" und "mittelbar" können entgegen der Ansicht der Revision die Merkmale für die erforderliche Begriffsabgrenzung nicht gewonnen werden. Die Frage der Unmittelbarkeit eines Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb kann auch nicht nur aus der Kausalitätslehre beantwortet werden, und es kommt auch auf das Fehlen sogenannter Zwischenursachen nicht entscheidend an, wie das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausgeführt hat (BGHZ 3, 270; 8, 142; 23, 157; abw RGZ 163, 21, 32, wo auf die Unmittelbarkeit des Kausalzusammenhangs abgestellt worden ist, desgl OLG München vom 21. März 1956 NJW 1956, 1719). Auch der Vorschlag von Larenz NJW 1956, 1719) in seiner Anmerkung zum vorgenannten Urteil des Oberlandesgerichts München - auf das sich beide Parteien für ihren Rechtsstandpunkt berufen -, die Unmittelbarkeit des Eingriffs teleologisch, also im Sinne einer Zweckbezogenheit der 120 Eingriffshandlung auf eine Einschränkung der gewerblichen Tätigkeit aufzufassen, so daß sich die Richtung auf eine Schädigung des Gewerbebetriebes aus ihrer Zweckbestimmung ergäbe, vermag zu einer hinreichend bestimmten Abgrenzung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Eingriffen nicht zu führen. Wenn Larenz als "unmittelbar" jeden Eingriff in den Gewerbebetrieb ansehen will, der dessen Einschränkung oder Beeinträchtigung entweder zum Zwecke hatte oder mindestens, unter den gegebenen Umständen, zum Zwecke haben konnte, so werden sogleich die Schwierigkeiten im Falle fahrlässigen Handelns des Eingreifenden offenbar. Dennoch kann Baumbach/Hefermehl (aaO) nicht darin beigepflichtet werden, daß wegen der bestehenden Abgrenzungsschwierigkeiten das Erfordernis der Unmittelbarkeit des Eingriffs aufgegeben werden und statt dessen die Wirkung des Eingriffs auf den Tätigkeitsbereich entscheiden sollte (für die Beibehaltung des Unmittelbarkeitserfordernisses: Enneccerus/Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, 15. Bearb 1958, § 234 I 1b (S 940); Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, II. Bd 2. Aufl 1957,§ 66 Id (S 339); Kleine, JZ 1952, 229). 15 Das Berufungsgericht meint unter Berufung auf das Das Berufungsgericht meint unter Berufung auf das Urteil des erkennenden Senats vom 14. April 1954 (LM BGB § 823 (Da) Nr 4), der Begriff der Unmittelbarkeit sei zielbezogen aufzufassen. Daraus ergebe sich für vorsätzliche Handlungen eine brauchbare Abgrenzung; bei fahrlässig begangenen Eingriffen in den Gewerbebetrieb sei es ausreichend, wenn die Handlung die Beeinträchtigung des Gewerbebetriebes unter den gegebenen Umständen zum Ziel gehabt haben könne und der Handelnde diese Richtung seines Tuns in seine Vorstellung aufgenommen, aber darauf vertraut habe, daß der Erfolg nicht eintrete. Diese Voraussetzungen eines fahrlässigen, zum Schadensersatz verpflichtenden Eingriffs hält das Berufungsgericht im vorliegenden Falle für gegeben. Der erkennende Senat hat in der genannten Entscheidung ausgesprochen, daß ein Angriff, der eine Verletzung des Rechts am Gewerbebetriebe darstelle, irgendwie gegen den Betrieb als solchen gerichtet sein müsse. Deshalb hat der Senat allein darin, daß ein unbegründeter Rückerstattungsantrag auf Rückgabe eines mit einem Gewerbebetrieb verbundenen Grundstücks die treuhänderische Verwaltung des Grundstücks gemäß MilRegG 52 zur Folge hatte, noch keinen widerrechtlichen Eingriff des Rückerstattungsklägers in den Gewerbebetrieb erblickt; denn der Angriff richtete sich gegen die Person des Inhabers, nicht aber gegen den Gewerbebetrieb selbst, mögen auch dadurch mittelbar Schäden in dem Gewerbebetrieb hervorgerufen worden sein. Ebensowenig liegt ein unmittelbarer Eingriff in den gewerblichen Tätigkeitskreis vor, wenn einem Betriebe durch Verletzung von Personen das zu seiner Fortführung unentbehrliche Personal entzogen wird (BGHZ 7, 30, 36). Diese Entscheidungen, nach denen zu fordern ist, daß ein unter § 823 Abs 1 BGB fallender Angriff gegen den Gewerbebetrieb selbst gerichtet sein muß, zeigen die Grundhaltung der herrschenden Rechtsprechung auf, eine übermäßige Ausweitung des Schutzes des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu vermeiden, die dem deutschen Rechtssystem der in kasuistischer Art geregelten Deliktstatbestände zuwider laufen würde. So fehlt es denn auch nicht an Stimmen in der Rechtsprechung und Literatur, die zu 121 der älteren Auffassung des Reichsgerichts zurückkehren möchten, wonach nur diejenige Beeinträchtigung eines Gewerbebetriebes, die dessen Bestand berührt, als Angriff auf ein absolutes Recht gelten soll (OLG Freiburg JZ 1952, 231; erwägend OLG Köln MDR 1953, 617; Gramm in Palandt, 17. Aufl 1958, § 823 BGB Anm 6g, der ausführt, es würden sonst dem § 823 BGB Aufgaben zugewiesen, für die er nicht geschaffen sei). Diese Stellungnahmen werden ersichtlich von der Sorge getragen, daß, wie Lehmann (MDR 1952, 297) meint, die Anerkennung eines zu weit gehenden generellen Schutzes des Gewerbebetriebes leicht zu einer Normenerschleichung führen könne. 16 Sicherlich ist dadurch, daß nach der späteren Auffassung des Reichsgerichts und der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jeder widerrechtliche unmittelbare Eingriff in den gewerblichen Tätigkeitskreis eine Verletzung des durch § 823 Abs 1 BGB geschützten Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellt, mag sich der Angriff auch nicht gegen den Bestand desselben, sondern gegen eine seiner Erscheinungsformen richten, der Rechtsschutz gegenüber dem zunächst nur gewährten Bestandsschutz des Gewerbebetriebes erweitert worden. Damit ist aber nicht etwa auf dem Umwege über den Schutz des Gewerbebetriebes ein Schutz von Forderungsrechten eingeführt worden, die im Gegensatz zu den absoluten Rechten nur bestimmte Personen binden und deshalb nicht unter den Begriff der "sonstigen Rechte" im Sinne des § 823 Abs 1 BGB fallen (RGZ 82, 189; 95, 283; 111, 298, 302), oder ein Schutz des Vermögens, das als solches nur unter besonderen Voraussetzungen Deliktsschutz genießt (zB über § 826 BGB); beides wäre unserem geltenden Rechtssystem fremd. Auch die bei der Frage der Widerrechtlichkeit erforderliche sorgfältige Untersuchung, ob unter Anwendung des Prinzips der Güter- und Pflichten*abwägung dem Eingreifenden etwa ein besonderer Rechtfertigungsgrund zur Seite steht (BGHZ 3, 270; 8, 142; 24, 200), wirkt sich einschränkend aus. Im übrigen sind der Umfang und die Grenzen, innerhalb derer das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu schätzen ist, gerade durch eine sachgemäße Ausfüllung des Begriffs der "Unmittelbarkeit" des Eingriffs zu ermitteln. 17 Unmittelbare Eingriffe in das Recht am bestehenden Gewerbebetrieb, gegen welche § 823 Abs 1 BGB Schutz gewährt, sind nur diejenigen, die irgendwie gegen den Betrieb als solchen gerichtet, also betriebsbezogen sind und nicht vom Gewerbebetrieb ohne weiteres ablösbare Rechte oder Rechtsgüter betreffen. Alle Fälle, in denen höchstrichterlich eine Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb bejaht worden ist, hatten auch solche betriebsbezogenen Eingriffe zum Gegenstand. Ebensowenig wie etwa die Verletzung eines Angestellten oder die Beschädigung oder Zerstörung eines Betriebskraftwagens steht aber die Unterbrechung des zum Unternehmen der Klägerin führenden Stromkabels durch den Beklagten bzw seinen Baggerführer in Beziehung gerade zum Gewerbebetrieb der Klägerin; denn der Baggerführer des Beklagten hat ein Stromkabel beschädigt, das zwar außer den Graphischen Betrieben M. gleichsam zufälligerweise nur noch 122 den Betrieb der Klägerin mit Strom versorgte, genau so gut aber für die Stromlieferung an andere Abnehmer hätte bestimmt sein können. Die Lieferung elektrischen Stroms über ein Kabel und der Anspruch darauf ist zudem keine dem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb wesenseigentümliche Eigenheit, sondern eine auf der Energielieferungspflicht der Versorgungsunternehmen beruhende Beziehung, die derjenigen gleichartig ist, die auch die anderen Stromabnehmer, wie zB die Haushaltungen und die Angehörigen freier Berufe, mit dem Elektrizitätswerk verbindet. Die Beschädigung eines Kabels mit der Folge der Unterbrechung der Stromzufuhr auf einem nicht zum betroffenen Unternehmen gehörenden Grundstück kann ohne besondere, hier nicht in Betracht kommende Umstände sonach nicht als betriebsbezogener Eingriff in den Tätigkeitskreis dieses Gewerbebetriebes angesehen werden. Wenn durch den Bagger des Beklagten das zum Werk der Klägerin führende Starkstromkabel zerrissen wurde, brachte dies zwar eine Beeinträchtigung der sachlich-technischen Grundlagen mit sich, vermittels welcher der Klägerin durch das Elektrizitätswerk elektrische Energie entsprechend dem zwischen ihnen bestehenden schuldrechtlichen Vertrag zugeführt werden konnte und zugeführt wurde. Aber darin ist kein Eingriff in das Recht der Klägerin am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu finden, weil dies über den dem Gewerbebetrieb von der Rechtsprechung zuerkannten Schutzbereich hinausginge; vielmehr handelt es sich um eine Verletzung des Eigentums des Elektrizitätswerks am Kabel sowie des durch dessen Geschäftsbedingungen eingeschränkten Stromlieferungsanspruchs der Klägerin gegen das Elektrizitätswerk. 18 Kann demnach ein Schadensersatzanspruch der Klägerin nicht aus Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb hergeleitet werden, so kommt ein solcher - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - auch nicht wegen Verletzung einer dem Beklagten obliegenden Verkehrssicherungspflicht in Betracht. Denn die schuldhafte Unterlassung der Verkehrssicherung löst nur dann einen Schadensersatzanspruch aus, wenn ein anderer dadurch in seinen nach § 823 Abs 1 BGB geschützten Rechtsgütern oder Rechten beeinträchtigt wird. Die KLägerin hat aber, selbst wenn der Beklagte die ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt hätte, was dahingestellt bleiben kann, einen Schaden nicht an den nach § 823 Abs 1 BGB geschützten Rechtsgütern und absoluten Rechten, sondern an ihrem Vermögen erlitten. - Güter- und Interessenabwägung (RW-Ebene) Die Beeinträchtigung von Unternehmensinteressen kann mit der Wahrnehmung berechtigten Interessen der Eingreifenden kollidieren. Es hat eine umfassende Abwägung im Einzelfall zu erfolgen. Wesentliche Kriterien: Intensität des Eingriffs, verfassungsrechtlich geschützte Freiheiten wie Meinungs- und Pressefreiheit; Versammlungs-/Demonstrationsrecht, Verhältnismäßigkeitsprüfung Fallgruppen: 123 - unberechtigte Schutzrechtsverwarnung (jüngst bestätigt durch großen Senat BGH NJW 2005, 3141, stark kritisiert, da eigentlich § 1 UWG iSv Behinderungswettbewerb anwendbar ist bzw. §14 bzgl. Abnehmerverwarnung; aber: UWG hilft nicht wegen der engen Auslegung der Merkmale. Eine objektive Unhaltbarkeit der Schutzrechtsverwarnung reicht aus. - geschäftsschädigende Kritik (Werturteile, wahre Tatsachenangaben, die nicht über § 824 BGB geschützt werden), Warentests enthalten meist Werturteile. Werturteile sind wegen Art. 5 GG bis zur Schmähkritik erlaubt. - Boykott (v.a. bei religiösen, politischen, sittl. Motiven, sonst UWG) - Blockaden (bei Demonstrationen Art. 8GG beachten) - rechtswidrige Streiks (näher zu erörtern im Arbeitsrecht) b) Allgemeines Persönlichkeitsrecht aa) Allgemeines Der Gesetzgeber des Jahres 1900 hat bewusst davon abgesehen, ein allg. Persönlichkeitsrecht zu statuieren. Die Ehre wurde als Schutzgut nicht in § 823 Abs. 1 BGB aufgenommen. So finden sich nur besondere Persönlichkeitsrechte wie das Recht am Namen (§ 12 BGB) das Recht am Bild (§ 22 KUG, siehe auch §§11, 12-14 UrhG). Wegen Art. 1, 2 I GG (staatliche Schutzpflichten in Bezug auf die Menschenwürde und die freie Entfaltung der Persönlichkeit) wurde zivilrechtlich ein allgemeines Persönlichkeitsrecht entwickelt. bb) Voraussetzungen Der Schutzbereich ist sehr schwierig genau zu definieren. Ein immaterielles körperloses Gut schließt per se eine trennscharfe inhaltlilche Definition aus; Rspr (auch BVerfG) lehnt klaren konturierten Tatbestand (durch „besondere Persönlichkeitsrechte“) ab. Erforderlich ist eine Einzelfallabwägung; die Praxis arbeitet mit Fallgruppen. Allgemein geht es um das Recht des Einzelnen auf Achtung seiner personalen und sozialen Identität sowie auf Entfaltung seiner individuellen Persönlichkeit. Der Gegenstand lässt sich anhand von Sphären umreißen: - Intimsphäre: absolut geschützt, aber sehr eng definiert (Beispiel Tagebuchaufzeichnungen), - Privatsphäre: häuslicher, familiärer, der Öffentlichkeit entzogener Umkreis, Gesundheitszustand, Vermögensverhältnisse, - Individualsphäre: auch Sozialsphäre genannt, Beziehungen einer Person zur Umfeld und Beruf . Fallgruppen/Aspekte: - Ehre, Ansehen - Selbstbestimmung - Recht am eigenen Bild Recht am gesprochenen und geschriebenen Wort 124 - Sonstige Informationen (Einzelheiten des Privatlebens, gentechnische Daten, Verlobung etc) Träger können auch Unternehmen sein, allerdings nur begrenzt aufgrund des Wesens des Unternehmens (im Rahmen des Berufs gegeben, zB Bezichtigung der Tierquälerei bei einem Mastbetrieb) Sonderfall: Das postmortale Persönlichkeitsrecht ist ebenfalls geschützt. Darunter fällt z.B. das Andenken des Verstorbenen. Es besteht für angemessene Zeit nach dem Tod (30 Jahre für ideelle Beeinträchtigungen mit Unterlassungs- und Widerrufsanspruch, 10 Jahre für Beeinträchtigung kommerzieller Interessen, BGH NJW 2007, 684). Hinsichtlich ideeller Interessen wird das postmortale PKR nur von Angehörigen wahrgenommen und geht auf diese über. Es ist nicht vererbbar oder übertragbar; hinsichtlich kommerzieller Interessen indes vererblich, daher besteht insoweit ein eigener Schadensersatzanspruch der Erben. BGHZ 50, 133 (Mephisto) Tatbestand Der klagende Adoptivsohn und Alleinerbe des verstorbenen Schauspielers und Intendanten Gustaf Gründgens beanstandet mit der vorliegenden Klage die Verbreitung des Buches "Mephisto - Roman einer Karriere" von Klaus Mann. 2 Gründgens war in den zwanziger Jahren mit Klaus Mann befreundet und mit dessen Schwester Erika kurze Zeit bis 1928 verheiratet. Im Jahre 1933 begaben sich die Geschwister Klaus und Erika Mann aus politischer Überzeugung in die Emigration. Gründgens, der insbesondere durch seine Mephisto-Rolle bekannt geworden war, wurde im Jahre 1934 zum Intendanten des Staatlichen Schauspielhauses in Berlin ernannt, im Jahre 1936 zum Preußischen Staatsrat und im Jahre 1937 zum Generalintendanten der Preußischen Staatstheater, die Göring unterstanden. 3 Klaus Mann schrieb den Mephisto-Roman bald nach seiner Emigration und veröffentlichte ihn im Jahre 1936 im Querido-Verlag in Amsterdam in deutscher Sprache. Der Roman schildert die Karriere eines Schauspielers, der im Roman den Namen Hendrik Höfgen trägt und der als ehrgeiziger, talentierter Opportunist aus kleinbürgerlichem Milieu mit perversen sexuellen Neigungen, als zynisch-rücksichtsloser Mitläufer der nationalsozialistischen Machthaber und als Rückversicherer dargestellt wird. Zahlreiche Einzelheiten - so die Beschreibung von Figur und Gesicht, die Reihenfolge der Theaterstücke, in denen dieser Schauspieler mitwirkt, insbesondere auch die Übernahme der Mephisto-Rolle, sowie der Aufstieg zum Generalintendanten der Preußischen Staatstheater - entsprechen dem äußeren Erscheinungsbild und dem Lebenslauf von Gründgens. Auch Personen aus dessen Umgebung sind in dem Roman wiederzuerkennen. 125 4 Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß auf Gründgens wesentliche negative Charakterzüge und Handlungen nicht zutreffen, die im Roman der Person Höfgens angedichtet werden. 5 Der "Mephisto"-Roman erschien im Jahre 1956 erneut im Aufbau-Verlag in Ost-Berlin und trug auf der letzten Seite den Vermerk: "Alle Personen dieses Buches stellen Typen dar, nicht Porträts K. M.". Dieser Herausgabe hat der Kläger im Namen von Gründgens, dessen Assistent er seit seiner Adoption bis zu dessen Tode war, im Jahre 1957 widersprochen, doch war die Auflage bereits ausgeliefert. Weitere Herausgaben bei drei westdeutschen Verlagen konnten verhindert werden. 6 Im August 1963 kündigte die Beklagte ihrerseits die Herausgabe des Buches an. Nach dem Tode von Gründgens am 7. Oktober 1963 hat der Kläger hiergegen zunächst erfolglos protestiert und schließlich Klage erhoben. Nachdem die Beklagte in erster Instanz obgesiegt hatte, brachte sie das Buch mit folgendem, durch einstweilige Verfügung angeordnetem Vorspruch heraus: 7 "AN DEN LESER 8 Der Verfasser Klaus Mann ist 1933 freiwillig aus Gesinnung emigriert und hat 1936 diesen Roman in Amsterdam geschrieben. Aus seiner damaligen Sicht und seinem Haß gegen die Hitlerdiktatur hat er ein zeitkritisches Bild der Theatergeschichte in Romanform geschaffen. Wenn auch Anlehnungen an Personen der damaligen Zeit nicht zu verkennen sind, so hat er den Romanfiguren doch erst durch seine dichterische Phantasie Gestalt gegeben. Dies gilt insbesondere für die Hauptfigur. Handlungen und Gesinnungen, die dieser Person im Roman zugeschrieben werden, entsprechen jedenfalls weitgehend der Phantasie des Verfassers. Er hat daher seinem Werk die Erklärung beigefügt: "Alle Personen dieses Buches stellen Typen dar, nicht Porträts". 9 Der Verleger" 10 126 Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ua ausgeführt, daß die durch den Roman verletzten Persönlichkeitsrechte von Gründgens mit dessen Tode untergegangen seien. 11 Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt, mit der er sein KLagebegehren weiterverfolgt, jedoch zum Ausdruck gebracht hat, daß das Verbot nicht unbedingt für alle Zeiten erstrebt werde. Die Beklagte hat erklärt, sie verpflichte sich, den Roman künftig stets mit dem durch einstweilige Verfügung angeordneten Vorspann zu veröffentlichen. 12 Das Oberlandesgericht hat der Berufung stattgegeben und die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die Revision der Beklagten blieb ohne Erfolg. Entscheidungsgründe I. ... 13 II. 1. Das Berufungsgericht führt aus, die ihrer Natur nach nicht übertragbaren Persönlichkeitsrechte könnten zwar nach dem Tode nicht mehr fortbestehen, da es dann an einem Rechtssubjekt fehle. Gleichwohl gewähre aber die Rechtsordnung einen über den Tod hinauswirkenden Persönlichkeitsschutz, wie sich in der Pflicht zur Beachtung von Beisetzungsanordnungen eines Verstorbenen zeige, ferner in der Pflege seiner Ruhestätte, dem Schutz der Totenruhe, der Bestrafung von Leichenentwendungen und der Verunglimpfung des Andenkens, der Wiederaufnahme von Strafverfahren auch nach dem Tode, dem Bildnisschutz, dem Recht, Entstellungen der Darbietungen eines ausübenden Künstlers nach dessen Tode zu verfolgen, und auch in der Fortwirkung eines zu Lebzeiten erstrittenen Verbotsurteils wegen Ehrverletzung. Die aus diesem Persönlichkeitsschutz folgenden Ansprüche könne der Kläger als Adoptivsohn und damit als Angehöriger von Gründgens, als dessen Alleinerbe und als derjenige wahrnehmen, den Gründgens bereits zu Lebzeiten damit beauftragt habe, die Verbreitung des Buches zu verhindern. 14 2. Diesen Ausführungen ist im Ergebnis beizutreten. 15 Der Bundesgerichtshof hat bereits im Zusammenhang mit der Frage, wem die Befugnis zur Veröffentlichung von Tagebüchern eines Verstorbenen zusteht, dargelegt, es werde für das Urheberpersönlichkeitsrecht einmütig anerkannt, daß es über den Tod des ursprünglichen Rechtsträgers hinaus fortwirkte. Dies 127 gelte in gleicher Weise auch für das allgemeine Persönlichkeitsrecht; denn die schutzwürdigen Werte der Persönlichkeit überdauerten die Rechtsfähigkeit ihres Subjekts, die mit dem Tode erlösche (BGHZ 15, 249, 259 - Cosima Wagner). Diese Auffassung hat in Rechtsprechung und Schrifttum überwiegend Billigung gefunden (LG München Ufita 20, 230 - von Witzleben; Koebel, NJW 58, 936; Nipperdey, Ufita 30, 1, 20; Hubmann, Das Persönlichkeitsrecht, 1953, S 245f sowie in der Anmerkung zu dem angefochtenen Urteil aaO; Staudinger/Coing, BGB, 11. Aufl, Vorbem 24 vor 1, vgl auch Anm 151 zu § 1922; von Gamm, NJW 1955, 1826; zurückhaltend Bußmann, Gutachten zum 42. Juristentag, 1957, S 62ff). 16 Die gegen diese Auffassung erhobenen Bedenken (vgl insbes May, NJW 1958, 2101 und Wolpert, Ufita 34, 150, 156ff) greifen nicht durch. Das Persönlichkeitsrecht erfährt zwar - wie schon ein Vergleich des Ehrenschutzes nach §§ 185 bis 187 StGB mit der engeren Bestimmung des § 189 StGB zeigt - mit dem Tode der Person eine einschneidende Einschränkung, da alle diejenigen Ausstrahlungen enden, welche die Existenz einer aktiv handelnden Person bedingen. Ferner kann bei der Abwägung widerstreitender Belange im Rahmen der Abgrenzung des Persönlichkeitsrechtes nicht mehr der Schutz der persönlichen Empfindung des Angegriffenen als solcher ins Gewicht fallen. Aus diesem Grunde ist beispielsweise bei Darstellungen aus dem Intimbereich die Frage, ob eine Verletzung des Persönlichkeitsrechtes vorliegt, bei Verstorbenen nach einem anderen Wertungsmaßstab als bei Lebenden zu beurteilen. Andererseits ist aber allgemein anerkannt, daß der Verstorbene nicht nur übertragbare materielle Werte hinterläßt, sondern daß auch immaterielle Güter seinen Tod überdauern, die verletzbar und auch nach dem Tode noch schutzwürdig sind. Was im einzelnen zu diesen Gütern zählt und welche Ansprüche sich aus ihrer Beeinträchtigung ergeben könnten, bedarf im Streitfall keiner abschließenden Prüfung. Denn hier handelt es sich wie noch zu erörtern sein wird - lediglich um Unterlassungsansprüche gegen grobe Entstellungen des Lebensbildes. Insoweit sind keine überzeugenden Gründe dafür ersichtlich, daß der persönlichkeitsrechtliche Unterlassungsanspruch trotz Fortbestehens des verletzbaren und schutzwürdigen Gutes in dem Augenblick völlig erlöschen sollte, in dem dieses Lebensbild seinen Abschluß gefunden hat und der Angegriffene sich nicht mehr selbst verteidigen kann. 17 Es ist nicht entscheidend, daß das Persönlichkeitsrecht - abgesehen von seinen vermögenswerten Bestandteilen - als höchstpersönliches Recht unübertragbar und unvererblich ist. Die Rechtsordnung kann Gebote und Verbote für das Verhalten der Rechtsgenossen zum Schutz verletzungsfähiger Rechtsgüter auch unabhängig vom Vorhandensein eines lebenden Rechtssubjektes vorsehen und namentlich Unterlassungsansprüche der in Rede stehenden Art durch jemanden wahrnehmen lassen, der nicht selbst Subjekt eines entsprechenden Rechtes ist, wenn der ursprüngliche Träger dieses Rechtes durch den Tod die Rechtsfähigkeit verloren hat. Seit langer Zeit sieht die Rechtsordnung diese Lösung bereits für besonders 128 wichtige Fallgruppen vor, in denen es um an sich unübertragbare Persönlichkeitsrechte geht. So ist die Verbreitung von Abbildungen nach dem Tode des Abgebildeten von der Einwilligung seiner Angehörigen abhängig (§ 22 des Kunsturhebergesetzes vom 9. Januar 1907). Auch zu der Strafvorschrift über die Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener (§ 189 StGB) wird heute die Auffassung vertreten, daß hier nicht allein das Pietätsgefühl und die Familienehre der antragsberechtigten Angehörigen, sondern auch die eigene Ehre des Verstorbenen in Gestalt eines fortbestehenden Achtungsanspruchs im sozialen Raum geschützt wird (vgl Welzel, Das deutsche Strafrecht, 10. Aufl, S 293, 299). § 361 StPO läßt die Wiederaufnahme des Strafverfahrens zugunsten des Verstorbenen auf Antrag bestimmter Angehöriger zu. Ferner können die Angehörigen eines ausübenden Künstlers nach dem Tode Entstellungen der Darbietungen des Verstorbenen untersagen (§ 83 UrhG). Wenn derartige Regelungen zum Teil schon nach früherem Recht galten, dann kann erst recht nach der verfassungsrechtlichen Wertordnung des Grundgesetzes nicht mehr angenommen werden, daß nach dem Tode einer Person zwar deren übertragbare Rechte an materiellen Gütern fortbestehen, dagegen das durch ihre Leistungen erworbene, uU viel nachhaltiger im Gedächtnis der Nachwelt fortlebende Ansehen Eingriffen Dritter schutzlos preisgegeben wäre. Wenn auch davon auszugehen sein mag, daß das Grundgesetz, indem es in Art 1 die Würde des Menschen für unantastbar erklärt und in Art 2 das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit festlegt, vorwiegend den Schutz der Persönlichkeitsbelange des in der Rechtsgemeinschaft noch tätigen Bürgers gewährleisten wollte, so ist andererseits kein Anhalt dafür gegeben, daß entgegen den Anschauungen unseres Kulturkreises die Schutzgarantie für die Menschenwürde, die auch nach dem Tod "antastbar" bleibt, für Verstorbene entfallen sollte. Da die Wertentscheidung des Grundgesetzgebers im Grundrechtskatalog zugunsten eines umfassenden Schutzes der Menschenwürde keine zeitliche Begrenzung auf das Leben des Menschen erkennen läßt, ist nicht einzusehen, warum der Schutz des sog allgemeinen Persönlichkeitsrechts, das die höchstrichterliche Rechtsprechung als sonstiges Recht im Sinne des § 823 Abs 1 BGB anerkannt hat, indem es diese Generalklausel des bürgerlichen Rechts gemäß der Wertentscheidung des Verfassungsgebers ausgefüllt hat, zwangsläufig mit dem Tod sein Ende finden sollte. Nach Anerkennung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sind vielmehr die erwähnten näher geregelten Einzelfälle des Schutzes von Persönlichkeitsgütern Verstorbener als Ausdruck einer allgemeinen Rechtspflicht aufzufassen, wonach Persönlichkeitsgüter der hier strittigen Art allerdings in dem durch das Ableben der Person bedingten eingeschränkten Umfang - auch nach dem Tode ihres Inhabers von den Rechtsgenossen zu beachten sind, da andernfalls die Wertentscheidung des Grundgesetzes nicht ausreichend zur Geltung käme. Der Senat ist der Überzeugung, daß Menschenwürde und freie Entfaltung zu Lebzeiten nur dann im Sinne des Grundgesetzes zureichend gewährleistet sind, wenn der Mensch auf einen Schutz seines Lebensbildes wenigstens gegen grobe ehrverletzende Entstellungen nach dem Tode vertrauen und in dieser Erwartung leben kann. 18 129 Hiergegen hat die Revision in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, der strittige Unterlassungsanspruch sei jedenfalls in dem Sinne höchstpersönlicher Natur, daß dem Betroffenen die Entscheidung darüber vorbehalten bleiben müsse, ob dieser Anspruch im Wege einer öffentlichen Klage verfolgt werden solle. Eine Wahrnehmung des Persönlichkeitsschutzes nach dem Tode komme daher allenfalls dann (und insoweit) in Betracht, wenn der Verstorbene bereits zu Lebzeiten eine Ermächtigung erteilt habe. 19 Abgesehen davon, daß Gründgens dem Kläger die entsprechende Ermächtigung tatsächlich erteilt hat, kann dieser Auffassung schon deshalb nicht beigepflichtet werden, weil dann die Rechtsverfolgung von dem Zufall abhinge, ob eine vor dem Tode begangene Handlung dem Verletzten noch rechtzeitig bekanntgeworden ist, oder davon, ob die Handlung kurz vor oder kurz nach dem Tode des Verletzten begangen worden ist. Hinzuweisen ist ferner auf solche Fälle, in denen sich der Berechtigte infolge Zermürbung durch Alter, Krankheit oder Resignation nicht mehr selbst dazu aufraffen konnte, noch vor seinem Tode ein Verfahren einzuleiten. Daß der höchstpersönliche Charakter der immateriellen Persönlichkeitsrechte nicht dazu nötigt, die Rechtsverfolgung von einer Ermächtigung des Verletzten abhängig zu machen, wird auch durch die erwähnten, vom Gesetzgeber bereits näher geregelten Fälle einer Wahrnehmungsbefugnis bestätigt. 20 Entgegen der Ansicht der Revision nötigt nicht etwa der Gesichtspunkt der Rechtssicherheit dazu, die Wahrnehmung des Persönlichkeitsschutzes Verstorbener durch Dritte schlechthin auszuschließen, wenn keine besondere Ermächtigung erteilt wurde. Der höchstpersönliche Charakter des Rechts rechtfertigt zwar die Folgerung, daß in Ermangelung entgegenstehender anderweitiger Regelungen in erster Linie der vom Verstorbenen zu Lebzeiten Berufene als Wahrnehmungsberechtigter anzusehen ist. Ferner kommen aber in Analogie zu den vom Gesetzgeber bereits näher geregelten Fällen die nahen Angehörigen des Verstorbenen in Betracht, die durch die Verunglimpfung eines verstorbenen Familienmitgliedes oftmals selbst in Mitleidenschaft gezogen werden. Das kann zu einer Mehrzahl von Wahrnehmungsberechtigten führen. Daraus folgt jedoch keine so erhebliche Gefahr für die Rechtssicherheit, daß deshalb die Wahrnehmung des Persönlichkeitsschutzes Verstorbener mangels ausdrücklicher Ermächtigung zu entfallen hätte. Zwar schließt nach dieser Auffassung das Einverständnis einzelner Wahrnehmungsberechtigter mit der beanstandeten Handlung nicht aus, daß andere Berechtigte gleichwohl dagegen einschreiten. Doch wird dieses Einverständnis ein wichtiger Anhaltspunkt dafür sein, ob überhaupt der Tatbestand einer Rechtsverletzung vorliegt. Der Streitfall nötigt nicht dazu, den Kreis der Wahrnehmungsberechtigten abschließend zu bestimmen. Denn daß zu diesem Kreis jedenfalls der Kläger als der Adoptivsohn des Verstorbenen und insbesondere als derjenige gehört, den Gründgens nicht nur zu seinem Alleinerben eingesetzt, sondern bereits zu Lebzeiten beauftragt hatte, die Verbreitung des Romans zu verhindern, hat das Berufungsgericht ohne Rechts- und Verfahrens*-verstoß festgestellt. 130 21 In den Fällen des § 22 KunstUrhG und des § 83 UrhG sind die dort geregelten Befugnisse zeitlich befristet. Auch ohne eine derartige gesetzgeberische Einzelregelung ist kein uferloser postmortaler Schutz des Lebensbildes zu befürchten. Eine zeitliche Begrenzung folgt bereits daraus, daß die Persönlichkeitsrechte eines Verstorbenen nicht von jedermann, sondern nur von dem Kreis der überlebenden Wahrnehmungsberechtigten geltend gemacht werden können. Davon abgesehen setzt die Geltendmachung des erörterten persönlichkeitsrechtlichen Unterlassungsanspruchs voraus, daß der Wahrnehmungsberechtigte ein ausreichendes Rechtsschutzbedürfnis dartun kann. Dieses schwindet gerade in Fällen der vorliegenden Art in dem Maße, in dem die Erinnerung an den Verstorbenen verblaßt. Auch wird bei der Güterabwägung, nach der im Einzelfall Tatbestand und Rechtswidrigkeit von Persönlichkeitsrechtsverletzungen abzugrenzen sind, ins Gewicht fallen, daß im Laufe der Zeit das Interesse an der Nichtverfälschung des Lebensbildes abnimmt, während umgekehrt das Gegeninteresse daran wächst, nicht wegen eines Fehlers in der Darstellung historischer Vorgänge Rechtsansprüchen ausgesetzt zu werden. Jedenfalls ist der noch lebende Kläger berechtigt, gegen die kurz nach dem Tode von Gründgens begangene Persönlichkeitsrechtsverletzung einzuschreiten. Das Unterlassungsgebot bedarf auch keiner zeitlichen Begrenzung, da es der Beklagten unbenommen bleibt, der Vollstreckung des Urteils entgegenzutreten, wenn infolge Zeitablaufs das Rechtsschutzinteresse für die Weiterverfolgung des eingeklagten Anspruchs entfallen sollte. 22 III. 1. In der Sache selbst führt das Berufungsgericht im einzelnen aus, daß Klaus Mann die Hauptfigur seines Romans unbestritten an Gründgens angelehnt habe. Eine ausreichende "Verfremdung" der aus der Wirklichkeit entlehnten Vorgänge lasse sich nicht feststellen. Zwar würden jüngere Leser in zunehmendem Umfang in den dargestellten Romanfiguren die damals lebenden Personen nicht erkennen und den Roman als zeitkritische Darstellung des Theaterlebens in den zwanziger und dreißiger Jahren werten. Eine nicht unbeträchtliche Zahl des theaterkundigen Publikums, von dem das Buch überwiegend gelesen werde, denke aber bei der Hauptfigur Höfgen an Gründgens und identifiziere diesen infolge der Übereinstimmungen im äußeren Erscheinungsbild, dem Lebens- und Berufs*-weg und der Umgebung mit Höfgen. Dabei könne der Leser nicht zwischen Wahrheit und Erdichtetem unterscheiden. 23 Diese tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichtes sind frei von Rechts- oder Verfahrens*-verstößen ... . 24 2. Das Berufungsgericht führt sodann weiter aus, daß der Roman für diejenigen Leser, welche Handlungen, Motive und Äußerungen des Höfgen 131 auf Gründgens beziehen, ein negativ verzerrtes, verunglimpfendes Charakterund Lebens*-bild von Gründgens vermittle. Das Buch sei - so gesehen - eine Schmähschrift in Romanform, insbesondere wegen der unstreitig frei erfundenen Schilderung der masochistischen Beziehungen Höfgen's zu der Negertänzerin. Gründgens werde in der Gestalt Höfgen's als ein begabter Schauspieler mit großer Karriere geschildert, der die Mephisto-Rolle vorzüglich spiele und seinem Charakter nach selbst ein Mephisto sei, der sich den nationalsozialistischen Machthabern seiner Karriere wegen ausliefere. Ferner bedeute die Unterstellung, Höfgen habe einigen politisch Verfolgten nur geholfen, um sich dadurch für später eine Rückversicherung zu beschaffen, eine Verächtlichmachung des Höfgen und somit von Gründgens. Auch das physische Versagen des Höfgen in seiner Ehe - möge es auf Gründgens zutreffen oder nicht - sowie die zahlreichen verbalen Beleidigungen seien geeignet, Gründgens herabzusetzen. 25 Die Beklagte habe nicht dargelegt und unter Beweis gestellt, daß dieses negative Lebens- und Charakter*-bild auf Gründgens tatsächlich zutreffe. Unstreitig habe Gründgens nicht - wie in dem Roman dargestellt - im Hause Göring verkehrt und zu dessen 43. Geburtstag eine Rede gehalten. Sein schneller Aufstieg sei - ebenso wie seine Ehrungen nach dem Kriege - seinen schauspielerischen Leistungen zuzuschreiben. Auch die Beklagte behaupte nicht, daß Gründgens sich nach 1933 für politische Propagandazwecke habe mißbrauchen lassen. Möge Klaus Mann auch seinerzeit geglaubt haben, Gründgens habe politisch Verfolgte nur aus Gründen der Rückversicherung unterstützt, so spreche doch dagegen, daß Gründgens - wie auch die Beklagte anerkenne - unter eigener Gefährdung jüdischen und mit Jüdinnen verheirateten Schauspielern sowie politisch Verdächtigen geholfen habe. 26 Die wahrheitswidrige Entstellung des Charakter- und Lebens*-bildes von Gründgens werde - so führt das Berufungsgericht weiter aus - weder durch das Recht zur freien kritischen Meinungsäußerung noch dadurch gedeckt, daß der beanstandete Roman in Übereinstimmung mit dem Landgericht als Kunstwerk zu werten sei. Soweit die Intimsphäre angetastet werde, entfalle überhaupt jede Interessenabwägung. Daher sei der auf die Verletzung des Persönlichkeitsrechts gestützte Unterlassungsanspruch des Klägers gemäß §§ 1004, 823 BGB iVm Art 1 und 2 GG begründet. 27 3. Den Angriffen der Revision, die sich gegen die rechtlichen Folgerungen richten, die das Berufungsgericht aus den genannten Feststellungen und Würdigungen gezogen hat, muß im Ergebnis der Erfolg versagt bleiben. 28 a) Das auf der Würde des Menschen beruhende Persönlichkeitsrecht (Art 1, 2 GG) ist als sonstiges Recht im Sinne des § 823 Abs 1 BGB geschützt (vgl 132 BGHZ 13, 334 - Leserbriefe; 24, 200 - Spätheimkehrer; 26, 349 - Herrenreiter; 30, 7 - Caterina Valente; 31, 308 - Burschenschaft; 35, 363 - Ginsengwurzel; 39, 124 - Fernsehansagerin; GRUR 1965, 256 - Gretna Green). Indem bei der inhaltlichen Präzisierung dieses generalklauselartigen "Auffangstatbestandes" auf verfassungsrechtliche Wertentscheidungen zurückgegriffen wird, ist freilich zu beachten, daß das Persönlichkeitsrecht nicht nur in Art 2 GG eine ausdrückliche Begrenzung durch die Rechte anderer, die verfassungsmäßige Ordnung und das Sittengesetz erfährt. Vielmehr sind darüber hinaus bereits bei der Prüfung, ob überhaupt tatbestandsmäßig eine rechtswidrige Persönlichkeitsbeeinträchtigung vorliegt, auch die weiteren Wertentscheidungen des Verfassungsgebers heranzuziehen, die sich gerade bei der verfassungskonformen Auslegung von Generalklauseln auswirken (BVerfGE 7, 198, 204 - Lüth; 12, 113, 125 - Schmid) und die nicht erst unter dem Gesichtspunkt eines besonderen Rechtfertigungsgrundes zu berücksichtigen sind (BGHZ 45, 296, 307 - Höllenfeuer). 29 b) Als eine der grundlegenden Wertentscheidungen kommt insbesondere das Recht auf freie kritische Meinungsäußerungen (Art 5 Abs 1 GG) namentlich gegenüber solchen Personen in Betracht, die - wie Gründgens - durch ihr Wirken und ihre Stellung im öffentlichen Leben Gegenstand des allgemeinen Interesses geworden sind (BGHZ 36, 77 - Waffenhändler; BGH NJW 1964, 1471 - Sittenrichter). Dieses Recht deckte im Streitfall nicht nur eine allgemeine zeitkritische Auseinandersetzung mit den Verhältnissen des Theaterlebens seit 1933, sondern auch, daß Klaus Mann in scharfer Polemik Karriere und Charakterbild von Gründgens als einer weithin bekannten Persönlichkeit der Zeitgeschichte kritisierte, deren Verhalten, besonders aus der Sicht eines emigrierten und engagierten Gegners der Hitler-Diktatur, die Gefahr in sich barg, den Nationalsozialismus in den Augen der Welt aufzuwerten. Klaus Mann hat sich aber nach den zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts nicht auf eine derartige Kritik beschränkt, sondern in seine Darstellung frei erfundene Vorgänge eingearbeitet. Unter diesen ist schlechterdings nicht zu rechtfertigen die Erfindung des Verhaltens gegenüber der schwarzen Tänzerin, zu der Höfgen langdauernde perverse Beziehungen unterhält und die er, als sie seiner Karriere gefährlich zu werden drohte, in niederträchtiger Weise von der Gestapo verhaften und abschieben läßt. Zu nennen ist hier ferner die Erfindung einer besonders engen Art von Beziehungen zu den damaligen Machthabern und die Entstellung der Hilfeleistungen für rassisch und politisch Gefährdete in ein auf berechnender Rückversicherung beruhendes Verhalten. Das Recht, Verhalten und Lebensbild einer Persönlichkeit kritisch zu beurteilen, findet nach der ausdrücklichen Regelung in Art 5 Abs 2 GG seine Schranken in dem Recht der persönlichen Ehre und rechtfertigt es jedenfalls nicht, das Lebensbild einer Persönlichkeit mittels frei erfundener, oder doch ohne jeden Anhaltspunkt behaupteter, die Gesinnung negativ kennzeichnender Verhaltensweisen zu entstellen, die nur noch das Urteil zulassen, daß es sich um einen niederträchtiger Handlungsweise fähigen Menschen gehandelt habe. Namentlich das erdichtete abschließende Verhalten gegenüber der Tänzerin läßt dem Leser keine andere Wahl. 133 30 c) Entstellungen derart schwerwiegender Art werden auch nicht durch die ebenfalls verfassungsrechtlich verbürgte Freiheit der Kunst (Art 5 Abs 3 GG) gedeckt, auf welche sich die Beklagte in erster Linie beruft. Da der beanstandete Roman in beiden Vorinstanzen rechtsirrtumsfrei als Ergebnis künstlerischen Schaffens gewürdigt worden ist, greift allerdings auch diese Grundrechtsnorm im Streitfall Platz, die entgegen der Auffassung des Klägers nicht lediglich eine gegen den Staat gerichtete institutionelle Garantie enthält, sondern notwendigerweise auch die persönliche Freiheit des Künstlers umfaßt, sich künstlerisch zu betätigen und die Ergebnisse des Schaffens der Öffentlichkeit bekanntzumachen (v Mangoldt/Klein, GG, 2. Aufl, Anm X 2b zu Art 5; Hamann, GG, 2. Aufl, Anm 13 zu Art 5; Schmidt/Bleibtreu/Klein, GG, Anm 2 zu Art 5; Arndt, Die Kunst im Recht, NJW 1966, 26; BayObLG NJW 1964, 1149; OVG Münster NJW 1959, 1890 mit insoweit zustimmender Anm von Hamann und von Stein in JZ 1959, 720; vgl ferner zum vergleichbaren Problem der Freiheit der Wissenschaft BVerfGE 3, 58, 151; 5, 85, 145; 15, 256, 263). Diese Freiheitsverbürgung, die in ihrer historisch gewordenen Ausprägung in erster Linie ein Abwehrrecht des Bürgers gegen staatliche Eingriffe darstellt, verkörpert zugleich eine Grundentscheidung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl BVerfGE 6, 71; 7, 204; 9, 248), in der für einen bestimmten Bereich der Rechts- und Sozial*-ordnung eine Wertentscheidung des Verfassungsgebers verbindlich ausgedrückt wird, die ihrerseits in engem Zusammenhang mit dem Grundwert der Menschenwürde steht und die als Grundsatznorm bei der Ausfüllung von Generalklauseln des bürgerlichen Rechtes Beachtung erheischt. 31 Bei der Heranziehung dieser Verfassungsnorm ist zu Gunsten der Beklagten zu berücksichtigen, daß der Verfassungsgeber die Freiheit der Kunst außerordentlich umfassend verbürgt hat. Anders als beim Schutz der Persönlichkeit und beim Recht der Meinungsfreiheit hat er trotz der Meinungsverschiedenheit über die Auslegung der entsprechenden Bestimmung der Weimarer Verfassung keine ausdrückliche Einschränkung angeordnet und dadurch zum Ausdruck gebracht, daß der allgemeine Gesetzesvorbehalt des Art 5 Abs 2 nicht anwendbar ist (vgl etwa BVerwGE 1, 303 - Sünderin; OLG Hamburg NJW 1963, 675). Daraus folgt, daß dann, wenn eine Meinungsäußerung in die Form eines Kunstwerkes gekleidet ist, der Freiheitsspielraum gegenüber der Persönlichkeitssphäre eines Betroffenen weiter zu ziehen sein kann als bei solchen Meinungsäußerungen, die nicht den Rang eines Kunstwerkes erreichen (aA OVG Münster aaO; wie hier Arndt aaO, Stein aaO; Hamann, NJW 1959, 1890). Das bedeutet für Fälle der vorliegenden Art, daß der Künstler nicht nur - was für den künstlerischen Schaffensprozeß unverzichtbar ist - an reale Geschehnisse und persönliche Umwelterfahrungen anknüpfen darf und daß ihm bei der Verarbeitung dieser Anregungen im Falle ausreichender Verfremdung weiter Schaffensspielraum bleibt. Vielmehr kann beim Konflikt zwischen Freiheit der Kunst und geschützter Persönlichkeitssphäre die Güterabwägung dazu führen, daß der Künstler bei romanhafter Darstellung des Lebens einer Person der Zeitgeschichte, wenn jene erkennbar nicht den Anspruch erhebt, die 134 historischen Begebenheiten wirklichkeitstreu widerzuspiegeln, den Dargestellten auch durch erfundene Begebenheiten ergänzend charakterisieren und - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - bei Verstorbenen in gewissen Grenzen auch Vorgänge aus dem Intimbereich schildern darf. Von hier aus gesehen wäre es im Streitfall für sich allein noch nicht zu beanstanden, daß Klaus Mann in dem Roman Wahres und Erfundenes vermischt und dabei auch den Intimbereich berührt hat. 32 Aber auch diese umfassende Gewährleistung künstlerischer Schaffensfreiheit kann nicht bedeuten, daß künstlerisches Schaffen schrankenlos ausgeübt werden darf. Denn die Freiheit der Kunst ist kein isolierter Höchstwert der verfassungsmäßigen Wertordnung, dem alle anderen Werte unterzuordnen wären. Wo sie im einzelnen unter Berücksichtigung der vom Verfassungsgeber angeordneten besonders umfassenden Verbürgung ihre Grenzen findet, bedarf keiner ausführlichen Erörterung. Es kann insbesondere dahinstehen, ob es ohne weiteres zulässig wäre, diese Grenze - unter Anwendung des Art 2 Abs 1 GG als "Muttergrundrecht" - in den Rechten anderer, der verfassungsmäßigen Ordnung und dem Sittengesetz und auch in den in diesem Rahmen erlassenen Gesetzen zu suchen (vgl dazu BGH GoldtArch 1961, 240 - Religionsdelikte; LM Nr 22 zu Art 5 GG Reichstagsbrand; BayObLG aaO; OLG Hamburg aaO; zurückhaltender BVerwG aaO sowie Arndt und Stein aaO). Denn jedenfalls erfährt das Recht zur freien künstlerischen Betätigung in gewissem Umfang eine immanente Begrenzung mit Rücksicht auf das gleichfalls verfassungsrechtlich garantierte Persönlichkeitsrecht. Diese Grenze ist überschritten, wenn das Lebensbild einer bestimmten Person, die derart deutlich erkennbar als Vorbild gedient hat wie im vorliegenden Falle, durch frei erfundene Zutaten grundlegend negativ entstellt wird, ohne daß dies als satirische oder sonstige Übertreibung erkennbar ist. Nimmt der Künstler im Falle der Charakterisierung einer Person bewußt derartige Veränderungen des wirklichen Geschehens vor, dann kann und muß von ihm erwartet werden, daß er im Interesse des verfassungsrechtlich garantierten Persönlichkeitsrechts die Anknüpfung an das Vorbild unerkennbar macht. Im Streitfall ist das nach den zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts nicht geschehen. Der Einbruch in die Persönlichkeitssphäre von Gründgens wäre allenfalls zu rechtfertigen, wenn das sich aus dem Roman ergebende Charakter- und Lebens*-bild von Höfgen mit den grundlegenden Wesenszügen und dem Persönlichkeitsbild von Gründgens, so wie dieses aus seinem Leben zu entnehmen ist, übereinstimmen würde. Unter dieser Voraussetzung können bei einer erkennbar romanhaften Darstellung tatsächliche Vorgänge, Gespräche und Erlebnisse hinzuerfunden werden, ohne daß die Grenzen der Freiheit der Kunst überschritten wären. Im vorliegenden Fall ist aber nicht geltend gemacht worden, daß Gründgens dem Typ des zynisch rücksichtslosen Opportunisten entsprach, der im Interesse seiner Karriere unter Verrat seiner früheren politischen Gesinnung engsten Umgang mit den Machthabern pflegt, der seine Geliebte der Gestapo ausliefert und Gefährdeten lediglich aus Berechnung hilft. 33 135 Nach alledem ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht die Verbreitung des angegriffenen Romans als Persönlichkeitsrechtsverletzung beurteilt hat. - Verletzungshandlung Beeinträchtigung in einer der genannten Sphären. Sie muss eine konkrete Person betreffen, nicht unter Kollektivbezeichnung, wenn es sich um einen unüberschaubaren Personenkreis handelt. - Widerrechtlichkeit des Eingriffs/Rechtswidrigkeit Umfassende Güter und Interessenabwägung, wiederum grundrechtliche Garantien von Besonderer Bedeutung , Verhältnismäßigkeitsprüfung, Orientierung an der Intensität bzw. Tiefe der Verletzung. Weitere wichtige Aspekte der Abwägung: Zweck des Eingriffs, eigenes Verhalten des Verletzen, verletzendes Medium (Bild oder nur Text), Verbreitungsgrad, bei Werturteilen bildet wieder meist die Schmähkritik eine Grenze (Prangerstellung, unsachliche Kritik, die Diffamierung steht im Vordergrund), bei Tatsachenbehauptungen ist zu differenzieren zwischen wahren und unwahren, im Zeitpunkt der Äußerung nicht ungewissen Äußerungen, Öffentlichkeitsinteresse an Aufklärung der Allgemeinheit, Diskussion hinsichtlich von Belangen des Gemeinwohls. Zur Sonderbehandlung von „Personen der Zeitgeschichte“: Eine der vielfachen von Caroline von Monaco bzw. Hannover erhobenen Klagen sei hier nur kurz referiert. Es ging um die ohne Einwilligung erfolgte Veröffentlichung namentlich von Bildern der Prinzessin in einem abgeschiedenen und schlecht beleuchteten Gartenlokal mit einem Freund, beim Pferdereiten, zusammen mit ihren Kindern, beim Spaziergang allein, beim Radfahren sowie beim Einkaufen (mit Kind und Freund). Das OLG Hamburg hat alle dagegen gerichteten Klagen, die vornehmlich auf Unterlassung gerichtet waren, als insgesamt unbegründet abgewiesen (NJW-RR 1995, 790). Der BGH (NJW 1996, 1128) meinte, außerhalb erkennbarer örtlicher Abgeschiedenheit hätten Personen der Zeitgeschichte die Veröffentlichung von Bildaufnahmen von sich hinzunehmen, auch wenn diese sie nicht bei der Wahrnehmung einer öffentlichen Funktion zeigten, sondern ihr Privatleben im weiteren Sinn betreffen. Das Ergebnis des BGH war, daß – weitergehend als zuvor vielfach in der unterinstanzlichen deutschen Rechtsprechung und im Schrifttum – Bildaufnahmen nicht nur innerhalb der Räume im eigenen Haus im Fall der Veröffentlichung der Zustimmung des Betroffenen bedürfen, sondern auch solche Aufnahmen, die heimlich – auflauernd an einem Platz erkennbar örtlicher Abgeschiedenheit – aufgenommen worden seien. Damit durfte das Bild im schlecht beleuchteten, abgeschiedenen Gartenlokal nicht (weiter-)verwendet werden, wohl aber alle anderen Photos. Das BVerfG (NJW 2000, 1021) teilte den Ausgangspunkt des BGH, mahnte aber darüber hinausgehende Zurückhaltung im Kontext der Zulässigkeit von Veröffentlichungen an, soweit auch Kinder der „Person der Zeitgeschichte“ (die ihrerseits noch keine Personen der Zeitgeschichte wären) mit abgebildet werden. Demgemäß hat der BGH mittlerweile gegenüber Kindern eine zusätzliche Schranke in Bezug auf die Veröffentlichung von entsprechenden Fotografien gezogen (NJW 2004, 1795: Die Tochter Caroline von Monacos bzw. 136 Hannovers sei keine Person der Zeitgeschichte). Auch dies erfuhr nicht die Billigung des EuGMR (EGMR NJW 2004, 2647 m. Besprechungsaufsatz Heldrich, NJW 2004, 2634). Heldrich hat in seiner Besprechung spitz formuliert, die Entscheidungen der deutschen Gerichte (BGH und BVerfG) seien mit dem Urteil versehen worden: „Gewogen und zu leicht befunden“. Genau entgegengesetzt zum BVerfG und zum BGH fordert der EGMR nun eine fundamentale Unterscheidung zwischen Berichten über Tatsachen, die einen Beitrag zu einer öffentlichen Debatte in einer demokratischen Gesellschaft leisten können, und Berichten über das Privatleben von Personen ohne offizielle Funktionen. Die bloße Neugier der Leserschaft bzw. deren Befriedigung könnten von vornherein keinen Beitrag zu einer Debatte von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse liefern. Demgemäß sei die Pressefreiheit hier durch das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen deutlich stärker einzuschränken. Auch wenn man diese Entscheidung des EGMR mit Heldrich befürwortet, weil in der Tat die deutsche Rechtsprechung die Pressefreiheit im Verhältnis zum Persönlichkeitsrecht bekannter Persönlichkeiten überbetont hat, hat man neben der obligatorischen Kritik an der Einschränkung dieser Möglichkeit der Erhöhung der Auflagen durch die deutschen Presseorgane durchaus auch verärgerte Stellungnahmen aktueller und früherer Richter des BVerfG in Erinnerung, die die Bundesregierung – ohne Erfolg – aufforderten, die Sache an die große Kammer des EGMR zu verweisen. -Verschulden cc) Rechtsfolgen zunächst auf Schutz immaterieller Interessen beschränkt (Unterlassung- uund Beseitigungsansprüche: § 1004 Abs. 1 BGB analog, sog. quasi-negatorische Ansprüche) Schrittweise Ausdehnung in den Rechtsfolgen: Geldentschädigung anerkannt, schwere Beeinträchtigung erforderlich, Beeinträchtigung kann wegen Art der Verletzung nicht befriedigend in anderer Weise ausgeglichen werden, Genugtuungsfunktion anders als beim Schmerzensgeld im Vordergrund, zudem Ausgleichsfunktion tritt hinter Präventivfunktion zurück, Gewinn durch Verletzung spielt bei Bemessung einer Rolle, aber keine Gewinnabschöpfung Seit Marlene-Entscheidung BGHZ 143, 214, 218 auch kommerzielle Interessen der Persönlichkeit geschützt, Vermarktungsmöglichkeiten geschützt, selbst wenn Verletzte zur Vermarktung gar nicht bereit gewesen wäre. Der Schaden kann entweder konkret oder im Wege der sog. Lizenzanalogie berechnet werden. BGHZ 26, 349 („Herrenreiter“) Tatbestand: 1 Der Kläger ist Mitinhaber einer Brauerei in K. . Er betätigt sich als Herrenreiter auf Turnieren. Die Beklagte ist Herstellerin eines pharmazeutischen 137 Präparats, das nach der Vorstellung weiter Bevölkerungskreise auch der Hebung der sexuellen Potenz dient. Sie hat zur Werbung für dieses Mittel in der Bundesrepublik, ua auch in K., ein Plakat mit der Abbildung eines Turnierreiters verbreitet. Dem Plakat lag ein Originalphoto des Klägers zugrunde, das von dem Presseverlag S. auf einem Reitturnier aufgenommen worden war. Eine Einwilligung zur Verwendung seines Bildes hatte der Kläger nicht erteilt. 