LKG-Abend 26

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LKG-Abend 26.7.2007 Kerntexte der Bibel
Glaube und soziale Gerechtigkeit (Amos)
Einführung
Biblischer Glaube und seine Auswirkungen auf das politische Leben – das ist kein
Spezialthema für Menschen mit politischem Faible. Die politische und soziale Lebensführung
des Gottesvolkes war zu allen biblischen Zeiten ein Gradmesser für die Echtheit des
Glaubens. Mit der Bibel können wir heute sagen: Woran ein Volk glaubt, das sieht man an
seiner Politik und an seiner sozialen Gerechtigkeit. Dabei ist nicht nur die Regierung im
Blick, sondern es geht bis ins Leben des Einzelnen hinein.
Zu keiner Zeit hat Gott sich damit begnügt, dass mit den Lippen Bekenntnisse gesprochen
werden oder dass Glaube nur in Ritualen, Formen und Institutionen stattfindet.
Als einer der schärfsten Propheten in dieser Frage tritt Amos auf. Das Thema findet sich
jedoch bei nahezu allen Propheten und sogar im NT wieder.
Noch kurz zur Begriffklärung des Wortes „Politik“: Wir dürfen das nicht so eng fassen wie es
heute benutzt wird, als würden nur Politiker Politik machen. „Politik“ ist griechisch. „Polis“
bedeutet einfach „Stadt“. „Politeuomai“ als Verb bedeutet „Seinen Wandel als Bürger
führen“. In alter Zeit war also jeder ein Politiker, denn sein Wandel beeinflusst immer auch
den Ort, in dem er lebt.
Lesen wir zunächst einen Kerntext, in dem das eben Beschriebene auf den Punkt kommt:
Amos 5,21-24: Ich bin euren Feiertagen gram und verachte sie und mag eure
Versammlungen nicht riechen. 22 Und wenn ihr mir auch Brandopfer und Speisopfer
opfert, so habe ich kein Gefallen daran und mag auch eure fetten Dankopfer nicht
ansehen. 23 Tu weg von mir das Geplärr deiner Lieder; denn ich mag dein Harfenspiel
nicht hören! 24 Es ströme aber das Recht wie Wasser und die Gerechtigkeit wie ein nie
versiegender Bach.
Wie sehr der Gott Israels ein Gott des Alltags ist, wird hier deutlich. Der Gottesdienst kann
lediglich ein verdichtender Höhepunkt sein, aber er darf nicht im Gegensatz zum alltäglichen
Leben mit Gott stehen. Mit Gott zu leben bedeutet also, mit Menschen zu leben und zwar in
Recht und Gerechtigkeit. Gemeint ist hier dabei tatsächlich der Umgang mit dem Materiellen.
1. Ehrlichkeit
Der Betrug ist Gott ein Gräuel. In biblischer Zeit konnte Betrug Menschen in den Ruin bis zur
Versklavung führen. Wir lesen in Amos 8,4-7, wovon die Rede ist: Höret dies, die ihr die
Armen unterdrückt und die Elenden im Lande zugrunde richtet 5 und sprecht: Wann will
denn der Neumond ein Ende haben, dass wir Getreide verkaufen, und der Sabbat, dass
wir Korn feilhalten können und das Maß verringern und den Preis steigern und die Waage
fälschen, 6 damit wir die Armen um Geld und die Geringen um ein Paar Schuhe in unsere
Gewalt bringen und Spreu für Korn verkaufen? 7 Der HERR hat bei sich, dem Ruhm
Jakobs, geschworen: Niemals werde ich diese ihre Taten vergessen!
2. Gegen blinden Reichtum
Schwelgerischer Reichtum neben dem Armen ist ein weiteres Gräuel in den Augen Gottes,
wie wir in Amos 3,9-10: Verkündigt in den Palästen von Aschdod und in den Palästen im
Lande Ägypten und sprecht: Sammelt euch auf den Bergen um Samaria und seht, welch
ein großes Zetergeschrei und Unrecht darin ist! 10 Sie achten kein Recht, spricht der
HERR; sie sammeln Schätze von Frevel und Raub in ihren Palästen.
