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EUROPÄISCHES PARLAMENT
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2004
2009
Plenarsitzungsdokument
ENDGÜLTIG
A6-0070/2004
9.12.2004
BERICHT
über den Vertrag über eine Verfassung für Europa
(2004/2129(INI))
Ausschuss für konstitutionelle Fragen
Berichterstatter: Richard Corbett und Íñigo Méndez de Vigo
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INHALT
Seite
ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS ................. 5
BEGRÜNDUNG ........................................................................................................................... 13
ANLAGE 1: Die Zuständigkeiten der Union ................................................................................ 49
ANLAGE 2: Liste der neuen Fälle von Abstimmung mit qualifizierter Mehrheit ....................... 50
ANLAGE 3: Rechtsakte - Ordentliches Gesetzgebungsverfahren ............................................... 55
ANLAGE 4: Rechtsakte – Besondere Gesetzgebungsverfahren .................................................. 62
MINDERHEITENANSICHT ....................................................................................................... 65
STELLUNGNAHME DES AUSSCHUSSES FÜR AUSWÄRTIGE ANGELEGENHEITEN .. 70
STELLUNGNAHME DES ENTWICKLUNGSAUSSCHUSSES .............................................. 74
STELLUNGNAHME DES AUSSCHUSSES FÜR INTERNATIONALEN HANDEL ............. 79
STELLUNGNAHME DES HAUSHALTSAUSSCHUSSES ...................................................... 82
STELLUNGNAHME DES HAUSHALTSKONTROLLAUSSCHUSSES ................................. 85
STELLUNGNAHME DES AUSSCHUSSES FÜR BESCHÄFTIGUNG UND SOZIALE
ANGELEGENHEITEN ................................................................................................................ 87
STELLUNGNAHME DES AUSSCHUSSES FÜR UMWELTFRAGEN,
VOLKSGESUNDHEIT UND LEBENSMITTELSICHERHEIT ................................................ 91
STELLUNGNAHME DES AUSSCHUSSES FÜR INDUSTRIE, FORSCHUNG UND
ENERGIE ...................................................................................................................................... 94
STELLUNGNAHME DES AUSSCHUSSES FÜR REGIONALE ENTWICKLUNG ............... 97
STELLUNGNAHME DES LANDWIRTSCHAFTSAUSSCHUSSES ..................................... 101
STELLUNGNAHME DES FISCHEREIAUSSCHUSSES ........................................................ 106
STELLUNGNAHME DES RECHTSAUSSCHUSSES ............................................................. 109
STELLUNGNAHME DES AUSSCHUSSES FÜR BÜRGERLICHE FREIHEITEN, JUSTIZ
UND INNERES .......................................................................................................................... 113
STELLUNGNAHME DES PETITIONSAUSSCHUSSES ........................................................ 117
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STELLUNGNAHME DES EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND
SOZIALAUSSCHUSSES ........................................................................................................... 122
STELLUNGNAHME DES AUSSCHUSSES DER REGIONEN .............................................. 133
VERFAHREN ............................................................................................................................. 144
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ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS
zu dem Vertrag über eine Verfassung für Europa
(2004/2129(INI))
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf den Vertrag über eine Verfassung für Europa (im Folgenden „die
Verfassung“),
– unter Hinweis auf den Vertrag über die Europäische Union und den Vertrag zur Gründung
der Europäischen Gemeinschaft in der durch die Einheitliche Europäische Akte und die
Verträge von Maastricht, Amsterdam und Nizza geänderten Fassung,
– unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union1,
– unter Hinweis auf die Erklärung des Europäischen Rates von Laeken2,
– unter Hinweis auf seine Entschließungen3, mit denen die Grundlagen einer Verfassung für
Europa gelegt wurden,
– unter Hinweis auf seine Entschließungen zur Vorbereitung der bisherigen
Regierungskonferenzen4 und seiner Entschließungen zur Beurteilung ihrer Ergebnisse5,
1
ABl. C 364 vom 18.12.2000, S. 1.
Europäischer Rat von Laeken, Erklärung von Laeken zur Zukunft der Union, SN 273/01, 15.12.2001.
3 Entschließung vom 14.2.1984 zum Entwurf eines Vertrages zur Gründung der Europäischen Union (ABl. C 77 vom
19.3.1984, S. 53, Berichterstatter: Altiero Spinelli; Dok. I-1200/83);
Entschließung vom 11.7.1990 zu den Leitlinien des Europäischen Parlaments für den Entwurf einer Verfassung für die
Europäische Union (ABl. C 231 vom 17.9.1990, S. 91, Berichterstatter: Emilio Colombo; A3-165/90);
Entschließung vom 12.12.1990 zu den verfassungsmäßigen Grundlagen der Europäischen Union (ABl. C 19 vom
28.1.1991, S. 65, Berichterstatter: Emilio Colombo; A3-301/90);
Entschließung vom 10.2.1994 zur Verfassung der Europäischen Union (ABl. C 61 vom 28.2.1994, S. 155,
Berichterstatter: Fernand Herman; A3-64/94);
Entschließung vom 25.10.2000 zu der Konstitutionalisierung der Verträge (ABl. C 197 vom 12.7.2001, S. 186,
Berichterstatter: Olivier Duhamel; A5-0289/2000).
4
Entschließung vom 14.3.1990 zu der Regierungskonferenz im Rahmen der Strategie des Europäischen Parlaments im
Hinblick auf die Europäische Union (ABl. C 96 vom 17.4.1990, S. 114, Berichterstatter: David Martin; A3-047/90);
Entschließung vom 11.7.1990 zu der Regierungskonferenz im Rahmen der Strategie des Europäischen Parlaments im
Hinblick auf die Europäische Union (ABl. C 231 vom 17.9.1990, S. 97, Berichterstatter: David Martin; A3-166/90);
Entschließung vom 22.11.1990 zu den Regierungskonferenzen im Rahmen der Strategie des Europäischen Parlaments
im Hinblick auf die Europäische Union (ABl. C 324 vom 24.12.1990, S. 219, Berichterstatter: David Martin;
A3-270/90);
Entschließung vom 22.11.1990 mit der Stellungnahme des Europäischen Parlaments zu der Einberufung der
Regierungskonferenzen über die Wirtschafts- und Währungsunion und über die Politische Union (ABl. C 324 vom
24.12.1990, S. 238, Berichterstatter: David Martin, A3-281/90);
Entschließung vom 17.5.1995 zur Funktionsweise des Vertrags über die Europäische Union im Hinblick auf die
Regierungskonferenz 1996 – Verwirklichung und Entwicklung der Union (ABl. C 151 vom 19.6.1995, S. 56,
Berichterstatter: Jean-Louis Bourlanges, David Martin; A4-102/95);
Entschließung vom 13.3.1996 (i) mit der Stellungnahme des Europäischen Parlaments zur Einberufung der
Regierungskonferenz und (ii) zur Bewertung der Arbeiten der Reflexionsgruppe und zur Festlegung der politischen
Prioritäten des Europäischen Parlaments im Hinblick auf die Regierungskonferenz (ABl. C 96 vom 1.4.1996, S. 77,
Berichterstatterinnen: Raymonde Dury, Hanja Maij-Weggen; A4-68/96);
Entschließung vom 18.11.1999 zur Vorbereitung der Reform der Verträge und der nächsten Regierungskonferenz
2
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– unter Hinweis auf den Entwurf eines Vertrags über eine Verfassung für Europa, der am
13. Juni und 10. Juli 2003 vom Konvent zur Zukunft Europas im Konsensverfahren
angenommen wurde, sowie auf seine Entschließungen zur Vorbereitung und
anschließenden Beurteilung der Arbeit des Konvents6,
– unter Hinweis auf die Stellungnahmen zu der Verfassung, die der Ausschuss der
Regionen7 am 17. November 2004 und der Wirtschafts- und Sozialausschuss8 am
28. Oktober 2004 auf Ersuchen des Europäischen Parlaments abgegeben haben9,
– unter Hinweis auf die Auffassungen, die die Vertreter der Gebietskörperschaften, der
Sozialpartner und der Plattformen der Zivilgesellschaft in einer öffentlichen Anhörung am
25. November 2004 vertreten haben,
– gestützt auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,
– in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für konstitutionelle Fragen sowie der
Stellungnahmen des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, des
Entwicklungsausschusses, des Ausschusses für internationalen Handel, des
Haushaltsausschusses, des Haushaltskontrollausschusses, des Ausschusses für
Beschäftigung und soziale Angelegenheiten, des Ausschusses für Umweltfragen,
Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit, des Ausschusses für Industrie, Forschung
und Energie, des Ausschusses für regionale Entwicklung, des Landwirtschaftsausschusses,
des Fischereiausschusses, des Rechtsausschusses, des Ausschusses für bürgerliche
Freiheiten, Justiz und Inneres und des Petitionsausschusses (A6-0070/2004),
in Erwägung folgender Gründe:
(ABl. C 189 vom 7.7.2000, S. 222, Berichterstatter: Giorgos Dimitrakopoulos, Jo Leinen; A5-0058/1999);
Entschließung vom 3.2.2000 zur Einberufung der Regierungskonferenz (ABl. C 309 vom 27.10.2000, S. 85,
Berichterstatter: Giorgos Dimitrakopoulos, Jo Leinen; A5-0018/2000);
Entschließung vom 16.3.2000 zur Erarbeitung einer Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. C 377 vom
29.12.2000, S. 329, Berichterstatter: Andrew Duff, Johannes Voggenhuber);
Entschließung vom 13.4.2000 zu den Vorschlägen des EP für die Regierungskonferenz (ABl. C 40 vom 7.2.2001,
S. 409, Berichterstatter: Giorgos Dimitrakopoulos, Jo Leinen; A5-0086/2000).
5
Entschließung vom 16.1.1986 zur Stellungnahme des Europäischen Parlaments zu der Einheitlichen Akte, die von
der Regierungskonferenz am 16. und 17.12.1985 gebilligt wurde (ABl. C 36 vom 17.2.1986, S. 144, Berichterstatter:
Altiero Spinelli, A2-199/85);
Entschließung vom 11.12.1986 zu der Einheitlichen Europäischen Akte (ABl. C 07 vom 12.1.1987, S. 105,
Berichterstatter: Luis Planas Puchades; A2-169/86);
Entschließung vom 7.4.1992 zu den Ergebnissen der Regierungskonferenz (Maastricht) (ABl. C 125 vom 18.5.1992,
S. 81, Berichterstatter: David Martin, Fernand Herman; A3-123/92);
Entschließung vom 19.11.1997 zu dem Vertrag von Amsterdam (ABl. C 371 vom 8.12.1997, S. 99, Berichterstatter:
Iñigo Méndez de Vigo, Dimitris Tsatsos; A4-347/97);
Entschließung vom 31.5.2001 zum Vertrag von Nizza und zur Zukunft der Europäischen Union (ABl. C 47 E vom
21.2.2002, S. 108, Berichterstatter: Iñigo Méndez de Vigo, António José Seguro; A5-0168/2001).
6
Entschließung vom 29.11.2001 zum Europäischen Rat von Laeken und zur Zukunft der Union (ABl. C 153 vom
27.6.2002, S. 310, Berichterstatter: Jo Leinen, Iñigo Méndez de Vigo; A5-0368/2001);
Entschließung vom 24.9.2003 zu dem Entwurf eines Vertrags über eine Verfassung für Europa und der Stellungnahme
des Europäischen Parlaments zur Einberufung der Regierungskonferenz (ABl. C 77 E vom 26.3.2004, S. 255,
Berichterstatter: José María Gil-Robles Gil-Delgado, Dimitris Tsatsos; A5-0299/2003).
7 AdR 334/2003 endg., noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht.
8
EWSA 1416/2004, noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht.