2 Der Kläger nimmt die Beklagte für den Schaden in Anspruch, der ihm durch die Verbreitung des Werbeplakats entstanden ist. Er macht geltend, daß ihm bei der gegebenen Sachlage nur der Weg bleibe, Ersatz dessen zu fordern, was er erlangt haben würde, wenn er der Beklagten die Benutzung seines Bildes gestattet hätte. Da seine geschäftliche und gesellschaftliche Stellung es ihm nicht gestatteten um seine Vermögensverhältnisse ihn auch in keiner Weise dazu nötigten, sein Bild für Werbezwecke, insbesondere für das Präparat der Beklagten, zur Verfügung zu stellen, würde er dies, wenn überhaupt, nur für ein angemessenes Entgelt getan haben. Diese sei schätzungsweise auf mindestens 15.000 DM zu bemessen. 3 Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, einen angemessenen, vom Gericht festzusetzenden Betrag als Schadensersatz zu zahlen . 4 Die Beklagte hat behauptet, daß die Gesichtszüge des Klägers infolge von Retuschierungen auf dem Plakat nicht zu erkennen gewesen seien. Sie hat weiter jedes Verschulden in Abrede gestellt und vorgetragen: Sie habe das Plakat weder selbst entworfen und hergestellt noch das Bild von dem Verlag S. erworben. Damit habe sie vielmehr das Werbeunternehmen H. beauftragt. Diese Firma sei seriös, fachkundig und zuverlässig, so daß sie, die Beklagte, sich darauf verlassen habe, daß Rechte Dritter nicht verletzt würden. Sie habe nicht wissen können, daß das Plakat auf Grund einer Photographie entworfen worden sei, auch nicht, daß das Photo einen Herrenreiter darstelle. Erst im Laufe des Prozesses habe sie erfahren, daß es sich tatsächlich um ein Bild des Klägers handle. Daraufhin habe sie unverzüglich jede Weiterverwendung der Reklame untersagt. 5 Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, an den Kläger 1.000 DM als Schadensersatz zu zahlen. Das Oberlandesgericht hat die Beklagte verurteilt, 10.000 DM an den Kläger zu zahlen. Die Revision der Beklagten blieb erfolglos. Entscheidungsgründe: 6 138 I. Das Berufungsgericht entnimmt in Übereinstimmung mit dem Landgericht dem beanstandeten Plakat, daß die Darstellung des Reiters die Person des Klägers trotz der vorgenommenen Retuschierungen noch erkennen lasse. Es geht deshalb rechtlich bedenkenfrei davon aus, daß die Verbreitung des Plakates ohne die Zustimmung des Klägers dessen persönlichkeitsrechtliche Befugnisse an seinem Bild verletzt habe und die Beklagte gemäß § 823 Abs 2 BGB in Verbindung mit § 22 KunstUrhG zum Schadensersatz verpflichtet sei, wenn ihr ein Verschulden zur Last zu legen sei (vgl RG JW 1929, 2257; BGHZ 20, 345, 347ff). Das hat das Berufungsgericht aus der Erwägung bejaht, die Beklagte habe nicht die nach den Umständen gebotene Sorgfalt beobachtet, weil sie das von dem Werbeunternehmen H. angefertigte Plakat in den Verkehr gebracht habe, ohne sich darüber zu vergewissern, ob die abgebildete Person mit der beabsichtigten Verwendung ihres Bildes einverstanden sei. 7 Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision können keinen Erfolg haben (wird ausgeführt). 8 II. Als Schaden billigt das Berufungsgericht dem Kläger unter dem Gesichtspunkt der entgangenen Lizenzgebühr einen Betrag zu, den er hätte verlangen können, wenn zwischen den Parteien ein Vertrag zu angemessenen Bedingungen zustande gekommen wäre. Das Berufungsgericht hält diese bei Verletzung von Urheberrechten entwickelte Art der Schadensberechnung im vorliegenden Fall für gerechtfertigt, weil es für den Kläger schwer nachweisbar sei, ob und in welcher Höhe ein Schaden in seinem Vermögen entstanden sei. Es schätzt den angemessenen Betrag im Gegensatz zum Landgericht, das 1.000 DM als ausreichend angesehen hat, auf 10.000 DM. 9 Der Revision ist, wenngleich sie damit im Ergebnis keinen Erfolg haben kann, zuzugeben, daß diese Begründung des Berufungsgerichts rechtlich zum Teil der Besonderheit der Sachlage nicht gerecht wird. 10 1. Die Revision bestreitet nicht, daß der Schaden auch bei Verletzung der persönlichkeitsrechtlichen Befugnisse am eigenen Bild nach dem Entgelt bemessen werden kann, das bei Abschluß einer Vereinbarung vermutlich zu entrichten gewesen wäre. Sie ist indessen der Ansicht, daß diese Methode der Schadensberechnung, die der erkennende Senat in dem Urteil vom 8. Mai 1956 (BGHZ 20, 345f - Dahlke) bei unbefugter Verbreitung eines Bildes für zulässig erklärt hat, nicht in Betracht kommen könne, wenn feststehe, daß der Abgebildete die Verwendung seines Bildes zu Werbezwecken aus besonderen Gründen niemals gestattet hätte. 139 11 Würden im Streitfall tatsächlich eingetretene Vermögensschäden in Rede stehen, so wäre dieser Revisionsangriff nicht begründet. Denn nach ständiger Rechtsprechung und der in der Rechtslehre vertretenen Auffassung handelt es sich bei der Anerkennung des Anspruchs auf angemessene Vergütung nicht um die Anwendung der allgemeinen Bestimmungen des Schadensersatzrechtes, sondern um ihre gewohnheitsrechtliche Ergänzung für den Fall der Verletzung von vermögenswerten Ausschließlichkeitsrechten, die auf die Billigkeitserwägung beruht, daß der Verletzer durch die Verletzung nicht besser gestellt sein soll, als er im Falle einer ordnungsgemäß nachgesuchten Erlaubnis gestanden hätte. Der Anspruch auf angemessene Vergütung ist deshalb in allen Fällen eines unerlaubten Eingriffs in Ausschließlichkeitsrechte gegeben, wenn die Erlaubnis üblicherweise von der Zahlung eines Entgelts abhängig gemacht wird und der Eingriff demgemäß nach den Gepflogenheiten des täglichen Lebens bei der Art des verletzten Rechts - wenn überhaupt - nur gegen eine Vergütung gestattet wird (BGHZ 20, 345, 353ff). Es ist keineswegs erforderlich, daß ein Vertrag bei einwandfreiem Verhalten des Verletzers tatsächlich zustandegekommen wäre (vgl auch Ulmer, Urheber- und Verlags*-recht S 307). 12 2. Der Revision ist indessen darin beizutreten, daß das Berufungsgericht durch die von ihm gewählte Berechnungsmethode in Wahrheit nicht die wirtschaftliche Einbuße des Klägers zu ermitteln versucht hat, vielmehr die Vergütung nach der ideellen Beeinträchtigung des Klägers bemessen hat. Insbesondere die Begründung des Berufungsurteils für die Höhe des dem Kläger entstandenen Schadens zeigt, wie die nachfolgenden Erörterungen ergeben werden, daß auch nach Ansicht des Berufungsgerichts der Kläger tatsächlich einen irgendwie faßbaren Vermögensschaden nicht erlitten hat. In Wahrheit verlangt er nicht Ersatz eines gar nicht vorhandenen Vermögensschadens, sondern begehrt eine fühlbare Genugtuung für einen widerrechtlichen Eingriff in seine durch § 22 KunstUrhG, Art 1 und 2 Grundgesetz geschützte Persönlichkeitssphäre. Er begehrt Genugtuung dafür, daß ihn das weitverbreitete Plakat, indem es ihn ohne sein Wissen in der Pose des Herrenreiters für das - auch sexuelle - Kräftigungsmittel der Beklagten werben, man könnte fast sagen: reiten ließ, in eine weithin demütigende und lächerliche Lage gebracht hat. Bei einer solchen Fallgestaltung ist es aber in der Tat sinnwidrig, einen Schadensersatzanspruch auf Grund der Fiktion eines abgeschlossenen Lizenzvertrages zuzubilligen. Diese Art der Schadensberechnung kommt nur in Betracht, wenn davon ausgegangen werden kann, daß ein Vermögensschaden irgendwelcher Art zugefügt worden ist und nur der oftmals schwierige Nachweis der Höhe dieses Schadens erleichtert werden soll. Sie versagt, wenn eine Beeinträchtigung vermögensrechtlicher Belange überhaupt nicht in Frage steht. Sie versagt im vorliegenden Falle auch um deswillen, weil sie dem Kläger ein Verhalten unterstellen müßte, das er - und nicht nur er, sondern auch alle anderen in der gleichen beruflichen und gesellschaftlichen Stellung befindlichen Personen - als kränkend und als erneute Persönlichkeitsminderung empfinden müßten. Sie müßte unterstellen, 140 daß der Kläger sich für viel Geld doch freiwillig in die unwürdige Lage gebracht hätte, gegen die er sich nun wehrt. 13 Dem Klaganspruch kann deshalb nicht auf Grund der vom Berufungsgericht gewählten Berechnungsmethode mit Hilfe der Fiktion einer entgangenen Lizenzgebühr stattgegeben werden. 14 3. Auch eine Klagebegründung aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung verbietet sich im Hinblick darauf, daß der Kläger eine vermögensrechtliche Benachteiligung nicht erfahren hat und demzufolge auch eine Vermögensverschiebung als Voraussetzung der in §§ 812ff BGB normierten Ansprüche nicht gegeben ist. 15 4. Versagt hiernach die Art der Schadensberechnung, die das Berufungsgericht seinen Feststellungen über die Schadenshöhe zugrunde gelegt hat und erweist sich, daß dem Kläger in Wahrheit kein vermögensrechtlicher Schaden entstanden ist, so geht die entscheidende Frage dahin, ob der Kläger Ersatz des immateriellen Schadens verlangen kann, der sich für ihn aus der mit der Abbildung seiner Person auf den Werbeplakaten verbundenen Beeinträchtigung seiner Persönlichkeit ergeben hat. Für den vorliegenden Sachverhalt bejaht der Senat diese Frage. 16 Bereits in der Entscheidung BGHZ 13, 334, 338 hat der Senat ausgesprochen, daß die durch das Grundgesetz Art 1, 2 geschützte Unantastbarkeit der Menschenwürde und das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit auch als bürgerlichrechtliches, von jedem im Privatrechtsverkehr zu achtendes Recht anzuerkennen ist, soweit dieses Recht nicht die Rechte anderer verletzt oder gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. Diesem sog allgemeinen Persönlichkeitsrecht kommt mithin auch innerhalb der Zivilrechtsordnung Rechtsgeltung zu und es genießt als "sonstiges Recht" den Schutz des § 823 Abs 1 BGB (vgl auch BGHZ 24, 12ff). 17 Die Art 1 und 2 des Grundgesetzes schützen, und zwar mit bindender Wirkung auch für die Rechtsprechung, das, was man die menschliche Personhaftigkeit nennt; ja sie erkennen in ihr einen der übergesetzlichen Grundwerte der Rechtsordnung an. Sie schützen damit unmittelbar jenen inneren Persönlichkeitsbereich, der grundsätzlich nur der freien und eigenverantwortlichen Selbstbestimmung des Einzelnen untersteht und dessen Verletzung rechtlich dadurch gekennzeichnet ist, daß sie in erster Linie sogenannte immaterielle Schäden, Schäden, die sich in einer 141 Persönlichkeitsminderung ausdrücken, erzeugt. Diesen Bereich zu achten und nicht unbefugt in ihn einzudringen, ist ein rechtliches Gebot, das sich aus dem Grundgesetz selbst ergibt. Ebenso folgt aus dem Grundgesetz die Notwendigkeit, bei Verletzung dieses Bereiches Schutz gegen die der Verletzung wesenseigentümlichen Schäden zu gewähren. 18 Auf dem begrenzten Gebiet des Bildnisschutzes ist dies von dem Gesetzgeber übrigens bereits lange vor Inkrafttreten des Bonner Grundgesetzes und zu einer Zeit, als man das bürgerlichrechtlich zu schützende allgemeine Persönlichkeitsrecht noch nicht anerkannte, durch die Sonderregelung der §§ 22ff des Kunstschutzgesetzes aus dem Jahre 1907 ausdrücklich festgelegt worden. Denn wenn nach § 22 KunstUrhG Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden dürfen, so beruht dieser Schutz im Kern auf dem Grundsatz der Freiheit der Person in ihrem höchstpersönlichen Lebensbereich, zu dem vor allem auch das äußere Erscheinungsbild des Menschen zu rechnen ist. Die unbefugte Veröffentlichung des Bildes eines Menschen stellt, wie in der Rechtslehre seit langem anerkannt ist, einen Eingriff in die Freiheit der Selbstbestimmung und der freien Betätigung der Persönlichkeit dar (Osterrieth, Das Kunstschutzgesetz, § 22 KunstUrhG). Das Unzulässige der eigenmächtigen Bildnisveröffentlichung durch einen Dritten liegt darin, daß damit dem Abgebildeten die Freiheit entzogen wird, auf Grund eigener Entschließung über dieses Gut seiner Individualsphäre zu verfügen. 19 Würdigt man unter diesem Blickpunkt die die Persönlichkeit beeinträchtigende Verletzung des Rechts am eigenen Bild, so läßt sich in diesem Bereich für die Frage, wie die Zubilligung des Ersatzes auch immaterieller Schäden im einzelnen begründet werden könne, schon an die Regelung anknüpfen, die § 847 BGB für den Fall der "Freiheitsentziehung" trifft und kraft deren er dem Verletzten auch wegen eines nicht vermögensrechtlichen Schadens eine billige Entschädigung in Geld gewährt. Zwar versteht das Bürgerliche Gesetzbuch hier unter Freiheitsentziehung die Entziehung der körperlichen Bewegungsfreiheit sowie die Nötigung zu einer Handlung durch Gewalt oder Bedrohung (BGB-RGRK § 823 Anm 7), während es sich bei dem Tatbestand des § 22 KunstUrhG um eine Freiheitsberaubung im Bereich eigenverantwortlicher Willensentschließung handelt. Bereits vor dem Inkrafttreten des Grundgesetzes ist jedoch schon mehrfach die Ansicht vertreten worden, daß als Freiheitsverletzung im Sinne des § 847 BGB jeder Eingriff in die ungestörte Willensbetätigung anzusehen sei (vgl ua Staudinger, Anm II A 2c zu § 823 BGB). Nachdem nunmehr das Grundgesetz einen umfassenden Schutz der Persönlichkeit garantiert und die Würde des Menschen sowie das Recht zur freien Entfaltung der Persönlichkeit als einen Grundwert der Rechtsordnung anerkannt und damit die Auffassung des ursprünglichen Gesetzgebers des Bürgerlichen Gesetzbuches, es gäbe kein bürgerlichrechtlich zu schützendes allgemeines Persönlichkeitsrecht, berichtigt hat und da ein Schutz der "inneren Freiheit" ohne das Recht auf Ersatz auch immaterieller Schäden weitgehend unwirksam wäre, würde es 142 eine nicht erträgliche Mißachtung dieses Rechts darstellen, wollte man demjenigen, der in der Freiheit der Selbstentschließung über seinen persönlichen Lebensbereich verletzt ist, einen Anspruch auf Ersatz des hierdurch hervorgerufenen immateriellen Schadens versagen. Begründet die schuldhafte Entziehung der körperlichen Freiheit einen Anspruch auf Ersatz des ideellen Schadens, so ist kein sachlicher Grund ersichtlich, der es hindern könnte, die in § 847 BGB getroffene Regelung im Wege der Analogie auch auf solche Eingriffe zu erstrecken, die das Recht der freien Willensbetätigung verletzen, zumal auch bei dieser Freiheitsberaubung "im Geistigen" in gleicher Weise wie bei der körperlichen Freiheitsberaubung in der Regel eine Naturalherstellung ausgeschlossen ist. Bei Beeinträchtigungen der vorliegenden Art, durch die in den natürlichen Herrschafts- und Freiheits*raum des Einzelnen unter schuldhafter Verletzung seines Persönlichkeitsrechtes eingegriffen wird, kann der nach dem Grundgesetz gebotene wirksame Rechtsschutz, solange es an einer gesetzlichen Sonderregelung fehlt, tatsächlich nur durch ihre Einbeziehung in die in § 847 BGB angeführten Verletzungstatbestände erzielt werden, weil ihre Schadensfolgen auf Grund der Natur des angegriffenen Rechtsgutes zwangsläufig in erster Linie auf immateriellem Gebiet liegen. 20 Die Bestimmung des § 35 KunstUrhG steht dieser Annahme nicht entgegen. Zwar kann der Verletzte nach dieser Vorschrift nur im Strafverfahren und unter der Voraussetzung, daß der Verletzte vorsätzlich gehandelt hat, wegen einer Verletzung seines Rechtes am eigenen Bild eine Buße fordern, mithin auch einen immateriellen Schaden ersetzt verlangen. Diese Sonderregelung erweist indessen nur, daß der Gesetzgeber bereits im Jahre 1907 eine Verletzung des § 22 KunstUrhG für so einschneidend und bedrohlich angesehen hat, daß er es für geboten erachtet hat, dem Verletzten ausdrücklich auch einen Anspruch wegen des eingetretenen ideellen Schadens zu gewähren. Die Beschränkung des strafrechtlichen Bußanspruchs auf vorsätzliche Verletzungen steht im Einklang damit, daß der Gesetzgeber die Strafandrohung wegen einer Verletzung der Bestimmungen über den Bildnisschutz auf vorsätzliche Verstöße begrenzt hat. Dies zwingt aber keineswegs zu der Folgerung, daß das Gleiche auch für die zivilrechtlichen Ersatzansprüche, die im Kunstschutzgesetz überhaupt nicht geregelt sind, gelten müsse. Im Gegenteil. Da das Grundgesetz nunmehr das auch bürgerlichrechtlich bedeutsame allgemeine Persönlichkeitsrecht anerkannt und ihm allgemein einen erheblich über die enge Regelung des § 35 KunstUrhG hinausgehenden auch bürgerlich-rechtlichen Schutz gewährt hat, kann aus der Sonderbestimmung des § 35 KunstUrhG nichts mehr gegen einen weitergehenden, bürgerlichrechtlichen Schutz des Rechtes am eigenen Bild hergeleitet werden. Insoweit greifen vielmehr jetzt die allgemeinen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über unerlaubte Handlungen ein. Das aber bedeutet, daß auf dem zivilrechtlichen Sektor jede schuldhafte Verletzung des Rechtes am eigenen Bilde in analoger Anwendung von § 847 BGB, wie sie aus den dargelegten Gründen jedenfalls nach Inkrafttreten des Bonner Grundgesetzes geboten erscheint, die Verpflichtung zum Ersatz auch immaterieller Schäden auslöst. 143 21 Soweit der Senat im Anschluß an die Rechtsprechung des Reichsgericht in der Dahlke-Entscheidung (BGHZ 20, 345, 352ff) ausgeführt hat, daß ein immaterieller Schaden nicht zu einem Geldersatzanspruch führen könne, wenn kein Fall vorliege, in dem das Gesetz den Anspruch eigens darauf erstrecke, wird dies nach Maßgabe der vorstehenden Erörterungen nicht aufrechterhalten. Dieser Ausspruch hatte im übrigen für die damalige Entscheidung keine tragende Bedeutung, da bei dem dort zu entscheidenden Tatbestand ein Vermögensschaden in Frage stand, der auf der Grundlage der üblichen Lizenzgebühr berechnet werden konnte. 22 III. Die Höhe der an den Kläger als Schadensersatz zu zahlenden Vergütung hat das Berufungsgericht auf 10.000 DM geschätzt. Wenngleich es bei dieser Schätzung von der Möglichkeit einer Schadensberechnung nach der angemessenen Vergütung ausgegangen ist, die im Falle eines Vertragsabschlusses zu den üblichen Bedingungen zu zahlen gewesen wäre, treffen die vom Berufungsgericht insoweit angestellten Erwägungen in vollem Umfange auch auf die bei der Bemessung der Höhe einer billigen Geldentschädigung (§ 847 BGB) zu berücksichtigenden Umstände zu. Sie zeigen darüber hinaus, daß auch das Berufungsgericht in Wahrheit dem Kläger eine Entschädigung für den ihm entstandenen immateriellen Schaden zugesprochen hat. 23 Wie der Große Zivilsenat in seinem Beschluß vom 6. Juli 1955 (BGHZ 18, 149) ausgeführt hat, kommt dem Anspruch auf "Schmerzensgeld" die Funktion zu, dem Geschädigten einen angemessenen Ausgleich für diejenigen Schäden, diejenige Lebens- (oder Persönlichkeits-)*- Minderung zu bieten, die nicht vermögensrechtlicher Art sind. Zugleich trägt er aber auch dem Gedanken Rechnung, daß der Schädiger dem Geschädigten Genugtuung für das schuldet, was er ihm angetan hat. In dem Beschluß wird betont, daß gerade der Genugtuungsfunktion, die aus der Regelung der Entschädigung für immateriellen Schaden gar nicht wegzudenken sei, ihre besondere Bedeutung zukomme, im übrigen aber bei der Festsetzung der Entschädigung grundsätzlich alle in Betracht kommenden Umstände des Falles berücksichtigt werden dürften. Dieser Ansicht schließt sich der erkennende Senat auch für den vorliegenden Fall an. Geht man hiervon aus, so ergibt sich, daß das Berufungsgericht alle insoweit maßgebenden Umstände für die Bemessung der Schadenshöhe rechtsfehlerfrei berücksichtigt hat. Das Berufungsgericht hat insbesondere ausgeführt, schon die Tatsache, daß der Kläger überhaupt nicht bereit gewesen sei, an irgend einer Reklame mitzuwirken, müsse sich auf die Höhe der zu zahlenden Entschädigung maßgeblich auswirken. Als besonders schwerwiegend hat es angesehen, daß es sich um eine Werbung für ein als Sexualkräftigungsmittel geltendes Präparat gehandelt habe, bei dem ein Vergleich mit der Werbung für andere Erzeugnisse gar nicht möglich sei. Mit Recht hat das Berufungsgericht hervorgehoben, es sei unwahrscheinlich, daß Personen, die Gefahr liefern, für dieses Mittel auf 144 einem Werbeplakat von einem größeren oder kleineren Personenkreis erkannt zu werden, ihr Bild für diese Reklame zur Verfügung stellen würden, da sie sich dann den Anspielungen aussetzten, zu denen das Präparat der Beklagten Anlaß gebe. Das Berufungsgericht hat darüberhinaus auch die gesellschaftliche Stellung des Klägers in Betracht gezogen und seine guten wirtschaftlichen Verhältnisse berücksichtigt. Auch hat es darauf verwiesen, daß sich der Kläger in einer Gesellschaftsschicht bewege, deren Mitglieder überwiegend miteinander bekannt seien und daher die Gefahr, sich lächerlich zu machen, besonders groß sei. Wenn das Berufungsgericht unter Berücksichtigung und Würdigung aller dieser für die Höhe eines Schmerzensgeldes maßgeblichen besonderen Umstände den von ihm geschätzten Schadensbetrag von 10.000 DM als angemessene Entschädigung (§ 287 ZPO) angesehen hat, so ist hierin ein Verstoß gegen Rechtsregeln nicht zu erkennen. Bei der Bemessung einer Geldentschädigung, die im Fall einer schweren Verletzung des Persönlichkeitsrechts zu zahlen ist, kommt dem Präventionsgedanken besondere Bedeutung zu: BGH NJW 1996, 984: Tatbestand: 1 Die Klägerin, Caroline von Monaco, verlangt von der Beklagten, in deren Verlag u.a. die Wochenzeitschriften "frau aktuell" und "NEUE WELT" erscheinen, die Veröffentlichung einer Richtigstellung und Zahlung einer Geldentschädigung. 2 Die beiden Wochenzeitschriften berichteten in ihren Ausgaben vom 19. Januar 1994 auf den Titelblättern und im Innern der Hefte über die Klägerin. Die Schlagzeile des Titelblatts von "frau aktuell" lautete "Caroline - Tapfer kämpft sie gegen Brustkrebs", auf der Titelseite von "NEUE WELT" heißt es neben der Abbildung der Klägerin "Hilfe für Millionen Frauen - CAROLINE Kampf gegen Brustkrebs". Im Innenteil der Zeitschriften wird darüber berichtet, daß sich die Klägerin, die unstreitig selbst nicht an Brustkrebs erkrankt ist, für Vorsorgeuntersuchungen zur Erkennung von Brustkrebs einsetzt. 3 Die Klägerin erblickt in den Veröffentlichungen auf den Titelseiten eine Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts. Auf ein Aufforderungsschreiben hat sich die Beklagte hinsichtlich der Veröffentlichung auf dem Titelblatt von "frau aktuell" zur Unterlassung und zum Abdruck einer Widerrufserklärung verpflichtet sowie einen Betrag von 10.000 DM an die Klägerin gezahlt; bezüglich der Veröffentlichung auf der Titelseite der "NEUE WELT" wurde der Beklagten im Wege der einstweiligen Verfügung die Verbreitung der Äußerung "CAROLINE - Kampf gegen Brustkrebs" untersagt. 145 4 Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin eine Richtigstellung verlangt, mit der in einer bestimmten Schriftart und Schriftgröße auf der Titelseite der "NEUE WELT" klargestellt wird, daß der durch die Veröffentlichung auf dem Titelblatt der Ausgabe vom 19. Januar 1994 erweckte Eindruck, sie sei an Brustkrebs erkrankt, unrichtig ist. Ferner hat die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung einer Geldentschädigung begehrt, die für jede der beiden Veröffentlichungen 50.000 DM - für die Veröffentlichung in "frau aktuell" abzüglich der gezahlten 10.000 DM - betragen soll. 5 Das Landgericht hat dem Richtigstellungsanspruch (mit Abstrichen bei der verlangten Buchstabengröße) stattgegeben und der Klägerin eine Geldentschädigung von 15.000 DM wegen der Titelveröffentlichung in "frau aktuell" (abzüglich der vorgerichtlich gezahlten 10.000 DM) und 5.000 DM wegen der Titelveröffentlichung in "NEUE WELT" zuerkannt. 6 Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt; die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag und die Klägerin hat ihren Anspruch auf eine Geldentschädigung in der geltend gemachten Höhe weiterverfolgt. Die Rechtsmittel beider Parteien sind ohne Erfolg geblieben. 7 Mit ihrer Revision greift die Klägerin das Berufungsurteil an, soweit zu ihrem Nachteil erkannt worden ist. Die Beklagte erstrebt mit ihrer (unselbständigen) Anschlußrevision weiterhin die Abweisung der Klage. Der Senat hat die Revision der Klägerin angenommen und die Anschlußrevision der Beklagten nicht angenommen. Entscheidungsgründe I. 8 Das Berufungsgericht hält den Richtigstellungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB für begründet; nach seiner Auffassung kann kein ernsthafter Zweifel daran bestehen, daß die verbreitete Äußerung zumindest einem erheblichen Teil der Leser den Eindruck vermittelt, die Klägerin habe Brustkrebs. Durch die beanstandeten Veröffentlichungen werde die Klägerin so schwer in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt, daß ihr trotz der Richtigstellungen und der schon geleisteten Zahlung von 10.000 DM aus §§ 823, 847 BGB ein Anspruch auf Schmerzensgeld zustehe. Es sei grob fahrlässig gewesen, derartig mißverständlich formulierte Schlagzeilen auf den Titelblättern zu verwenden. Dabei werde die Intensität der 146 Persönlichkeitsrechtsverletzung noch durch die hohe Auflage der beiden Zeitschriften gesteigert. Allerdings könne die Klägerin kein höheres Schmerzensgeld verlangen, als es ihr das Landgericht zuerkannt habe. Ein höherer Betrag gehe über die für ein Schmerzensgeld maßgebliche Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion hinaus; Gedanken der Gewinnabschöpfung und Strafsanktion könnten für die Bemessung eines Schmerzensgeldes bei einer Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht zum Tragen kommen. II. 9 Die Erwägungen des Berufungsgerichts zur Höhe der Geldentschädigung halten den Angriffen der Revision nicht stand. Sie werden den Besonderheiten des vorliegenden Falles nicht gerecht. 10 1. Allerdings geht das Berufungsgericht zutreffend davon aus, daß die Klägerin wegen der Schlagzeilen auf den beiden Titelblättern von der Beklagten eine Geldentschädigung verlangen kann. Das Berufungsgericht trifft jedoch mit seinen Erwägungen zur Höhe dieses Anspruchs nicht den entscheidenden rechtlichen Gesichtspunkt. 11 Die Klägerin hat durch diese Veröffentlichungen eine schwere Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts erlitten. Angaben über den Gesundheitszustand eines Menschen betreffen die durch Art. 1 Abs. 1 und 2 Abs. 1 GG geschützte Privatsphäre (vgl. BVerfGE 32, 373, 379 f); das gilt, wie das Berufungsgericht mit Recht ausführt, erst recht für Angaben über eine so tückische und lebensbedrohende Erkrankung wie Brustkrebs. In tatrichterlicher Würdigung, die Rechtsfehler nicht erkennen läßt, ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß die mißverständnisträchtige Formulierung der Schlagzeilen auf den Titelblättern auf einer groben Pflichtverletzung der Verantwortlichen auf Seiten der Beklagten beruht. Darüber hinaus erhält der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin, wie das Berufungsgericht gleichfalls zutreffend erkennt, sein besonderes Gewicht durch die hohe Auflage der beiden Zeitschriften. Eine Rechtsverletzung dieses Schweregrades rechtfertigt einen Anspruch des Opfers auf Geldentschädigung. 12 Das Berufungsgericht verfehlt indes den entscheidenden rechtlichen Ansatzpunkt, wenn es sich für die Bestimmung der Höhe dieser Geldentschädigung an den in BGHZ 18, 149 ff. für die Schmerzensgeldbemessung entwickelten Grundsätzen der Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion orientiert. Zwar hat der Bundesgerichtshof den Anspruch auf Geldentschädigung in den Fällen einer schweren Verletzung 147 des Persönlichkeitsrechts im Jahre 1958 zunächst aus einer Analogie zu § 847 BGB hergeleitet (BGHZ 26, 349, 356). Diese Begründung ist jedoch längst aufgegeben. Das Bundesverfassungsgericht hat in der sog. SorayaEntscheidung aus dem Jahre 1973 die rechtliche Grundlage für einen solchen Geldleistungsanspruch in Art. 1 und 2 GG erblickt (BVerfGE 34, 269, 292). In Parallele hierzu geht der Bundesgerichtshof davon aus, daß es sich bei dem Anspruch auf Geldentschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht um ein Schmerzensgeld nach § 847 BGB, sondern um ein Recht handelt, das auf den Schutzauftrag aus Art. 1 und 2 Abs. 1 GG zurückgeht (vgl. etwa Senatsurteil vom 22. Januar 1985 - VI ZR 28/83 - VersR 1985, 391, 393; zuletzt Senatsurteil vom 15. November 1994 - VI ZR 56/94 VersR 1995, 305, 309 = NJW 1995, 861, 864 f., zum Abdruck in BGHZ 128, 1 ff. vorgesehen). 13 Die Herleitung dieses Anspruchs aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 und 2 GG hat Folgen für seine Höhe (vgl. hierzu BGB-RGRK/Dunz, 12. Aufl., Anh. I zu § 823 Rdnrn. 141 ff.). Die Zubilligung einer Geldentschädigung im Fall einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung beruht auf dem Gedanken, daß ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, daß der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Bei dieser Entschädigung steht anders als beim Schmerzensgeld - regelmäßig der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund. Außerdem soll sie der Prävention dienen (vgl. Senatsurteil vom 15. November 1994 - VI ZR 56/94 aaO. m.w.N.). 14 Dies bedeutet, daß hier der Ausgleichsgedanke, auf den sich das Berufungsgericht bei der Bemessung der Geldentschädigung maßgeblich gestützt hat, zugunsten des Präventionsgedankens in den Hintergrund treten muß (vgl. BGB- RGRK/Dunz, aaO.). 15 2. Ferner tragen die Erwägungen des Berufungsgerichts zur Höhe der Geldentschädigung nicht hinreichend den Besonderheiten Rechnung, die der Persönlichkeitsrechtsverletzung im vorliegenden Fall das Gepräge geben. 16 In dem - allerdings erst nach der Verkündung des Berufungsurteils erlassenen - Senatsurteil vom 15. November 1994 (VI ZR 56/94 - aaO.), in dem es gleichfalls um Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin durch Veröffentlichungen in Zeitschriften ging, hat der Senat ausgeführt, daß in Fällen der vorliegenden Art besonders in Betracht zu ziehen ist, daß der Schädiger die Verletzung der Persönlichkeit seines Opfers als Mittel zur Auflagensteigerung und damit zur Verfolgung eigener kommerzieller Interessen eingesetzt hat. Im Streitfall wäre die Klägerin ebenso wie im damals entschiedenen Fall ohne eine für die Beklagte fühlbare 148 Geldentschädigung einer rücksichtslosen Zwangskommerzialisierung ihrer Persönlichkeit weitgehend schutzlos ausgeliefert. "Fühlbar" in diesem Sinne ist eine Geldentschädigung entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts aber nicht schon dann, wenn sie in der der Klägerin zuerkannten Höhe unmittelbar den Gewinn der Beklagten schmälert, vielmehr ist sie erst dann geeignet, den aus dem Persönlichkeitsrecht des Opfers heraus gebotenen Präventionszweck zu erreichen, wenn sie der Höhe nach ein Gegenstück auch dazu bildet, daß hier das Persönlichkeitsrecht zum Zwecke der Gewinnerzielung verletzt worden ist. Das bedeutet zwar, wie das Berufungsgericht insoweit zu Recht ausführt, nicht, daß eine "Gewinnabschöpfung" vorzunehmen ist, wohl aber, daß - und insoweit entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - im Fall einer rücksichtslosen Vermarktung einer Persönlichkeit wie hier die Erzielung von Gewinnen aus der Rechtsverletzung als Bemessungsfaktor in die Entscheidung über die Höhe der Geldentschädigung mit einzubeziehen ist. In solchen Fällen muß von der Höhe der Geldentschädigung ein echter Hemmungseffekt ausgehen; als weiterer Bemessungsfaktor kann die Intensität der Persönlichkeitsrechtsverletzung berücksichtigt werden. Vorstellungen zur Höhe der Entschädigung, wie sie die Klägerin in ihren Anträgen zum Ausdruck gebracht hat, sprengen nicht den Rahmen dessen, was zu einer wirksamen Prävention als angemessen in Betracht kommt. III. 17 Das Berufungsurteil war deshalb aufzuheben, soweit das Berufungsgericht den Anspruch der Klägerin auf eine höhere Geldentschädigung abgewiesen hat. Das Berufungsgericht erhält damit Gelegenheit, über die Höhe dieses Anspruchs im Lichte der vorstehenden Erwägungen erneut zu entscheiden. Diese Entscheidung ist in erster Linie Sache des Tatrichters (vgl. Senatsurteil vom 15. November 1994 - VI ZR 56/94 - aaO.). 5. Verkehrspflichten: a) Begriff Früher und häufig auch heute: Verkehrssicherungspflichten genannt (historischer Anknüpfungspunkt waren Maßnahmen zur Sicherung von Straßen, Wegen, Plätzen). Wer eine Gefahrenquelle schafft oder in seinem Verantwortungsbereich andauern lässt, muss die erforderlichen und zumutbaren Vorkehrungen treffen, um eine Schädigung Dritter durch Gefahrverwirklichung möglichst zu verhindern. Gemeint sind nur mittelbare Verletzungen. b) Einordnung H.M.: Einordnung in § 823 Abs. 1 BGB (ist also Anspruchsgrundlage), nicht § 823 Abs. 2 BGB (so z. B. von Bar). für Unterlassungen auf TB-Ebene zu prüfen; mittelbare RG-Verletzungen auf RWEbene. Es gilt die Lehre vom Verhaltensunrecht. 149 Abgrenzung zur Fahrlässigkeit (Verschulden), die im Zivilrecht obj. typisierenden Maßstab anlegt: Objektive Pflichtwidrigkeit im Tatbestand/RWK; „innere Sorgfalt“ (als objektivierte Erkennbarkeit der Umstände und der Existenz des Verbots) bei Verschuldensprüfung (h. M.) Bedeutung kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. VSP markieren die Linie zwischen Handlungsfreiheit und Integritätsschutz. Es sind richterliche Gefahrsteuerungsgebote. Es geht insgesamt um die Zuweisung von Schadenslasten, nach einer Mindermeinung ohne Rücksicht auf Fehlverhalten (m. E. unzutreffend), weil zum Teil kaum zu erfüllende Verhaltensanforderungen aufgestellt worden sind. c) Merkmale - Unterhaltung/Schaffung einer Gefahr - Erforderlichkeit einer Maßnahme zur Gefahrabwendung - Zumutbarkeit der Maßnahme - Verletzung durch Tun oder Unterlassung - Geschützte Interessen: § 823 Abs. 1 BGB! - Verschulden (Verletzung der inneren Sorgfalt wird durch Verletzung der äußeren Sorgfalt (= Pflichtverletzung) „indiziert“. d) Fallgruppen - Systematisierung durch Vielzahl von topoi vorgenommen Gebräuchlich ist Zweiteilung: VSP richten sich einerseits auf die Kontrolle von Gefahrenquellen, andererseits auf die Fürsorge für bestimmte Rechtsgüter Dritter (parallel im Strafrecht, Überwachungsgaranten, Beschützergaranten) Sicherungspflichten von Gefahrenquellen durch Gegenstände bzw. gefährliches Verhalten (umfasst auch Ingerenz) lässt sich aufteilen in - Verkehrssicherungspflichten im eigentlichen Sinn bei gegenständlichen Gefahrenquellen Grund der Haftung: Bestimmungsgewalt des Inhabers über eigenen; Möglichkeit, Vorteile aus der Gefahrenquelle zu ziehen Verkehrseröffnung als Schaffung der Gefahrenquelle, mittlerweile steht Einstandspflicht für räumlich-gegenständlichen Bereich im Vordergrund - Gefährliches Verhalten generiert Sicherungspflichten - In-Verkehr-Bringen von Gegenständen (Produkthaftung) dazu später genauer; - Fürsorgepflichten für Güter bzw. Rechtsgüter anderer - aus ehelicher oder familiärer Verbundenheit = soziale Nähebeziehung, aus ausdrücklicher Übernahme der Fürsorge oder auch faktische Übernahme (Nichtigkeit eines Vertrages spielt daher keine Rolle) - Straßensicherung - Wege und Zugänge - Eisenbahn - Sportstätten - Veranstaltungen - öffentlich zugängliche Plätze, Restaurants, - Spielplätze (BGHZ 103, 338), - stillgelegter Grubenstollen (BGH VersR 1985, 781), - Baustellensicherung und Baggersee (BGH JZ 1999, 249 m. Anm. v. Bar), - Gefahr zweckwidriger Verwendung (Natronlauge: BGH NJW 1968, 1182), - (fehlende) Hinweise auf Gefahren 150 - Reiseveranstalter bzgl. Hotel mit „Wasserrutsche“ im Ausland (BGH LMK 2007 Nr. 212027 m. Anm. Spickhoff) - Brandherd durch brennendes Heu unter Autobahnbrücke (BGH LMK 2007 Nr. 238681 m. Anm. Spickhoff) - Delegation von Verkehrspflichten möglich; Übernehmender wird dann direkt deliktspflichtig; allerdings bleibt sekundäre Pflicht des zunächst Verkehrspflichtigen bestehen, geht auf Auswahl, Instruktion und Überwachung, Frage des Einzelfalls (str., ob möglich, dafür: BGH, Kriterien: siehe § 831 BGB; strenge Kriterien) - Schutzbereich der VSP - Berufsstellung, die gelegentlich als eigene Fallgruppe behandelt wird, fungiert nur als pflichtenverstärkendes Kriterium. - Inhalt und Umfang: Ausmaß der gebotenen Gefahrsteuerung hängt von legitimer Verkehrserwartung aus Perspektive des Geschädigten ab (schutzwürdige Erwartungshaltung), etwa: - Art und Ausmaß der drohenden Schäden und Wahrscheinlichkeit des Schadens - Zustand der angesprochenen Verkehrsteilnehmer (Gebot des Berücksichtigung der Schwächsten innerhalb einer Gruppe, nicht des Durchschnittsmenschen, z. B. alte Menschen; Bauarbeiter wissen um Baustellengefahr) - Grds. ist vom Erwartungshorizont des sich ordnungsgemäß verhaltenden Verkehrsteilnehmers auszugehen; eigenes unvernünftiges Verhalten soll nicht zivilrechtlich geschützt werden, sog. Vertrauensgrundsatz (greift z. B. auch ein, wenn Gefahrenquelle vor sich selbst warnt) e) Träger der Pflichten Derjenige, der Gefahrenquelle schafft oder unterhält; tatsächl. Verfügungsgewalt entscheidend; bei Fürsorgepflicht derjenige, der Fürsorge übernommen hat oder sonst fürsorgepflichtig ist -Nebeneinander von Verkehrspflichtigen möglich, z. B. Bauherr u. Architekt, Entlastung durch Hinweis auf Verkehrspflichtigkeit des anderen nicht möglich - Verkehrspflichten im Unternehmen: Regelmäßig Einschaltung von Hilfspersonen zu Erfüllung der Verkehrspflicht, aber: § 823 Abs. 1 BGB (Organisationspflicht, für jur. Personen teilweise über § 31 BGB analog für Mitarbeiter, die für Verkehrspflichten zuständig sind, aber keine formale Organstellung inne haben). 6. Produzentenhaftung Ausgangspunkt der Produzentenhaftung war BGHZ 51, 91 („Hühnerpest“): Tatbestand: 1 Die Klägerin, die eine Hühnerfarm betreibt, ließ am 19. November 1963 ihre Hühner durch den Tierarzt Dr H. gegen Hühnerpest impfen. Einige Tage danach brach jedoch die Hühnerpest aus. Mehr als 4.000 Hühner verendeten, über 100 mußten notgeschlachtet werden. 2 151 Die Klägerin nimmt die Beklagte, ein Impfstoffwerk, auf Ersatz ihrer Schäden in Anspruch. Der Tierarzt hatte für die Impfung den von der Beklagten hergestellten Impfstoff XY verwendet. Diesen hatte er Anfang November 1963 in 500 ccm-Flaschen von der Beklagten bezogen. Die Flaschen stammten aus der Charge ALD 210, die die Beklagte am 18. Oktober 1963 im Staatlichen Paul-Ehrlich-Institut in Frankfurt aM hatte prüfen lassen; dabei war die Charge freigegeben worden. Anschließend hatte die Beklagte sie in ihrem Betrieb auf handelsübliche Gefäße abgefüllt. Bei Behältnissen unter 500 ccm geschieht dies unter luftdichtem Abschluß bei Unterdruck; bei größeren Flaschen ließ es die Beklagte im offenen Eingußverfahren durchführen, jedoch im abgeschlossenen Raum bei ultravioletter Bestrahlung. 3 Als Dr H. wenige Tage darauf am 22. November 1963 bei dem Landwirt R. die Hühner impfte, brach auch dort die Hühnerpest aus. Dasselbe trat Ende November 1963 bei drei Geflügelzüchtern in Württemberg ein, die ihre Hühner ebenfalls mit dem Impfstoff der Beklagten aus der Charge ALD 210 hatten impfen lassen. Als daraufhin das Tierärztliche Untersuchungsamt Stuttgart mehrere Flaschen dieser Charge von der Bundesforschungsanstalt für Viruskrankheiten der Tiere in Tübingen untersuchen ließ, wurden in einigen Flaschen bakterielle Verunreinigungen und noch aktive ND (Newcastle Disease)-Viren festgestellt, die nicht ausreichend immunisiert worden waren. Auch das Paul-Ehrlich-Institut stellte fest, daß einige der ihm zur Überprüfung eingesandten Flaschen unsteril waren und in ihnen ND-Virus nachgewiesen werden konnte. 4 Die Beklagte hat bestritten, daß der Ausbruch der Hühnerpest auf die Verwendung ihres Impfstoffes zurückzuführen sei. Jedenfalls könne die fehlende Sterilität der Flaschen nicht die Ursache gewesen sein. Hierzu hat sie sich auf das von ihr überreichte Gutachten von Prof Dr E. bei der Bundesforschungsanstalt für Viruserkrankungen berufen. Sie hat für die Arbeiter und die Leiterin ihrer Virus-Abteilung den Entlastungsbeweis angetreten. 5 Landgericht und Oberlandesgericht haben den Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Die Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg. Entscheidungsgründe: 6 Das Berufungsgericht geht davon aus, daß der in den an Dr H. gelieferten Flaschen enthaltene Impfstoff durch Bakterien verunreinigt gewesen sei, und hält für erwiesen, daß der Ausbruch der Hühnerpest hierauf zurückzuführen sei. Selbst der von der Beklagten zugezogene Gutachter Prof Dr E. vermöge nicht auszuschließen, daß es zu der Verunreinigung durch eine Fahrlässigkeit der beim Abfüllen von der Beklagten beschäftigten Personen gekommen sei. 152 Für deren Verschulden müsse sie gemäß § 278 BGB im Verhältnis zu dem Käufer des Impfstoffes, dem Tierarzt einstehen. Dieser aber sei berechtigt gewesen, den bei der Klägerin eingetretenen Schaden ersetzt zu verlangen. Da er seinen Ersatzanspruch an die Klägerin abgetreten habe, sei der Klageanspruch dem Grunde nach gerechtfertigt. 7 I. Die Grundsätze über die Drittschadensliquidation können im vorliegenden Falle nicht angewendet werden. 8 1. Grundsätzlich kann auf Grund eines Vertrages nur der den Ersatz eines Schadens verlangen, bei dem der Schaden tatsächlich eingetreten ist und dem er rechtlich zur Last fällt. Tritt der Schaden bei einem Dritten ein, so haftet ihm der Schädiger - von besonderen Ausnahmen abgesehen (vgl § 618 Abs 3 mit §§ 844, 845 BGB) - nur nach Deliktsrecht. Diese Unterscheidung zwischen begünstigter Vertragshaftung und begrenzter Deliktshaftung gehört zum System des geltenden Haftungsrechts und ist nicht nur ein theoretisches Dogma. Nur in besonderen Fällen hat die Rechtsprechung Ausnahmen zugelassen, nämlich dann, wenn das durch den Vertrag geschützte Interesse infolge besonderer Rechtsbeziehungen zwischen dem aus dem Vertrag berechtigten Gläubiger und dem Träger des Interesses dergestalt auf den Dritten "verlagert" ist, daß der Schaden rechtlich ihn und nicht den Gläubiger trifft. Daraus darf der Schädiger keinen Vorteil zum Nachteil des Dritten ziehen: er muß dem Gläubiger den Drittschaden ersetzen. Das gilt - von den seltenen Fällen einer "Gefahrenentlastung" abgesehen (BGHZ 40, 91, 100) dann, wenn der Gläubiger für Rechnung des Dritten kontrahiert hatte (BGHZ 25, 250, 258) oder wenn die Sache, deren Obhut der Schuldner versprochen hatte, nicht dem Gläubiger, sondern dem Dritten gehörte (BGHZ 15, 224). 9 a) Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Eine "Interessenverknüpfung" kraft mittelbarer Stellvertretung kommt nicht in Betracht. Dr H. hatte den Impfstoff nicht im Auftrage und nicht für Rechnung der Klägerin gekauft. Als er ihn bei der Beklagten bestellte und bezog, wußte er noch nicht, bei welchem Landwirt er ihn anwenden werde. In aller Regel wird ein Tierarzt - wie durchweg ein Werkunternehmer sein Material - seine Medikamente selbst dann nicht im Auftrag und für Rechnung eines Patienten oder Auftraggebers kaufen, wenn er sie zur Ausführung eines ihm schon erteilten Behandlungsauftrages benötigt. Der dem Urteil des Reichsgerichts DR 1941, 637 = HRR 1941, 225 zugrunde liegende Sachverhalt lag entscheidend anders. 10 Hier geht es auch nicht um einen der Fälle, in denen die dem Schuldner in Obhut gegebene Sache nicht dem Vertragsgegner, sondern einem Dritten gehört. Zwar mag Dr H. eine "Obhutspflicht" bezüglich der Hühner der 153 Klägerin obgelegen haben. Drittschadensliquidation setzt aber voraus, daß die Obhutspflicht zwischen Gläubiger und Schuldner bestanden hat (BGHZ 40, 101). Das war hier nicht der Fall. 11 b) Von diesen Grundsätzen geht an sich auch das Berufungsgericht aus. Es ist sich auch dessen bewußt, daß grundsätzlich der Hersteller und Lieferant einer Ware, die sein Käufer an einen Dritten weiterverkauft hat, nicht schon auf Grund des Kaufvertrages für Schäden einzustehen braucht, die einem Dritten entstanden sind (BGHZ 40,104,105). Dennoch glaubt es, im vorliegenden Fall die Liquidierung des Drittschadens zulassen zu können. Hier habe die einwandfreie Beschaffenheit des Impfstoffes entscheidend im Interesse der Klägerin, an deren Hühnern er angewendet wurde, gelegen. Der Tierarzt habe die Beschaffenheit des Impfstoffes nicht überprüfen können, sondern sich auf sorgfältige Herstellung durch die Beklagte verlassen müssen. Diese habe daher davon ausgehen müssen, daß ihre Pflicht zu einwandfreier Lieferung nicht nur gegenüber dem Tierarzt, sondern gegenüber den jeweiligen Hühnerhaltern bestanden habe. 12 c) Diese Erwägungen reichen nicht aus, um einen Fall zulässiger Drittschadensliquidation anzunehmen. Der Bundesgerichtshof hat bereits in seinem Urteil BGHZ 40, 99ff betont, daß dem durch Mängel der Kaufsache geschädigten Dritten nicht schon durch eine auf Treu und Glauben gestützte Auslegung des Kaufvertrages ein aus diesem Vertrag abgeleiteter Ersatzanspruch gewährt werden kann. Er ist in dieser Entscheidung von dem Urteil des Reichsgerichts RGZ 170, 246 abgerückt. Auch das Berufungsgericht hat keine konkreten Anhaltspunkte dafür festgestellt, weshalb die Beklagte bereit und willens gewesen sein sollte, ihrem Vertragsgegner, dem Tierarzt, weitergehende Schadensersatzansprüche einzuräumen, als sie nach dem gesetzlichen Kaufrecht mußte. Zudem setzt Drittschadensliquidation voraus, daß nur ein Schaden entstanden ist, der sich, wäre nicht "zufällig" ein Dritter Träger des geschützten Rechtsgutes, bei dem Gläubiger ausgewirkt hätte. Von einer solchen "Verlagerung" des Schadens kann hier nicht gesprochen werden. Dieser ist hier sowohl tatsächlich wie rechtlich bei der Klägerin eingetreten, während er bei einer echten Schadensverlagerung tatsächlich, wenn auch nicht rechtlich, beim Gläubiger eintritt. Er konnte nicht ebensogut beim Tierarzt wie bei den Hühnerhaltern eintreten, sondern nur bei diesen und nicht, worauf es entscheidend ankommt, statt beim Tierarzt bei ihnen. 13 Die bisher von der Rechtsprechung zugelassenen Fälle einer Drittschadensliquidation lassen sich auch nicht um einen Fall der hier vorliegenden Art erweitern. Andernfalls müßte auch der Hersteller und Lieferant von Lebens- und Genuß*-mitteln, von Wasch- und Arznei*-mitteln usw den beim Endverbraucher entstehenden Schaden nicht bloß aus Delikt, sondern aus Kaufrecht ersetzen. Denn auch er weiß, so wie sein Käufer, der 154 Groß- oder Zwischen- und Einzel*-händler, daß sich etwaige Schäden nicht beim Händler, sondern erst beim Endabnehmer zeigen werden. Daraus allein läßt sich aber noch nicht eine vertragliche Haftung des Herstellers gegenüber dem Endabnehmer ableiten. Die Frage, wie dessen Interessen gewahrt werden können, ist somit nicht mittels Drittschadensliquidation zu lösen (so auch Soergel/Ballerstedt, BGB 10. Aufl Bem 43 vor § 459; Esser, Schuldrecht Bd I 3. Aufl S 297; von Caemmerer, ZHR 1965, 269, 277). 14 2. Das Berufungsgericht hat seine Ansicht auch damit begründet, hier ergebe sich aus Sinn und Zweck des Vertrages eine Fürsorgepflicht des Herstellers zugunsten des Dritten. Dies könnte dahin verstanden werden, als wolle das Berufungsgericht der Klägerin einen Ersatzanspruch aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter zubilligen. Auch dem könnte nicht gefolgt werden. 15 a) Der Bundesgerichtshof hat zwar unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt unter bestimmten Umständen auch einem am Vertrag nicht beteiligten Dritten Ersatzansprüche zugebilligt (BGHZ 33, 247, 249 und 49, 350, 351 mit Nachweisen). Diese Grundsätze können hier jedoch nicht herangezogen werden. 16 Keineswegs kann schon jeder, der infolge einer Sorgfaltsverletzung des Schuldners Schaden erlitten hat, einen eigenen Ersatzanspruch aus dem Vertrag zwischen Gläubiger und Schuldner ableiten (Senatsurteil vom 30. April 1968 - VI ZR 29/67 -, NJW 1968, 1323). Der Senat hat in seinem Urteil vom 18. Juni 1968 (VI ZR 120/67, NJW 1968, 1929) erneut darauf hingewiesen, daß das Gesetz zwischen unmittelbar und mittelbar Geschädigten unterscheidet und daß die Haftung aus einem Vertrag grundsätzlich an das Band geknüpft ist, das den Schuldner mit seinem Partner verbindet (vgl auch BGH Urt v 9. Oktober 1968 - VIII ZR 173/66 -, WM 1968, 1354). Andernfalls besteht die Gefahr, daß der Schuldner das Risiko, das er bei Abschluß eines Vertrages eingeht, nicht mehr einkalkulieren kann. Daher wäre es nicht mehr mit den Grundsätzen von Treu und Glauben, aus denen der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter gerade entwickelt worden ist, zu vereinbaren, wenn der Schuldner für so weitgehende Folgen seiner Vertragsverletzung haften müßte. Das kann nur dann angenommen werden, wenn der Gläubiger sozusagen für das Wohl und Wehe des Dritten mitverantwortlich ist, weil dessen Schädigung auch ihn trifft, indem er ihm gegenüber zu Schutz und Fürsorge verpflichtet ist. Dieses Innenverhältnis zwischen dem Gläubiger und einem Dritten, durchweg gekennzeichnet durch einen personenrechtlichen Einschlag, führt zur Schutzwirkung zugunsten des Dritten, nicht das Verhältnis zwischen dem Gläubiger und seinem Vertragspartner. Ein solches Verhältnis liegt bei einem Kauf- oder einem Werk*-vertrag in aller Regel nicht vor (vgl Larenz, Schuldrecht 9. Aufl II § 37 IV). 155 17 b) Auch im vorliegenden Fall fehlt es an solchen engen Beziehungen zwischen dem Gläubiger (Tierarzt) und seinen Auftraggebern. (Wird ausgeführt). 18 II. Wird somit das angefochtene Urteil von der ihm gegebenen Begründung nicht getragen, so war zu prüfen, ob es sich mit anderer Begründung aufrechterhalten läßt. Die Klägerin hat ihre Klage nicht nur auf Ansprüche gestützt, die sie aus dem von Dr H. mit der Beklagten geschlossenen Kaufvertrag ableiten wollte, sondern sich auch auf die §§ 823ff BGB berufen. Außerdem hat sie die in letzter Zeit, vor allem auf dem Deutschen Juristentag 1968 (vgl JZ 1968, 714), eingehend erörterte Frage der unmittelbaren Haftung des Warenherstellers gegenüber dem Endverbraucher ("Produzentenhaftung") ins Feld geführt (vgl Karlsruher Forum 1963, Beiheft zum VersR: Haftung des Warenherstellers; Simitis, Grundfragen der Produzentenhaftung, 1965, und sein Gutachten zum Deutschen Juristentag 1968; vgl auch die Nachweise bei Weitnauer, NJW 1968, 1593). 19 1. Auch die Befürworter einer weitergehenden Haftung des Produzenten gehen durchweg davon aus, daß sie sich weder mittels Drittschadensliquidation noch mittels eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter begründen lasse. Sie wollen dem Verbraucher einen eigenen, nicht vom Vertrag Käufer-Hersteller abhängigen Ersatzanspruch gewähren, der sich als "action directe" unmittelbar gegen den Hersteller richten soll - so wie der vom Gesetz gewährte Ersatzanspruch aus §§ 823ff BGB. Indes sehen sie diesen Deliktsanspruch nicht mehr als ausreichend und sachgerecht an, weil er in der Regel reine Vermögensschäden nicht deckt, und vor allem, weil er dem Produzenten, insbesondere bei bloßen "Fabrikationsfehlern", die Möglichkeit offenläßt, sich zu entlasten (§ 831 BGB). 