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Ebenso in Amos 4,1-3: Hört dies Wort, ihr fetten Kühe, die ihr auf dem Berge Samarias
seid und den Geringen Gewalt antut und schindet die Armen und sprecht zu euren
Herren: Bringt her, lasst uns saufen! 2 Gott der HERR hat geschworen bei seiner
Heiligkeit: Siehe, es kommt die Zeit über euch, dass man euch herausziehen wird mit
Angeln und, was von euch übrig bleibt, mit Fischhaken. 3 Und ihr werdet zu den
Mauerlücken hinausmüssen, eine jede vor sich hin, und zum Hermon weggeschleppt
werden, spricht der HERR.
Direkt im Anschluss an diesen Text verdeutlicht Gott noch einmal, was in Israel vor sich geht.
Die frommen Rituale werden alle treu erfüllt. Selbst der Zehnte wird gespendet. Aber all das
scheint von einer unsichtbaren Scheidewand zwischen Sonntag und Alltag getrennt zu sein.
Im Alltag wird weiter betrogen. Gott jedoch lässt sich nicht betrügen, er durchschaut die
Scheidewand und weiß: Wer im Alltag betrügt, ist am Sonntag nicht gläubig. Lesen wir einen
Text mit zynischem Unterton in Amos 4,4-6: Ja, kommt her nach Bethel und treibt Sünde,
und nach Gilgal, um noch viel mehr zu sündigen! Bringt eure Schlachtopfer am Morgen
und eure Zehnten am dritten Tage, 5 räuchert Sauerteig zum Dankopfer und ruft
freiwillige Opfer aus und verkündet sie; denn so habt ihr's gern, ihr Israeliten, spricht
Gott der HERR! 6 Ich habe euch in allen euren Städten müßige Zähne gegeben und
Mangel an Brot in allen euren Orten; "dennoch bekehrt ihr euch nicht zu mir", spricht der
HERR.
3. Gegen Korruption
Richtig Ernst wird es, wenn der Arme und Betrogene kein Recht mehr geltend machen kann,
weil die Richter und die Reichen unter einer Decke stecken. Lesen wir Amos 5,11-15:
Darum, weil ihr die Armen unterdrückt und nehmt von ihnen hohe Abgaben an Korn, so
sollt ihr in den Häusern nicht wohnen, die ihr von Quadersteinen gebaut habt, und den
Wein nicht trinken, den ihr in den feinen Weinbergen gepflanzt habt. 12 Denn ich kenne
eure Freveltaten, die so viel sind, und eure Sünden, die so groß sind, wie ihr die
Gerechten bedrängt und Bestechungsgeld nehmt und die Armen im Tor unterdrückt.
13 Darum muss der Kluge zu dieser Zeit schweigen; denn es ist eine böse Zeit.
14 Suchet das Gute und nicht das Böse, auf dass ihr leben könnt, so wird der HERR, der
Gott Zebaoth, bei euch sein, wie ihr rühmt. 15 Hasset das Böse und liebet das Gute,
richtet das Recht auf im Tor, vielleicht wird der HERR, der Gott Zebaoth, doch gnädig
sein denen, die von Josef übrig bleiben.
Das „Tor“ ist der Ort des Gerichtes und der Rechtsprechung durch die Ältesten des Ortes.
4. Die Verantwortung der Leitenden im Volk
Verlassen wir nun Amos, um einen weiteren politischen Aspekt zu betrachten. Wir finden ihn
bei Hesekiel 34. Menschen in leitenden Positionen, egal ob in weltlichen oder geistlichen
Ämtern werden hier als Hirten bezeichnet. Ein wunderschönes Bild, das sich in sein Gegenteil
verkehrt, wenn die Hirten der Herde Gewalt antun oder sich selbst mästen anstatt die Herde.
