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13.3.2007
CARL MICHAEL BELLMAN
(1740 – 1795)
aus Stockholm, seine Milieus stammen auch aus Stockholm.
R.M. Rilke schrieb „Ode an Bellman“ und beschrieb die Essenz der bellman’schen Kunst
(lustvoll, „wir sterben in Liebe und leben in Wein“). Diese Themen wirken noch heute
faszinierend auf das Publikum.
Bellman ist einer der am schwersten verstehbaren Dichter Schwedens  Komplexität. Jede
Generation muss Bellman neu entdecken und neu interpretieren. Bellman wird in
verschiedenen Ländern mit verschiedenen Versionen aufgeführt.
Er war einer der ganz großen schwedischen Genies, deshalb hat er nichts von seiner Aktualität
verloren. Seine Komplexität geht aus seiner Kunst hervor. Es gibt nicht viele Quellen über ihn,
die meisten sind widersprüchlich.
Daten:
Eine Autobiographie (nur als Fragment bewahrt) ist sehr witzig, es gibt einige
Augenzeugenberichte von den Hocharistokraten
Carl Bonde (1763)
J.G. Oxenstierna (1769)
Fredrik Sparre (1774)
Diese Texte sind sogar auf Deutsch zugänglich:
C.M. Bellman: Der lieb zu Gefallene. München, 1976
Darin ist auch das selbstbiographische Fragment enthalten.
BONDE beschreibt eine kleine Episode über Bellman auf einer Überfahrt nach Djurgården.
Auf dieser Überfahrt gibt es einen Wortstreit zw. Bellman und der Frau, die das Boot ruderte.
OXENSTIERNA war an einigen Septemberabenden bei Anders, erlebte Bellman, als er einige
Lieder vortrug. Er beschreibt, welch überwältigenden Eindruck er mit seiner Darstellungskunst
gemacht hat.
SPARRE bringt eine zusammenfassende Beurteilung, diese ist negativ herablassend. Aber er ist
von Bellman’s Leichtigkeit, wie er die Verse dichtet, beeindruckt. Andererseits ist er negativ,
bedauert, dass Bellman zu freisinnige Ideen hat. Die Themen sind fast immer niedrig und
unedel.
Quellen aus erster Hand sind die letzten Lebensjahre Bellman’s. Seine Frau Luise starb erst ein
halbes Jahrhundert später als Bellman. Sie erzählte wenig über ihren Mann.
Mittte des 19.Jh, im Nachlass von Evert von SALTZA, fand man eine Beschreibung seiner
ersten Begegnung mit Bellman: „Erinnerungsbilder. Eine Zusammenfassung meiner
Lebensereignisse.“
Olof BYSTRÖM schrieb „Bellmanstudier 16“ (1970) – Memoiren sind glaubwürdig und
authentisch.
Laut Erzählungen trat Bellman meist im Rausch und mit schrecklicher Stimme auf. Seine
Vortragsweise war aber ergreifend und lebhaft.
SALTZA’S Begegnung fand im Herbst 1794 im Stockholmer Opernhaus statt. Etwas später
erkrankte Bellman an Tuberkulose, und starb am 11.2.1795 im Alter von 55 Jahren. Das war
wahrscheinlich Bellman’s letzter öffentlicher Auftritt. Er war aufgrund seiner Krankheit
depressiv.
C.G. LEOPOLD sagte, Bellman sei völlig nüchtern gewesen. Christian GJÖRWELL schrieb in
einem Brief an L. HAMMARSKIÖLD 1808, dass Bellman sich durch täglichen unmäßigen
Alkoholgenuss körperlich und seelisch ruiniert hat. Andere Theorien sagen, dass er ein Opfer
des Branntweinmonopols. Der König habe ein wirtschaftliches Interesse daran gehabt, dass
seine Leute zuviel Schnaps trinken, Bellman solle das Vorbild sein = Spekulation.
Dazwischen positioniert sich P.D.A. ATTERBOM, der eine Bellman-Biographie schrieb. Er
sagte, dass Bellman nicht so auftreten hätte können, wenn er ein vom Alkohol zerstörtes Frack
gewesen wäre.
Fredmans Epistler = Gedichte. Fredman ist nicht automatisch Bellman. Man spekuliert, ob
Fredman überhaupt existiert hat. Bellman hatte oft Musik gestohlen, nur die enge Verknüpfung
zw. Text und Melodie ist einmalig.
Wo liegt die Trennungslinie zw. erfundene Gestalten und dem Autor Bellman?
Der größte Teil seiner Dichtung ist Rollendichtung, der Autor spricht durch Masken =
verwirrend, amüsantes Spiel. Manchmal spricht er aber unmittelbar zum Publikum, zum
Beispiel gibt es ein Lied über seinen Sohn Carl, der 3 Tage nach seiner Taufe starb. Die
Grundstimmung ist düster, sehr traurig. Zeichen dafür, dass Bellman ein treu sorgender Vater
war (Das Wiegenlied).
BELLMAN’S SOZIALE STELLUNG
Er stammte aus einer Familie des gehobenen Bürgertums, und lebte dann in einem geordneten
bürgerlichen Rahmen, dieser war ihm zu eng. In der Freiheitszeit (1714-1772) suchte und fand
er seine Motive bei der niedrigsten Schicht der Gesellschaft, in einem abgesunkenen
Bürgertum, der Verfall war deutlich sichtbar. Dieses Milieu zeichnet Bellman mit viel Komik
und satirischer Schärfe, aber nie ohne Sympathie. Die Sympathie zum Bürgertum hielt sich
aber in Grenzen.
Es gab 2 politische Gruppierungen: Hattar och mössor. Die Hüte waren eine frankofile Partei,
die den Handel betrieb und förderte. Die Mützen waren moderner, russisch orientiert.
Bellman’s Sympathie für die neureichen Bürger war sehr gering. Diese Bürger litten an
Titelsucht, darüber macht Bellman sich lächerlich. Die Hüte hatten eher die Sympathie des
Königs, aber nicht Bellman’s. Er brauchte aber die Protektion des Königs.
Er musste willig sein, sich vom Königshaus einspannen zu lassen (Stichwort: Alkoholmonopol).
Er musste auch Gelegenheitsgedichte (Hochzeiten, Verlobungen,...) für das Königshaus
schreiben. Seine Kunst sollte geschützt und gefördert werden.
Stichwort: Bohème. Bellman als freistehender Künstler.
20.3.2007
Es gibt viele Diskussionen über Bellman’s soziale Stellung, man weiß nicht so viel darüber.
Bellman stammt aus einer Familie des gehobenen Bürgertums. Er führte ein geordnetes,
bürgerliches Dasein, er war nicht so ein Trunkenbold, wie manche behaupten.
Viel Satire, nie ohne Sympathie in seinen Werken, er war kein politisch aktiver Bürger, es gab
keine scharfe Kritik von Bellman. Es gab auch keine demokratische Gesellschaft im 18.Jh, aber
einen politischen Streit zwischen 2 Parteien.
In der Kunst war man auf die Unterstützung des Königshauses angewiesen, man findet in
Bellman’s Werken nie Kritik gegen das Königshaus. Außerdem las Bellman viel Rousseau und
Voltaire.
Er war gegen das aufkommende Bürgertum, und dieses wird auch von ihm aufs Korn
genommen. Merkantilismus  boomender Handel, neue Reichtümer wurden über Nacht
geschaffen (und auch über Nacht zerstört).
Wo war Bellman wirklich zuhause? „Ich war zuhause, wo ich geliebt und willkommen war.“
Bellman schätzt sich selbst hoch als Künstler ein. Er wusste, dass er gut war (Singen,
Improvisieren,...). Es gibt viel Literatur über Bellman als Künstler/Bohème:
- H. Kreutzer: „Die Bohème“ (1968)
- Alf Kjellén: „Bellman som bohème“ (1961)
Dieses Buch ist voller Widersprüche. Das Lebensbejahende bei Bellman, er hat positive
Einstellung zum elenden Leben (Krankheit, Tod, Not). Im Tod ist die Lebenslust im
Hintergrund betont, deutliche Ader von Melancholie, dunkle Grundtöne, Mischung aus
Melancholie und Lebensbejahung.
Am Anfang seiner autobiographischen Skizze schrieb Bellman eine beruhigende Ouvertüre:
„...bin ein Herr von wenig Tiefsinnigkeit, ... ich will keinem Geschöpf etwas böses.“ Bereits vor
diesem Text gab es die Theorie von dem einfachen Dichter, der vom Alkohol gefangen wurde.
Diese Theorie hängt auch von der Vorstellung der Zeit ab (Sturm und Drang).
Atterbom schreibt in seinem Portrait genauso von Bellman.
Der Forscher GÖSTA LJUNGREN schrieb „Bellman och Fredmans Epistler“ (1867). Er
sagte, dass Bellman ein kindliches Gemüt habe, lustig, lebt unreflektiert dahin. Der dänische
Autor ERIK BÖGH schrieb in seinem Aufsatz (1863), dass Bellman nicht ein tiefsinniger
Melancholiker sein darf.