20 Der hier zu entscheidende Fall gibt keinen Anlaß zur Prüfung der Frage, ob an der Rechtsprechung festzuhalten ist, daß sich der Produzent bei Fabrikationsfehlern auf § 831 BGB berufen kann (dagegen - im Anschluß an Simitis, Grundfragen S 72, und Gutachten S 51 - der Deutsche Juristentag 1968; siehe aber auch Rehbinder, ZHR 1967, 179/180; Weitnauer, AcP 1967, 290; NJW 1968, 1598; Canaris, JZ 1968, 497) und daß bei solchen Fehlern nicht prima facie von einem Verschulden des Herstellers ausgegangen werden könne (Senatsurteil vom 21. April 1956 - VI ZR 36/55 -, VersR 1956, 410). Denn hier steht nicht fest, daß der Impfstoff deshalb reaktivierte Viren enthielt, weil eine Hilfskraft der Beklagten einen Fehler begangen hat. Vielmehr kann das auch auf Ursachen beruhen, die im Herstellungs-, insbesondere im Abfüll*-verfahren der Beklagten liegen. Der vorliegende Fall nötigt auch nicht dazu, zur Problematik der Produzentenhaftung in vollem Umfang Stellung zu nehmen. Hier kommt es nur auf das Folgende an. 156 21 a) Der Klageanspruch würde ohne weiteres zuzusprechen sein, wenn der von Diederichsen (Die Haftung des Warenherstellers, 1967) vertretenen Ansicht gefolgt werden könnte, daß der Hersteller für jede Art von Fehlern des Produkts ohne Rücksicht auf Verschulden, also wie bei einer Gefährdungsoder gar Erfolgs*-haftung ("strict liability"), einstehen müsse. Diederichsen glaubt, dies aus "rechtssoziologischen und rechtstheoretischen Überlegungen" dem geltenden Recht entnehmen zu können. Es kann jedoch schon zweifelhaft sein, ob sein Standpunkt rechtspolitisch zu befürworten wäre. Jedenfalls läßt sich eine Haftung ohne Verschulden mit den Grundsätzen des geltenden Haftungsrechts nicht vereinbaren. Die in einzelnen Gesetzen angeordnete Gefährdungshaftung - meist zudem bis zu unterschiedlichen Höchstgrenzen - auch auf die Produzentenhaftung auszudehnen, ist dem Richter verwehrt. Vielmehr muß der Gesetzgeber entscheiden, ob und inwieweit dem Hersteller eine stärker objektivierte Haftung aufzuerlegen ist (vgl die Begründung des Referentenentwurfs eines Gesetzes über Änderung und Ergänzung schadensersatzrechtlicher Vorschriften, 1967, S 102). 22 b) Ebensowenig ist es - von besonders gelagerten Fällen abgesehen (vgl Lukes, JuS 1968, 347) - rechtlich möglich, dem Endabnehmer dadurch einen direkten Ersatzanspruch zu gewähren, daß ein zwischen ihm und dem Produzenten unmittelbar, wenn auch stillschweigend, abgeschlossener Garantievertrag angenommen wird (so Müller, AcP 1965, 311). Darin, daß der Produzent seine Ware unter Benennung seiner Urheberschaft, nämlich mit seinem Etikett, in Originalverpackungen, unter seinem Warenzeichen oder der von ihm geprägten Bezeichnung (Markenwaren) usw vertreiben läßt, liegt im allgemeinen noch keine Willenserklärung in dem Sinne, daß er dem Verbraucher für sorgfältige Herstellung einstehen wolle (vgl RGZ 87, 1; Schlegelberger/Hefermehl, HGB 4. Aufl Bem 51 vor § 373; Simitis, Gutachten zum DJT 1968 S 24 mit weiteren Nachweisen). In aller Regel läßt sich sogar in der Werbung für Markenwaren, die den Endabnehmer in besonders eindringlicher Weise anspricht, noch keine Zusage finden, für etwaige Mängel der Ware haften zu wollen (BGHZ 48, 118, 122/123). Das kann auch dann nicht angenommen werden, wenn es um die, zudem erheblich weitergehende Frage geht, ob der Hersteller auch einem Endabnehmer seines Produkts direkt haften wolle (vgl Rehbinder, ZHR 1967, 173; Weitnauer, NJW 1968, 1597). 23 c) Außer Frage steht auch, daß dem Endabnehmer ein Ersatzanspruch nicht schon aus Verletzung der aus "sozialem Kontakt" angeblich folgenden Schutzpflichten gewährt werden kann (vgl Lorenz in der Festschrift für Nattorp, 1961 S 83; Soergel/Schmidt aaO Bem 5 vor § 275). Zwischen Hersteller und Abnehmer bestehen keine geschäftlichen Beziehungen; sie sollen auch nicht angebahnt und demnächst abgeschlossen werden. Die soziologisch gewiß vorhandenen Beziehungen haben rechtlich nicht das Gewicht, daß aus ihnen Haftungsansprüche kraft rechtlicher 157 Sonderbeziehungen folgten. Das gilt auch für den Versuch von Weimar, die Haftung des Produzenten aus der Generalklausel des § 242 BGB anzuleiten (Untersuchungen zum Problem der Produktenhaftung, Basler Studien zur Rechtswissenschaft Heft 79 S 69ff, und DRiZ 1968, 266). 24 2. Besondere Überlegung verdient der Gedanke, eine auf dem Gesetz beruhende, aus dem Vertrauensgedanken entwickelte quasikontraktliche Sonderrechtsbeziehung zwischen Hersteller und Verbraucher anzuerkennen. In der Tat dürften die Beziehungen, die zwischen dem Käufer eines schadenstiftenden Produktes und dessen Hersteller vor Eintritt des Schadens bestanden haben, von engerer Art sein als die, die den Hersteller mit "jedermann" dann - und erst dann - in Verbindung bringen, wenn dieser durch sein Produkt zu Schaden kommt. Diesen "Jedermann" auf deliktische Ansprüche zu verweisen, ist gerecht. Hinsichtlich der Ersatzansprüche eines Käufers dagegen könnte erwogen werden, sie auch dann aus Vertragsrecht abzuleiten, wenn er die Ware nicht beim Hersteller direkt, sondern über einen Händler gekauft hat. 25 a) Von derartigen Sonderrechtsbeziehungen zwischen Hersteller und Abnehmer der Ware ausgehend hatte zunächst Lorenz (auf dem Karlsruher Forum 1963) die Ansicht vertreten, der Hersteller müsse für das Vertrauen, das er mit einem Produkt, verstärkt durch die Werbung, beim Verbraucher erweckt habe, entsprechend § 122 BGB einstehen. Diesen Gedanken hat der VIII Zivilsenat des Bundesgerichtshofs am Schluß seines Urteils vom 13. Juli 1963 (BGHZ 40, 91, 108) erwähnt. Er hat damit aber keine Stellung nehmen wollen. In seinem Urteil BGHZ 48, 118 hat er es abgelehnt, der Werbung haftungsbegründende Kraft zuzulegen. Daß sie im Ringen um den "König Kunde" immer umfangreicher und, betriebswirtschaftlich gesehen, immer bedeutungsvoller geworden ist, besagt noch nicht, daß ihr rechtlich die Bedeutung einer Haftungszusage zukäme. so versteht sie ein verständiger Verbraucher auch nicht. Lorenz hat denn auch seinen Gedanken - den vor allem Markert (BB 1964, 319ff) und Rehbinder (ZHR 1967, 180ff) aufgenommen hatten - nicht weiterverfolgt (s Kieler Tagung für Rechtsvergleichung 1965, Heft 28 der Schriftenreihe für Rechtsvergleichung S 51/52). 26 b) Auf dem Grundgedanken von Lorenz bauen die Lösungsversuche auf, die Haftung des Herstellers aus einem Einstehen für in Anspruch genommenes und vom Verbraucher gewährtes Vertrauen, entsprechend den für culpa in contrahendo entwickelten Rechtssätzen, abzuleiten (vgl Rehbinder, BB 1965, 439 und ZHR 1967, 176; Steffen, JR 1968, 287 und vor allem Canaris, JZ 1968, 494). 27 158 Es ist indes zweifelhaft, ob diese Überlegungen tragfähig sein könnten, im Wege einer Fortbildung des Rechts dem Verbraucher einen Ersatzanspruch zu gewähren, der, so wie der deliktische Anspruch, nicht ohne weiteres abbedungen werden könnte, andererseits nicht vom Entlastungsbeweis des § 831 BGB bedroht wäre. Der Senat hat sich schon in seinem Urteil vom 21. März 1967 (VI ZR 164/65, LM BGB § 276 (Ha) Nr 4) gegen die Versuche gewandt, die Haftung eines außerhalb des Vertrages stehenden Dritten aus in Anspruch genommenen Vertrauen zu begründen, und betont, daß damit die durch den Vertrag gezogene Abgrenzung zwischen schuldrechtlichem und deliktischem Haftungsbereich in folgenschwerer Weise durchbrochen würde. Ob die dort gegen eine Haftungsausdehnung bei positiver Vertragsverletzung ausgesprochenen Bedenken auch gegen die Einbeziehung des Produzenten in eine vertragsähnliche Haftung sprechen, braucht im vorliegenden Fall nicht abschließend entschieden zu werden. Auch braucht der Frage nicht nachgegangen zu werden, wie einem durch das Produkt Geschädigten ein solcher quasikontraktlicher Anspruch zugesprochen werden soll, wenn er das Produkt nicht gekauft hatte, sondern bei dessen Benutzung durch ihn selbst oder durch andere zu Schaden gekommen war. Im vorliegend zu entscheidenden Fall handelt es sich nicht um hintereinander geschaltete, rechtlich selbständige Kaufverträge in einer "Absatzkette", bei der der Verkäufer in der Tat oft der bloße "Verteiler" des Herstellers geworden ist, ein "Durchgriff" daher naheliegt. Hier stand vielmehr zwischen der Klägerin und der Beklagten ein Tierarzt, der allein zu entscheiden hatte, welchen Impfstoff er benutzte. Ihm und nicht einer etwaigen Werbung der Beklagten hatte die Klägerin ihr Vertrauen gewährt. Sie wäre nicht imstande gewesen, selbst den Impfstoff bei der Beklagten unmittelbar oder im Handel zukaufen: die Beklagte durfte ihn nur an den Tierarzt abgeben und nur dieser durfte in anwenden (§ 87 Der Ausführungsvorschriften zum Viehseuchengesetz idF v 1. März 1958, BAnz Nr 45 v 6. März 1958, BGBl III 7831-1-1). Schon deshalb scheidet hier der Gedanke aus, zwischen den Parteien hätten vertragsähnliche Beziehungen bestanden. Die Klägerin war nicht "Verbraucherin" des Impfstoffes, auch nicht dessen "Benutzerin", sondern, rechtlich gesehen, "nur" die Geschädigte. als solche ist sie aber auf deliktische Ersatzansprüche beschränkt. 28 III. Nach dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt sind die Voraussetzungen des § 823 BGB erfüllt. Der von der Beklagten gelieferte Impfstoff war fehlerhaft und die Ursache für die Erkrankung der Hühner. Auch wenn hier, wie oben ausgeführt, die Regeln des Vertragsrechts nicht anwendbar sind, so muß dennoch davon ausgegangen werden, daß der Beklagten ein eigenes Verschulden zur Last fällt. Wird jemand bei bestimmungsgemäßer Verwendung eines Industrieerzeugnisses dadurch an einem der in § 823 Abs 1 BGB geschützten Rechtsgüter geschädigt, daß dieses Produkt fehlerhaft hergestellt war, so ist es Sache des Herstellers, die Vorgänge aufzuklären, die den Fehler verursacht haben, und dabei darzutun, daß ihn hieran kein Verschulden trifft. 29 159 1. Nicht in Frage steht, daß auch bei der "Produzentenhaftung" der Geschädigte nachzuweisen hat, daß der Schaden durch einen Fehler des Produktes verursacht ist. Die Klägerin hatte daher zu beweisen, daß die Geflügelpest bei ihren Hühnern ausgebrochen ist, weil der Impfstoff von der Beklagten stammte und bei seiner Auslieferung aktive Viren enthielt. 30 Diesen Beweis hat das Berufungsgericht als erbracht angesehen. (Wird ausgeführt.) 31 2. Das Berufungsgericht geht bei Prüfung der Frage, worauf es zurückzuführen ist, daß der Impfstoff unabgetötete Viren enthielt, von der Tatsache aus, daß sowohl das Paul-Ehrlich-Institut wie die Bundesforschungsanstalt in den von ihnen untersuchten Flaschen Bakterien festgestellt haben. Es legt seiner Würdigung im wesentlichen zugrunde, was Prof Dr E. in seinem Gutachten ausgeführt hatte. Dieser hatte erklärt, mit hoher Wahrscheinlichkeit sei anzunehmen, daß die Bakterien beim Abfüllvorgang, nämlich bei dem im Betriebe der Beklagten von Hand ausgeführten Umschütten des Impfstoffes aus den großen Behältern, in die Flaschen geraten seien. Schon mehrfach sei beobachtet worden, daß Viren, die - wie hier - durch Zusatz von Formaldehyd abgetötet worden seien, unter bestimmten Umständen wieder aktiv geworden seien. Es sei daher möglich, daß es hier die Bakterien gewesen seien, die eine Reaktivierung der Viren ausgelöst hätten. Auf Grund dieser Ausführungen des Sachverständigen glaubt das Berufungsgericht feststellen zu können, daß die bakterielle Verunreinigung der Flaschen die Ursache der Reaktivierung gewesen sei. Dazu weist es darauf hin, daß durch den Teil der Charge, der nicht bakteriell verunreinigt gewesen sei, keine Schäden entstanden seien, während dies bei den Flaschen der Fall gewesen sei, die von Dr H. und im Kreise Heilbronn benutzt und in denen anschließend die Bakterien festgestellt wurden. Auch Dr E. halte es für möglich, daß die Verunreinigung des Impfstoffs "durch menschliches Versagen" einer der Personen verursacht worden sei, die die Beklagte beim Abfüllen des Impfstoffs beschäftigt habe. 32 3. Die Revision greift diese Würdigung des Berufungsgerichts an. Ihre Rügen haben keinen Erfolg. 33 Richtig ist zwar, daß das Berufungsgericht kein Verschulden der Beklagten selbst als bewiesen angesehen hat. Vielmehr hat es lediglich angenommen, daß wahrscheinlich eine Hilfsperson den Schaden verschuldet habe. Eine Haftung der Beklagten gemäß § 278 BGB läßt sich indessen, wie oben dargetan, nicht aus der Anwendung des Vertragsrechts ableiten. Das nötigt aber nicht dazu, den Rechtsstreit an den Tatrichter zurückzuverweisen. Denn 160 es war auch dann Sache der Beklagten, sich zu entlasten, wenn die Klägerin sich nur auf § 823 BGB stützen kann. 34 aa) Dies ergibt sich schon daraus, daß der Ersatzanspruch der Klägerin auch aus § 823 Abs 2 BGB folgt. Denn die Beklagte hat durch die Auslieferung der gefährlichen Flaschen mit Impfstoff gegen ein Schutzgesetz verstoßen. Dieser Impfstoff, ein Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes vom 16. Mai 1961 (§ 3 Abs 3 AMG), war geeignet, bei den Hühnern schädliche, ja tödliche Wirkungen hervorzurufen. § 6 AMG verbietet es, derartigen Impfstoff in den Verkehr zu bringen. Diese Vorschrift stellt - nicht anders als der für gesundheitsschädliche Lebensmittel geltende § 3 LebMG (vgl RGZ 170, 155, 156 zu § 4 LebMG) - ein Gesetz zum Schutz der gefährdeten Menschen oder Tiere dar. Ist aber ein Verstoß gegen ein Schutzgesetz bewiesen, so spricht eine Vermutung dafür, daß dies schuldhaft geschehen ist. Der das Schutzgesetz Übertretende muß daher Umstände dartun und beweisen, die geeignet sind, die Annahme seines Verschuldens auszuräumen (Senatsurteil vom 12. März 1968 - VI ZR 178/66 -, NJW 1968, 1279). Diesen Beweis hat ein Betriebsinhaber nicht geführt, wenn eine mögliche Ursache ungeklärt geblieben ist, die in der Sphäre seiner Verantwortlichkeit liegt und ein schadensursächliches Verschulden enthalten würde (Senatsurteile vom 3. Januar 1961 - VI ZR 67/60 -, VersR 1961, 231, und vom 4. April 1967 - VI ZR 98/65 -, VersR 1967, 685). 35 bb) Diese Beweislastregelung würde aber auch dann gelten, wenn die Klägerin ihren Ersatzanspruch allein auf Absatz 1 des § 823 BGB stützen könnte. Auch dann war es Sache der Beklagten, sich zu entlasten. 36 Zwar hat in aller Regel der Geschädigte, der sich auf § 823 Abs 1 BGB stützt, nicht nur die Kausalität zwischen seinem Schaden und dem Verhalten des Schädigers darzutun und notfalls zu beweisen, sondern auch dessen Verschulden (BGHZ 24, 21, 29). Jedoch hängt die Möglichkeit dieses Nachweises der subjektiven Voraussetzungen erheblich davon ab, inwieweit der Geschädigte den objektiven Geschehensablauf in seinen Einzelheiten aufklären kann. Das aber ist vor allem dann mit besonderen Schwierigkeiten verknüpft, wenn es um Vorgänge geht, die sich bei der Herstellung des Produkts im Betriebe abgespielt haben. Die Rechtsprechung ist daher seit langem dem Geschädigten dadurch zu Hilfe gekommen, daß sie sich mit dem Nachweis einer Kausalkette begnügt hat, die nach der Lebenserfahrung zunächst für ein "Organisationsverschulden" des Herstellers spricht. Hierbei kann jedoch für Schadensersatzansprüche aus "Produzentenhaftung" nicht stehengeblieben werden. Allzuoft wird der Betriebsinhaber die Möglichkeit dartun, daß der Fehler des Produkts auch auf eine Weise verursacht worden sein kann, die den Schluß auf sein Verschulden nicht zuläßt - ein Nachweis, der zumeist wiederum auf Vorgängen im Betriebe des Schädigers beruht, daher vom Geschädigten schwer zu widerlegen ist. Infolgedessen kann der 161 Hersteller dann, wenn es um Schäden geht, die aus dem Gefahrenbereich seines Betriebes erwachsen sind, noch nicht dadurch als entlastet angesehen werden, daß er Möglichkeiten aufzeigt, nach denen der Fehler des Produkts auch ohne ein in seinem Organisationsbereich liegendes Verschulden entstanden sein kann. Dies gebieten in den Fällen der Produzentenhaftung die schutzbedürftigen Interessen des Geschädigten - gleich ob Endabnehmer, Benutzer oder Dritter; andererseits erlauben es die schutzwürdigen Interessen des Produzenten, von ihm den Nachweis seiner Schuldlosigkeit zu verlangen. 37 Diese Beweisregel greift freilich erst ein, wenn der Geschädigte nachgewiesen hat, daß sein Schaden im Organisations- und Gefahrenbereich des Herstellers, und zwar durch einen objektiven Mangel oder Zustand der Verkehrswidrigkeit ausgelöst worden ist. Dieser Beweis wird vom Geschädigten sogar dann verlangt, wenn er den Schädiger wegen Verletzung vertraglicher oder vorvertraglicher Schutz- und Neben*-pflichten in Anspruch nimmt (Senatsurteile vom 26. September 1961 - VI ZR 92/61 -, LM BGB § 276 (Fa) Nr 13 = NJW 1962, 31 und vom 18. Januar 1966 - VI ZR 184/64 -, MDR 1966, 491). Nichts anderes gilt, wenn er den Produzenten wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht in Anspruch nimmt. Hat er aber diesen Beweis geführt, so ist der Produzent "näher daran", den Sachverhalt aufzuklären und die Folgen der Beweislosigkeit zu tragen. Er überblickt die Produktionssphäre, bestimmt und organisiert den Herstellungsprozeß und die Auslieferungskontrolle der fertigen Produkte. Oft machen die Größe des Betriebes, seine komplizierte, verschachtelte, auf Arbeitsteilung beruhende Organisation, verwickelte technische, chemische oder biologische Vorgänge und dergleichen es dem Geschädigten praktisch unmöglich, die Ursache des schadenstiftenden Fehlers aufzuklären. Er vermag daher dem Richter den Sachverhalt nicht in solcher Weise darzulegen, daß dieser zuverlässig beurteilen kann, ob der Betriebsleitung ein Versäumnis vorzuwerfen ist oder ob es sich um einen von einem Arbeiter verschuldeten Fabrikationsfehler, um einen der immer wieder einmal vorkommenden "Ausreißer" oder gar um einen "Entwicklungsfehler" gehandelt hat, der nach dem damaligen Stand der Technik und Wissenschaft unvorhersehbar war. Liegt so aber die Ursache der Unaufklärbarkeit im Bereich des Produzenten, so gehört sie auch zu seiner Risikosphäre. Dann ist es sachgerecht und zumutbar, daß ihn das Risiko der Nichterweislichkeit seiner Schuldlosigkeit trifft. 38 Von solcher Beweisregel ist die Rechtsprechung schon immer bei vertraglichen oder quasivertraglichen Sonderrechtsbeziehungen zwischen Geschädigtem (Gläubiger) und Schädiger (Schuldner) ausgegangen (BGHZ 48, 310, 312; BGH LM BGB § 536 Nr 6a = NJW 1964, 34; BGH NJW 1968, 2240). Es ist kein durchgreifender Grund ersichtlich, warum diese Beweisregel nicht dann für nach Deliktsrecht zu entscheidende Haftungsfälle ebenso gelten soll, wenn die ihr zugrunde liegenden Erwägungen auch hier zutreffen. Schon § 831 BGB erlegt dem Geschäftsherrn in bestimmten Beziehungen einen Entlastungsbeweis auf - ähnliches gilt in den Haftungsfällen der §§ 832, 833, 834 BGB. Vor allem gilt dies in den Fällen der §§ 836ff BGB. Hier 162 verlangt das Gesetz zwar von dem durch den Einsturz eines Gebäudes Geschädigten den Beweis, daß sein Schaden "die Folge fehlerhafter Errichtung oder mangelhafter Unterhaltung" des Gebäudes war, erlegt aber dem Besitzer usw den Beweis dafür auf, daß er alles getan hat, um die Gefahren, die von seinem Gebäude ausgehen konnten, abzuwenden. Die in diesen Vorschriften angeordnete Umkehr der Behauptungs- und Beweis*-last geht nicht immer davon aus, das Verschulden des Schädigers sei zu vermuten. Vielmehr beruht sie überwiegend auf dem Gedanken, daß der Schädiger eher als der Geschädigte in der Lage ist, die für den Vorwurf der Fahrlässigkeit maßgebenden Vorgänge aufzuklären, daß es daher gerecht sei, ihn das Risiko einer Unaufklärbarkeit tragen zu lassen. Der Senat hat schon in seinem Urteil vom 1. April 1953 (VI ZR 77/52, LM ZPO § 286 (C) Nr 12) darauf hingewiesen, vom Kläger könne nicht der für ihn gewöhnlich fast unmögliche Nachweis verlangt werden, daß die schadenstiftende Sache durch ein Verschulden des Geschäftsinhabers oder seiner Angestellten in den Betrieb gekommen sei. Vor allem hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 17. Oktober 1967 (VI ZR 70/66, NJW 1968, 247) ausgesprochen, es sei Sache des Produzenten, sich zu entlasten, wenn der Geschädigte keine Angaben darüber machen könne, in welchen Einzelpunkten schuldhafte Pflichtverletzungen der Unternehmensleitung vorgelegen hätten. Die moderne Entwicklung der Warenproduktion, an der oft nachträglich nur schwer zu ermittelnde Personen oder Maschinen beteiligt sind und die auf nur noch vom Fachmann zu durchschauenden und zu kontrollierenden Fertigungsprozessen beruht, verlangt eine Fortbildung des Beweisrechts in der Richtung, wie sie das Gesetz in § 836 BGB vorgezeichnet hat (vgl Simitis, Gutachten zum DJT 1968 S 92ff; Stoll in Festschrift für von Hippel, 1967, S 557). 39 Dabei wird es allerdings - so wie bei der für positive Vertragsverletzungen anerkannten Umkehrung der Beweislast - stets auf die in der jeweiligen Fallgruppe gegebene Interessenlage ankommen. Die Frage, ob auch dem Inhaber eines kleineren Betriebes, dessen Herstellungsverfahren überschaubar und durchsichtig ist (Familien- und Einmann*-betriebe, landwirtschaftliche Erzeuger und dergleichen), die Übernahme des Beweisrisikos zugemutet werden kann, bedarf hier keiner Prüfung. In den Fällen der hier vorliegenden Art ist es jedenfalls Sache des Herstellers, sich zu entlasten. 40 4. Diesen Entlastungsbeweis hat die Beklagte nicht erbracht. 41 a) Nach dem von ihr selbst vorgelegten Gutachten von Prof Dr E. ist es möglich, daß Unachtsamkeit einer beim Abfüllen tätigen Hilfskraft zur Verunreinigung der Flaschen geführt hat. Es hält das Verfahren, Gefäße über 500 ccm, also auch die an Dr H. gelieferten Flaschen, mittels Umschüttens von Hand abzufüllen und sie nicht, wie dies bei den kleineren Gefäßen geschieht, mittels einer Apparatur zu füllen, für eine "ältere Methode", die zwar 163 noch "tragbar", aber verbesserungsbedürftig sei. Für dieses Von-HandAbfüllen müsse zumindest eine entsprechend höhere "Arbeitskapelle" mit UVAusleuchtung konstruiert werden. Außerdem müsse die "bescheidene apparative Ausstattung" des Betriebes erweitert werden, indem Trockensterilisatoren angeschafft würden, damit die zu füllenden größeren Gefäße besser, vor allem ohne längere Unterbrechung sterilisiert werden könnten. Prof Dr E. hat ferner darauf hingewiesen, daß mangels Temperaturund Druck*-schreiber nicht kontrolliert werden konnte, ob die beim Autoklavieren erforderliche hohe Temperatur auch wirklich erreicht wurde. Er hat daher die Verwendung von Farbumschlag-Röhrchen empfohlen. Außerdem hat er geraten, den Abfüllraum von Zeit zu Zeit durch Aufstellen von Agar- oder Blut*-platten auf seinen Keimgehalt zu prüfen. 42 Der Gutachter meint nun zwar trotz dieser Verbesserungsvorschläge, die Herstellungsmethoden der Beklagten seien "nicht unzulänglich" und "erfüllten die Normalanforderungen". Auch die Abfüllmethode verbürge ein ausreichendes Maß an Sicherheit, wenn sie auch verbesserungsbedürftig sei. Abschließend meint er, die Beklagte habe keine der notwendigen Sicherungsmaßnahmen fahrlässig außer acht gelassen. Die bakterielle Verunreinigung könne zwar durch mangelnde Beachtung der gebotenen Vorsichtsmaßnahmen verursacht, könne aber trotz Beachtung dieser Maßnahmen eingetreten sein. 43 b) Dieser Auffassung des Sachverständigen über das Maß der erforderlichen Sorgfalt kann nicht gefolgt werden. Auch er geht davon aus, daß bei der Herstellung von Impfstoffen, bei denen lebende Viren abgeschwächt werden müssen, ein "höchstmögliches Maß an Sicherheit" verlangt werden muß. Eben deshalb unterliegen Impfstoffwerke strenger staatlicher Überwachung (§ 19 AMG mit den nach Abs 5 noch maßgebenden landesrechtlichen Vorschriften). die von Prof Dr E. angeführten Mängel in der Ausstattung des Betriebes des Beklagten, vor allem hinsichtlich des Abfüllens von Hand, stehen einer Feststellung entgegen, daß der Leitung der Beklagten keine fahrlässigen Versäumnisse zur Last fielen. Die von ihm empfohlenen Änderungen lagen keineswegs fern und stellten an die Beklagte weder technisch noch finanziell unzumutbare Anforderungen. Es ist nicht auszuschließen, daß diese zusätzlichen Sicherungsmaßnahmen die Abfüllung gefährlichen Impfstoffes verhütet hätten. Gelegentlich wird sogar der Fehler vermutet (BGHZ 104, 323 – explodierende Limonadenflasche), wenn der Prüfungsbefund nicht gesichert worden ist. a) Produkthaftung nach dem BGB aa) Fehlertypen: (1) Konstruktionsfehler 164 Bspl.: Klapphocker, OLG Celle VersR 1978, 258 (2) Fabrikationsfehler Ausnahme: sog. Ausreißer (ganz seltene Fehler, die sich nach dem Fertigungsstandard ganz einfach nicht vermeiden lassen. (3) Instruktionsfehler Vermutung, dass eine gebotene Instruktion befolgt worden wäre (BGHZ 64, 46). (4) Produktbeobachtung und Rückruf bb) Zweipersonenverhältnis: „Weiterfresser“ b) ProdHaftG § 1 Abs. 1 ProdHaftG regelt aufgrund einer europarechtlichen Richtlinie die Produkthaftung als Anspruchsgrundlage. § 1 Abs. 1 S. 2 ProdHaftG betrifft unsere „Stoffgleichheit“ und löst die Frage im Gegensatz zur deutschen Rechtsprechung (str.). Es ist streitig, ob es sich bei der Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz um eine Gefährdungshaftung oder um eine sonstige objektive Haftung (m. E. zutreffend), ja sogar um eine Verschuldenshaftung handelt. Zentralbegriff des Produkthaftungsgesetzes ist der des Fehlers, der in § 3 ProdHaftG umschrieben wird. Er deutet auf eine objektive Sorgfaltswidrigkeit hin. Im Gegensatz zum BGB haftet unter Umständen auch der Zwischenhändler nach § 4 Abs. 3 ProdHaftG, wenn er seine Bezugsquelle nicht benennen kann. c) § 74 AMG und § 27 GentechnikG Spezialkenntnisse sind hier nicht erforderlich. Wichtig ist: Die Produkthaftung nach dem BGB gilt immer neben dem Produkthaftungsgesetz, dem AMG und dem GentechnikG. Soweit das AMG anwendbar ist, ist die Anwendbarkeit des ProdhaftG ausgeschlossen, § 15 Abs. 1 ProdHaftG. Das AMG geht auch dem GentechnikG vor, § 37 GentechnikG. II. § 823 Abs. 2 BGB 1. Begriff des Schutzgesetzes a) Gesetz Vor allen anderen inhaltlichen Voraussetzungen verlangt § 823 Abs 2 die Verletzung eines Gesetzes. Dieser Begriff schließt nach allgemeiner Ansicht zunächst einmal an denjenigen der Legaldefinition des Art 2 EGBGB an. Es gilt der sog materielle Gesetzesbegriff. Gesetz ist mithin jede Rechtsnorm iS der Rechtsquellenlehre, die 165 eine abstrakt-generelle Anordnung (Imperativ) in Bezug auf menschliches Verhalten zum Gegenstand hat. Erforderlich ist, dass die in Betracht gezogene Norm vom Staat selbst oder zumindest Rechtssetzungsbefugnis aufgrund erlassen einer wurde. Daher vom Staat sind die verliehenen von privaten Normungsverbänden aufgestellten technischen Normen keine Rechtsnormen mit Schutzgesetzqualität, und nicht anders steht es im Fall von bloßen Vereinssatzungen, den VOB und sonstigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Gesetze können aber jedenfalls sein: alle Gesetze im formellen Sinne bis hin zu Staatsverträgen sowie Entscheidungen des BVerfG im Rahmen von § 31 Abs. 2 BVerfGG. Auch untergesetzliche Rechtsnormen wie Rechtsverordnungen und Satzungen werden vom Rechtsnormbegriff des § 823 Abs 2 erfasst, vorausgesetzt, die Norm ist im Rahmen der staatlichen Rechtssetzungsbefugnis erlassen worden. Eine solche Norm muss, um wirksam zu sein, insbesondere mit höherem Recht vereinbar sein. Unter diesen Voraussetzungen kommen auch Tarifverträge (vgl. § 1 TVG) und Berufsordnungen im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung des erlassenen Berufsverbandes als Schutzgesetze in Betracht. Fraglich und umstritten ist die Einordnung von Verwaltungsakten im Rahmen von § 823 Abs 2. Zum Teil wird Verwaltungsakten schlechthin jede Bedeutung im Rahmen von § 823 Abs 2 abgesprochen. Die Gegenmeinung im Schrifttum spricht Verwaltungsakten Schutzgesetzqualität offenbar ohne weiteres zu. Zutreffend erscheint eine modifizierte Auffassung. Auszugehen ist davon, dass der Begriff des Verwaltungsaktes (vgl § 35 VwVfG) im Gegensatz zur abstrakt-generell regelnden Rechtsnorm steht. Bezieht man neben dem Verwaltungsakt auch die Ermächtigungsgrundlage ins Blickfeld mit ein und sieht diese als Schutzgesetz an, so verflüchtigen sich jedenfalls im Hinblick auf den Rechtsnormbegriff die Bedenken. Es bleibt zu klären, ob auch rechtswidrige Verwaltungsakte die Ermächtigungsgrundlage aktualisieren. Die eigentliche Ermächtigungsgrundlage ist dann überschritten; auf sie kann an sich nicht mehr zurückgegriffen werden. Doch liegt auf der Hand, dass sich etwa der herannahende Verkehrsteilnehmer auch dann an ein Verkehrszeichen (Vorfahrtsregelung oä) halten muss, wenn dieses rechtswidrig aufgestellt worden ist. Indes sind die §§ 43 Abs 2 und 3, 44 VwVfG bzw die vergleichbaren Bestimmungen der Ländergesetze als Rechtsnorm hinzuzunehmen. An sich erfasst der Begriff der Rechtsnorm iS des Art 2 EGBGB auch Sätze des Gewohnheits- und Richterrechts. Kaum erörtert und meist übergangen ist jedoch 166 die Frage, ob Normen des Richter- und Gewohnheitsrechts auch als "Schutzgesetze" herangezogen werden können. In Gerichtsentscheidungen ist das bislang noch nie geschehen. Die darin zum Ausdruck kommende Praxis erscheint zutreffend. Denn mit der Anerkennung von Normen des Richterrechts (und darauf typischerweise beruhendem Gewohnheitsrecht) als Schutzgesetze würde der Rechtsprechung die Befugnis eingeräumt, über § 823 Abs 2 selbständig Verhaltenspflichten zu kreieren und ins Deliktsrecht zu introdizieren, die auch solche Interessen erfassen, welche sonst im Deliktsrecht nicht geschützt sein würden. Genau das wollte der historische Gesetzgeber durch die Ablehnung einer deliktsrechtlichen Generalklausel vermeiden, und nichts spricht dafür, dass sich dieser Wille etwa über eine Änderung des Normenumfeldes geändert haben würde. Generelles Erfordernis für jedes Schutzgesetz ist, dass die Norm ein Ge- oder Verbot ausspricht. Dieses Erfordernis folgt aus dem Tatbestandsmerkmal des "Verstoßes". b) Schutzzweck Weil nach dem Wortlaut des § 823 Abs 2 Satz 1 das in Bezug genommene Gesetz "den Schutz eines anderen" zu bezwecken hat, ist es erforderlich, dass die Schutznorm nicht lediglich dem Schutz der Allgemeinheit, sondern zumindest reflexhaft auch dem Schutz von Einzelpersonen dienen soll. Es ist heute weitgehend anerkannt, dass auch Normen, die zunächst einmal nur dem Allgemeininteresse dienen, daneben auch Individualschutz verfolgen können. Wie mit Recht hervorgehoben wird, kommt es hierzu darauf an, dass die Norm nach der ihr im Regelungszusammenhang zukommenden Funktion einem gezielten Individualschutz dient. Dabei ist es nicht erforderlich, dass dies die einzige Aufgabe des Gesetzes ist; es genügt vielmehr, dass sie zu einem anderen Normzweck hinzutritt (wie zu dem eines Schutzes der Allgemeinheit). Dagegen reicht es nicht aus, wenn sich eine Norm zwar zum Vorteil bestimmter Personen oder Personengruppen auswirkt, hierauf aber nach ihrer Ordnungsfunktion nicht abzielt. Allerdings führt das Erfordernis der Feststellung generellen Individualschutzcharakters nur im negativen Sinn weiter (und ist deshalb gelegentlich kritisiert worden): Ist ein solcher Individualschutzzweck unter keinem Aspekt erkennbar, scheidet ein Anspruch aus § 823 Abs 2 iVm dieser Norm aus. Das Erfordernis des generellen Individualschutzcharakters des Gesetzes hat also nur negativ Filterfunktion. Es ist 167 daher eher eine Geschmacksfrage, ob man die Frage nach einem generellen Individualschutzzweck einer Norm sogleich in die Prüfung des persönlichen, gegenständlichen oder sachlichen Schutzbereichs integriert. Jedenfalls wird der Kreis der potentiell bezogenen Schutzgesetze durch dieses Kriterium nur sehr begrenzt ausgedünnt. Im übrigen können selbst Vorschriften, die Institutionenschutz bezwecken, zugleich auch dem Individualschutz dienen, was bis hin zu fiskalischen Interessen einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder eines öffentlichrechtlichen Sondervermögens reicht. Ebenso ist die Steuerhinterziehung nicht deshalb als Schutzgesetz auszuscheiden, weil die Norm lediglich Allgemeininteressen schützen, sondern lediglich deshalb, weil das Steuerrecht die Durchsetzung von Steuerschulden selbst abschließend regelt. Nicht überzeugend ist weiter die Auffassung des BGH (BGHZ 100, 13, 17), § 267 StGB (Urkundenfälschung) sei kein Schutzgesetz, weil die Norm nur die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Rechtsverkehrs mit Urkunden schützen wolle. Denn über den Schutz der Sicherheit und Zuverlässigkeit des Rechtsverkehrs vor unechten Urkunden werden handfest Individualinteressen der am Rechtsverkehr Beteiligten geschützt. Hinter der Entscheidung des BGH steht letztlich das Bestreben, deliktischen Vermögensschutz, der über §§ 826, 823 Abs 2 BGB iVm § 263 StGB (Betrug) hinausreicht, zurückzudrängen, weil die Urkundenfälschung als abstraktes Gefährdungsdelikt keine (und sei es auch nur bedingt) vorsätzliche Schadenszufügung verlangt. Doch liegt gerade in der Vorverlagerung des deliktischen Schutzes ein Kennzeichen von § 823 Abs 2. Ausschließlich der Ordnung des Staatsganzen und nicht dem Individualschutz dienen dagegen etwa die Vorschriften über Friedensverrat, Hochverrat, Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates, Landesverrat und Gefährdung der äußeren Sicherheit. Auch das Verbot der Verbreitung pornographischer Schriften drückt wohl nur allgemeine Wertvorstellungen bzw den Anspruch der Allgemeinheit auf Achtung von Werten und Ordnungen der Gemeinschaft aus, so dass kein haftungsrechtlich relevanter Individualschutzzweck festgestellt werden kann. Keinen Individualschutz verfolgt weiter § 258 StGB (Strafvereitelung); denn hierdurch wird allein die Strafrechtspflege geschützt (BGHSt 43, 82, 84). In ständiger Rspr heißt es, eine Haftung wegen Schutzgesetzverletzung erfordere, dass sie im Licht (oder im Rahmen) des haftpflichtrechtlichen Gesamtsystems als tragbar erscheine. Richtigerweise kommt es entgegen der Rspr 168 nicht auf die Tragbarkeit der Haftung im Lichte des deutschen Deliktsrechts der §§ 823 ff an, sondern vielmehr darauf, ob ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs 2 iVm dem betreffenden Schutzgesetz Widersprüche und Unstimmigkeiten zu anderen, vom Gesetzgeber schon explizit ausformulierten oder gerade im negativen Sinn bewusst nicht normierten versagten Schadensersatzansprüchen heraufbeschwören würde. Ob der Regelungszusammenhang eines potentiellen Schutzgesetzes eine Ergänzung durch die Schadenshaftung des Deliktsrechts zulässt, ist im Allgemeinen zunächst einmal nach außerdeliktsrechtlichen Wertungen zu beurteilen. Daher wird § 823 Abs 2 etwa durch das UWG (§§ 8, 9 UWG) verdrängt, soweit es um den Schutz von Mitbewerbern geht. Auch Normen, die vertragliche Beziehungen zwischen den am Vertrag beteiligten Personen regeln - zumal solche des BGB selbst –, sind regelhaft aus systematischen Gründen nicht als geeignete Schutzgesetze anzusehen. Von vornherein sinnlos ist es ferner, Schadensersatzansprüche ihrerseits als Schutzgesetze anzusehen; dies wäre – schon aufgrund unterschiedlicher Verjährungsfristen – geradezu systemsprengend. Auch die Heranziehung namentlich strafrechtlicher Erfolgsdelikte (etwa §§ 212, 222, 223, 229 StGB), die gemeinhin als Schutzgesetze anerkannt werden, schadet zwar nichts, macht aber wenig Sinn. Die in diesen Vorschriften enthaltenen Verhaltensnormen (in Form von Gefährdungsverboten) sind bereits in § 823 Abs 1 konkretisiert. Im Übrigen verlangen Straftatbestände im Allgemeinen in subjektiver Hinsicht, aber auch bei der objektiven Zurechnung ein Mehr gegenüber der Haftung aus § 823 Abs 1 BGB. c) Schutzbereich Unstreitig sind neben der Kausalität iS der Äquivalenztheorie zur Bestimmung der Haftungsreichweite weitere Wertungen erforderlich, die der Feststellung der objektiven Zurechnung dienen. Schon aus dem Wortlaut des § 823 Abs 2 folgt, dass das geltend gemachte Interesse im Schutzbereich des Schutzgesetzes liegt; § 823 Abs 2 Satz 1 spricht davon, dass das Schutzgesetz den Schutz "eines anderen" zu bezwecken hat. Trotz mancher grundsätzlicher Bedenken, die gegen die Normzwecklehre geltend gemacht worden sind, ist ihre Berechtigung jedenfalls innerhalb von § 823 Abs 2 unstreitig. Der eindeutige Wortlaut wird überdies durch die Entstehungsgeschichte unterstrichen. Herrschend geworden ist die bereits von Rümelin (AcP 90 [1900], 171, 304 ff.), eingeführte Auffächerung in den persönlichen Schutzbereich, den sachlich-gegenständlichen (ausgerichtet am verletzten Recht 169 oder Rechtsgut bzw Interesse) Schutzbereich und den modalen Schutzbereich, der die Art und Weise der Schädigung erfasst. Das sollte indes nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Zuordnung von Einzelfällen als Problem der einen oder anderen Auffächerung des Schutzbereichs durchaus oft unklar geblieben ist. So wird § 248 b StGB (Gebrauchsanmaßung): Die überwiegende Auffassung konkretisiert den Schutzbereich personenbezogen (mit dem Ergebnis, dass nur Gebrauchsberechtige, also Eigentümer oder sonstige Nutzungsberechtigte von der Norm geschützt sind). Vereinzelt wird aber auch das Schutzgut (und damit die Prüfung des sachlich-gegenständlichen Schutzbereichs) in den Vordergrund gestellt, weil es um die Gebrauchsmöglichkeit des Fahrzeugs gehe. Trotz der dadurch sichtbar werdenden strukturellen Unschärfe kann an der Aufgliederung festgehalten werden. Denn die Aufgliederung der drei Elemente des Schutzbereichs macht deren Konkretisierung trotz ihrer Unschärfen in Randbereichen faßlicher und leichter handhabbar. Würde auf die Prüfung einer der drei Teilfragen verzichtet, bestünde die Gefahr, dass ein wesentliches Wertungskriterium vernachlässigt oder gar ganz übersehen wird. tatbestandsbildende Im Übrigen Funktion kommt zu. der Ermittlung Namentlich der des Schutzbereichs sachlich-gegenständliche Schutzbereich enthält eine dem haftungsbegründenden Verletzungserfolg iS von § 823 Abs 1 vergleichbare Filterfunktion bei der Prüfung der geltend gemachten Positionen der Schadensberechnung. So gesehen bezieht sich der Schutzbereich des Schutzgesetzes zumeist auf einen Verletzungserfolg bzw einen "ersten" Schaden. Demgegenüber ergibt sich die objektive Zurechnung von Folgeschäden, die über das personal und konkret geschützte und verletzte Interesse vermittelt werden, vor allem aus Wertungen bzw dem "Schutzbereich" anderer Normen oder Normenkomplexe. (1) Persönlicher Schutzbereich (2) Sachlicher Schutzbereich (3) Modaler Schutzbereich 2. Verschulden und Verschuldensbezug Mit der Frage, ob der in Anspruch Genommene gegen das betreffende Schutzgesetz verstoßen hat, verbindet sich die Frage, welche Voraussetzungen der Schutznorm erfüllt sein müssen, um einen "Verstoß" dagegen bejahen zu können. Insbesondere im Kontext von Normen des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts 170 stellt sich die weitere Frage, ob hierfür die Maßstäbe und Kriterien des Schutzgesetzes oder des zivilen Deliktsrechts heranzuziehen sind. Wie sich aus § 823 Abs 2 Satz 2 ergibt, ist jedenfalls zumindest zivilrechtliches Verschulden in Bezug auf den Verstoß gegen das Schutzgesetz erforderlich. Im Übrigen sind die mit der Reichweite der Verweisung zusammenhängenden Fragen unklar und umstritten. Zu folgen ist der Auffassung, die jeweiligen Einzelfragen in dem Sinne zu beantworten, dass sich die Anforderungen aus dem Kontext des betreffenden Schutzgesetzes und des Rechtsgebietes, aus dem es stammt, in die Ordnungsaufgaben und Wertungszusammenhänge des Haftungsrechts einfügen lassen müssen. Auslegungsschranken des Schutzgesetzes, etwa das Analogieverbot des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts, sind auch im Rahmen von § 823 Abs 2 zu beachten. Nach hM hat sich das Verschulden nur auf den Schutzgesetzverstoß selbst zu beziehen. Hinsichtlich der sich aus der Tatbestandsverwirklichung ergebenden Folgeschäden ist dagegen ein Verschulden nicht erforderlich. Eine Verletzung des Betroffenen braucht dementsprechend vom Verschulden nur umfasst zu werden, wenn und soweit sie – wie etwa im Falle der Körperverletzung nach StGB § 229 – selbst zu den Tatbestandsvoraussetzungen des Schutzgesetzes gehört (und sich also nicht als eine bloße Folge der Tatbestandsverwirklichung darstellt). Das ist im Schrifttum allerdings kritisiert worden. Für die Verkürzung des Verschuldensbezugs spricht indes nicht nur der Wortlaut des § 823 Abs 2 Satz 2, sondern auch dessen Zweck. Ungewöhnlich oder dem deutschen Haftungsrecht gar fremd ist die Verkürzung des Verschuldensbezugs jedenfalls nicht; auch § 280 Abs. 1 BGB lässt die bloß schuldhafte Normübertretung ausreichen, so dass – wenn man so will – hier wie dort die haftungsrechtliche "Verteidigungslinie der Rechtsordnung vorverlegt" und eine Verschiebung der Zurechnungselemente in Richtung auf eine Verobjektivierung der Haftung vorgenommen wird. Es fällt schwer, einen Sachgrund dafür zu finden, warum diese Frage im Rahmen von § 823 Abs 2 anders als in § 280 Abs 1 zu beantworten sein soll, obwohl die Problemlage von der Normstruktur her (Pflichtverletzung einerseits, Schutzgesetzverletzung andererseits) ähnlich ist. Ohnedies ist die Relevanz der sog Verkürzung des Verschuldensbezugs gering. Als Beispiel mag immerhin der Fall in BGH VersR 1954, 102 dienen. Der Beklagte hatte nach dem Zweiten Weltkrieg Sprengkapseln verbotswidrig nach Hause geschafft. Nachdem sein Bruder abredewidrig eine Zusage, die Sprengkapseln zu vernichten, 171 nicht eingehalten hatte, obwohl sich der Beklagte auf diese Zusage offenbar ohne Schuld verlassen durfte, kam es zu einer Verletzung eines Kindes, das sich zu einer Sprengkapsel Zugang verschafft hatte und sie mit Feuer anzündete. Schon der ursprüngliche verschuldete, vorsätzliche Besitz von Sprengstoff löste die Haftung aus; auf die Vorhersehbarkeit der späteren Verletzungen kam es nicht an. Allgemein anerkannt ist, dass die Verschuldensform des Schutzgesetzes heranzuziehen ist. Ebenso steht es, wenn das Schutzgesetz qualifizierende Anforderungen stellt, etwa Absicht, grobe Fahrlässigkeit oder Leichtfertigkeit verlangt. Anders als die Verschuldensform ist der Verschuldensmaßstab (etwa der subjektive Fahrlässigkeitsmaßstab des Strafrechts) des Schutzgesetzes nach zutreffender hM nicht ins zivile Haftungsrecht der Schutzgesetzverletzung zu übernehmen. Es gilt also der im Zivilrecht herrschende objektive Fahrlässigkeitsmaßstab im Rahmen von § 823 Abs 2 Satz 2. Für diese Auffassung spricht, dass im Zivilrecht keine täterausgerichtete Bestimmung des Maßstabs strafund ordnungswidrigkeitsrechtlichen Verschuldens, die zum dortigen subjektiven Verschuldensmaßstab geführt hat, Maß gibt. Vielmehr sind der Ausgleichsgedanke und die Interessen (auch) des Geschädigten leitend für den prinzipiell objektiven Fahrlässigkeitsmaßstab des zivilen Deliktsrechts. Soweit es um die Haftung und nicht um die staatliche Strafsanktion geht, erscheint daher der objektive oder objektivierende Maßstab des Zivilrechts geeigneter. Entschuldigungsgründe sind – anders als Rechtfertigungsgründe – nicht dem Strafrecht zu entnehmen. Daher gelten auch im Fall der Heranziehung von Straftatbeständen nicht die strafrechtlichen Regelungen der Schuldfähigkeit (§§ 19-21 StGB, §§ 1, 3 JGG). Vielmehr gelten die §§ 827 f. BGB als eigene, vorrangige deliktsrechtliche Regelung. III. § 826 BGB Bei § 826 BGB handelt es sich um eine der drei kleinen deliktsrechtlichen Generalklauseln. Manche sprechen sogar von der eigentlichen Generalklausel des deutschen Deliktsrechts, weil es keine Enumeration wie in § 823 Abs. 1 BGB gibt. § 826 hat Entwicklungsfunktion, weil auf neue Praktiken reagiert werden kann, und Überwindungsfunktion, weil eine formal bestehende Rechtsposition über § 826 BGB überwunden werden kann. 1. Schaden Es gelten die §§ 249 ff. BGB. 172 2. Sittenwidriges Verhalten Es gilt im Prinzip Ähnliches wie im Rahmen des § 138 BGB. Sittenwidrig ist nach einer üblichen Leerformel ein Verhalten, dass gegen das Anstandsgefühl aller Billig und Gerecht Denkenden verstößt. Wertungen der Grundrechte sind bei der Ausfüllung dieser („kleinen“) Generalklausel zu berücksichtigen. 3. Kausalität und Zurechnung Äquivalente Kausalität ist jedenfalls zu verlangen (unter Einbeziehung der psychisch vermittelten Kausalität). Ob Einschränkungen über den Schutzbereich angezeigt sind, ist zweifelhaft und zum Teil streitig, aber im Ergebnis zu bejahen. Auch wird regelmäßig für den ersten inadäquaten Schaden gehaftet. Zu bedenken ist die Präventionsfunktion des § 826 BGB. 4. Vorsatz Eventualvorsatz sowie bloße Tatumstandskenntnis im Hinblick auf die Sittenwidrigkeit reicht aus. Die Bewertung eines Verhaltens als sittenwidrig ist nicht erforderlich. 5. Wichtige Fallgruppen – Täuschung Klassisches Bspl.: Gebrauchtwagenhändler sagt dem Interessenten nicht, dass er den Wagen nicht geprüft hat, vertraut aber darauf, dass das Fahrzeug fehlerfrei ist). Die Rechtsprechung meint, hier würden Angaben „ins Blaue hinein“ gemacht, woraus Eventualvorsatz folge. In der Literatur wird dies zum Teil kritisch gesehen. Weiteres Beispiel für die Täuschung: BGHZ 97, 372: kein Anspruch auf § 826 BGB, wenn der Partner der ehelichen Partnerin über die Einnahme von empfängnisverhütenden Mitteln getäuscht worden ist. Grund: Unterhaltsinteressen des Kindes. BGHZ 97, 372 Leitsätze: 1. Eine unter Partnern einer nichtehelichen Gemeinschaft getroffene Abrede über den Gebrauch empfängnisverhütender Mittel berührt den engsten persönlichen Freiheitsbereich und ist einer rechtsgeschäftlichen Regelung nicht zugänglich. Hält sich einer der Partner nicht an eine solche Abrede, so kann daraus auch dann kein vertraglicher Schadensersatzanspruch hergeleitet werden, wenn er dies dem anderen nicht mitteilt. 2. Der Intimbereich zweier volljähriger Partner, die beim freiwilligen Geschlechtsverkehr nicht nur ihr sexuelles Bedürfnis befriedigen, sondern das Entstehen von Leben verantworten, unterliegt im Falle der Geburt eines 173 Kindes grundsätzlich auch dann nicht dem Deliktsrecht, wenn der eine Partner dabei den anderen über die Anwendung von empfängnisverhütenden Maßnahmen getäuscht hat. Tatbestand: 1 Die Kläger waren Prozeßbevollmächtigte des Beklagten in einem von diesem gegen Frau S. vor dem Amts- und Landgericht Krefeld geführten Rechtsstreit (Vorprozeß). Mit der Klage verfolgen sie ihren Gebührenanspruch. Der Beklagte macht geltend, zur Zahlung nicht verpflichtet zu sein, weil die Kläger ihm wegen Verletzung ihrer anwaltlichen Pflichten schadensersatzpflichtig seien. 2 Der unverheiratete Beklagte lebte seit Ende 1977 mit der damals 18 Jahre alten, ledigen Frau S. zusammen. Er bezeichnet das damalige Verhältnis als eheähnliche Lebensgemeinschaft. Die Partner waren sich zumindest bis Ende 1980 darüber einig, daß aus ihren Beziehungen kein Kind hervorgehen und Frau S. empfängnisverhütende Medikamente einnehmen solle. Im Dezember 1980 setzte Frau S. diese ab. Dies teilte sie dem Beklagten nicht mit. Als er im März 1981 von ihrer Schwangerschaft erfuhr, zerbrach das Verhältnis. Am 3. November 1981 wurde das Kind Sv. S. geboren. Es ist rechtskräftig festgestellt worden, daß der Beklagte dessen nichtehelicher Vater ist. Er wurde zur Zahlung des Regelunterhalts verurteilt. In dem Vaterschaftsprozeß hatten die Kläger den Beklagten vertreten. Frau S. hatte als Zeugin ausgesagt, sie habe unbedingt ein Kind von dem Beklagten haben wollen und daher "die Pille" nicht mehr genommen. 3 Der Beklagte war der Auffassung, er könne von Frau S. Schadensersatz verlangen, und beauftragte die Kläger mit der Wahrnehmung seiner Interessen. Er informierte sie dahin, daß seine mit Frau S. getroffene Vereinbarung, keine Kinder haben zu wollen, auch zur Zeit der Empfängnis von Sv. gegolten habe. Frau S. habe "die Pille" vorsätzlich abgesetzt, um von ihm ein Kind zu bekommen und ihn zur Heirat zu bewegen. Sie habe einer Zeugin gegenüber eingestanden, ohne sein Wissen und gegen seinen Willen "die Pille" abgesetzt und ihn dabei "ganz schön reingelegt zu haben". 4 Die Kläger sahen unter dem Gesichtspunkt einer Vertragsverletzung Erfolgsaussichten für ein Klagebegehren auf Erstattung des dem Kind zu zahlenden Regelunterhalts. Sie gingen dabei davon aus, Sv. S. sei im Sinne der Entscheidungen des VI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 18. März 1980 (BGHZ 76, 249; 259) ein aus Gründen der Familienplanung unerwünschtes Kind. Sie rieten dem Beklagten deshalb zu einer Klage gegen seine frühere Gefährtin. 174 5 In der im Dezember 1982 anhängig gemachten Klage stellten die Kläger unter Beweisantritt den ihnen von dem Beklagten geschilderten Sachverhalt dar. Sie führten aus, daß nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von einem Schaden auszugehen und der Vertrag über die empfängnisverhütenden Maßnahmen wirksam sei. Zusammenfassend legten die Kläger dar: 6 "Wenn dann die Beklagte, wie eingeräumt, ohne Wissen des Klägers und gegen die getroffene Vereinbarung sich entschließt, die Pille abzusetzen, um ein Kind zu bekommen, dessen Vater der Kläger ist, so stellt dies ein schadensersatzverpflichtendes vertragswidriges Verhalten dar". 7 Das Amtsgericht hielt die Klage nicht für schlüssig und wies sie ab. Es bezweifelte einen rechtlichen Bindungswillen von Frau S., die Vereinbarkeit eines eventuellen Rechtsgeschäfts mit § 138 BGB und hielt einen Vertrag jedenfalls gemäß § 306 BGB für nichtig, weil die Einnahme eines empfängnisverhütenden Medikaments keinen sicheren Schutz vor einer Empfängnis bieten könne. Ansprüche aus § 823 f BGB verneinte das Gericht. 8 In ihrem Schreiben, mit dem die Kläger den Beklagten über den Verlust des Rechtsstreits in der ersten Instanz informierten, erklärten sie dies damit, daß das Gericht "sich offensichtlich nicht an die auch heikle Frage in der Bewertung des Vertrages herangewagt" habe. Sie fuhren fort, es sei "sinnvoll und unbedingt erforderlich, gegen dieses Urteil Berufung einzulegen". Der Beklagte erteilte dazu Auftrag. Die Kläger begründeten die Berufung unter Wiederholung ihrer bisher vorgetragenen Rechtsauffassung. Nachdem das Berufungsgericht den Streitwert heraufgesetzt hatte, kamen dem Beklagten Bedenken, ob es im Hinblick auf die schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse der von Sozialhilfe lebenden Frau S. sinnvoll sei, das Berufungsverfahren weiter durchzuführen. Er bat die Kläger dazu um Rat und fragte, ob es nicht eventuell so sei, daß ihm "laut Rechtsprechung" ein Schadensersatz zustehe, er diesen jedoch "mangels Masse" nie erhalte. Die Kläger antworteten, daß selbst bei einem obsiegenden Urteil die Möglichkeiten einer Vollstreckung sehr gering seien. Der Beklagte erwiderte: "Nur aus Kostengründen würde ich die Berufung zurückziehen. Andererseits würde ich gerne zu meinem Recht kommen, um dadurch gewissermaßen ein Exempel zu statuieren". Die Kläger nahmen die Berufung im Auftrag und Namen des Beklagten zurück. Sie berechneten ihre Gebühren auf der Grundlage eines Streitwerts von 15.000 DM und forderten für ihre Tätigkeit in der ersten und zweiten Instanz 2.639,30 DM abzüglich eines gezahlten Vorschusses von 500 DM. Der Beklagte wandte ein, die Kläger seien ihm durch die Führung des aussichtslosen Vorprozesses schadensersatzpflichtig geworden; dies schließe die Geltendmachung ihrer Gebührenforderung aus. In dem vorliegenden 175 Rechtsstreit machen die Kläger ihren Gebührenanspruch geltend. Mit seiner Widerklage begehrt der Beklagte die Zahlung von 926 DM für von ihm gezahlte Verfahrenskosten sowie Freistellung von den von ihm noch nicht beglichenen Kostenforderungen der Frau S. und der Landeskasse. 9 Das Landgericht wies die Klage ab und gab der Widerklage statt. Das Oberlandesgericht wies die Berufung der Kläger zurück. Mit der zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren und den Antrag auf Zurückweisung der Widerklage weiter. Entscheidungsgründe 10 I. Das Berufungsgericht bestätigt die Klageabweisung, weil der Beklagte gemäß § 242 BGB nicht dazu verpflichtet sei, den mit der Klage geltend gemachten Honoraranspruch zu erfüllen. Die Kläger seien ihm wegen schuldhafter Verletzung anwaltlicher Pflichten schadensersatzpflichtig. 