9
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A. die Europäische Union spielte im Laufe ihrer Geschichte eine wesentliche Rolle bei der
Schaffung eines sich ständig erweiternden Raumes des Friedens und des Wohlstands, der
Demokratie und der Freiheit, des Rechts und der Sicherheit;
B. die Verfassung konsolidiert diese Errungenschaften und bringt Neuerungen mit sich, die
für die Erhaltung und die Stärkung der Fähigkeit der Union von fünfundzwanzig und
möglicherweise mehr Mitgliedstaaten, intern und extern wirksam zu handeln, wesentlich
sind;
C. die vom Europäischen Parlament seit seiner ersten Direktwahl unternommenen
Anstrengungen, eine Verfassung zu erreichen, wurden durch den Erfolg des Konvents
gekrönt, der in einem demokratischen, repräsentativen, transparenten und nachweislich
äußerst effizienten Verfahren den Entwurf ausarbeitete und die Beiträge der europäischen
Bürger berücksichtigte, was zu dem Konsens führte, den die Regierungskonferenz im
Wesentlichen unverändert beibehielt;
D. zwangsläufig blieben in der Verfassung als einem für alle Mitgliedstaaten akzeptablen
Kompromiss mehrere Vorschläge, insbesondere des Europäischen Parlaments oder des
Konvents, unberücksichtigt, die nach Auffassung ihrer Autoren weitere Verbesserungen
für die Union gebracht hätten, von denen jedoch viele künftig noch möglich bleiben;
E. die Zustimmung jeder einzelnen nationalen Regierung in der Europäischen Union zu der
Verfassung beweist, dass die gewählten Regierungen der Mitgliedstaaten alle der
Auffassung sind, dass dieser Kompromiss die Grundlage darstellt, auf der sie künftig
gemeinsam vorangehen wollen; dies erfordert von ihnen allen größtmöglichen politischen
Einsatz, um eine Ratifizierung bis 1. November 2006 zu erreichen;
F. die Verfassung war Gegenstand einiger Kritiken in der öffentlichen Debatte, die nicht dem
tatsächlichen Inhalt und den rechtlichen Auswirkungen ihrer Bestimmungen entsprechen,
weil die Verfassung nicht zur Schaffung eines zentralisierten Superstaats führen wird, die
soziale Dimension der Union eher stärken als schwächen wird und die historischen und
geistigen Wurzeln Europas nicht unbeachtet lässt, weil sie auf sein kulturelles, religiöses
und humanistisches Erbe verweist –
1. vertritt die Auffassung, dass die Verfassung insgesamt einen guten Kompromiss und eine
erhebliche Verbesserung der bestehenden Verträge darstellt, der unmittelbar nach seiner
Umsetzung sichtbare Vorteile für die Bürger (sowie für das Europäische Parlament und
die nationalen Parlamente als ihre demokratische Vertretung), für die Mitgliedstaaten
(einschließlich ihrer Regionen und Gebietskörperschaften) für die effiziente
Funktionsweise der Institutionen der Europäischen Union und damit für die Union als
Ganzes mit sich bringen wird;
Größere Transparenz bezüglich des Wesens und der Ziele der Union
2. begrüßt, dass die Verfassung den Bürgern eine verstärkte Transparenz bezüglich des
Wesens und der Ziele der Union sowie der Beziehungen zwischen der Union und den
Mitgliedstaaten bietet, weil insbesondere:
a) das komplexe Gefüge der Europäischen Verträge durch ein einziges, besser
verständliches Dokument ersetzt wird, in dem die Ziele der Union sowie ihre
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Befugnisse und deren Grenzen, ihre politischen Instrumente und ihre Einrichtungen
festgelegt sind;
b) die doppelte Legitimität der Union erneut bekräftigt wird, indem klargestellt wird,
dass sie eine Union von Staaten und von Bürgern ist;
c) der Kanon der allen Mitgliedstaaten gemeinsamen Werte, auf die sich die Union
gründet und der ein starkes Band zwischen den Bürgern der Union schafft, explizit
verankert und ausgeweitet wurde;
d) die Ziele der Union sowie die Prinzipien für ihre Tätigkeit und ihre Beziehungen zu
den Mitgliedstaaten klarer und besser definiert werden;
e) der wirtschaftliche, soziale und territoriale Zusammenhalt als Zielsetzung der Union
bestätigt wird;
f)
es neue, allgemein anwendbare Bestimmungen gibt, die ein hohes
Beschäftigungsniveau, die Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern,
die Abschaffung aller Arten von Diskriminierung, die Bekämpfung der sozialen
Ausgrenzung und die Förderung der sozialen Gerechtigkeit, den sozialen Schutz, ein
hohes Niveau der allgemeinen und der beruflichen Bildung und des
Gesundheitsschutzes, den Verbraucherschutz, die Förderung einer nachhaltigen
Entwicklung und die Berücksichtigung der Dienste von allgemeinem Interesse
betreffen;
g) der Verwechslung der Begriffe „Europäische Gemeinschaft“ und „Europäische
Union“ ein Ende gesetzt wird, weil die Europäische Union zu einem einheitlichen
Rechtssubjekt und einer einheitlichen Struktur wird;
h) die europäischen Rechtsakte vereinfacht und ihre Terminologie deutlicher gemacht
werden: „Europäische Gesetze“ und „Europäische Rahmengesetze“ treten an die
Stelle der derzeitigen zahllosen Typen von Rechtsakten (Verordnungen, Richtlinien,
Beschlüsse, Rahmenbeschlüsse usw.), wobei besser verständliche Ausdrücke
verwendet werden;
i)
Garantien dafür geboten werden, dass die Union niemals ein zentralisierter,
allmächtiger „Superstaat“ sein wird:
- die starke Betonung der Dezentralisierung in dem Motto „In Vielfalt geeint“,
- die Verpflichtung, „die nationale Identität der Mitgliedstaaten, die in deren
grundlegender politischer und verfassungsrechtlicher Struktur, einschließlich
der regionalen und kommunalen Selbstverwaltung zum Ausdruck kommt“, zu
achten,
- die Grundsätze der übertragenen Befugnisse (wonach die Union nur die
Befugnisse besitzt, die ihr von den Mitgliedstaaten übertragen wurden), der
Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit,
- die Beteiligung der Mitgliedstaaten am Beschlussfassungssystem der Union
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und an dessen Änderungen;
j) die Aufnahme der Symbole der Union in die Verfassung die Wahrnehmung der
Institutionen der Union und ihrer Tätigkeit verbessern wird;
k) eine Solidaritätsklausel zwischen den Mitgliedstaaten den Bürgern die Aussicht auf
Unterstützung aus allen Teilen der Union im Falle eines terroristischen Anschlags oder
von Naturkatastrophen oder vom Menschen verursachter Katastrophen bietet;
Größere Effizienz und eine gestärkte Rolle in der Welt
3. begrüßt, dass die Institutionen der Union mit dem Inkrafttreten der Verfassung in der Lage
sein werden, ihre Aufgaben effektiver wahrzunehmen, insbesondere weil:
a) die Zahl der Bereiche, in denen die Regierungen im Rat mit qualifizierter Mehrheit
anstatt einstimmig entscheiden werden, erheblich zunimmt, was unerlässlich ist,
damit die Union von fünfundzwanzig Mitgliedstaaten funktionieren kann, ohne durch
Vetos blockiert zu werden;
b) der Europäische Rat statt einer rotierenden sechsmonatigen Präsidentschaft eine
zweieinhalbjährige Präsidentschaft erhalten wird;
c) die Zahl der Kommissionsmitglieder ab dem Jahr 2014 auf der Grundlage einer
gleichberechtigten Rotation zwischen den Mitgliedstaaten verringert wird;
d) die Sichtbarkeit der Union und ihre Fähigkeit als globaler Akteur erheblich gestärkt
werden:
-
die Ämter des Hohen Vertreters der Außenpolitik der EU und des Kommissars
für Außenbeziehungen, die zu Doppelarbeit und Verwirrung geführt haben,
werden zu einem einzigen europäischen „Außenminister“ zusammengelegt, der
einer der Vizepräsidenten der Kommission sein und der dem Rat der
Außenminister vorsitzen und in den Angelegenheiten, in denen die Union eine
gemeinsame Position besitzt, für die Union sprechen wird,
-
es wird einen einzigen auswärtigen Dienst unter der Verantwortung des
Außenministers geben,
-
die Ausstattung der Union mit Rechtspersönlichkeit – wie sie die Europäische
Gemeinschaft schon bisher innehat – wird ihre Fähigkeit verstärken, im Bereich
der internationalen Beziehungen zu handeln und Partei internationaler
Übereinkommen zu sein,
-
die Fähigkeit der Union, im Bereich der Sicherheits- und Verteidigungspolitik
gemeinsame Strukturen zu entwickeln, wird mit der notwendigen Flexibilität, um
diesbezüglich unterschiedliche Konzepte der Mitgliedstaaten zu berücksichtigen,
gestärkt;
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e) die Zahl der Gesetzgebungsinstrumente der Union und der Verfahren für ihre
Annahme verringert und die Unterscheidung zwischen legislativen und exekutiven
Rechtsakten verdeutlicht wird;
f)
für das Vorgehen der Union im Bereich Justiz und Inneres effektivere Verfahren
vorgesehen werden, die konkrete Fortschritte in Bezug auf Rechts-, Sicherheits- und
Einwanderungsfragen erwarten lassen;
g) in mehreren anderen Bereichen die Anwendung der erfolgreichen
Gemeinschaftsmethode erleichtert wird, sobald ein gemeinsamer politischer Wille
dazu vorhanden ist;
h) es mehr Raum für flexible Vorgehensweisen geben wird, falls nicht alle
Mitgliedstaaten bereit oder fähig sind, bestimmte Politiken gleichzeitig umzusetzen;
Mehr demokratische Rechenschaftspflicht
4. begrüßt, dass die Bürger, insbesondere aufgrund der folgenden Verbesserungen, eine
verstärkte demokratische Kontrolle der Tätigkeit der Europäischen Union ausüben
können:
a) jeder Gesetzgebungsakt der Europäischen Union unterliegt vor seiner Annahme der
Prüfung durch die nationalen Parlamente und, von wenigen Ausnahmen abgesehen,
der doppelten Zustimmung sowohl der nationalen Regierungen (im Rat) als auch des
direkt gewählten Europäischen Parlaments – einem Niveau von parlamentarischer
Prüfung, das in keiner anderen überstaatlichen oder internationalen Struktur existiert;
b) die nationalen Parlamente erhalten alle legislativen Vorschläge der Europäischen
Union so rechtzeitig, dass sie sie mit ihren Ministern erörtern können, bevor der Rat
einen Standpunkt annimmt, und sie erhalten das Recht, gegen den Entwurf eines
Rechtsakts Einwendungen zu erheben, falls dieser ihres Erachtens die
Zuständigkeiten der Europäischen Union überschreitet;
c) das Europäische Parlament wird in der Regel gleichberechtigt mit dem Rat über die
Gesetzgebung der Union entscheiden;
d) der Präsident der Kommission wird vom Europäischen Parlament gewählt, wodurch
eine Verbindung zu den Ergebnissen der Europawahlen hergestellt wird;
e) der vom Europäischen Rat im Einvernehmen mit dem Kommissionspräsidenten
ernannte Außenminister wird sowohl dem Europäischen Parlament als auch dem
Europäischen Rat rechenschaftspflichtig sein;
f)
ein neues Haushaltsverfahren erfordert die Zustimmung sowohl des Rates als auch
des Europäischen Parlaments zu allen Ausgaben der Europäischen Union, und zwar
ohne irgendwelche Ausnahmen, wodurch alle Ausgaben der vollen demokratischen
Kontrolle unterliegen;
g) die Ausübung der delegierten Gesetzgebungsbefugnisse durch die Kommission
erfolgt im Rahmen eines neuen Systems der gemeinsamen Überwachung durch das
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Europäische Parlament und den Rat, wodurch es jeder der beiden Institutionen
ermöglicht wird, die Umsetzung von Kommissionsbeschlüssen, die sie ablehnen, zu
verhindern;
h) die Agenturen, insbesondere Europol, unterliegen einer stärkeren parlamentarischen
Prüfung;
i)
der Rat tritt zur Erörterung und Annahme der Gesetze der Union in öffentlicher
Sitzung zusammen;
j)
die Rolle des Ausschusses der Regionen wird gestärkt;
k) im Hinblick auf künftige Änderungen der Verfassung hat auch das Europäische
Parlament das Recht, Vorschläge vorzulegen, und die Prüfung der vorgeschlagenen
Änderungen muss durch einen Konvent erfolgen, es sei denn, das Parlament erklärt,
dass dies nicht erforderlich ist;
Mehr Rechte für die Bürger
5. begrüßt, dass die Rechte der Bürger durch die folgenden Verbesserungen gestärkt werden:
a) die Einbeziehung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union in Teil II der
Verfassung, was bedeutet, dass alle Vorschriften des Rechts der Europäischen Union
und alle Handlungen der Institutionen der Europäischen Union oder solche, die auf
dem Recht der Europäischen Union beruhen, diesen Normen entsprechen müssen;
b) die Europäische Union wird der Europäischen Menschenrechtskonvention beitreten,
womit sie der gleichen externen Kontrolle unterliegen wird wie ihre Mitgliedstaaten;
c) die Beteiligung der Bürger, der Sozialpartner, der repräsentativen Vereinigungen und
der Zivilgesellschaft an den Beratungen der Union wird durch neue Bestimmungen
erleichtert;
d) durch die Einführung eines europäischen Bürgerbegehrens wird es den Bürgern
gestattet, Vorschläge zu Fragen vorzulegen, bei denen zur Umsetzung der Verfassung
ihres Erachtens ein Rechtsakt der Union erforderlich ist;
e) Einzelpersonen erhalten einen verbesserten Zugang zur Justiz im Zusammenhang mit
dem Recht der Europäischen Union;
Schlussfolgerungen
6. billigt den Verfassungsvertrag und befürwortet rückhaltlos seine Ratifizierung;
7. vertritt die Auffassung, dass diese Verfassung einen stabilen und dauerhaften Rahmen für
die künftige Entwicklung der Europäischen Union bieten wird, der weitere Beitritte
ermöglicht und Mechanismen für eine erforderliche Revision vorsieht;
8. hofft, dass alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union in der Lage sein werden, die
Ratifizierung bis Mitte 2006 abzuschließen;
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9. wiederholt seine Forderung, dass alle möglichen Anstrengungen unternommen werden
sollen, um die europäischen Bürger klar und objektiv über den Inhalt der Verfassung zu
informieren; ersucht in diesem Zusammenhang die Institutionen der Union und die
Mitgliedstaaten, bei der Verbreitung des Verfassungstextes (in der vollständigen Fassung
oder in einer Zusammenfassung) unter den Bürgern eindeutig zwischen den in den
bisherigen Verträgen bereits geltenden Elementen und den durch die Verfassung
eingeführten neuen Bestimmungen zu unterscheiden, und zwar sowohl aus pädagogischen
Gründen als auch zur Verdeutlichung der Debatten;
10. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung und den Bericht des Ausschusses für
konstitutionelle Fragen den nationalen Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Rat, der
Europäischen Kommission und den ehemaligen Mitgliedern des Konvents zur Zukunft
Europas zu übermitteln und zu gewährleisten, dass die Dienststellen des Parlaments,
einschließlich seiner Außenbüros, umfassende Informationen über die Verfassung und den
diesbezüglichen Standpunkt des Parlaments anbieten.
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BEGRÜNDUNG
„Ich bin kein Befürworter von häufigen Änderungen von Gesetzen und Verfassungen, aber
Gesetze und Institutionen müssen mit dem Fortschritt des menschlichen Geistes einhergehen.
Wenn dieser fortschrittlicher und aufgeklärter wird, wenn neue Entdeckungen gemacht und
neue Wahrheiten entdeckt werden, wenn sich Sitten und Auffassungen mit den Umständen
ändern, dann müssen sich auch die Institutionen fortentwickeln und mit der Zeit Schritt
halten. Wie man von einem Manne nicht verlangen kann, den Mantel zu tragen, den er schon
als Knabe trug, so darf auch eine zivilisierte Gesellschaft nicht ewig nach den Regeln ihrer
Vorväter leben.“
Thomas Jefferson
I.
Einführung
1.
Vor mehr als einem halben Jahrhundert markierte die Schuman-Erklärung den
Ausgangspunkt eines ehrgeizigen Projekts: der Einigung der Europäer, die sich Jahrhunderte
lang in Bruderkriegen zerfleischt hatten, im Rahmen eines gemeinsamen Projekts.
Um damit Aussicht auf Erfolg zu haben, war es erforderlich, die drei Fragen zu lösen, die sich
am Ende des Zweiten Weltkriegs in aller Deutlichkeit stellten: Wie sollen die inneren
Dämonen, die die großen Katastrophen auf unserem Kontinent verursacht haben, beherrscht
werden, wie soll erneut ein vorderer Platz im Konzert der Weltmächte erreicht werden, wie
soll eine wirtschaftliche Lage geschaffen werden, die die dauerhafte Existenz einer stabilen
Demokratie gewährleistet?