WIE WAR BELLMAN WIRKLICH?
Wir wissen nur wenig. Er war aber nicht naiv, jubelnd oder oberflächlich. Er hatte aber
Depressionen und war pessimistisch.
OLOF BYSTRÖM war ein Bellman-Forscher „Bellman Studier“. Er ist der erste, der sich die
Mühe macht, sich mit den Texten Bellman’s auseinander zu setzen. Bei ihm ist Bellman ein
äußerst zielbewusster Künstler. NILS AFZELIUS war auch Bellman-Forscher, „Aftonkväde“.
Bellman wurde auch als gewissenhafter Arbeiter bezeichnet, andererseits als improvisierender
Gesellschaftsdichter. Wäre er nur Improvisator gewesen, hätte seine Dichtung nicht so
kunstvoll ausgeformt werden können.
Haltung zur Religion
Teilweise auch widersprüchlich. Sein Schwiegervater war Pfarrer, selbst schrieb Bellman auch
Übersetzungen religiöse Werke, uns selbst religiöse Werke „Betrachtungen über verschiedene
Evangelientexte“ (1780), „Zions´ Fest“ (1787).
In seinen Episteln gibt es keine Religion, hier geht es um die Genussphilosophie. Es gibt auch
Bibelparodien.
Wie sah Bellman sich selbst?
Sah er sich als Genie, oder Bürger, der seine Familie ernähren musste?
Fritz Graßhoff: „Bellman auf Deutsch“
Jeder Künstler möchte anerkannt werden. Bellman wollte eine gewisse Unabhängigkeit
bewahren, auch vor den höheren Mächten. Er sah sich als seriöser Künstler, wusste, dass er
ordentlich dichten konnte (Technik), dass er etwas Neues schuf (charakteristisch: Text –
Musik). Er wollte auf keinen Fall nur als Dichter von Trinkliedern abgestempelt werden. Er
wurde von dem zeitgenössischen Dichter J. KELLGREN als solcher zu Beginn abgestempelt.
Bellman bekam aber den Preis der schwedischen Akademie, was das Gegenteil beweist.
Heute steht Bellman als ein hoch geschätzter, und begabter Dichter da. Der heutige LARS
GUSTAFSSON meint, dass Bellman der größte war (wenn man Strindberg mit einbezieht).
Viele Autoren haben sich von Bellman inspirieren lassen. Es gibt einen Bellman-Kult, gegen
diesen wendet sich Strindberg.
Wenn man sich analytisch mit Bellman beschäftigt, sieht man, wie komplex seine Werke sind.
Ein Problem ist die altertümliche Sprache Bellman´s auf Schwedisch, auch Problem, dass sich
die Sprache ständig ändert. Bellman hat viele Anspielungen auf Personen seiner eigenen Zeit.
Bellman las schwedische, deutsche und französische Literatur, er kannte auch die Malerei,
Instrumentalmusik,... seiner Zeit.
Bellman schrieb nicht nur Rollengedichte, es gibt mehrere Stufen  Komplexität.
Männer:
1. Stufe: Bellman selbst
2. Stufe: Fredman (den er als Sprachrohr verwendete)
3. Stufe: Bacchus (Gott des Trinkens)
Frauen:
1.
2.
3.
4.
Stufe: Bellman selbst
Stufe: Maja Stina
Stufe: Ulla Winblad
Stufe: Fröja (Liebesgöttin aus der nordischen Mythologie)
Byström versucht, die Entstehungsgeschichte zu dokumentieren, Afzelius geht in die gleiche
Richtung. Es gibt zwei Sammlungen von Bellman-Texten, mit denen wir uns beschäftigen
werden:
- Fredmans Epistlar (1790)
- Fredmans Sånger (1791)
Im ersten Band gibt es 82 Texte, im Liedband 65 Texte. Allgemein ist es unbestritten, dass die
Episteln das Hauptwerk ist. Bellman schrieb darüber hinaus:
- Bacchi Tempel (1779), 1783 in erweiterter Form gedruckt. Das Werk ist eine eigenartige
Mischung aus Epik, Lyrik und Drama, mit eingefügten Gesangsspielen. Mischung aus munter
und ernst. Wein, Weib und Gesang.
Bellman erfindet den Bacchus-Orden, teilweise ist es eine Parodie auf das Freimaurertum.
Byström und Afzelius beschäftigen sich mit einem weiteren Aspekt bei Bellman: das
Theatralische, die Verbindung zur Bühne. Die beiden verwenden das Theater als Metapher bei
Bellman. Bellman selbst wird als Marktschreier dargestellt.
Manche Texte von Bellman sind sehr dramatisch, es geschieht viel auf der imaginären Bühne.
Es gibt ein Einaktsdrama von Bellman „Die Einschreibung ins Melderegister“. Er schreibt
sowohl Komödien als auch Tragödien.
Epistel 34 (Seite 114): Troja wird zerstört. In der letzten Strophe werden die Götter
(Erdengötter angerufen.)
27.März 2007
Bellman hatte deutsche Vorfahren. Er übersetzte auch aus dem Deutschen. Rilke war ein
großer Bewunderer Bellmans, sowie H.C. Artmann, der Bellman übersetzte.
Weitere Übersetzungen:
1856: Erste Bellman-Übersetzung von August von Winterfeld
1892: zweite Übersetzung von Peter J. Willatzen
1909: Felix Niedner, Hannes von Gumppenberg
1994: Hans J. Huber
1995: Fritz Grasshoff, Klaus-R. Utschick
1976: H.C. Andersen
Theaterstück von Karl Zukman: Ulla Winblad
Beim Übersetzen: Es wird wortgetreu übersetzt oder frei nachgedichtet.
Fritz Grasshoff: „Bellman ist nicht leicht zu übersetzen. Man muss es frei machen.“
Er hat frische Sprache und gute Reime, aber auch Vergröberung der Sprache.
Epistel Nr. 33: Samalain (Mädchennamen) –> verschwand bei Grasshoff, da es eine Metapher
ist. Es ist eine keusche Gestalt, der Text wird somit neutralisiert.
Utschick übersetzt textgetreu, mit Reim und Rhythmus, aber manchmal etwas unrein.
STOCKHOLM
im 18.Jahrhundert war sehr klein (72.000 Einwohner) auf einer Insel platziert und stark
übervölkert. Es wurden keine Wälle, Mauern oder Türme gebaut, die Stadt (als sie wuchs)
konnte sich einfach expandieren. Die wohlhabenden Bürger lebten in Häuser aus Stein. Im
Süden wohnte das Proletariat, es gab auch Kleinfabriken und Werkstätten.
Nördlich wohnte die Aristokratie. Ansonsten wurde meistens mit Holz gebaut, die Dächer
waren mit Gras bedeckt. Das Zentrum war die Insel mit der Altstadt (Gamla Stan). In dieser
Altstadt gab es hohe Häuser, Pflastersteinweg. Hier wohnte der größte Teil der Einwohner.
Von morgens bis nachts war es immer sehr laut: Geschrei von Leuten, die was verkaufen
wollten, Lärm von Schubkarren auf den Pflastersteinen, Rufe von Wächtern. Es stank, die
Gosse floss offen in der Straßenmitte.
Die meisten Bewohner hatten im Hinterteile des Hauses noch Stallungen mit Kühen,
Schweinen und Pferden. Die Kirchenglocken läuteten ständig (wegen Beerdigungen). Es
starben viele Leute aufgrund von Krankheiten (offene Senkgruben  Bakterien). Es gab auch
Ausbrüche von Pest, vor allem im Zentrum. Im Winter war der Gestank nicht so schlimm.
Das Wasser holte man in verschiedenen Brunnen (unsauberes Wasser!). Im Winter gab es
kaum Gemüse, man as meist gesalzene Fische, Fleisch. Die Zahl der Toten war enorm, fast so
hoch wie in Paris (Paris war die giftigste Stadt in ganz Europa). Man hatte ca. 4 Beerdigungen
pro Tag, aber keinen Platz mehr für Gräber. Man war ständig vom Tod umgeben.
Geschichte:
König Karl XII war der Soldatenkönig Schwedens (1697 – 1718), er baute erst das Imperium
auf, aber verlor das meiste wieder. Schweden bewegte sich von einem politischen Extrem ins
andere. Nach Karl XII folgte die Frihetstid (bis 1872), es war keine gute politische Zeit. Die
Macht des Königs wurde stark beschnitten, Schweden sollte von den 4 Ständen regiert werden:
Adel, Geistliche, Bürgertum, Bauerntum. Schweden wurde aber von einem Staatsrat regiert
(geheime Kommission). Diese Gruppe von Männern (meist aus dem Adel) diktierte den Staat
mit eiserner Faust. Sie waren Mitglieder der Mützen und Hüte (Parteien). Bestechung war
normal, um Macht zu bekommen. Frankreich und Russland waren die bestechenden Organe.