11 Das Berufungsgericht geht davon aus, daß ein Rechtsanwalt den ihm mitgeteilten Sachverhalt auf die rechtlichen Aussichten des Begehrens des Mandanten überprüfen müsse, diesen über eine Aussichtslosigkeit aufzuklären habe und ihm von der klageweisen Geltendmachung unbegründeter Ansprüche entschieden abraten müsse. 12 Der Vorprozeß sei aussichtslos gewesen. Ein Schadensersatzanspruch des Klägers folge nicht schon aus den Gründen der von dem Bundesgerichtshof am 18. März 1980 (BGHZ 76, 249; 259) entschiedenen sogenannten Sterilisationsfälle. In jenen Fällen hätten die Eltern aus Anlaß der Geburt eines ihnen beiden unerwünschten Kindes von dem Arzt als einem Dritten, mit dem sie einen wirksamen Vertrag geschlossen hätten, Ersatz ihres Unterhaltsaufwands verlangen können. Diese Entscheidungen enthielten keine Anhaltspunkte, die es erlaubten, die dort dargestellten Grundsätze auch in den Fällen anzuwenden, in denen eine von den Partnern geplante Empfängnisverhütung mißglückt sei. In diesen Fällen würde mit der Gewährung eines Schadensersatzanspruchs unzulässigerweise in die im Rahmen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts geschützte Intimsphäre des Partners eingegriffen. Im Rahmen der vorzunehmenden umfassenden Würdigung müsse das Interesse des Beklagten gegenüber dem Anspruch auf Respektierung dieses Persönlichkeitsbereichs zurücktreten. Es könne daher offen bleiben, ob eine Vereinbarung über die Empfängnisverhütung zwischen Partnern einer eheähnlichen Gemeinschaft überhaupt rechtlich wirksam oder gemäß § 306 BGB oder nach § 138 BGB nichtig sei. Diese naheliegenden rechtlichen Gesichtspunkte hätten die Kläger bei ihrer Beratung nicht in Betracht gezogen. Das sei ihnen als Verletzung der Pflicht zur gebotenen 176 Sorgfalt gemäß § 276 BGB vorzuwerfen. Sie hätten dem Beklagten von der aussichtslosen Klage abraten müssen. Sie hätten ihn aber statt dessen nicht einmal auf ein besonderes Risiko des Prozesses hingewiesen. 13 II. Dies greift die Revision ohne Erfolg an. 14 1. Wird einem Rechtsanwalt der Auftrag übertragen, angebliche Rechte seines Mandanten gegen einen Dritten zu verfolgen, so obliegt es ihm zu prüfen, ob dessen Begehren bei dem vorgetragenen Sachverhalt Erfolg haben kann (BGH, Urteile v. 17. Januar 1963 - III ZR 145/61, VersR 1963, 387, 388; v. 4. Dezember 1973 - VI ZR 10/72, VersR 1974, 488, 489; v. 8. Dezember 1983 - I ZR 183/81, NJW 1984, 791, 792; v. 16. Oktober 1984 - VI ZR 304/82, NJW 1985, 264, 265; Müller JR 1969, 161, 163, 164). Ist eine Klage praktisch aussichtslos, so muß der Anwalt von der Klageerhebung abraten. Wünscht der Mandant dennoch die Klage, so muß der Anwalt das Prozeßrisiko klar herausstellen. Bleibt der Mandant nach einer solchen eindringlichen Belehrung bei seinem Entschluß, die Klage durchzuführen, so kann der Anwalt dem ohne Verstoß gegen seine Mandatspflicht entsprechen (BGH, Urt. v. 4. Dezember 1973 aaO). Auch dann, wenn das Begehren des Mandanten aufgrund einer gut vertretbaren Rechtsauffassung zwar Erfolg haben kann, die Rechtslage aber dennoch zweifelhaft ist, weil sich etwa eine gefestigte Rechtsprechung noch nicht gebildet hat, muß der Anwalt gegenüber seinem Mandanten Zweifel und Bedenken, zu denen die Rechtslage Anlaß gibt, darlegen und erörtern und die weiteren Schritte von der nach dieser Belehrung zu treffenden Entscheidung des Mandanten abhängig machen (BGH, Urteile v. 21. November 1960 - III ZR 160/59, NJW 1961, 601, 602; v. 17. Januar 1963 aaO; v. 25. Juni 1974 - VI ZR 18/73, NJW 1974, 1865, 1866; BGHZ 89, 178, 182; BGH, Urt. v. 16. Oktober 1984 aaO; Müller aaO; Borgmann/Haug, Anwaltspflichten, Anwaltshaftung, 1979 § 20 3 S. 79). 15 2. Diese Pflichten haben die Kläger verletzt. 16 a) Es ist unstreitig, daß sie dem Beklagten zu dem Rechtsstreit und zur Einlegung der Berufung geraten haben, weil sie sein Begehren für aussichtsreich hielten. Noch in ihrer Berufungsbegründung haben sie ausgeführt, sie hätten ihn dahin belehrt, daß aus der verbindlichen Vereinbarung zwischen ihm und Frau S. Ansprüche und Gegenansprüche entstehen können. Dies ließ den Beklagten noch in der Berufungsinstanz des Vorprozesses davon überzeugt sein, daß ihm "laut Rechtsprechung ein Schadensersatzanspruch zusteht" und daß er nur aus wirtschaftlichen Erwägungen davon absehe, "zu seinem Recht zu kommen". 17 177 b) Der ohne Aufklärung über ein besonderes Risiko gegebene Rat der Kläger zur Durchführung des Vorprozesses wäre allenfalls dann pflichtgemäß gewesen, wenn die Rechtslage zu Zweifeln und Bedenken keinen Anlaß gegeben hätte. So lag der Fall aber nicht. 18 aa) Es bestand keine Aussicht für die Zuerkennung eines vertraglichen Schadensersatzanspruchs aus der Verletzung einer Vereinbarung der Partner, daß aus ihrer Lebensgemeinschaft ein Kind nicht hervorgehen und Frau S. deshalb empfängnisverhütende Medikamente einnehmen solle. 19 Schon das Vorliegen einer entsprechenden rechtsgeschäftlichen Vereinbarung erscheint äußerst zweifelhaft. 20 Ein Rechtsgeschäft kommt durch Abgabe entsprechender Willenserklärungen zustande. Eine Willenserklärung liegt vor, wenn der Erklärende das Bewußtsein hat, eine verbindliche rechtsgeschäftliche Erklärung abzugeben, oder wenn die Erklärung nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte als eine mit rechtlichem Bindungswillen abgegebene Äußerung aufgefaßt werden durfte (BGHZ 91, 324, 327, 329, 330). 21 Die Zusage der Frau S., zur Verhütung einer Schwangerschaft Medikamente nehmen zu wollen, mußte nach der Verkehrssitte nicht ohne weiteres als eine Erklärung verstanden werden, mit der sie sich rechtlich binden wollte. 22 Bestehen für die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft keine rechtlichen oder wirtschaftlichen Hindernisse zur Eingehung einer Ehe - von diesem Fall ist auch hier auszugehen -, so verzichten sie im allgemeinen bewußt auf die mit der Institution der Ehe zur Verfügung stehende rechtliche Ordnung ihrer Beziehungen. Sie wollen ihre freie Partnerschaft nicht Rechtsvorschriften unterordnen (zur üblichen Einstellung betroffener Partner vgl. von Münch, Zusammenleben ohne Trauschein, 1982 S. 146, 147; BGBAK/Münder Anh. § 1302 Rdnr. 9). Im allgemeinen gründen Partner solcher Gemeinschaften ihre Beziehungen daher auf ihre individuellen Vorstellungen von Moral und Anstand sowie auf Gefühl und Vertrauen. Sie wollen für ihre persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen gerade keine rechtliche Regelung (BGHZ 77, 55, 58; BGH, Urteile v. 23. Februar 1981 - II ZR 124/80, FamRZ 1981, 530; v. 16. September 1985 - II ZR 283/84, JZ 1986, 239; MünchKomm/Ulmer BGB 2. Aufl. vor § 705 Rdnr. 53; Palandt/Diederichsen BGB 45. Aufl. Einführung § 1353 Bem. 8 a; Schwab, Die nichteheliche Lebensgemeinschaft, 1978, S. 76; De Witt/Huffmann, Nichteheliche Lebensgemeinschaft, 2. Aufl. Rdnr. 70, 71; a.A. BGB- RGRK/Roth-Stielow 12. 178 Aufl. vor § 1353 Rdnr. 31). Rechtliche Bindungen zur Ordnung vermögensrechtlicher Beziehungen unter den Partnern sind daher die Ausnahme (BGH, Urt. v. 3. Oktober 1983 - II ZR 133/82, FamRZ 1983, 1213, 1214). Noch ferner liegt es nach allgemeiner Vorstellung, daß Partner ihre persönlichen, intimen Beziehungen zum Gegenstand vertraglicher Bindung machen wollen. 23 Die Kläger hatten nicht ermittelt, ob der Beklagte mit Frau S. auch seine übrigen persönlichen und vor allem die beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse vertraglich geregelt hatte. Fehlte eine solche Regelung des Partnerschaftsverhältnisses, so mußte sich aus der Sicht eines objektiven Beurteilers (vgl. dazu BGHZ 21, 102, 107) eine Abrede ausgerechnet über engste persönliche Beziehungen nicht ohne weiteres als gesondert vereinbarte, rechtsverbindlich gewollte Absprache darstellen. 24 In dem Vorprozeß hat das Amtsgericht daher mit Recht bezweifelt, ob bei dem von den Klägern vorgetragenen Sachverhalt ein rechtlicher Bindungswille der Frau S. vorgelegen habe. 25 Selbst wenn aber angenommen werden könnte, Frau S. habe an der Vereinbarung in dem Bewußtsein mitgewirkt, eine verbindliche rechtsgeschäftliche Erklärung abzugeben, so wäre dieses Rechtsgeschäft nicht wirksam, weil der von ihm erfaßte engste persönliche Freiheitsbereich einer vertraglichen Regelung entzogen ist. 26 Zur personalen Würde und zum Persönlichkeitsrecht von Partnern, die miteinander Geschlechtsverkehr haben, gehört es, sich immer wieder neu und frei für ein Kind entscheiden zu können. Sie müssen daher in ihrer Entscheidung, ob sie zur Vermeidung einer Schwangerschaft empfängnisverhütende Mittel gebrauchen, frei bleiben. Diese Entscheidungsfreiheit betrifft den engsten Kern ihrer Persönlichkeit und ihrer Entfaltung in Selbstbestimmung (vgl. auch LAG Hamm DB 1969, 2353, 2354). Daraus folgt, daß ein Partner sich nicht wirksam im voraus zur regelmäßigen Anwendung eines Empfängnisverhütungsmittels rechtsverbindlich verpflichten kann. 27 Wenn der Partner zur Mitwirkung bei der Empfängnisverhütung nicht mehr bereit ist, kann daraus daher auch dann kein vertraglicher Schadensersatzanspruch hergeleitet werden, wenn er dies dem anderen nicht mitteilt, weil auch dadurch seine Intimsphäre unzumutbar berührt würde. 179 28 bb) Entgegen der Auffassung der Revision begründete das von dem Beklagten behauptete Verhalten der Frau S. auch keine Ansprüche aus unerlaubter Handlung. 29 Die §§ 823 ff BGB knüpfen Haftungsfolgen an ein Verhalten, das sittlichen Grundvorstellungen und Ordnungsprinzipien des Gemeinschaftslebens widerspricht (BGB-RGRK/Steffen, 12. Aufl. § 826 Rdnr. 15). Der Intimbereich zweier volljähriger Partner, die beim freiwilligen Geschlechtsverkehr nicht nur ihr sexuelles Bedürfnis befriedigen, sondern das Entstehen von Leben verantworten, unterliegt im Falle der Geburt eines Kindes grundsätzlich auch dann nicht dem Deliktsrecht, wenn der eine Partner dabei den anderen über die Anwendung empfängnisverhütender Maßnahmen getäuscht hat. 30 Dieses ist im vorliegenden Fall darüberhinaus auch durch die Interessen des Kindes geboten. Der Sohn des Beklagten lebt bei seiner Mutter, Frau S., die ihn betreut und erzieht und ihm dadurch gemäß § 1606 Abs. 3 BGB Unterhalt leistet. Er nimmt dabei naturgemäß in allen seinen Lebensbedingungen an den Lebensverhältnissen der Mutter und ihrem Lebensstandard teil. Wegen des Schadensersatzverlangens seines eigenen Vaters müßte er daher bis zum Ende seiner Unterhaltsbedürftigkeit erhebliche persönliche, psychische und wirtschaftliche Beeinträchtigungen erleiden. Das Kind müßte die finanzielle und seelische Belastung der Mutter miterleben und mitempfinden. Besonders schwerwiegend wären diese Auswirkungen im Falle einer zwangsweisen Beitreibung des Anspruchs gegen die Mutter. Möglicherweise würde diese durch ihre im Ergebnis doppelte Unterhaltslast auch zu einem beruflichen Einsatz veranlaßt, der die Belange des Kindes nicht mehr wahrt. Einem Kind, dessen Mutter derartigen seelischen und finanziellen Belastungen ausgesetzt ist, werden die Ursachen dafür nicht verborgen bleiben. Die damit notwendigerweise verbundene Erkenntnis des Kindes, daß es durch seine eigene Existenz eine Haftung der Mutter gegenüber dem Vater ausgelöst hat, betrifft das Kind in der ihm zukommenden Menschenwürde. 31 3. Die Kläger haben ihre vorprozessuale Beratungspflicht schuldhaft verletzt, weil sie die ihnen als Rechtsanwälten ihm Rahmen des Mandatsvertrages obliegenden Sorgfaltspflichten außer acht gelassen haben (§ 276 BGB). Sie haben allgemeine rechtswissenschaftliche Methoden bei der Prüfung der Erfolgsaussicht nicht beachtet und daher die rechtliche Zweifelhaftigkeit des eingeklagten Anspruchs nicht erkannt. Sie haben deshalb auch den Beklagten nicht einmal auf das erhebliche Risiko des Rechtsstreits hingewiesen und in ihm sogar die Vorstellung geweckt, der Anspruch stehe ihm "laut Rechtsprechung" zu. 32 180 Die Kläger haben den Beklagten nach ihrem eigenen Vorbringen auf der Grundlage der Entscheidung des VI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 18. März 1980 (BGHZ 76, 249; 259) beraten. Sie haben damit entscheidende, ohne weiteres erkennbare Unterschiede in der Fallgestaltung verkannt und methodisch ungenau beim Ansatzpunkt ihrer Beratung und ihres Prozeßvortrags auf die Frage abgestellt, ob ein Kind "ein Schaden" sein kann. Die Kläger mögen zwar richtig erkannt haben, daß deliktische Ansprüche als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch nicht in Betracht kommen. Einen vertraglichen Schadensersatzanspruch haben sie aber unzureichend fundiert und daher entscheidende Probleme, die das Prozeßrisiko begründeten, nicht erkannt. Konkrete Anhaltspunkte für einen Rechtsbindungswillen haben sie nicht vorgetragen. Es mußte ihnen aber bekannt sein, daß der Bundesgerichtshof (Urt. v. 24. März 1980 - II ZR 191/79, NJW 1980, 1520, 1521) und ein überwiegender Teil der Literatur (zum Stand der damaligen Diskussion vgl. z.B. Derleder NJW 1980, 545 f) im Verzicht der Partner außerehelicher Gemeinschaften auf die Ehe die Dokumentation ihres Entschlusses zur rechtlichen Ungebundenheit sehen und daher für das Vorliegen eines Rechtsbindungswillens zur rechtsgeschäftlichen Ordnung der vermögensrechtlichen Beziehungen besondere Anhaltspunkte verlangen. Die Kläger mußten daher damit rechnen, daß der Vortrag, die Partner hätten die Kinderlosigkeit ihres Verhältnisses "verbindlichst" vereinbart, nicht ohne weiteres als Darlegung eines dem objektiven Beurteiler nachvollziehbaren Rechtsbindungswillens ausreichen würde. Auch zur rechtsgeschäftlichen Verfügbarkeit des Gegenstandes der Bindung haben die Kläger Bedenken offenbar nicht gesehen; sie haben jedenfalls insoweit keine Prozeßrisiken offengelegt. 33 Die Fallgestaltung der von den Klägern als einschlägig angesehenen Entscheidungen des VI. Zivilsenats zum Schadensersatzanspruch bei fehlgeschlagener Sterilisation wich schon darum entscheidend von der vorliegenden ab, weil Sv. S. keineswegs ein ungewünschtes Kind war, sondern nur von einem seiner Elternteile nicht gewollt war. Die von den Klägern im Vorprozeß dargestellten Rechtsausführungen, es handele sich bei Sv. ebenso um ein ungewolltes Kind, wie es die Kinder waren, wegen deren Geburt der VI. Zivilsenat jeweils beiden Elternteilen Schadensersatz zuerkannt hatte, waren falsch. Es entsprach nicht der von einem Rechtsanwalt zu verlangenden Gewissenhaftigkeit, einen Klageanspruch auf eine eindeutig nicht vorhandene Parallelität der Sachverhaltsgestaltung zu gründen. 34 Die Kläger werden auch nicht durch die Rechtsausführungen des Oberlandesgerichts Frankfurt in seiner Entscheidung vom 1. Dezember 1982 (NJW 1983, 341, 344) entlastet. Das Oberlandesgericht Frankfurt lehnt die Rechtsprechung des VI. Zivilsenats zur Arzthaftung wegen fehlgeschlagener Sterilisation ab und meint unter Aufzeigen denkbarer, sich daraus ergebender, von vornherein untragbar erscheinender Konsequenzen, es müsse dann auch einen Befreiungsanspruch der Eltern des Kindes gegeneinander geben, wenn einer von ihnen Absprachen über empfängnisverhütende Maßnahmen 181 zuwider gehandelt habe. Diese Ausführungen sind erkennbar nicht entscheidungserheblich und bewußt argumentativ überspitzt. Die Kläger haben dieses erst nach Klageerhebung im Vorprozeß veröffentlichte Urteil auch bis zur mündlichen Verhandlung in erster Instanz gar nicht gekannt. Erst das Gericht hat auf das Urteil hingewiesen. Die Kläger haben sich dann erstmals im Schriftsatz vom 24. Februar 1983 auf diese Entscheidung berufen. 35 III. 1. Das Berufungsgericht sieht den Schaden des Beklagten in der Belastung mit der Kostenforderung der Kläger und den übrigen mit der Widerklage geltend gemachten, aus dem Vorprozeß gegen ihn entstandenen Gebührenansprüchen bzw. in den von dem Beklagten auf diese getätigten Zahlungen. Das ist richtig. 36 2. Das Berufungsgericht geht auch zutreffend davon aus, daß dieser Schaden durch den pflichtwidrigen Rat zur Durchführung des Prozesses und der Berufung verursacht wurde. 37 3. Die Revision macht zu Unrecht geltend, der Beklagte habe jedenfalls eine Gebühr gemäß §§ 118, 20 BRAGO zu zahlen. Eine solche Gebühr wäre angefallen, wenn die Kläger sich richtig verhalten und dem Beklagten von dem Rechtsstreit abgeraten hätten. 38 Dem kann nicht gefolgt werden. 39 Es kann dahinstehen, ob bei der gemäß §§ 249, 251 BGB zur Schadensberechnung anzustellenden sogenannten Differenzhypothese (vgl. dazu Senatsurteil v. 14. März 1985 - IX ZR 26/84, WM 1985, 666, 670) haftungsmindernd berücksichtigt werden kann, daß bei pflichtgemäßem Verhalten des Anwalts zwar nicht die dem Mandanten in Rechnung gestellten Gebühren hätten beansprucht werden können, daß dann aber eine nach einem anderen Gebührentatbestand abzugeltende anwaltliche Tätigkeit vorgelegen hätte. 40 Die Kläger haben in den Tatsacheninstanzen zu den Voraussetzungen der §§ 20, 118 BRAGO nichts vorgetragen. Von ihrem Vorliegen kann nach dem festgestellten Sachverhalt auch nicht ausgegangen werden. 41 182 Bei der vorliegenden Fallgestaltung liegt es nahe, daß der Beklagte nicht von sich aus die Vorstellung hatte, Frau S. könne ihm aus einer Vertragsverletzung schadensersatzpflichtig sein, sondern daß die Kläger, die nach ihrem eigenen Vortrag zu einer Schadensersatzklage gegen seine frühere Gefährtin rieten, ihn im Zusammenhang mit dem Vaterschaftsprozeß auf von ihnen für rechtlich unproblematisch gehaltene Ansprüche gegen Frau S. hingewiesen haben. Bei einer solchen Sachlage wäre entweder die falsche - Beratung über den Erfolg des Vorprozesses bereits im Rahmen des Vaterschaftsprozesses erfolgt oder aber die Kläger hätten zumindest eine Hoffnung des Beklagten auf mögliche Schadloshaltung für den Verlust des Vaterschaftsprozesses geweckt. Die Kläger hätten nach allem in den Tatsacheninstanzen darlegen müssen, daß eine Beratung des Beklagten über die Erfolgsaussichten eines Vorgehens gegen Frau S. auch ohne ihre pflichtwidrig vertretene Rechtsauffassung stattgefunden hätte. - Kollusives Verhalten - Gläubigergefährdung - Eingriff in die persönliche Rechtstellung - Unangemessene Äußerungen - Treuwidriges Verhalten - Verleitung zum Vertragsbruch - Ausschluss aus einem Verein unter Verletzung wesentlicher Verfahrensregeln - Missbrauch einer Monopolstellung - Rechtsmissbrauch, Ausnutzung einer formalen Rechtsposition, Überwindung der Rechtskraft Beispiel: BGH NJW 2005, 2991 Tatbestand: 1 Die 77 Jahre alte Klägerin erhielt im Jahr 2001 von den Unternehmen A. Versand und L.-Versand wiederholt Werbeschreiben und Bestellangebote für Haushaltsgegenstände und ähnliches, die mit Gewinnzusagen verbunden waren. In der Hoffnung auf die versprochenen Gewinne bestellte die Klägerin in sechs Fällen Waren zu Preisen bis zu 24,28 €, die am 10. August 2001, 17. August 2001, 1. September 2001, 2. September 2001, 3. September 2001 und 22. September 2001 ausgeliefert wurden. Gewinne wurden nicht ausgezahlt. 2 Die Versender traten ihre Kaufpreisansprüche gegen die Klägerin an die Beklagte ab. Da die Klägerin nicht zahlte, schaltete die Beklagte zunächst die U. Inkasso GmbH ein. Der Geschäftsführer dieses Inkassobüros ist gleichzeitig Geschäftsführer der Beklagten. Am 21. Mai 2002 und am 24. Mai 2002 ließ sie durch einen Rechtsanwalt die Klägerin jeweils drei mit Anerkenntnis und Antrag auf Ratenzahlung überschriebene Schriftstücke unterzeichnen, in denen diese anerkannte, der Beklagten Beträge zwischen 137,40 € und 149,68 € zuzüglich 13,25 % Zinsen auf die jeweilige 183 Hauptforderung ab dem 4. Juni 2002 zu schulden, und zugleich jeweils monatliche Ratenzahlungen von 15 € beantragte. 3 Nach vorangegangenen Mahnverfahren erwirkte die Beklagte im Zeitraum zwischen dem 3. September 2002 und dem 16. Oktober 2002 sechs Vollstreckungsbescheide über Beträge von 190,98 € bis 207,03 €, in denen als Hauptforderungen die vorgenannten Schuldanerkenntnisse aufgeführt sind. Die Forderungen setzen sich im wesentlichen aus Inkasso- und Mahnkosten zusammen. Die Vollstreckungsbescheide sind rechtskräftig geworden, weil die Klägerin keine Rechtsbehelfe ergriffen hat. 4 Im vorliegenden Rechtsstreit verlangt die Klägerin von der Beklagten die Unterlassung der Zwangsvollstreckung aus den Vollstreckungsbescheiden sowie deren Herausgabe. Hilfsweise hat sie die Aufrechnung mit einem Anspruch aus einem Gewinnversprechen von November 2002 über 6.500 € erklärt und beantragt, die Vollstreckung aus den Vollstreckungsbescheiden für unzulässig zu erklären. 5 Das Amtsgericht hat dem Hauptantrag stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage. Entscheidungsgründe: I. 6 Das Berufungsgericht hat ausgeführt: 7 Der Klägerin stehe gemäß § 826 BGB ein Schadensersatzanspruch auf Unterlassung der Zwangsvollstreckung aus den Vollstreckungsbescheiden und auf deren Herausgabe zu. Es sei ein besonders schwerwiegender Ausnahmefall zu bejahen, der die Durchbrechung der Rechtskraft rechtfertige. Voraussetzung dafür, daß der Gläubigerin zuzumuten sei, die ihr unverdient zugefallene Rechtsposition aufzugeben, seien die materielle Unrichtigkeit des rechtskräftigen Vollstreckungsbescheids, die Kenntnis der Vollstreckungsgläubigerin davon sowie eine sittenwidrige Ausnutzung des Vollstreckungstitels. Ein solcher Fall sei hier gegeben. 8 184 Das Berufungsgericht hat Bezug genommen auf die Gründe des angefochtenen Urteils, worin es heißt: Die Vollstreckungsbescheide seien materiellrechtlich unrichtig, weil der Beklagten aus den Schuldanerkenntnissen keine Zahlungsansprüche gegen die Klägerin zustünden. Die Klägerin erhebe zu Recht den Einwand der ungerechtfertigten Bereicherung. Auch wenn es sich um selbständige Schuldanerkenntnisse handeln sollte, hätten diese den Zweck, eine dem Grunde nach bestehende Schuld zu sichern. Eine solche sei nicht entstanden, denn die Hauptforderungen gründeten sich auf nach § 138 BGB sittenwidrige und damit nichtige Rechtsgeschäfte. 9 Die Klägerin sei in sittenwidriger Weise zu ihren Bestellungen veranlaßt worden. Sie habe diese ausschließlich und gerade auf Grund von Geldgewinnzusagen getätigt, die ihr gegenüber abgegeben und nicht ausgezahlt worden seien. Die Geschäftspraktik der Zedentinnen - in Kombination mit den nicht erfüllten Gewinnversprechen - verstoße gegen das Rechtsempfinden aller billig und gerecht Denkenden und sei damit sittenwidrig. Es seien dadurch die Unerfahrenheit, das mangelnde Urteilsvermögen und eine erhebliche Willensschwäche der Klägerin ausgenutzt worden. Die Zedentinnen wendeten sich in ihrer Geschäftspraktik gerade an ältere, rechtlich und geschäftlich unerfahrene Personen. Das folge aus dem von ihnen angebotenen Sortiment (Kaffeeservice im "Stiefmütterchen Design", Tortenringe, Zwiebelschneider, Tischdecken, Hammerzehschützer, Wärme-Kältekissen, Massagegeräte und ähnliches), das herkömmlicher Weise gerade bei diesen Menschen Bestellungen herausfordere. 10 Entscheidend sei die Tatsache, daß es hier im Zuge der Gewinnzusagen nicht bei einer einmaligen Aufforderung geblieben sei, eine Bestellung abzugeben, sondern es von seiten der Zedentinnen ein wiederholtes Nachhaken und Drängen auf Abgabe einer Bestellung gegeben habe, um den Gewinn "endlich" auszahlen zu können. Dadurch hätten diese die geschäftliche Unerfahrenheit der Klägerin und ihre eigene wirtschaftliche und intellektuelle Übermacht mißbraucht. Auch wenn sie die Unerfahrenheit und das Alter der Klägerin nicht gekannt hätten, hätten sie bewußt deren schwächere Lage zum eigenen Vorteil ausgenutzt, weil sie sich leichtfertig der Erkenntnis verschlossen hätten, daß sich die Klägerin nur wegen ihrer schwächeren Lage auf die ungünstigen Verträge eingelassen habe. Sie hätten davon ausgehen müssen, daß es durch das wiederholte Zurückhalten des Gewinns keine echte Entscheidungsfreiheit der anderen Seite gegeben habe. Es sei unschwer zu erkennen, daß es der Klägerin bei den wiederholt aufgegebenen Bestellungen letztlich nicht darum gegangen sei, die bezeichneten Gegenstände zu erwerben, sondern die versprochenen Gewinne ausgezahlt zu bekommen, und daß so nur ein geschäftlich unerfahrener, besonders schutzbedürftiger Kunde handele. Im Hinblick auf das mehrmalige Nachhaken - zudem in mehreren Fällen - spreche sogar eine tatsächliche Vermutung für ein Handeln aus verwerflicher Gesinnung. Stets sei in den Schreiben der Zedentinnen davon die Rede, daß mit der "Bargeldzuweisung" und der "Lieferanweisung" 185 der Bestellschein möglichst rasch zurückgeschickt werden möge, erst dann stünde der Auszahlung "wirklich nichts mehr im Wege". Auch die Formulierung "Kann es sein, daß bei der Zusendung Ihrer Gewinnanforderung die Bestellung fehlt? Weil ich sie als Gewinner ganz persönlich betreue, möchte ich schon sichergehen, daß auch in der Bestellabwicklung alles stimmt", belege die sittenwidrige Typik des Vorgehens. 11 Angesichts des Eindrucks, den das Gericht im Rahmen der mündlichen Verhandlung von der Klägerin gewonnen habe, könne nicht angenommen werden, die Klägerin habe damit rechnen müssen, daß der dem Schuldanerkenntnis zugrunde liegende Kaufvertrag nach § 138 BGB als nichtig zu beurteilen sei. Nur dann aber könnten die Schuldanerkenntnisse nicht der Rückforderung wegen ungerechtfertigter Bereicherung unterliegen. 12 Der Beklagten sei als Titelgläubigerin die Unrichtigkeit des Vollstreckungstitels bekannt gewesen. Es reiche aus, wenn dem Gläubiger diese Kenntnis während des Rechtsstreits über den Anspruch aus § 826 BGB vermittelt werde. Schließlich lägen auch die besonderen Umstände vor, die es verlangten, daß die Beklagte die von ihr erlangten Rechtspositionen aufgebe. Sie habe Forderungsinkasso und Mahnverfahren bewußt dazu mißbraucht, um für ihr nicht zustehende Ansprüche Vollstreckungstitel zu erlangen. Bei Wahl des Klageverfahrens wäre die Beklagte, wie sie hätte erkennen müssen, mit ihrem Anspruch schon deshalb gescheitert, weil die gerichtliche Schlüssigkeitsprüfung die Sittenwidrigkeit der zugrunde liegenden Bestellungen offenbart hätte. Die Klägerin habe aus Unerfahrenheit und Ungewandtheit die Vollstreckungsbescheide rechtskräftig werden lassen. Ihr seien die Vielzahl der Schreiben der Beklagten und der Zedentinnen schlicht über den Kopf gewachsen. Sie habe auch gar nicht mehr überblicken können, worüber sich die Schuldanerkenntnisse verhielten. Die materiellen Ansprüche der einzelnen Warenbestellungen seien in dem von der Beklagten gewählten Verfahren geradezu verschleiert worden. Die Mahnverfahren seien nicht auf Ansprüche aus Warenlieferungen, sondern auf Ansprüche aus Schuldanerkenntnissen gestützt worden. Bereits daraus könne ein Schluß auf die fehlende Gutgläubigkeit der Beklagten gezogen werden. Insgesamt weise damit auch die Durchsetzung der Forderung eine sittenwidrige Typik auf und berühre ein besonderes Schutzbedürfnis der Klägerin, weswegen das Vorgehen aus den Titeln das Rechtsgefühl in schlechthin unerträglicher Weise verletzen würde. 13 In Ergänzung dieser Erwägungen des Amtsgerichts hat das Berufungsgericht ausgeführt: Die Sittenwidrigkeit der Anerkenntnisse folge zum einen aus dem Umstand, daß die Hauptforderungen der Zedentinnen sittenwidrig und somit nichtig gewesen seien. Außerdem seien die Anerkenntnisse der Klägerin in sittenwidriger Weise erlangt. Die Art und Weise ihres Zustandekommens benachteilige die Klägerin unter Würdigung des Gesamtcharakters des 186 Rechtsgeschäfts in unangemessener Weise. Sie seien der Klägerin als "Antrag auf Ratenzahlung und Anerkenntnis" übersandt worden. Eine geschäftlich unerfahrene Person sehe darin in erster Linie die Möglichkeit, Verbindlichkeiten in überschaubaren Beträgen zurückzuzahlen. Daß darüber hinaus auch das Bestehen einer Schuld dadurch bestätigt werde, sei für die Klägerin als geschäftlich unerfahrene Person nicht erkennbar gewesen. Zudem hätten die Anerkenntnisse lediglich die Angabe einer Summe aus Hauptforderung und Inkassogebühren der Beklagten enthalten; für die Klägerin sei nicht erkennbar gewesen, wie sich die Summe zusammengesetzt und welche einzelnen Forderungen sie anerkannt habe. II. 14 Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. 15 A. Die Revision rügt allerdings vergeblich, das Berufungsurteil enthalte keine der Vorschrift des § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO genügende Begründung. Danach bedarf es einer kurzen Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung. Diesen Anforderungen wird das Berufungsurteil gerecht. Auch eine reine Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils ist jedenfalls dann erlaubt, wenn dadurch das zulässige Berufungsvorbringen erschöpft wird (Musielak/Ball, ZPO, 4. Aufl., § 540 Rdnr. 7; Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 25. Aufl., § 540 Rdnr. 13). Das Berufungsgericht muß sich mit den Berufungsgründen nur auseinandersetzen, soweit dies zur Begründung der getroffenen Entscheidung erforderlich ist (Musielak/Ball, aaO). Dafür war es hier aus der Sicht des Berufungsgerichts entgegen der Auffassung der Revision nicht geboten, im einzelnen auf die Angriffe der Berufung gegen die Feststellungen des Amtsgerichts zur Sittenwidrigkeit der Kaufverträge einzugehen. Denn das Berufungsgericht hat sich nicht nur den Gründen des erstinstanzlichen Urteils angeschlossen, sondern es hat daneben - als weitere und selbständige Begründung seines Urteils - die Auffassung vertreten, die Vollstreckungsbescheide seien materiell unrichtig, weil die Beklagte (auch) die Schuldanerkenntnisse, auf die sie gestützt seien, in sittenwidriger Weise erlangt habe. 16 B. Das Berufungsgericht hat jedoch zu Unrecht einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gemäß § 826 BGB auf Unterlassung der Zwangsvollstreckung aus den Vollstreckungsbescheiden und auf Herausgabe der Vollstreckungstitel angenommen. 17 187 1. Zutreffend ist allerdings die Auffassung der Vorinstanzen, die Vollstreckungsbescheide seien materiell unrichtig. 18 a) Die von der Klägerin mit den Zedentinnen geschlossenen Kaufverträge hat das Amtsgericht, dessen Würdigung sich das Berufungsgericht angeschlossen hat, zu Recht gemäß § 138 BGB wegen Sittenwidrigkeit als nichtig angesehen. Diese Einwendung muß sich gemäß § 404 BGB auch die Beklagte entgegen halten lassen. 19 aa) Ein Rechtsgeschäft ist nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn es nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren ist (BGHZ 146, 298, 301; 107, 92, 97; 86, 82, 88). Hierbei ist weder das Bewußtsein der Sittenwidrigkeit noch eine Schädigungsabsicht erforderlich, es genügt vielmehr, wenn der Handelnde die Tatsachen kennt, aus denen die Sittenwidrigkeit folgt; dem steht es gleich, wenn sich jemand bewußt oder grob fahrlässig der Kenntnis erheblicher Tatsachen verschließt (BGHZ 146, 298, 301; BGH, Urteil vom 10. Oktober 1997 - V ZR 74/96, WM 1998, 513 = NJWRR 1998, 590, unter II, m.w.Nachw.). Zu berücksichtigen ist nicht nur der objektive Gehalt des Geschäftes, sondern es sind auch die Umstände, die zu seiner Vornahme geführt haben, sowie die Absicht und die Motive der Parteien in die Würdigung einzubeziehen (BGH, Urteil vom 10. Oktober 1997, aaO). Liegt dem Vertragsschluß eine arglistige Täuschung - wie hier über die zu erwartenden Geldgewinne - zugrunde, müssen zudem besondere Umstände zu der durch arglistige Täuschung bewirkten Willensbeeinflussung hinzukommen, die das Geschäft nach seinem Gesamtcharakter als sittenwidrig erscheinen lassen, damit § 138 Abs. 1 BGB neben § 123 BGB anwendbar ist (BGH, Urteil vom 26. September 1995 - XI ZR 159/94, WM 1995, 1950 = NJW 1995, 3315, unter II 1 b; Urteil vom 23. Februar 1995 - IX ZR 29/94, NJW 1995, 1425 = WM 1995, 1064, unter II 2 d bb; vgl. auch Urteil vom 4. Juli 2002 - IX ZR 153/01, NJW 2002, 2774 = WM 2003, 89, unter I 2, zur widerrechtlichen Drohung). 20 bb) Solche Umstände hat das Amtsgericht, dessen Begründung sich das Berufungsgericht zu eigen gemacht hat, rechtsfehlerfrei festgestellt. Es hat neben den nicht erfüllten Gewinnversprechen insbesondere die allgemeine Geschäftspraktik der Zedentinnen als gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden angesehen. Seine Feststellung, die Zedentinnen wendeten sich gezielt an ältere, rechtlich und geschäftlich unerfahrene Personen, wie hier die Klägerin, ist entgegen der Ansicht der Revision aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Auch wenn das von den Zedentinnen angebotene Warensortiment Produkte enthalten mag, die in nahezu jedem Haushalt Verwendung finden können, ist nicht zu erwarten, daß sich eine rechtlich und geschäftlich erfahrene Person, unabhängig von ihrem Alter, durch Gewinnzusagen, wie sie die Zedentinnen erteilt haben, dazu verleiten 188 läßt, derartige Produkte überhaupt oder (wegen der Gewinnzusagen) gerade bei den Zedentinnen zu erwerben. Bei den von der Klägerin abgeschlossenen Kaufverträgen handelt es sich zwar im einzelnen um einfache und überschaubare Geschäfte des täglichen Lebens, deren Bewältigung regelmäßig keine nennenswerten Erfahrungen im Rechts- und Geschäftsleben voraussetzt. Ihre Entscheidungsfreiheit und ihre Fähigkeit zur unvoreingenommenen Beurteilung der Sinnhaftigkeit und Wirtschaftlichkeit der angebotenen Vertragsschlüsse wurden jedoch, wie das Amtsgericht zutreffend in den Vordergrund stellt, seitens der Zedentinnen systematisch dadurch geschwächt, daß sie der Klägerin innerhalb kurzer Zeiträume eine Vielzahl von Gewinnzusagen in beträchtlicher Höhe zusandten, deren Erfüllung sie von Bestellungen abhängig machten. 21 Entgegen der Auffassung der Revision steht einer Berücksichtigung der zahlreichen Gewinnzusagen bei der Würdigung des Verhaltens der Zedentinnen als sittenwidrig im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB nicht die Vorschrift des § 661a BGB entgegen. Daß der Gesetzgeber damit dem Verbraucher, der eine Gewinnzusage erhält, einen Anspruch auf Leistung des Preises eingeräumt hat, läßt nicht den Schluß zu, nach seinem Willen könnten solche Gewinnversprechen nicht (auch) die Nichtigkeit eines mit ihrer Hilfe herbeigeführten Rechtsgeschäfts zur Folge haben. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs hat der Gesetzgeber mit der Regelung das Ziel verfolgt, die Praxis, dem Verbraucher durch Gewinnzusagen Waren aufzudrängen, mit denen er sich nicht befassen möchte, schon im Ansatz zu unterbinden (BTDrucks. 14/2658, S. 48 f.; BT-Drucks. 14/2920, S. 15). Dieses Regelungsziel schließt es nicht aus, für den Fall seiner Verfehlung Art und Weise der Erteilung der Gewinnzusage und des damit verbundenen Einwirkens auf die Entschließungsfreiheit im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB als sittenwidrig anzusehen. 22 Schließlich hat das Amtsgericht für sein Sittenwidrigkeitsurteil rechtsfehlerfrei darauf abgestellt, daß es seitens der Zedentinnen nicht bei einer einmaligen Aufforderung, eine Bestellung abzugeben, geblieben ist, sondern es ein wiederholtes Drängen auf Abgabe einer Bestellung gegeben hat, um den Gewinn "endlich" auszahlen zu können. Die von der Beklagten in der Berufung erhobene und von der Revision in Bezug genommene Rüge (§ 286 ZPO), dem Vorbringen der Klägerin könne ein solches wiederholtes Drängen, das letztlich ursächlich für tatsächlich erfolgte Bestellungen der Klägerin geworden sei, nicht entnommen werden, hat der Senat geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet. Von einer Begründung wird abgesehen (§ 564 ZPO). 23 Die geschilderte Geschäftspraktik der Zedentinnen hat das Amtsgericht zu Recht als mit den guten Sitten nicht vereinbar angesehen. Sie war darauf angelegt, unter bewußter Ausnutzung der rechtlichen und geschäftlichen Unerfahrenheit der angesprochenen Personen diese, wie die Klägerin, durch 189 eine massive Häufung von Gewinnzusagen und wiederholte Appelle, dabei einschließlich der Bestellungen - auch alles "richtig" zu machen, zum Kauf von Gegenständen zu verleiten, die sie sonst nicht erworben hätten. 24 b) Aus der Nichtigkeit der Kaufverträge folgt, daß die hier streitigen Vollstreckungsbescheide auch im Hinblick auf die darin enthaltenen Mahnund Inkassokosten materiell unrichtig sind, weil Mahn- und Inkassokosten von der Klägerin nur als Schadensersatz gemäß § 286 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung (jetzt §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB) wegen Verzuges mit der Erfüllung der Kaufpreisforderung geschuldet sein könnten. 25 c) Zutreffend haben die Vorinstanzen schließlich angenommen, daß die Vollstreckungsbescheide nicht wegen der von der Klägerin abgegebenen Schuldanerkenntnisse materiell richtig sind. Dabei kommt es weder darauf an, ob - wie das Berufungsgericht meint - die Schuldanerkenntnisse als solche in sittenwidriger Weise erlangt und deshalb nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig sind, noch darauf, ob es sich um deklaratorische oder konstitutive Schuldanerkenntnisse handelt. 26 aa) Ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis ist nicht nur nichtig, soweit es selbst gegen die guten Sitten verstößt, sondern grundsätzlich auch, soweit es sich auf ein sittenwidriges Ausgangsverhältnis bezieht und die Nichtigkeitsgründe bei seiner Abgabe noch fortbestehen (BGHZ 104, 18, 24). Das war hier der Fall, weil die Wirkung des sittenwidrigen Verhaltens der Zedentinnen im Zeitpunkt der Abgabe der Anerkenntnisse durch die Klägerin noch andauerte. Auf die Kenntnis der Klägerin von den tatsächlichen Umständen, die das Unwerturteil begründen und die ihr auch schon bei Abschluß der Kaufverträge bekannt waren, kommt es bei einer derartigen Fallgestaltung nicht an (BGHZ 104, 18, 25). 27 bb) Als selbständige, konstitutive Schuldanerkenntnisse unterliegen die von der Klägerin abgegebenen Anerkenntnisse jedenfalls der Rückforderung wegen ungerechtfertigter Bereicherung nach § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt., Abs. 2 BGB. Ihrer Geltendmachung durch die Beklagte steht und stand deshalb schon bei Erlaß der Vollstreckungsbescheide der von Amts wegen zu beachtende (BGHZ 37, 147, 152) Einwand der unzulässigen Rechtsausübung gemäß § 242 BGB entgegen, weil die Beklagte das aufgrund der Anerkenntnisse Erlangte alsbald gemäß §§ 812, 818 Abs. 1 BGB an die Klägerin zurückzugewähren hätte (dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est). Der allgemeine Arglisteinwand des § 242 BGB wird durch die Bereicherungseinrede des § 821 BGB, die von dem Berechtigten geltend gemacht werden muß (BGH, Urteil vom 16. April 1991 - XI ZR 68/90, WM 190 1991, 1152 = NJW 1991, 2140, unter II 3 a; Urteil vom 30. November 1998 - II ZR 238/97, NJW-RR 1999, 573, unter III), nicht ausgeschlossen (Palandt/Sprau, BGB, 64. Aufl., § 821 Rdnr. 2 a. E.). 28 Das Amtsgericht, auf dessen Begründung das Berufungsgericht Bezug genommen hat, ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, daß die Klägerin die Verpflichtungen aus den Anerkenntnissen zum Zwecke der Sicherung der Forderungen aus den Kaufverträgen bzw. erfüllungshalber (§ 364 Abs. 2 BGB) übernommen hat. Ein solches Anerkenntnis ist grundsätzlich kondizierbar, wenn die gesicherte Forderung, wie hier, nicht oder nicht mehr besteht (BGH, Urteil vom 16. April 1991, aaO, unter II 3 b; Urteil vom 30. November 1998, aaO; Urteil vom 18. Mai 2000 - IX ZR 43/99, NJW 2000, 2501 = WM 2000, 1806, unter I 1). 29 Ein Bereicherungsanspruch kommt lediglich dann nicht in Betracht, wenn die Parteien mit dem Anerkenntnisvertrag einen Streit oder eine Unsicherheit über den Inhalt des zwischen ihnen bestehenden Rechtsverhältnisses beenden und ohne Rücksicht auf das Bestehen oder Nichtbestehen des anerkannten Anspruchs eine klare Rechtslage schaffen wollten (Urteil vom 18. Mai 2000, aaO). Entgegen der Rüge der Revision haben die Vorinstanzen eine solche Unsicherheit jedenfalls auf seiten der Klägerin, - rechtsfehlerfrei - verneint. 30 2. Über die danach gegebene materielle Unrichtigkeit der Vollstreckungsbescheide hinaus setzt jedoch ein Anspruch aus § 826 BGB auf Unterlassung der Zwangsvollstreckung und Herausgabe der Titel das Hinzutreten besonderer Umstände voraus, die sich aus der Art und Weise der Titelerlangung oder der beabsichtigten Vollstreckung ergeben und die das Vorgehen des Gläubigers als sittenwidrig prägen, so daß letzterem zugemutet werden muß, die ihm unverdient zugefallene Rechtsposition aufzugeben. Solche Umstände haben das Amtsgericht und ihm folgend das Berufungsgericht zu Unrecht bejaht. 31 Die Durchbrechung der Rechtskraft eines Vollstreckungstitels, auch eines Vollstreckungsbescheides, auf der Grundlage eines Schadensersatzanspruchs nach § 826 BGB darf - wie im Ansatz auch die Vorinstanzen nicht verkannt haben - nur in besonders schwerwiegenden, eng begrenzten Ausnahmefällen gewährt werden, weil sonst die Rechtskraft ausgehöhlt und die Rechtssicherheit beeinträchtigt würden. Die Rechtskraft muß nur dann zurücktreten, wenn es mit dem Gerechtigkeitsgedanken schlechthin unvereinbar wäre, daß der Titelgläubiger seine formelle Rechtsstellung unter Mißachtung der materiellen Rechtslage zu Lasten des Schuldners ausnutzt (st. Rspr.: BGH, Urteil vom 9. Februar 1999 - VI ZR 9/98, NJW 1999, 1257 = WM 1999, 919, unter II B 1; Urteil vom 30. Juni 1998 - VI 191 ZR 160/97, WM 1998, 1950 = NJW 1998, 2818, unter II 1; BGHZ 112, 54, 58 f.; 103, 44, 46 f.; 101, 380, 383 ff.). 32 a) Das kann der Fall sein, wenn der Gläubiger das Mahnverfahren bewußt mißbraucht, um für einen ihm nicht zustehenden Anspruch einen Vollstreckungstitel zu erlangen (Urteil vom 9. Februar 1999, aaO, unter II B 2 b aa; Urteil vom 30. Juni 1998, aaO, unter II 2 b aa). Der festgestellte Sachverhalt rechtfertigt jedoch den vom Amtsgericht angenommenen bewußten Mißbrauch des Mahnverfahrens durch die Beklagte nicht. Das Amtsgericht folgert diesen aus dem Umstand, daß die Beklagte, wie diese hätte erkennen müssen, bei Wahl des Klageverfahrens mit ihrem Anspruch schon deshalb gescheitert wäre, weil die gerichtliche Schlüssigkeitsprüfung die Sittenwidrigkeit der zugrunde liegenden Bestellungen offenbart hätte. Diese Annahme trifft, wie die Revision zu Recht rügt, nicht zu, so daß offenbleiben kann, ob sie den Schluß auf einen bewußten Mißbrauch des Mahnverfahrens rechtfertigen könnte. 33 Die Beklagte hätte zur Begründung einer Klageforderung lediglich vortragen müssen, daß und mit welchem Inhalt zwischen den Zedentinnen und der Klägerin Kaufverträge geschlossen worden sind. Der Inhalt dieser Verträge ist nach den tatrichterlichen Feststellungen für sich genommen nicht zu beanstanden; dies gilt erst recht für die Schuldanerkenntnisse. Die sittenwidrigen Geschäftspraktiken der Zedentinnen, die zu den Bestellungen der Klägerin geführt haben, sind allein aufgrund der geschlossenen Verträge nicht zu erkennen; daß sie den Bestellscheinen zu entnehmen gewesen wären, hat die Klägerin nicht behauptet. Auch daß die Geschäftspraktiken etwa aufgrund der vom Amtsgericht angeführten Kampagne der Verbraucherzentrale Mecklenburg-Vorpommern - offenkundig im Sinne von § 291 ZPO gewesen wären, ist nicht festgestellt und auch nicht dargetan. Der Anspruch der Beklagten hätte deshalb einer Schlüssigkeitsprüfung, wie sie für den Erlaß eines Versäumnisurteils nach § 331 ZPO geboten ist, stand gehalten. 34 Andere Anhaltspunkte für einen bewußten Mißbrauch des Mahnverfahrens durch die Beklagte sind nicht ersichtlich. Sie hat - wie die Revision zu Recht geltend macht - in den Tatsacheninstanzen stets bestritten, die Umstände, die dem Sittenwidrigkeitsurteil bezüglich der Forderungen der Zedentinnen zugrunde liegen, bereits bei Beantragung der Mahn- und Vollstreckungsbescheide gekannt zu haben, und hat vorgetragen, sie sei mit den Unternehmen A. GmbH und L.-Versand weder persönlich verbunden noch wirtschaftlich an diesen beteiligt; vielmehr betreibe sie reines Forderungsfactoring, indem sie von diversen Versandhäusern und Verlagen fällige, unbestrittene und kaufmännisch angemahnte Forderungen erwerbe, ohne dabei Kenntnis davon zu erlangen, in welcher Weise die zugrundeliegenden Verträge im Einzelfall beworben würden. Dem ist die 192 Klägerin, die die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des Anspruchs aus § 826 BGB trägt (Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., vor § 322 Rdnr. 74), nicht mit einem unter Beweis gestellten abweichenden Sachvortrag entgegen getreten; entsprechendes wird auch von der Revisionserwiderung nicht aufgezeigt. 35 b) Der Fall weist auch keine sonstigen Merkmale typisch sittenwidriger Fallgestaltungen auf, wie sie in der Rechtsprechung etwa bei der Fallgruppe der Ausnutzung des Mahnverfahrens im Rahmen von Ratenkreditverträgen mit unerfahrenen Darlehensnehmern herausgearbeitet worden sind. Grundvoraussetzungen für eine Durchbrechung der Rechtskraft ist in diesen Fällen, daß der Gläubiger einen Vollstreckungsbescheid für eine - auch aus seiner Sicht - erkennbar unschlüssige Forderung erwirkt hat (BGH, Urteil vom 9. Februar 1999, aaO, unter II B 2 b bb (a); Urteil vom 4. Mai 1993 - XI ZR 9/93, WM 1993, 1324 = NJW-RR 1993, 1013, unter II 3 a). Schon daran fehlt es hier, wie hinsichtlich der Hauptforderung oben bereits ausgeführt. 36 Ob auch die von der Beklagten im Mahnverfahren geltend gemachten, die geringen Hauptforderungen der Höhe nach um ein Vielfaches übersteigenden Ansprüche auf Inkasso- und Rechtsverfolgungskosten einer Schlüssigkeitsprüfung stand gehalten hätten, kann dahinstehen. Denn die Erstattungsfähigkeit von Mahn- und Inkassokosten ist in Rechtsprechung und Schrifttum stark umstritten. Insbesondere ob, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Höhe der Schuldner für Kosten einzustehen hat, die wie hier durch die Einschaltung eines Inkassobüros entstanden sind, ist bisher nicht abschließend geklärt (vgl. Seitz in Inkasso-Handbuch, 3. Aufl., Rdnr. 639 ff.; MünchKomm/Thode, BGB, 4. Aufl., § 286 Rdnr. 22; Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 286 Rdnr. 49; Staudinger/Löwisch, BGB (2004), § 286 Rdnr. 216 ff., jeweils m.w.Nachw.). Der Senat hat in einer Entscheidung vom 24. Mai 1967 (VIII ZR 278/64, unter II) die einem Gläubiger durch den Auftrag zur Einziehung einer Forderung bei einem Inkassobüro entstandenen Kosten als möglichen Verzugsschaden angesehen, der grundsätzlich gemäß § 286 BGB zu ersetzen ist, und lediglich unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht des Gläubigers nach § 254 Abs. 2 BGB die Frage aufgeworfen, ob der Gläubiger eine Erfolglosigkeit der Bemühungen des Inkassobüros voraussehen konnte. Vor diesem Hintergrund wäre die Annahme, die Beklagte hätte bei ihren Anträgen auf Erlaß der Vollstreckungsbescheide jedenfalls erkennen können und müssen, daß ihre Ansprüche auf Mahn- und Inkassokosten zumindest teilweise schon in einer Schlüssigkeitsprüfung scheitern würden, selbst dann nicht gerechtfertigt, wenn dies tatsächlich der Fall ist. 37 Der Beklagten kann deshalb auch nicht als ein besonderer, ihr Vorgehen bei der Durchsetzung ihrer Gesamtforderungen als sittenwidrig prägender Umstand vorgeworfen werden, sie habe eine etwaige gerichtliche 193 Sachprüfung, sei es hinsichtlich der Hauptforderungen, sei es hinsichtlich Mahn- und Inkassokosten von vornherein dadurch umgangen, daß sie die Klägerin Schuldanerkenntnisse habe unterzeichnen lassen und ihre Anträge auf Erlaß der Mahn- und Vollstreckungsbescheide auf diese Schuldanerkenntnisse gestützt habe. 38 c) Nach alledem fehlt es - selbst wenn man von einem besonderen Schutzbedürfnis der Klägerin als einer geschäftlich und wirtschaftlich unerfahrenen Person ausgeht, die nach den tatrichterlichen Feststellungen mit der Vielzahl der von der Beklagten veranlaßten Mahnungen, Anerkenntnisse, Teilzahlungsabreden und schließlich Mahn- und Vollstreckungsbescheide in der Abwicklung, wenn auch möglicherweise nicht in finanzieller Hinsicht, überfordert war - auf seiten der Beklagten, die lediglich Zessionarin der geltend gemachten Forderungen aus den sittenwidrigen Kaufverträgen ist, an den erforderlichen - nachweisbaren - besonderen Umständen, die es mit dem Gerechtigkeitsgedanken schlechthin unvereinbar erscheinen ließen, daß sie als Titelgläubigerin ihre formelle Rechtsstellung unter Mißachtung der materiellen Rechtslage zu Lasten der Klägerin ausnutzt. Die Rechtssicherheit gebietet es, eine Durchbrechung der Rechtskraft auch bei einem unrichtigen Titel - wie ausgeführt - nur in besonders schwerwiegenden, eng begrenzten Ausnahmefällen zuzulassen. Die von den Vorinstanzen festgestellten Umstände bei der Durchsetzung der Forderungen durch die Beklagte reichen dafür ihrer Art und ihrer Bedeutung nach nicht aus. III. 39 Das Berufungsurteil kann danach keinen Bestand haben und ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil die Sache nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). 40 Der auf Unterlassung der Zwangsvollstreckung aus den Vollstreckungsbescheiden und auf Herausgabe der Titel gerichtete Hauptantrag der Beklagten ist nach dem oben (unter II) Ausgeführten als unbegründet abzuweisen. 41 Unbegründet und mithin abzuweisen ist auch der Hilfsantrag der Klägerin, die Vollstreckung aus den Vollstreckungsbescheiden für unzulässig zu erklären. Die Klägerin hat die damit erhobene Vollstreckungsabwehrklage aus § 767 ZPO auf ein von der Beklagten im November 2002 abgegebenes Gewinnversprechen über 6500 € gestützt, das gemäß § 661a BGB einen Leistungsanspruch der Klägerin begründet habe, mit dem sie die Aufrechnung 194 gegenüber den mit den Vollstreckungsbescheiden titulierten Forderungen erklärt hat. Diese Aufrechnung ist unzulässig. 42 Denn der Vortrag der Klägerin zu einem Gewinnversprechen der Beklagten ist unschlüssig. Sie hat zur Begründung ein Schreiben von November 2002 vorgelegt, das nicht die Beklagte, sondern das Unternehmen A. Versand als Absender der Gewinnzusage ausweist. Nur diesem gegenüber kann sie deshalb nach § 661a BGB einen Zahlungsanspruch erworben haben; Absender einer Gewinnzusage im Sinne des § 661a BGB ist derjenige Unternehmer, den ein durchschnittlicher Verbraucher in der Lage des Empfängers einer Gewinnzusage als Versprechenden ansieht (BGH, Urteil vom 7. Oktober 2004 - III ZR 158/04, NJW 2004, 3555, unter II 2 a). Für eine Aufrechnung fehlt es daher an der gemäß § 387 BGB erforderlichen Gegenseitigkeit der aufgerechneten Forderungen. Die Klägerin kann mit einem erst im November 2002 gegenüber dem Unternehmen A. begründeten Anspruch aus § 661a BGB auch nicht gemäß § 406 BGB gegenüber der Beklagten aufrechnen, weil sie bei Erwerb des Anspruchs bereits wußte, daß das Unternehmen A. die Gegenforderungen an die Beklagte abgetreten hatte. - Grob unfaire Maßnahmen im Arbeitskampf - Verletzung von Grundrechten - Hinweis: Die Fallgruppen sind (natürlich) nicht abschließend und sie überschneiden sich auch. 6. Rechtsfolgen Schadensersatz, evtl. auch Schmerzensgeld, ferner Unterlassung (§ 1004 BGB analog) Die Sittenwidrigkeit kann schließlich als Einwendung gegen einen Anspruch verwendet werden (sog. exceptio doli). § 4. Sondertatbestände der Verschuldenshaftung I. § 824 BGB Beispiel: Stiftung Warentest 1. Behauptung Tatsachen, keine Werturteile! 2. Kreditgefährdung 3. Unrichtigkeit Unwahrheit einschl. der Äußerung eines unzutreffenden Verdachts, den man sich konkludent zu eigen macht. 