Die Geschichte dieser vergangenen 50 Jahre ist die Geschichte eines Erfolgs. Es ist Europa
gelungen, ein politisches System aufzubauen, das auf den Grundsätzen Freiheit, Pluralismus
und Toleranz beruht; es hat die früheren Feinde miteinander versöhnt und die längste Zeit des
Friedens in der modernen Geschichte begünstigt; es hat den Europäern die Erreichung eines
hohen Niveaus an materiellem Wohlstand und sozialem Fortschritt ermöglicht; es hat zum
Verschwinden des Eisernen Vorhangs beigetragen, der die freien von den unterdrückten
Europäern trennte. Über all diesen Erfolgen des Europäischen Aufbauwerkes dürfen wir
jedoch die eigentlichen Ziele des Projekts nicht vergessen: die Verhinderung der Exzesse des
Nationalismus, des wirklichen Krebsgeschwürs des modernen Europa; die Verteidigung der
Demokratie als System zur Einbeziehung der unterschiedlichen Auffassungen in eine
pluralistische Gesellschaft und die Ausstattung Europas mit einer starken und gewichtigen
Stimme zur Verteidigung seiner Ideen, seiner Werte und seiner Interessen.
Allerdings darf sich Europa nicht mit dem Erreichten zufrieden geben: Zum Anfang des
21. Jahrhunderts muss es sich neuen Herausforderungen stellen, die die Rolle der Union in der
internationalen Politik bestimmen, wie die Globalisierung, die Erweiterung, der Euro, die
innere und äußere Sicherheit auf unserem Kontinent, der Terrorismus, die
Wanderungsströme, das Bildungswesen, der technologische Fortschritt, der Rassismus, die
Fremdenfeindlichkeit oder die soziale Ausgrenzung.
Seit der Gründung der ersten Europäischen Gemeinschaft (Gemeinschaft für Kohle und Stahl:
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Vertrag von Paris vom 18.4.195110), den sechs westeuropäische Länder geschlossen hatten11,
wurde das gemeinschaftliche Aufbauwerk auf 25 europäische Staaten erweitert12, und ihr
Tätigkeitsbereich wurde durch den Vertrag über die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft
und den Vertrag über die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom) (Verträge von Rom vom
25.3.195713) und schließlich durch den Vertrag über die Europäische Union (Vertrag von
Maastricht vom 7.2.1992) auf neue Bereiche ausgedehnt.
2.
Seit seiner allgemeinen Direktwahl im Jahre 1979 hat sich das Europäische Parlament
stets bemüht, das Funktionieren der Struktur, die zur Europäischen Union werden sollte, zu
demokratisieren und effizienter und transparenter zu gestalten. Durch die Annahme des ersten
Entwurfs eines Vertrages über die Europäische Union (sog. „Spinelli-Entwurf“, nach dem
Namen seines Berichterstatters) am 14.2.1984 leitete das Parlament Reformen ein, die in den
folgenden zwanzig Jahren nacheinander zu der Einheitlichen Europäischen Akte14, dem
Vertrag von Maastricht15, dem Vertrag von Amsterdam16, dem Vertrag von Nizza17 und nun
zu dem Vertrag über eine Verfassung für Europa18 geführt haben.
In jeder dieser Phasen hat das Europäische Parlament unter der Führung seines
Institutionellen Ausschusses, der 1999 zum Ausschuss für konstitutionelle Fragen wurde,
aktiv an dem vorbereitenden Reflexionsprozess teilgenommen und danach die Ergebnisse der
einzelnen Regierungskonferenzen bewertet19.
10
In Kraft getreten am 23.7.1952
Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und die Niederlande
12
Zu den ersten sechs Staaten kamen hinzu: Dänemark, Irland und Vereinigtes Königreich 1973, Griechenland
1981, Spanien und Portugal 1986, Österreich, Finnland und Schweden 1995, Tschechien, Estland, Zypern,
Lettland, Litauen, Ungarn, Malta, Polen, Slowenien und Slowakei 2004.
13
In Kraft getreten am 1.1.1958
14
Vertrag von Luxemburg vom 17.2.1986, in Kraft getreten am 1.7.1987
15
Unterzeichnet am 7.2.1992, in Kraft getreten am 1.11.1993
16
Unterzeichnet am 2.10.1997, in Kraft getreten am 1.5.1999
17
Unterzeichnet am 26.2.2001, in Kraft getreten am 1.2.2003
18
Unterzeichnet am 29.10.2004; soll im Prinzip am 1.11.2006 in Kraft treten (Art. IV-447), sofern bis dahin alle
Ratifizierungsurkunden hinterlegt wurden.
19
Nachstehend sind sowohl die vorbereitenden Entschließungen zu den Regierungskonferenzen als auch die
Entschließungen zur Bewertung von deren Ergebnissen aufgeführt.
- Einheitliche Europäische Akte:
. Entschließung vom 14.2.1984: Bericht und Vertragsentwurf Spinelli (ABl. C 77 vom 19.3.1984, S. 33),
. Entschließungen vom 16.1.1986: Bericht Planas (ABl. C 36 vom 17.2.1986, S.144)
und vom 17.4.1986 (ABl. C 120 vom 20.5.1986, S. 96)
- Vertrag von Maastricht
. Entschließungen zum Bericht von D. Martin vom
14.3.1990 (ABl. C 96 vom 17.4.1990, S. 114),
11.7.1990 (ABl. C 231 vom 17.9.1990, S. 97),
22.11.1990 (ABl. C 324 vom 24.12.1990, S. 219) und
. Entschließung vom 7.4.1992 (ABl. C 125 vom 18.5.1992, S. 81)
- Vertrag von Amsterdam
. Entschließungen vom
17.5.1995: Bericht D. Martin/Bourlanges (ABl. C 151 vom 19.6.1995, S. 56) und
13.3.1996: Bericht Dury/Maij-Weggen (ABl. C 96 vom 1.4.1996, S. 77)
. Entschließung vom 19.11.1997: Bericht Méndez de Vigo/Tsatsos (ABl. C 371 vom 8.12.1997, S. 99)
- Vertrag von Nizza
. Entschließungen zum Bericht Dimitrakopoulos/Leinen vom
18.11.1999 (ABl. C 189 vom 7.7.2000,S. 222),
3.2.2000 (ABl. C 309 vom 27.10.2000, S. 85) und
11
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Vom Beginn dieses Prozesses an vertrat es die Auffassung, dass die konstitutionelle Basis der
Europäischen Union verdeutlicht und verbessert werden müsse, eine Forderung, die unter
dem Druck der aufeinander folgenden Erweiterungen, die die politische Dimension der
Integration gefährden konnten, immer dringender wurde.
Zu diesem Zweck verfolgte das Europäische Parlament drei gesonderte, aber miteinander
zusammenhängende Ziele:
Zum Ersten war das Parlament bestrebt, die Befugnisse und Zuständigkeiten der
Europäischen Union als solcher zu verdeutlichen und, falls erforderlich, zu verstärken. Das
Parlament hat sich nachhaltig dafür eingesetzt, dass die Union auf der Grundlage des
„Subsidiaritätsprinzips“ Befugnisse erhalten sollte, d.h., sie sollte nur diejenigen Aufgaben
wahrnehmen, die sich durch gemeinsame Maßnahmen effektiver ausführen lassen, als durch
das getrennte Vorgehen der einzelnen Mitgliedstaaten.
Zum Zweiten hat sich das Parlament dafür eingesetzt, dass die auf europäischer Ebene
bestehenden Zuständigkeiten effektiver wahrgenommen werden sollten. Dabei äußerte es sich
besonders kritisch zu der Praxis der Einstimmigkeit im Rat, wobei es argumentierte, dass es
keinen Sinn mache, jedem der Einzelstaaten der Union eine Blockierungsbefugnis
einzuräumen, wenn vorher vereinbart worden sei, eine Politik gemeinsam durchzuführen.
Außerdem sprach es sich dafür aus, die Rolle der Kommission bei der Durchführung von
Politiken nach deren Annahme und unter angemessener Überwachung und Kontrolle
aufzuwerten.
Zum Dritten hat sich das Parlament stets für eine verbesserte demokratische Kontrolle und
Rechenschaftspflicht auf europäischer Ebene eingesetzt. Die Zuständigkeiten, welche die
nationalen Parlamente bei der Ratifizierung der Verträge der Union übertragen haben, dürften
nicht allein vom Rat (d.h. von den nationalen Ministern) wahrgenommen werden. Der Verlust
von parlamentarischen Befugnissen auf nationaler Ebene sollte durch eine Ausweitung der
parlamentarischen Befugnisse auf europäischer Ebene ausgeglichen werden.
Angesichts der bescheidenen und offenkundig unzureichenden Ergebnisse der Verträge von
Amsterdam und Nizza bezüglich der Herausforderung der zahlenmäßigen Verdoppelung der
Mitgliedstaaten, aber auch der Fortführung der Vertiefung der Union wurde immer deutlicher,
dass die Methode der Änderung der Verträge in der bisher praktizierten Form die
Entwicklung Europas nicht mehr wirklich weiterbringen konnte.
Diese Feststellung hatte das Europäische Parlament bereits 1997 in seiner Entschließung vom
19. November (im Bericht von Iñigo Méndez de Vigo und Dimitris Tsatsos, vgl. Fußnote 10)
getroffen, mit der der politische Denkprozess in Gang gesetzt wurde, der 1999 dazu führte,
dass auf Initiative der deutschen Ratspräsidentschaft das Modell des Konvents entwickelt
wurde, das erstmals bei der Ausarbeitung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union
angewendet wurde.
Die Unterzeichner des Vertrags von Nizza nahmen im Bewusstsein der Unzulänglichkeiten
13.4.2000 (ABl. C 40 vom 7.2.2001, S.. 409)
. Entschließung vom 31.5.2001: Bericht Méndez de Vigo/Seguro (ABl. C 47E vom 21.2.2002, S. 108)
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dieses Vertrags die Erklärung Nr. 23 „zur Zukunft der Union“20 an, die den Weg für eine
ursprünglich für 2004 vorgesehene neue Reform der Verträge bereitete. Diese Reform sollte
durch eine „umfassende Debatte“ vorbereitet werden, „an der alle interessierten Seiten
beteiligt sind: Vertreter der nationalen Parlamente und der Öffentlichkeit insgesamt (…)
Vertreter der Zivilgesellschaft usw.“, die im Jahre 2001 im Hinblick auf die Annahme einer
Erklärung, „in der geeignete Initiativen für die Fortsetzung dieses Prozesses enthalten sein
werden,“ durch den Europäischen Rat von Laeken eingeleitet werden sollte.
3. Nachdem sich das Europäische Parlament bemüht hatte, in der Vorbereitungsphase der
Regierungskonferenzen partnerschaftlich mit den nationalen Parlamenten
zusammenzuarbeiten21, schlug es als erste Institution vor22, gemäß dem mit der Ausarbeitung
der Charta der Grundrechte der Europäischen Union geschaffenen Präzedenzfall23 einen
Konvent einzuberufen, der aus Vertretern der Staats- bzw. Regierungschefs der
Mitgliedstaaten, der nationalen Parlamente und des Europäischen Parlaments sowie der
Kommission bestand und an dem die Vertreter der Regierungen und der Parlamente der
Beitrittsstaaten als Vollmitglieder teilnahmen.
Der Konvent über die Charta der Grundrechte hatte den Beweis erbracht, dass ein solches
Organ im Stande war, einen Entwurf auszuarbeiten, der die Zustimmung der Staats- bzw.
Regierungschefs finden konnte. Sein offener und transparenter Charakter sowie die Qualität
seiner Debatten hatten die Erzielung eines Konsenses erleichtert, der zunächst darauf beruhte,
dass jeder Teilnehmer die Möglichkeit hatte, seine Auffassungen zu vertreten und sodann
diejenigen der anderen zu verstehen.
Mit der Annahme der „Erklärung von Laeken zur Zukunft der Europäischen Union“24 hat der
Europäische Rat am 14. und 15. Dezember 2001 in Laeken diese Initiative aufgegriffen,
indem er die Organisations- und Arbeitsmodalitäten des Konvents und vor allem die
Bedingungen seines Mandats und den von ihm zu behandelnden Fragenkatalog festlegte.
Dieser Konvent zur Zukunft Europas, als dessen Präsident Valéry Giscard d’Estaing und als
dessen Vizepräsidenten Giuliano Amato und Jean-Luc Dehaene amtierten, wurde beauftragt,
einen Vorentwurf einer Verfassung auszuarbeiten, der den Arbeiten der nachfolgenden
Regierungskonferenz als Grundlage dienen sollte.
20
ABl. C 80 vom 10.3.2001, S. 85 und 85.
Hier genügt ein Hinweis auf die „Assisen von Rom“ mit den nationalen Parlamenten (Konferenz der
Parlamente der Europäischen Gemeinschaft vom 27. bis 30.11.1990), die interinstitutionellen Konferenzen, die
parallel zu den Regierungskonferenzen über die Wirtschafts- und Währungsunion und die Politische Union
veranstaltet wurden, die zum Vertrag von Maastricht führten, die Beteiligung von Vertretern des Europäischen
Parlaments an der Reflexionsgruppe vor dem Beginn der Regierungskonferenz von Amsterdam, ihre Beteiligung
an den eigentlichen Arbeiten dieser Regierungskonferenz, und schließlich ihre Teilnahme als Beobachter an der
Vorbereitungsgruppe der Regierungskonferenz von Nizza.
22
Entschließung vom 25.10.2000 (Bericht Olivier Duhamel über die Konstitutionalisierung der Verträge),
bekräftigt durch die Entschließung vom 31.5.2001 (Bericht Méndez de Vigo/Seguro über die Bewertung des
Vertrags von Nizza und die Zukunft der Europäischen Union).
23
Die Idee einer derartigen Charta, die heute den Teil II der Verfassung bildet, stammt von der deutschen
Ratspräsidentschaft, die sie vom Europäischen Rat in Köln am 3. und 4.6.1999 absegnen ließ. Das Verfahren zu
ihrer Ausarbeitung wurde ebenfalls auf dieser Ratstagung festgelegt und auf der folgenden Tagung in Tampere
am 15. und 16.10.1999 präzisiert. Damals wurde beschlossen, ein „Forum“ zu schaffen - das später als
„Konvent“ bezeichnet wurde - in dem die vier Komponenten vertreten waren, die später auch am Konvent über
die Zukunft Europas teilnahmen, jedoch ohne Beteiligung der Beitrittsländer.
24
Dok. SN 300/1/01 REV 1, Anlage 1, S. 19.
21
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Das Ergebnis dieses Konvents zur Zukunft Europas hat die Richtigkeit der Entscheidung für
diese Methode dadurch bestätigt, dass er in der Lage war, nach 16 Monaten einen
Konsenstext vorzulegen, der aus intensiven Debatten hervorging, zu denen ein enger Dialog
mit der Zivilgesellschaft hinzukam.
