Vorlesung PD Rhode

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Gewebshormone
PD Dr. Heidrun Rhode
SS 2003
Im Gegensatz zu den glandulären Hormonen werden die sog. Gewebshormone in
verschiedenen in den Geweben verstreuten Zellen synthetisiert.
Einige Gewebshormone wirken nur auf die unmittelbaren Nachbarzellen, einige werden aber
auch über den Blutweg zu den Ziel-Zellen transportiert.
Gewebshormone sind durchaus Bestandteil der aller Hormonlisten, die wir schon bei unseren
Einteilungsversuchen kennengelernt haben. Wir finden die meisten Stoffgruppen hier wieder.
In diesem VL-Abschnitt werden wir nicht alle Gewebshormone besprechen, einige werden
gesondert bei den zugehörigen Kapiteln behandelt.
Ich möchte mit Ihnen zwei biogene Amine, Histamin und Serotonin, besprechen, wir werden
uns das Kininsystem ansehen und wir werden etwas ausführlicher die Eicosanoide
kennenlernen. Daneben werde ich Ihnen zwei Gase, die ebenfalls Signalfunktion haben
vorstellen.
Biogene Amine entstehen durch Decarboxylierung aus Aminosäuren.
Histidin liefert dadurch Histamin und Serotonin entstammt dem Tryptophan.
Histamin wird vorrangig in Mastzellen – also Basophilen – gebildet und in deren Granula
gespeichert, kann aber auch in vielen anderen Körperzellen entstehen.
Es gibt zwei Enzyme, die diesen Schritt katalysieren. Eine unspezifische aromatische L-ASDecarboxylase, die alle aromatischen AS decarboylieren kann, also Phe, Tyr, Dopa, Trp.. und
eine spezifische Hisdidin-Decarboxylase. Histamin wird natürlich auch wieder abgebaut. Hier
gibt es verschiedene Wege. Eine Diaminooxidase und eine Histamin-Methyltransferase....
Die Enzyme des Hisaminaufbaus wie die dessen Inaktvierung stehen unter Kontrolle
zahlreicher Hormone und Zytokine.
H1 Rezeptoren finden sich überall dort, wo auch Mastzellen zu finden sind – in den äußeren
und inneren Oberflächen-unmkleidenden Schleimhäuten und der Haut. Seine
Rezeptorbesetzung führt zur Kontraktion der glatten Muskulatur – als Schutzmechanismus
gegen das Eindringen von Antigenen – also Durchfall und Husten sind die Folge. Die NOFreisetzung bewirkt daneben noch eine lokale Gefäßdilatation mit der Konsequenz der guten
Durchblutung der betroffenen Regionen.
Ganz anders verhält es sich mit der Besetzung der H2-Rezeptoren der Belegzellen in der
Magenschleinhaut – hier bedeutet das Histamin-Signal HCl-Produktion, vermittelt über
cAMP.
In Histaminergen Nerven finden wir den H3-Rezeptor, über den bisher noch wenig bekannt
ist.
Selektive Rezeptor-Antagonisten besitzen in der Klinik große Bedeutung – einmal als
Antiallergikum – H1- und einmal als Therapeutika der Magen-Ulkus-Krankheit –H2.
Wie muß man sich den Effekt von Histamin im Gewebe vorstellen?
Produzent und Speichzelle ist vornehmlich die Mastzelle. Das ist auch gleichzeitig die Zelle,
die an ihrer Oberfläche eine bunte Mischung verschiedener IgE-Moleküle gebunden hat, die
sie aus dem Plasma herausfischt. Diese Moleküle sind nun Antigenspezifische ZellRezeptoren. Binden diese Rezeptoren ihr Antigen, bedeutet das für die Mastzelle
Degranulierung, d.h. Abgabe einer großen Menge Histamin (u.a. Stoffe). Dazu wird im
Zellinneren ein Netzwerk von second-messengers aktiviert. Aber nicht nur die
Antigenbindung ist für diese Reaktion von Bedeutung, es gibt auch andere
Degranulierungsstimuli. Histamin wirkt parakrin und autokrin und bewirkt in seinen
Zeilzellen zweierlei – einen Effekt (Sekretion, Kontraktion.....) und eine Abgabe weiterer
Signalstoffe, die wiederum para- und autokrin wirken. Dadurch entsteht lokal ein ganzes
Hormonnetzwerk und es werden lokal viele Zellen in die Reaktion einbezogen. Das ist etwas,
was sie als lokale Entzündung – also Rötung, Schwellung und Schmerz kennen.