Ferner wurden auch Ämter verkauft. Es gab viel Geld unter diesen Leuten, gab aber auch
ökonomische Krisen, dennoch kam die Nation vorwärts (vor allem die neue Mittelklasse). Das
neue Bürgertum strebte nach oben, wollte Reichtum, Eleganz und politischen Einfluss
erlangen. Der Prozess ging langsam vor sich.
Der Handel begann zu blühen auf einer geringen Stufe, es baut sich ein Erz- und Kupferexport
auf. Diese Güter stammten aus Mienen im Landesinneren und wurden zum Stockholmer
Hafen gebracht und exportiert. Der Hafen war im südlichen Teil von Stockholm. Die
Mittelklasse hatte einen ökonomischen Boom. Es gab Zölle und Abgaben.
Langsam wurden auch Kleinindustrien gegründet. Kleine Fabriken wurden im Süden der Stadt
angesiedelt. Es kamen auch Spinnereien auf (Seidenspinnereien). Da die Schweden keine
Erfahrung hatten, importierten sie Fachleute vor allem aus Deutschland. Diese arbeiteten hart
und tranken sehr viel. Kinder mussten oft arbeiten, schon ab 5 Jahren. Sie wurden vor allem in
der Textilindustrie verwendet.
Schweden ist keine politische Großmacht mehr, sondern beginnt sich als ökonomische Macht
zu manifestieren. Schweden wurde von dem Monarchen Adolf Fredrik regiert, er war sehr
gutmütig, regierte von 1751 – 1773. Vorher regierte der Staatsapparat.
Lovisa Ulrika war schon von zuhause aus prädestiniert, Macht auszuüben. Ihr Vater war König
von Preußen. Es gab Diktaturen in Potsdam und auch in Schweden (durch den Staatsrat). Sie
wollte die Macht zurück an den König reißen. Sie war in französischer Kunst und Kultur
erzogen. Der kleine Prinz Gustav wurde mit französischer Literatur, Kunst, Kultur erzogen. Die
Erziehung des Kronprinzen war eine Angelegenheit des Staatsrates. Dieser bestimmte, wer den
Kronprinzen unterrichten sollte. Der erste Tutor war Karl Gustav Tessin, sehr bescheiden. Er
versuchte, den jungen Prinzen zur Monarchie zu erziehen. Er wurde aber deswegen abgesetzt.
Der Prinz war an der Kunst interessiert, er spielte gerne Theater und begann zu dichten. Die
Mutter versuchte, dass er keinen Philosophieunterricht bekam, wollte sein Kunstinteresse nicht
fördern. Die Erziehung war ein Hin und Her zwischen zwei Lager.
Allgemeines:
Es war das Jahrhundert der Aufklärung, absolute Monarchie. Man soll die Bevölkerung
aufklären und erziehen. Andererseits wollten die Bürger nicht nur erzogen werden, sondern
auch das Leben genießen (1750 – 1800: Rokoko). Es war eine weltliche Ausrichtung.
Die Bürger, die Geld hatten, veranstalteten Picknicks, zogen hinaus aufs Land (Schären),
gingen in den Tierpark (Djurgården). Die wohlhabenden Bürger hatten Obst und Gemüse.
Auch Bellman und Fredman fuhren zum Djurgården. Man aß Räucherlachs und filbunke
(Topfen).
Man ging auch auf Bällen, ging in Weinkeller, Freudenhäuser (Frauen: Nymphen). Es wurde
sehr viel Glücksspiel betrieben, geknobelt, es gab Lotterien und Kegelbahnen.
Das 18. Jahrhundert war die Zeit der Entdeckungen:





Carl von Linné (1707 – 1778) versuchte, die Flora und Fauna nach Arten zu
systematisieren. Ganz oben im Tierreich setzt er den Menschen (homo sapiens). Aber
der Mensch wurde von Gott geschaffen. Bis Linné waren die Namen der Tiere und
Pflanzen sehr kompliziert. Er reduziert alle Namen. Er unternahm botanische Ausflüge
nach Lappland.
Carl Wilhelm Scheele (1742 – 1786) ist der Gründer der organischen Chemie.
Anders Celcius (1701 – 1744) teilte Siede- und Gefrierpunkt ein.
Emanuel Swedenborg (1688 – 1772) war ein Philosoph und Theologe. Schrieb seine
Visionen auf Lateinisch auf. Er beeinflusste Goethe, Balzac, Strindberg mit seinen
mystischen Visionen.
Olof von Dalin (1708 – 1763) ist der Autor der schwedischen Aufklärung, Dichter,
Dramatiker, Prosaist. Veröffentlichte die Zeitschrift „Den svenska Argus“. Es war ein
Magazin für das neue Bürgertum. Dalin war ein sehr großer Stilist.
Frankreich war wichtig, man reiste nach Paris  Verfeinerung der allgemeinen Kultur. Man
geht mehr in die Oper (z.B.: operá comique). Man versuchte, Französisch zu sprechen. Erst
1773 wird die erste Oper auf Schwedisch aufgeführt. Man trug Perücken (kam auch von
Frankreich), Fredman trägt sie auch.
Die Naturbegeisterung bei Bellman ist eine naturromantische Sache. Im 18. Jahrhundert wird
die Natur neu entdeckt. Es gibt keine wilde Natur, sie ist kultiviert. Die Tafelfreude (Essen und
Trinken) ist sehr wichtig bei Bellman. Deutscher Wein (rhinsk vin) war beliebt. Das
gewöhnliche Volk trank dagegen Bier und Schnaps, auch Kinder. Getrunken wurde auch bei
den Wohlhabenden und Geistigen.
17.4.2007
Epistel Nr. 35:
Snapshot eines Beiselabends. Es wurde vor allem Schnaps getrunken. Neben dem Trinken gab
es auch noch Tanz und Musik in den Freudenhäusern  Bälle. Es wurde getanzt, gesungen,
musiziert, geprügelt. Der populärste Tanz war das Menuett, ein höfischer Tanz. Er passte nicht
in ein Beisl, später wurde er vom Contratanz abgelöst. Paartanz im Dreivierteltakt, schnell
getanzt entwickelte sich in eine Polska.
Die Beiseln gab es überall in Stockholm, vor allem im Zentrum –Djurgården- dieses Viertel
entwickelte sich zum Vergnügungsviertel der armen Leute.
Bellman poetisiert diese Gegend, er spricht vom Bacchus, der Liebesgöttin Freyja, Amor,...
Man bekommt einen sehr guten Einblick in das moralische Chaos dieser Zeit. Politisch
gesehen gab es auch kein starkes Königshaus. Einige polnische Besucher stellten diese
Verhältnisse mit Abscheu dar.
Die Staatskirche hatte sich seit der Reformation gefestigt, man versuchte nicht mehr so stark,
den neuen Glauben zu verfestigen. Die Situation war gespannt, offen, liberal. Dennoch
versuchte man, das moralische Leben zu beeinflussen, vor allem durch das geistliche Gericht.
Dort wurden unmoralisch lebende Menschen angeklagt: Wenn zum Beispiel die christliche
Ehe verletzt wurde. Den Kampf gegen den Alkohol gab die Kirche auf, ist aber weiterhin auch
heute noch ein Problem. Auch die Freudenhäuser wurden akzeptiert, man versuchte aber, den
Damen eine Alternative zu bieten (Textilarbeiten,...).
In einer solchen Stadt gab es viele Originale, manche wurden bei Bellman verewigt:
Korporal Mowitz spielte am liebsten Chello (bassfiol), seine Frau hatte ein Beisl in der
Drottninggatan. Dort spielte auch Mowitz. Er widmete sich auch der Herstellung von Schirmen.
(Episteln Nr. 34) Er starb am 29. Mai 1779.
Der Adlige Friedrich von Bercu wurde 1752 von der schwedischen Nationalbank gefeuert, und
danach heiratete er unter seiner Würde, eine Witwe eines Schnapsbrenners. Er starb 22. April
1771 nach einer durchgezechten Nacht.
Der Uhrmacher Fredman musste sein Haus verpfänden, um den Erlös für Alkohol zu
verwenden. Bellman schrieb dazu: „Trinken, wenn die Uhr zwölf geschlagen hat.“
Mitte des 18.Jh strebte die Mittelklasse empor. Diese Mittelklasse wohnte in bestimmten Teilen
von Stockholm: Söder. Hier begannen diese Bürger, ihre Häuser und Gärten zu bauen, im
Rokoko-Stil. Man aß auf französischem Porzellan. Viele Familien waren aus dem Ausland, aus
Frankreich und Deutschland. Diese Familien hatten ein gemeinsames Hobby:
handgeschriebene Liederbücher zu besitzen und zu schreiben. Man lud Gäste zum
Abendessen ein, die Liederbücher wurden mitgebracht und man schrieb die Lieder ab, die
man noch nicht hatte.