Dank der Arbeiten seines Ausschusses für konstitutionelle Fragen hat das Europäische
Parlament den Inhalt des Entwurfs eines Verfassungsvertrags, den die Regierungskonferenz
nur in einer sehr begrenzten Zahl von Punkten änderte, maßgeblich beeinflusst25. Auf dieser
Regierungskonferenz wurde es außerdem erstmals in der Person seines Präsidenten Pat Cox
und mit seinen Vertretern Iñigo Méndez de Vigo, der später durch Elmar Brok ersetzt wurde,
und Klaus Hänsch vollgültig an den Arbeiten beteiligt.
II.
Worin unterscheidet sich die Verfassung von den geltenden Verträgen und damit
vom derzeitigen Besitzstand?
Die für die Europäische Union vorgeschlagene neue Verfassung enthält zahlreiche
wesentliche Reformen und Verbesserungen gegenüber der derzeitigen Verfassung (d.h.
gegenüber den sich überschneidenden Verträgen, die derzeit als De-facto-Verfassung dienen).
Sie ist sicherlich ein in mehrfacher Hinsicht zaghafter Kompromiss. Aber sie ist ein
Kompromiss, der Europa weiter bringt, der nach eingehenden öffentlichen und pluralistischen
Debatten im Europäischen Konvent ausgearbeitet wurde und der von den gewählten
Regierungen aller 25 Mitgliedstaaten vollendet und gebilligt wurde – alle sind sich darin
einig, dass dies die Grundlage ist, auf der sie künftig in Europa zusammenarbeiten wollen.
1.
Ein Verfassungsvertrag für die Union
1.1.
Bisweilen wird die Frage gestellt, ob es sich um eine Verfassung oder um einen
25
. Entschließung vom 16.3.2000: Bericht Duff/Voggenhuber über die Ausarbeitung einer Charta der
Grundrechte der Europäischen Union (ABl. C 377, vom 29.12.2000, S. 329)
. Beschluss vom 14.11.2000: Bericht Duff/Voggenhuber über die Annahme des Entwurfs der Charta der
Grundrechte der Europäischen Union (ABl. C 223, vom 8.8.2001, S. 74)
. Entschließung vom 23.10.2002: Bericht Duff, über die Wirkung der Charta der Grundrechte der
Europäischen Union und ihren künftigen Status (ABl. C 300E, vom 11.12.2003, S. 432)
. Entschließung vom 29.11.2001: Bericht Leinen/Méndez de Vigo über den Europäischen Rat von Laeken
und die Zukunft der Union (ABl. C 153, 27.6.2002, S. 310(E))
. Entschließung vom 25.10.2001: Bericht Poos über die Reform des Rates (ABl. C 112, 9.5.2002, S. 317 (E))
. Entschließung vom 14.3.2002: Bericht Carnero González über die Rechtspersönlichkeit der Europäischen
Union (ABl. C 47, 27.2.2003, S. 594 (E))
. Entschließung vom 7.2.2002: Bericht Napolitano über die Beziehungen zwischen dem Europäischen
Parlament und den einzelstaatlichen Parlamenten im Rahmen des Europäischen Aufbauwerks (ABl. C 284,
21.11.2002, S. 322 (E))
. Entschließung vom 16.5.2002: Bericht Lamassoure über die Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen der
Europäischen Union und den Mitgliedstaaten (ABl. C 180, 31.7.2003, S. 493 (E))
. Entschließung vom 17.12.2002: Bericht Bourlanges über die Typologie der Rechtsakte und die Hierarchie
der Normen in der Europäischen Union (ABl. C 31, vom 5.2.2004, S. 126)
. Entschließung vom 14.1.2003: Bericht Napolitano über die Rolle der regionalen und lokalen
Gebietskörperschaften im Europäischen Aufbauwerk (ABl. C 38E, vom 12.2.2004, S. 167)
. Entschließung vom 24.9.2003: zu dem Entwurf eines Vertrags über eine Verfassung für Europa und zur
Stellungnahme des Europäischen Parlaments zur Einberufung der Regierungskonferenz (ABl. C 77E vom
26.3.2004, S. 255).
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Vertrag handelt. Hier geht es darum, eine nutzlose Debatte über eine falsch gestellte
Frage zu vermeiden: Es handelt sich nämlich ohne jeden Zweifel formal um einen
Vertrag, der nach den für die Änderung der Verträge geltenden Regeln angenommen
und ratifiziert wird. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Allerdings wird durch das
Wesen und den Inhalt dieses Vertrags eine regelrechte Verfassung begründet.
1.2.
Der Verfassungsvertrag definiert das Wesen, die Werte und die Grundsätze für das
Handeln der Europäischen Union (EU); er beschreibt die Zuständigkeiten der Union;
er definiert ihre Organe; er stellt die Beschlussfassungsverfahren und die Rechtsakte
der Union vor; er legt die Rechte der Bürger gegenüber der EU fest; er enthält die
Bestimmungen für seine Änderung usw. Genau das ist die Rolle einer Verfassung: die
Festlegung der Bedingungen und der Grenzen der Ausübung der Macht im Rahmen
einer politischen Organisation und die Gewährleistung der Rechte der Bürger.
1.3.
Dies gilt im Wesentlichen auch schon für die derzeitigen Verträge: Die Union hat
bereits ihre Verfassung, die man aus ihren Gründungsverträgen ableiten kann, wie
jede andere politische Organisation die ihrige hat. Wenn man sie vereinfacht, wenn
man ihr eine besser verständliche Struktur gibt, wenn man ihr einen besonders
feierlichen Charakter verleiht, dann vollzieht man einen wichtigen Schritt, um das
System zu verdeutlichen, um es transparenter und für den Bürger verständlicher zu
machen.
1.4.
In diesem Sinne, und im Gegensatz zu manchen Befürchtungen, bedeutet die
Ausstattung der Union mit einer Verfassung keineswegs, dass man einen
zentralisierten „Super-Staat“ schaffen will, der unweigerlich das Ende der
Nationalstaaten zur Folge hätte und das Wesen der Europäischen Union zwangsläufig
verändern würde (es gibt genügend Beispiele für internationale Organisationen, deren
Gründungsvertrag als „Verfassung“ bezeichnet wird, wie z.B. die Internationale
Arbeitsorganisation (IAO), die Weltgesundheitsorganisation (WHO) oder den weniger
häufig genannten Weltpostverein (UPU). Im Gegenteil, eine derartige Verfassung der
Union bildet sogar eine formelle Garantie für die Mitgliedstaaten und die Bürger, dass
die Tätigkeit der Gemeinschaft nicht außer Kontrolle gerät.
1.5.
Man kann mit einigem Recht der Auffassung sein, dass der Teil III des
Verfassungsvertrags eine eingehende Überarbeitung erfordert hätte, dass viele seiner
Bestimmungen nicht eigentlich verfassungsmäßigen Charakter haben, dass sie zu
detailliert und komplex sind und dass sie nicht in eine wirkliche Verfassung gehören.
Das gehörte allerdings nicht zu den Aufgaben, die man dem Konvent übertragen hatte.
Andererseits ist die Vereinfachung offensichtlich: Alle Bestimmungen wurden in
einem einzigen zusammenhängenden und strukturierten Dokument zusammengefasst,
und die bloße Lektüre der Teile I und II, in denen die im eigentliche Sinne
„verfassungsmäßigen“ Aspekte konzentriert sind, bietet dem Bürger einen ziemlich
deutlichen und schlüssigen Gesamteindruck von der politischen Realität der Union
und von seinen Rechten.
1.6.
Gegen die Länge des Teils III wurde die Kritik vorgebracht, dass die Verfassung viel
zu detailliert und komplex sei, wenn man sie beispielsweise mit der Verfassung der
USA vergleiche. Der Grund dafür ist, dass in Teil III, wie in den vorangegangenen
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Verträgen, für jeden einzelnen Politikbereich die Zielsetzungen der Tätigkeit der EU
im Einzelnen angegeben sind, wodurch diese begrenzt wird. Es gibt keinen
„Blankoscheck“ für die EU-Institutionen, der es ihnen ermöglichen würde,
uneingeschränkt in jedem Politikbereich tätig zu werden.
2.
Ein einziges Rechtssubjekt: die Europäische Union
2.1.
Ein maßgeblicher Fortschritt in Bezug auf die Transparenz und das Verständnis der
europäischen Realität für die Bürger sind die Verschmelzung der einzelnen Verträge
in einem einzigen Dokument und der Übergang von einer sehr komplexen Realität,
mit verschiedenen sich überschneidenden Rechtssubjekten (Europäische Union,
Europäische Gemeinschaft) zu einem einzigen Rechtssubjekt, der Europäischen
Union, die auf internationaler Ebene mit einer (einzigen) Rechtspersönlichkeit
ausgestattet ist, wodurch die Effizienz und die Sichtbarkeit der Tätigkeit der Union in
diesem Bereich gesteigert wird. Dazu kommt die Abschaffung der Drei-PfeilerStruktur [Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP), Justiz und innere
Angelegenheiten (JIA) und Gemeinschaft], die zu dem einzigen Rechtssubjekt der
Union verschmolzen wird, mit einem einzigen institutionellen Rahmen und der
allgemeinen Anwendung der Gemeinschaftsmethode, jedoch mit der Einschränkung,
dass im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (einschließlich der
Verteidigung) nach wie vor spezielle Beschlussfassungsverfahren vorgesehen sind,
wie dies der besondere Charakter dieses Bereichs erfordert.
Somit bekommen wir durch die Verfassung einen einzigen Vertrag, ein einziges
Rechtssubjekt: die Europäische Union26.
2.2.
Die Verfassung nennt an gut sichtbarer Stelle, in Artikel I-8, die Symbole der Union,
nämlich ihre Flagge (mit einem Kreis von 12 goldenen Sternen auf blauem
Hintergrund), ihre Hymne (die Ode an die Freude von Beethoven), ihre Devise (in
Vielfalt geeint), ihre Währung (den Euro) und den Europatag (9. Mai), die dazu
bestimmt sind, den Bürgern eine bessere Wahrnehmung der Union zu ermöglichen
und ihr Gefühl, der gleichen Schicksalsgemeinschaft anzugehören, zu verstärken.
3.
Eine klare Definition der Werte, der Grundsätze und der Ziele der Union
26
Der Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (EAG/Euratom) wird jedoch nicht von der
Verfassung berührt und bleibt somit parallel zu ihr in Kraft, auch wenn einige seiner Bestimmungen durch das
Protokoll zur Änderung des Euratom-Vertrags geändert werden, um sie an den Text der Verfassung anzupassen.
Allerdings haben Deutschland, Irland und Österreich in der Erklärung Nr. 44 im Anhang zur Schlussakte der
Regierungskonferenz den Wunsch geäußert, dass möglichst rasch eine Regierungskonferenz zur Revision des
Euratom-Vertrags einberufen wird.
Außerdem ist festzuhalten, dass der Verfassungsvertrag durch eine verwirrende Zahl von Protokollen, Anhängen
und Erklärungen ergänzt wird: Es gibt 36 Protokolle (die im Wesentlichen aus den Anhängen der geltenden
Verträge übernommen und einfach an den Verfassungstext angepasst wurden), wie z.B. die Protokolle über den
Besitzstand von Schengen, die Rolle der nationalen Parlamente, die Grundsätze der Subsidiarität und der
Verhältnismäßigkeit, die Übergangsbestimmungen für die Institutionen, die strukturierte ständige
Zusammenarbeit in Verteidigungsfragen usw.), zwei Anhänge (die bereits bestehen und die Liste der
landwirtschaftlichen Erzeugnisse sowie die Liste der überseeischen Länder und Gebiete betreffen) und 46
Erklärungen. Diese Protokolle, die die gleiche Rechtskraft wie der Verfassungsvertrag besitzen, müssen
ebenfalls von allen Mitgliedstaaten ratifiziert werden. Dies gilt nicht für die Erklärungen, die rechtlich nicht
verbindlich sind.
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Bezeichnenderweise beginnt die Verfassung mit den Artikeln, in denen das Wesen,
die Werte und die Grundsätze der Union sowie die Ziele, die sie durch ihre Tätigkeit
erreichen soll, definiert werden.
3.1.
Der erste Artikel der Verfassung (Art. I-1) begründet die doppelte Legitimität der
Union, die von dem Willen der Bürgerinnen und Bürger und der Staaten Europas
geleitet wird. Die Verfassung legt das Schwergewicht auf die Einzelperson, d.h. die
Männer und Frauen mit ihren Rechten und Pflichten als Bürger der Union und Bürger
eines Mitgliedstaates, die aus diesem Grund über das gesamte Spektrum der Rechte
verfügen, die ihnen aus der Unionsbürgerschaft erwachsen.
In diesem Artikel werden die Grundlagen definiert, auf denen das europäische
Aufbauwerk beruht: Die Mitgliedstaaten übertragen der Union Zuständigkeiten zur
Verwirklichung ihrer gemeinsamen Ziele. Auf europäischer Ebene koordiniert die
Union die diesen Zielen dienende Politik der Mitgliedstaaten; die Organe der Union
üben die ihr übertragenen Zuständigkeiten aus. In diesem Sinne verpflichtet sich die
Union, die nationale Identität der Mitgliedstaaten, d.h. die grundlegenden Bestandteile
ihrer inneren politischen Struktur, zu achten. Damit bekundet sie ihre Achtung vor den
Beschlüssen, die jeder Mitgliedstaat in Bezug auf die territoriale Verteilung der
Zuständigkeiten fasst – von der Festlegung der Grenzen bis zur regionalen und
kommunalen Selbstverwaltung, der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und
dem Schutz der nationalen Sicherheit. Schließlich bekräftigt die Verfassung den
Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit zwischen der Union und den Mitgliedstaaten
im Hinblick auf die Verwirklichung der gemeinsamen Ziele.
3.2.
Die verfassungsmäßigen Grundlagen der Europäischen Union müssen dauerhaft in
den Werten verankert werden, auf denen sie beruht und die ihr gesamtes Handeln
bestimmen müssen.
Gemäß dem zweiten Artikel der Verfassung sind diese Werte, auf denen das gesamte
europäische Aufbauwerk beruht, die Menschenwürde, die Freiheit, die Demokratie,
die Gleichheit, die Rechtsstaatlichkeit, die Menschenrechte, einschließlich der Rechte
der Angehörigen von Minderheiten. Außerdem bilden diese Werte ein Kriterium für
künftige Beitritte und können als Grundlage für die Verhängung von Sanktionen
gegen Mitgliedstaaten dienen, die sie schwerwiegend und dauerhaft verletzen.
In diesem Artikel werden auch die Prinzipien aufgeführt, die das Handeln der Union
bestimmen: Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität
und Gleichheit von Frauen und Männern.
Schließlich verfolgt die Union politische Ziele, die ihre Daseinsberechtigung bilden.
Dabei handelt es sich, kurz gesagt, um den Frieden, die Förderung ihrer Werte und das
Wohlergehen ihrer Völker. Sie werden im dritten Artikel der Verfassung als
politische, wirtschaftliche und soziale Ziele sowohl innerhalb der Union als auch im
Bereich der Außenbeziehungen genannt.