Serotonin ist im Gegensatz zu Histamin kein reines Decarboxylierungsprodukt des
Tryptophans, sondern entsteht aus 5-Hydroxtryptophan.
Es hat seinen Namen erhalten, weil es den Gefäßtonus erhöht und weil es bei der SerumBildung (also bei der Gerinnung) aus Thrombozyten freigesetzt wird.
Es entsteht aus hydroxyliertem Tryptophan durch Decarboxylierung in verschiedenen
Körperzellen, im ZNS, in enterochromaffinen Zellen des Magen-Darm-Traktes.
Thrombozyten können es nicht synthetisieren, aber aus dem Plasma aufnehmen und
speichern. Speicherung in Vesikeln.
Nach der Freisetzung wird es z.B. in Neuronen wiederaufgenommen und auch wieder
inaktiviert....Produktion und Wiederaufnahme sind Target verschiedener Pharmaka.
Serotonin wirkt wie Histamin sowohl als Gewebshormon als auch als Neurotransmitter. Es
hat als Gewebshormon verschiedene Rezeptoren. Die Signaltransduktion erfolgt hierbei
sowohl über G-Proteine (cAMP, PLC, 5HT-1,2 und 4) als auch über die Öffnung von
Kationen-Kanälen (5HT-3). Entsprechend dem Syntheseort und den Rezeptor-Lokalisationen
wirkt Serotonin am Gastrointestinaltrakt im Rahmen der Verdauungsvorgänge förderlich, ist
es an einer lokalen Gefäßkontraktion der kranialen Gefäße und natürlich im Rahmen der
Blutstillung, der vaskulären und zellulären Phase förderlich beteiligt. Durch die hier erzeugte
lokale Vasokonstriktion wird die Vorraussetzung der Thrombozyten-Aggregation und der
plasmatischen Gerinnung geschaffen.
Dabei gibt es verschiedene selektive Rezeptorantagonisten, die als Mittel zur Behandlung von
vaskulären Kopfschmerzen, Migräne, oder zur Behandlung von Übelkeit und Erbrechen oder
als Neuroleptika (anxiolytisch, antidepressiv).
Serotonin-produzierende Tumoren (Carzinoid): Durchfall, Koliken, Bronchospasmus,
anfallsartige Hautrötung (FlushBradykinin),
Nun zu den Peptid-Gewebshormonen.
Hier spielen viele Gewebe eine Rolle. Die Leber ist der Syntheseort für Vorläufermoleküle,
hier das Kininogen und weiterer, die wir später besprechen wollen, wie das Angiotensinogen.
Kininogen ist ein Plasmaprotein, aus dem jedoch durch partielle Proteolyse PeptidMediatoren freigesetzt werden können. Dies geschieht durch verschiedene, lokal aktivierte
Proteasen, die dem plasmatischen Gerinnungssystem entstammen oder aus geschädigten
Zellen freigesetzt werden, den aus den Präkallikreinen entstehenden Kallikreinen.
Gewebskallikrein – Kallidin, Plasmakallikrein – Bradykinin. Keine Wirkungsunterschiede
bekannt. Entzündungsmediatoren, die direkt und durch weitere Mediatoren, an deren
Freisetzung sie beteiligt sind, an der Entzündungsreaktion beteiligt, mit Vasodilatation,
Kapillarpermeabilitätserhöhung, Kontraktion von glatter Muskulatur (Magen-Darm-Trakt)
und chemotaktischen Signalen.
Bradykinin und auch Kallidin haben eine extrem kleine HWZ. Sie werden in ihrer Lebenszeit
und lokal begrenzt durch wirksame Carboypeptidasen.