Es gab nur ein Theater in der Stadt, das Hoftheater, wo französische aufgeführt wurden. Das
allgemeine Publikum hatte keinen Zugang. Die wichtigste Quelle für diese Liederbücher war
die Operá comique (Singspiel), ein Import aus Frankreich. Der Dialog wurde gesprochen, die
dramatischen Höhepunkte gesungen. André Gretry und Pierre Monsigny waren wichtige
Vertreter. Ein dänischer Musikforscher schrieb über diese Tradition. Neben der Operá
comique verwendete man auch Oratorien und Kirchenlieder, um Schuld und Pein zu
schildern. Bellman ist mit dieser Liedtradition sehr vertraut.
Um 1750 beginnt sich eine schwedisch-europäische Kultur zu etablieren, die Kultur wurde
internationalisiert.
BELLMAN’S STOCKHOLM
Bellman’s Welt ist Fiktion. Selten spricht er deutlich von dieser äußeren Welt und trennt sie
von der Welt seiner Schriften. Dies tut er in seiner autobiografischen Skizze. Diese stammt aus
dem letzten Sommer seines Lebens, als er im Gefängnis saß. Die selbstbiografische Darstellung
wird oft als eine Parodie auf das Genre gesehen.
ZB. Bellman’s Wiegenlied  Tod wird angesprochen. Fredman spricht nicht so deutlich über
den Tod. Man überwindet den Tod durch das Trinken (Fredmans Lied Nr. 21).
Episteln Nr. 11: Parodie auf die Freimaurer-Loge. Bellman gehörte auch einer Loge an, man
musste fast einer Loge angehören. Bellman macht sich darüber lustig, und etabliert eine BeislLoge.
Das Wiegenlied ist ein privater Text Bellmans, Epistel Nr. 11 ist ein Fredman-Text. Die beiden
sind nicht miteinander identisch. Das Wiegenlied ist ein ICH-Text, während die Episteln in
dritter Person geschrieben worden sind.
Fredman-Text (Epistel Nr. 11):
Es sind Rollentexte, wir befinden uns in einem Theater vor einer Bühne. Diese heißt Fredmans
Episteln. Bellman versucht, die reale Stockholmer Welt zu vermitteln, es kommt auch der
Uhrmacher Fredman vor.
Er hieß Jean Johannes Fredman. Auch Mowitz, Mollberg und Ulla Winblad haben wirklich
existiert. Man bekommt das Gefühl, dass Bellman deren Leben bis ins kleinste Detail gekannt
hat, könnte aber Fiktion sein. Bellman hat nie zusammen mit Fredman getrunken, man kennt
keine Verbindung zwischen den beiden. Bellmans Bestreben war, eine Illusion von
Wirklichkeit zu erzeugen.
Der schwedische Kritiker Lagerkrank sagte, dass Bellman immer mit halb abgewandtem
Gesicht auftritt (= wir sehen nicht den ganzen Bellman, wir kennen Bellman nicht ganz).
Bellman konstruiert mit der Erfindung Fredmans bewusst eine Abspaltung.
Man kann Bellman auch als einen Schauspieler beschreiben, der immer eine andere Rolle
spielt. Er lebt in einer Zeit, als Kunst als eine Nachahmung der Wirklichkeit beschrieben
wurde. Bellman überschreitet dieses Dogma, es geht nicht darum, nur Abzubilden. Er stellte
eine dritte Dimension auf, man muss bei Bellman hinter die Texte schauen.
24. April 2007
Er wurde populär mit seinen Trinkliedern. Bellman entwickelte eine einzigartige Produktivität,
es gibt mehr als 200 Trinklieder. Er sammelte später eine Reihe von diesen Trinklieder,
wurden in „Bacchi Tempel“ veröffentlicht, 1783. Die Struktur dieses Bandes ist eine
Nachahmung des Freimaurerordens mit verschiedenen Graden, durch die man gehen muss. Es
ist eine Parodie über das Freimaurertum. Bei einem Abend bei der Familie Lissander war der
Dichter Oxenstierna und Carl Bonde (1. Zeugnis) anwesend.
Im Tagebuch von Oxenstierna (2. Zeugnis): „Bellman’s Gesten sind unvergleichlich,...“
Zwei Tage später: „Bellman ist ein wirkliches Genie, ein Original der Poesie. Ein Stipendium
zu seiner Ermunterung wäre gut ausgegebenes Geld,...“
Nun tritt Bellman als professioneller Künstler und Musiker auf.
Das 3. Zeugnis tritt auf, als Bellman 54 Jahre alt ist, er ist entmündigt, weil er seine Finanzen
nicht in Ordnung halten konnte. Er wird aber mit Hofsekretär angeredet, er war auch von der
schwedischen Akademie ausgezeichnet worden. 1790 wurden Fredmans Episteln veröffentlicht.
Im Spätherbst 1794 ist Bellman bereits von der Lungenkrankheit in Mitleidenschaft gezogen.
Er wurde von der Familie Rålamb eingeladen (Chef des Theaters), unter den Gästen befand
sich Evert von Saltza, der auch ein Tagebuch führt (3. Zeugnis):
„Bellman schob die Flaschen beiseite, und begann mit dem Daumen am Tisch zu spielen. Nun
hörte man die Blasebälge knarren. Jetzt schlugen die Wogen der Begeisterung hoch, er trank
tüchtig, er sang von Ulla Winblad, jeder hielt sich den Bauch vor Lachen.“
Weitere Steigerung des Künstlers. Er hat keine Lust, aber weiß, was von ihm erwartet wird. Er
schafft an Ort und Stelle seine eigene fiktive Welt.
BIOGRAPHIE
1660 –Bellmans Urgroßvater zog nach Stockholm (aus Bremen).
1664 – Sein ältester Sohn wird geboren: Johann Arendt Bellman, war musikalisch und
sprachlich begabt, wird Professor an der Universität in Uppsala für römische Rhetorik und
Poesie. Von ihm erbt Bellman die Instrumente.
1704 – Heiratete Johann Arendt Katharina Elisabth, und haben drei Kinder. Der älteste Sohn
heißt auch Johann Arendt (= Bellmans Vater). Er heiratete auch eine Katharina, sie ist Tochter
des Pfarrers der Marienkirche in Stockholm.
4.2.1740 – Carl Michael Bellman wird geboren, er hat 14 Geschwister, wobei nur 5 die
Kindheit überleben.
1743 – Die Familie zieht in die heutige Bellmansgata 24 in Stockholm. Hier wohnt er ca. 20
Jahre, es geht der Familie gut, sie werden von Privatlehrern unterrichtet.
1757 – Bellman debütiert mit einigen religiösen Gedichten und Übersetzungen (aus dem
Deutschen und Französischen). Er wird auch vorläufig an der Reichsbank angestellt.
1758 – Bellman veröffentlicht anonym eine moralisierende Satire „Tankar om flickors
ostadighet“. Er immatrikuliert sich an der Universität in Uppsala, besuchte aber keine
Vorlesung. Er kehrt wieder nach Stockholm zurück.
1759 – Er beginnt bei der Reichsbank zu arbeiten.
1763 – Bellman macht Schulden und flüchtet im Herbst nach Norwegen, kommt im
November wieder zurück. Er muss die Bank verlassen.
1764 – Bellman wird bankrott erklärt. Er muss durch die Schulden bei den Eltern wohnen.
Aus finanziellen Gründen zogen sie auf einen Hof ausserhalb von Stockholm. Bellman kehrt
nach Stockholm zurück und bekommt eine Stelle beim Generalzollamt.
1765 – Die Eltern sterben. Bellman trifft Anders Lissander (Bellmans Vorgesetzter) und ist oft
singender Gast bei dieser Familie. Er singt „Gubben Noah“ und es wird populär und in einem
Flugblatt als Gassenhauer verbreitet.
1766 – Bellman beginnt seine Dichtung, die im Bacchi Tempel mündet.
1769 – Johann Gabriel Oxenstierna erlebt Bellman zum ersten Mal als Entertainer.
1770 – Bellman schreibt die 1. Epistel, bis Oktober hatte er 25 Episteln geschrieben. Er zieht
nach Södermalm um.
1772 – Weitere 25 Episteln werden fertig geschrieben. Er entwirft einen Plan für insgesamt 100
Episteln. Im August gibt es den Staatsstreich von Gustav III, er wird zum absoluten Monarchen
und löst die Freiheitszeit ab. Als Gustav III die schwedische Flotte inspiziert, trifft er Bellman.
Zusammen singen sie das Lied „Gustavs skål“. Der König ist begeistert.
1775 – Bellman bekommt eine jährliche Summe vom König.
1776 – Bellman wird zum königlichen Hofsekretär ernannt (nur ein Titel). Nun konnte
Bellman heiraten, da die Schulden abgebaut waren.
1777 – Bellman heiratet Lovisa Grönlund (1755 – 1847), Tochter eines wohlhabenden
Kaufmannes.
1778 – Bellman wird gebeten, am Hof aufzutreten.
1779 – Der schwedische Maler Per Krafft wird vom König gebeten, ein Portrait von Bellman zu
malen.
1781 – Der erste Sohn Gustav wird geboren.
1783 – Bacchi Tempel wird veröffentlicht.
1785 – Der zweite Sohn Ellis wird geboren, der dritte Sohn Carl wird geboren (Wiegenlied!).