4. Verschulden Bezug: Unwahrheit! 5. Rechtfertigung 195 § 824 Abs. 2 BGB enthält einen besonderen Rechtfertigungsgrund. Beim „Warentest“ ist eine sorgfältige Recherche erforderlich; vorsichtige Bewerzungen sind angezeigt! BGH NJW 1986, 981: Tatbestand: 1 Die Klägerinnen sind 12 Handelsunternehmen, in deren Firmenbezeichnung das Wort "Globus" vorkommt. Sie betreiben schwerpunktmässig in RheinlandPfalz und im Saarland, aber auch in Hessen und Baden-Württemberg, 12 Selbstbedienungsläden, die sich zu gemeinsamer Werbung und Abrechnung zusammengeschlossen haben. 2 Die Beklagte, die Stiftung Warentest, veröffentlichte in der Juli-Ausgabe 1982 ihrer Zeitschrift "test" unter der Überschrift "Wo der Einkauf am billigsten ist" einen Preisvergleich, dem Testkäufe in Lebensmittelgeschäften und Lebensmittelabteilungen von Supermärkten und Warenhäusern zugrunde lagen. In verschiedenen Listen, in denen die einzelnen Anbieter, beginnend mit dem billigsten, aufgeführt waren, nahm "Globus" bei den haltbaren Waren Platz 44, bei den frischen Waren Platz 7 und im Gesamtergebnis Platz 16 ein. Unter der Bezeichnung "Globus" waren Testkäufe in 16 "Globus"-Märkten ausgewertet, von denen jedoch - was die Beklagte nicht wußte - nur drei zur Gruppe der Klägerinnen gehören, während die übrigen 13 unter demselben Namen von anderen Unternehmen oder Unternehmensgruppen betrieben werden, die mit den Klägerinnen nichts zu tun haben. Durch die Zusammenfassung mit den übrigen "Globus"-Märkten haben die drei Selbstbedienungsläden der Klägerinnen unstreitig schlechter abgeschnitten, als wenn sie getrennt aufgeführt worden wären. Nachdem sich dieser Sachverhalt Anfang Juli 1982 herausgestellt hatte, erklärte die Beklagte sich bereit, in der August-Ausgabe der Zeitschrift "test" eine entsprechende Richtigstellung zu veröffentlichen; das ist auch geschehen. Außerdem sagte sie zu, bei der Auslieferung weiterer Exemplare der Juli-Ausgabe sowie bei der Freigabe der Testergebnisse zur Veröffentlichung in anderen Zeitschriften für eine Klarstellung zu sorgen. Die Klägerinnen veröffentlichten von sich aus Anfang Juli 1982 in allen Tageszeitungen der Einzugsgebiete ihrer 12 Selbstbedienungsläden ganzseitige Anzeigen, in denen der Sachverhalt dargestellt und unter Wiedergabe "berichtigter" Listen behauptet wurde, die Klägerinnen rangierten beim Einkauf haltbarer Waren an dritter und beim Einkauf frischer Waren und in der Gesamtwertung jeweils an erster Stelle. 3 Mit der Klage verlangen die Klägerinnen Erstattung der Kosten für diese Anzeigenaktion sowie für Funk- und Fernsehwerbung, Flugblätter und ähnliches, die sie mit 209.130,18 DM beziffert haben. Ferner begehren sie die 196 Feststellung, daß die Beklagte verpflichtet sei, ihnen den darüberhinaus durch die Veröffentlichung des Testergebnisses in der Juli- Ausgabe der Zeitschrift "test" entstandenen Schaden zu ersetzen. 4 Das Landgericht hat dem Feststellungsantrag stattgegeben und die bezifferte Schadensersatzklage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt, soweit mit ihr nicht die durch Werbung im Rundfunk und Fernsehen entstandenen Kosten geltend gemacht werden. 5 Das Berufungsgericht hat die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Mit der Revision erstreben die Klägerinnen die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Entscheidungsgründe: 6 I. 1. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, daß die Beklagte durch die Veröffentlichung des Testergebnisses eine für die Klägerinnen nachteilige unwahre Tatsache i.S. des § 824 BGB behauptet und verbreitet hat. Indem der Testbericht für alle "Globus"-Märkte jeweils einen einzigen Durchschnittspreis angab und ihnen damit in jeder Liste einen bestimmten Rang zuwies, erweckte er bei dem unbefangenen Leser den Eindruck, daß dieser Durchschnittspreis und dieser Rang für alle unter dem Namen "Globus" firmierenden Selbstbedienungsläden repräsentativ seien. Für den Leser enthielt der Testbericht konkludent die Behauptung, den ausgewiesenen Preisen seien die Angebote von SB-Märkten zugrundegelegt, die unter der Bezeichnung "Globus" durch eine einheitliche Preisgestaltung ausgewiesen seien; denn allein unter dieser Prämisse konnte der Preisvergleich überhaupt nur einen Sinn haben. In Wahrheit indes sind die angegebenen Preise den Angeboten mehrerer, durch eine derartige einheitliche Preisgestaltung nicht verbundener Ladenketten entnommen worden. Für die Klägerinnen waren die angegebenen Preise nicht repräsentativ; das ist zwischen den Parteien außer Streit. 7 Derartige unrichtige Angaben über die Preisgestaltung der Klägerinnen waren geeignet, Umsatz und Gewinn der Klägerinnen zu schmälern und damit Nachteile für ihren Erwerb i.S. des § 824 BGB herbeizuführen. Das war vor allem deshalb zu befürchten, weil die Klägerinnen in ihrer Werbung darauf abstellen, sie seien besonders preisgünstig. 8 197 2. Nach Ansicht des Berufungsgerichts scheitert indes ein Schadensersatzanspruch der Klägerinnen aus § 824 BGB an fehlendem Verschulden der Beklagten. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. 9 An die Sorgfaltspflicht der Beklagten sind hohe Anforderungen zu stellen (vgl. dazu Senat BGHZ 65, 325, 333 f; Assmann/Kübler ZHR 142, 413, 424 ff). Das gilt nicht nur für die Veröffentlichung vergleichender Warentests, sondern auch für Preisvergleiche der hier vorliegenden Art. Sie können für die betroffenen Unternehmen einschneidende Folgen haben. Die Beklagte nimmt in der Öffentlichkeit das Vertrauen als staatliche Einrichtung in Anspruch, die nach § 2 Abs. 2 ihrer Satzung verpflichtet ist, ihre Untersuchungen nach wissenschaftlichen Methoden durchzuführen und unparteiisch darzustellen. Ihre Veröffentlichungen finden eine weite Verbreitung. Das legt den Mitarbeitern der Beklagten eine hohe Verantwortung auf. 10 Hier fehlte zwar, wie dem Berufungsgericht zuzugeben ist, jeder konkrete Anhaltspunkt, der die Sachbearbeiter der Beklagten hätte darauf hinweisen können, daß hinter der einheitlichen Bezeichnung "Globus"-Markt ganz unterschiedliche Betreiber stecken. Dennoch ist der Beklagten der Vorwurf mangelnder Sorgfalt nicht zu ersparen. Die Sachbearbeiter der Beklagten hätten von sich aus Überlegungen darüber anstellen müssen, ob mehrere von ihnen getestete Geschäfte, die unter einem einheitlichen Namen betrieben werden, auch wirklich zu einem Unternehmen oder einer Unternehmensgruppe gehörten. Sie durften nicht als selbstverständlich davon ausgehen, daß die unter dem Allerweltsnamen "Globus" betriebenen 16 Geschäfte, die in den Test einbezogen worden waren, in Bezug auf die Preisgestaltung für ihr Warenangebot miteinander soweit organisatorisch verbunden waren, daß die von den Testern ermittelten Preise als repräsentativ gelten konnten. Bei Anwendung der hohen von ihnen zu fordernden Sorgfalt hätten die Sachbearbeiter der Beklagten sich Gewißheit verschaffen müssen, daß die unter dem Namen "Globus" betriebenen Selbstbedienungsläden auch wirklich eine einheitliche Preisgestaltung aufweisen, ehe sie die Ergebnisse der 16 von ihnen getesteten "Globus"Läden in einer Rubrik unter der Bezeichnung "Globus" zusammenfaßten. Dazu genügte es nicht, daß die Sachbearbeiterin H. - wie zugunsten der Beklagten zu unterstellen ist - sich über die Unternehmensverhältnisse anhand der Schrift "G + L Top 200 - Die Umsatzkonzentration im Lebensmitteleinzelhandel" informiert hat. Darin ist lediglich die Klägerin zu 5) verzeichnet, die ihren Sitz in St.W. im Saarland hat. Es fehlt jeder Hinweis darauf, daß die von der Klägerin zu 5) vertretene "Globus-H-Gruppe" auch außerhalb des Saarlandes in den Gebieten tätig ist, in denen die Tester Preise von "Globus"-Märkten erhoben hatten. Es wäre beispielsweise ein leichtes gewesen, bei der in der Schrift "G + L Top 200 - Die Umsatzkonzentration im Einzelhandel" verzeichneten Klägerin zu 5) anzurufen, um sich zu vergewissern, daß alle getesteten "Globus"-Märkte zu dieser Unternehmensgruppe gehören. Daß die Sachbearbeiterin der Beklagten diese Nachfrage unterlassen hat, stellt einen Verstoß gegen die ihr obliegenden 198 Sorgfaltspflichten dar. Für dieses Fehlverhalten muß die Beklagte nach § 831 BGB einstehen. Daneben haftet sie auch aus §§ 824, 31 BGB dafür, daß keiner ihrer satzungsmässigen Vertreter Vorkehrungen getroffen hat, um zu gewährleisten, daß die Testergebnisse verschiedener unter einem Namen betriebener Geschäfte nicht ohne ausreichende Nachprüfung ihrer Zusammengehörigkeit in einer Rubrik zusammengefaßt wurden. 11 Daß die Klägerinnen die nicht geschützte, auch von anderen SB-Märkten benutzte Etablissementbezeichnung "Globus" verwenden, kann ihnen entgegen der Auffassung der Beklagten nicht als Mitverschulden vorgehalten werden. Die Klägerinnen brauchten nicht damit zu rechnen, daß sie in einem bundesweit angelegten Verbrauchertest mit anderen "Globus"-Märkten, die weit außerhalb des Einzugsgebiets der Klägerinnen betrieben werden, allein wegen dieser Bezeichnung als einheitliche Unternehmensgruppe ausgewiesen wurden. Insoweit konnten die Klägerinnen darauf vertrauen, daß sie von einem etwaigen Irrtum der Tester durch die diesen auferlegten Erkundigungspflichten ausreichend geschützt waren. Es war vielmehr Sache der den Test veranstaltenden Beklagten, sich Gedanken darüber zu machen, ob alle von ihr in verschiedenen Gebieten getesteten "Globus"-Läden zu einer einheitlichen Ladenkette gehören. 12 3. Die Haftung der Beklagten ist nicht wegen Wahrnehmung berechtigter Interessen nach § 824 Abs. 2 BGB ausgeschlossen. Mit der Veröffentlichung des Preisvergleichs hat die Beklagte zwar ein ernsthaftes Informationsinteresse der Öffentlichkeit erfüllt. Das genügt aber nicht, um wegen Wahrnehmung berechtigter Interessen i.S. des § 824 Abs. 2 BGB Ersatzansprüche der Klägerinnen auszuschließen. Hierzu ist vielmehr eine Güter- und Interessenabwägung vorzunehmen, bei der die schutzwürdigen wirtschaftlichen Belange der Klägerinnen abzuwägen sind gegenüber dem Interesse an freier Kommunikation auf seiten der Beklagten und der Leser ihrer Zeitschrift. Auf seiten der Klägerinnen ist vor allem zu berücksichtigen, daß ihre Kunden durch die Lektüre des Testberichts einen für die Klägerinnen ungünstigen, falschen Eindruck darüber vermittelt bekamen, wie hoch ihre Preise im Vergleich zu denen ihrer Konkurrenz waren. Dies konnte sich gerade deshalb nachteilig auf den Umsatz der Klägerinnen auswirken, weil sie ihre Werbung mit dem Argument betreiben, sie seien besonders preisgünstig. Dem schutzwürdigen Interesse der Klägerinnen, vor derartigen Eingriffen bewahrt zu werden, kann die Beklagte das von ihr verfolgte Interesse der Verbraucheraufklärung hier umso weniger entgegensetzen, als die Absicherung des Preisvergleichs durch sorgfältige Recherchen auch im Sinne der Verbraucher lag, die nur an zuverlässigen, auf ihre Richtigkeit ausreichend geprüften Informationen interessiert sein konnten. Derartige Recherchen bedeuteten auch keine unverhältnismässige Belastung für die Verwirklichung des Tests. Vielmehr wäre es, wie bereits oben bei der Frage des Verschuldens dargelegt, für die Beklagte ein leichtes gewesen, die erforderlichen Informationen einzuholen. 199 13 Damit sind die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs nach § 824 BGB erfüllt. 14 II. Aus den dargelegten Gründen muß das Berufungsurteil aufgehoben werden. 15 1. Hinsichtlich des Zahlungsanspruchs, der die Kosten für die Anzeigenaktion der Klägerinnen betrifft, muß die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden. Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - über die Erstattungsfähigkeit dieser Kosten keine Entscheidung getroffen. Das Landgericht hat die Anzeigenkosten dem Grunde nach als erstattungsfähig angesehen. Dagegen bestehen aufgrund des bisher festgestellten Sachverhalts Bedenken. 16 a) Wie der erkennende Senat in seinen Urteilen vom 6. April 1976 und 15. November 1977 (BGHZ 66, 182, 191 ff und 70, 39, 42 f) im einzelnen dargelegt und näher erläutert hat, können zwar zu dem Schaden, der nach §§ 824, 249 ff BGB zu ersetzen ist, auch die Kosten von Anzeigen gehören, mit denen der Geschädigte der Beeinträchtigung seines wirtschaftlichen Rufes durch falsche Behauptungen in der Presse entgegenwirken will. Der Erstattungsfähigkeit dieser Kosten sind jedoch enge Grenzen gesetzt. Wenn der Betroffene dem Angriff auf seinen wirtschaftlichen Ruf durch eine presserechtliche Gegendarstellung begegnen kann, dann ist es ihm in aller Regel verwehrt, den Verantwortlichen mit den höheren Aufwendungen einer berichtigenden Darstellung durch besondere Anzeigen zu belasten (Senat aaO). Nur in besonderen Fällen - so, wenn ein ungewöhnlich hoher Schaden droht, dem durch eine Gegendarstellung nicht so zeitig oder so gezielt wie etwa durch Anzeigen begegnet werden kann, oder wenn das Verfahren der Gegendarstellung sich hinzieht - kann eine auf Kosten des Angreifers durchgeführte Anzeigenaktion zulässig sein (BGHZ 66, 182, 194). Dabei ist stets sehr sorgfältig aufgrund einer Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Erforderlichkeit solcher Maßnahmen zu prüfen. Die Kosten derartiger Anzeigen müssen vor allem in einem angemessenen Verhältnis zur Größe und Schwere des drohenden Schadens stehen; sie müssen dem Maßstab wirtschaftlicher Vernunft genügen. Auch die schutzwürdigen Belange des Schädigers sind bei der Prüfung der Erforderlichkeit voll zu würdigen. Es muß verhindert werden, daß der Geschädigte einen Schaden, dessen Schwere und Ausmaß durchaus zweifelhaft sind, erst dadurch konkretisiert und womöglich vergrössert, daß er teure Anzeigen in Auftrag gibt (vgl. auch Assmann/Kübler ZHR 142, 413, 430). Deshalb muß die Erstattungsfähigkeit von Anzeigenkosten auf wirklich schwerwiegende Ausnahmefälle beschränkt bleiben, in denen von vornherein erkennbar ist, daß die berichtigenden Anzeigen dringend geboten sind, um einen unmittelbar bevorstehenden und 200 sich in seinen Ausmaßen bereits klar abzeichnenden schweren Schaden abzuwenden. 17 b) Das Landgericht hat zur Begründung der Erstattungsfähigkeit der Anzeigenkosten u.a. darauf abgestellt, daß die von der Beklagten angebotene und dann auch in der nächsten Ausgabe ihrer Zeitschrift "test" veröffentlichte Berichtigung nicht ausreichend war. Das ist richtig. Nachdem die Beklagte die "Globus"-Läden der Klägerinnen in eine bestimmte Rangfolge eingeordnet hatte, konnte sie sich in der Berichtigung nicht unter Hinweis auf ihren Irrtum auf die Erklärung beschränken, die für "Globus" ermittelten Beträge seien zu "annullieren". Sie hätte vielmehr mitteilen müssen, welche Preise die drei von ihr getesteten Läden der Klägerinnen gefordert hatten. Auf den unzureichenden Inhalt der Richtigstellung können die Klägerinnen sich jedoch nicht berufen. Denn sie haben weitere Verhandlungen über den Inhalt der Richtigstellung dadurch blockiert, daß sie als Vorbedingung von Gesprächen die Zahlung von 175.000 DM für ihre Anzeigenaktion gefordert haben. Im übrigen hätten die Klägerinnen auch jederzeit den Abdruck einer Gegendarstellung verlangen können. 18 Entscheidend hat das Landgericht auf das zeitliche Moment abgestellt. Während die von den Klägerinnen in Auftrag gegebenen Anzeigen bereits am 6. Juli 1982 erschienen sind, kam die nächste Ausgabe der Zeitschrift "test" erst drei Wochen später in der letzten Juliwoche auf den Markt. Dieser zeitliche Vorsprung von drei Wochen reicht jedoch allein nicht aus, um die Anzeigenaktion als erforderlich erscheinen zu lassen. Es muß hinzukommen, daß tatsächlich die Gefahr eines schweren Schadens sich für die allernächste Zeit schon derart konkret verdichtet hatte, daß bei vernünftiger wirtschaftlicher Betrachtung eine derartige Aktion zur Verringerung der Abwendung dieses Schadens geboten erschien. Dazu haben die Klägerinnen bisher keine konkreten, nachvollziehbaren Anhaltspunkte vorgetragen. Nach Darstellung der Beklagten sind von der Juli-Ausgabe der Zeitschrift "test" im Einzugsgebiet der Klägerinnen nur 1.726 Exemplare verbreitet worden. 19 Außerdem beschäftigt sich der beanstandete Artikel nicht etwa ausschließlich mit den "Globus"-Läden. Der Name "Globus" erscheint vielmehr nur in den Preislisten zusammen mit den Namen von 70 bis 80 anderen Lebensmittelgeschäften. Angesichts dieser Umstände liegt es nicht auf der Hand, daß den Klägerinnen ein einschneidender Umsatzrückgang drohte, wenn sie bis zum Erscheinen einer Berichtigung im Augustheft der Zeitschrift "test" zuwarteten. Dies ist entgegen der Auffassung der Revision keine Frage der Schadenshöhe, sondern des Schadensgrundes. Wenn die Klägerinnen nicht darlegen, daß zur Abwendung eines hohen Schadens eine Anzeigenaktion - welchen Umfangs auch immer - notwendig war, können sie auch nicht einen Teil der von ihnen aufgewandten Kosten erstattet verlangen. Dann war ihnen vielmehr zuzumuten, das Erscheinen der Richtigstellung im 201 Augustheft von "test" abzuwarten und einen etwa in der Zwischenzeit eingetretenen Umsatzrückgang von der Beklagten erstattet zu verlangen. 20 Zur Nachholung der erforderlichen Feststellungen ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. 21 2. Bezüglich des Feststellungsbegehrens der Klägerinnen ist der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif. Insoweit ist das Urteil des Landgerichts wiederherzustellen. Wenn den Klägerinnen die Kosten für ihre Anzeigenaktion nicht zuerkannt werden können, dann ist mit dem Feststellungsausspruch auch der hypothetische Schaden erfaßt, der den Klägerinnen entstanden wäre, wenn sie den zu erwartenden Schaden nicht durch ihre Anzeigen gemindert hätten. II. § 831 BGB 1. Verrichtungsgehilfe Kriterium: Weisungsabhängigkeit (früher: „sozial abhängig“). 2. Ausführung der Verrichtung Abgrenzung zur bloßen Gelegenheitssta; Kriterium (str., aber h. M.): „innerer Zusammenhang“ 3. Widerrechtliche Schadenszufügung Siehe dazu die Ausführungen im „Allgemeinen Teil“ des Haftungsrechts und BGHZ 24, 21. 4. Exkulpation Sehr schwer zu führen. Wenn iregdwelche Zweifel verbleiben, ist der Exkulpationsbeweis nicht geführt. Die verschiedenen Fälle sind in § 831 Abs. 1 S. 2 BGB genannt. Zum „dezentralisierten Entlastungsbeweis“ (str.!) siehe BGHZ 4, 1: Tatbestand: 1 Der Beklagte ist Eigentümer eines Hofgutes. Sein Verwalter K. beauftragte den auf dem Gut tätigen damals 16jährigen landwirtschaftlichen Arbeiter B., Benzin zu holen. Dieser benutzte ein Halbblutpferd. Das Pferd ging durch und verletzte die Klägerin erheblich. 2 202 Der Beklagte bestreitet eine Haftung mit der Begründung, das Pferd sei "lammfromm" gewesen, B. sei ein ordentlicher Fahrer, der den Umgang mit Pferden gewohnt gewesen sei, das Pferd sei täglich im Milchwagen gegangen und an klappernde Gefäße gewohnt gewesen. 3 Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat dem Klagantrage entsprochen, die Revision führte zur Aufhebung und Zurückverweisung. Entscheidungsgründe: 4 Das Berufungsgericht sieht den dem Beklagten obliegenden Entlastungsbeweis deshalb nicht als geführt an, weil der Beklagte sich um die Fahrt nicht gekümmert habe. Es sieht eine Verletzung der dem Beklagten obliegenden Aufsichtspflicht darin, daß er nicht selbst darauf achtete, daß der Verwalter dem Jungen für die nicht ungefährliche Fahrt mit dem Halbblutpferd ins Einzelne gehende Anweisungen gab. Das Berufungsgericht hält es für erwiesen, daß der Verwalter K. zu B. im Hinblick auf diese Fahrt gesagt hat, er solle vorsichtig fahren, es ist aber der Meinung, diese Anweisung reiche nicht aus, vielmehr habe K. mit Rücksicht auf die Jugend des B., die abfallende Straße und die Benutzung des Halbblutpferdes, das erfahrungsgemäß eher Schwierigkeiten bereite, nähere Anweisungen geben müssen. 5 Soweit das Berufungsgericht die Haftung des Beklagten daraus herleitet, daß er sich nicht persönlich um die Fahrt gekümmert hat, kann ihm nicht gefolgt werden. 6 Im vorliegenden Fall hat der Verwalter den B. angestellt und seine Arbeit geleitet. Er ist als Mittelsperson zwischen den Verrichtungsgehilfen B. und den Beklagten als Geschäftsherrn getreten. Nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts ist bei größeren Betrieben dem Geschäftsherrn nicht zuzumuten, daß er das gesamte Personal auswähle und beaufsichtige. Wenn eine Mehrheit von Personen in der Weise beschäftigt ist, daß die eine der anderen nachgeordnet ist, richtet sich der Sorgfaltsbeweis des Geschäftsherrn auf Auswahl und Beaufsichtigung des von ihm ausgewählten höheren Angestellten, den Verwalter (RGZ 87, 61; 89, 136; RGRK 9. Aufl zu § 831 5c). 7 Diese erleichterte Beweisführung gemäß § 831 BGB ist vom Reichsgericht aus Zweckmäßigkeits- und Billigkeits*-gründen zugelassen worden. Allerdings muß der Geschäftsherr eine ausreichende Kontrolle durchführen, die eine ordentliche Geschäftsführung und Beaufsichtigung gewährleistet. Auch wenn die unmittelbare persönliche Aufsicht über den landwirtschaftlichen Arbeiter 203 allein dem Verwalter obliegt, bleibt es Aufgabe des Gutsherrn, allgemeine Aufsichtsanordnungen zu treffen, die die Gewähr für eine ordentliche Betriebsführung bieten. Sollte ein Mangel der Organisation vorliegen, so ist der Geschäftsherr wegen Vernachlässigung der allgemeinen Aufsicht aus § 823 Abs 1 BGB haftbar (vgl RGZ 89, 136; JW 1938, 1651; RG Warn 1920 Nr 30, Nipperdey, Gutachten zum 34. Deutschen Juristentag 1927, 411 RGRK § 831 5c). 8 Einige Schriftsteller haben sich gegen diese Haftungsgrundsätze des Reichsgerichts bei größeren Betrieben gewandt. Sie empfinden die erleichterte Beweisführung des Geschäftsherrn als unbillig und mit dem Gesetz nicht vereinbar. Wenn schon ein Zwischenglied zwischen Unternehmer und Arbeiter eingeschaltet sei, so genüge nicht der Nachweis des Geschäftsherrn, daß er das Zwischenglied sorgfältig ausgewählt und beaufsichtigt habe, sondern es müsse auch dargetan werden, daß das Zwischenglied seinerseits bei Auswahl des unteren Angestellten sorgfältig gehandelt habe. Wenn aber der Geschäftsherr für diese Auswahl einen Vertreter benötige, so müsse er für das Verschulden dieses Vertreters wie für ein eigenes einstehen (§ 278 BGB); andernfalls komme man zu dem unbilligen Ergebnis, daß der Kapitalkräftige Unternehmer sich entlasten könne, während der höhere Angestellte nicht in der Lage sei, einen größeren Schaden zu ersetzen (vgl hierzu Weigert, Die außervertragliche Haftung von Großbetrieben für Angestellte 1925; Ruth, ArchZivPrax Bd 126 S 353, Nipperdey aaO; Enneccerus-Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, 13. Bearb 1950 § 241 III 1c). 9 Diese Einwendungen geben jedoch keinen Anlaß zur Aufgabe der Rechtsprechung des Reichsgerichts. Das geltende Recht unterscheidet zwischen den Voraussetzungen der Haftung für das Verhalten von Hilfspersonen danach, ob diese Haftung auf vertraglicher oder auf außervertraglicher Grundlage beruht. Wenn auch die für die vertragliche Haftung geltende Vorschrift des § 278 BGB auf verschiedene Fälle vertragsähnlicher Beziehungen angewendet wird, insbesondere auf das öffentlich-rechtliche Verwahrungsverhältnis (BGHZ 1, 369ff (732 m Nachw); 3, 162ff (172f); Urteil vom 11. Oktober 1951 - IV ZR 71/50), so ist es dennoch nicht möglich, diese Vorschrift auf den Fall der unerlaubten Handlung auszudehnen, für den das Gesetz ausdrücklich die Sondervorschrift des § 831 BGB enthält. Diese gibt dem Geschäftsherrn die Möglichkeit eines Entlastungsbeweises, macht aber andererseits seine Haftung nicht davon abhängig, daß die Hilfsperson ein Verschulden trifft. Dieser allgemeine Grundsatz des § 831 BGB ist nicht von der Größe des Betriebes abhängig. Auch bei der Schaffung des Bürgerlichen Gesetzbuchs waren schon Großbetriebe vorhanden, in denen es unmöglich war, jede einzelne Hilfsperson durch den Inhaber oder einen nach § 31 BGB berufenen verfassungsmäßigen Vertreter auswählen und überwachen zu lassen. Hätte man für solche Betriebe eine Sonderregelung schaffen, insbesondere den in § 204 278 BGB enthaltenen Rechtsgedanken auf die unerlaubten Handlungen ausdehnen wollen, so wäre dies im Gesetz zum Ausdruck gekommen. 10 Es war hiernach zunächst zu prüfen, ob der Beklagte bei Auswahl und Beaufsichtigung seines Verwalters K. die erforderliche Sorgfalt hat walten lassen (wird ausgeführt). 11 Sollte nach der neuen Verhandlung der Entlastungsbeweis als nicht geführt anzusehen sein, so kommt es darauf an, ob der eingetretene Schaden auch bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt entstanden sein würde. Wäre dies zu bejahen, so fehlte es an dem erforderlichen Kausalzusammenhang. Hierbei müßte der Beklagte dartun, daß auch ein sorgfältig ausgewählter Verwalter nicht anders hätte handeln können (RG JW 1934, 2973). Dieser Nachweis könnte zwar nicht schon dadurch erbracht werden, daß K. schuldlos gehandelt (RGZ 135, 149ff (155)) oder B. ordnungsmäßig ausgewählt und überwacht hat. Aber ein solcher Nachweis wäre geeignet, den Beweis des mangelnden Kausalzusammenhangs zu erleichtern (RG aaO). Bei dieser Prüfung käme es dann auf die weiteren Beweisantritte an, daß B. sich als Eleve im Umgang mit Tieren gut ausgekannt habe und wegen seiner Zuverlässigkeit und guten Fahrweise verschiedentlich gelobt worden sei; daß er als Führer solcher Fahrzeuge besonders geeignet und als besonders sorgsam im Umgang mit Pferden bekannt gewesen und auch entsprechend überwacht worden sei. Sollte die Beweisaufnahme die Richtigkeit dieser Behauptungen ergeben, so könnte dies für die Frage des Kausalzusammenhangs bedeutsam sein. 5. Anspruchsgrundlage Verhältnis zu §§ 31 und 278 BGB § 31 § 278 § 831 (-) (-) (+) Verhältnis zueinander: § 31 geht §§ 278, 831 als lex specialis vor! Sonderverbindung (-) (+, idR: Vertrag) Für wen wird gehaftet ? Repräsentant „in Ausführung“ Verrichtungen Erfüllungs- widerr.-schuldh./nur tb./r.w. verpfl. Verh. III. § 832 BGB nicht erf. Verrichtungsgeh. zur Erfüllung Verrichtungen einer Verbindlichkeit Haftungsvoraussetzungen:Jedes zum Schers. Verschulden des GH: (-) Verh. des Gehilfen nicht erf. erforderlich! 205 Aufsichtshaftung für vermutetes Verschulden 1. Passivlegitimiert sind: Eltern, Pfleger, vertraglich zur Aufsicht Verpflichtete (ggf. Abgrenzung zur bloßen Gefälligkeit erforderlich). Bspl.: Internat (BGH NJW 1984, 2093, krit. Picker, JZ 1985, 644, zu §§ 832, 278 BGB). 2. Entlastungsbeweis IV. § 833 S. 2 BGB Haftung für vermutetes Verschulden; näheres bei § 833 S. 1 BGB. V. §§ 836 f. BGB 1. Verletzung 2. Einsturz/Ablösung 3. Folge mangelhafter Errichtung 4. Verschuldensvermutung § 5. Haftung mehrerer Schädiger Gelegentlich sind für eine Verletzung oder einen Schaden mehrere Personen möglicher Weise kausal oder haftungsrechtlich verantwortlich. Im Allgemeinen haften mehrer Haftpflichtige dann nebeneinander. I. Nebentäter Für Nebentäter gelten die §§ 840, 421 BGB. Mehrere Täter haften damit als sog. Gesamtschuldner. Das bedeutet nach § 421 BGB, dass jeder Schuldner die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt ist. Der Gläubiger (der Geschädigte) kann dann die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Schuldner ganz oder teilweise fordern; bis zur Bewirkung der ganzen Leistung bleiben sämtliche Schuldner verpflichtet (Satz 2). Der Gläubiger (= Geschädigte) ist also der „juristische Pascha“ (Heck). So liegt es etwa, wenn jemand betrunken Motorrad fährt und dabei auf ein unbeleuchtet abgestelltes Fahrzeug prallt, so dass der Mitfahrer verletzt wird. Dann sind beide Halter gesamtschuldnerisch haftende Nebentäter. Vorauszusetzen ist, dass jeder 206 Verantwortliche voll kausal gewesen ist. Wird ein Fußgänger in aufeinanderfolgenden Jahren von einem Pkw und einem Lkw angefahren, so sind die jeweiligen Halter Nebentäter, wenn die Schadensanfälligkeit (erster Unfall) den Dauerschaden (zweiter Unfall) begünstigt hat. Im Innenverhältnis gilt § 426 BGB. Danach sind die Gesamtschuldner im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht – wie etwa über § 254 BGB – ein anderes bestimmt ist. Als zweite Anspruchsgrundlage hält § 426 Abs. 2 BGB eine Legalzession bereit: Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger (= Geschädigten) befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Er kann also aus § 426 Abs. 2 BGB in Verbindung mit der übergegangenen Schuld (s. § 412 BGB) den Ausgleich beanspruchen. Bei alledem ist zu beachten, dass in der Prüfung derjenige zunächst geprüft wird, der dem Tatgeschehen am nächsten steht (der „am nächsten dran“ ist). II. Mittäter Für Mittäter gilt § 830 Abs. 1 BGB. Mittäterschaft meint ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken mit dem Ziel der Herbeiführung desselben Verletzungserfolges. Es gelten die strafrechtlichen Kriterien (§ 25 Abs. 2 StGB). Fraglich ist, ob es auch eine fahrlässige Mittäterschaft gibt. Die herrschende Auffassung lehnt dies ab (BGHZ 137, 89; anderer Ansicht insbes. Deutsch/Ahrens, Deliktsrecht, Rn. 147). Für Exzesshandlungen eines Mittäters, die nicht vorhersehbar und nicht zurechenbar sind, haftet der andere Mittäter nicht. In Bezug auf die Kausalität werden nach der Rechtsprechung den Mittätern die einzelnen Tatbeiträge auch der jeweils anderen unwiderleglich zugerechnet. Es ist also nicht erforderlich, dass der jeweilige Tatbeitrag nachweisbar ursächlich für die Verletzung geworden ist. III. Teilnahme Die Teilnahme ist in § 830 Abs. 2 BGB geregelt. Die Kriterien sind diejenigen des Strafrechts (§§ 26 [Beihilfe], 27 [Anstiftung] StGB). 207 1. Anstiftung Eine Anstiftung liegt zumindest dann vor, wenn der Täter vorsätzlich zu seiner Tat bestimmt, d. h. der Tatentschluss in ihm hervorgerufen wird. Es ist sog. Doppelvorsatz des Anstiftenden erforderlich, der sich sowohl auf die Anstiftung als auch auf die sog. Haupttat beziehen muss. Auch der sog. Haupttäter (der Angestiftete) muss vorsätzlich gehandelt haben. 2. Beihilfe Für die Beihilfe genügt körperliche oder geistige Unterstützung des Täters (sog. psychische Kausalität). Auch hier ist der sog. Doppelvorsatz (in Bezug auf die Beihilfe als auch in Bezug auf die Haupttat) erforderlich. Bloß psychische Unterstützung (z. B. „Schmierestehen“) reicht aus. Auch genügt die Unterstützung bei der Vorbereitung der Tat. Als Haupttat ist auch hier jeweils eine vorsätzliche Tat erforderlich. Bei Anstiftung wie Beihilfe besteht für Exzesse des Haupttäters, die keinesfalls vorhersehbar waren, keine Einstandspflicht (Beispiel: Mord anlässlich des geplanten und unterstützten Diebstahls einer Flasche Limonade vom Gartentisch). BGH VersR 1998, 109 (nur Leitsätze) 1. Eine - nicht nur kurzfristige (hier: zweitägige) - Blockade des Einsatzes von Baumaschinen durch eine Protestdemonstration kann einen rechtswidrigen und schuldhaften Eingriff in den berechtigten Besitz der Bauunternehmen darstellen und zum Ersatz des durch den Ausfall der Nutzung der Baumaschinen entstandenen Schadens verpflichten. 2. Derartige Blockademaßnahmen sind nicht vom Grundrecht der Versammlungsfreiheit gedeckt und daher rechtswidrig, wenn sie durch zielgerichtete Anwendung unmittelbaren, sei es auch nur psychischen Zwanges den bestimmungsgemäßen Einsatz der Baumaschinen verhindern sollen. 3. Für die Beurteilung der Rechtswidrigkeit solchen Vorgehens können grundsätzlich auch dann keine Besonderheiten gelten, wenn es um Ereignisse 208 geht, die wenige Monate nach der Wiedervereinigung Deutschlands in den neuen Bundesländern stattgefunden haben. 4. Die bloße (zeitweilige) Anwesenheit am Demonstrationsort und die nicht näher bestimmte Teilnahme an der Versammlung als solche reicht nicht aus, um eine Mittäterschaft oder Beihilfe an deliktischen Rechtsgutverletzungen zu begründen. Für den einzelnen Teilnehmer muß jedenfalls ein Verhalten festgestellt werden können, das den rechtswidrigen Eingriff in das fremde Rechtsgut unterstützt hat und das (gemäß den im Rahmen des BGB § 830 Abs 1 S 1 und Abs 2 maßgeblichen strafrechtlichen Grundsätzen) von der Kenntnis der Tatumstände und dem auf die Rechtsgutverletzung gerichteten Willen getragen war. IV. Alternativtäterschaft Die Alternativtäterschaft ist in § 830 Abs. 1 S. 2 BGB geregelt. Vorausgesetzt ist dafür, dass sich nicht ermitteln lässt, wer von mehreren Beteiligten den Schaden durch seine Handlung verursacht hat. Erforderlich ist indes, dass es sich um mehrere Beteiligte handelt, von denen jeder kausal gewesen sein kann, aber nur der eine oder andere kausal geworden ist. Es geht also um die sich gegenseitig verdrängende Kausalität. Hauptzweck der Normen des § 830 Abs. 1 S. 2 BGB, der zu § 840 Abs. 1 BGB und damit zur Gesamtschuldnerschaft führt, ist, dem Geschädigten aus einer Beweisnot zu helfen. Das Mitgefühl mit dem Opfer ist hier größer als mit dem Täter. Jedenfalls muss feststehen, dass einer der Alternativtäter kausal geworden ist. 1. Jeder muss voll haftbar sein (Tatbestand, Rechtswidrigkeit, Schuld usw.), einzige Ausnahme ist die Kausalität. 2. Die „Beteiligung“ im Sinne von § 830 Abs. 1 S. 2 lässt sich in zwei Fallgruppen unterteilen. Es geht zum einen um Urheberzweifel, zum zweiten um Anteilszweifel (hat einer der Beteiligten den Gesamtschaden oder nur einen Teil verursacht?). Nach BGHZ 25, 271 ist erforderlich ein tatsächlich einheitlicher, örtlich und zeitlich zusammenhängender Vorgang. Beispiel: Sturz an der Grenze zweier ungestreuter Grundstücke. Nach BGHZ 33, 286 war der Fußgänger in derselben Nacht von zwei Pkw überfahren worden. Auch das soll für § 830 Abs. 1 S. 2 BGB noch genügen. Ebenso stand es in BGHZ 55, 86: Ein Unfallopfer war auf dem Weg ins Krankenhaus erneut verletzt worden. Wer von den Schädigern (Erst- oder Zweitschädiger) welche Verletzungen herbeigeführt hat, war unklar. Auch hier wurde § 830 Abs. 1 S. 2 BGB angewendet. Anders stand es in BGH LM § 249 (BB) BGB Nr. 74 mit Anm. Spickhoff. Es handelte sich um zwei nacheinander folgende Unfälle im Abstand von einem Jahr. Am Ende erlitt das Opfer ein Schleudertrauma. Es war insgesamt unklar, wer das Schleudertrauma verursacht hatte: nur der erste Täter, nur der zweite Täter oder alle beide. Der BGH lehnte hier wegen eines fehlenden tatsächlichen einheitlichen, örtlich und zeitlich zusammenhängenden Vorgangs die Anwendung von § 830 Abs. 1 S. 2 BGB ab. 209 3. Steht fest, dass der Ersttäter für den gesamten Schaden haftet, weil ihm die Schädigung durch den Zweitbeteiligten als adäquat-kausale Folge seiner Tat zuzurechnen ist, so fehlt es an den von § 830 Abs. 1 S. 2 BGB vorausgesetzten Beweisschwierigkeiten hinsichtlich der Kausalität, so dass die Vorschrift nicht angewendet wird (BGHZ 67, 14, 19 ff, strittig). Sonderfall zur Demonstrationsfreiheit und Haftung von Demonstranten: BGHZ 89, 400 (Demo gegen Kernkraftwerk Grohnde - Auszug) Tatbestand: 1 Am 19. März 1977 fand an der Baustelle des Kernkraftwerks G eine Großdemonstration gegen die Errichtung von Kernkraftwerken statt, zu der zahlreiche Bürgerinitiativen und politische Gruppen aufgerufen hatten. Daran beteiligten sich zwischen 10.000 und 20.000 Demonstranten, die aus vielen Teilen der Bundesrepublik angereist waren. Das Grundstück, auf dem das Kernkraftwerk errichtet wurde, liegt zwischen den Ortsteilen G und K der Gemeinde E mehrere hundert Meter westlich der We, die hier etwa in nordwestlicher Richtung fließt. Die Baustelle war durch einen doppelten Stahlgitterzaun von etwa 3 m Höhe gesichert. Parallel zur We verläuft unmittelbar an der Ostgrenze des Bauplatzes entlang - die Bundesstraße 83 (B 83). Die Demonstranten hatten sich im wesentlichen in K, etwa 1 km nordwestlich der Baustelle, und in G, etwa 1 km südöstlich der Baustelle, versammelt und brachen gegen 12.00 Uhr zum Kernkraftwerk auf, - ein Teil von ihnen von vornherein in der Absicht, den Bauplatz notfalls gewaltsam zu besetzen. Von der Einsatzleitung der Polizei des Landes Niedersachsen, die von solchen Plänen erfahren hatte, waren innerhalb und außerhalb des Bauplatzgeländes starke Polizeikräfte bereitgestellt. Am Südausgang von K hatte die Polizei auf der B 83 eine Kraftfahrzeugsperre errichtet, indem sie zwei Lastwagen quer, dazwischen einen längs der Straße und vor diesen Wagen ein Gitter aufgestellt hatte. Die Lücken ließen das gleichzeitige Passieren von drei Personen zu. Gegen 12.45 Uhr kam es vor dieser Sperre zu einer Stauung des von K anrückenden Demonstrationszuges, in dem auch mehrere Fahrzeuge mitgeführt wurden. Dem Verlangen von Demonstranten auf Räumung der Sperre kam die Polizei nicht nach, weil sie vor allem die Fahrzeuge, in denen sie Waffen und schweres Gerät zur Beseitigung des Bauzaunes vermutete, nicht durchlassen wollte. Daraufhin beseitigten Demonstranten die Sperre gewaltsam, indem sie das Sperrgitter und einen der quergestellten Lastwagen wegzogen. Es kam zu körperlichen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Polizeibeamten, die den weggezogenen Lastwagen zurückholen wollten. Dabei gab es auf beiden Seiten Verletzte. Sodann setzte sich der Demonstrationszug unter Mitführung der Fahrzeuge in Richtung Baugelände in Bewegung. Gleichzeitig rückte von Süden her der aus G kommende Demonstrationszug heran; eine bei G ebenfalls auf der B 83 errichtete Kraftfahrzeugsperre war von der Polizei aufgehoben worden, nachdem die Demonstranten sich mit der Durchsuchung mitgeführter Kraftfahrzeuge einverstanden erklärt hatten. 2 210 Gegen 14.00 Uhr kamen beide Demonstrationszüge an der Baustelle an. Ein Teil der Demonstranten versuchte, den Zaun mit Hilfe von Wurfankern und Seilen, Bolzenschneidern, Schneidbrennern und ähnlichem Gerät einzureißen, und zwar hauptsächlich an dem sogenannten Haupttor, das sich im nördlichen Teil der Ostseite des Baugeländes befindet, und dem sogenannten Tor 2 im südlichen Drittel der Ostseite. Den Demonstranten gelang es, beim Haupttor den äußeren Zaun und beim Tor 2 den äußeren und inneren Zaun ein kleines Stück einzureißen. Während dieser Aktionen griffen Demonstranten die innerhalb des Baugeländes eingesetzten Polizeibeamten durch Würfe von Steinen und anderen Gegenständen an. Die Polizeibeamten ihrerseits setzten Wasserwerfer, Tränengas und Löschpulver ein. Gegen 15.00 Uhr begannen nach vorheriger Ankündigung Polizeieinheiten, die aus Richtung Nordwesten in einer etwa 250 m breiten Kette anrückten, das Gelände östlich des Bauplatzes von den Demonstranten zu räumen. Sie setzten dabei Schlagstöcke ein. Von den Demonstranten wurden sie mit Steinen und anderen Gegenständen beworfen. In der Nähe des Tores 2 kam es auch zu unmittelbaren körperlichen Auseinandersetzungen zwischen Polizisten und Demonstranten. Wiederum gab es auf beiden Seiten Verletzte. Gleichzeitig rückten an der südlichen Begrenzung des Bauplatzes andere Polizeieinheiten nach Osten vor. Beide Einsatzgruppen erreichten etwa zur gleichen Zeit die Südost-Ecke des Baugeländes. Zu dieser Zeit setzte die Polizei auch eine Reiterstaffel ein, die gegen die Demonstranten vorging. 3 Das klagende Land hat 18 Teilnehmer an der Demonstration auf Ersatz der Schäden in Anspruch genommen, die bei den Auseinandersetzungen an der Kraftfahrzeugsperre K und bei der späteren Räumung des Geländes östlich und südlich des Bauplatzes dadurch entstanden sind, daß eingesetzte Polizisten und Grenzschutzbeamte Verletzungen erlitten und Polizeimaterial verloren ging oder beschädigt wurde. Unter Darstellung des jeweiligen Verhaltens der Beklagten während der Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Polizei ist das klagende Land der Ansicht, diese seien als Mittäter oder Gehilfen einer einheitlichen Handlung anzusehen und hätten deshalb für alle geltend gemachten Schäden einzustehen. Es verlangt deshalb von jedem der Beklagten als Gesamtschuldner die Zahlung von 233.926,09 DM nebst Zinsen. 4 Der Zweitkläger, der beim Einsatz der Polizeibeamten zur Räumung des Geländes südlich des Bauplatzes durch ein Rundholz und durch einen dicken Feldstein erheblich verletzt worden ist, hat von den Beklagten zu 1) bis 7) und 9) bis 18) als Gesamtschuldnern die Zahlung eines Schmerzensgeldes von 20.000 DM verlangt. 5 Die Beklagten bestreiten zum Teil die Behauptungen über ihre angeblichen Tatbeiträge und vertreten überdies die Ansicht, die Klage sei aus Rechtsgründen abzuweisen. 211 6 Das Landgericht hat den Beklagten zu 8) durch Teilversäumnisurteil antragsgemäß verurteilt und sodann seinen Einspruch als unzulässig verworfen; das Teilversäumnisurteil ist insoweit rechtskräftig. Die Klagen gegen die Beklagten zu 2), 3), 16) und 18) hat das Landgericht abgewiesen. Die Klage des Landes gegen den Beklagten zu 9) hat es in vollem Umfang dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Die gegen den Beklagten zu 1) gerichtete Klage hat es jedoch nur hinsichtlich des in K entstandenen Schadens, die gegen die Beklagten zu 4) bis 7), 10) bis 15) und 17) hinsichtlich des unmittelbar am Kernkraftwerksgelände entstandenen Schadens dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Die Klage des Zweitklägers hat das Landgericht gegenüber dem Beklagten zu 1) abgewiesen und ihr im übrigen dem Grunde nach gegenüber den Beklagten zu 4) bis 7), 9) bis 15) und 17) stattgegeben. 7 Hinsichtlich der Abweisung der gegen die Beklagten zu 2) und 18) gerichteten Klage hat das klagende Land dieses Urteil nicht angefochten. Auch der Zweitkläger hat keine Berufung eingelegt. Im übrigen hat das Berufungsgericht auf die Rechtsmittel des klagenden Landes und der noch am Rechtsstreit beteiligten Beklagten die Abweisung der gegen die Beklagten zu 3) und 16) gerichteten Klage bestätigt. Darüber hinaus hat es die beiden Klagen gegen die Beklagten zu 6) und 17) abgewiesen. Gebilligt hat es die Verurteilung des Beklagten zu 9) dem Grunde nach in vollem Umfang. Gegenüber dem klagenden Land haften nach seinem Urteil dem Grunde nach voll ferner die Beklagten zu 1), 7), 13), 14) und 15). Eine Haftung dem Grunde nach gegenüber dem klagenden Land hat das Berufungsgericht bei den Beklagten zu 4), 5), 10), 11) und 12) jeweils für die Schäden angenommen, die nach einem bestimmten Zeitpunkt - Beginn der jeweiligen Teilnahmehandlung - entstanden sind, im übrigen "nur im Rahmen des § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB". 8 Die Berufungen der Beklagten zu 4), 5), 7), 9), 10), 11), 12), 13), 14) und 15) gegen das ihre Haftung dem Zweitkläger gegenüber dem Grunde nach feststellende Urteil des Landgerichts hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. 9 Das klagende Land wendet sich mit seiner Revision gegen die Abweisung der gegen die Beklagte zu 6) gerichteten Klage sowie gegen die vom Berufungsgericht ausgesprochenen Einschränkungen der Haftung der Beklagten zu 4), 5), 10), 11) und 12). Die Beklagten zu 1), 4), 5), 7), 9), 10), 11), 12), 13), 14) und 15) verfolgen mit ihrer Revision ihre Anträge auf volle Abweisung der Klagen weiter. 212 Entscheidungsgründe 10 Das Berufungsgericht - sein Urteil ist auszugsweise veröffentlicht in Nds Rpfl 1982, 39 ff und VersR 1982, 598 ff - führt, soweit es zu einer Verurteilung der Beklagten gekommen ist, im wesentlichen aus: Bei den Verletzungshandlungen und Sachbeschädigungen, die im Zusammenhang mit der von einem Teil der Demonstranten von vornherein geplanten und erstrebten Bauplatzbesetzung des Kernkraftwerksgeländes begangen seien, handele es sich rechtlich um eine einheitliche Tat. Alle Handlungen hätten dazu gedient, ein gemeinsam erstrebtes Ziel, nämlich die Bauplatzbesetzung, zu erreichen. Ein nicht geringer Teil der Demonstranten habe von vornherein den Plan gehabt, unter Anwendung von Gewalt und unter Einsatz der mitgeführten Waffen den Zaun um das Bauplatzgelände zu überwinden. Es habe sich mithin um eine Demonstration gehandelt, die jedenfalls von einem Teil der Teilnehmer als von Anfang an unfriedlich und gewaltsam geplant gewesen sei. Deswegen - so meint das Berufungsgericht - seien die im Zusammenhang mit der angestrebten Bauplatzbesetzung begangenen Handlungen für diese Teilnehmer und diejenigen, die sich deren Plan angeschlossen hätten, von einem gemeinsamen Willen zur Erreichung eines gemeinschaftlichen Zieles getragen gewesen. Sie seien deshalb Teilnehmer an den im Verlauf der Demonstration verübten Körperverletzungen und Sachbeschädigungen (§ 830 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB). Diese Taten seien, wie das Berufungsgericht im einzelnen ausführt, rechtswidrig gewesen; insbesondere begründeten die nach Meinung der Demonstranten von Kernkraftwerken ausgehenden Gefahren kein Widerstandsrecht gegen deren Errichtung. 11 Von diesem Ausgangspunkt aus wertet das Berufungsgericht die einzelnen, von ihm jeweils festgestellten Tatbeiträge der Beklagten während der Auseinandersetzungen am Kernkraftwerksgelände. Wegen der Einzelheiten wird auf die nachfolgenden Ausführungen unter B verwiesen. Dabei rechnet es dem Beklagten zu 1), der sich nur an der Beseitigung der Kraftfahrzeugsperre in K beteiligt hat, aufgrund einer Fortwirkung seines Tatbeitrages auch die bei den späteren Auseinandersetzungen am Bauplatz entstandenen Schäden zu. Ebenso haften seiner Ansicht nach die Beklagten zu 7), 13), 14) und 15) deswegen für die in K entstandenen Schäden mit, weil sie von vornherein zu Gewalttaten entschlossen waren, obwohl eine aktive Beteiligung an Gewalthandlungen bei ihnen erst später festzustellen sei. Bei den übrigen zum Schadensersatz verurteilten Beklagten vermag das Berufungsgericht nicht auszuschließen, daß diese sich erst zu einem späteren Zeitpunkt spontan zu Gewalttätigkeiten und zur Solidarisierung mit Gewalttätern entschlossen haben. Es will diese Beklagten nur für diejenigen Schäden haften lassen, die nach ihrem jeweiligen ersten konkreten Tatbeitrag entstanden sind. Soweit freilich im späteren Betragsverfahren nicht aufzuklären sein sollte, ob Schäden vor oder nach dem für die Haftung des einzelnen Beklagten maßgebenden Zeitpunkt entstanden seien, gehe diese Unklarheit in Anwendung des § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB zu Lasten der Beklagten. 213 12 Soweit sie als Mittäter oder Gehilfen an gemeinschaftlichen Körperverletzungen anläßlich der Demonstration anzusehen seien, hafteten die Beklagten - so meint das Berufungsgericht - auch auf Ersatz des immateriellen Schadens des Zweitklägers, der während seines Einsatzes als Polizist durch Wurfgeschosse verletzt worden ist; dies freilich nur, sofern die einzelnen Beklagten sich nach den getroffenen Feststellungen schon vor der Verletzung des Zweitklägers dem gemeinschaftlichen Tatplan der gewaltsamen Bauplatzbesetzung angeschlossen hätten. Nicht aufklärbare Zweifel in zeitlicher Hinsicht gehen nach Ansicht des Berufungsgerichts dabei wiederum in Anwendung des § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB zu Lasten des jeweiligen Beklagten. 13 Soweit das Berufungsgericht die Klage gegen die Beklagten zu 3), 6), 16) und 17) als unbegründet angesehen hat, vermochte es sich aufgrund der von ihm festgestellten Tatumstände nicht davon zu überzeugen, daß diese die Körperverletzungen und Sachbeschädigungen vorsätzlich physisch oder psychisch unterstützt haben. Auf Einzelheiten wird bei den Ausführungen über die Revision des klagenden Landes betreffend die Klagabweisung gegen die Beklagte zu 6) eingegangen werden. 14 Die gegen das Berufungsurteil gerichteten Revisionsangriffe des klagenden Landes sind - abgesehen von den nachfolgend unter A I erörterten verfahrensrechtlichen Punkten - in sachlicher Hinsicht unbegründet. Dagegen hält das angefochtene Urteil den Revisionen der Beklagten im Ergebnis nicht stand. … 21 II. Zur Teilnahme an unerlaubten Handlungen während der Demonstration 22 Schon der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, die Beklagten seien als Teilnehmer an einer rechtlich als Einheit anzusehenden unerlaubten Handlung zu betrachten, findet in den tatsächlichen Feststellungen keine ausreichende Stütze. 23 1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß sich die Prüfung, ob sich jemand als Mittäter oder Gehilfe an einer die zivilrechtliche Haftung begründenden Körperverletzung oder Sachbeschädigung beteiligt hat (§ 830 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB), nach den für das Strafrecht entwickelten 214 Rechtsgrundsätzen richtet (BGHZ 63, 124, 126 m.w.Nachw.). Danach verlangt die Teilnahme neben der Kenntnis der Tatumstände wenigstens in groben Zügen den jeweiligen Willen der einzelnen Beteiligten, die Tat gemeinschaftlich mit anderen (als Mittäter) auszuführen oder sie (als Gehilfe) als fremde Tat zu fördern, objektiv darüber hinaus eine Beteiligung an der Ausführung der Tat, die in irgendeiner Form deren Begehung fördert und für diese relevant ist. 24 a) Zur subjektiven Seite stellt das Berufungsgericht fest: Ein nicht geringer Teil der Teilnehmer an der Demonstration habe von vornherein den Plan gehabt, unter Anwendung von Gewalt und notfalls unter Einsatz mitgeführter Waffen (wie Knüppeln, Stöcken, Stangen und Zwillen mit Munition, ferner Bolzenschneidern, Schweißgeräten, Wurfankern mit Tauen und dergl.) den Sicherheitszaun um das Kernkraftwerksgelände zu überwinden und den Bauplatz zu besetzen. Alle im Zusammenhang mit der angestrebten Bauplatzbesetzung begangenen Handlungen - gemeint sind offenbar die hier in Rede stehenden vorsätzlichen Körperverletzungen von Polizeibeamten und die Beschädigung von Polizeimaterial - sind nach Ansicht des Berufungsgerichts schon deswegen von einem gemeinschaftlichen Willen derjenigen umfaßt, die ihrem Plan entsprechend von vornherein zu etwaigen Gewalttaten entschlossen waren oder die sich dem Plan später angeschlossen hatten. Darüber hinaus sieht das Berufungsgericht in dem Gesamtgeschehen eine einzige, von dem gemeinschaftlichen Willen getragene Tat. Zur Begründung beruft es sich auf die Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Blockade und zu Angriffen gegen Betriebe des Verlages S in F und B (BGHZ 59, 30 und Urt. v.30. Mai 1972 - VI ZR 139/70 NJW 1972, 1571) sowie zu unerlaubten Handlungen im Zusammenhang mit einer Hausbesetzung (BGHZ 63, 124). 25 b) Indessen reichen die Verabredung, im Rahmen einer Großdemonstration das Kernkraftwerksgelände zu besetzen, und der darin zum Ausdruck kommende Wille, sich notfalls auch gewaltsam gegen zum Schutz des Geländes oder zur Auflösung der Demonstration eingesetzte Polizeibeamte durchzusetzen, noch nicht aus, um einen gemeinsamen Tatentschluß für alle im Verlauf der Großdemonstration von Mitdemonstranten verübten Körperverletzungen oder Sachbeschädigungen anzunehmen; ebensowenig ist eine solche Annahme ohne weiteres bei denjenigen Demonstranten begründet, die sich erst im Verlaufe der Demonstration der einen oder anderen gewalttätigen Handlung angeschlossen haben. Das läßt sich auch den vom Berufungsgericht angeführten Entscheidungen des erkennenden Senats nicht entnehmen. 