Auf interner Ebene bietet die Union ihren Bürgern einen Raum der Freiheit, der
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Sicherheit und des Rechts und einen Binnenmarkt mit freiem und unverfälschtem
Wettbewerb. Sie strebt Folgendes an: die nachhaltige Entwicklung Europas auf der
Grundlage eines ausgewogenen Wirtschaftswachstums und von Preisstabilität, eine in
hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft, die auf Vollbeschäftigung
und sozialen Fortschritt abzielt, und ein hohes Maß an Umweltschutz und
Verbesserung der Umweltqualität. Sie fördert den wissenschaftlichen und technischen
Fortschritt. Schließlich bekämpft sie soziale Ausgrenzung und Diskriminierungen und
fördert soziale Gerechtigkeit und sozialen Schutz, die Gleichstellung von Frauen und
Männern, die Solidarität zwischen den Generationen und den Schutz der Rechte des
Kindes. Sie fördert ferner den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen
Zusammenhalt und die Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten. Sie wahrt den
Reichtum ihrer kulturellen und sprachlichen Vielfalt und sorgt für den Schutz und die
Entwicklung des kulturellen Erbes Europas.
Auf internationaler Ebene leistet die Union einen Beitrag zu Frieden, Sicherheit,
globaler nachhaltiger Entwicklung, Solidarität und gegenseitiger Achtung unter den
Völkern. Sie fördert einen freien und gerechten Handel, die Beseitigung der Armut
und den Schutz der Menschenrechte, insbesondere der Rechte des Kindes, sowie die
Einhaltung und Weiterentwicklung des Völkerrechts, insbesondere zur Wahrung der
Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen.
Diese Ziele bilden somit ein politisches Grundsatzprogramm, auf dem die Errichtung
der Union beruht. Es obliegt ihr, diese Ziele durch angemessene Mittel unter
Wahrnehmung der ihr durch die Verfassung übertragenen Zuständigkeiten zu
verwirklichen.
Diese Werte und Grundsätze bilden das ethische Fundament der Union, das
insbesondere in der in Teil II der Verfassung enthaltenen Charta der Grundrechte
konkrete Gestalt annimmt. Die ihr gesetzten Ziele rechtfertigen die Existenz der Union
und sind der Grund, aus dem die Mitgliedstaaten beschlossen haben, die Union zu
schaffen. Ihr gesamtes Handeln wird von diesen Werten und Prinzipien geleitet.
Obgleich die in diesen Artikeln genannten Werte, Prinzipien und Ziele nicht ganz neu
sind, wurden einige davon bisher noch nie klar ausgesprochen und noch nie kodifiziert
und systematisiert. Gerade dies ist das charakteristische Merkmal einer Verfassung
und ein bedeutsamer Schritt, um den Bürgern einen deutlichen und symbolträchtigen
Eindruck von der Bedeutung der Union zu vermitteln.
3.3.
In diesem Zusammenhang sei betont, dass sich die Regierungskonferenz praktisch
darauf beschränkt hat, dem diesbezüglichen Text des Konvents zu folgen, wobei sie
nur geringfügige Änderungen angebracht hat, denen sich das Europäische Parlament
ohne Weiteres anschließen kann: Unter die Werte wurden die Rechte der Angehörigen
von Minderheiten aufgenommen, die Gleichheit zwischen Frauen und Männern wurde
als Grundsatz genannt, und neben dem Ziel einer „in hohem Maße
wettbewerbsfähigen sozialen Marktwirtschaft, die auf Vollbeschäftigung und sozialen
Fortschritt abzielt“, wurde das Ziel der „Preisstabilität“ aufgenommen.
4.
Die Bürger im Mittelpunkt des europäischen Aufbauwerkes: Die Einbeziehung der
Charta der Grundrechte in die Verfassung
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4.1.
Die Aufnahme der Charta der Grundrechte in Teil II der Verfassung beweist
eindeutig, dass die Bürger im Mittelpunkt des europäischen Aufbauwerkes stehen.
Durch diese Einbeziehung erhält die Charta eine Rechtswirkung, die einerseits die
europäischen Institutionen, welche im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten tätig
werden, und andererseits die Mitgliedstaaten verpflichtet, jedoch nur insoweit, als sie
in Ausführung des Gemeinschaftsrechts handeln. Damit wird den Bürgern in Bezug
auf die Union eine zusätzliche Garantie geboten.
Diese Tatsache bedeutet keineswegs eine Beeinträchtigung des Schutzes der
Grundrechte, die jede nationale Verfassung ihren Bürgern gegenüber ihrem Staat
gewährleistet, oder eine verkappte Übertragung neuer Zuständigkeiten an die Union,
die nach Meinung einiger Kritiker auf diesem Wege Leitlinien für die Mitgliedstaaten
im Bereich der Wirtschafts- und Sozialpolitik durchsetzen könnte. Durch die in der
Verfassung enthaltene Feststellung, dass die Charta den Geltungsbereich des
Unionsrechts nicht über die Zuständigkeiten der Union hinaus ausdehnt, dass sie für
die Union keine neue Zuständigkeit und keine neue Aufgabe schafft und dass sie die
ihr durch die Verfassung übertragenen Zuständigkeiten und Aufgaben nicht ändert
(Artikel II-111) bringt dies besonders deutlich zum Ausdruck.
Allerdings haben die Befürchtungen bestimmter Mitgliedstaaten hinsichtlich der
möglichen Auswirkungen der in der Charta anerkannten sozialen und wirtschaftlichen
Rechte die Regierungskonferenz veranlasst, neben den Bestimmungen, die in der
Verfassung bereits gegen etwaige Überschreitungen vorgesehen waren, weitere
Regeln einzuführen27. Man kann die rechtliche Notwendigkeit dieses Vorgehens
bezweifeln, da es offensichtlich konzeptuelle Unterscheidungen, die in der
europäischen Verfassungsrechtslehre allgemein anerkannt sind, außer Acht lässt, doch
kann man es insofern akzeptieren, als die Rechtswirkung der Charta dadurch nicht
beeinträchtigt wird.
4.2.
Es sei darauf hingewiesen, dass die in der Charta verankerten Rechte im Allgemeinen
dem gemeinsamen Katalog der Grundrechte entsprechen, die die Union bereits
anerkannt hat und die sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der
Mitgliedstaaten oder aus der Europäischen Menschenrechtskonvention ergeben. Hier
geht es vor allem darum, diese Rechte präzise und bürgernah auszudrücken und
deutlich zu bekräftigen, dass die Union verpflichtet ist, sie einzuhalten. Dadurch kann
das Vertrauen der Bürger in ihre Union nur verstärkt werden.
4.3.
Die Aufnahme der Charta in die Verfassung wird sofort zu Beginn der Verfassung in
einem gesonderten Titel (Teil I Titel II) mitgeteilt, der den Grundrechten und der
Unionsbürgerschaft vorbehalten ist. Einen weiteren Schritt auf dem Weg zum Schutz
der Grundrechte auf Unionsebene bildet die in der Verfassung enthaltene
Bestimmung, dass die Union der Europäischen Menschenrechtskonvention (der alle
Mitgliedstaaten bereits angehören) beitreten wird, wie das Europäische Parlament dies
seit langem gefordert hatte. Dies wird im Wege eines Abkommens mit dem Europarat
27
Absatz 7 des Artikels II-112, der auf die Erläuterungen verweist, die vom Präsidium des für die Charta der
Grundrechte verantwortlichen Konvents ausgearbeitet wurden, und die Erklärung Nr.12 in der Schlussakte der
Regierungskonferenz, die diese Erklärungen aufgreift.
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erfolgen. Der Beschluss zum Abschluss dieses Abkommens muss mit qualifizierter
Mehrheit nach Zustimmung des Europäischen Parlaments gefasst werden.
4.4.
Außerdem könnten weitere Aspekte der Verfassung angeführt werden, durch die die
Rechte der Bürger auf Mitwirkung am europäischen politischen Prozess gestärkt
werden (wie die legislative Initiative der Bürger oder die Bürgerinitiative: Artikel
I-47, Absatz 4), oder die zu einer Verbesserung des gerichtlichen Schutzes ihrer
Rechte beitragen, indem sie den Zugang zum Gerichtshof erleichtern.
Das Parlament kann diese wesentlichen Schritte, die darauf ausgerichtet sind, aus der
Union eine echte Union von Staaten und von Bürgern zu machen, nur begrüßen.
5.
Eine klare und verständliche Abgrenzung der Zuständigkeiten der Union:
5.1.
Eine der wichtigsten Fragen, die der neue Verfassungstext beantworten sollte, lautet:
„Wer macht was in Europa?“. Diese Klarstellung ist unerlässlich, damit die Bürger die
politischen Zuständigkeiten auf europäischer Ebene genau abgrenzen können. Sie
bietet auch eine zusätzliche Garantie für all jene, die ein Übermaß an Intervention
seitens der Union befürchten.
5.2.
Dazu definiert die Verfassung die Zuständigkeiten der Union, die in drei verschiedene
Kategorien unterteilt sind, bei denen der rechtliche Status und der Grad der
Intervention der Union unterschiedlich sind: die ausschließlichen Zuständigkeiten der
Union; die mit den Mitgliedstaaten geteilten Zuständigkeiten sowie die
Unterstützungs- und oder Ergänzungsmaßnahmen zusätzlich zu den Maßnahmen der
Mitgliedstaaten. Aufgrund ihres spezifischen Charakters erfordern die gemeinsame
Außen- und Sicherheitspolitik sowie die Koordinierung der Wirtschafts- und
Beschäftigungspolitik besondere Bestimmungen, die sich nicht in eine dieser drei
Kategorien einordnen lassen (siehe Anlage 1).
Diese Definition der Zuständigkeiten der Union stützt sich auf das Grundprinzip der
Zuweisung von Zuständigkeiten, d.h., die Union verfügt nur über Zuständigkeiten, die
ihr durch die Mitgliedstaaten in der Verfassung übertragen wurden, um die darin
festgelegten Ziele zu erreichen. Durch dieses Prinzip wird automatisch das Entstehen
eines wie auch immer gearteten zentralisierten Superstaates verhindert, denn es
bedeutet, dass alle Zuständigkeiten bei den Staaten liegen, sofern diese sie nicht auf
die Union übertragen.
5.3.
Durch die Verfassung werden die Zuständigkeiten der Union nicht ausgeweitet: die
wenigen „neuen“ Zuständigkeiten, die genannt wurden, betreffen vor allem Bereiche,
in denen die Union gemäß Artikel 308 des EG-Vertrags bereits tätig war, für die die
Verfassung jedoch eine bessere Definition bietet. Die Änderungen, die in Teil III
vorgenommen wurden, entsprechen generell der Notwendigkeit, die darin enthaltenen
Bestimmungen an die in Teil I festgelegten neuen Beschlussfassungsverfahren und
neuen Rechtsinstrumente anzupassen.
5.4.
Darüber hinaus verstärkt die Verfassung die Verpflichtung der Union, bei der
Ausübung ihrer Zuständigkeiten die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnis-
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mäßigkeit einzuhalten, wofür jetzt bereits die Regierungen auf der Ebene des Rates
und des Parlaments die Gewähr bieten. Auch wenn die in der Verfassung enthaltene
Definition dieser Grundsätze der in den geltenden Verträgen bereits verankerten
Definition entspricht, so sieht das Protokoll über die Anwendung der Grundsätze der
Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit neue Mechanismen für die Gewährleistung
der Einhaltung dieser Grundsätze vor, insbesondere durch eine spürbare Stärkung der
Rolle der nationalen Parlamente.
5.5.
Diese Parlamente erhalten vor allem das Recht, rechtzeitig über alle Legislativvorschläge der Kommission unterrichtet zu werden, die unter dem Gesichtspunkt der
Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit begründet sein müssen. Damit werden sie in
die Lage versetzt, die Rechte, die sie auf nationaler Ebene besitzen, besser
wahrzunehmen, und insbesondere wird ihre Fähigkeit gestärkt, das Vorgehen ihrer
Regierung auf der Ebene des Ministerrates zu beeinflussen. Was insbesondere den
Aspekt der Subsidiarität anbelangt, so können die nationalen Parlamente ferner
innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Übermittlung des Vorschlags begründete
Stellungnahmen, aus denen hervorgeht, weshalb ein Vorschlag ihrer Ansicht nach
nicht mit dem Subsidiaritätsprinzip vereinbar ist, direkt an die Organe der Union
richten, die diese dann berücksichtigen müssen. Ein so genannter
„Frühwarnmechanismus“ verpflichtet die Kommission sogar, ihren Vorschlag
nochmals zu überprüfen, wenn ein Drittel der nationalen Parlamente die Auffassung
vertritt, dass der Vorschlag nicht dem Subsidiaritätsprinzip entspricht.
Schließlich sieht dieses Protokoll für die Mitgliedstaaten auch die Möglichkeit vor, im
Namen ihres nationalen Parlaments oder einer seiner Kammern (wenn die innerstaatliche Rechtsordnung dies erlaubt) vor dem Gerichtshof Klage gegen einen
Gesetzgebungsakt wegen Missachtung des Subsidiaritätsprinzips zu erheben. Der
Ausschuss der Regionen erhält ebenfalls das Recht, solche Klagen gegen
Gesetzgebungsakte zu erheben, für deren Annahme die Verfassung seine Konsultation
vorsieht.
Diese Mechanismen bieten zusätzliche Garantien gegen eine mögliche unbedachte
Wahrnehmung von Zuständigkeiten der Union und tragen weitgehend dazu bei, die
demokratische Kontrolle der Gemeinschaftsgesetzgebung zu stärken.
5.6.
Um einen vollständigen Überblick über die konkrete Ausübung dieser Zuständigkeiten
zu erhalten, muss man diese Definition zwar zusammen mit den spezifischen
Bestimmungen von Teil III der Verfassung betrachten, jedoch kann der europäische
Bürger, auch wenn er nur Teil I der Verfassung liest, bereits einen recht klaren
Eindruck von dem erhalten, was in Europa von wem gemacht wird. Dies stellt eine
erhebliche Verbesserung bezüglich der Transparenz dar.
5.7.
Unter den positiven Elementen ist noch hervorzuheben, dass die Verfassung die
erforderliche Flexibilität des Systems durch eine dem derzeitigen Artikel 308 EGV
ähnliche Klausel garantiert, die es dem Rat ermöglicht, nötigenfalls Maßnahmen in
Bereichen zu beschließen, in denen die Union nicht über ausdrückliche
Zuständigkeiten verfügt. Diese Flexibilitätsklausel bietet den Mitgliedstaaten alle
Garantien: Einstimmigkeitsbeschluss nur zum Erreichen der in der Verfassung
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verankerten Ziele; das Verfahren für die Umsetzung wird demokratischer, da der
Beschluss der Zustimmung des Europäischen Parlaments bedarf und, bevor er gefasst
wird, rechtzeitig den nationalen Parlamenten mitgeteilt werden muss.