1790 – Fredmans Epistlar werden veröffentlicht, der jüngste Sohn Adolf wird geboren.
1791 – Fredmans Sånger werden veröffenlticht
1792 – Der König wird während eines Maskenballs erschossen. Es geht mit Bellmans Finanzen
bergab.
1794 – Bellman muss den Frühling im Gefängnis verbringen, Arrest im Königsschloss wegen
seinen Schulden. Er hat Lungentuberkulose. Er kommt wieder aus dem Arrest, und bittet
darum, eine Vormundschaft zu erhalten. Er wird von der Familie Rålamb eingeladen, er ist
schwer krank.
11.2. 1795 um 00:30 stirbt Bellman an Tuberkulose. Er wird auf dem Klara-Friedhof begraben,
er liegt irgendwo in einem Gemeinschaftsgrab. Die Witwe Lovisa starb erst 1847.
Der älteste Sohn Gustav starb in Spanien 1817 in Napoleons Armee. Karl wurde Seemann,
Adolf wurde Seidenhändler in Stockholm, beendete sein Leben in Geisteskrankheit und
ertrank 1834.
(Gustav III regierte von 1772 – 1792, er gründete die schwedische Akademie, schwedische
Oper. Er war großzügig gegenüber den Künstlern der damaligen Zeit. Der Kronprinz war oft in
Paris und in Versailles bei Ludwig XIV. Er reformierte auch das finanzielle Chaos. Für
Bellman war Gustav III der beste König, den es im Norden gibt.)
FAKTEN ÜBER DIE BELLMAN-GESTALTEN
Fredman:
Zum ersten Mal in einem Text 1767. Er war ein versoffener Hofuhrmacher, starb mit 55
Jahren in Stockholm (9.5.1767). Wir wissen nicht, ob Bellman ihn persönlich gekannt hat oder
nicht, aber er existierte. Bellman schreibt ein Lied über ihn: „Fredmans sång“. 3 Jahre nach
dem Tod von Fredman schreibt Bellman die ersten Episteln, wo Fredman erwähnt wird.
1712 oder 1713 muss Fredman geboren worden sein. Auch sein Vater war Uhrmacher. Er war
anerkannt, es gibt heute noch ca. 25 von Fredmans signierten Uhren. Er wurde zum
königlichen Hofuhrmacher ernannt und war Zunftmeister der Uhrmacher. Ein großes Problem
war, dass er sich mit reichen, 12 Jahren ältere Witwe verheiratete. Er suchte Trost bei der
Flasche.
Vorwort von Bellman:
Er schreibt über Fredman, wie er ihn sich vorstellte.
„Episteln“ – Begriff kommt aus dem neuen Testament. Fredman wird oft auch als der „heilige
Fredman“ angesprochen. Bellman plante, 100 Epistel zu schreiben (gibt aber nur 82) in vier
Teilen mit je 25 Texten.
Epistel Nr. 25: Man sieht, dass der erste Teil endet.
Epistel Nr. 50: Ulla Winblad wird erwähnt, wie in Nr. 25. Es könnte bewusst ein Akzent gesetzt
sein.
Der Ton der Texte ändert sich, er wird gedämpfter und verfeinert. Um 1775 versucht Bellman,
seine Texte zu veröffentlichen, aber es war zu teuer. Um Fredman herum gibt es eine große
Galerie an Personen:
Ulla Winblad
Mowitz
Mollberg
Fader Berg
Die drei Herren hatten den Alkohol und die Instrumente gemeinsam.
15.5.2007
Ulla Winblad
Ulla Winblad ist die weibliche Hauptperson. Sie wird als Nymphe und Priesterin im BacchiTempel bezeichnet. Sie ist die Muse Fredmans, die ungekrönte Königin der Episteln, die
Inkarnation der Vorstellung von Hure und Madonna. Bellman hatte anscheinend ein nicht
platonisches Verhältnis zu Ulla Winblad. Winblad war fiktiv, aber sie existierte in Wirklichkeit
als Maja Stina Källström (1744 – 1798). Winblad war der Nachname ihrer Stiefmutter.
Epistel Nr. 36:
Ulla wird als dunkelhaarige Schönheit dargestellt.
(PRÜFUNGSFRAGE KÖNNTE SEIN: In welchen Episteln wird Ulla Winblad beschrieben?
Nr. 36, 43, 48)
1861 gibt es eine Augenzeugin, sie schilderte, dass Ulla mittelgroß war, üppig in den Formen,
braune Augen, schwarzes lockiges Haar. Meist trug sie Hüte. Sie war eine außergewöhnliche
Schönheit.
In Wahrheit entstammte Maja Stina der Arbeiterklasse. Sie bekam ein Kind außerhalb der
Ehe, heiratete den Söldner Erik Norrström. Bellman verschaffte ihm eine Anstellung in
Norrköping. Maja kehrte aber nach Stockholm zurück und heiratete wieder. Sie war wegen
ihrer Liederlichkeit bekannt.
Epistel Nr. 43:
Ulla im Bett, Kindsgeburt des 1.Kindes
Epistel Nr. 48:
Hochzeitsfeier mit Norrström, wildes Fest
Vater Mowitz
war ein Saufbruder Fredman’s. Er war künstlerisch begabt und hatte ein weiches Gemüt.
Epistel Nr. 27:
Ernsthafter Text, es geht um Vergänglichkeit, Zeitverlauf und den Tod.
Fredman spekuliert über seinen Tod, indem er mit Mowitz spricht. Er bespricht BellmanThemen: Wein, Weib & Gesang
Epistel Nr. 35:
Unbeständigkeit einer schönen Dame – Anna Fredman. Er will seinen Kummer begießen,
Gespräch zwischen Fredman und Mowitz, tragisch.
Epistel Nr. 27:
traurige Form
Auch Mowitz hat gelebt, er war ein Soldat, hieß Fredrik Mowitz (1721 – 1779). Danach wurde
er Perücken- & Regenschirmmacher und Beislwirt. Er starb arm, da er sein Geld versoff, aber
hinterließ sein Chello. Er tritt in mehr als 30 Episteln auf. Bellman hat diese Gestalt geliebt.
Lorentz Mollberg
hat auch gelebt. Er war auch beim Militär, er hatte die Funktion eines Zeremonienmeisters und
war bei Hochzeitsfeiern, Tauffeiern, etc. tätig. Tritt als harmlos, charmant, Antiheld-artig auf
und zeigt sich als enthusiastisch. Mollberg taucht in den Episteln ab 1772 auf. Mollberg (1734 –
1772) stirbt arm, das Geld verspielte und vertrank er.
Fader Berg
war ein Tapezierer und Stadtvirtuose auf mehreren Instrumenten. Er ist die musikalische
Hauptperson in den ersten 22 Episteln. Er spielte hier die Geige, Cello, Oboe, Waldhorn und
Flöte. Danach wird er von Mollberg abgelöst.
Jergen Puckel
Epistel Nr. 18:
Szene in einem Beisel, Puckel tritt auf. In der zweiten Strophe spricht Puckel.
Man weiß nicht, ob er gelebt hat. Er ist ein Handwerker, der aus Norddeutschland einwanderte,
und spricht Plattdeutsch. Er säuft viel, wird als Charmeur dargestellt.
Epistel Nr. 73:
Er verschreibt sich dem Satan  Faustmotiv, Teufelspakt. Die Anspielung auf Faust zeigt, dass
Bellman belesen gewesen sein muss.
Auch wenn manche Gestalten real waren, so befinden wir uns in einer fiktiven Welt. Fredman
stellt diese Welt vor, er spricht zu seinen Akteuren, gibt ihre Reaktionen wieder, ist selbst
dabei. Er spricht oft im Präsens, verwendet oft den Imperativ  fast wie ein Regisseur.
Man kann von einem Theater sprechen. In der Wirklichkeit war es ein 1-Personentheater von
Bellman. Er schlüpft von einer Rolle in die andere. Es ist seine gedichtete Welt, hier treten
verschiedene Personen auf, es gibt verschiedene Themen, zB. die Kunst.
Epistel Nr. 82:
Die letzte Strophe kann man biographisch interpretieren.
In Epistel Nr. 82 & 11 wird ÜBER Fredman gesprochen. Sonst spricht immer Fredman selbst
(„Fredman sieht schon sein Leben....“). Bellman und Fredman begegnen einander.
Gedichtete Welt der Wirklichkeit
Ob es Menschen oder nur Rollen geht wissen wir nicht. Fredman ist autofiktiv, die Grenzen
sind fließend. Manchmal spürt man eine perfekte Identität.
Epistel Nr. 23:
Kerntext. Fredman denkt über sein Leben nach, er blickt zurück  existentieller Rückblick.
Seine Geburt war Zufall. In Strophe 3 und 4 ist Fredman am Nullpunkt (es gibt davon eine
Übersetzung von H.C. Artmann). In der Strophe 6 öffnet sich eine Tür zum Ersatzparadies.