26 aa) Der Einzelne, der sich allein oder meist in kleinen oder größeren Gruppen zu einer Großdemonstration begibt, wird im allgemeinen nur eine ungefähre Vorstellung von der Planung und Durchführung der Aktion haben, wenn er 215 nicht maßgeblich an deren Vorbereitung beteiligt war und zu den sogenannten "Rädelsführern" geplanter Gewalttätigkeiten gehört. Für keinen der Beklagten hat das Berufungsgericht derartiges festgestellt. Weiß der Demonstrant, daß wie im Streitfall - eine gewaltsame Bauplatzbesetzung stattfinden soll, und will er sich unter Billigung zu erwartender Gewalttätigkeiten gegen Polizeibeamte an einer solchen Besetzung beteiligen, so ist es doch für ihn häufig nicht erkennbar und vorerst völlig offen, ob und in welchem Umfang es zu Tätlichkeiten kommen wird, ob er selbst überhaupt in die Lage kommt, sich an diesen zu beteiligen, welcher Art die Auseinandersetzungen sein und mit welchen Mitteln sie ausgetragen werden, sowie in welcher Gruppierung von Demonstranten er sich dabei befinden wird. Dementsprechend kann ihm nicht, zumal schon für den Zeitpunkt seines Hinzutretens zu der Demonstration, ohne weiteres unterstellt werden, er werde sich auf alle Fälle an Gewalttaten jeder Art beteiligen und wolle sich mit jeder anderen Demonstrantengruppe solidarisieren. 27 Dagegen sprechen bei Großdemonstrationen, wie im Streitfall, vor allem zwei Gründe: 28 Einmal sind die Teilnehmer an einer solchen Demonstration keine homogene Gruppe, in der über Durchführung und Ablauf der Demonstration die gleichen Vorstellungen und Zielsetzungen herrschen. Die Demonstranten können durchaus unterschiedliche Motive für ihre Teilnahme haben. Die meisten werden, wie im Streitfall, nach Möglichkeit friedlich demonstrieren wollen, andere planen unter Umständen sogenannten passiven, gewaltfreien Widerstand, andere wollen Gewaltanwendung nicht ausschließen, wiederum andere mögen zu allem entschlossen sein. Selbst bei solchen Demonstranten, die sich bewaffnet haben, folgt aus diesem Umstand noch nicht zwingend, daß sie diese Waffen in jeder sich bietenden Lage einsetzen wollen; der eine oder andere mag etwa nur an die Abwehr von, wenn auch rechtmäßigen, Eingriffen der Polizei gegenüber Demonstranten denken. Soweit Gruppen von vornherein zu Ausschreitungen gegen Sachen oder Personen unter Ausnutzung der jeweiligen Demonstrationslage entschlossen sind, wird es sich ohnehin nur um einen kleineren, fest umrissenen Täterkreis handeln. 29 Zum anderen kann der Entschluß des einzelnen Demonstrationsteilnehmers, sich an der Ausführung von Gewalttätigkeiten zu beteiligen, aus ganz unterschiedlichen, auch situationsgebundenen Motivationen entstehen. Kommt es zu Auseinandersetzungen anderer Demonstranten mit der Polizei, deren eigentlicher Anlaß dem einzelnen Teilnehmer gar nicht ohne weiteres erkennbar sein muß, können Angst, Wut, Enttäuschung, der Wunsch, bedrängten Mitdemonstranten zu helfen, zuweilen vielleicht auch nur die Absicht, sich selbst vor der von den Ordnungskräften ausgeübten unmittelbaren körperlichen Gewalt zu schützen, zu spontanen 216 Solidarisierungen mit ihrerseits gewaltausübenden Mitdemonstranten und zur Teilnahme an deren Gewaltakten führen. 30 Es wird sich deshalb der jeweilige Wille eines Teilnehmers an der Großdemonstration zur Begehung oder Förderung von Gewalttaten in der Regel nur auf einen bestimmten Tatkomplex beziehen lassen. Der Wille zur gemeinschaftlichen Tat oder deren Unterstützung ist zunächst nur auf das für den Demonstranten räumlich und zeitlich überschaubare Aktionsfeld gerichtet und auf die dort von ihm oder der Gruppe, mit der er sich solidarisiert hat, ausgeführten Handlungen. Das gemeinschaftlich gewollte Ziel - Besetzung des Bauplatzgeländes unter Überwindung von Widerstand - hat für sich allein zu wenig Substanz, um bereits auf einen gemeinschaftlichen Willen zu jeder dabei verübten Gewalttat oder auch nur auf einen entsprechenden Gehilfenvorsatz zu schließen. Zwar genügt es, vor allem bei Massendelikten, daß die gewollte Übereinstimmung zwischen den Mittätern irgendwie hergestellt wird; der einzelne Mittäter muß nur wissen, daß neben ihm andere unter dem gleichen Bewußtsein des gemeinsamen einverständlichen Handelns aktiv sind (vgl. dazu etwa Cramer in Schönke/Schröder, StGB, 21.Aufl., § 25, Rdn. 71; LK-StGB-Roxin, 10.Aufl., § 25, Rdn. 119). Indessen gehört dazu eine übereinstimmende Rollenverteilung, durch die das gemeinschaftliche Bewußtsein hergestellt wird (Cramer aaO vor § 25, Rdn. 82). Diese wird nicht schon durch die bloße Absicht, bei einer Großdemonstration mitzumachen und dabei je nach Lage der Dinge auch gegen andere Gewalt anzuwenden, hergestellt. Sie aktualisiert sich bei dem jeweiligen Teilnehmer an einer Großdemonstration, solange er nicht an der konkreten Planung mitwirkt oder diese in leitender Funktion zur Durchführung bringt, mithin gezielt gewalttätige Aktionen lenkt, im allgemeinen erst durch die Solidarisierung mit anderen gewalttätigen Demonstranten oder Teilgruppen an Ort und Stelle (Bedenken gegen eine Haftung bei Fehlen eines "gezielten Planes" auch bei Esser/Schmidt, Schuldrecht, Bd. I, Teilband 2, 5.Aufl., S.118). Wann danach aus dem jeweiligen Verhalten des Demonstrationsteilnehmers auf einen gemeinschaftlichen Täterwillen oder auf einen entsprechenden Gehilfenvorsatz geschlossen werden darf, und wo die Grenze zwischen dem Recht auf Teilnahme an einer nicht insgesamt unfriedlich geplanten Demonstration und dem Unrecht einer Unterstützung von Gewalttätigkeiten zu ziehen ist, wird noch zu erörtern sein. Jedenfalls reichen die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht aus, für jeden der Beklagten die subjektiven Voraussetzungen einer Teilnahme an allen nach ihrer Solidarisierung mit gewalttätigen Demonstranten im Umfeld der Großdemonstration begangenen Körperverletzungen und Sachbeschädigungen anzunehmen. 31 bb) Zu Unrecht beruft sich das Berufungsgericht für seine andere Sicht auf die Rechtsprechung des erkennenden Senats. Dem Urteil vom 30. Mai 1972 (BGHZ 59, 30) lag ein Sachverhalt zugrunde, der die Feststellung der tatsächlichen Voraussetzungen einer Mittäterschaft des damaligen Beklagten rechtfertigte. Dieser war einer der Rädelsführer der als gewaltsam geplanten 217 Blockade, hatte an der Durchführung mitgewirkt, die Planung den späteren Mitdemonstranten erläutert und sich sodann selbst an der Aktion in Kenntnis und mit Billigung der dabei von anderen verübten Gewalttaten beteiligt. Unter solchen Umständen besteht kein Zweifel an einem genügend konkretisierten gemeinschaftlichen Tatentschluß und der objektiven Teilnahme an den Sachbeschädigungen. Nicht anders war es in dem am gleichen Tage entschiedenen Fall VI ZR 139/70 (NJW 1972, 1571). Der dort Beklagte, der mit anderen Demonstranten gewaltsam in das S haus in B eindrang, billigte die dabei verübten Gewalttätigkeiten nach den zugrunde liegenden Feststellungen insgesamt und betrachtete sein eigenes Tun als Teil eines gemeinschaftlichen Vorgehens. Es handelte sich auch um ein räumlich und zeitlich überschaubares Geschehen. Im sogenannten Hausbesetzer-Fall (BGHZ 63, 124), auf den sich das Berufungsgericht insbesondere bezieht, hat der Senat aufgrund der tatsächlichen Feststellungen die Voraussetzungen einer psychischen Beihilfe der Beklagten an Gewalttätigkeiten der "Mitbesetzer" des Hauses gegen die zur Räumung eingesetzten Polizeibeamten angenommen. Er hat auch dort auf den erforderlichen Teilnahmewillen nicht allein aus ihrer Anwesenheit am Tatort geschlossen, sondern schon auf ihre Mitwirkung bei den Vorbereitungshandlungen abgestellt. Die Verhältnisse waren überdies für die dortigen Beklagten zeitlich und räumlich überschaubar; sie waren auch nicht - wie im Streitfall - zu einer wenigstens teilweise als friedlich geplanten Demonstration gegangen, sondern hatten sich in Kenntnis der Tatsache, daß die Polizei das besetzte Haus gewaltsam räumen werde, mit anderen verbarrikadiert, sich mit diesen solidarisiert und dort ausgeharrt. Sie bildeten, wie das Berufungsgericht im anderen Zusammenhang selbst richtig sagt, eine "verschworene Gemeinschaft". Die erörterten Verhältnisse bei einer Großdemonstration liegen tatsächlich anders und müssen deshalb, ohne daß die vom Senat damals aufgestellten Rechtsgrundsätze aufgegeben werden müßten oder dürften, auch rechtlich anders beurteilt werden. 32 2. Bei der rechtlichen Wertung, ob objektiv ein Tatbeitrag als Mittäter oder Gehilfe geleistet worden ist, dürfen ferner folgende rechtlichen Überlegungen und tatsächlichen Umstände nicht außer Acht gelassen werden: 33 a) Die verfassungsrechtlich mit der Meinungs- und Versammlungsfreiheit durch Art. 5 Abs. 1 und Art. 8 Abs. 1 GG gewährleistete Demonstrationsfreiheit gibt allerdings kein Recht zur Ausübung von Gewaltakten, insbesondere auch nicht gegenüber den Ordnungskräften der Polizei, weil die Gewährleistungen nur auf die friedliche Auseinandersetzung mit geistigen Mitteln angelegt sind (vgl. u.a. BGHZ 59, 30 mit Anm. Pehle bei LM BGB § 823 (Ai) Nr. 42 und BGHZ 63, 124 mit Anm. Steffen bei LM BGB § 830 Nr. 19; ferner BGHZ 70, 277, 287). Indessen darf die Demonstrationsfreiheit nicht dadurch, daß an die Bejahung einer haftungsbegründenden Teilnahme an Gewaltakten anderer Demonstranten zu geringe Anforderungen gestellt werden, unterlaufen werden (vgl. dazu u.a. Steffen aaO und in RGRK - BGB 12.Aufl. § 830 Rdn. 11 bis 13; Deutsch, 218 Haftungsrecht I, 346). Deswegen reicht es zu der Annahme einer Mittäterschaft oder Beihilfe an solchen Ausschreitungen nicht schon aus, daß der an ihnen nicht aktiv beteiligte Demonstrant an Ort und Stelle verharrt, auch wenn er, wie es die Regel sein wird, von vornherein mit Gewalttätigkeiten einzelner oder ganzer Gruppen rechnet und weiß,daß er allein schon mit seiner Anwesenheit den Gewalttätern mindestens durch Gewährung von Anonymität Förderung und Schutz geben kann. Ein solches Verhalten kann auch nur die Kundgabe der eigenen Meinung zu den sachlichen Anliegen der Demonstration in der Öffentlichkeit darstellen. Darüber hinaus steht die Äußerung der Gesinnung allein - abgesehen von den §§ 131, 140 StGB - nicht unter Strafandrohung und kann auch nicht die zivilrechtliche Haftung begründen. Dazu ist mehr erforderlich, nämlich die Feststellung, daß Gewährung von Anonymität und Äußerung von Sympathie darauf ausgerichtet und geeignet sind, Gewalttäter in ihren Entschlüssen und Taten zu fördern und zu bestärken, etwa durch Anfeuerung oder ostentatives Zugesellen zu einer Gruppe, aus der heraus Gewalt geübt wird. Eine Ausdehnung der zivilrechtlichen Haftung für die bei einer Großdemonstration angerichteten Schäden auf "passiv" bleibende Sympathisanten wäre verfassungswidrig, weil sie die Ausübung des Demonstrationsrechtes mit einem unkalkulierbaren und untragbaren Risiko verbinden und so das Recht auf öffentliche Kundgebung der Meinung unzulässig beschränken würde. 34 b) Einer pauschalen Haftung des Demonstrationsteilnehmers, der sich aktiv an einzelnen Gewalttaten beteiligt, für alle anläßlich der Großdemonstration entstandenen Schäden steht schließlich entgegen, daß sie den Mittätern oder Gehilfen unterschiedslos auch das zurechnet, was von ihrem Willen nicht mehr gedeckt ist. Mittäter oder Gehilfen haften nicht für den sogenannten Exzeß des unterstützten Täters, d.h. für diejenigen unerlaubten Handlungen, die dieser außerhalb der gemeinschaftlichen Tat ohne ihre Kenntnis und Billigung begeht (BGHZ 59, 30, 42; 63, 124, 128). Es ist nicht selbstverständlich, daß ein Demonstrant, der sich durchaus an körperlichen Auseinandersetzungen mit Ordnungskräften und - wie im Streitfall - an der Beschädigung des Sicherheitszaunes um ein Kernkraftwerksgelände beteiligen will, jedes dabei von anderen eingesetzte Mittel und jede Brutalität billigt. Zwar wird im allgemeinen der Vorsatz des Teilnehmers eine große Spielbreite der konkreten Ausführung durch den unterstützten Täter umfassen (vgl. Steffen in RGRK-BGB, 12.Aufl.,§ 830 Rdn. 13 m.Nachw.). Indessen ist es etwa nicht selbstverständlich, daß derjenige, der bereit ist, mit anderen Sperren zu beseitigen und Wasserwerfer mit Steinen anzugreifen, sich an dem Einsatz lebensgefährlicher Waffen und Geräte beteiligen will. 35 Darüber hinaus können Verletzungen von Ordnungskräften und Beschädigungen oder Verluste von Polizeimaterial auf Großdemonstrationen vielfache Ursachen haben. Ausgeschlossen ist es schon nicht, daß sich Polizeibeamte bei der Verfolgung von Demonstranten, die selbst friedlich gewesen sein mögen und ihre Verfolgung nicht herausgefordert haben, ohne fremde Einwirkung verletzen; auszuschließen ist auch nicht, daß es während 219 harter Auseinandersetzungen zu nicht mehr gerechtfertigten Übergriffen von Polizeibeamten kommt, gegen die Notwehr geübt werden darf. Schäden, die darauf beruhen, sind jedenfalls nicht ohne weiteres dem beteiligten Demonstranten anzulasten. Freilich fehlt es im Streitfall insoweit an tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts. Soweit es um den Ersatz von beschädigtem oder verlorenem Material geht, ist es ebenfalls nicht selbstverständlich, daß die Schäden alle darauf beruhen müssen, daß die Beklagten sich an Gewalttaten beteiligt haben. Dürfte das klagende Land ohne nähere Darlegung der Umstände, unter denen Polizeibeamte verletzt worden sind und unter denen Material zerstört, beschädigt oder verlorengegangen ist, den Beklagten - wie hier geschehen - pauschal die gesamten Verluste zurechnen, würde ihnen die Möglichkeit genommen, sich gegen unberechtigte Teilforderungen zur Wehr zu setzen. Das ist nicht nur eine Frage der Schadenshöhe, die dem Betragsverfahren überlassen bleiben könnte, sondern es handelt sich um mögliche Einwendungen gegen den Grund, die jedenfalls einen Teil des geltend gemachten Anspruches betreffen (vgl. dazu schon oben unter I.). 36 III. Zur Rechtswidrigkeit von Gewalttaten bei Großdemonstrationen 37 Das Berufungsgericht hat im einzelnen ausgeführt, daß für die Teilnehmer an der Demonstration keine Notwehr- oder Notstandsituation vorgelegen hat und die Beklagten vor allem auch kein Widerstandsrecht nach Art. 20 Abs. 4 GG für sich in Anspruch nehmen können. Das entspricht der bereits mehrfach zitierten Rechtsprechung des Senats, an der festgehalten wird und auf die verwiesen werden kann. Weder das Recht auf Meinungsäußerung noch das Demonstrationsrecht (Art. 5 Abs. 1, Art. 8 GG) erlauben die Anwendung von Gewalt gegen Personen oder Sachen. 38 Den Erwägungen der Revisionen der Beklagten, für Großdemonstrationen gegen Kernkraftwerke könne etwas anderes gelten, vermag der Senat nicht zu folgen. Er stimmt zwar der Auffassung zu, daß es für die zahlreichen Gegner der Kernenergie ein Anliegen von existentieller Bedeutung ist, ihre Bedenken gerade auch außerhalb der Parlamente und außerhalb von Verwaltungs- und Gerichtsverfahren zum Ausdruck zu bringen. Demonstrationen sind ein geeignetes Mittel dazu. Solange aber, was auch die Revision nicht behauptet, die Voraussetzungen für das verfassungsrechtlich gewährte Widerstandsrecht nicht vorliegen, solange also nicht die Existenz der verfassungsmäßigen Ordnung der Bundesrepublik auf dem Spiel steht und andere Abhilfe unmöglich ist, kann auch den Bürgern des Staates, die die von der Mehrheit getragenen politischen Entscheidungen für sich und ihre Angehörigen als lebensbedrohend ansehen, nicht gestattet werden, ihre andere Überzeugung durch Gewalttaten zu manifestieren. Wenn, wie oben im einzelnen ausgeführt, die zivilrechtliche Haftung für Gewalttaten anläßlich von Großdemonstrationen angemessen auf das beschränkt wird, was dem 220 jeweiligen Teilnehmer auch unter Berücksichtigung des Aggressionspotentials und der Eigendynamik solcher Veranstaltungen noch zuzurechnen ist, kann nicht mehr die Rede davon sein, der Staat verlange in Wahrheit Ersatz von Folgekosten gesellschaftlicher Probleme, die durch die Ausübung von Grundrechten entstanden seien. Meinungsfreiheit und Demonstrationsfreiheit werden nicht über Gebühr eingeschränkt, wenn Gewalttäter auch zivilrechtlich für die Folgen ihrer Handlung einzustehen haben. Soweit Ersatz von Einsatzkosten für Ordnungskräfte gefordert wird, muß ohnehin sorgfältig geprüft werden, ob sie schadensrechtlich einer unerlaubten Handlung des in Anspruch genommenen Demonstranten zuzurechnen sind. 39 IV. Zur Anwendung des § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB 40 1. Soweit das Berufungsgericht für die Beklagten zu 4), 5), 10), 11) und 12) den Beginn ihrer Haftung von einem bestimmten Zeitpunkt ab annimmt, hat es für solche Schäden, bei denen es im Betragsverfahren zweifelhaft bleiben sollte, ob sie vor oder erst nach diesem Zeitpunkt entstanden sind, zu Gunsten des klagenden Landes die Anwendung der Vorschrift des § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB bejaht. Danach sind mehrere an einer unerlaubten Handlung Beteiligte für den gesamten Schaden auch dann verantwortlich, wenn sich nicht ermitteln läßt, wer von ihnen den Schaden durch seine Handlung verursacht hat. Unter Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des erkennenden Senates und mit der in der Literatur gegen sie teilweise erhobenen Kritik meint das Berufungsgericht, der Zweck der Regelung in § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB liege nicht ausschließlich darin, die Beweisnot des Geschädigten zu beheben, sondern darin, Alternativtäter, die als Beteiligte dem Verletzten gemeinschaftlich Unbill zugefügt haben, zu einer Haftungseinheit zusammenzuführen und sie gegenüber dem sich in Beweisnot befindlichen Verletzten auch gemeinschaftlich haften zu lassen. Entlastung von ihrer gesamtschuldnerischen Haftung hätten sie im Innenausgleich bei den anderen Beteiligten zu suchen. 41 2. Die von den betroffenen Beklagten dagegen erhobenen rechtlichen Bedenken sind begründet. Zweifel, ob Schäden, für die die Beklagten einstehen sollen, vor oder nach ihrem Hinzutreten zu gemeinschaftlichen unerlaubten Handlungen entstanden sind, gehen grundsätzlich zu Lasten des nach allgemeinen Regeln für seine Klagebehauptung, mithin auch für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Verletzungshandlungen und Verletzungserfolg beweispflichtigen klagenden Landes. 42 Das Berufungsgericht verkennt den Anwendungsbereich der Vorschrift des § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB. Sie betrifft Beweisschwierigkeiten bei der haftungsbegründenden Kausalität für bestimmte Fälle einer Nebentäterschaft 221 (so ausdrücklich Motive II S. 738; Protokolle II S. 606; zur Entstehungsgeschichte BGHZ 33, 286, 289). Zur Überwindung von Zweifeln, ob die Beklagten im Zeitpunkt der Schädigung als Teilnehmer i.S. von § 830 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB anzusehen und für diese mitverantwortlich sind, ist sie dagegen nicht anwendbar (vgl. dazu u.a. Deutsch, Haftungsrecht I, S.350; Steffen in RGRK-BGB § 830 Rdn. 15 bis 17). Zu solcher unzulässigen Ausdehnung des § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB kann es aber führen, wenn das Berufungsgericht hier dem zeitlichen Eintritt des Schadens keine Bedeutung für die Haftung der Beklagten als Teilnehmer an der Schädigung beimißt. Die Vorschrift kann hier nur zu Lasten der Beklagten eingreifen, wenn ihre Beteiligung als Nebentäter an der Schädigung infrage kommt. Dazu bedarf es der Feststellung, daß aus der Gruppe von Gewalttätern, denen sie sich als Teilnehmer angeschlossen haben, sowohl vor als auch nach Anschluß gleichgeartete Angriffe geführt worden sind, die - jeder für sich - geeignet waren, die Schädigung, um die es geht, herbeizuführen. Nur in diesem Fall können Urheberzweifel den Beklagten nach § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB angelastet werden. Dagegen ist es nicht Zweck dieser Vorschrift, die Haftung von Teilnehmern nach § 830 Abs.1 Satz 1, Abs. 2 BGB schon deshalb über den Zeitpunkt hinaus vorzuverlegen, von dem ab sie als solche für das Tatgeschehen verantwortlich sind, wenn sich nicht klären läßt, ob die Schädigung schon eingetreten war, bevor sie sich dem Geschehen verantwortlich angeschlossen haben, also offen bleibt, ob sie als Teilnehmer dieser Schädigung in Betracht kommen. Steht ihre Teilnahme für den Schadenszeitpunkt fest, so wird § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht gebraucht, um dem Geschädigten aus einer Beweisnot über die Kausalität der Tatbeiträge mehrerer Beteiligter herauszuhelfen; denn dann haftet der Teilnehmer, wie schon ausgeführt, ohnehin auf Ersatz des Gesamtschadens, wobei zu seinen Lasten nach den gesetzlichen Regelungen unwiderleglich vermutet wird, daß sein Tatbeitrag für den eingetretenen Schaden mit ursächlich geworden ist. Es geht hier mithin nicht um die Ausräumung sogenannter Urheberzweifel und auch nicht um die Ausräumung sogenannter Anteilszweifel, also die Klärung, ob jeder der Schädiger den ganzen oder nur einen Teil des Schadens verursacht hat (BGHZ 67, 14, 19 m.w. Nachw.). Ob einer der in Betracht kommenden Beteiligten einen Tatbeitrag geleistet hat, der auch geeignet war, den Schaden herbeizuführen, will § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht zu Gunsten des Geschädigten ausräumen helfen (Steffen aaO Rdn. 23). Eine solche Ausdehnung der Vorschrift wird auch nicht in der vom Berufungsgericht herangezogenen Literatur befürwortet. … § 6. Gefährdungshaftung und Haftung für erlaubte Eingriffe I. Allgemeines 1838 wurde in Deutschland erstmals die Gefährdungshaftung normiert, und zwar im Preußischen Eisenbahngesetz. 222 Die Gefährdungshaftung wird von dem Prinzip „Schadensabnahme“ durch Risikoüberwälzung“ beherrscht. Diesem Gedanken liegt durchaus auch die betriebswirtschaftliche Prävention zugrunde. Die Gefährdungshaftung ist dadurch gekennzeichnet, dass der Gesetzgeber keine Rechtswidrigkeit voraussetzt (h. M.). Der Gefährdende läuft also ein erlaubtes Risiko. Allgemeine Voraussetzungen der Gefährdungshaftung sind: - eine Gefahr - die Verwirklichung der Gefahr - Abwesenheit von höherer Gewalt Nach BGHZ 79, 259 ist wohl keine Adäquanz zu prüfen. Stattdessen gibt der Schutzbereich der Gefährdungshaftung Maß. So werden im Falle der Haftung nach dem Atomgesetz selbst ganz unwahrscheinliche Realisierungen der Gefahren der Atomenergie die Haftung auslösen. Dass im Rahmen der Gefährdungshaftung Ausführungen zur Schuld oder zur Verschuldensfähigkeit bzw. zur Zurechnungsfähigkeit nicht in Betracht kommen, versteht sich von selbst. Nach der herrschenden Auffassung sollen die Gefährdungshaftungstatbestände als Ausnahmen vom Prinzip der Verschuldenshaftung enumerativ aufgeführt und daher eine Analogie nicht zugänglich sein. Deswegen soll etwa die Haftung für Schienenund Schwebebahnen nach dem heutigen Haftpflichtgesetz nicht im Falle von Schlepp- oder Sesselliften eingreifen, da diese nicht die begrifflichen Voraussetzungen einer „Bahn“ erfüllen (BGH, NJW 1960, 1345). Reißt das Seil, kommt es danach – kaum überzeugend – darauf an, ob der Sessellift oder auch die Kabinenbahn über Rollen gelaufen ist (dann „Bahn“ mit der Folge der Gefährdungshaftung) oder nicht (dann nur Verschuldenshaftung nach § 823 Abs. 1 BGB). Ähnliches soll in Bezug auf den Unterschied zwischen einer Wasser- und einer Gasleitung gelten (BGHZ 55, 229). In Österreich sieht es die Rechtsprechung bei an sich ähnlichen normativen Rahmenbedingungen anders. Zwar wird man 223 gewiss nicht – wie in Frankreich – von einer allgemeinen objektiven, verschuldensunabhängigen Haftung für Sachen und (verschuldensunfähige) Menschen ausgehen können. Eine vorsichtige Einzelanalogie ist hingegen im Falle einer offensichtlich planwidrigen Regelungslücke und der Vergleichbarkeit der Interessenlage mit einer Minderheitsauffassung im Schrifttum zu befürworten. Gefährdungshaftungen sind, damit die Unternehmen ihr Risiko versichern können und die Höhe des von den Versicherungen zu tragenden Risikos kalkulierbar bleibt, oft durch Haftungshöchstgrenzen begrenzt. Anders steht es etwa im Rahmen des § 833 S. 1 BGB, aber auch des § 22 WHG. Seit 2002 ist in den Gefährdungshaftungstatbeständen, vor allem aber durch die systematische Stellung von § 253 Abs. 2 BGB, in den dort aufgeführten Fällen auch Schmerzensgeld zu gewähren. Das Schmerzensgeld hat – das sei bereits an dieser Stelle vorweggenommen – nach der Rechtsprechung eine Ausgleichs- und eine Genugtuungsfunktion. Im Falle der Gefährdungshaftung greift das Schmerzensgeld nur im Falle der Ausgleichsfunktion. Denn die Genugtuungsfunktion schließt an ein Verschulden an, dass es eben im Rahmen der Gefährdungshaftung nicht gibt. II. Tierhalterhaftung (§ 833 S. 1 BGB) 1. Tier Der Begriff des Tieres ist relativ unproblematisch. Streitig ist lediglich, ob Mikroorganismen unter § 833 S. 1 BGB fallen. Als Mikroorganismen sind allerdings von vornherein nur Bakterien, nicht aber Viren anzusehen; insofern käme also lediglich eine analoge Anwendung der Norm in Betracht, die die Rechtsprechung aber bislang ablehnt. 2. Tierhalter 224 Tierhalter ist, wer das Tier im eigenen Interesse hält. Das wesentliche Kriterium ist wohl das der Einwirkungsmöglichkeit. Kein Tierhalter ist derjenige, der ein Tier nur zur vorübergehenden Pflege erhalten hat. 3. Tiergefahr Wesentliche Voraussetzung ist, dass sich die Tiergefahr verwirklicht hat. Durch dieses Kriterium wird der Schutzbereich der Tierhalterhaftung umschrieben, so wie er für jede Gefährdungshaftung kennzeichnend ist. Dabei hat die Rechtsprechung unglücklich das Kriterium eines „willkürlichen, unnatürlichen Verhaltens“ verwendet. Die Problematik dieses Kriteriums zeigte sich in BGHZ 67, S. 129. Es ging um das Decken einer reinrassigen Hündin durch einen nichtreinrassigen Rüden. Die Haftung hat der BGH hier bejaht. Die Kriterien des willkürlichen oder gar unnatürlichen Verhaltens des Rüden passten hier indes von vornherein nicht. BGHZ 67, 129 Tatbestand: 1 Die Klägerin ist Eigentümerin einer reinrassigen Chow-Chow-Zuchthündin, die Beklagte ist Halterin eines Bastard-Rüden (Kreuzung zwischen Boxer und Schäferhund). 2 Die Klägerin hat behauptet, sie habe am 23. Dezember 1973 ihre damals läufige Hündin angeleint spazieren geführt. Dabei sei sie dem frei herumlaufenden Rüden der Beklagten begegnet, der ihre Hündin gedeckt habe; ihre Versuche, dies zu verhindern seien erfolglos gewesen. 3 Die Klägerin verlangt von der Beklagten Ersatz der Tierarztkosten für eine Schwangerschaftsunterbrechung und die Behandlung der dadurch eingetretenen Gebärmutterentzündung, sowie des ihr durch den unerwünschten Deckakt angeblich entgangenen Verdienstes aus dem Verkauf eines Wurfes reinrassiger Chow-Chow-Hunde. 4 225 Landgericht und Kammergericht haben die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageansprüche weiter. Entscheidungsgründe I. 5 Das Berufungsgericht verneint die Haftung der Beklagten, weil es nicht Sinn und Zweck des § 833 BGB sei, jedes Verhalten eines Tieres, das notwendig mit seiner Haltung und Existenz verknüpft sei, in den Bereich der Tierhalterhaftung einzubeziehen, sondern nur ein solches Verhalten, das Ausfluß der Gefährlichkeit der tierischen Natur sei. Der Deckakt habe aber nichts mit der Gefährlichkeit eines Tieres zu tun, sondern sei die Folge des natürlichen Vorganges der Fortpflanzung. Zudem sei der Nachteil, daß eine Hündin, nachdem sie trächtig geworden sei, für ihren Halter in der Brauchund Nutzbarkeit beeinträchtigt sei, mit dem Halten eines weiblichen Tieres notwendig verbunden. Der Deckakt begründe daher für den Halter des männlichen Tieres keine Halterhaftung; auf eine Anwendung des § 254 BGB zu Lasten des Halters des weiblichen Tieres komme es nicht mehr an. II. 6 Hiergegen wendet sich die Revision im Ergebnis ohne Erfolg. 7 1. Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daß der ursächliche Zusammenhang zwischen der Existenz eines Tieres und einem Schaden allein noch nicht ausreicht, um die Tierhalterhaftung aus § 833 BGB zu begründen, wie dies zum Teil im neueren Schrifttum wieder vertreten wird (vgl. Haase, JR 1973, 10, 13 unter Bezugnahme auf Oertmann, BGB, 5. Aufl., § 833 Anm. 2 b). 8 Bei § 833 Satz 1 BGB handelt es sich um einen Fall der Gefährdungshaftung, d. h. um eine Haftung für Schäden aus nicht voll beherrschbaren Gefahren und Risiken (vgl. von Caemmerer, Reform der Gefährdungshaftung, 1971, S. 15; Esser, Schuldrecht I, 4. Aufl., § 10 I S. 72). Zweck der Regelung ist daher der Schutz vor einer besonderen Gefahr (vgl. RG JW 1912, 797). Die Gefährdungshaftung unterscheidet sich damit nicht nur von der Verschuldenshaftung, sondern auch von der bloßen Verursachungshaftung. Aus dem Zweck all der Vorschriften, die eine solche Haftung begründen, folgt, daß nur solche Schäden zu ersetzen sind, die im Bereich der jeweiligen spezifischen Gefahr liegen (vgl. von Caemmerer aaO), so daß der Schaden "Wirklichkeit gewordene Gefahr" sein muß (vgl. Deutsch, Haftungsrecht I, § 22, II 2, S. 372). 226 9 Sowohl das Reichsgericht als auch der Bundesgerichtshof haben deshalb außer dem Kausalzusammenhang zwischen einem tierischen Verhalten und dem Schaden immer geprüft, ob der Schaden auf eine "spezifische" Tiergefahr (so RGZ 60, 65, 69; Senatsurteil vom 13. Februar 1975 – VI ZR 92/73 = VersR 1975, 522) oder auf eine "eigentliche" (so RGZ 141, 406, 407) bzw. "typische" Tiergefahr (so Senatsurteile vom 28. September 1965 – VI ZR 94/64 = VersR 1965, 1102, 1103 und vom 13. November 1973 – VI ZR 152/72 = VersR 1974, 356) zurückzuführen ist. Offensichtlich würde der soeben umgrenzte Zweck des Gesetzes mißachtet, wenn der Halter eines Tieres für jeden Schaden, an dessen Entstehen dieses in irgendeiner Form beteiligt war (z. B. nur als Wurfgeschoß) Ersatz schuldete. 10 2. Der Senat vermag dem Berufungsgericht aber nicht zu folgen, wenn es im Streitfall in dem Deckakt keine Verwirklichung der Tiergefahr sieht. 11 a) Allerdings wird in letzter Zeit in der Rechtsprechung der Instanzgerichte (OLG Düsseldorf VersR 1956, 226, 227; OLG Nürnberg VersR 1970, 1059, 1060; vgl. auch OLG München OLGZ 1071, 404, 405 und LG Kassel VersR 1965, 699, 700 (Deckakte) sowie LG Köln, MDR 1960, 924 (durch Kuhdung verursachter Verkehrsunfall)) und im neueren Schrifttum (vgl. Staudinger/Schäfer, BGB 11. Aufl., § 833 Rdnr. 29, 30), eine Tiergefahr verneint, wenn sich ein Tier seiner "natürlichen Veranlagung" entsprechend oder unter dem Zwang dieser Veranlagung bzw. "unter physiologischem Zwang" verhalten hat (vgl. auch OLG Karlsruhe VersR 1969, 808, 809 und OLG Oldenburg NJW 1976, 573). Dieses Abgrenzungskriterium erscheint dem Berufungsgericht mit Recht als nicht treffend. Denn es ist nicht geeignet, bestimmte Kreuzfälle, in denen der Risikozusammenhang fehlt, aus der Tierhalterhaftung auszuscheiden (vgl. OLG Köln, VersR 1972, 177 = JZ 1972, 408 m. zust. Anmerkung von Stötter; ders. in MDR 1970, 100 ff). Es gibt zumindest einige Fälle, in denen Tiere sich lediglich ihrer natürlichen Veranlagung gemäß verhalten und dabei Schäden anrichten, die – bei rechtlich richtiger Wertung – im Bereich der haftungsrechtlich erheblichen Tiergefahr liegen, wie z. B. dann, wenn Kühe auf fremder Weide fressen. Der Bundesgerichtshof hat deshalb, soweit ersichtlich, in seinen Entscheidungen nicht von einem "natürlichen" Tierverhalten gesprochen, das nicht unter die Haftung aus § 833 BGB fallen könne (zu Unrecht anders Haase JR 1973, 10, 11 und OLG Karlsruhe VersR 1969, 808, 809). Ob allerdings auch Schäden aus gewissem natürlichem oder artspezifischem Verhalten von Tieren, wie sie RGZ 80, 237 ff (Ansteckung eines Pferdes durch ein anderes beim Beschnuppern) oder RGZ 141, 406 (Ausscheidung von Wachs und anderen Stoffen aus dem Körper von Bienen) zugrunde lagen, noch als durch eine Tiergefahr i. S. des § 833 BGB hervorgerufen angesehen werden können, mag zweifelhaft sein, doch kann dies für die Entscheidung des vorliegenden Falles dahinstehen. 227 12 b) Die vom Berufungsgericht im Streitfall (Deckakt) vertretene Abgrenzung wird jedoch dem Schutzzweck des § 833 Satz 1 BGB nicht gerecht. 13 aa) Schon dadurch verengt das Berufungsgericht seine Betrachtungsweise, daß es davon ausgeht, Grund für die Einführung der in § 833 normierten Gefährdungshaftung sei der Umstand gewesen, daß mit dem Halten von "wilden oder gefährlichen Tieren" außergewöhnliche Gefahren verbunden seien. Das ist nicht der Fall. Zwar sollte nach einem (später nicht Gesetz gewordenen) Beschluß der Kommission für die zweite Lesung nur für derartige Tiere eine Gefährdungshaftung eingeführt werden, während für alle Haustiere eine Verschuldenshaftung mit Beweislastumkehr entsprechend dem jetzigen (nur für Haustiere, die dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt sind, geltenden) Satz 2 des § 833 BGB eintreten sollte (vgl. Prot. 2 S. 646 ff). Der Reichstag entschied sich jedoch für die von der Reichstagskommission gerade mit Rücksicht auf die öffentliche Sicherheit beschlossene weitergehende, alle Tiere einschließende Fassung (vgl. Mugdan, Die gesamten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich II. Bd., 1301 und 1403 ff; Staudinger/Schäfer, aaO Rdnr. 5 vgl. auch Deutsch NJW 1976, 1137). 14 Nicht geeignet scheint dem Senat auch das weitere Abgrenzungskriterium des Berufungsgerichts, wonach mit der Tierhalterhaftung nur das Verhalten eines Tieres erfaßt werden soll, das "als solches Schaden zu bringen geeignet ist". Diese Definition ist zu unklar, stellt die Praxis daher vor zu große Auslegungsschwierigkeiten. Im übrigen vermischt sie die Frage, ob aus der Verwirklichung der Tiergefahr ein Schaden entstanden ist, mit dem Tiergefahrbegriff selbst. 15 bb) Eine den Bereich der Tiergefahr zutreffend umschreibende Definition muß sich am Sinn und Zweck der gesetzlichen Vorschrift orientieren. Da der Grund der besonderen Regelung der Tierhalterhaftung – wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 28. September 1965 – VI ZR 94/64 = aaO ausgesprochen hat – in der Unberechenbarkeit des Verhaltens eines Tieres und der dadurch hervorgerufenen Gefährdung von Leben, Gesundheit und Eigentum Dritter liegt, muß der Tierhalter für all das einstehen, was infolge dieser tierischen Unberechenbarkeit an Schaden entsteht. Eine solche Abgrenzung steht auch im Einklang mit den modernen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen. Nichts anderes war der Sache nach gemeint, wenn der erkennende Senat in seinen Entscheidungen die auf das Reichsgericht (vgl. RGZ 54, 73, 74; 60, 65, 69; 80, 237, 238; 141, 406, 407) zurückgehende Bestimmung des Begriffes Tiergefahr gebraucht hat, indem er ausgeführt hat, ein Schaden sei dann durch ein Tier verursacht, wenn er "durch ein der tierischen Natur entsprechendes, willkürliches Verhalten" herbeigeführt worden ist, oder wenn 228 er gesagt hat, die Tiergefahr bestehe in der "von keinem vernünftigen Wollen geleiteten Entfaltung der tierischen Kraft" (Urteile vom 23. Juni 1959 – VI ZR 83/58 = VersR 1959, 853, 854; vom 12. Juli 1966 – VI ZR 11/65 = VersR 1966, 1073, 1074; vom 15. Dezember 1970 – VI ZR 121/69 = aaO, insoweit nicht in BGHZ 55, 96 abgedruckt, und vom 13. Februar 1975 – VI ZR 92/73 = aaO). Es sollte damit keineswegs gesagt sein, es gebe auch Fälle, in denen tierisches Verhalten "von einem vernünftigen Wollen geleitet" war. Schon das Reichsgericht hat in JW 1912, 797 hervorgehoben, daß die für die Analysierung menschlichen Handelns geläufigen Begriffe der Willensfreiheit, der Verantwortlichkeit, des Vorsatzes usw. nicht auf das Verhalten von Tieren übertragen werden können. Die Unberechenbarkeit tierischen Verhaltens beruht zwar nach den jüngsten Ergebnissen der Verhaltensforschung nicht auf "Willkür"; es soll auf den "quantitativen Beziehungen zwischen dem auslösenden Außenreiz und der Antwort, die ihm der Organismus als ganzes erteilt", beruhen (vgl. Lorenz, Über menschliches und tierisches Verhalten, Bd. II S. 211; vgl. auch Haase aaO S. 12). In den Fällen, in denen der Senat die Tierhalterhaftung bejaht hat, zeigten die Tiere aber sämtlich ein so verstandenes unberechenbares tierisches Verhalten. 16 cc) Wird so die von einem Tier ausgehende Gefahr ausschließlich in dem für dessen Halter unberechenbaren Tierverhalten gesehen, so muß zumindest jeder Deckakt, den Tiere ohne Wissen und Willen ihrer Halter vollziehen, als Ausfluß dieser Tiergefahr angesehen werden. Ob für Begattungen von Tieren, die geplant und gelenkt sind, etwas anderes zu gelten hat, kann hier dahinstehen (vgl. OLG Düsseldorf MDR 1975, 229 und LG Mainz, MDR 1960, 496). Denn der z. B. von läufigen Hündinnen ausgehende Duft übt auf ihre männlichen Artgenossen selbst auf weite Entfernung noch einen Reiz aus und lockt sie an, so daß sie ihnen mit beharrlicher Ausdauer folgen. Der Deckakt des männlichen Hundes ist daher nichts anderes als die Resultante der jeweiligen Triebkonstellation von Hündinnen und Rüden (vgl. OLG Köln, VersR 1972, 177 = JZ 1972, 408), so daß dadurch verursachte Schäden als "Wirklichkeit gewordene Tiergefahr" angesehen werden müssen und der Haftungsnorm des § 833 BGB unterfallen 17 3. Der zu enge Rechtsstandpunkt des Berufungsgerichts nötigt jedoch nicht zur Aufhebung des angefochtenen Urteils. Denn der Klägerin steht – selbst wenn sich ihr Sachvortrag in einer Beweisaufnahme als zutreffend erweisen sollte – der gegen die Beklagte gemachte Anspruch nicht zu. 18 a) Entgegen der vom Berufungsgericht vertretenen Ansicht ist zwar der Klägerin durch den Deckakt ihrer Hündin auch ein als Schaden anzusehender wirtschaftlicher Nachteil entstanden. Der Deckakt ist rechtlich als Sachbeschädigung i. S. des § 833 BGB anzusehen. Durch die Besamung konnte die Klägerin ihre Hündin nicht in der von ihr beabsichtigten Weise nutzen, sie nämlich, wie sie vorgetragen hat, in den nächsten Tagen nach 229 Holland zu bringen, damit sie dort von einem ausgesuchten, rassereinen Chow-Chow gedeckt wurde, um so Jungtiere aufzuziehen und diese dann zu verkaufen. Diese Nutzbarkeit der Hündin hat aber gerade Einfluß auf ihren Geldwert, so daß deren Beschränkung zu einem Schaden führen kann (vgl. OLG Köln aaO). 19 b) Eine die Beklagte treffende Gefährdungshaftung wird im Streitfall jedoch durch eine der Klägerin ebenfalls anzurechnende Tiergefahr und durch eigenes Mitverschulden ausgeschlossen (§ 254 BGB). 20 aa) Den Schaden, der der Klägerin durch das Decken ihrer Hündin entstanden ist, hat dieses Tier selbst mitverursacht, so daß bereits insoweit § 254 BGB entsprechend anzuwenden ist. In der Rechtsprechung ist bisher schon eine entsprechende Anwendung dieser Bestimmung für den Fall anerkannt worden, daß sowohl der von einem fremden als auch von dem eigenen Tier verursachte Schaden an einem anderen Rechtsgut als dem eigenen Tier entstanden ist (vgl. RGZ 67, 120, 121). Dies muß auch dann gelten, wenn Tiere verschiedener Halter sich gegenseitig verletzen (vgl. Staudinger/Schäfer aaO Rdnr. 72) oder wenn nur eines der beiden Tiere "beschädigt" wird, dabei aber seine spezifische Tiergefahr mitgewirkt hat. Davon gehen auch die neueren Gesetze, die eine Gefährdungshaftung statuieren, aus (vgl. §§ 17 Abs. 2 StVG, 41 Abs. 1 Satz 2 LuftVerkG und 34 Abs. 1 Satz 2 Atomgesetz). 21 Die Ersatzpflicht der Beklagten mindert sich aber im Streitfall weiterhin durch ein Mitverschulden der Klägerin. Nach ihrem eigenen Vorbringen wußte sie, daß ihre Hündin läufig war. Das ist, wie jeder Halter von Hündinnen weiß oder doch wissen muß, eine schwierige Zeit, weil eine läufige Hündin Rüden von überall her anzieht. Wird daher die Hündin in der nur kurzen Zeit ihrer "Hitze" ausgeführt, so ist ihr Halter zur Vermeidung eigenen Schadens nicht nur gehalten, sie nicht frei herum laufen zu lassen, sondern, falls er sie überhaupt ausführt, noch weitere Schutzvorkehrungen zu treffen, wie sie bei einer Hündin möglich sind (wie im Fall des OLG München, OLGZ 1971, 404), oder das Tier an einem Ort auszuführen, wo mit Hunden nicht zu rechnen ist, sich jedenfalls nicht, wie dies die Klägerin getan hat, damit begnügt, die Hündin an der Leine zu halten. 22 bb) Da die Gefahr für eine Schadensentstehung durch Deckakte – jedenfalls bei Hunden – in erster Linie von dem weiblichen Tier ausgeht und der Klägerin in dem zur Entscheidung stehenden Fall außerdem ein Mitverschulden zur Last zu legen ist, muß die Abwägung zu dem Ergebnis führen, daß eine Ersatzpflicht der Beklagten entfällt und die Klägerin damit ihren Schaden allein zu tragen hat. Infolgedessen stellt sich im Ergebnis die Entscheidung des Berufungsgerichts, die Klage abzuweisen, als richtig dar. 230 4. Handeln auf eigene Gefahr Wenig überzeugend erscheint auch die Rechtsprechung zur Problematik des „Reiters auf dem Pferd und des Fußgängers unter dem Pferd“ (so der gleichnamige Aufsatz von Deutsch, NJW 1978, 1998). Nach der Rechtsprechung haftet der Tierhalter nämlich nicht aus Gefährdungshaftung, wenn ein Pferd unter der Leitung seines Reiters einen Passanten verletzt (den „Fußgänger unter dem Pferd“). Wirft das Pferd den Reiter hingegen aus dem Sattel und verletzt sich der Reiter, so haftet der Pferdehalter gegenüber dem Reiter gegebenenfalls aus Gefährdungshaftung (wenn nicht § 833 S. 2 BGB eingreift, etwa bei einem gewerblichen Vermieter von Pferden). Man kann sich hier die Frage stellen, ob es nicht genau umgekehrt stehen müsste: Der Reiter setzt sich der Gefahr, die von dem Tier ausgeht, freiwillig aus, der Fußgänger unter dem Pferd tut es nicht. Der BGH hat jedoch auch in Bezug auf den Reiter ein Handeln auf eigene Gefahr abgelehnt. M. E. sollte in beiden Fällen gehaftet werden. 4. Exkurs: Wild- und Jagdschadenshaftung Die Wild- und Jagdschadenshaftung war früher in § 835 BGB geregelt. Heute ist die Anspruchsgrundlage in § 29 BJagdG zu finden. Es geht um die Haftung des Jagdausübungsberechtigten für Wildschäden. Schäden bei der Ausübung der Jagd (sog. Jagdschäden) sind nach § 33 Abs. 2 BJagdG (eine Verschuldenshaftung) zu ersetzen. III. Haftung für Fahrzeuge 1. Bahnbetrieb Anspruchsgrundlage ist hier § 1 Haftpflichtgesetz. a) Verletzungserfolg b) Schienen- oder Schwebebahn 231 c) Betriebsgefahr Damit sich die Betriebsgefahr verwirklicht hat, muss sich eine bahntypische Gefahr verwirklicht haben. Dazu gehört etwa nicht der Sturz auf der Treppe im Bahnhof. d) Schadensumfang Der Schadensumfang ist in §§ 5 ff Haftpflichtgesetz geregelt. e) Ausschluß der Haftung In Bezug auf den Ausschluss der Haftung ist insbesondere auf den Ausschlusstatbestand der höheren Gewalt hinzuweisen (§ 1 Abs. 2 Haftpflichtgesetz, siehe ferner auch den Ausschlusstatbestand des § 1 Abs. 3 Haftpflichtgesetz). 2. Kfz-Halter Die Gefährdungshaftung des Kfz-Halters ist in § 7 StVG geregelt. Hinzu kommt eine mögliche Haftung aus §§ 823 Abs. 1 BGB (einschl. der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht) oder auch von § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit einem Schutzgesetz, etwa dem Tatbestand des fahrlässigen Zulassens des Fahrens ohne Fahrerlaubnis. § 16 StVG stellt klar, dass die Haftung des Kraftfahrzeughalters neben die verschuldensabhängige Haftung des allgemeinen Deliktsrechts (§§ 823 ff BGB) treten kann (sog. Anspruchskonkurrenz). a) Verletzungserfolg b) Passivlegitimation Passiv legitimiert ist der Kfz-Halters. Das ist, wer das Kfz im eigenen Interesse in Gebrauch hat und die Verfügungsgewalt über das Fahrzeug besitzt. Darunter fällt etwa auch ein Leasingnehmer. Im Einzelfall sind auch mehrere Halter zugleich denkbar (z. B. Ehegatten, car-sharing). c) Betriebsgefahr 232 Die Betriebsgefahr wird dadurch umschrieben, dass sich die Verletzung bei dem Betrieb eines Kfz ereignet haben muss. Die herrschende, heute wohl allgemeine Auffassung legt dabei die sog. verkehrstechnische Auffassung zugrunde, während früher vertreten wurde, nur das bewegte Kraftfahrzeug könne die Gefährdungshaftung auslösen (sog. maschienentechnische Auffassung, die auf den laufenden Motor abstellte). Nach herrschender Auffassung geht es um die Entfaltung von Geschwindigkeit und Bremsweg. Anerkannt ist indes, dass nicht nur das bewegte Kraftfahrzeug, sondern auch das ruhende Kraftfahrzeug gefährlich ist, solange es sich im Straßenverkehr selbst befindet und nicht irgendwo ordnungsgemäß abgestellt ist. Unter die Gefährdungshaftung fällt etwa, wenn ein Kfz auf der Autobahn liegen bleibt und sich ein Autounfall ereignet (BGH, VersR 1969, 668). Ebenso steht es, wenn jemand auf eine zur Absicherung eines defekten Lkws aufgestellte Bierkiste auffährt (OLG Köln, VersR 1978, 771: Haftung bejaht). Keine Haftung besteht, wenn ein Pkw ohne eigene Motorkraft durch eine Waschanlage gezogen wird (KG VersR 1977, 626). d) Ausschluß der Haftung Die Haftung wird ausgeschlossen, wenn der Unfall auf höherer Gewalt beruht (§ 7 Abs. 2 StVG). Vor 2002 genügte zudem schon das Vorliegen eines „unabwendbaren Ereignisses“; dieser Ausschlusstatbestand ist in § 7 Abs. 2 StVG entfallen. Ein weiterer Ausschlusstatbestand ist die Schwarzfahrt (§ 7 Abs. 3 StVG, also die Fahrt ohne Wissen und Wollen des Halters). Hinzu kommen die Haftungsausschlüsse nach § 8 StVG; hierunter fällt vor allem der Arbeitnehmer des Halters, der bei dem Betrieb des Kraftfahrzeugs oder des Anhängers tätig war. Hier hat sich der Verletzte den mit dem Betrieb des Kraftfahrzeugs verbundenen Gefahren freiwillig ausgesetzt. Auch ist die Halterhaftung ausgeschlossen, wenn eine durch das Kraftfahrzeug beförderte Sache beschädigt wird. (Nur) bei unentgeltlicher und/oder nicht geschäftsmäßiger Personenbeförderung (z. B. Vereinbarung der Beteiligung am Benzingeld) besteht 233 die Möglichkeit, die Haftung durch Vertrag auszuschließen. Im Übrigen sind Insassen grundsätzlich Begünstigte der Gefährdungshaftung. e) Haftungsumfang f) Exkurs: Haftung des Fahrers und der Versicherung. Schadensausgleich Die Haftung des Fahrers ist in § 18 StVG geregelt. Hierbei handelt es sich indes nur um eine vermutete Verschuldenshaftung (§ 18 Abs. 1 S. 2 StVG). Auch der Fahrer haftet obendrein gegebenenfalls nach den beiden Absätzen des § 823 BGB. Dann freilich muss sein Verschulden nachgewiesen werden (anders als nach § 18 Abs. 1 S. 2 StVG). Hinzu tritt ein Direktanspruch gegen den Versicherer gemäß § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG (früher: § 3 Nr. 1 PflVG a. F.). Der Direktanspruch stellt einen Fall des gesetzlichen Schuldbeitritts dar. Im Innenverhältnis besteht freilich die alleinige Verpflichtung des Versicherers (§ 116 Abs. 1 S. 1 VVG), wenn nicht der Versicherer dem Halter gegenüber ausnahmsweise leistungsfrei ist. Für das Mitverschulden des Geschädigten verweist § 9 StVG auf § 254 BGB. Das hat nur deklaratorische Bedeutung. War auch der Verletzte als Halter oder Fahrer eines Kraftfahrzeugs am Unfall beteiligt, so wird § 9 StVG durch die Sonderregelung des § 17 Abse. 2, Abs. 1 StVG verdrängt. Das Mitverschulden beurteilt sich somit nur bei Verletzung von nicht motorisierten Verkehrsteilnehmers (z. B. Fußgängern, Radfahrern, Reitern) nach § 9 StVG. Bei mehreren Ersatzpflichtigen – mindestens zwei Kraftfahrzeuge sind beteiligt – ist § 17 StVG anzuwenden. Für den entsprechenden Ausgleich ist insbesondere § 17 Abs. 3 StVG zu beachten. Danach ist die Ersatzpflicht dann ausgeschlossen, wenn der Unfall sich für den Betreffenden als ein unabwendbares Ereignis darstellt. Nur dann kommt es (im Verhältnis zwischen mehreren Haltern) darauf an, ob der Unfall bei Einhaltung der äußersten möglichen Sorgfalt für einen der beiden Beteiligten (oder auch für beide Beteiligte) vermeidbar war. 3. Haftung im Luftverkehr Siehe insofern lediglich die §§ 33, 44 ff LuftVG (nicht examensrelevant). 234 IV. Haftung wegen Energieentfaltung 1. Energieleiter Siehe § 2 Abs. 2 S. 1 Haftpflichtgesetz (Beispiel: Gasversorgung). Ausschlusstatbestände finden sich in § 2 Abs. 3 Haftpflichtgesetz. 2. Atomenergie Der Haftungsgrund findet sich in § 25 AtomG, Ausführungen zum Haftungsumfang finden sich in §§ 28 ff AtomG. Zu beachten ist, dass sich im Falle von Strahlenschäden das Problem des anwendbaren Rechts stellen kann, da meist eine Grenzüberschreitung vorliegen wird (Beispiele: Tschernobyl; man denke auch an den kürzlich in der Presse berichteten Alarm aus Slowenien). Insofern gibt es indes oft (gerade bei Atomunfällen) vorrangige Staatsverträge. Im Übrigen gilt nach Art. 7 Rom II-VO, dass das Recht am Verletzungserfolg anzuwenden ist, es sei denn, der Geschädigte hat sich dazu entschieden, seinen Anspruch auf das Recht des Staates zu stützen, in dem das „schadensbegründende Ereignis eingetreten ist“. Damit ist gemeint, dass sich der Geschädigte auch auf das Recht am sog. Handlungsort berufen kann, nicht aber auf das Recht am Schadenseintrittsort (also etwa dort, wo er sich ins Krankenhaus legt); anderenfalls könnte der Geschädigte das anwendbare Rechts manipulieren (erschleichen). V. Sonstige Fälle der Gefährdungshaftung Sonstige Fälle der Gefährdungshaftung (die nicht examensrelevant sind) finden sich in: - § 22 WHG (Handlungshaftung und Anlagenhaftung; man denke an die Rheinverschmutzung aus der Schweiz; auch hier stellt sich das Problem des anwendbaren Rechts in jedem erörterten Sinne), - § 114 BergG (Bergschadenshaftung), - § 1 UmwelthaftungsG (selten relevant), - § 84 AMG (Ziffer 1: Gefährdungshaftung für Entwicklungs- und Herstellungsfehler; Ziffer 2: verschuldensähnliche Haftung für Instruktionsfehler im Kontext der Gebrauchsinformation), - § 32 GentechnikG. VI. Haftung für rechtmäßige Eingriffe 235 Es geht hier im die zivilrechtliche Aufopferung (s. bereits § 20 GK-Ib). 1. § 904 S. 2 BGB Diese Norm ist analog anwendbar, wenn der Eingriff im allgemeinen Notstand erfolgt. Nach BGHZ 92, 357 soll das nicht im Falle der ungewollten Schadensverursachung gelten, also etwa dann nicht, wenn jemand vor einem schleudernden Fahrzeug ausweicht und dabei ein anderes (z. B. entgegenkommendes) Fahrzeug in einer nicht eingeplanten Weise beschädigt. Die Rechtsfolge ist zwar nicht zwingend der volle Ausgleich des Schadens, sondern nur der angemessene Ausgleich des Schadens. Häufig läuft das aber auf Ähnliches hinaus. BGHZ 58, 149 meinte früher, Schmerzensgeld könne nicht gewährt werden. Mittlerweile hat sich allerdings durch die Einführung von § 253 Abs. 2 BGB das Normenumfeld geändert. Die zivilrechtliche Aufopferung ist – wie bereits an anderer Stelle erörtert – über den engeren Bereich von § 904 S. 2 BGB eine allgemeine Einrichtung: Wenn § 904 S. 2 BGB einen Entschädigungsanspruch bei bloßer Eigentumsverletzung statuiert, dann muss dies erst recht bei der Verletzung von besonderen Persönlichkeitsrechten (Leib, Leben, Freiheit, Gesundheit) gelten. Obendrein gilt ein weiterer Erst-Recht-Schluss: Was selbst für rechtmäßige Eingriffe gilt (nämlich im Falle des Rechtfertigungsgrundes des aggressiven Notstandes nach § 904 S. 1 BGB), muss erst recht dann gelten, wenn sich der Angreifer sogar rechtswidrig, aber schuldlos verhält. Auch hier gilt also eine (ggf. doppelte) Analogie. 2. Sonstige Fälle Weitere Fälle der Haftung für rechtmäßige Aufopferung finden sich in den §§ 867, 961 ff (Bienenschwarm), 912 (Überbau), 917 (Notweg), 906 BGB, § 14 BImschG. 