6.
Ein erneuerter institutioneller Rahmen für eine stärkere, demokratischere und
transparentere Union
Eine der wesentlichen Fragen, die die Verfassung regeln sollte, war die Anpassung der
Organe der Union, damit diese die nach der Erweiterung entstandene neue Situation
bewältigen können. Die institutionelle Organisation der Union beruht im Wesentlichen
auch weiterhin auf denselben, bereits seit annähernd 50 Jahren bestehenden
Strukturen, während sich ihre Aufgaben erheblich ausgeweitet haben und sie von 6 auf
25 Mitgliedstaaten angewachsen ist. Trotz mehrerer Regierungskonferenzen blieben
die wichtigsten institutionellen Fragen offen, und die in Nizza gefundenen Lösungen
wurden von denjenigen, die sie ausgehandelt hatten, als nicht zufriedenstellend
angesehen. Das Parlament hat seinerseits die Öffentlichkeit und die führenden
Politiker der Mitgliedstaaten immer wieder auf die Notwendigkeit einer
grundlegenden institutionellen Reform hingewiesen, bei der die Union mit effizienten,
demokratischen und transparenten Institutionen ausgestattet wird, wobei jedoch das
institutionelle Gleichgewicht und die Gemeinschaftsmethode gewahrt bleiben: die
Kommission schlägt vor, Parlament und Rat beschließen, der Gerichtshof garantiert
die Umsetzung der angenommenen Texte.
6.1.
Das Europäische Parlament
(1) Durch die Verfassung wird die Rolle des Europäischen Parlaments, des einzigen
europäischen Organs, das die Bürger direkt vertritt, spürbar gestärkt:
– seine Rolle als Mitgesetzgeber wird durch die generelle Einführung der
derzeitigen Mitentscheidung, die in den Rang des normalen Gesetzgebungsverfahrens erhoben wird, aber auch durch eine verstärkte Beteiligung an den
besonderen Gesetzgebungsverfahren, vollständig anerkannt. Künftig werden
die Bürger deutlich erkennen können, dass die europäischen Gesetze von der
Kammer, die sie vertritt, sowie von der Kammer, die die Staaten vertritt,
angenommen wird; gleichzeitig wird die Zustimmung des Parlaments auch im
Bereich der internationalen Abkommen zur allgemeinen Regel;
– es erhält ein konkurrierendes Initiativrecht für die Änderung der Verfassung,
und es beteiligt sich über den Konvent an dem Verfahren (der Rat kann nur mit
Zustimmung des Parlaments beschließen, den Konvent nicht einzuberufen);
– seine Haushaltsbefugnisse, die es paritätisch mit dem Rat teilt, erstrecken sich
nunmehr auf alle Ausgaben der Union;
– seine Aufgaben im Bereich der politischen Kontrolle werden vertieft,
insbesondere durch die Wahl des Kommissionspräsidenten;
– mehrere Beschlüsse, die im Leben der Union von großer Bedeutung sind und
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die bislang in der ausschließlichen Zuständigkeit des Rates lagen, bedürfen
künftig ebenfalls der Zustimmung des Parlaments: der Beschluss über die
Einleitung einer verstärkten Zusammenarbeit; die Anwendung der
Flexibilitätsklausel, die es der Union ermöglicht, in der Verfassung nicht
vorgesehene Maßnahmen zu treffen, um die in der Verfassung festgesetzten
Ziele zu erreichen; der Beschluss über die Anwendung einer allgemeinen
„Passerelle“ für den Übergang von der Einstimmigkeit auf die qualifizierte
Mehrheit oder vom besonderen auf das gewöhnliche Gesetzgebungsverfahren;
bestimmte Beschlüsse, die die Ausweitung des Anwendungsbereichs von in der
Verfassung vorgesehenen Rechtsgrundlagen ermöglichen, wie z.B. die den
Europäischen Staatsanwalt betreffenden Beschlüsse oder die justizielle
Zusammenarbeit in Strafsachen;
– selbst im Bereich der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, in dem es
keine Entscheidungsbefugnisse hat, erhält das Europäische Parlament ein
allgemeines Recht auf Unterrichtung und Konsultation.
(2) Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Europäische Parlament trotz einiger
Bereiche, in denen man größere Fortschritte hätte erzielen können, zu einem
„Mitentscheider“ in nahezu allen Bereichen der Unionspolitik wird. Konkret geht
es darum, den Grundbegriff der doppelten Legitimität der Union als Union von
Staaten und Union von Bürgern mit Leben zu erfüllen. Es lässt sich nicht leugnen,
dass die Verfassung damit eine erhebliche Vertiefung der demokratischen
Dimension der Union mit sich bringt.
(3) Die Zahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments wird auf 750 beschränkt.
Die Verfassung sieht keine Sitzverteilung pro Mitgliedstaat vor, sondern
beauftragt den Europäischen Rat, auf Initiative des Parlaments und mit dessen
Zustimmung vor den Wahlen des Jahres 2009 einen Beschluss über diese
Sitzverteilung auf der Grundlage des Prinzips der „degressiv proportionalen“
Vertretung mit mindestens sechs und höchstens 96 Sitzen pro Mitgliedstaat zu
fassen (der Konvent schlug mindestens vier Sitze und keine Obergrenze vor). Dies
ist eine Lösung, die es ermöglicht, die künftige Entwicklung der Union mit
größerer Flexibilität zu bewältigen und gleichzeitig die Interessen jedes einzelnen
Mitgliedstaates zu wahren.
6.2.
Der Europäische Rat
Der Europäische Rat wird als autonomes Organ mit einer politischen Impulsrolle anerkannt,
wobei in der Verfassung expressis verbis erwähnt wird, dass er keine gesetzgeberischen
Funktionen ausübt28. Eine bedeutsame Neuerung in der Verfassung ist die Abschaffung seiner
turnusmäßigen Präsidentschaft und deren Ersetzung durch einen Präsidenten, der von den
Mitgliedern des Europäischen Rates für eine Amtszeit von zweieinhalb Jahren mit der
Allerdings kann die Rolle des Europäischen Rates als „Notbremse“ in Bezug auf bestimmte Beschlüsse in den
Bereichen soziale Sicherheit und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen ihn veranlassen, wenn schon keine
direkten gesetzgeberischen Funktionen auszuüben (er ist an der Annahme der Rechtsakte nicht beteiligt), so doch
praktisch entscheidend in den Ablauf eines Gesetzgebungsverfahrens einzugreifen vgl. weiter unten, Punkte
9.1.(4) und 9.2.(7).
28
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Möglichkeit einer einmaligen Wiederwahl gewählt wird. Dieser sorgt für die Vorbereitung
und die Kontinuität der Arbeiten des Europäischen Rates und nimmt die Außenvertretung der
Union wahr, um die Sichtbarkeit, die Kontinuität und die Kohärenz der Vertretung der Union
sowohl nach innen als auch nach außen zu verbessern. Weitere Bestimmungen sollen
gewährleisten, dass der Präsident des Europäischen Rates keine exekutiven Aufgaben
wahrnimmt und dass etwaige Konflikte mit dem Präsidenten der Kommission oder dem
Außenminister der Union vermieden werden. Erst die Praxis wird zeigen, ob diese
Bestimmungen ausreichend sind.
6.3.
Der Ministerrat
(1)
Die wichtigste Frage war das Abstimmungsverfahren im Rat, wenn dieser mit
qualifizierter Mehrheit beschließt. Das Scheitern des Gipfels von Brüssel im
Dezember 2003 war zum Teil auf Meinungsverschiedenheiten zwischen den
Mitgliedstaaten in dieser Frage zurückzuführen. Für einen der Berichterstatter
gewährleistete die Einführung des Bevölkerungskriteriums bei der Verteilung der
Sitze im Europäischen Parlament und bei den Abstimmungen im Ministerrat kein
ausgewogenes System, und er befürwortet deswegen ein System der Stimmengewichtung im Rat. Auf der Grundlage des Berichts Dimitrakopoulos-Leinen hat sich das
Europäische Parlament jedoch mit großer Mehrheit für das System der doppelten
Mehrheit ausgesprochen. Seit dem Beginn der Regierungskonferenz hat das Europäische Parlament daher betont, dass eine akzeptable Lösung seines Erachtens das
Prinzip der doppelten Mehrheit der Mitgliedstaaten und der Bevölkerungen beinhalte,
weil es dazu angetan sei, die doppelte Legitimität der Union als Union von Staaten
und Union von Bürgern hervorzuheben, und weil das neue Verfahren im Vergleich
mit dem im Vertrag von Nizza vorgesehenen System die Beschlussfassung erleichtere.
(2)
In der Tat erhielt das vom Konvent vorgeschlagene System der doppelten Mehrheit
den Vorzug vor einem System der Stimmengewichtung. Trotz der Anhebung der vom
Konvent vorgeschlagenen Schwellenwerte (55% der Staaten statt 50%, und 65% der
Bevölkerung statt 60%) kann man die Auffassung vertreten, dass das neue System die
Beschlussfassung insofern erleichtert, als das System der Stimmengewichtung in
vielen Kombinationen für die Beschlussfassung wesentlich höhere Schwellenwerte für
die Bevölkerung beinhaltete. Im Übrigen führte das Erfordernis von mindestens vier
Mitgliedstaaten für eine Sperrminorität in vielen Fällen dazu, dass die Schwelle von
65% der Bevölkerung erheblich abgesenkt wurde29.
29
Die Tatsache, dass die Regierungskonferenz das Erfordernis der Nein-Stimmen von mindestens vier
Mitgliedstaaten für eine Sperrminorität eingeführt hat, bedeutet, dass unter gewissen Umständen ein Beschluss
mit wesentlich weniger als 62% der Bevölkerung, die als Bevölkerungskriterium in Nizza festgesetzt worden
waren, gefasst werden kann: beispielsweise würde ein Beschluss, gegen den Deutschland, Frankreich und Italien
stimmen, angenommen, obwohl nur etwa 55% der Bevölkerung dahinter stünden, weil diese drei Staaten allein
keine Sperrminorität bilden könnten, obwohl knapp 45% der Bevölkerung der Union auf der Grundlage der
derzeitigen 25 Mitgliedstaaten auf sie entfallen. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass die verschiedenen
Kombinationen, die derzeit zur Erreichung der für die qualifizierte Mehrheit erforderlichen Stimmengewichtung
möglich sind, dazu geführt hat, dass der erforderliche Bevölkerungsanteil in vielen Fällen erheblich über den
genannten Werten lag. Andererseits steht zu hoffen, dass die Anhebung der Schwelle der Mitgliedstaaten in der
Praxis keine nennenswerten negativen Auswirkungen haben wird. Ein Wert von 55% statt 50% der
Mitgliedstaaten bedeutet in der Union mit 25 Mitgliedstaaten nämlich die Zustimmung von 14 (statt 13)
Mitgliedstaaten, wäre da nicht die von der Regierungskonferenz angenommene zusätzliche Bedingung, dass die
Mehrheit mindestens 15 Mitgliedstaaten umfassen muss; die für die Verhinderung eines Beschlusses
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(3)
Andererseits lassen die Fortschritte bezüglich der Transparenz und der Verständlichkeit des Systems viel zu wünschen übrig. Zwar ist die Logik der doppelten
Mehrheit wesentlich leichter zu verstehen als jede Stimmengewichtung, doch besteht
die Gefahr, dass die Bürger die festgesetzten Schwellenwerte als recht willkürlich
betrachten, und vor allem beeinträchtigt die Addition der zusätzlichen Kriterien die
angestrebte Vereinfachung und Verständlichkeit des Systems beträchtlich30.
(4)
Wenn man auch die Ablehnung des vom Konvent formulierten Kompromisses
bedauern mag, so muss man doch bedenken, dass die schließlich erzielte Lösung nach
einem erbitterten Ringen zwischen den Mitgliedstaaten gefunden wurde, dessen
Gegenstand bisweilen Unverständnis hervorrufen konnte: die Berechnung der
Prozentpunkte nach oben oder nach unten, durch die das relative Gewicht jedes
Mitgliedstaates im Abstimmungssystem bestimmt werden sollte, hat die Tatsache
überlagert, dass hier über politische Realitäten diskutiert wird und dass die
Koalitionen zwischen den Mitgliedstaaten veränderlich und häufig zufällig sind - wie
oft hat sich bei einem Beschluss eine Trennung zwischen allen „großen“
Mitgliedstaaten einerseits und allen „kleinen“ Mitgliedstaaten andererseits ergeben?
Häufig werden mit dem gleichen Vorgehen gegensätzliche Ziele angestrebt, wie
beispielsweise die Wahrung der eigenen Blockierungsmöglichkeiten bei dem
gleichzeitigen Versuch, die Blockierungsmöglichkeiten der anderen zu verringern…
Vor allem jedoch wurde bei dieser Diskussion vergessen, dass die Dynamik der
gemeinschaftlichen Verhandlungen seit jeher dazu führt, dass man sehr selten auf eine
Abstimmung zurückgreifen muss. Angesichts dieser politischen Realität kann das
Parlament die von den Staats- oder Regierungschefs erzielte Vereinbarung
akzeptieren, ohne jedoch sein Bedauern zu verbergen.
(5)
Doch ganz gleich, welches Beschlussfassungsverfahren man wählt, es kommt auf den
Anwendungsbereich an. Von daher erhält die Frage des Anwendungsbereichs der
qualifizierten Mehrheitsentscheidung ihre besondere Bedeutung. In diesem Bereich
erforderliche Zahl beträgt nun 12 (statt 13) Mitgliedstaaten. In der Praxis sind die durch diese Anhebung
bedingten zusätzlichen potenziellen Risiken sicherlich nicht sehr groß. In der Tat existiert der Fall eines
Beschlusses bei zwei fast gleichen Blöcken von Mitgliedstaaten mit gegenteiliger Auffassung in der Wirklichkeit
praktisch nicht. Was das bereits erwähnte zusätzliche Erfordernis angeht, wonach die Mehrheit mindestens 15
Mitgliedstaaten umfassen muss, so ist festzuhalten, dass es ab 27 Mitgliedstaaten keine maßgebliche Bedeutung
mehr haben wird, weil das neue System voraussichtlich 2009 in Kraft treten wird (in einer Union mit 27
Mitgliedstaaten bedeuten 55% auf jeden Fall 15 Mitgliedstaaten).