Fredman ist Held dieser Texte, er kommt über das Saufen hinweg, aber er ist ein leidender
Mensch. Der Rinnstein wird zur Bühne. Der monologisierende Säufer wird zum Philosophen
der Vergänglichkeit.
Epistel Nr. 33:
Prosagedicht, keine Strophen. Epistel hat eine zweiseitige Prosaeinführung, Vater Mowitz betritt
die Bühne. Verbindung mit Daniel’s Buch „Die keusche Susanne“. In diesem Fall ist sie wohl
nicht keusch, sie ist eine Muse. Auf Seite 110 erfährt man etwas über Mowitz’ Aussehen. Der
Auftritt der Hauptperson wird mit Regieanmerkungen vorbereitet. Es gibt viele Komparsen,
einer der Matrosen taucht später im Text auf (typisch für Fredman’s Welt).
22.5.2007
Epistel Nr. 33:
Matrosen, Kapitän taucht in Epistel Nr. 77 wieder auf. Im Lokal Lokatten  Eintritt ins Beisel
und Szene wird aufgeführt. Mowitz ist ein sanftmütiger und multitalentierter Musiker. In dieser
Epistel spielt er am Cello und Horn, er trägt eine Perücke, hat eine Flasche in der Hand, er
leidet an Tuberkulose.
Seine Schwindelsucht wird in Epistel Nr. 30 beschrieben, er ist gelb, hat fleckige Wangen,
platte Brust, matten Puls. Der Tod wird durch Alkohol bekämpft. Hinweise kommen nebenbei
(Epistel Nr. 75). Er säuft und singt weiter (Hinauszögerung des Todes auch durch die Kunst).
Ulla Winblad ist die Frau in der Männerwelt, sie ist die bühnenwirksamste Gestalt.
Epistel Nr. 36:
Es wird munter und lebenslustig über Ulla erzählt. Auch Episteln Nr. 71, eine pastorale
Ballade, ist über Ulla. Sie ist die weibliche Hauptgestalt, sehr freizügig, unbekümmert im
Umgang mit Geld.
Über Mollberg wird in Episteln Nr. 37, 41, 45, 56 geschrieben.
Es wird über die Liebe, Tod, das Altwerden gesprochen, auch über die Vergänglichkeit.
Religiöse Themen werden nur indirekt angesprochen. Wir befinden uns in der untersten Lage
der schwedischen Gesellschaft, typisch für das Drama im 18. Jahrhundert ist aber Aristokratie,
Bürgertum und Adel.
Der Klassizismus folgt bestimmten Regeln. In der Komödie ist das Milieu nicht so gehoben.
Bei Bellman sind wir aber in den Beisln und Freudenhäusern, im Djurgården. Mehr oder
weniger sind sie alle sozial weit unten. Es wird gelebt, offen über Erotik gesprochen und viel
Alkohol getrunken.
Epistel Nr. 2:
wurde im Juli 1770 geschrieben. Ein Beispiel für das Universum Fredman’s. Milieu ist das Beisl
Lokatten, ein anonymes Lokal. Es wird getrunken und musiziert.
Epistel Nr. 3:
Ähnliche Szenerie. In den ersten Episteln ist Fader Berg sehr wichtig. Fredman verwendet
wieder Imperativ. Auch die Nymphen sind in der 2. Strophe anwesend, sie singen und tanzen
mit. Man soll den Augenblick genießen. „Trinken, Triebe, nichts als Liebe“ (Supa, dricka, ha
sin flicka).
Epistel Nr. 7:
Die Thematik wird verschoben. Titel: „Welche eine Elegie vorzustellen scheint.“ Das Lied ist
äußert erotisch, an Ulla’s Bett geschrieben, eine Arie aus einem französischen Singspiel. Es gibt
religiöse Hinweise auf die Bibel.
3. Strophe: Vergleich mit dem alten Testament, wo Moses seine Schuhe vor dem brennenden
Busch abstreift.
„Ich muss zu ihr,... stirb du Nymphe!“  Erotik als lebensspendende Kraft. Vergleich mit der
Auferstehung. „Der kleine Tod“ ist der Höhepunkt der sexuellen Verschmelzung, verglichen
mit „Stirb du kleine Nymphe“ im Lied – weist auf den Höhepunkt hin.
Wenn Bellman über Hochzeit spricht, meint er die Hochzeitsnacht, und was geschehen ist.
Das Lied ist deswegen keine Elegie. Das Ereignis findet in der Öffentlichkeit des Beisls statt.
Wichtiger Text.
Epistel Nr. 9:
Geschrieben März – Mai 1770. Die Melodie stammt von Johann Helmich Roman (1744). Die
Musik kommt von einem Streichquartett. Das Lied ereignet sich auch in einem Beisl, die
Wirtin ist eine alte, hässliche Ruine, aber sie erfüllt ihre Funktion. Fader Berg und die
Nymphen sind anwesend. Das Beisl liegt in der „Gamla Stan“. Puckel wird auch im Gedicht
erwähnt. Das Beisl war für Nichtraucher gedacht, es scherte sich aber niemand darum. Ulla
findet man in der 2. Strophe.
Schluss: Fredman spricht selbst „Ich...“  sehr burlesk. Man findet eine versteckte Botschaft,
dass die Leute ihre Armut durch Tanz und Trinken vergaßen.
Epistel Nr. 18:
Hier findet man keine Frauen! Im Beisl „Terra Nova“ sind viele „gubbar“ (alte Männer)
anwesend. Epistel ist ein Kontratanz, geschrieben zwischen März und Mai 1770. Es spricht
Puckel und Benjamin Schwalbe, sie trinken. Dieser Text war nicht als Epistel gedacht, sondern
als Stammtischlied.
Epistel Nr. 23:
Soliloquium (Monolog), wird als ein schwedischer Hamletmonolog oder schwedische
Hiopsklage (Hinweis auf das Alte Testament) bezeichnet. Oft erleben wir Fredman als
Regisseur, hier aber monologisierend. Düsteres und tragisches Portrait eines Säufers. Am
Ende kommt die Umkehr: zuerst verflucht er seine Eltern, dann dankt er ihnen. Könnte
ironisch gemeint sein, da die Umkehr sonst zu krass wäre.
5.6.2007
Epistel Nr. 25:
Melodie unbekannt. Episteln sind in vier Teilen. Am Ende des ersten Teiles sollte etwas im
Marschtakt kommen, zum Finale.
Es ist eine Art Ulla Winblad-Epistel: Ulla und die antike Götterwelt, das Boot als Muschel, Ulla
als Liebesgöttin, Freyja, Venus. Sie wird nach Djurgården gebracht, und von Engeln,
Delphinen, verschiedenen göttlichen Wesen und Fredman begleitet.
Demaskierung: Die Muschel wird zum Ruderboot, Venus & Freya zu Ulla.
In Epistel Nr. 50 handelt es sich um eine Rückfahrt von Djurgården, auch im pompösen Stil.
Epistel Nr. 26:
(1771) Fredman blickt auf sein Leben zurück. Es ist ein Text über die Vergangenheit, vor allem
aber über seine Eltern. Die Melodie stammt aus einem französischen Singspiel.
Epistel Nr. 27:
Bellman’s Bewunderung kommt zum Ausdruck, das Verhältnis zu seinem Vater ist aber
zweideutig (Alkoholismus). Der Tod wird fast als Freund gesehen. Warum kann er so munter
sein?  Es ist nicht seine Vergänglichkeit, sondern die seiner Eltern.
Epistel Nr. 28:
(17.8.1771) Alte französische Melodie.
Beschreibung, wie Ulla sich kleidet: Elegant. Diese Beschreibung wird eindeutig durch
Fredman’s verliebte Augen gesehen. Es ist eine Geschichte von Ulla, die arrestiert wurde, und
das aber nicht die Strafe bekommt, die sonst leicht lebende Frauen bekommen (sie mussten
spinnen, während aus der Bibel vorgelesen wurde). Ulla wird nicht bestraft, und das wird von
Fredman gefeiert. Kleine Episode aus Ulla’s Alltagsleben.
Epistel Nr. 30:
(September 1771) Diese Epistel ist an Vater Mowitz gerichtet. Es handelt von seiner
Schwindsucht und von seinem bevorstehenden Tod, der durch den Alkohol zumindest
vorläufig überwunden wird. Über den Ursprung der Melodie ist nichts bekannt, vielleicht
Bellman’s eigenen Komposition? Damals war man mit 50 Jahren alt, nur wenige konnten den
80er feiern. Gründe waren schlechte Ernährung und Hygiene.
Im folgenden Jahrhundert wird die Lungentuberkulose romantisiert. Hier ist das nicht der Fall.
Es ist eine Beschreibung, wie sich die Krankheit äußert, fast wie eine Diagnose. Sehr bekannter
Text von Bellman.
Epistel Nr. 34:
Augenblick-Bilder. Mowitz Wohnung brennt, aber der Text (19.12.1771) ist lustig. Feuer war
die größte Gefahr jeder größeren Stadt. Es war alltäglich, dass auf der Strasse Feuerwehrleute
patrouillierten. Die Häuser waren aus Holz.