5. Befreien und Teilen
In Jes 58,6-12 lesen wir von dieser Dimension politischer Verantwortung, die dem
Gottesdienst entspricht: Das aber ist ein Fasten, an dem ich Gefallen habe: Lass los, die du
mit Unrecht gebunden hast, lass ledig, auf die du das Joch gelegt hast! Gib frei, die du
bedrückst, reiß jedes Joch weg! 7 Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne
Obdach sind, führe ins Haus! Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn, und entzieh dich
nicht deinem Fleisch und Blut! 8 Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte,
und deine Heilung wird schnell voranschreiten, und deine Gerechtigkeit wird vor dir
hergehen, und die Herrlichkeit des HERRN wird deinen Zug beschließen. 9 Dann wirst du
rufen und der HERR wird dir antworten. Wenn du schreist, wird er sagen: Siehe, hier bin
ich. Wenn du in deiner Mitte niemand unterjochst und nicht mit Fingern zeigst und nicht
übel redest, 10 sondern den Hungrigen dein Herz finden lässt und den Elenden sättigst,
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dann wird dein Licht in der Finsternis aufgehen, und dein Dunkel wird sein wie der Mittag.
11 Und der HERR wird dich immerdar führen und dich sättigen in der Dürre und dein
Gebein stärken. Und du wirst sein wie ein bewässerter Garten und wie eine Wasserquelle,
der es nie an Wasser fehlt. 12 Und es soll durch dich wieder aufgebaut werden, was
lange wüst gelegen hat, und du wirst wieder aufrichten, was vorzeiten gegründet ward;
und du sollst heißen: »Der die Lücken zumauert und die Wege ausbessert, dass man da
wohnen könne«.
Soziale Gerechtigkeit im Neuen Testament
Dieser Jesajatext ist verwandt mit den Jesusworten vom Weltgericht aus Mt 25,31-46.
Die beiden Schlusssätze des Matthäustextes verdeutlichen, wie sehr Gottes- und
Menschenbeziehung verknüpft sind: Was ihr einem von diesen meinen geringsten Brüdern
(nicht) getan habt, das habt ihr auch mir (nicht) getan.
Paulus stellt die Verknüpfung von Glauben und Leben, Gottesdienst und Alltag ebenso
deutlich dar (Röm 12,1-21).
Wir sehen also, dass Glaube sich nicht im Formen oder geistig-geistlichen Einstellungen
erschöpft. Aktiver Glaube ist nicht nur missionarisch oder diakonisch tätig, sondern zeigt sich
zuerst in der ganz privaten Lebensführung als Gerechtigkeit sowie im tätigen Mitleid mit den
Armen.
Jemand verglich Glaube und Lebensvollzug mit dem physikalischen Versuch der
„kommunizierenden Röhren.“ Hier im Bild
dargestellt.
Das Blau(grau)gefärbte stellt beispielsweise Wasser dar. In miteinander verbundenen Röhren,
wie auf dem Bild dargestellt, wird der Wasserstand in den Röhren immer gleich hoch sein.
Übertragen auf das christliche Leben bedeutet dies: Ob mein Glaube dem entspricht, was ich
sonntags vorgebe, zeigt sich am „Wasserstand“ in der Montagsröhre.
Natürlich wissen wir, dass dieses Bild hinkt. Eben das erreichen wir ja nicht. Aber was
bedeutet das? Es bedeutet wohl, dass Gottes Gnade in Jesus Christus uns trotz ungleicher
Wasserstände rettet. Aber es bedeutet niemals, dass wir uns darum mit den ungleichen
Wasserständen abzufinden haben. Wer das tut, hat in der tat von Gott nichts mehr zu
erwarten. Die Welt braucht Menschen, die aus festem Glauben heraus Gerechtigkeit leben.
Dazu will uns der Heilige Geist befähigen und ermutigen.
LKG Verden, Gerd Voß, 24.7.2007
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