Ihre Wirkung wird über Zellmembranrezeptoren, B1 und B2, vermittelt. Via PLC und CaErhöhung. Dabei werden in den Zielzellen weitere Entzündungsmediatoren freigesetzt, wie
die Prostaglandine, mit denen wir uns nun etwas ausführlicher beschäftigen wollen.
Wir haben es hier mit einer ständig wachsenden Gruppe von C20-FS-Derivaten zu tun, die
sich in drei Untergruppen aufteilen lassen. Die PG, Leukotriene und die sog. Epoxide. Hier
nur PG, Leukotriene. Es handelt sich um Verbindungen, die sich aus ganz speziellen
Fettsäuren, den langen und vielfach ungesättigten, essentiellen Fettsäuren, wie der
Arachidonsäure oder Eicosatetraensäure oder -pentaensäure, herleiten. Die Muttersubstanzen
sind Membranphospholipide, die in 2-er Stellung diese Fettsäuren enthalten.
Die Synthese der Eicosanoide beginnt mit einem ersten Signal, einem Hormsignal, das die
intrazelluläre Ca-Konzentration als zweiten Boten bewirkt. Durch Ca wird in den Zellen
vieles gesteuert, und auch die Aktivität einer intrazellulären spezifischen PLA2 erhöht.
Dadurch wird das Substrat für zwei verschiedene Enzyme bereitgestellt.
Zum einen eine PGH-Synthase, die die Muttersubstanz für alle PG generiert und zum anderen
eine Lipoxygenase, die die Muttersubstanz für alle Leukotriene generiert.
Die PGH-Synthase besteht aus mehreren Untereinheiten, einer Cyclooxygenase und einer
Peroxidase. Die Cyclooxigenase ist das Target für viele antientzündlich wirkenden Pharmaka.
Aus PGH werden dann verschiedene PG hergestellt. Dabei gilt, daß die Entscheidung,
welches dieser zweiten – ersten –Boten gebildet wird, von der Enzymausstattung der
entsprechenden Zielzellen abhängt. Sie werden solche Unterschiede bei der Besprechung der
Blutstillung kennenlernen, bei der antagonistisch wirkende Mediatoren, PGI bzw. TXA2
gebildet werden und an der lokalen Feinregulation der Vorgänge maßgeblich mitwirken.
Es ist ein unmögliches Unterfangen, alle Wirkungen oder alle Prostaglandine hier
erschöpfend vorzustellen. Es ist vielleicht für Sie wertvoller zu wissen, daß PG und andere
Eisosanoide an fast allen Signalwegen beteiligt sind und lokale zweite erste Boten darstellen,
die als Teilantwort auf einen ersten ersten Boten hin generiert werden.
PGI und TXA, das PGF2alpha finden wir noch einmal bei der Blutstillung bzw. bei der
Besprechung der Geburtsvorgänge wieder.
Die Muttersubstanz der Leukotriene, 5-Hydroxyperoxyeicosatetraensäure (5-HPTE), wird
nicht durch die Cyclooxigenase, sondern durch ein anderes Enzym, der Lipoxygenase,
generiert. Hier gibt es keinen 5-er Ring aber immer reproduzirbar dreifach konjugierte
Doppelbindungen und variable Substituenten und Endoperoxid-Gruppen.
Es kann auch das Tripeptid Glutathion angehängt werden, das dann zu weiteren Derivaten
verändert werden kann.
Die Rezeptoren für die Eicosanoide sind gut charakterisiert. 7-TMD...
Noch mal ein Wort zu therapeutischen Inhibitoren von Enzymen, die an der Generierung von
Eicosanoiden beteiligt sind.
Das Schlüsselenzym der PG-Synthese, die COX gibt es in zwei Isoformen – einem
ubiquitären konstitutiv exprimierten Enzym COX1 und einem Isoenzym, daß nur bei
Entzündungen eine Rolle spielt COX2.
Entzündungen werden seit sehr langer Zeit mit Steroiden –dazu später – und mit Hemmern
der COX behandelt. Bis vor kurzem hatte man nur unspezifische Hemmer, die beide
Isoenzyme gehemmt haben, wie ASS oder Acetylsalizylsäure, also Aspirin als Prototyp, und
Ibuprofen. Dadurch mußte man deutliche Nebenwirkungen in Kauf nehmen – wie
Bronchospasmus, Magenulcera und Nierenfunktionsstörungen.