Mowitz geht ruhig aus seinem Haus das brennt, geht zum nächsten Beisel, trinkt und schläft
dann ein. Dramatische Ereignisse werden oft mit mythologischen Bildern dargestellt. In der
vorletzten Strophe Gespräch zwischen Mowitz und Aeneas (Gründer Roms). Mowitz ist
versoffen. Im Laufe des Liedes wird der Rhythmus immer schneller.
Epistel Nr. 35:
(14.12.1771) Hier erkennt man die Melodie einer französischen Oper aus den 1760er Jahren.
„Brüder, verirrt euch nicht!“ ist ein direktes Bibelzitat. Aber hier geht es um das Beisel. Mowitz
und auch die anderen sind wieder anwesend. Sie haben sich im Rausch verprügelt. Mowitz soll
eingießen, weil Fredman seine unglückliche Liebe vergessen will (es handelt sich um Anna, sie
ist bedeutend jünger als Fredman und hat ihn betrogen für alles, was er für sie getan hat). Er
schenkte ihr vieles, pflegte ihr Kind und sorgte für das Begräbnis des Kindes.
„... soff ich den Grabschaufler bleich“  man war meist schon vor dem Begräbnis betrunken.
Man soll Bellman’s Werke als Theaterstücke interpretieren, um den wahren Geist Bellman’s
herauszulesen.
Carl Zuckmayers Autobiographie: „Als wär’s ein Stück von mir“ (1966)
Er schildert seine Zeit in der Universitätsstadt Heidelberg kurz nach dem 1. Weltkrieg. Diese
Bellman Rezitation bestand aus Fraenger und anderen Studenten. Es gab eine gesteigerte
Lebensstimmung und Freude nach dem Krieg. Man kann auch darüber lesen in „Im Westen
nichts Neues“. man sollte sie nicht als fest gezimmerte Gruppe sehen, sondern als eine
Gemeinschaft. Der geistige Gründer war Wilhelm Fraenger, Doktor des kunsthistorischen
Institutes in Heidelberg. Sie führten immer wieder kleine Spiele auf, welche auch in den
Studentenlokalen in Heidelberg stattfanden.
Zuckmayer selbst verwendet die Bezeichnung Boheme für diese Gruppe. Aus diesem Milieu
ging später Zuckmayers Theaterstück „Ulla Winblad“ hervor. Die Darstellerin war ein
Malermodell. Zuckmayer selbst spielte Bellman als Fredman. Erst 1938 gelingt es ihm, den
ganzen Text fertig zu stellen, Gesamttitel: „Ulla Winblad oder das Leben des Carl Michael
Bellman“.
Das Stück sollte auch in Österreich aufgeführt werden, wurde jedoch erst nach dem 2.
Weltkrieg in einer veränderten Fassung in Wien aufgeführt:
Helmut Kreutzer: „Die Boheme“. Zuckmayers Stück wurde ausgearbeitet. Boheme als
Rebellion gegen das Bestehende. Abkömmlinge verschiedener Schichten treffen zusammen
(Zeichen der Boheme). Diese Beschreibung trifft sehr gut auf den Kreis Fraenger’s zu.
Bellman selbst gehörte nicht zur Bohème, Fredman schon. Von den Schauspielern und
Zuckmayer wird Bellman als Trinker dargestellt, man kann aber nicht sagen, dass es wirklich so
war. Zuckmayer versuchte in seinem Stück aber, die Wirklichkeit umzuwandeln, um darin eine
Boheme zu schaffen.
Genussphilosophie:
Man soll das Leben genießen, denn man weiß nicht, ob man morgen noch weiterlebt. Amoral,
ordinär, vulgär. Es gibt ein Zitat von dem Schriftsteller Jack London, wo er die Bohemians als
sehr negativ darstellt, was zu einer Stärkung der Boheme führte. Jack London war aus dem
Bürgertum.
Bellman war sein Leben lang bemüht, von der Gesellschaft anerkannt zu werden, vor allem
vom Königshof.
12.6.2007
Epistel Nr. 38:
(1773-1778), war damals ein Militärmarsch. Wir wissen nicht, wer Boman ist. (In Epistel 54 hat
Mollberg das Kommando über die Prozession, am Grab von Boman). Mollberg ist betrunken.
Memento-Maori: Boman musste gehen – stirbt.
Epistel Nr. 41:
Populäre Melodie (findet man in einer Oper von Händel). Sehr dramatisch, Dialog wird
dargestellt. Mollberg ist im Zentrum, am Anfang sieht man ihn verkatert im Bett, er hat
reichlich Bier und Rum.
Wingmark taucht auf (er ist eine Art Modegag, spaziert durch Stockholm und lädt sich selbst
bei verschiedenen Leuten ein). Er macht Mollberg Vorwürfe, er bittet, dass er bei Mollberg
bleiben kann, da er zuhause von seiner Frau verprügelt wird.
Epistel Nr. 42:
(1773-1780) Tanzmelodie. Es ist ein dramatischer Vortrag, seltenes Beispiel: wir befinden uns
im Winter (normalerweise immer Sommer). Es ist kalt und schmutzig. Fredman und seine
Freunde spielen im „Klubben“ Karten. Durch Ulla wird die Stimmung ab der 2.Strophe heller.
Die letzte Strophe wird von Fredman gesprochen.
(Prüfungsfrage könnte sein: Welche Jahreszeit ist bei den Episteln die bevorzugte?
Ausnahmen? –Epistel 42)
Epistel Nr. 43:
(1771) Mit Ulla Winblad. Es geht um die Geburt eines Kindes. Die Melodie ist unbekannt,
aber romantisch. Es ist eine Liebeserklärung an die Frau und das Kind. Die Geburt ist nicht
einfach, Fredman ist bekümmert. Maja Stina war 21 Jahre alt, als sie eine Tochter bekam, der
Vater war ein Adliger Oberst. Das Kind wurde nur acht Tage alt. Memento-Maori-Motiv. Der
Wurm soll das Kind sein, das den Tod mit sich bringt – Bild der Vergänglichkeit.
Epistel Nr. 48:
(1772) Bekannte französische Melodie, eines der populärsten Lieder von Bellman, es hat 21
Strophen und enthält gute Naturschilderungen  natürliche Natur, direkt erlegte Natur, am
See. Ab der zwölften Strophe deutet Fredman direkt auf die Natur und zeigt sie uns.
Epistel Nr. 63:
(1773) Die Melodie kommt vom Komponisten Böritz. Es handelt sich um einen Snapshot in
einem Beisel bei Fader Bergström. Ursprünglich gab es eine dritte Strophe. Bellman macht
sich über die Priester lustig. Paulus wird erwähnt, ist aber keine ernsthafte Religionssatire. Die
Zensur spielt eine Rolle.
Epistel Nr. 71:
(1790) Die Melodie ist unbekannt, das Epistel einem Freund von Bellman gewidmet. Pastorale
Stimmung, Refrain wird wiederholt. Ulla ist im Zentrum, aber ihr Portrait hat sich verändert. In
den ersten 50 Episteln war sie ein Freudenmädchen, hier ist sie eher eine vornehme Dame
geworden. Die Verliebtheit Fredman’s hat sich nicht vermindert. Fredman sitzt am Pferd als
Kavalier. Es gibt nicht viel Handlung, was typisch für eine Pastorale ist.
Epistel Nr.72:
(1790) Melodie kommt aus einem französischen Singspiel. Ursprünglich war dieses Epistel Nr.
28. Burleske Situation: Schlafzimmer. Nordström (Ehemann von Ulla) bricht sein Bein im
„Kampfe“. Die Frau heißt Kajsa.
Epistel Nr. 73:
(16.11.1771) Melodie ist eine französische Tanzmelodie. Puckel verschreibt sich dem Teufel
(Faust!). Die Epistel hat plattdeutsche Einschläge. Über Puckel macht man sich lustig, er ist oft
betrunken (auch Epistel Nr. 76).
Epistel Nr. 77:
(1788-1790) Melodie wurde mehrmals von Bellman verwendet. Wir befinden uns im
populärsten Beisel „Lokatten“, Seeleute gingen dort hin (Lokatten kommt auch in Episteln Nr.
11 & 59 vor). Fredman wird noch satirischer, fühlt sich überlegen, macht sich über die Gäste
lustig. Es ist eher eine Momentaufnahme.
Epistel Nr. 79:
(1785-1790) „Abschied“ war ein wichtiges Wort.
Charon ist der Fährmann (kommt aus der griechischen Mythologie. Es ist ein sehr trauriges
Lied, die Melodie ist unbekannt. Fredman spürt, dass der Tod naht, er nimmt Abschied von
seinen Freunden, schreibt sein Testament.
Epistel Nr. 80:
(1789-1790) Melodie ist unbekannt, es geht um Ulla und Moberg. Pastorale im Djurgården.
Königlicher Sekretär Kellgren war später Herausgeber der Episteln. Mollberg lud Ulla ein in
den Djurgården ein, es ist Sonntag. Ulla ist schön (modisch – elegant). Sommernatur wird wie
bei Epistel 48 beschrieben. Die Epistel endet ausgelassen.