30
In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass neben den beiden im Text genannten Korrekturkriterien
(Mindestzahl von 4 Mitgliedstaaten für eine Sperrminorität, und Mindestzahl von 15 Mitgliedstaaten für die
Annahme eines Beschlusses), die Regierungskonferenz eine Art von revidiertem Ioannina-Kompromiss für eine
Übergangszeit vereinbart hat (Erklärung Nr. 5 in der Schlussakte der Regierungskonferenz): wenn Mitglieder
des Rates, die mindestens drei Viertel der Zahl der Mitgliedstaaten oder der Bevölkerung darstellen, die zur
Blockierung eines Beschlusses erforderlich sind, ihre Ablehnung der Annahme eines Rechtsaktes durch den Rat
mit qualifizierter Mehrheit kundtun, dann wird der Rat dieses Thema weiterhin erörtern, um innerhalb einer
vernünftigen Frist zu einem größerem Einvernehmen zu gelangen. Dieses Einvernehmen wird in einem vom
Europäischen Rat gebilligten Beschlussentwurf festgehalten. Dieser Beschluss wird bis mindestens 2014 in Kraft
bleiben und kann dann vom Rat aufgehoben werden. Im Übrigen sei ebenfalls darauf hingewiesen, dass die
Verfassung vorsieht, dass die erforderliche qualifizierte Mehrheit verstärkt wird, wenn die Initiative der
Kommission nicht erforderlich ist oder wenn ein Beschluss nicht auf Initiative des Außenministers angenommen
wird: in diesem Fall sind 72% der Mitgliedstaaten (statt der vom Konvent vorgeschlagenen zwei Drittel)
erforderlich, die mindestens 65% der Bevölkerung (statt der vom Konvent vorgeschlagenen 60%) ausmachen.
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beinhaltet die Verfassung erhebliche Fortschritte: darin werden etwa 45 neue Fälle
von qualifizierten Mehrheitsbeschlüssen in verschiedenen Bereichen aufgeführt (vgl.
Anlage 2). Andererseits ist die Einstimmigkeit noch in 70 Fällen erforderlich.
Obgleich man die gesamte Tendenz als sehr positiv beurteilen muss, kann man
andererseits nur bedauern, dass man in bestimmten Fällen nicht weiter gegangen ist,
oder dass die Regierungskonferenz sogar Rückschritte im Vergleich mit den
Vorschlägen beschlossen hat, die im Konvent Gegenstand eines wohl überlegten
Konsenses waren (das beste Beispiel dafür betrifft den mehrjährigen Finanzrahmen).
(6)
Eine weitere bedeutsame Verbesserung, die die Verfassung hinsichtlich einer größeren
Transparenz einführt, ist die Bestimmung, dass die Tagungen der verschiedenen
Formationen des Rates in zwei Teile aufgeteilt werden, je nachdem, ob es sich um
legislative oder sonstige Tätigkeiten handelt, wobei hervorzuheben ist, dass der Rat
öffentlich tagt, wenn er über Gesetzgebungsakte berät. Auch wenn man bedauern
muss, dass die Mitgliedstaaten dem Vorschlag des Konvents betreffend die Schaffung
eines echten autonomen Legislativrates, der für das Parlament sehr wichtig war, nicht
gefolgt sind, so muss man doch einräumen, dass der wesentliche Aspekt dieses
Vorschlags, nämlich die Gewährleistung der Öffentlichkeit und der Transparenz der
Gesetzgebungstätigkeit des Rates, gewahrt wurde.
(7)
In Bezug auf die verschiedenen Formationen und die Arbeitsweise des Rates besteht
die hauptsächliche Neuerung in der Schaffung eines eigenständigen Rates
„Auswärtige Angelegenheiten“, in dem der Außenminister den Vorsitz führt.
Zusammen mit dem Rat „Allgemeine Angelegenheiten“ sind dies die beiden einzigen
Formationen des Rates, deren Existenz in der Verfassung vorgesehen ist, während die
Einrichtung der anderen Formationen einem mit qualifizierter Mehrheit angenommen
Beschluss des Europäischen Rates überlassen wird. Die Bemühungen zur Änderung
des derzeitigen Systems des turnusmäßigen Wechsels der Ratspräsidentschaft, um
dadurch eine größere Sichtbarkeit und auch die Kohärenz und die Kontinuität seiner
Arbeiten zu gewährleisten, haben nur mäßige Ergebnisse erbracht. Die Mitgliedstaaten
haben sich insofern vom Vorschlag des Konvents entfernt, als sie sich schließlich für
das Prinzip einer gleichberechtigten Rotation innerhalb eines Systems von Gruppen
entschieden haben, das durch qualifizierten Mehrheitsbeschluss des Europäischen
Rates festgelegt wird und dessen konkrete Vorteile man noch nicht genau absehen
kann.
6.4.
Die Kommission
(1)
Eine andere institutionelle Frage, die im Mittelpunkt der Beratungen sowohl des
Konvents als auch der Regierungskonferenz stand, war die Zusammensetzung der
Kommission. Die schließlich gewählte Lösung, die zeitlich verschoben wird, entfernt
sich vom Vorschlag des Konvents, entspricht jedoch der politischen Realität besser
und lässt sich positiv beurteilen: dadurch wird das Bestreben der neuen
Mitgliedstaaten. in den ersten Jahren nach ihrem Beitritt in der Kommission vertreten
zu sein, berücksichtigt und gleichzeitig vorgesehen, dass die Zahl der
Kommissionsmitglieder in absehbarer Zukunft (2014) verringert wird (nämlich auf
zwei Drittel der Zahl der Mitgliedstaaten, was auch bei 27 Mitgliedstaaten eine
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Verringerung der derzeitigen Zahl der Kommissionsmitglieder bedeuten würde).
Diese Lösung, die auf einem Rotationssystem beruht, das die Gleichheit zwischen den
Mitgliedstaaten wahrt, wird es somit ermöglichen, den Umfang der Kommission
innerhalb vernünftiger Grenzen zu halten. Somit wird jeder Mitgliedstaat in einer von
drei Amtszeiten kein Kommissionsmitglied benennen.
(2)
In Bezug auf die Ernennung des Präsidenten der Kommission bringt die Verfassung
insofern bedeutsame Fortschritte, als dieser künftig vom Europäischen Parlament auf
Vorschlag des Europäischen Rates, der mit qualifizierter Mehrheit beschließt, gewählt
wird. Dies ist ein weiterer wichtiger Schritt zur politischen Legitimierung der
Kommission, da nun der Europäische Rat gehalten ist, die Wahl im Europäischen
Parlament zu berücksichtigen. In der Folgezeit werden die ganze Kommission, ihr
Präsident, der Außenminister, der nach einem speziellen Verfahren (vgl. weiter unten)
ernannt wird, und die Kommissionsmitglieder vom Rat im Einvernehmen mit dem
designierten Präsidenten benannt und müssen sich als Kollegium einem
Zustimmungsvotum des Europäischen Parlaments stellen31.
(3)
Schließlich sei auf die Stärkung der Rolle des Präsidenten der Kommission,
insbesondere hinsichtlich der internen Organisation der Kommission sowie auf das
Recht, einen Kommissar zum Rücktritt aufzufordern, verwiesen, wodurch die
Effizienz der Kommission erhöht wird.
6.5.
Der Außenminister
(1)
Eine der wichtigsten institutionellen Neuerungen der Verfassung ist die Einrichtung
des Amtes eines Außenministers der Union (in diesem Amt werden die bereits
bestehenden Ämter des Hohen Vertreters für die Gemeinsame Außen- und
Sicherheitspolitik und des für Außenbeziehungen zuständigen Kommissars
zusammengelegt), womit das Ziel verfolgt wird, die Kohärenz und die Sichtbarkeit der
gesamten Außenbeziehungen der Union zu gewährleisten. Dieser Außenminister trägt
in institutioneller Hinsicht sozusagen „zwei Hüte“: er ist mit der Führung der
Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Union betraut und führt als solcher
den Vorsitz im Rat „Auswärtige Angelegenheiten“, er legt Vorschläge vor und sorgt
für die Ausführung der Beschlüsse des Rates; gleichzeitig ist er Vizepräsident der
Kommission und nimmt als solcher die Zuständigkeiten dieser Institution im Bereich
der Außenbeziehungen wahr und koordiniert alle Aspekte des auswärtigen Handelns
der Union. Er wird von einem Europäischen Auswärtigen Dienst unterstützt, dem
Personal der Kommission, des Generalsekretariats des Rates und der nationalen
diplomatischen Dienste angehören und der durch Beschluss des Rates nach
Stellungnahme des Europäischen Parlaments und Zustimmung der Kommission
eingerichtet wird.
31
Hierzu sei bemerkt, dass die Regierungskonferenz dem Vorschlag des Konvents nicht gefolgt ist, wonach die
Regierung jedes Mitgliedstaates eine Liste von drei Namen vorlegen sollte, unter denen der Präsident den von
diesem Mitgliedstaat vorgeschlagenen Kommissar auswählen könnte. Im Übrigen kann man bedauern, dass die
Regierungskonferenz den Vorschlag der Kommission, wonach die Amtseinführung der Kommission durch eine
politisch sehr symbolträchtige Abstimmung des Europäischen Parlaments abgeschlossen werden soll, nicht
berücksichtigt hat und dem Verfahren eine weitere Phase hinzugefügt hat, weil es nun durch die vom
Europäischen Rat mit qualifizierter Mehrheit beschlossene Ernennung der Kommission abgeschlossen wird.
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(2)
Der Außenminister ist somit Mitglied der Kommission, doch er besitzt einen
Sonderstatus, der durch die Verfahren für seine Ernennung und seine etwaige
Entlassung bedingt ist: er wird vom Europäischen Rat mit qualifizierter Mehrheit im
Einvernehmen mit dem Präsidenten der Kommission ernannt; er kann vom
Europäischen Rat nach dem gleichen Verfahren entlassen werden und reicht seinen
Rücktritt ein, falls ihn der Präsident der Kommission dazu auffordert. Als Mitglied der
Kommission muss er sich ebenfalls dem Zustimmungsvotum des Europäischen
Parlaments stellen und muss mit der Kommission zurücktreten, falls das Parlament
einen Misstrauensantrag gegen diese annimmt.
(3)
Diese Bestimmungen entsprechen im Wesentlichen dem, was das Europäische
Parlament seit langem forderte: Der Außenminister kann in der Tat die Kohärenz und
die Effizienz des internationalen Handelns der Union stärken, die Entwicklung einer
echten gemeinsamen Außenpolitik begünstigen, und die Sichtbarkeit der Union auf
internationaler Ebene verbessern, indem er ihr ein „Gesicht“ verleiht. Die dreifache
Verantwortlichkeit des Ministers, nämlich gegenüber dem Europäischen Parlament,
dem Rat und dem Präsidenten der Kommission, ist positiv zu bewerten. Allerdings
bleiben potenzielle Konflikte zwischen dem Minister und dem Präsidenten der
Kommission oder dem Präsidenten des Europäischen Rates möglich, und sein
hybrider Status kann dazu führen, dass er in Loyalitätskonflikte zwischen dem Rat und
der Kommission verwickelt wird.
6.6
Der Gerichtshof der Europäischen Union
Die Verfassung verstärkt außerdem die Rolle der Rechtsprechung der Union, die als
„Gerichtshof der Europäischen Union“ bezeichnet wird und aus dem „Gerichtshof“,
dem „Gericht“ und etwaigen „Fachgerichten“ besteht, die durch ein Europäisches
Gesetz eingesetzt werden können.32 Zwar gibt es keine großen Veränderungen
bezüglich der Zusammensetzung und der Organisation des Gerichtshofs und des
Gerichts, doch ist in Bezug auf das Verfahren zur Ernennung der Richter und der
Generalanwälte die Einführung einer vorbereitenden Phase zu vermerken: Bevor die
von den Regierungen benannten Kandidaten von den Mitgliedstaaten ernannt werden,
werden sie von einem Ausschuss angehört, der eine Stellungnahme zu der Eignung
der Bewerber für die Ausübung ihrer Ämter abgeben soll.
Die Rechtsakte des Europäischen Rates und der Einrichtungen werden künftig vom
Gerichtshof auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft. Die Bedingungen für die Zulässigkeit
der Klagen von natürlichen und juristischen Personen gegen Rechtsakte werden
erleichtert. Die Rechtsakte im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen
und der polizeilichen Zusammenarbeit können in vollem Umfang gerichtlich überprüft
werden; dies gilt jedoch nicht für die Überprüfung der Gültigkeit oder
Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen der Polizei sowie für die Wahrnehmung der
Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten für die Aufrechterhaltung der öffentlichen
Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit. Die Rechtsakte im Bereich der
32
Dieses Gesetz wird vom Parlament und vom Rat nach dem normalen Gesetzgebungsverfahren entweder auf
Vorschlag der Kommission und nach Anhörung der Gerichtshofs oder auf Antrag des Gerichtshofs und nach
Anhörung der Kommission angenommen.
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Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik können zwar nicht Gegenstand einer
Klage sein, doch ist der Gerichtshof zuständig für Klagen betreffend die Überwachung
der Rechtmäßigkeit restriktiver Maßnahmen gegenüber natürlichen oder juristischen
Personen.
6.7
Sonstige Organe und beratende Organe
(1)
Die Bestimmungen über die Europäische Zentralbank (die zu einem Organ der
Union erhoben wird) und den Rechnungshof bleiben praktisch unverändert.
Allerdings sei vermerkt, dass die Mitglieder des Direktoriums der Bank
künftig vom Rat mit qualifizierter Mehrheit und nicht mehr einstimmig ernannt
werden.
(2)
In Bezug auf den Ausschuss der Regionen und den Wirtschafts- und
Sozialausschuss gibt es praktisch keine Änderungen. Allerdings sei vermerkt,
dass der Ausschuss der Regionen das Recht erhält, wegen Verletzung des
Subsidiaritätsprinzips gegen Rechtsakte, für deren Annahme die Verfassung
seine Konsultation vorsieht, Rechtsmittel einzulegen.
** *
Daraus lässt sich die Schlussfolgerung ziehen, dass die Verfassung trotz einiger
Aspekte, bei denen die Wirksamkeit der geplanten Änderungen nicht im Voraus
beurteilt werden kann, zu einer Verdeutlichung und einer Verstärkung der Tätigkeit
der Organe führt, wobei gleichzeitig die „Gemeinschaftsmethode“ und das
institutionelle Gleichgewicht gewahrt werden, was es der Union ermöglichen wird, die
neue Situation nach der Erweiterung zu meistern und sich auf internationaler Ebene zu
behaupten.
7.