Inzwischen ist es gelungen, selektive COX2-Inhibitoren herzustellen, die wirklich nur die
Entzündung und die damit verbundenen Schmerzen therapieren und nicht die genannten
unerwünschten Nebenwirkungen haben, wie Celecoxib oder Rofecoxib. Alle Hoffnungen
haben sich jedoch bisher nicht erfüllt, da diese Mittel wieder andere Nebenwirkungen haben.
Durch die Therapieversuche wurde klar, daß auch COX2 in vielen Organen konstitutiv
exprimiert wird und daß es wahrscheinlich noch ein drittes Isoenzym zu geben scheint.
(Pharma-Bücher). Es bleibt daher abzuwarten, ob das Konzept der selektiven COX2-Hemmer
erfolgreich sein wird.
Und nun zu Stoffen, von denen man lange nicht erwartet hatte, daß sie physiologischerweise
entstehen oder gar physiologische Funktionen, so wichtige Funktionen wie die
Signalvermittlung erfüllen, zu den Gasen.
Es gibt inzwischen riesige dicke Bücher über NO, Stickoxid, Stickstoffmonoxid als Mediator
und als Target der Pharmakotherapie.
Dabei hat es summarisch folgende Wirkungen: Gefäßtonus-regulierend, Herzkontraktionsfördernd, und toxische Wirkungen, es ist Transmitter und beeinflußt die Genexpression. Es ist
zum großen Teil selbst für diese Wirkungen verantwortlich, zum Teil sind es aber auch erst
die Umwandlungsprodukte aus NO, wie z.B. N2O3, ONOO- (Peroxynitrid) , NO-, NO2.
NO wird durch einen relativ komplizierten Mechanismus aus Arginin hergestellt. Das
zuständige Enzym ist die Nitroxid-Synthase (ohne ATP!).
Hier gibt es wenigstens drei Isoenzyme, die sich in ihrer Gewebeverteilung und in ihrer
Regulation einschließlich Expression unterscheiden. NOS I: konstitutiv, Nervenzellen, NOS
II: Makrophagen, induzierbar, NOS III: konstitutiv, Endothel.
Wie wirkt NO?
Der direkte Weg führt über die zytosolische Guanylatzyklase.
Das gebildete cGMP ist der second messenger und für viele Effekte von NO verantwortlich.
Z.B. Gefäßtonus
Z.B. Herzfunktion und Kontraktilität
Empierisch werden seit ca. 100 Jahren Niotroglycerin und Derivate daraus zur Therapie von
Herzinsuffizient und coronaren Durchblutungsstörungen eingesetzt. Lange wußte niemand,
wieso diese wirksam sind. Jetzt ist es klar – ein Effekt auf die Gefäßweite der Coronarien und
ein Effekt auf die Herzmyozyten ergänzen sich hier sinnvoll.
Z.B. Immunfunktionen
Hier hat NO eigene antimicobielle Effekte durch seine enorme chemische Reaktivität und ist
Bestandteil der bactericiden Mischung, die Makro- und Mikrophagen produzieren können.
Dabei wirkt es aber auch unspezifisch und kann dadurch eigene Körperzellen ebenfalls
schädigen – im Fall von Entzündungen unerwünscht, im Fall von Tumorzellen durchaus
erwünscht. Seine spezifsiche Wirkung- über den NO-Rezeptor - ist eher immunsuppressiv.
Dies macht man sich seit Neuestem auch in der Pharmakotherapie zunutze:
NO-NSAR.
CO: Noch nicht viel gesichert – aber klar, daß auch CO ein Hormon/Transmitter ist.
Es entsteht normalerweise beim Hämabbau in spezialisierten Makrophagen – Blut-Kapitel -.
Aber die sog. Hämoxigenase wurde auch in ganz anderen Zellen, wie im ZNS gefunden.
Daraus hat sich eine tiefgreifende Suche nach Vorkommen und Wirkungen von CO
entwickelt: Viele Parallelitäten zu NO.
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