Epistel Nr. 81:
(1785-1790) Melodie ist unbekannt, Stimmung traurig: im Sterbehaus. Es geht um den Tod,
Beerdigung von Frau Lövberg. Grabinschrift: „Durstig war sie“.
Epistel Nr. 82:
(1790) Fredman bittet Ulla, mit ihm ein Picknick zu machen. Abschiedsmahlzeit – Abschied
vom Leben. Ulla ist elegant. Es wird nicht geflucht und gesoffen. Bellman nimmt Abschied.
Am Ende tritt Bellman selbst hervor und spricht zu Fredman (das einzige Mal, dass Bellman
hervortritt!).
17. Juni 2007
DEUTSCHE EINSCHLÄGE IN DEN EPISTELN
Bellmans Urgroßvater wanderte im 17. Jahrhundert aus Bremen ein (viele deutsche
Einwanderer gingen nach Stockholm im 17./18. Jahrhundert). Ab dem 18. Jahrhundert findet
man viel Französisch (da es die Vorliebe des schwedischen Königshauses war), Deutsch war
aber mehr in den Episteln vertreten (hoch- & niederdeutsch).
12 Episteln mit breitdeutschen Strophen/Sätzen/Wörtern (weniger in den „Fredmans Sånger“)
 es gibt auch französische, italienische, lateinische, englische, russische, finnische und
dänische Einschläge.
Bellman spricht fließend deutsch, er übersetzt zum Beispiel die Werke des Dichters Gellert.
Epistel Nr. 1:
„....stets dein ergebener Diener“ – es sprechen Puckel und Schwalbe.
Epistel Nr. 15:
„Gottschwerenot und Wetter“ ist ein deutscher Kraftausdruck.
Teofile war ein deutscher Schuhmachergeselle.
Epistel Nr. 18:
Die Übersetzung von „gubbe“ ist sehr schlecht gewählt  „Großvater“ ist viel zu bestimmt.
2. Strophe/Zeile 5: Es geht um Benjamin Schwalbe „Hier ist, Genoß, sehr scheen ze tanzen.“
Auf Schwedisch wird er nicht Genoß genannt, sondern „kamrat“. Benjamin ist aus Sachsen,
man versuchte vielleicht, den sächsischen Dialekt wiederzugeben.
4. Strophe: „Der Teufel soll den Fahn regieren“. Auf Schwedisch bedeutet „fa’n“ Teufel, es ist
hier nicht korrekt übersetzt.
5. Strophe: „Der Kaiser hoch“ ist fraglich, auf welchen Kaiser man sich bezieht.
Epistel Nr. 33:
hat eine impressionistische Art, es wird eine Gruppe von Menschen als Kollektiv geschildert.
Hier wird teilweise auf Französisch gesprochen, und enthält onomatopoetische
Nachahmungen: „furz-furz-furz-furz!“
Seite 111: „tummer Teifel“  schlechte Übersetzung
Seite 110, 4 Zeile von unten: „Appeldeutsch“ ist vielleicht zurückzuführen auf den Obsthandel,
der teilweise von Leuten aus Pommern betrieben wurde.
Epistel Nr. 34:
1.Strophe: „Feuer! Schreit man durch die Gassen“ ist eine falsche Übersetzung. In der
Originalfassung „Wer da? Wer da?“.
Epistel Nr. 40:
5. Strophe: „Ja, Hans Casper, tritt nur ein!“  Wir wissen nicht genau wer das ist, soll ein Narr
dargestellt werden?
Epistel Nr. 41:
4. & 5. Strophe: In der Originalfassung sind diese beiden Strophen mit „aber“ statt „na“
eingeleitet.
Epistel Nr. 59:
Hinweis: „Danziger Doppelbier“ auch „Goldwasser“ genannt enthielt kleine Goldplättchen.
In dieser Epistel findet man Italienisch und Finnisch:
Seite 217, Zeile 7: Dolce vino della pace – Italienisch
Pallo vinno ja olta tannä – Finnisch
Epistel Nr. 76:
In den Strophen 3,4 & 5 hat anscheinend Jergen Puckel gesprochen.
ZUSAMMENFASSUNG
Bellman wird von Kritikern (vor allem in Schweden) als größter schwedischer Lyriker
angesehen, im Gegensatz zu seinen Zeitgenossen – diese sahen ihn eher als Unterhalter.
Bellman lebte mit Erfolge und Misserfolge, hatte Schulden und nannte sich selbst „ein Mann
mit wenig Tiefsinn“.
Die Gattung waren lyrische Gedichte, es waren aber auch oft Parodien (Nachahmung mit
komischem Effekt). Die Parodien werden nicht so hoch eingeschätzt – unterstreicht es das
Tragische?
Bellman schrieb auch Bibelparodien, was etwas gewagt war, außerdem ahmte er französische
Singspiele nach (typisch: kurze Dialoge). Bellman wurde als erster Stockholmschilderer
gesehen, aber an sich spielen nur wenige Lieder direkt in Stockholm, wenn, dann IN den
Häusern von Stockholm. Wir erfahren mehr von der Umgebung Stockholms (Schären), diese
ist der Kontrast zu den verrauchten Beiseln.
Landschaftsschilderungen:
- Realistische Darstellungen (zB. Djurgården)
- Idyllische Auffassung, typisch Rokoko; enthält auch mythologische Gestalten.
Bellmans Ruhm beruht auf 2 Werken:
- Fredmans Epistlar (1790)
- Fredmans Sånger (1791)
Er hat auch „Bacchi Tempel“ (1783) herausgebracht, und es gibt an die 1000 Gelegenheitsgedichte. Die Bellman-Forschung hat sich leider in Details verloren, man hat sich NICHT mit
dem Künstler auseinander gesetzt. Von Bellmans Größe erfährt man wenig. Die beste deutsche
Übersetzung ist die von H.C. Artmann. Eine gute englische Übersetzung gibt es von Paul
Britten Austin.
Bellmans/Fredmans Welt ist nicht die wirkliche Welt des 18. Jahrhunderts. Es gibt eine Reihe
von realistischen Details, es geht aber nicht darum, eine realistische Fotoaufnahme von
Stockholm zu präsentieren. Es ist aber nicht nur Phantasie. Die wahre Welt ist die negative,
und die gedichtete Welt die positive.
In beiden Welten wird Durst, Lust und Tod dargestellt (Wein, Weib, Gesang und das Ende).
Der Tod ist immer am stärksten. Bellman will zwischen diesen Themen ein Gleichgewicht
etablieren. Deshalb gibt es positive und negative Texte. Es überwiegt jedoch der Aspekt des
Todes.
Gibt es das Schöne nur in der Imaginären Welt und das Schlechte nur in der realen Welt?
Nein, es kann auch umgekehrt sein.
Hinweis:
Der französische Dichter Charles Baudeloire schrieb das Werk „Les fleurs du mal“ (1857). Er
war einer der ersten Dichter, der das Leben in einer Großstadt als schillernde Bewegung
dargestellt hat (Pariser Volksleben, aber die Menschen sind anonym).
Bei Bellman wird auch das Grossstadtleben geschildert, die Menschen gehen aber nicht
aneinander vorbei, sondern sprechen miteinander (zB. Epistel 33). Diese Menschen sind nicht
anonym. Es ist ein Versuch, simultane Ereignisse gleichzeitig zu beschreiben. Bei Bellman
bewegt sich eher die Kamera, nicht so sehr die Menschen.
Er individualisiert seine Gestalten, was zB. Molière nicht tut. Er vermischt die Zeitepochen, sie
bilden eine Einheit (zB. Epistel 12, 2. & 3. Strophe verschmelzen zeitlich).
Vor allem ist Bellman ein Dichter des Augenblickes. Wenn der Tod kommt, versucht man, ihn
mit einem Schluck Alkohol zu überwinden, das ist aber nur eine Verschiebung des
Zeitpunktes.
Parodie: „Gubben Noa“ spielt auf einer eindimensionalen Ebene. Wir sind sozusagen alle
Noa’s. Wir versuchen, in eine andere Dimension zu flüchten  wir können auf verschiedenen
Ebenen sein. Es werden immer weitere Dimensionen eröffnet. Puckel ist eher eindimensional,
aber Mollberg ist vielschichtig.
ZUR PRÜFUNG:
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Text darf mitgenommen werden
Wichtige Themen bei Bellman:
- Lob von Bacchus und Freyja
- Lustvolle und berauschende Themen
- Gegensatz: Leben & Tod
- Zusammenhang: Liebe & Wein
Es gibt 3 wichtige Quellen, nämlich die Tagebücher von Oxenstierna, Bonde und
Sparre.
Weitere Quellen sind Bellman im Gefängnis (selbstbiographische Skizze), das soziale
Stockholm, die Rolle des königlichen Hofes in Stockholm.
Thema: Fredman IN den Texten
Zuckmayer – welche Unstimmigkeiten gibt es?
Funktion der Parodie?
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