236 2. Abschnitt: Deliktsfolgen, insbesondere Schadensersatz § 7. Überblick I. Zur Gliederung der Haftungstatbestände II. Haftungsgrund und Haftungsausfüllung III. Rechtsquellen §§ 249 ff. BGB, Sonderregelungen in §§ 842 ff. BGB und in einigen Sondergesetzen (z. B. Haftungshöchstgrenzen). § 8. Grundsätze des Schadensrechts I. Totalreparation Ersatz des gesamten Schadens, den der Schädiger verursacht hat. II. Naturalrestitution Sog. restitutio in integrum, Wiederherstellung des früheren Zustandes, § 249 Abs. 1 BGB. Dogmatische Ausnahme (praktische Regel): Geldersatz (§§ 251Abse. 1 und 2 BGB, 249 Abs. 2 S. 1 BGB, 250, 251 Abs. 2 BGB, Spezialfall : Tiere, § 251 Abs. 2 S. 2 BGB) III. Schadensausgleich und Bereicherungsverbot Der Schädiger hat nicht weniger, aber auch nicht mehr zu ersetzen als den angerichteten, verursachten und zurechenbaren Schaden. IV. Materieller und immaterieller Schaden Siehe § 253 BGB! § 9. Schaden und Geschädigter I. Schadensbegriff 1. Unfreiwillige Einbuße 237 Gegensatz: freiwillige Aufwendungen 2. Differenzhypothese Vergleich der Vermögensstände: Es ist der Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstanbd nicht eingetreten wäre. Ergibt der Vergleich einen negativen Saldo, ist die Differenz als Schadensersatz geschuldet (Mommsen). Nach h. M. in Deutschland (anders die Rechtsprechung in Frankreich) ist der Verlust einer Chance kein Schadensposten (neuerdings in Deutschland zunehmend str.). II. Schadensarten 1. Materieller Schaden a) Vermögensschaden b) Sonderproblem: Nutzungsausfall (str.) aa) Kommerzialisierungsthese bb) Bedarfschadensthese cc) Frustrationsthese dd) Richterliche Rechtsfortbildung BGHZ 98, 212: 1 I. Die Klägerin ist Eigentümerin eines komfortabel ausgestatteten Wohnhauses, das sie selbst bewohnt. Unterhalb davon errichteten die Beklagten Reihenhäuser auf einem steil abfallenden Hanggrundstück. Dabei wurde ein Teil des Hanges unsachgemäß abgegraben und hierdurch die Standsicherheit des Anwesens der Klägerin vorübergehend beeinträchtigt. Deswegen untersagte die Stadt der Klägerin, ihr Wohnhaus in der Zeit vom 12. August bis 16. September 1981 zu nutzen. 2 Die Klägerin hat neben Ersatz von Wiederherstellungskosten, die nicht mehr im Streit sind, von den Beklagten 3.000 DM nebst Zinsen als Ausgleich für die entgangene Gebrauchsmöglichkeit ihres Wohnhauses verlangt. Sie hat behauptet, sie habe mit ihrem Ehemann in der Zeit des Nutzungsverbots in ihrem in der Nähe des Grundstücks abgestellten Campingbus gelebt; nach dem Vortrag der Beklagten dagegen haben sich beide täglich im Haus aufgehalten. 3 238 Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage insoweit abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die Klageforderung weiter. 4 Der V. Zivilsenat teilt die Auffassung des Berufungsgerichts, daß die Klägerin auch bei unterstelltem vollständigen Verlust der Gebrauchsmöglichkeit ihres Wohnhauses in der Zeit des Nutzungsverbots keinen Vermögensschaden, sondern nur einen nicht ersatzfähigen immateriellen Schaden erlitten habe, und möchte die Revision aus diesem Grunde zurückweisen. Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung hat er dem Großen Senat für Zivilsachen gemäß § 137 GVG folgende Fragen vorgelegt: 5 1. Stellt es einen ersatzfähigen Vermögensschaden dar, wenn der Eigentümer einer von ihm selbst genutzten Sache, insbesondere eines von ihm selbst bewohnten Hauses, infolge eines deliktischen Eingriffs in das Eigentum die Sache vorübergehend nicht benutzen kann, ohne daß ihm hierdurch zusätzliche Kosten entstehen oder Einnahmen entgehen? 6 2. Falls ein ersatzfähiger Nutzungsausfallschaden zu bejahen sein sollte: Wie ist dieser Schaden der Höhe nach zu berechnen? 7 II. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird, wie der Vorlagebeschluß (abgedruckt in VersR 1986, 189 = WM 1986, 266 = JZ 1986, 387) im einzelnen belegt, die Ersatzfähigkeit von Gebrauchsverlusten, die Gegenstand der Vorlegungsfragen sind, nicht einheitlich beurteilt. 8 Vom III., VI., VII. und VIII. Zivilsenat wird sie grundsätzlich bejaht, wenn die herrschende Verkehrsauffassung der Fähigkeit der Sache zum eigenen Gebrauch einen selbständigen Vermögenswert beimißt und der Verlust für den Eigentümer "fühlbar" geworden ist, weil er die Sache ohne das schädigende Ereignis hätte nutzen können und wollen. Auf dieser Grundlage wird seit den Entscheidungen des III. Zivilsenats vom 30. September 1963 (III ZR 137/62 = BGHZ 40, 345, 349 f und III ZR 186/61 = NJW 1964, 717 = VersR 1964, 380) dem Eigentümer eines von ihm selbst genutzten Kraftfahrzeugs, wenn er dessen zeitweisen Ausfall nicht durch Anmietung eines Ersatzwagens überbrückt, Nutzungsentschädigung für seinen Gebrauchsverlust zugebilligt. Die Entscheidungen, die zum Gebrauchsverlust für Kraftfahrzeuge aus deliktischem Haftungsgrund ergangen sind oder sich in anderem Zusammenhang auf ihn beziehen, stellen im wesentlichen darauf ab, gerade die ständige Verfügbarkeit derartiger Sachen werde üblicherweise erkauft, so daß die Beeinträchtigung des Gebrauchs eine Beeinträchtigung des 239 vermögenswerten Äquivalents dieser Vermögensaufwendungen darstelle (BGHZ 40, 345, 348, 350; 63, 393, 397; 74, 231, 234; 76, 179, 185; 86, 128, 131, 133). Sie heben hervor, daß sich eine zeitweise Unbenutzbarkeit der Sache auch in ihrem Verkaufswert niederschlage und - insbesondere in den Sätzen für ihre mietweise Überlassung - vom Markt anerkannte Maßstäbe für die Bewertung der Gebrauchsmöglichkeit zur Verfügung ständen (BGHZ 45, 212, 215, 217; 56, 214, 215 f; 63, 393, 397; 76, 179, 187; 86, 128, 131) und daß der Schädiger nicht entlastet werden dürfe, wenn der Geschädigte die im Verzicht auf den Gebrauch liegenden Entbehrungen auf sich nehme (BGHZ 45, 212, 216; 56, 214, 215; 63, 393, 396; 70, 199, 204; 76, 179, 186; 86, 128, 132). 9 Gegenübergestellt wird ein Gebrauch, den die Verkehrsauffassung als "Liebhaberei" (BGHZ 76, 179, 187 - Schwimmbad), als "Luxus" (BGHZ 63, 393, 398 - Pelzmantel; 86, 128, 133 - Wohnwagen), als bloßes Mittel zur "Freizeitgestaltung" (BGHZ 89, 60, 64 - Motorsportboot) ansehe und ihm deshalb einen Wert nur für die Erhöhung des Lebensgefühls, jedoch keinen selbständigen wirtschaftlichen Wert beimesse. 10 Mit diesem Ansatz, wenngleich unter ausdrücklicher Beschränkung auf die Vertragshaftung, hat der VIII. Zivilsenat durch Urteil vom 14. Juni 1967 VIII ZR 268/64 = WM 1967, 749 = NJW 1967, 1803 (nicht vollständig abgedruckt) auch einem Hauseigentümer für die zeitweise Unbewohnbarkeit seines Hauses infolge nachvertraglichen Verschuldens der Mieterin eine Nutzungsentschädigung zugesprochen. Denselben Ansatz - verstärkt allerdings durch den Rückgriff auf den Normzweck des werkvertraglichen Gewährleistungsrechts zur Bejahung einer selbständigen vermögenswerten Position der Nutzungsmöglichkeit - hat der VII. Zivilsenat in seinem Urteil vom 10. Oktober 1985 - VII ZR 292/84 = BGHZ 96, 124 zugrundegelegt, mit dem er - ebenfalls aus vertraglichem Haftungsgrund - dem Eigentümer gegen den Werkunternehmer Schadensersatz für die Nichtbenutzbarkeit von Abstellplätzen in einer Sammelgarage während werkvertraglich geschuldeter Mängelbeseitigung zugesprochen hat. 11 Demgegenüber hat der V. Zivilsenat schon in seinen Urteilen vom 14. Mai 1976 - V ZR 157/74 = BGHZ 66, 277 und vom 21. April 1978 - V ZR 235/77 - BGHZ 71, 234 im Sinne seiner Ausführungen in seinem Vorlagebeschluß Bedenken gegen die Zulässigkeit einer Nutzungsentschädigung über den "fest umrissenen Regelungsbereich typischer Massenrisiken" hinaus geäußert. Für den deliktischen Bereich hat er in seinem Urteil vom 30. November 1979 - V ZR 214/77 = BGHZ 75, 366 den Standpunkt eingenommen, daß jedenfalls eine bloße Beeinträchtigung des Gebrauchs eines Grundstücks, die nicht bis zum 240 völligen Verlust der Nutzungsmöglichkeit gesteigert sei, kein ersatzfähiger Vermögensschaden sei. 12 Das Schrifttum lehnt wohl überwiegend die Qualifizierung des zeitweisen Verlustes der Eigennutzung einer Sache als Vermögensschaden ab und bewertet diesen Ausfall als bloße Schadensquelle, aus der bei eigenwirtschaftlicher Verwendungsplanung nur nicht zu ersetzende immaterielle Einbußen erwachsen könnten. 13 Stellvertretend für viele: 14 Bötticher, VersR 1966, 301 f; Keuk, Vermögensschaden und Interesse, 1972, 208 ff, 241 ff; Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, 13. Aufl., 1982, Bd. I § 29 II c; ders., Der Vermögensbegriff im Schadensersatzrecht, in: Festschrift für Nipperdey, 1965, Bd. I, 489 ff, 498 ff; ders., VersR 1963, 312 f; Löwe, VersR 1963, 307 ff; NJW 1964, 701 ff; Esser/Schmidt, Schuldrecht Bd. I, 6. Aufl., 1984, § 31 II 2; Tolk, Der Frustrierungsgedanke und Kommerzialisierung immaterieller Schäden, 1977, 95 ff; ders., JZ 1975, 530, 531. 15 Von einigen Autoren wird die Rechtsprechung für den begrenzten Bereich der Kfz-Nutzungsentschädigung trotz erheblicher dogmatischer Bedenken im Ergebnis gebilligt: 16 v. Caemmerer, in: Ansprache aus Anlaß des 25-jährigen Bestehens des Bundesgerichtshofs am 3. Oktober 1975, 21 ff, 31; Lange, Schadensersatz, 1979, § 6 VII 4, 184 ff, 190; Palandt/Heinrichs, BGB, 45. Aufl., Vorb. 2 b bb vor § 249; Schmidt/Salzer, BB 1970, 55, 58 f, 63; Schiemann, Argumente und Prinzipien bei der Fortbildung des Schadensrechts, 1981, 66, 298 ff; Staudinger/Medicus, BGB, 12. Aufl., § 253 Rz. 33 ff, 36, 41; 17 Eine Mindermeinung erkennt die Möglichkeit eines Schadensersatzes für den Gebrauchsverlust einer Sache an. 18 Grunsky, Aktuelle Probleme zum Begriff des Vermögensschadens, 1968, 30 ff; ders. in: MünchKomm-BGB, 2. Aufl., Rz. 17, 19 ff vor § 249; Mertens, 241 Der Begriff des Vermögensschadens im Bürgerlichen Recht, 1967, 157; Niederländer, JZ 1960, 617, 620; Nörr, Der Ersatz des immateriellen Schadens nach dem geltenden Recht, AcP 158, 1 ff, 6; AK-BGBRüssmann, Rz. 32 f vor §§ 249 bis 253; Jahr, Schadensersatz wegen deliktischer Nutzungsentziehung AcP 1983, 725 ff, 751 ff; Neuner, Interesse und Vermögensschaden, AcP 133, 277, 288 ff; Jürgen Schmidt, Aktionsberechtigung und Vermögensberechtigung, 1969, 88 ff; Schulte, Schadensersatz in Geld für Entbehrungen, 1978, 101 ff; Werber, AcP, 173, 158, 182 ff; Wiese, Der Ersatz des immateriellen Schadens, 1964, 22 ff. 19 Einige Autoren wollen Schadensersatz für die infolge des Gebrauchsverlustes fehlgeschlagenen Aufwendungen 20 Mertens aaO, 159 ff; Dunz, JZ 1984, 1010 ff; Esser/Schmidt, aaO § 31 III; Küppers, Verdorbene Genüsse und vereitelte Aufwendungen im Schadensersatzrecht, 1976, 134 ff; Stoll, Begriff und Grenzen des Vermögensschadens, 1973, 28 ff 21 oder für den entstehenden Bedarf zubilligen. 22 Zeuner, Schadensbegriff und Ersatz von Vermögensschäden AcP 163, 380 ff, 396 ff; ders., Gedanken zum Schadensproblem in: Gedächtnisschrift für Dietz, 1973, 99 ff, 123; ders., JZ 1986, 395 f. 23 III. Nach Auffassung des Großen Senats kann über die Fälle der Eigennutzung eines Kraftfahrzeugs hinaus jedenfalls bei Sachen, auf deren ständige Verfügbarkeit die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung des Eigentümers derart angewiesen ist wie auf das von ihm selbst bewohnte Haus, der zeitweise Verlust ihrer Möglichkeit zum eigenen Gebrauch infolge eines deliktischen Eingriffs in das Eigentum bereits ein ersatzfähiger Vermögensschaden sein, sofern der Eigentümer die Sache in der Zeit ihres Ausfalls entsprechend genutzt hätte. Jedenfalls mit dieser Einschränkung stehen einem Geldersatz weder das Gesetz noch Bedürfnisse der Rechtssicherheit zwingend entgegen; vielmehr verlangt ein gerechter und vollständiger Ausgleich der Vermögensschäden, derartige Einbußen nicht entschädigungslos zu lassen. 24 1. Das Bürgerliche Gesetzbuch hat für das Schadensrecht die Begriffe Vermögen und Vermögensschaden nicht festgelegt, sondern sie 242 Wissenschaft und Praxis zur Ausbildung überlassen. Im allgemeinen ermittelt der Bundesgerichtshof, wie vor ihm schon das Reichsgericht, Vermögensschäden am subjektbezogenen Zuschnitt des betroffenen Gesamtvermögens nach der Differenzmethode durch einen rechnerischen Vergleich der durch das schädigende Ereignis eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die sich ohne dieses Ereignis ergeben hätte (BGHZ 27, 181, 183 f; 40, 345, 347; 75, 366, 371; 86, 128, 130). 25 Zutreffend weist der Vorlagebeschluß darauf hin, daß in einer am Vermögensbestand ausgerichteten Differenzrechnung der zeitweise Verlust des Eigengebrauchs der Sache selbst nicht ausgewiesen ist. In dieser Rechnung schlägt sich die Entwertung der Sache für ihren Gebrauch, wenn keine Kosten für eine Ersatzsache entstehen, nur in einem Gewinnentgang bei verhindertem erwerbswirtschaftlichem Einsatz und in den durch den Sacheinsatz sonst abgewendeten Kosten und Verbindlichkeiten nieder. 26 a) Indes hat sich in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Erkenntnis durchgesetzt, daß die Differenzmethode als wertneutrale Rechenoperation nicht davon enthebt, am Schutzzweck der Haftung und an der Ausgleichsfunktion des Schadensersatzes die in die Differenzbilanz einzusetzenden Rechnungsposten wertend zu bestimmen. In diesem Sinn ist die Differenzmethode, die im übrigen ebenfalls nicht im Gesetz festgeschrieben ist (Larenz, Festschrift für Nipperdey aaO 500), normativ eingebunden (vgl. BGHZ 50, 304, 306 - GSZ). Zwar drückt sich ein Vermögensschaden in der Differenzbilanz stets als Minderung von Aktivoder Vermehrung von Passivposten aus; es ist aber Aufgabe rechtlicher Bewertung, die Parameter der Bilanz für den Zweck des Schadensausgleichs mit festzulegen. 27 b) Eine auf den Ausgleich von Vermögensschäden ausgerichtete Differenzrechnung kann nicht außer Acht lassen, daß Wesen und Bedeutung des Vermögens sich nicht in dessen Bestand - dem "Haben" erschöpfen, sondern daß sie auch die im Vermögen verkörperten Möglichkeiten für den Vermögensträger umfassen, es zur Verwirklichung seiner Lebensziele zu nutzen (so schon v. Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, 1840, Bd. 1, 339; v. Tuhr, Der allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, 1910, Bd. 1, 313; Kohler, ArchBürgR 12 (1897), 1 ff). Diese funktionale Zuweisung ist im vermögenswerten Recht mitgeschützt. 28 Erfaßte bei einem deliktischen Eingriff in dieses Recht der Schadensausgleich für die Verkürzung der Nutzungsmöglichkeit - weil nur 243 auf den Zufluß von Geld sehend - im wesentlichen nur Ausfälle im erwerbswirtschaftlichen Einsatz des Vermögens, so ginge er daran vorbei, daß das Vermögen nicht nur diesen Einsatz eröffnet, sondern daß auch sein eigenwirtschaftlicher Einsatz "Ertrag" bringende vermögensmäßige Aktivierung ist, deren Verkürzung in vergleichbarer Weise die wirtschaftliche Sphäre des Vermögensträgers betreffen kann, obschon sie sich nicht in einem Gewinnentgang ausdrückt. 29 So ist auch für den privaten Benutzer sein Kraftfahrzeug nicht nur oft der gewichtigste Bestandteil seines Vermögens, sondern die Einsatzfähigkeit des Fahrzeugs ist häufig die Grundlage für die Wirtschaftlichkeit seiner hierauf zugeschnittenen Lebenshaltung, insbesondere wenn er als Berufstätiger auf das Kraftfahrzeug angewiesen ist. Umsomehr beruht die Entscheidung, den Wohnbedarf über ein Eigenheim zu decken, vorrangig auf Wirtschaftlichkeitserwägungen. 30 Der Markt bewertet die Eignung derartiger Wirtschaftsgüter gerade auch für den eigenwirtschaftlichen Einsatz im Preis und registriert deren zeitweisen Verlust als zeitweise Entwertung der Sache. Korrespondiert diese, weil der Geschädigte in der Ausfallzeit auf die Sache angewiesen war, mit einer spürbaren Beschränkung in seiner eigenen Wirtschaftshaltung, so ist das nur für eine ausschließlich auf die monetäre Vermehrung oder Verminderung des Vermögens sehende Rechnung ohne Vermögensrelevanz. Von Wesen und Bestimmung des Vermögens her ist eine solche Betrachtungsweise nicht zwingend geboten. 31 2. Hierzu zwingt auch § 252 BGB nicht. 32 Bei erwerbswirtschaftlichem, produktivem Einsatz der Sache wird die Verkürzung ihres Nutzungswerts im wesentlichen durch einen Gewinnentgang ausgewiesen, dessen Ersatz § 252 Satz 1 BGB ausdrücklich anordnet. Diese Vorschrift unterstreicht die schadensrechtliche Bedeutung, die der Gesetzgeber Ausfällen im erwerbswirtschaftlichen, vermögensmehrenden Einsatz von Wirtschaftsgütern beigemessen hat; eine entsprechende Vorschrift für die eigenwirtschaftliche Nutzung des Vermögens fehlt. Hieraus kann indes nicht mit dem vorlegenden Senat gefolgert werden, daß das Gesetz sich gegen den Geldersatz für Einbußen im eigenwirtschaftlichen Einsatz dieser Wirtschaftsgüter, die sich nicht in einem Gewinnentgang niederschlagen, entschieden hat. § 252 BGB stellt in erster Linie klar, daß in Abkehr von früheren Kodifikationen - das ganze, nicht nach Verschuldensformen abgestufte Vermögensinteresse dem Schadensausgleich zuzuführen ist (Mot. II 17 f = Mugdan, Materialien zum 244 BGB Bd. II 10); insoweit verwirklicht die Vorschrift den Grundsatz des vollen Schadensausgleichs, der sich aus § 249 BGB ergibt. In dieses Konzept ordnet sich auch § 252 Satz 2 BGB ein, den die Rechtsprechung bisher durchweg nur in der Bedeutung einer Beweiserleichterung betrachtet hat mit seinem auch von § 287 ZPO verfolgten Ziel, den Geschädigten wegen dieser oft schwer nachzuweisenden Schäden nicht nur auf einen Mindestersatz zu verweisen (BGHZ 29, 393, 398; 74, 221, 224 m.N.). Eine Fortentwicklung des an der produktiven Nutzung orientierten Gesetzes, die einen den Sacheinsatz zu Erwerbszwecken vergleichbaren eigenwirtschaftlichen Gebrauch der Sache in den Ausgleich von Vermögensschäden einbezieht, muß nicht zu der vom vorlegenden Senat befürchteten beweismäßigen Privilegierung des Geschädigten führen, wenn gewährleistet bleibt, daß der Ersatz nicht zur abstrakten Nutzungsentschädigung wird, die das Bürgerliche Gesetzbuch nur ausnahmsweise zuläßt (§§ 288, 290, 849 BGB). Die Rechtsprechung zur Nutzungsentschädigung für Kraftfahrzeuge hat dazu mit dem Begriff des "fühlbaren" Schadens an den Ersatz das Erfordernis geknüpft, daß der Geschädigte das Fahrzeug ohne das schädigende Ereignis auch wirklich gebraucht hätte, also zur Nutzung willens und fähig gewesen wäre. Diese auf andere Wirtschaftsgüter übertragbare Einschränkung eröffnet dem Schädiger eine vergleichbare beweismäßige Stellung, wie sie ihm gegenüber Ersatzansprüchen aus erwerbswirtschaftlichen Einbußen eingeräumt ist, und stellt hinreichend sicher, daß auch der Geldersatz für Verluste im eigenwirtschaftlichen Einsatz der Sache ungeachtet von Notwendigkeiten zu seiner Typisierung und Pauschalierung einer konkreten, auf das jeweils betroffene Vermögen bezogenen Schadensbetrachtung verhaftet bleibt. 33 3. Ohne solche Erweiterung muß der Schadensausgleich zu unbefriedigenden Ergebnissen führen, insbesondere wo es um Wirtschaftsgüter von zentraler Bedeutung für die eigene Lebenshaltung geht. 34 a) Zwar hat der Schädiger auf seine Kosten dem Geschädigten grundsätzlich zur Überbrückung von Ausfällen auch im eigenen Gebrauch der Sache eine entsprechende Gebrauchsmöglichkeit zu verschaffen, weil das Gesetz die Naturalrestitution nicht von der Vermögensqualität des Ausfalls abhängig macht. Jedoch bliebe etwa bei einem Verzicht des Geschädigten auf die Ersatzbeschaffung, der im übrigen keineswegs stets gegen sein Angewiesensein auf die Sache sprechen muß, deren Entwertung als Gebrauchsgut trotz der für ihn damit einhergehenden spürbaren Einschränkungen in der eigenen Wirtschaftsführung für den Schädiger weithin ohne Ersatzfolge. 35 245 Durch den Substanzwert der Sache wird eine derartige Verkürzung ihres Nutzungswerts für den Eigentümer nicht zureichend ausgewiesen. Zwar ist die Eignung der Sache zum Gebrauch als Preisfaktor in ihrem Verkehrswert mitbewertet; in diesem Sinn ist der Gebrauchswert kein vom Substanzwert "abspaltbarer" Wert. Jedoch wird eine Entwertung der Sache für den Gebrauch durch den Ersatz des Substanzverlustes nur dann vollständig entschädigt, wenn dieser Verlust sofort restituiert wird; daß in der Karenzzeit im Vermögen eine entwertete Sache ist, wird in diesem rechnerischen Vergleich nicht erfaßt. Insoweit beruhen Nutzungswert und Substanzwert auf verschiedenen Wertansätzen: Der Substanzwert zielt auf den Güterbestand, der Nutzungswert auf den Gütereinsatz. Weder ist dessen zeitweiser Ausfall mit der Herstellung der Sache oder durch die Zinsen für die Substanzentschädigung hinreichend ausgeglichen, noch kann der entgangene "Ertrag" nachgeholt werden. Allenfalls erwächst im ersparten Verschleiß und in den ersparten einsatzbezogenen Kosten ein Vorteil; der - zeitlich begrenzte - Gebrauchsverlust ist definitiv. Um ihn zu erfassen, bedarf die Differenzrechnung eines ergänzenden Wertansatzes. 36 b) Jedenfalls für eine ganz der eigenwirtschaftlichen Sphäre verhaftete Verwendungsplanung muß ein Ausgleich, der sich an der reinen Differenzrechnung ohne solche Ergänzung orientiert, als unangemessene schadensrechtliche Benachteiligung des Geschädigten gegenüber einem erwerbswirtschaftlichen Sacheinsatz erscheinen, dessen Einbußen vom Schädiger auch bei unterbliebener Naturalrestitution prinzipiell auszugleichen sind. Es ist deshalb gerade das Grundanliegen der Rechtsprechung zur Kfz-Nutzungsentschädigung, die eigenwirtschaftlichen Vermögensdispositionen des Geschädigten für den Ausgleichsgedanken des Schadensrechts, der auf Ersatz des vollen Vermögensschadens geht, angemessener zu berücksichtigen. Das Bedürfnis dazu reicht über diesen Regulierungsbereich hinaus. Nachdem für jenen Bereich die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Schadensrecht entsprechend fortentwickelt und sie sich in der Praxis im Vertrauen auf ihren Fortbestand umgesetzt hat, erscheint es nicht zuletzt auch aus Gründen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes in die Gesetzesauslegung durch eine gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung geboten, auf dem eingeschlagenen Weg fortzufahren. 37 Der Große Senat verkennt nicht die Vorteile der Differenzrechnung für die Berechenbarkeit des Vermögensschadens und für die notwendige Beschränkung des Schadensersatzes auf die konkreten Einbußen des jeweils betroffenen Vermögens. Die Nachteile einer Differenzrechnung mit normativen Ergänzungen lassen sich aber in vertretbaren Grenzen halten, wenn das Ziel beachtet bleibt, der vermögensmehrenden, erwerbswirtschaftlichen Verwendung des Wirtschaftsguts einen vermögensmäßig vergleichbaren eigenwirtschaftlichen Einsatz im Interesse eines gerechten Ausgleichs schadensrechtlich anzupassen. Die Regulierungspraxis der Kfz-Nutzungsentschädigung zeigt, daß damit nicht 246 eine Ausuferung des Entschädigungsvolumens verbunden sein muß. Jedenfalls erscheint es mit einem gerechten, vollständigen Schadensausgleich nicht vereinbar, allein wegen der verbleibenden Bewertungsschwierigkeiten die Ausfälle in der eigenwirtschaftlichen Verwendung einer Sache stets ersatzlos zu lassen. 38 4. Freilich muß eine derartige Ergänzung des Gesetzes auf Sachen beschränkt bleiben, auf deren ständige Verfügbarkeit die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise angewiesen ist. Eine weitergehende Erstreckung des Ersatzes wäre nicht mehr durch das Bedürfnis gerechtfertigt, der erwerbswirtschaftlichen Verwendungsplanung der Sache schadensrechtlich einen vermögensmäßig vergleichbaren eigenwirtschaftlichen Einsatz anzupassen. Sie liefe Gefahr, unter Verletzung des § 253 BGB den Ersatz auf Nichtvermögensschäden auszudehnen und müßte auch mit den Erfordernissen von Rechtssicherheit und Berechenbarkeit des Schadens in Konflikt geraten. 39 a) Die Beschränkung des Geldersatzes auf Vermögensschäden durch § 253 BGB soll den Ersatz auf Interesseneinbußen begrenzen, die an objektiven Maßstäben gemessen werden können. Der Schadensrichter soll den Schadensersatz nicht an unkontrollierbaren subjektiven Wertschätzungen festmachen müssen, die ihm der Geschädigte angibt, sondern an Werten, die der Verkehr dem Interesse beimißt, an den Geldmaßstäben des Marktes. Zugleich wollte der Gesetzgeber verhindern, daß "ideelle" Güter und Interessen schadensrechtlich vermarktet werden (Prot. I 622-623; Mugdan aaO 517). Funktionsstörungen der Sache für ihren Eigengebrauch sind notwendig mit Einbußen in der Lebenshaltung verbunden. Ein Schadensersatz für diese Störungen läuft deshalb Gefahr, zum Ersatz für Einbußen in der von der Person untrennbaren Sphäre zu führen, die nach § 253 BGB grundsätzlich entschädigungslos bleiben sollen. Für den hier allein in Frage stehenden außervertraglichen, deliktischen Schadensersatz ist diese Schranke zwingend. Anderes kann für die Vertragshaftung gelten, für die § 253 BGB von den Vertragspartnern abbedungen sein kann, ebenso wie diese den Schutz der Vermögensinteressen weitergehend einschränken können. 40 Die Gefahr einer Überdehnung des Schadensersatzes in den immateriellen Interessenbereich hinein besteht aber jedenfalls nicht für Wirtschaftsgüter von allgemeiner, zentraler Bedeutung für die Lebenshaltung. Nicht nur betrifft ihr Einsatz für die eigene Wirtschaftsführung deutlich die materiale Vermögenssphäre (so auch Stoll aaO), sondern er findet wegen der gerade durch ihre zentrale Rolle standardisierten Einsatzziele objektivierbare Bewertungsmaßstäbe wenigstens für einen vermögenswerten Kern, für den nicht die Gefahr besteht, daß darin (subjektive) Wertschätzungen von Zielverwirklichungen 247 einfließen, die nur für die Person des Geschädigten, nicht aber für den Verkehr Wert haben. Daß sich diese Funktionsstörungen nicht in einer erwerbswirtschaftlich ausgerichteten Differenzrechnung niederschlagen, kann für einen auf vollen Schadensausgleich gerichteten Ersatz wenigstens hier nicht ausschlaggebend für ihre Ersatzlosigkeit sein. 41 b) Andererseits muß, weil es an einer dem Vergleich mit § 252 BGB standhaltenden Ergebniskontrolle fehlt, durch entsprechend hohe Anforderungen an die Bedeutung der Wirtschaftskraft der Sache für die eigene Lebenshaltung gewährleistet werden, daß sich auch wirklich dieser objektiv bewertbare Funktionsverlust im Vermögen des Betroffenen niederschlägt. Derart hohe Anforderungen sind auch nötig, um Schwankungsbreiten der Verwendungsplanung möglichst auszuschließen, damit der Ersatz für den Gebrauchsverlust in einer Falltypik, in der der Einzelfall trotz aller Besonderheiten erfaßt ist, berechenbar bleibt. Daher muß Ersatz für Verluste des eigenen Gebrauchs in einer gruppenbezogenen Ausformung grundsätzlich Fällen vorbehalten bleiben, in denen die Funktionsstörung sich typischerweise als solche auf die materiale Grundlage der Lebenshaltung signifikant auswirkt. Hierzu kann auch auf die Verkehrsanschauung abgehoben werden. Dem vorlegenden Senat ist zwar darin zuzustimmen, daß diese nicht darüber entscheiden kann, wo die Grenze des § 253 BGB verläuft. Indes kann sich die rechtliche Wertung auch an den Anschauungen des Verkehrs über die Wichtigkeit eines Wirtschaftsguts für die Lebensführung und den geltenden Lebensstandard ausrichten, ebenso wie sich die Schadensbemessung an Marktmaßstäben auszurichten hat. 42 c) Maßstäbe für eine Ausgrenzung hat die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Nutzungsentschädigung für Kraftfahrzeuge gesetzt. Allerdings sind diese wesentlich mitbestimmt von den Besonderheiten einer Regulierung von Massenschäden, für die Schwankungsbreiten in der Bedeutung des Sachgebrauchs für den konkret Betroffenen eher vernachlässigt werden können. 43 Die Vorlegungsfragen, soweit sie für die Entscheidung in der Ausgangssache erheblich sind, erfordern keine abschliessende Stellungnahme zu dem Kreis der Sachen, die über die Fälle von Gebrauchsverlusten eines eigengenutzten Kraftfahrzeugs hinaus nach den vorstehenden Ausführungen für einen Geldersatz wegen zeitlich begrenzter Verluste des Eigengebrauchs in Frage kommen. Jedenfalls der zeitweise Verlust des Wohngebrauchs eines vom Eigentümer selbst bewohnten Hauses infolge eines deliktischen Eingriffs in das Eigentum, wie er hier zur Entscheidung steht, kann ein ersatzfähiger Vermögensschaden sein. Daß die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung in besonderem Maß auf den Wohngebrauch angewiesen und die ständige 248 Verfügbarkeit der Wohnung für diesen Gebrauch ein zentraler, im Gesamtvermögen verflochtener Posten der eigenen Wirtschaftsführung ist, bedarf keiner näheren Ausführung. Gerade hier erschiene die Beschränkung des Geldersatzes auf Ausfälle nur im erwerbswirtschaftlichen Einsatz, die die Verkürzung des Eigengebrauchs selbst nur als Schadensquelle bewertete und sie bei einem Verzicht auf die Anmietung einer Ersatzwohnung entschädigungslos ließe, als eine unverhältnismäßige schadensrechtliche Privilegierung der erwerbswirtschaftlichen gegenüber der eigenwirtschaftlichen Verwendungsplanung. Die Entschädigungslosigkeit mag für kurzfristige Gebrauchsbeeinträchtigungen, die der Geschädigte bei wirtschaftlich vernünftiger Betrachtung durch zumutbare Umdispositionen auffangen kann, gerechtfertigt sein. Sie ist aber bei zeitweiser völliger Unbewohnbarkeit des Hauses, sofern der Eigentümer es in der Ausfallzeit wirklich bewohnt hätte, mit dem Grundsatz eines vollen Ausgleichs der Vermögensschäden nicht zu vereinbaren. 44 IV. Die Entwicklung von Methoden für die Bemessung derartiger Gebrauchsverluste, deren Eignung wesentlich von der jeweils betroffenen Sachgruppe und den für sie bestehenden Regulierungsmechanismen mitbestimmt wird, muß in erster Linie der Praxis überlassen bleiben. Rechtliche Grenzen sind hierfür nur insoweit gezogen, als die Schadensbemessung die Aufgaben des Schadensersatzes, insbesondere seine durch § 253 BGB vorgeschriebene Ausrichtung an objektiven Bewertungsmaßstäben nicht verfehlen und eine gleichmäßige Schadensregulierung nicht unmöglich machen darf. 45 Prinzipiell ungeeignet ist eine Bemessung des Schadensersatzes daran, was den Eigentümer die Überbrückung der Ausfallzeit durch die Anmietung einer Ersatzsache gekostet haben würde, weil es nicht um das Reparationsinteresse, sondern um das Kompensationsinteresse geht. Dieses bemißt sich nicht danach, was der Eigentümer an Kosten erspart, weil er seinen Bedarf mit seiner Sache befriedigen kann, sondern danach, was die Einsatzfähigkeit der Sache für den Eigengebrauch dem Verkehr Geld wert ist. Auch kann der Eigentümer nicht verlangen, so entschädigt zu werden, wie wenn er den Gebrauch der Sache dem Schädiger gegen Entgelt überlassen hätte. Eine derartige Schadensbemessung kann zwar in Sonderbereichen durch einen spezifischen Interessenkonflikt gerechtfertigt sein, sie entspricht aber nicht allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen. Zu entschädigen ist der Gebrauchsverlust für eine eigenwirtschaftliche Verwendungsplanung, nicht der entgangene Gewinn aus einer entgeltlichen Gebrauchsüberlassung an einen Dritten, die der Eigentümer gar nicht beabsichtigt hat. 46 249 Indes können der Schadensbemessung Wertmaßstäbe des Verkehrs für eine entgeltliche Gebrauchsüberlassung zugrundegelegt werden, sofern diese von den spezifisch die erwerbswirtschaftliche Nutzung betreffenden Wertfaktoren zuverlässig bereinigt werden können. Auch die anteiligen Vorhaltekosten für den entzogenen Gebrauch (angemessene Verzinsung des für die Beschaffung der Sache eingesetzten Kapitals, weiterlaufende Aufwendungen für die Einsatzfähigkeit der Sache, Alterungsminderwert für die gebrauchsunabhängige Entwertung der Sache in der Zeit ihres Ausfalls) können eine geeignete Grundlage für die Schadensbemessung sein. Entgegen der Auffassung des vorlegenden Senats erscheint es in diesem Zusammenhang auch nicht unzulässig, durch einen maßvollen Aufschlag auf die vom Markt regelmäßig als Untergrenze für den Gebrauchswert angesehenen Gemeinkosten dem Umstand Rechnung zu tragen, daß die Ausstrahlungen des Ausfalls derartiger Wirtschaftsgüter auf das mit ihnen verflochtene Gesamtvermögen in ihren Vereinzelungen sich einer genauen Feststellung entziehen. 47 Die aufgezeigten Bewertungsmöglichkeiten schließen aber andere geeignete Bewertungsmethoden nicht aus. 2. Immaterieller Schaden Funktionen: Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion (letztere str.) 3. Normativer Schaden 4. Positives und negatives Interesse 5. III. a) Positives Interesse = Erfüllungsschaden b) Negatives Interesse = Vertrauensschaden Mittelbare und unmittelbare Schäden? Der Geschädigte und der Ersatzberechtigte - 1. Unmittelbar Geschädigte 2. Drittgeschädigte § 844 Abse. 1 und 2 BGB 250 - § 845 BGB - Schockschäden (s.o. bei § 823 Abs. 1 BGB) - Drittschadensliquidation bei „Schadensverlagerung“ Fallgruppen: - sog. obligatorische Gefahrentlastung beim Versendungskauf (§ 447 BGB), beachte aber §§ 421 Abs. 1 S. 2, 425 Abs. 1 HGB - sog. mittelbare Stellvertretung (Kommission, jemand schließt im eigenen Namen für fremde Rechnung einen Vertrag z. B. über ein gefälschtes Kunstobjekt) - sog. Obhut für fremde Sachen (a.M.: Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter) § 10. Inhalt und Umfang des Ersatzanspruchs I. II. Formen des Schadensersatzes 1. Naturalrestitution 2. Geldersatz Schadensberechnung 1. Objektivierte Berechnung 2. Entgangener Gewinn Siehe § 252 BGB; Beweismaß: bloße Wahrscheinlichkeit! 3. Konkrete Schadensberechnung Keine abstrakte Schadensberechnung, Ausnahme: § 288 Abse. 1 und 2 BGB beim Zahlungsverzug. 4. Vorteilsausgleichung Verbesserungen fallen schadensmindernd ins Gewicht (Verbot der Bereicherung des Geschädigten) . Keine Anrechnung, wenn kein Zusammenhang mit dem Schadensfall besteht oder der Zweck des Vorteils dem Schadensersatz nicht entgegensteht (z. B. Sammlung für den Geschädigten; die Zahlung der Krankenversicherung – hier wird zum Teil auch vom normativen Schaden gesprochen -, freiwillige Leistungen des Arbeitgebers nach einem Unfall, der vorzeitige Erhalt einer Lebensversicherung). . III. Schadensgruppen 251 1. Personenschaden a) Tod b) Verletzung aa) Heilungskosten bb) Mehrbedarf cc) dd) Erwerbsschaden ee) Abhängigenschaden § 845 BGB ee) Anstößiger Erwerb BGHZ 67, 119 (Achtung: nach dem sog. ProstG sind Verträge mit Dirnen mittlerweile in Deutschland wirksam!) Tatbestand: 1 Die Klägerin wurde am 2. April 1973 bei einem Verkehrsunfall verletzt. Diesen hat die Erstbeklagte, die bei der Zweitbeklagten haftpflichtversichert ist, als Kraftfahrerin verschuldet. 2 Durch den Unfall wurde die Arbeitsfähigkeit der Klägerin zeitweise aufgehoben bzw. gemindert. Die Klägerin lebt jedoch von Prostitution; sie bietet sich von einem Standplatz an der Straße aus Kraftfahrern zum Geschlechtsverkehr in deren Fahrzeugen an. Dabei wird sie nach ihrer Darstellung an einem "Arbeitstag" (Abend und Nacht) von durchschnittlich 10 bis 15 Freiern entlohnt, und zwar in der Regel mit 20 DM, bei "Sonderleistungen" mit 30 DM. 3 Die Klägerin behauptet, daß sich die Beeinträchtigung ihrer Arbeitsfähigkeit während eines Zeitraums von 30 Tagen auf ihre Tätigkeit als Prostituierte ausgewirkt habe, und begehrt von den Beklagten Ersatz des ihr deshalb entgangenen Dirnenlohns. Wegen weiterer Ansprüche (Schmerzensgeld und Ausfall von Haushaltstätigkeit) ist sie von den Beklagten abgefunden. 4 Das Landgericht hat der Klage mit gewissen Abzügen stattgegeben. Die Berufung der Beklagten war erfolglos. Die -- vom Berufungsgericht zugelassene -- Revision erstrebt weiterhin die volle Abweisung der Klage. 252 Entscheidungsgründe: I. 5 1. Das Berufungsgericht stellt fest, daß die Klägerin durch ihre Verletzung insgesamt an 22 Tagen am "Autostrich" gehindert war, und schätzt mit dem Landgericht, daß ihr dadurch nach Abzug von 10 DM Unkosten je Tag 270 DM, insgesamt also 5.940 DM entgangen sind. 6 2. In Übereinstimmung mit dem Urteil des OLG Düsseldorf in NJW 1970, 1852 hat das Berufungsgericht keine Bedenken, auch den Entgang eines Dirnenlohnes als rechtlich ersatzfähigen Schaden anzusehen. Es räumt zwar ein, daß der auf entgeltliche Gewährung des Geschlechtsverkehrs gerichtete Dirnenvertrag nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist, glaubt aber, daß die Sittenwidrigkeit der durch das Schadensereignis vereitelten Erwerbsgeschäfte der Ersatzfähigkeit des entgangenen Gewinns nicht entgegenstehen könne (im Ergebnis ebenso LG Offenburg VersR 1973, 69; zustimmend Wussow, Unfallhaftpflichtrecht 12. Aufl. TZ. 1004; zögernd unter Bezugnahme auf OLG Düsseldorf aaO Palandt/Heinrichs BGB 35. Aufl. Anm. 2 zu § 252). 7 Dazu erwägt das Berufungsgericht: 8 Vom Staat wurde die Dirnentätigkeit nicht nur geduldet, sondern auch ihr Ertrag der Einkommenssteuer unterworfen; auch genieße die Dirne hinsichtlich des von ihr erworbenen Lohnes Eigentumsschutz (BGHSt 6, 379). Die Einrichtung von Bordellen werde teilweise von Gemeinden gefördert, und Miet- und Pachtverträge über Bordelle und Dirnenwohnungen würden, wenn auch mit Einschränkungen, als rechtswirksam anerkannt. Angesichts dessen erscheine es nicht mehr gerechtfertigt, den Entgang von Dirnenlohn nicht "als Schaden im Sinne von § 249 BGB anzusehen". II. 9 Dem angefochtenen Urteil kann nicht gefolgt werden. 10 Allerdings lassen die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts keinen Rechtsirrtum erkennen und werden auch von der Revision nicht angegriffen. Deshalb ist davon auszugehen, daß der Klägerin ein Erwerbsschaden in Höhe des vom Berufungsgericht zugesprochenen Betrags entstanden ist. Es kann sich daher nur darum handeln, ob die Klägerin 253 deshalb daran gehindert ist, in Höhe des ihr entgangenen Erwerbs Schadensersatz zu fordern, weil sie diesen nur durch ein Verhalten hätte erzielen können, das gegen das Gesetz oder gegen die guten Sitten verstieß. 11 Zwar hat der Anspruch, der darauf gestützt ist, daß ein erwarteter Erwerb wegen eines zum Schadensersatz verpflichtenden Tatbestandes unterblieben sei (§§ 252, 842 BGB), nicht zur Voraussetzung, daß dieser Erwerb das Entgelt für eine volkswirtschaftlich positiv zu bewertende Leistung darstellt. Er ist auch dann ersatzfähig, wenn er ohne die zum Ersatz verpflichtende Handlung durch ein wertneutrales oder gar aus gesellschaftlicher Sicht unnützes Verhalten des Geschädigten ausgelöst worden wäre. Seine Grenze findet dieser Grundsatz aber dort, wo der Geschädigte an einer Erwerbshandlung gehindert worden ist, die nach allgemein gültigen Maßstäben hätte mißbilligt werden müssen. Das dürfte ausnahmslos dort gelten, wo der Erwerb nur durch Verletzung eines gesetzlichen Verbotes möglich war (Senatsurteil vom 7. Mai 1974 -- VI ZR 7/73 -- VersR 1974, 968, 969/970; Urt. vom 5. Oktober 1970 -- III ZR 8/68 -- DB 1970, 2440 m.w.Nachw.). Die gleichen Gesichtspunkte gelten aber auch dann, wenn das an sich rechtswidrig verhinderte erwerbsbegründende Verhalten zwar nicht gegen ein gesetzliches Verbot, wohl aber gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden, also gegen die guten Sitten verstoßen hätte (so schon Senatsurteil vom 14. Juli 1954 -- VI ZR 260/53 -- VersR 1954, 498 allg.Mng.). 12 1. Aus diesen Grundsätzen ergeben sich gegen die Klagforderung Bedenken, denen das Berufungsgericht keine Rechnung trägt. 13 a) Zwar verneint das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend, daß Gesetzwidrigkeit des zum Erwerb führenden Tuns der Ersatzfähigkeit entgegensteht. Die Prostitution ist weder als solche noch in der Form, in der sie von der Klägerin betrieben wird, Gegenstand eines ausdrücklichen Verbots. Allerdings hat die Klägerin versäumt, sich als Prostituierte polizeilich registrieren zu lassen (obwohl sie sich den vorgeschriebenen Gesundheitskontrollen unterzogen hat). Dieser Verstoß gegen als solches zweckvolles Ordnungsrecht kann ihr jedoch von den Beklagten nicht mit Erfolg entgegengehalten werden. 14 b) Durchgreifende Bedenken gegen die Berechtigung des Ersatzanspruches müssen sich jedoch daraus ergeben, daß eine Prostituierte durch ihre Betätigung (zumindest im Regelfall) gegen die guten Sitten verstößt. 15 254 Dies ist im Zusammenhang mit der Vorschrift des § 138 BGB seit jeher anerkannt. Freilich kann dies für die hier zu beurteilende Frage nur mittelbare Bedeutung haben. Denn die Ersatzfähigkeit eines Erwerbsschadens setzt nicht unbedingt voraus, daß der Geschädigte auf den Erwerb einen Rechtsanspruch gehabt hatte, vielmehr genügt eine tatsächliche Erwerbsaussicht (Senatsurteil vom 22. Februar 1973 -- VI ZR 15/72 -- VersR 1973, 423, 424). Davon, daß diese hier bestand, muß nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ausgegangen werden. Indessen kann die Frage der Sittenwidrigkeit in dem hier entscheidenden Zusammenhang wenigstens im Ansatz nicht anders beurteilt werden als für die Anwendung des § 138 BGB. Dies verkennt das Berufungsgericht, das -- ebenso wie OLG Düsseldorf aaO -- selbst davon ausgeht, daß der Dirnenvertrag nach § 138 BGB nichtig ist. Dabei wird der insgesamt mißbilligten Transaktion jede Rechtswirkung versagt. Es geht nicht etwa nur darum, daß gerade der von der Dirne übernommenen Verpflichtung zur geschlechtlichen Hingabe schon aus übergeordneten Rechtsgrundsätzen jede Rechtsverbindlichkeit versagt werden müßte; auch etwa ihre nach der Hingabe erhobene Forderung auf das Entgelt muß an § 138 BGB scheitern. 16 2. Die Revisionsbeantwortung der Klägerin stellt allerdings diese sittliche Beurteilung der Dirnenbetätigung teilweise zur Nachprüfung. Sie verweist insbesondere auf eine Änderung der Moralvorstellungen und auch auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, die den Erwerb einer Prostituierten der Einkommenssteuer unterwirft (BFH 80, 73 = NJW 1965, 79; vgl. auch BFH 97, 378 ff = BStBl. 1970, II 185). Darin kann ihr nicht gefolgt werden. 17 a) Zunächst kann daraus, daß durch das Strafrechtsreformgesetz vom 23. November 1973 (BGBl I S. 1725) der Bereich der -- als solcher schon zuvor nicht verboten gewesenen -- Prostitution noch weiter entpönalisiert worden ist, nichts hergeleitet werden. Das Zivilrecht knüpft Rechtsfolgen ausdrücklich nicht nur an den Unwert eines Verhaltens, der sich aus seiner Verbotenheit, gar seiner Strafbarkeit ergibt, sondern auch an den Unwert, der sich aus der Unvereinbarkeit mit den in der Rechtsgemeinschaft anerkannten guten Sitten ergibt (vgl. etwa § 817 Abs. 1 BGB); die Vorschrift des § 138 BGB wäre neben § 134 BGB überflüssig, wenn Sittenwidrigkeit nicht nur regelmäßig, sondern stets auch mit Rechtswidrigkeit einher ging. Anders könnte es freilich sein, wenn die Lockerung der strafrechtlichen Vorschriften auf der Überzeugung des Gesetzgebers beruhte, daß das bisherige sittlich-soziale Unwerturteil über die Prostitution nicht mehr gerechtfertigt sei. Die Materialien ergeben aber durchweg, daß man die Prostitution zwar durchaus als ein nach Möglichkeit zu verhütendes Übel betrachtete (vgl. etwa Entw. zum 4. StrRG Bundesratsdrucks. VI/1552 S. 25), aber in gesetzlichen Verboten und Strafdrohungen in der Regel kein wirksames Mittel sieht. (Für internationale Parallelen dieses Aspekts vgl. D. van Eck, Revue de science criminelle et droit pénal comparé 1963, 43, 45). Diese Zurückhaltung des Gesetzgebers besonders im Sexualbereich, der sich seiner Natur nach obrigkeitlichen Eingriffen weithin entzieht, spricht also nicht gegen den sittlichen und sozialen 255 Unwert der Prostitution. Auch sonst verzichtet der Gesetzgeber in diesem Bereich auf Verbote meist wegen deren geringer Effektivität und nicht, weil sozialschädliche Wirkungen nicht mehr zu befürchten wären (Entw. aaO S. 19). 18 Gerade der Umstand, daß der Gesetzgeber überwiegende kriminalpolitische Gründe dafür gesehen hat, die strafrechtliche Abwehr von Mißständen im Bereich der geschlechtlichen Sittlichkeit noch weiter zu lockern, gibt Anlaß, im gegebenen Zusammenhang bei Anwendung des Zivilrechts den Tatbeständen die nur einer anerkannten sittlich-sozialen Verurteilung unterliegen, erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken. 19 b) Ebensowenig kann daraus, daß die öffentliche Hand mitunter durch Einrichtung von Frauenhäusern usw. selbst die Organisation der Gewerbsunzucht eingreift, schon deren rechtliche oder sittliche Billigung entnommen werden. Solche Maßnahmen, die nicht erst der gegenwärtigen Zeit eigen sind, dienen anerkanntermaßen nur der Kanalisierung eines Mißstandes, der zwar für den Regelfall nicht als notwendig, wohl aber als praktisch unausrottbar anerkannt werden muß (BGH Urteil vom 17. April 1970 -- I ZR 124/68 -- NJW 1970, 1179 f; vgl. auch BGHZ 63, 365, 366). 20 Schließlich besagt auch die vom Bundesfinanzhof bejahte Besteuerung des Dirnenlohns als Einkommen aus einer "Leistung" (§ 22 EStG) nichts für die sittliche Anerkennung der Prostitution. Diese Besteuerung (der praktisch nur geringe Bedeutung zukommt -- vgl. Steuermann NJW 1966, 819; auch die Klägerin hat zu der Frage, ob sie Steuern entrichte, die Auskunft verweigert) ist nicht widersprüchlich. Es wäre im Gegenteil nicht einzusehen, weshalb ein sittlich mißbilligter, aber rechtlich aus Zweckmäßigkeitsgründen geduldeter Erwerb gegenüber dem Entgelt für sozial wertvolle oder doch neutrale Leistungen steuerlich privilegiert werden sollte. 21 c) Dabei, daß die Prostitution in der öffentlichen Meinung und im Rechtssinne als sittenwidrig angesehen wird, ist es im Kern auch heute trotz der veränderten Einstellung weiter Bevölkerungskreise zu sexualen Fragen (BGHZ 63, 365) geblieben. Rechtlich zeigt sich die Auflockerung nur darin, daß Verträge, die mit Bezug auf die Prostitution abgeschlossen sind, jedenfalls dann nicht mehr gemäß § 138 BGB als nichtig betrachtet werden, wenn sie in sich selbst sittlich wertneutral sind, wie etwa die Lieferung oder Bereitstellung sachlicher Mittel gegen ein Entgelt, das nicht durch seine Überhöhung eine Partizipierung an dem spezifischen Unzuchtserwerb erkennen läßt. In der öffentlichen Meinung der Bundesrepublik ist im übrigen das sittlich/soziale Unwerturteil über prostituierte Personen und ihre Betätigung, wenn auch mit teilweise veränderter Motivation, erhalten 256 geblieben. Daß diese Ablehnung häufig nicht frei ist von Hypokrisie und inkonsequenter Diskriminierung der prostituierten Person gegenüber denjenigen, die ihre entwürdigende Leistung entgegennehmen, vermag die Tatsache und ihre grundsätzliche Berechtigung ebensowenig in Frage zu stellen, wie der Umstand, daß diese Ablehnung oft in menschlich verfehlter Form Ausdruck findet. 22 Auch im politisch-administrativen Bereich besteht über den negativen Charakter der Prostitution weithin Einigkeit. Man spricht allgemein vom "Abgleiten" einer Frau in die Prostitution. Bemühungen einer Prostituierten, sich aus ihrem Milieu zu lösen, werden als selbstverständlich förderungswürdig vorausgesetzt (Entwurf aaO S. 26). 23 Dieses Unwerturteil über die Prostitution ist nicht ein auf Emotionen begründetes "Vorurteil", sondern in der gesellschaftlichen und verfassungsrechtlichen Wertordnung fundiert. Die früher vorwiegende Vorstellung, nichteheliche Geschlechtsvereinigung sei schlechthin unmoralisch, hat in ihrer Berechtigung, übrigens auch in ihrer Verbreitung gewiß an Gewicht verloren. Dagegen hat der Vorwurf, daß die gewerbsähnliche geschlechtliche Hingabe gegen Bezahlung in entwürdigender Weise Intimbereiche zur Ware macht, die gerade aus moderner psychologischer Sicht mit dem Kern der Persönlichkeit aufs engste verknüpft sind, eher noch an Bedeutung gewonnen. Neben diesem persönlichkeitsschädlichen Charakter spielt für das soziale Unwerturteil über die Prostitution gemeinhin auch die Ausbeutung der Triebhaftigkeit, Abenteuersucht, jugendlichen Unerfahrenheit, auch der Trunkenheit der Freier eine Rolle, zumal sie zu der bekannten Anhangskriminalität führen kann. Zwar mag bei der von der Klägerin geübten Form der Prostitution der letztere Gesichtspunkt weithin zurücktreten, jedoch wird die Entwürdigung vor allem der eigenen Person gerade hier besonders deutlich. Daß auch dies allein die sittliche Verurteilung rechtfertigt, ergibt sich aus der Unverzichtbarkeit der personalen Würde, die der Gesellschaft auch ohne Rücksicht auf den Willen ihres Trägers angelegen sein muß. 24 3. Die Ersatzforderung der Klägerin ist also auf ihre Behauptung gestützt, sie würde ohne die Verletzung auch weiterhin einer Betätigung obgelegen haben, die gegen das anerkannte Sittenbewußtsein (Sittlichkeitsempfinden) verstößt und der die Rechtsordnung deshalb die Anerkennung als Rechtsgeschäft versagt (§ 138 BGB). Das Berufungsgericht verkennt, daß dies bei der rechtlichen Beurteilung der Klagforderung nicht außer Acht gelassen werden kann. Seine Entscheidung hat daher keinen Bestand. III. 25 257 Indessen muß der sittliche Unwert der der Klägerin unmöglich gewordenen Erwerbstätigkeit im vorliegenden Falle nach Auffassung des Senats nicht zur Abweisung der Klage im vollen Umfange führen. 26 1. Soweit allerdings ein Geschädigter -- anders als hier -- Ersatz für die entgangenen Früchte eines gesetzlich verbotenen Tuns verlangt, wird sich die Verneinung eines solchen Anspruchs in vollem Umfange schon aus dem Zusammenhang der Rechtsordnung ergeben. Diese würde in sich widersprüchlich, wenn sie die Hand reichte zur Durchsetzung von Ansprüchen, mit denen der Ertrag eines von ihr verbotenen Tuns substituiert wird. Die Gewichte liegen aber dann etwas anders, wenn, wie hier, der Gewinn aus einer sittlich mißbilligten, aber trotz versagter rechtlicher Anerkennung geduldeten Betätigung als Folge einer unerlaubten Handlung vereitelt worden ist. Dann geht es um den berechtigten Einwand des Schädigers, es könne ihm billigerweise (§ 242 BGB) nicht zugemutet werden, einen durch sittenwidriges Tun geprägten Erwerb zu substituieren, und das Bedenken dagegen, für eine solche Forderung die staatlichen Gerichte einzuspannen. In diesem Bereich, wo es vor allem darum geht, die Rechtswahrnehmung in ihre immanenten sozialethischen Schranken zurückzuverweisen (vgl. Soergel/Mormann, BGB 10. Aufl. Vorbem. 11, 12 vor § 226; Palandt/Heinrichs, BGB 35. Aufl. Anm. 1 a aa) zu § 242 BGB), erscheint es möglich und geboten, die Tragweite des Einwandes gegen die Ersatzforderung in billiger Berücksichtigung der beiderseitigen Belange abzugrenzen. Dabei können Erwägungen platzgreifen, die in weiterem Sinne denen verwandt sind, die die neuere Rechtsprechung veranlaßt haben, angesichts der Unverbotenheit der Prostitution nur noch solche Randgeschäfte im Sinne des § 138 BGB vom Rechtsschutz auszunehmen, welche durch deren anstößigen Charakter geprägt sind (vgl. das oben zu BGHZ 63, 365 Ausgeführte). 27 a) Hier gilt es zu beachten, daß die Beklagte immerhin rechtswidrig in die körperliche Integrität der Klägerin eingegriffen hat, unter deren wenngleich mißbräuchlichem Einsatz diese bisher ihren Lebensunterhalt bestritten hatte. Damit hätte unter Umständen (die die Klägerin nicht für sich in Anspruch nimmt) auch die Lage eintreten können, daß die öffentliche Hand im Wege der Sozialhilfe für die Klägerin hätte einspringen müssen, während die schuldige Beklagte aus insoweit nicht überzeugenden Billigkeitsgründen ganz freigekommen wäre. Daß diese Lage nicht selten zu gewärtigen wäre, ergibt u.a. die Erfahrungstatsache, daß Prostituierte auch bei hohem bis sehr hohem Einkommen häufig ohne nennenswerte Rücklagen sind (vgl. Röhr, Prostitution, eine empirische Untersuchung 1972 S. 129). 28 b) Ein solches Ergebnis schösse indessen über die gebotene sozialethische Korrektur so weit hinaus, daß es in anderer Richtung anstößig wäre. Dem Schädiger erwüchse dann aus der Anrüchigkeit des Dirnen "gewerbes", vor 258 deren Auswirkungen er geschützt werden soll, über diesen Schutz hinaus eine unverdiente Begünstigung, u.U. auf Kosten der Allgemeinheit. Das gilt es zu verhüten. Er darf zwar, wie bemerkt, grundsätzlich nicht mit Ersatzansprüchen belastet werden, die die Verhinderung anstößigen Erwerbs ausgleichen sollen und insbesondere auch der Höhe nach durch diese Erwerbsart geprägt sind. Soweit es aber nur darum geht, einen Ausgleich dafür zu schaffen, daß der an seiner Gesundheit Geschädigte -- was der Schädiger zu vertreten hat -deshalb nicht mehr in der Lage ist, einen seinen notwendigen Existenzaufwand deckenden Erwerb zu erzielen, wird der Schädiger nicht eigentlich durch den Umstand berührt, daß der Geschädigte diesen Erwerb durch eine Tätigkeit erzielte, die mit einem sittlichen Unwerturteil belastet ist. 29 Denn es geht hier nicht darum, der Prostituierten den Ertrag einer auch abgesehen vom Schadensfall nur hypothetischen bürgerlichen Erwerbstätigkeit zu ersetzen. Ermittelt werden soll vielmehr derjenige Teilbetrag des tatsächlich ausgefallenen Dirnenlohnes, den zu ersetzen dem Schädiger bei der gebotenen Interessenabwägung zugemutet werden kann und den die Gerichte der Geschädigten zuzusprechen vermögen, ohne sich damit zum mittelbaren Werkzeug der Gewerbsunzucht zu machen. Die Ersatzleistung für einen Erwerb, der dem Geschädigten nur möglich gewesen wäre, liefe auf eine unserem Recht fremde abstrakte Entschädigung für beeinträchtigte Arbeitskraft hinaus (BGHZ 54, 45). Es kann deshalb auch nicht darauf ankommen, zu welchem Erwerb in einem bürgerlichen Beruf die Prostituierte nach ihrer speziellen Vorbildung (auch höhere und Hochschulbildung schützen nur wenig vor dem Abgleiten in die Prostitution -vgl. Röhr aaO S. 107 ff) formell qualifiziert gewesen wäre. 30 2. Nach allem hält es der Senat für angemessen, den Schadensersatz für entgangenen Dirnenlohn, der damit teilweise (entgegen der wohl bisher herrschend gewesenen Auffassung) für möglich gehalten wird, nach oben zu begrenzen durch die Höhe eines existenzdeckenden Einkommens, das auch in einfachen Verhältnissen von jedem gesunden Menschen erfahrungsgemäß zu erreichen ist. 31 Andererseits erscheint es nicht sinnvoll, etwa ähnlich wie im Unterhaltsrecht, darauf abzustellen, ob die Prostituierte für ihren Unterhalt, gegebenenfalls auch für den von ihr gegenüber Unterhaltsberechtigten, auf die entgangenen Einnahmen angewiesen war, also der Fürsorge zur Last zu fallen dreht, oder ob sie insbesondere auf Rücklagen zurückgreifen kann. Das ergibt sich schon daraus, daß die Grenze bei der Zumutbarkeit für den Schädiger und die Rechtspflege zu ziehen ist. Pönale Erwägungen in Richtung auf die Prostituierte haben grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, sie wären mit der rechtlichen Unverbotenheit ihres Tuns nicht vereinbar. Auch würde dabei übersehen, daß sich die dem Rechtsgedanken des § 242 BGB zuzuordnenden Schranken des Ersatzanspruchs aus der Sozialwidrigkeit der 259 Dirnenbetätigung als solcher herleiten. Andernfalls wäre jeweils eine zusätzliche Prüfung des personalen sittlichen Verschuldens erforderlich, was bei der im einzelnen zwar umstrittenen, sicher aber beträchtlichen Zahl der weniger intellektuell als psychopathologisch randständigen Angehörigen dieser Gruppe (vgl. dazu etwa Mergen in Sexualität und Verbrechen 1963, 161, 162/3; teilweise ablehnend Röhr aaO S. 107 ff) besondere Schwierigkeiten bereiten müßte. 32 3. Nach allem dürfte die Klage immerhin zu einem Teilbetrag begründet sein, dessen Bemessung unter Beachtung der dargelegten Grundsätze dem Tatrichter überlassen bleibt. 2. IV. Sachschaden Sonderprobleme 1. Familienplanungsschaden:Unterhalt für Kinder und Bedarf von Kindern als Schaden a) Grundsatzfragen und Rechtsentwicklung Der Schaden besteht in der Verschlechterung der Vermögenslage. Diese kann sich auch durch das Entstehen von Ansprüchen Dritter, vor allem auf Unterhalt und durch Bedarfsvermehrung, ergeben. Ein solcher Schaden ist auch der Familienplanungsschaden: Entgegen der Erwartung und der eingeleiteten medizinischen Behandlung kommt es zur Zeugung eines Menschen oder zur Geburt eines erheblich behinderten Menschen. Typische Vorfälle sind: Der Apotheker liest versehentlich das Rezept falsch (Enzynorm statt Eugynon), der Arzt durchtrennt bei der Sterilisation das Mutterband anstelle der Tuben, die Abtreibung gelingt nicht, bei der Sterilisation des Mannes wird versehentlich der Samenstrang nicht vollständig unterbunden. In dem zweiten Abtreibungsurteil hat der Zweite Senat des BVerfG folgenden Leitsatz aufgestellt (BVerfG NJW 1993, 1751, 1778): Nr. 14: Eine rechtliche Qualifikation des Daseins eines Kindes als Schadensquelle kommt von Verfassungs wegen (Art. 1 Abs. 1 GG) nicht in Betracht. Deshalb verbietet es sich, die Unterhaltspflicht für ein Kind als Schaden zu begreifen. In der Begründung des Urteils liest man, dass die Rechtsprechung der Zivilgerichte zur Haftung für ärztliche Behandlungsfehler oder fehlgeschlagene Schwangerschaftsabbrüche im Blick auf das neue Urteil der Überprüfung bedürfen. Unberührt bleibe nur eine Schadensersatzpflicht des Arztes gegenüber dem Kind wegen Schädigungen, die diesem bei einem nicht kunstgerecht durchgeführten, mißlungenen Schwangerschaftsabbruch zugeführt worden sind. Leitsatz 14 des BVerfG ist von einer Minderheit der Richter und auch sonst im Schrifttum als obiter dictum angesehen worden. Es ging um eine Normenkontrollklage des Landes Bayern gegen den Bund, Schadensersatzprobleme waren gar nicht angesprochen. Deshalb hat auch der BGH in einer sehr seltenen abweichenden Entscheidung dem BVerfG die Gefolg- 260 schaft versagt. Für einen Fall der wrongful conception hat er dennoch Unterhalt zugesprochen. Das Gericht verweist darauf, dass das Dasein des Kindes und der Unterhalt völlig verschieden seien (weswegen das Schlagwort vom „Kind als Schaden“ unpassend erscheint). Auch würde die vom BVerfG gewünschte Sanktionierung des medizinischen Behandlungsverhältnisses gegen Fehler dadurch unterlaufen, dass für die Folgen eines besonders einschneidenden Fehlers kein Ersatz gewährt wird. Der an sich für Verfassungsbeschwerden gegen Arzthaftungsentscheidungen zuständige Erste Senat des BVerfG ist dem BGH beigetreten. Die Rechtsprechung der Zivilgerichte zur Arzthaftung bei fehlgeschlagener Sterilisation und fehlerhafter genetischer Beratung vor Zeugung eines Kindes verstößt danach nicht gegen Art. 1 Abs. 1 GG. Vielmehr sei die Unterhaltsverpflichtung, nicht aber das Dasein des Kindes als Schaden einzuordnen. Auch der Erste Senat des BVerfG hielt die Äußerungen des Zweiten Senats im zweiten Abtreibungsurteil zum Unterhalt als Schaden mit der ganz überwiegenden Meinung des Schrifttums für ein rechtlich irrelevantes obiter dictum. Zudem ist infolge der zweiten Abtreibungsentscheidung des BVerfG aus dem Jahr 1993 das Abtreibungsrecht in den §§ 218 ff StGB neu geregelt worden. Im Anschluss an die genannte Entscheidung des BVerfG ist nun zwischen (1) rechtmäßigen Schwangerschaftsabbrüchen, (2) rechtswidrigen, aber straffreien Schwangerschaftsabbrüchen und schließlich (3) rechtswidrigen und strafbaren Schwangerschaftsabbrüchen zu unterscheiden. Erstaunlicherweise sollen Verträge, die auf eine rechtswidrige, aber nicht strafbare Abtreibung gerichtet sind, trotz §§ 134 138 wirksam sein. Der Arzt ist mithin von Rechts wegen vertraglich zu einer Abtreibung (nach einem entsprechenden Vertragsschluss, wozu selbstverständlich kein Arzt gezwungen werden kann) verpflichtet, gegen die offenbar Notwehr o. ä. ausgeübt werden könnte – eine Konsequenz, die die Brüchigkeit der Gesamtkonzeption schonungslos aufdeckt und – will man nicht den Tabubruch eines Widerspruchs der Rechtsordnung in sich tolerieren – wohl nur durch eine Auflösung in dem Sinne möglich ist, das die Rechtswidrigkeit des (nicht strafbaren) Abbruchs eine nur rhetorische, jedenfalls nicht die Notwehr o. ä. auslösende ist. Haftungsrechtliche Sanktionen für vertragswidriges Verhalten solcher wirksamen Verträge, die auf ein angeblich rechtswidriges Ergebnis hinsteuern, wären demgegenüber nach der Schwangerschaftsentscheidung des BVerfG aus dem Jahre 1993 nicht denkbar, soweit es um den Ersatz eines Unterhaltschadens geht (wohl aber bei plichtwidrig-schuldhafter Verletzung der Gebärenden). Es erweckt Bedenken, so weitgehend Sanktionen für pflicht- und vertragswidriges Verhalten (eines Arztes) trotz wirksamen Vertrages auszuschließen. Unter dem Aspekt der ökonomischen Analyse des Rechts ist freilich zuzugeben, dass eine zu scharf drohende Haftungssanktion dem Arzt einen Anreiz zu übervorsichtiger Defensivmedizin "in dubio contra infantem" geben könnte. Es ist anerkannt, dass auch der Nasciturus des Schutzes der Rechtsordnung bedarf. Der BGH hat die Neufassung der Tatbestände des Abtreibungsstrafrechts jedenfalls zum Anlaß genommen, seine Rechtsprechung dahin zu präzisieren, eine Haftung des Arztes für einen pflichtwidrig unterlassenen Hinweis auf die Möglichkeit einer Abtreibung setze voraus, dass der Abbruch rechtmäßig im Sinne der §§ 218 ff StGB gewesen wäre (BGH NJW 2002, 2636, 2637; näher Müller, NJW 2003, 697, 701). Praktisch lässt sich das Bild damit in dem Sinne strukturieren, dass zwischen Fällen einer unterbliebenen Abtreibung einerseits und Pflichtverletzungen vor der Zeugung zu differenzieren ist. Insbesondere die frühere sog. soziale Indikation löst daher heute kaum noch eine Haftung aus. Es bleiben vor allem die kriminologischen 261 Indikationen (§ 218 a Abs 3 StGB) sowie die allgemeinen medizinischen Indikationen gemäß §§ 218 a Abs 2 StGB (unter Einbeziehung der früher ausdrücklich erwähnten embryopathischen Indikation). Das auf einem ärztlichen Behandlungsfehler beruhende Unterbleiben eines nach den Grundsätzen der medizinischen Indikation gemäß § 218a II StGB rechtmäßigen Schwangerschaftsabbruchs kann also eine Schadensersatzpflicht des Arztes in Bezug auf den Unterhaltsaufwand für ein Kind auslösen, das mit schweren Behinderungen zur Welt kommt. Um einer Diskriminierung Behinderter zu begegnen, insbesondere um Fernwirkungen in Richtung auf einen verminderten Lebensschutz der Leibesfrucht bei drohender Behinderung des Kindes auszulösen, werden an entsprechende Feststellungen auch aus verfassungsrechtlichen Gründen strenge Anforderungen gestellt. Auch nach der Rechtsprechung des BGH erfordert die Prüfung der Voraussetzungen einer medizinischen Indikation die Prognose, ob ex ante von einer Gefährdung der Mutter im Sinne des § 218 a II StGB auszugehen war und diese Gefahr nicht auf andere, für die Mutter zumutbare Weise hätte abgewendet werden können. Bei dieser Prognose ist darauf abzustellen, ob von einer Gefahr für das Leben oder von der Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustands der Mutter auszugehen war. Hervorgehoben hat der BGH indes, dass an die die Prognose betreffenden Darlegungen keine überzogenen Anforderungen gestellt werden dürfen. In diesem Zusammenhang ist ferner zu prognostizieren, ob sich die Mutter für den Abbruch entschieden hätte. In diesem Rahmen können die Art und der Grad der zu erwartenden Behinderung indiziell, wie der BGH formuliert hat, „durchaus eine Rolle spielen“ (BGH NJW 2006, 1660.). Ungeachtet zutreffender Einzelergebnisse stößt diese Judikatur nicht nur wegen der insofern doch im Einzelfall möglichen Vertragsverletzung ohne haftungsrechtliche Folgen (trotz eingetretenen Schadens) auf Bedenken. Sondern sie hat auch dazu geführt, dass die Zivilgerichtsbarkeit (und letztlich der für Arzthaftung zuständige VI. Senat des BGH) als Vorfrage die §§ 218 ff StGB im Einzelnen zu prüfen hat, wozu unterinstanzlich regelmäßig die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich ist, wenn es um die medizinische Indikation geht. Die Prüfung der §§ 218 ff StGB geschieht naturgemäß unter haftungsrechtlichem Blickwinkel, und man kann eine gewisse Sorge vor dem BVerfG hierbei nicht ausschließen. Die denaturierte Hauptbedeutung der §§ 218 ff StGB liegt in der Rechtspraxis nach alldem nun darin, wesentliche und notwendige Rahmenbedingungen zur Festlegung zivilrechtlicher Haftungsgrenzen zu liefern, während diese voluminös geregelten Straftatbestände in der strafprozessualen Praxis kaum eine Rolle spielen. Man kann daher nun mit Fug und Recht die Frage aufwerfen, ob das Interesse des 2. Senats des BVerfG am zivilen Haftungsrecht vielleicht doch einen tieferen Sinn hatte. Ungeachtet dessen erweckt es Bedenken, wenn Straftatbestände im Hinblick auf das Anliegen einer Zurückdrängung der Haftung ausgelegt werden. Im übrigen lassen sich folgende Fälle unterscheiden. b) Unterhaltsbelastung durch die Geburt gesunder Kinder Die deutsche Judikatur hat eine Haftung für Sterilisationsfehler selbst dann bejaht, wenn ein gesundes Kind geboren worden ist. Ebenso wurde im Falle der missglückten Verhütung durch ein Mittel namens Implanon nach der Geburt eines gesunden Kindes Schadensersatz zuerkannt (BGH NJW 2007, 989). Interessant an der Entscheidung ist, dass in den Schutzbereich eines auf Schwangerschaftsverhütung gerichteten Vertrages zwischen Arzt und Patient nicht nur ein ehelicher, sondern auch der jeweilige nichteheliche Partner einbezogen ist, 262 der vom Fehlschlagen der Verhütung betroffen wird. Diese Haltung entspricht den heutigen gesellschaftlichen Verhältnissen. Ungeachtet dessen hat es eines langen Gewöhnungsprozesses bedurft, um den durch den Arzt fahrlässig herbeigeführten Unterhaltsschaden, den das nicht geplante Kind den Eltern verursacht, als Schaden im Rechtssinne anzuerkennen. So wurde die zunächst ungewohnte Forderung der betroffenen Eltern gegen den Arzt oder Apotheker auf Ersatz des Unterhaltes für ihr eigenes Kind als ein schlechter Witz angesehen. Ferner zog man aus der Tatsache, dass die vom Arzt grundsätzlich geschuldete Naturalrestitution (§ 249 Abs. 1 BGB) nur in der Tötung des Kindes bestehen könnte, die Schlußfolgerung, den Eltern stünde kein Anspruch auf Geldersatz zu. Schließlich wurde in der unterlassenen Abtreibung des Kindes und im Ausschlagen einer Adoption ein Mitverschulden der Eltern bzw. eine schadensmindernde Tatsache gesehen. Der BGH hat den Familienplanungsschaden grundsätzlich anerkannt, gewährt aber nur einen eingeschränkten Anspruch: Schuldhafte Fehler des Arztes in der Familienplanung, insbesondere solche, die eine Berufshaftung auslösen, verpflichten ihn zum Ersatz des Unterhaltsschadens, vorausgesetzt, die Schwangere hätte in der Tat abgetrieben (und hätte abtreiben dürfen). Allerdings können die Eltern das Kind nicht voll auf Kosten des Schadensersatzpflichtigen aufziehen. Sie bekommen nur den Regelunterhalt, und zwar selbst dann, wenn sie dem Kind nach ihren Lebensumständen einen höheren Unterhalt gewähren müssen. Diese Einschränkung wird von haftungs- und schadensrechtlichen Zwecken freilich kaum getragen. Wird ein Kind später doch noch zum „Wunschkind“, soll (ab dann) die Haftung entfallen, was im Prozess ggf. eigentümlichen Sachvortrag der klagenden Eltern herausfordert. Um diese Konsequenz abzumildern (und wohl auch in Modifikation oder Fortschreibung seiner Haltung) hat der BGH indes in neuerer Zeit hervorgehoben, dass ein Anspruch auch dann besteht, wenn sich die Mutter durchaus noch vorstellen kann, später (im Zweifel von einem anderen Partner) ein Kind bekommen zu wollen. Der Anspruch auf Übernahme des Kindesunterhalts hängt bei einem nicht gewollten Kind aufgrund fehlgeschlagener Verhütung infolge ärztlichen Verschuldens also nicht davon ab, dass die Familienplanung schon in diesem Sinne abgeschlossen war. Alles andere wäre nicht nur unpraktikabel, sondern würde auch falschen Vortrag im Prozess geradezu provozieren. Ohnedies lassen sich Änderungen in der Familienplanung kaum ausschließen oder vorhersagen. Das ist auch sonst im Familienrecht anerkannt. Der Kindesunterhalt als Schaden ist im Vertragsrecht deswegen verständlich, weil die Eltern und der Arzt bei Vereinbarung der Sterilisation offensichtlich einen besonderen Schadensbegriff zugrundegelegt haben, von dem der Arzt im Haftungsfalle nicht abweichen darf. Dieser besondere Schadensbegriff umfaßt die Erzeugung und Geburt weiterer Nachkommen als vermögensmäßigen Nachteil. Auch wenn die Sterilisation vorgenommen wurde, um Gesundheitsschäden der Mutter vorzubeugen, liegt der Unterhaltsschaden infolge eines Fehlers bei diesem Eingriff noch im Schutzbereich der Norm. Die Eltern verlassen sich nämlich auf die Wirksamkeit der Sterilisation und erweitern auf diese Weise deren Schutzbereich. OLG Karlsruhe NJW 2006, 1006 (nicht rechtskräftig): Die Geburt eines Kindes nach behandlungsfehlerhafter Verhütung löst die Haftung aus, auch wenn sich die Frau vielleicht später, jedenfalls aber nicht aktuell ein Kind (evtl. mit anderem Partner) wünscht. Richtig ist, dass ggfs. auch der gegenwärtige Partner einer ungefestigten Partnerschaft in den Schutzbereich des auf Schwangerschaftsverhütung gerichteten Behandlungsvertrags zwischen Arzt und Partnerin einbezogen ist. 263 Das gesunde Kind hat (unstreitig) gegen den Arzt keinen eigenen Anspruch auf Übernahme der Kosten seiner Existenz. c) Unterhaltsbelastung durch die Geburt geschädigter Kinder Der Mehrbedarf eines genetisch oder vorgeburtlich geschädigten Kindes stellt uns vor ein weiteres neues Problem an der Grenze von Recht und Medizin. Infolge eines Fehlers des Arztes oder Genetikers wird den Eltern keine Mitteilung von der (möglichen) Behinderung des Ungeborenen gemacht. Bei rechtzeitiger Unterrichtung hätte die Mutter vielleicht eine Unterbrechung der Schwangerschaft veranlaßt. Als Beispiel mögen die unterlassene Fruchtwasseruntersuchung auf ein Down-Syndrom oder andere erhebliche Erkrankungen sowie das Übersehen einer Rötelninfektion der Mutter dienen. Haftungsgrund ist hier das Unterlassen einer angezeigten und dem medizinischen Standard zur Zeit der Behandlung entsprechenden Diagnosemaßnahme. Wem gegenüber besteht nun die Pflicht zur Diagnose? Jedenfalls sind die Schwangere und eventuell ihr Mann als Vertragsparteien bzw. Träger des geschützten Rechtsguts berechtigt. Die Übernahme der medizinischen Betreuung einer werdenden Mutter umfaßt auch die Pflicht, eine mögliche (Schwerst-)Behinderung des Nasciturus zu entdecken und mitzuteilen. Das bei der Patientin tangierte Rechtsgut ist ihr Persönlichkeitsrecht, aufgrund dessen sie einen vorgeschädigten Fötus abtreiben darf, § 218a Abs. 2 Ziff. 1 StGB. Wäre ein Schwangerschaftsabbruch hingegen rechtswidrig, braucht der Arzt darauf auch nicht hinzuweisen bzw. der Schaden liegt nicht im Rechtswidrigkeitszusammenhang. Daneben sollte jedoch auch das geschädigte Kind einen Anspruch gegen den fahrlässigen Arzt auf Ausgleich seines Mehrbedarfs haben. Obwohl der Nasciturus nicht Vertragspartei ist, hat ihn doch die Mutter deutlich in den Schutzbereich des Behandlungsvertrags einbezogen. Darüber hinaus besteht aber eine allgemeine deliktische Rechtspflicht des beruflich Tätigen gegenüber dem Ungeborenen, dessen Eltern die Entscheidung zu ermöglichen, dass er nicht ein behindertes Leben führt. Als Schutzgut kommt das potentielle Persönlichkeitsrecht des Nasciturus in Betracht. Die Entscheidung der Mutter für den Schwangerschaftsabbruch mag sein Leben beenden, bewahrt ihn jedoch vor Behinderungen, die jedenfalls finanziell belastend sind. Diese Haftung entspricht auch der Idee der Berufshaftung, nämlich Einstehen für Nichterreichen des Standards des Berufskreises durch Übernahme der typischen Folgen. 2. Frustrationsschaden 3. Schadensberechnung nach der Lizenzanalogie Zur Vertiefung: BGHZ 20, 345 (Problem: § 252 BGB – aber der z. B. unberechtigt Abgebildete hätte nicht zugestimmt) 4. Abwehrschaden BGHZ 75, 230: Tatbestand: 1 Am 28. Mai 1974 wurde die Beklagte in der SB-Lebensmittelabteilung einer Filiale der Klägerin von dem Verkäufer G. beobachtet, als sie Lebensmittel in 264 ihre Handtasche und nicht in den Einkaufswagen legte. An der Kasse bezahlte sie nur die im Einkaufswagen liegenden Waren. Nach Verlassen des Geschäfts wurde sie von G. gestellt. Die von ihr entwendeten Lebensmittel hatten einen Ladenpreis von insgesamt 12,72 DM. 2 Die Klägerin erstattete gegen die Beklagte Strafanzeige, jedoch ist das Strafverfahren wegen Ablaufs der Verjährungsfrist eingestellt worden. 3 Die Klägerin verlangt von der Beklagten Erstattung einer "Fangprämie" von 550 DM, die sie ihren Angestellten vor der Tat für jeden von ihnen ertappten Ladendieb versprochen und an G. ausgezahlt hat. Ferner begehrt sie für die Schadensbearbeitung weitere 550 DM, nämlich Erstattung der Personalkosten von 545 DM und der allgemeinen Bürounkosten für Papier, Porto und Telefon von 5,-- DM. 4 Das Landgericht hat die Klage ganz abgewiesen (siehe dazu Kramer NJW 1976, 1610 bei Fn 40a). Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht ihr einen Teil der "Fangprämie" in Höhe von 50 DM zugesprochen, im übrigen aber die Berufung zurückgewiesen. 5 Hiergegen haben beide Parteien (zugelassene) Revision eingelegt. Die Klägerin verfolgt die volle Verurteilung der Beklagten weiter, während diese die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils begehrt. Entscheidungsgründe I. 6 Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß die Beklagte für allen Schaden aufkommen muß, den sie der Klägerin durch den Ladendiebstahl zugefügt hat. Ob der Ersatzanspruch nicht nur aus Delikt (§ 823 Abs 1 und 2 BGB), sondern auch aus vertraglichen Beziehungen begründet ist, wie das Berufungsgericht meint (ablehnend zB Stoll, Verhandlungen des 51. DJT Band II N 9f), kann auf sich beruhen. Der Umfang der Ersatzpflicht, um den es im Streitfall geht, hängt hiervon nicht ab. Auch ein vertraglicher Schadensersatzanspruch hätte an die Verletzung der vermögenswerten Interessen der Klägerin anzuknüpfen, die deliktisch mit ihrem Eigentum an den gestohlenen Lebensmitteln geschützt sind; der Ausgleich des Schadens nach Vertrag wie nach Delikt ist in den §§ 249ff BGB näher festgelegt. 265 7 Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann die Klägerin als "Bearbeitungskosten" geltend gemachte Personalkosten für die Schadensregulierung (545 DM) sowie Kosten für Papier, Porto und Telefon (5 DM) nicht ersetzt verlangen. Solche Aufwendungen seien dem eigenen Pflichtenkreis des Geschädigten zuzurechnen und keine vom Schädiger auszugleichende Belastung. Die vor der Tat versprochene und mit Entdeckung des Diebstahls fällig gewordene Fangprämie sei dagegen ein erstattungsfähiger Folgeschaden. Jedoch könne die Klägerin von der Beklagten nur Erstattung von 50 DM fordern. Die Zusage einer höheren Prämie für die Ergreifung eines Ladendiebs in der Lebensmittelabteilung eines Warenhauses, für die normalerweise mit Ladendiebstählen in der Größenordnung zwischen 5 und 50 DM gerechnet werden müsse, sei so fernliegend, daß es insoweit schon am adäquaten Zusammenhang der Aufwendung mit dem Diebstahl fehle. Zudem müsse sich die Klägerin die Belastung mit solchen unangemessen hohen Kosten selbst zuschreiben, da sie insoweit die ihr nach § 254 Abs 2 BGB obliegende Schadensminderungspflicht verletzt habe. II. 8 Im Ergebnis bleiben beide Revisionen mit ihren Angriffen gegen diese Ausführungen ohne Erfolg. 9 1. Bearbeitungskosten: 10 a) Erfolglos wendet sich die Revision der Klägerin gegen die Abweisung ihrer Forderung auf Ersatz von Personalkosten für die Schadensregulierung. 11 Der erkennende Senat hat schon früher ausgesprochen, daß der Geschädigte den Zeitaufwand durch außergerichtliche Tätigkeit zur Wahrung seiner Entschädigungsansprüche regelmäßig nicht ersetzt verlangen kann, mag er die Bearbeitung des Schadensfalls persönlich vorgenommen, oder, wie die Klägerin, Angestellten übertragen haben (BGHZ 66, 112, 114ff sowie die dort angegebenen Rechtsprechungsnachweise). Danach grenzt das Recht aus Gründen der Interessenbewertung, aber auch der Praktikabilität, diesen Aufwand von anderen erstattungsfähigen Kosten der Rechtsverfolgung ab und weist solche Mühewaltung einem Zuständigkeitsbereich und Verantwortungsbereich des Geschädigten zu, der außerhalb des Schutzzwecks der Haftung des Schädigers liegt. Auf dieser wertenden Abgrenzung beruht es, daß § 91 ZPO solchen Aufwand nicht in den Katalog erstattungsfähiger Rechtsverfolgungskosten aufgenommen hat. Diese 266 Regelung ist jedoch nicht auf die prozessuale Kostenerstattung beschränkt, sondern Ausdruck eines auch für das Schadensrecht geltenden Prinzips (BGHZ aaO). 12 aa) Für Ersatzansprüche aus Ladendiebstählen gilt nichts Abweichendes. Grundsätzlich kann der betroffene Geschäftsinhaber die Kosten für die Mehrarbeit, die die Ermittlung und Abwicklung des Schadens verursacht, weder auf der Berechnungsgrundlage von Einzelnachweisen noch als geschätzte Pauschale von dem Ladendieb erstattet verlangen (im Ergebnis ebenso: Staudinger/Schäfer BGB 10./11. Aufl § 823 Rdz 502ff; Deutsch in seinem Gutachten und Stoll in seinem Referat zum 51. DJT Band I E 55ff, 70 bzw Band II N 18ff; Larenz, Schuldrecht I 11. Aufl § 24 II c; Palandt/Heinrichs BGB 38. Aufl Anm 2b ee vor § 249; § 249 Anm 3b; Wollschläger NJW 1976, 12, 14ff; aA: Canaris NJW 1974, 521, 522; Creutzig NJW 1973, 1593, 1594; BB 1971, 1307, 1308; Klimke NJW 1974, 81, 85ff). Hieran würde sich selbst dann nichts ändern, wenn die Klägerin - was im Streitfall aber nicht geschehen ist - wegen der Vielzahl der in ihrem Unternehmensbereich vorkommenden Diebstähle eine eigene Abteilung ausschließlich für diese Aufgaben eingerichtet hätte. Bereits in BGHZ 66, 112, 116ff hat der Senat hervorgehoben, daß der Geschädigte für die Frage der Erstattungsfähigkeit von Schadensbearbeitungskosten keine Sonderstellung beanspruchen kann, wenn die Größe seines Verwaltungsbereichs und die dadurch bedingte Erhöhung des Schadenspotentials solche organisatorischen Maßnahmen zweckmäßig und geboten erscheinen lassen (so schon BGH Urteil vom 28. Februar 1969 - II ZR 154/67 = NJW 1969, 1109). Zwar mag hier der Entschluß zu solcher Einrichtung stärkeren Bezug zum einzelnen Schadensfall haben als in dem der Entscheidung BGHZ 66, 112 zugrundeliegenden Sachverhalt; dort stand für solche Organisation der Regulierung von Beschädigungen an Autobahnanlagen als Folge von Verkehrsunfällen die Ausdehnung des Unternehmens im Vordergrund. Die Schadenshäufung durch Ladendiebstähle in Großkaufhäusern und Selbstbedienungsketten erklärt sich aus für sie typischen Anbietermethoden und Verkaufsmethoden, dh aus Umständen, die auch in jedem Einzelfall zum Tragen kommen und ihn besonders prägen. Insoweit könnte davon gesprochen werden, daß solche Maßnahmen schon in jedem einzelnen Diebstahl angelegt sind oder herausgefordert werden. Jedoch rechtfertigt weder dies noch der Umstand, daß der Warendieb vorsätzlich die durch jene Methode geschaffenen Gelegenheiten für sich ausnutzt, den Pflichtenkreis des durch solche Diebstähle Geschädigten im Verhältnis zum einzelnen Schädiger enger zu ziehen als für denjenigen Warenanbieter, der sich weniger diebstahlsanfälliger Verkaufsmethoden bedient. Nicht zuletzt würde die Berücksichtigung solcher Umstände in Widerspruch damit geraten, daß das Haftungsrecht - von normierten Ausnahmen abgesehen - auch dort, wo es um Massendelikte geht, allein ein Einstehen für die eigene Tat kennt (so zu Recht Stoll aaO N 15). Anders wäre allenfalls zu erwägen, wenn dem Geschädigten nicht nur aus der dem Einzelschädiger nicht zurechenbaren Gesamtheit der Ladendiebstähle, sondern schon aus dem einzelnen Diebstahl außergewöhnliche Belastungen bei der Rechtsverfolgung erwachsen würden, die das, was der Verkehr als übliche persönliche Bemühung bei der Rechtswahrung ansieht, übersteigen. 267 Das kann aber bei der zivilrechtlichen Verfolgung von Ladendiebstählen nicht bejaht werden. Sie erfordert in aller Regel nur einen geringeren Arbeitsaufwand, der erst in der Masse der Schadensfälle für den Geschäftsinhaber zu Buche schlägt. 13 bb) Die Revision der Klägerin kann sich für ihren gegenteiligen Standpunkt auch nicht auf Erwägungen stützen, die den Bundesgerichtshof veranlaßt haben, für die Bemessung der Schadenspauschale bei Verletzung musikalischer Aufführungsrechte als Berechnungsfaktor den besonderen Verwaltungsaufwand der GEMA mitzuberücksichtigen (BGHZ 17, 383; 59, 286, 293). Dort ging es um die Frage, inwieweit dem Schädiger ausnahmsweise Überwachungskosten zur Verhinderung von Rechtsverletzungen aufzuerlegen sind, nicht aber um die Belastung mit der Mühewaltung bei der Schadenregulierung. Zudem steht jene Schadensberechnung ganz im Rahmen eines Schadensausgleichs, der von der Rechtsprechung im Blick auf die besondere Interessenanlage bei der Auswertung von Immaterialgüterrechten abweichend von allgemeinen Schadensersatzgrundsätzen eigenständig entwickelt worden ist. Als solche läßt sie sich auf den Ladendiebstahl nicht übertragen. 14 Ebensowenig kann die Revision die Rechtsprechung für sich in Anspruch nehmen, die dem Geschädigten, wenn er den Schaden behebt, in Grenzen Ersatz von Kosten der Verwaltungsmehrarbeit zubilligt (BGHZ 54, 82, 88; 65, 384, 390; Senatsurteil vom 3. Februar 1961 - VI ZR 178/59 = NJW 1961, 729; BGH Urteile vom 28. Februar 1969 = aaO und vom 31. Mai 1976 - II ZR 133/74 = NJW 1977, 35). Insoweit handelt es sich um Aufwendungen der eigentlichen Schadensbeseitigung oder Schadensverhütung, die das Schadensrecht als Aufgabe des Schädigers auch dort ansieht, wo es den Geschädigten befugt oder gar ihm auferlegt (§ 254 Abs 2 BGB), die Beseitigung des Schadens selbst in die Hand zu nehmen (BGHZ 32, 280, 285). Daß dieser von der Befugnis Gebrauch macht, darf den Schädiger nicht entlasten. Hiervon bleibt aber, wie der Senat schon in BGHZ 66, 112, 114ff hervorgehoben hat, die Zuordnung der Mühewaltung bei der Rechtswahrung zum eigenen Aufgabenkreis des Geschädigten unberührt. Dieser Verwaltungsaufwand ist deshalb vom Geschädigten auch dann allein zu tragen, wenn er sich von Gemeinkosten eindeutig abgrenzen läßt. 15 Aus demselben Grund kann die Revision der Klägerin für sich nichts aus den Grundsätzen herleiten, nach denen Aufwendungen zu erstatten sind, die der Geschädigte vor Eintritt des schädigenden Ereignisses vorsorglich macht, um im Schadensfall drohende Verluste aufzufangen oder doch gering zu halten (BGHZ 32, 280, 284; 70, 199 mwNachw). 16 268 b) Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht der Klägerin auch die Erstattung ihrer Auslagen für Porto, Telefon und Papier nicht zuerkannt. 17 Zwar ist für sie, wie sich aus § 91 ZPO entnehmen läßt (vgl Stein/Jonas/Leipold ZPO 20. Aufl § 91 Rdz 56 mit Nachw), die Zurechnungsgrenze auch für die materiellrechtliche Schadloshaltung anders gezogen als für Zeitversäumnisse; im Gegensatz zu diesen kommen Auslagen für Porto und Telefon auch für eine Erstattung auf materiellrechtlicher Grundlage als Folgeschäden der Rechtsverletzung in Betracht (vgl Stoll aaO N 20ff). Jedoch hat die Klägerin auch diesen Ersatzanspruch nicht. 18 aa) Soweit ihr Auslagen für die Einleitung eines Strafverfahrens gegen die Beklagte entstanden sind, stehen sie außerhalb des Schutzzwecks der Schadenstragungsnorm; der Eigentumsschutz, den das Haftungsrecht ihr hier sichert, erstreckt sich nicht auf die Verwirklichung des Strafanspruchs, mag die Klägerin hieran auch ein Interesse haben, um sich auf diesem Weg vor künftigen Rechtsverletzungen der Beklagten zu schützen (OLG Düsseldorf NJW 1976, 1459; im Ergebnis ebenso Stoll aaO N 21 mit Nachw; Hagmann JZ 1978, 133; Palandt/Heinrichs aaO Vorbem 5c ee vor § 249; aA Canaris NJW 1974, 521, 522). Insoweit wird dem Ersatzanspruch durch die Aufgabe der Haftungsnorm, den Einbruch in die Schutzsphäre des Betroffenen mit den Mitteln des Zivilrechts auszugleichen, Grenzen gesetzt (vgl BGHZ 27, 137, 141). 19 bb) Soweit die Klägerin Auslagen zur Verfolgung ihrer zivilrechtlichen Ansprüche gemacht hat, beziehen sie sich ersichtlich nur auf diejenigen Ansprüche (Personalkosten, Fangprämien), die Gegenstand der Klage sind. Insoweit fehlt ihr das Rechtsschutzbedürfnis für die selbständige Geltendmachung der Kosten, die sie, soweit ein Erstattungsanspruch überhaupt besteht, demnächst im Kostenfestsetzungsverfahren erstattet verlangen kann (vgl Stein/Jonas/Leipold aaO Rdz 20 vor § 91 mit Nachw). 20 2. Fangprämie: 21 a) Ohne Erfolg wendet sich die Revision der Beklagten gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, daß die von der Klägerin für die Entdeckung des Diebstahls und die Ergreifung der Beklagten zugesagte Prämie dem Grunde nach von dem Schadensersatzanspruch umfaßt wird (im Ergebnis ebenso: Deutsch aaO E 55, 70 und so schon im Haftungsrecht I § 26 II 8 S 449; Stoll aaO N 16ff; Staudinger/Schäfer aaO Rdz 504; Lange, Schadensersatz 1979 S 201; Larenz aaO § 29 II f; Medicus, Bürgerliches Recht 8. Aufl Rdz 864; 269 Canaris aaO; Creutzig aaO; Braun/Spieß MDR 1978, 356; Klimke aaO; Müller NJW 1973, 359; aA Esser/Schmidt, Schuldrecht I/2 5. Aufl § 32 III 2. 2; Palandt/Heinrichs aaO § 249 Anm 3b und Palandt/Thomas aaO § 823 Anm 12a; Wälde NJW 1972, 2294; Wollschläger NJW 1976, 12, 15ff; Musielak NJW 1977, 562; JuS 1977, 534; Kramer ZRP 1974, 62; NJW 1976, 1607, 1610). 22 Zu den als Folgeschäden erstattungsfähigen Kosten der Rechtsverfolgung gehören, freilich in den Grenzen des wirtschaftlich Angemessenen, auch Belohnungen, die der Bestohlene nach geschehener Tat aussetzt, um die gestohlenen Gegenstände wieder zu erlangen (vgl Senatsurteil vom 24. Oktober 1967 - VI ZR 60/66 = VersR 1967, 1168; BAG DB 1970, 500 = AP Nr 10 zu § 249 BGB mit zust Anm Herschel; vgl ferner schon RG Warn Rspr 1914, Nr 159; Ermittlung des Verfassers einer anonymen, den Betroffenen beleidigenden Zeitungsanzeige; zur Erstattungsfähigkeit solcher Belohnungen nach § 91 ZPO vgl die Nachweise bei Braun/Spieß aaO S 356ff). Eine andere Beurteilung ist im Streitfall nicht deshalb angezeigt, weil die Belohnung hier vorsorglich vor Begehung des Diebstahls versprochen worden ist. Für den Zusammenhang der hierdurch der Klägerin entstehenden Belastung mit dem Diebstahl spielt der Zeitpunkt ihrer Aussetzung keine entscheidende Rolle, da die Belohnung in beiden Fällen erst nach geschehenem Diebstahl zu zahlen ist und gezahlt wird. In beiden Fällen erwächst dem Geschädigten die Belastung, weil der Schädiger in das geschützte Recht eingegriffen hat. 23 Freilich ist nicht zu verkennen, daß der Zeitpunkt der Prämienzusage für Charakter und Zielrichtung der "Fangprämie" von Bedeutung sein kann. Während die nach geschehenem Diebstahl ausgesetzte Belohnung allein der Wiedererlangung der gestohlenen Gegenstände dient und der Geschädigte darauf hofft, daß sie verdient wird, verfolgt die vor der Tat für die Ergreifung eines Ladendiebes ausgesetzte Fangprämie auch präventive Zwecke: Wer sie verspricht, erhofft sich von ihr erhöhte Wachsamkeit und Einsatzbereitschaft seines Personals, die als solche vom potentiellen Täter wahrgenommen wird und so diebstahlsverhindernd wirkt; insoweit geht es ihm also auch um Abschreckung. So gesehen ergänzt sie die Vorsorge-Maßnahme, die der Geschäftsinhaber trifft, um seine Waren vor Ladendieben zu schützen. 24 Ein Teil der Rechtsprechung und des Schrifttums lehnt deshalb die Erstattungsfähigkeit der Fangprämie ab, weil der Geschädigte auch sonst Aufwendungen, die er zum Schutz seines Eigentums mache, dem Schädiger nicht in Rechnung stellen könne (vgl OLG Koblenz NJW 1976, 63ff; OLG Braunschweig NJW 1976, 60; AG Essen NJW 1976, 55; AG Mettmann NJW 1976, 56; Wollschläger aaO; Musielak aaO; Wälde aaO; Kramer aaO; Palandt/Heinrichs und Palandt/Thomas aaO; Esser/Schmidt aaO). Dem kann sich der Senat jedoch nicht anschließen. 270 25 aa) Allerdings ist dieser Ansicht im Ausgangspunkt darin zuzustimmen, daß die Kosten für Maßnahmen des Geschädigten, mit denen er sein Eigentum vor Diebstahl schützt, grundsätzlich von ihm selbst getragen werden müssen und nicht auf den Dieb abgewälzt werden können (vgl BGHZ 59, 286, 288 mNachw; Rother, Haftungsbegrenzung im Schadensrecht 1965, 160; Larenz aaO § 29 II f; Stoll aaO N 14ff; Deutsch aaO; Thiele, Festschrift für Felgenträger 1969, 393, 407ff). Das gilt jedenfalls für Maßnahmen, die nicht die Verhinderung oder Abwehr eines bevorstehenden konkreten Eingriffs im Auge haben, sondern das Eigentum allgemein gegen Diebe sicher machen sollen (Spiegel, Fernsehmonitore u dergl). Solche Vorkehrungen sind in der Regel im Verhältnis zum Schädiger schon deshalb der Sphäre des Geschädigten zuzurechnen, weil ihnen der Bezug zur konkreten Rechtsverletzung fehlt, so daß sich der auf die einzelne Rechtsverletzung entfallende Anteil der aufgewandten Kosten nicht zureichend ermitteln läßt. Denn sie wenden sich nicht nur gegen den, der sich über sie hinwegsetzt, sondern auch und gerade an den potentiellen Dieb, der sich von seinem Tatentschluß durch sie abbringen läßt. Eine gerechte Kostenüberwälzung müßte deshalb auch diesen Umstand berücksichtigen, der sich indes näherer Feststellung entzieht. 26 bb) Jedoch weist die Fangprämie ungeachtet ihres Standorts im allgemeinen Vorsorgesystem und Kontrollsystem und dessen Präventivzwecks insoweit einen konkreten Bezug zum einzelnen Ladendiebstahl auf, als sie im Grundsatz erst durch diesen und erst deshalb erwächst, weil die konkrete Bedrohung des Eigentums durch den Ladendieb Anlaß zu dem Eingreifen gegeben hat, das durch die Prämie honoriert werden soll. Soweit die Prämie auf solche Maßnahmen zur Verhütung des konkreten Schadensfalls zielt, bestehen die erwähnten Hinderungsgründe für die Zurechnung von Schutzvorkehrungen zum konkreten Einzeldelikt im Grundsatz nicht. Ebensowenig steht der Schutzzweck der Haftungsnorm solcher Zurechnung entgegen; er umfaßt auch Aufwendungen, die der Eigentümer macht, um sein Eigentum vor einem konkret drohenden Schaden zu schützen, sofern sie vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen aus hierfür zweckmäßig und geeignet erscheinen. 27 Dieser schadensrechtlich zu beachtenden Eignung steht auch nicht der Einwand entgegen, daß das Verkaufspersonal, an das sich im Streitfall die Zusage der Fangprämie gerichtet hat, schon arbeitsvertraglich zum Schutz der Ware gegen Diebstahl verpflichtet sei. Es kann offen bleiben, ob ein Verkäufer dazu verpflichtet ist, einen von ihm beobachteten Warendieb zu verfolgen und gegebenenfalls festzuhalten (vgl Staudinger/Schäfer aaO Rdz 484; Braun/Spieß aaO 356ff). Jedenfalls zeigen empirische Untersuchungen, daß solche Prämienzusagen zur Erhöhung der Aufmerksamkeit des Verkaufspersonals und ihrer Bereitschaft, gegen den beobachteten Dieb einzuschreiten, nützlich und notwendig sind. 271 28 b) Dem Anliegen, den ertappten Dieb durch Zurechnung der Prämie nicht über die Aufwendungen zur Abwehr des durch seine Tat heraufbeschworenen Schadens hinaus auch mit Aufwand zu belasten, der anderen Zwecken dient, kann deshalb nicht durch Verneinung sondern nur durch Begrenzung der Ersatzpflicht Rechnung getragen werden. Die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit der Fangprämie darf nicht dazu führen, den Schadensumfang über das durch den konkreten Eingriff in das Eigentum festgelegte Ausgleichsinteresse des Geschädigten hinaus zu erhöhen, um den Ladendieb von künftigen Diebereien abzuschrecken oder andere hiervon abzuhalten, oder um gar auf diesem Wege doch Ersatz für die Mühewaltung bei der Bearbeitung des Schadensfalls zu erhalten. Ein über den Schadensausgleich hinausgehender Zuschlag zur Erhöhung der Abschreckungswirkung wird durch den zivilrechtlichen Schadensersatz nicht, auch nicht bei vorsätzlicher Schädigung, gedeckt. Ebenso ist, wie ausgeführt, bei der Bemessung des erstattungsfähigen Aufwands dem Grundsatz Rechnung zu tragen, daß der ertappte Warendieb nicht für die Erscheinung des Warendiebstahls als eines Massendelikts, sondern nur für den eigenen Tatbeitrag einzustehen hat. 29 aa) Bei der so gebotenen Ausgrenzung der Erstattungsfähigkeit der Fangprämie ist zu berücksichtigen, daß das im konkreten Einzelfall betroffene Bewahrungsinteresse und Ausgleichsinteresse grundsätzlich die Zusage der Fangprämie auch schon zu einem Zeitpunkt rechtfertigt, in dem über den Wert der im konkreten Fall entwendeten Ware nichts bekannt ist. Gleichwohl muß das den Geschäftsinhaber nicht immer veranlassen, von der Aussetzung einer pauschalierten Prämie abzusehen und statt dessen eine am Warenwert orientierte, in einem Prozentsatz zur Diebesbeute ausgedrückte Prämie zu wählen, wie das bei der Auslobung einer Belohnung zur Wiederbeschaffung bereits gestohlener Gegenstände oft geschieht. In vielen Geschäftsbereichen, so auch hier, würde wegen des meist geringen Werts der entwendeten Ware bei solcher prozentualen Bemessung der Anreiz zu höherer Aufmerksamkeit allgemein verloren gehen und damit das Aussetzen einer Prämie insgesamt zwecklos werden. Oft hat der Geschäftsinhaber ein schutzwürdiges Interesse an einer durch solche Belohnung besonders geförderten Einsatzbereitschaft seines Personals auch dann, wenn dieses zunächst nur die Entwendung geringwertiger Waren beobachtet, denn solche Beobachtung kann zur Aufdeckung eines umfangreichen Diebstahls oder gar dazu führen, daß entwendete Waren aus früheren Diebstählen wiedererlangt werden können. Deshalb muß es ihm gestattet sein, eine vom Wert der Diebesbeute nicht abhängige Pauschale auszusetzen. 30 bb) Indessen darf auch in solch pauschalierter Belohnung der Bezug zu den Interessen an der im konkreten Fall betroffenen Ware nicht verloren gehen. Hierauf muß auch die Anreizfunktion der Prämie gerichtet bleiben. Denn nur wenn und soweit die soeben dargestellten Sachzwänge eine vom Wert der 272 Diebesbeute im Einzelfall losgelöste Pauschale verlangen, wird sie durch den Haftungszweck gedeckt. Aus diesen rechtlichen Erwägungen hält der Senat eine Pauschale bis 50 DM für vertretbar. Höhere Pauschalen sind nicht unbedingt erforderlich, um der Prämie die Anreizfunktion zu erhalten; dann aber läßt der Zweck der Haftung es nicht zu, den Dieb ohne Rücksicht auf den Wert der entwendeten Ware mit solcher Prämie pauschal zu belasten. 31 Das schließt indes nicht aus, bei höherwertigen Waren den Dieb mit einer über 50 DM hinausgehenden Prämie zu belasten, wenn diese für solche Fälle etwa nach einem Prozentsatz zur konkreten Diebesbeute zugesagt worden ist. Auch mag eine Pauschale von mehr als 50 DM dort angemessen erscheinen, wo angesichts der Art des Warenangebots (Uhren, Juwelen) in jedem Einzelfall ein Schaden von mindestens 50 DM und in den meisten Fällen von erheblich mehr als 50 DM zu erwarten ist. Daß der Bestohlene andererseits auch eine Pauschale von 50 DM nur ersetzt verlangen kann, wenn er nachweist, daß er sie in dieser Höhe vor dem Diebstahl zugesagt hatte, ist selbstverständlich. 32 Jedoch kann auch eine derart nach oben begrenzte Pauschale nicht erstattet verlangt werden in Fällen, in denen wegen des sehr geringfügigen Werts der entwendeten Ware die Zusage einer pauschalierten Fangprämie außer Verhältnis zu dem im konkreten Fall bestehenden Haftungszweck erscheint. Die durch die Aufgabe des Haftungsrechts gezogene Grenze wäre überschritten, wenn eine am Durchschnittsfall orientierte Prämienpauschale auch bei Entwendung von Waren von ganz unbedeutendem Wert, zB bei der Entwendung geringwertiger Süßigkeiten durch Jugendliche, dem Schädiger in Rechnung gestellt werden würde. In solchen Fällen kann auch der Zwang, schon vor Begehung der Tat eine Prämie zu versprechen, keine Beachtung verdienen. Vielmehr verlangt ihre Orientierung am Haftungszweck von dem Geschäftsinhaber hier, die Zusage von vornherein unter einen entsprechenden Vorbehalt zu stellen, will er nicht in solchen Bagatellfällen mit der Fangprämie belastet bleiben. 33 c) Im Streitfall kann jedoch von einer derartigen Fallgestaltung keine Rede sein. Vielmehr hält sich der von dem Berufungsgericht zuerkannte Betrag in den vorstehend aufgezeigten Grenzen. 34 Ebenso ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen, daß sich auch die Klägerin mit ihrer Revision erfolglos gegen die Versagung ihrer 50 DM übersteigenden Ersatzforderung wehrt. Insoweit kann offen bleiben, ob das Berufungsgericht seine im Ergebnis zutreffende Entscheidung auf das Fehlen eines adäquaten Kausalzusammenhangs zwischen dem Diebstahl und einer dermaßen übersetzten Belohnung (550 DM) oder etwa auf § 254 Abs 2 BGB 273 stützen kann. Jedenfalls ist eine höhere Belastung der Beklagten nicht mit dem allgemeinen Grundsatz des Schadensrechts vereinbar, daß der Geschädigte Aufwendungen zur Verhinderung des Schadens nur insoweit ersetzt verlangen kann, als sie ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in seiner Lage zur Verfolgung dieses Ziels für zweckmäßig und vertretbar halten durfte (vgl BGHZ 66, 192 mwNachw). 5. Schmerzensgeld a) Ausgleichsfunktion b) Genugtuungsfunktion § 11. Ausschluss und Herabsetzung der Haftung I. Mitverschulden 1. Rechtsnatur Sog. Obliegenheitsverletzung (Verletzung eigener Interessen) 2. Arten Anspruchsgrund und Anspruchshöhe 3. Aufbau Spiegelbildlicher Aufbau 4. Mitwirkende Betriebsgefahr Hauptfall: Kfz – 20-25% mitwirkende Betriebsgefahr (arg.: Gefährdungshaftung) 5. Abwägungskriterien Achtung: im Allgemeinen verdrängt Vorsatz selbst grobe Fahrlässigkeit vollständig. 6. Rechtsfolge 7. §§ 254 Abs. 2 S. 2, 278 BGB Achtung: Abs. 2 S. 2 ist als Abs. 3 zu lesen. Nach h. M. muss eine Sonderverbindung (insbesondere ein Vertrag) bestehen (Rechtsgrundverweisung auf § 278 BGB, str.) 8. Spezialregelungen 274 Insbesondere StVG beachten (s. o.) II. Freizeichnung 1. Allgemeines. Die Haftung kann durch Vereinbarung im voraus weithin ausgeschlossen werden. Diese Möglichkeit besteht jedoch nicht unbeschränkt. Sie ist vielmehr von vornherein begrenzt durch §§ 276 Abs 3 und 138; auch § 134 und § 242 können uU entgegenstehen. Soweit es sich um einen Haftungsausschluß im Rahmen allg Geschäftsbedingungen handelt, sind des weiteren die für diese geltenden Regeln zu beachten. Eine in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Person bedarf zu einem Vertrag, durch den die Haftung des anderen Teils ausgeschlossen oder gemindert werden soll, der Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters; das gilt auch für eine Gefälligkeitsfahrt. An der Vereinbarung eines Teilausschlusses der Haftung in der Weise, dass die Haftungsfreistellung auf den Schaden beschränkt wird, für den kein Versicherungsschutz besteht, ist ein Kraftfahrer weder durch den Haftpflichtversicherungsvertrag noch durch die Grundsätze von Treu und Glauben gehindert. III. Das sog Handeln auf eigene Gefahr 1. Allgemeines. Hat sich jemand einer Gefahr, die zu seiner Schädigung geführt hat, selber bewußt ausgesetzt, so erhebt sich die Frage, ob er gleichwohl noch Schadensersatz von einem anderen verlangen kann, in dessen Person an sich die Voraussetzungen für eine Haftung gegeben sind. In der Rechtsprechung begegnete man diesem Problem – abgesehen vom Gesichtspunkt des stillschweigenden vertraglichen Haftungsausschlusses – zunächst mit § 254. Schon bald maß man dem Handeln auf eigene Gefahr aber eine selbständige haftungsausschließende Bedeutung besonders für bestimmte Fälle der Gefährdungshaftung bei. In BGHZ 34, 355 = JZ 1961, 603 mit Anm Flume hat der BGH diese Ansicht jedoch mit Recht aufgegeben. Die Annahme, dass derjenige, der sich bewußt einer Gefahr aussetzt – man denke etwa an den Fahrgast, der sich in Kenntnis der Lage von einem angetrunkenen Kraftwagenfahrer mitnehmen läßt – damit bereits in die als möglich vorausgesehenen Verletzungen einwillige, läuft von vornherein auf eine wirklichkeitsfremde Fiktion hinaus. Denn typischerweise wird in Fällen dieser Art trotz Kenntnis der Gefahren doch im Vertrauen darauf gehandelt, dass es nicht zu einem 275 Schadensfall kommen werde. Die Vorstellung von der Einwilligung in mögliche Verletzungen ist daher schon im Ansatz unzutreffend. Für die Regelfälle der Haftpflichtpraxis vertritt der BGH nunmehr mit Recht die Auffassung, dass die Selbstgefährdung des Verletzten unter dem Gesichtspunkt des mitwirkenden Verschuldens iSd § 254 zu sehen sei. 2. Besondere Probleme verbleiben in Bereichen wie denen der Verletzung beim Sport. In BGHZ 34, 355, 363 hat der BGH für gefährliche Sportarten die Möglichkeit einer echten rechtfertigenden Einwilligung in Erwägung gezogen. Eine solche kommt jedoch höchstens insoweit in Betracht, als es sich um unmittelbare Einwirkungen auf den Gegner handelt, die – wie etwa beim Boxen – als solche von vornherein zu der betroffenen Sportart gehören (auch in diesen Fällen gilt indessen das über die Zulassung durch die Rechtsordnung Gesagte). Im übrigen wird der Teilnehmer trotz Kenntnis der Gefahren im allgemeinen darauf vertrauen, dass er unverletzt bleibt. Die Annahme, er habe in eine etwaige Verletzung eingewilligt, liefe daher regelmäßig auch hier auf eine bloße Fiktion hinaus. In den Tod kann man ohnehin nicht einwilligen (arg StGB § 216), und auch in Körperverletzungen, die gegen die guten Sitten verstoßen, ist eine wirksame Einwilligung nicht möglich (StGB § 228). Im Hinblick auf die Verletzung eines Mitspielers beim Fußball sowie beim Autowettrennen hat die Problematik eines Rückgriffs auf die rechtfertigende Einwilligung auch der BGH anerkannt. Den für die rechtliche Behandlung entscheidenden Gesichtspunkt sieht er in derartigen Fällen nunmehr darin, dass der Spieler Verletzungen, die auch bei regelgerechtem Spiel nicht zu vermeiden sind, in Kauf nehme und sich daher in einen unzulässigen Widerspruch zu seinem vorhergehenden Verhalten setze, wenn er wegen einer solchen Verletzung einen Schadensersatzanspruch erhebe. In der Tat ist in diesem Bereich auf seiten des Betroffenen regelmäßig insofern ein Willenselement im Spiel, als er sich mit seiner Teilnahme am Sport willentlich auf ein sportgemäßes Verhalten einläßt. Entscheidend für die Beurteilung ist jedoch nicht in erster Linie dieses subjektive Element, sondern vielmehr der objektive Umstand, dass die Rechtsordnung die regelgerechte Ausübung solcher Sportarten wie Fußball, Eishockey, Boxen u dgl trotz der mit ihnen verbundenen Verletzungsgefahren zuläßt. Ebenso wie dies für andere von Rechts wegen anerkannte gefährliche Verhaltensweisen gilt, hat man es daher auch bei der regelgerechten Ausübung einer solchen Sportart grundsätzlich selbst dann mit einer rechtmäßigen Betätigung zu tun, wenn es durch sie zur 276 Verletzung eines anderen Beteiligten kommt. Für die Grenzen der danach im Vordergrund stehenden objektiven Zulassung durch die Rechtsordnung bieten die anerkannten Regeln der jeweiligen Sportart einen wichtigen Anhalt. Dagegen kommt es typischerweise nicht primär auf die subjektiven Vorstellungen und Äußerungen der Beteiligten an. § 12. Haftung und Schadensverlagerung Näher Medicus/Lorenz, Schuldrecht I, 20. Aufl., § 61. I. Leistungsfähigkeit des Schädigers II. Endgültige Schadensverteilung Oft Legalzessionen! § 13. Unterlassung und Beseitigung Siehe § 1004 BGB (ggf. analog, sog. quasinegatorischer Anspruch). I. Unterlassung II. Beseitigung III. Sonderproblem: Ehrenschutz 1. Voller Widerruf 2. Eingeschränkter Widerruf