Rechtsakte und Verfahren: ein kohärenteres, präziseres und verständlicheres System
7.1
Die Verfassung bietet beträchtliche Fortschritte im Bereich der Vereinfachung und der
Rationalisierung der Beschlussfassungsverfahren und der Rechtsinstrumente. Die
Verbesserungen bezüglich der Effizienz der Verfahren, ihrer demokratischen
Legitimation und ihrer Transparenz sind offensichtlich. Sogar die Änderungen in der
Terminologie sind wichtig, weil sie es dem Bürger ermöglichen, besser zu verstehen,
wer was in der Union entscheidet und auf welche Weise.
7.2
Die Typologie der Rechtsinstrumente wird vereinfacht und verdeutlicht: Die Zahl der
Rechtsinstrumente wird auf sechs begrenzt: das Gesetz, das Rahmengesetz, die
Verordnung, der Beschluss, die Empfehlung und die Stellungnahme. Dies sind
einfache, klare Begriffe, deren Zusatz „europäisch“ es dem Bürger ermöglicht zu
verstehen, worum es geht, denn sie entsprechen der in den meisten Mitgliedstaaten
verwendeten Terminologie (ein Gesetz ist ein vom Parlament ausgehender Rechtsakt,
eine Verordnung ist ein von der Exekutive ausgehender Rechtsakt), womit der
terminologischen Unsicherheit und Ungenauigkeit, die bisher herrschten, ein Ende
gesetzt wird.
7.3
Die Verfassung begründet auch eine deutliche Hierarchie der Normen. Das
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Übergewicht der legislativen Rechtsakte gegenüber den exekutiven Rechtsakten
kommt deutlich zum Ausdruck. Die Kommission wird eindeutig als europäische
Exekutive anerkannt, der es obliegt, die für die Ausführung der Rechtsakte auf
europäischer Ebene erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, während der Rat nur
ausnahmsweise exekutive Funktionen in den Fällen wahrnimmt, in denen es die
Verfassung ausdrücklich bestimmt oder wenn dies mit gebührender Begründung in
den Rechtsakten festgelegt wird.
7.4
Die Schaffung einer Kategorie von delegierten Verordnungen, die der Gesetzgeber
(Europäisches Parlament und Rat) der Kommission überträgt, kann zur gesteigerten
Effizienz des Handelns der Union beitragen, denn sie befreit den Gesetzgeber von
technischen Einzelheiten, die die Exekutive rascher und angemessener behandeln
kann; dazu gehören die unerlässlichen Garantien der Überprüfung durch die
Legislative (mittels eines Mechanismus mit dem Namen „call back“), wobei die volle
Parität zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat gewährleistet wird.33
7.5
Was die neuen Gesetzgebungsverfahren angeht, so betont die Verfassung eindeutig
das normale Gesetzgebungsverfahren (das dem derzeitigen Mitentscheidungsverfahren
entspricht): Es ist das ordentliche Gesetzgebungsverfahren, während die anderen
Verfahrensarten als Ausnahmen gelten, die in der Verfassung ausdrücklich vorgesehen
werden müssen. Dieses Verfahren besteht aus der Initiative der Kommission (mit
Ausnahme bestimmter Bereiche der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, in
denen sie die Initiative mit mindestens einem Viertel der Mitgliedstaaten teilt), und
der Mitentscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates (einige kleine
Änderungen an dem bisherigen Mitentscheidungsverfahren betonen gerade die völlige
Gleichstellung zwischen beiden Institutionen), wobei der Rat mit qualifizierter
Mehrheit beschließt.
7.6
Der Anwendungsbereich des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens wurde
beträchtlich ausgeweitet: Es gibt etwa 50 neue Rechtsgrundlagen (mit denen die
Gesamtzahl auf 86 erhöht wurde), darunter einige von enormer Bedeutung, wie
beispielsweise im Bereich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, der
Agrar- und der Fischereipolitik, des Europäischen Forschungsraums oder der
Definition der Durchführungsbefugnisse (bisher durch den Rahmenbeschluss über die
„Komitologie“ geregelt) oder die derzeitige „Haushaltsordnung“ (vgl. Anlage 3). In all
diesen Bereichen kann der Rat nicht mehr allein entscheiden, sondern nur im
Einvernehmen mit dem Parlament.
7.7
Die Fälle der besonderen Gesetzgebungsverfahren, in denen eine der Institutionen
unter der Beteiligung der anderen Institution – die von der Zustimmung bis zur bloßen
Stellungnahme reichen kann – einen Rechtsakt erlässt, sind leider noch allzu
zahlreich, und in bestimmten Fällen lässt sich die Wahl dieser Verfahrensart nur als
Ergebnis von Zugeständnissen begreifen, die bei den Verhandlungen der
Regierungskonferenz gemacht wurden. Es gibt drei Fälle von Gesetzen des
33
Jeder der beiden Teile der Legislativbehörde kann jederzeit auf die Delegierung zurückgreifen; im Übrigen
kann eine von der Kommission geplante delegierte Verordnung nur dann in Kraft treten, wenn innerhalb der in
dem Gesetz/Rahmengesetz zur Übertragung der Delegierung vorgesehenen Frist keine der beiden Institutionen
Einspruch einlegt.
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Europäischen Parlaments, die mit Zustimmung des Rates angenommen werden.34 Die
Fälle von Gesetzen des Rates belaufen sich ihrerseits auf 28.35 Das Gesetz mit dem
jährlichen Haushaltsplan ist Gegenstand eines besonderen Verfahrens mit einem
gemeinsamen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates (vgl. weiter
unten, Punkt 8).
7.8
Trotz dieser Ausnahmen bringt die Verfassung einen eindeutigen Fortschritt in Bezug
auf die Effizienz und die demokratische Legitimität der europäischen Gesetzgebung.
Parallel zu diesen Fortschritten gibt es ähnliche Fortschritte in Bezug auf die Annahme
der von der Union beschlossenen internationalen Übereinkünfte, die durch die
erweiterte Anwendung der qualifizierten Mehrheitsentscheidung im Rat und durch die
erforderliche Zustimmung des Europäischen Parlaments bedingt sind (beispielsweise
in Bezug auf die Übereinkünfte zur Durchführung der gemeinsamen Handelspolitik).
8.
Die Finanzen der Union
8.1
Eine der Fragen, die sowohl im Konvent als auch auf der Regierungskonferenz die
meisten Diskussionen ausgelöst hat, war die Reform des Finanzsystems der Union,
insbesondere des Haushaltsverfahrens. Hier geht es um die Institutionalisierung eines
Systems, das eine angemessene, transparente und demokratische Finanzierung der
Union erlaubt, und insbesondere um die Konsolidierung der Befugnis des
Europäischen Parlaments als Teil der Haushaltsbehörde, durch die es das letzte Wort
zum Gesamthaushaltsplan der Union erhält, einschließlich der bisher als
„obligatorisch“ eingestuften Ausgaben wie beispielsweise der Ausgaben für die
Gemeinsame Agrar- und Fischereipolitik. Das endgültige Ergebnis lässt sich
insgesamt als positiv bewerten, was jedoch durch die Regierungskonferenz, die sich
den Vorschlägen des Konvents nicht vollständig angeschlossen hat, etwas
beeinträchtigt wurde.
8.2
Der Konvent hatte ein einfaches und ausgewogenes „Drei-Stufen-Modell“
vorgeschlagen:
-
Der Rat beschließt weiterhin einstimmig (nach Zustimmung der Mitgliedstaaten
im Einklang mit ihren jeweiligen Verfassungsbestimmungen) über die
wesentlichen Bestandteile und die Obergrenze der Eigenmittel.36
-
Das Europäische Parlament und der Rat entscheiden gemeinsam über die
Finanzielle Vorausschau, die unter der Bezeichnung „mehrjähriger Finanzrahmen“
in der Verfassung verankert wird (der Rat beschließt mit qualifizierter Mehrheit ab
34
Das Gesetz über das Statut der europäischen Abgeordneten, das Gesetz über das Statut des europäischen
Bürgerbeauftragten und das Gesetz zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung des Untersuchungsrechts
(das auch die Zustimmung der Kommission erfordert) – vgl. Anlage 4.
35
In 22 dieser Fälle beschließt der Rat einstimmig (5 Fälle mit Zustimmung des Europäischen Parlaments,
17 Fälle mit bloßer Stellungnahme); in 6 Fällen beschließt er mit qualifizierter Mehrheit (ein Fall mit
Zustimmung des Europäischen Parlaments, 5 Fälle mit bloßer Stellungnahme) – vgl. Anlage 4.
36
Die Verfassung sieht ein Gesetz des Rates vor, zu dem das Parlament lediglich seine Stellungnahme abgibt.
Der Konvent schlug dem gegenüber vor, dass die Maßnahmen zur Durchführung des Systems der Eigenmittel
durch ein mit qualifizierter Mehrheit angenommenes Gesetz des Rates mit Zustimmung des Parlaments
angenommen werden sollten.
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dem ersten mehrjährigen Finanzrahmen nach Inkrafttreten der Verfassung).
-
Diese beiden Institutionen beschließen gemeinsam über den Haushaltsplan: Nach
einer ersten Lesung in jeder Institution, die zur Einberufung eines Vermittlungsausschusses führen könnte, hätte das Parlament bei fehlendem Einvernehmen das
letzte Wort, sofern es eine sehr starke Mehrheit zusammenbringt, während im
gegenteiligen Fall die Position des Rates maßgebend wäre.
8.3
Dies hätte bedeutet, dass die Mitgliedstaaten weiterhin die wesentliche Befugnis für
die Festlegung der Höhe und der Art der Einnahmen der Union behalten, dass sich die
beiden Teile der Haushaltsbehörde über die Programmierung der Ausgaben einigen
müssten und dass das Europäische Parlament bei fehlendem Einvernehmen über den
jährlichen Haushaltsplan das letzte Wort bezüglich der gesamten Ausgaben (die
Unterscheidung zwischen obligatorischen und nicht obligatorischen Ausgaben wird
abgeschafft) innerhalb der Obergrenzen des Finanzrahmens hätte. In der Praxis hätte
damit für beide Institutionen ein starker Anreiz zur Vermittlung bestanden.
8.4
Da mehrere Mitgliedstaaten dieses ausgewogene System in Frage stellten, wurden
während der gesamten Regierungskonferenz zahlreiche Vorschläge vorgelegt, die die
diesbezüglichen Befugnisse des Europäischen Parlaments schwerwiegend
beeinträchtigt und die Gefahr einer Untergrabung der finanziellen Demokratie in der
Union mit sich gebracht hätten. Dank der Bemühungen der Vertreter des Europäischen
Parlaments und der italienischen und der irischen Ratspräsidentschaft war es jedoch
möglich, einen Kompromiss zu finden, der trotz allem im Wesentlichen die
diesbezüglichen Rechte des Parlaments wahrte:
8.5
-
Die Vorschläge des Konvents wurden in Bezug auf die Eigenmittel aufrecht
erhalten.
-
Der Finanzrahmen muss nach wie vor von beiden Institutionen angenommen
werden, wobei jedoch der Rat einstimmig beschließt, bis der Europäische Rat
ebenfalls einstimmig entscheidet, dass der Rat mit qualifizierter Mehrheit
beschließen kann.
-
Der Jahreshaushaltsplan wird ebenfalls gemeinsam vom Europäischen Parlament
und vom Rat angenommen, wobei im Falle eines fehlenden Einvernehmens das
Verfahren mit der Vorlage eines neuen Haushaltsentwurfs durch die Kommission
wieder aufgenommen wird.
Mit dieser Lösung werden – wie bereits erwähnt – die wesentlichen
Haushaltsbefugnisse des Europäischen Parlaments gewahrt, dem durch die
Abschaffung der Unterscheidung zwischen obligatorischen und nicht obligatorischen
Ausgaben das letzte Wort über den Gesamthaushaltsplan zugestanden wird. Durch die
Beibehaltung der Einstimmigkeit bei der Annahme des mehrjährigen Finanzrahmens
werden die künftigen Verhandlungen in diesem Bereich jedoch erheblich kompliziert,
und der Anreiz zu einer den Haushaltsplan betreffenden Vermittlung zwischen den
Institutionen, der dem Vorschlag des Konvents zu Grunde lag, wird geschwächt.
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9.
Fortschritte bei den sektoriellen Politikbereichen
Teil III der Verfassung über "Die Politikbereiche und die Arbeitsweise der Union" besteht aus
322 Artikeln und stellt somit den größten Teil dieses Vertragswerks dar. Er besteht fast
vollständig aus Bestimmungen, die bereits in den bestehenden Verträgen enthalten sind und
sich auf die Definition und die Umsetzung der sektoriellen Politikbereiche beziehen,
insbesondere die rechtlichen Grundlagen für das Handeln der Union in jedem einzelnen
Bereich. Man sollte annehmen, dass viele dieser Bestimmungen vereinfacht oder an die seit
ihrer Entstehung erfolgten Veränderungen hätten angepasst werden können. Tatsache aber ist,
dass das Mandat, das der Europäische Rat dem Konvent übertragen hatte, diesen nicht zu
einer tiefgreifenden Überarbeitung dieser Bestimmungen befugt hat.
So sind denn die in Teil III eingefügten Änderungen im wesentlichen die Folge der in Teil I
des Verfassungsvertrags vorgenommenen Bestimmungen in Bezug auf die Streichung der
"Pfeiler", die Zuständigkeiten der Union, die Organe und Einrichtungen, die
Beschlussverfahren und die Rechtsinstrumente. Mit Ausnahme des Bereichs des Raumes der
Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (im großen und ganzen der ehemalige "Dritte Pfeiler")
und der Außenbeziehungen, insbesondere der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik,
wo die Änderungen am heikelsten sind, betreffen die Änderungen in den übrigen sektoriellen
Politikbereichen im wesentlichen die anzuwendenden Verfahren und die Aufteilung der
Rechtsgrundlagen zwischen Gesetzgebungsakten und Rechtsakten ohne Gesetzescharakter.
Doch allein schon dies kann ein Garant sein für mehr Effizienz, mehr demokratische
Legitimation und Transparenz bei den Handlungen der Union, wenn man sich die positiven
Aspekte der weiter oben untersuchten Änderungen vor Augen führt. Im übrigen sei auf die
Einführung eines Anfangskapitels hingewiesen, in dem die "Horizontalklauseln", die quer für
alle Politikbereiche gelten, zusammengefasst werden. Wir werden die wesentlichen Aspekte
dieser Änderungen der Reihe nach untersuchen, um zu sehen, inwieweit sie es der Union
erlauben, effizienter und demokratischer in den betreffenden Bereichen zu handeln.
9.1
Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts
1.
Bei den internen Politikbereichen werden mit der Verfassung die meisten Neuerungen
im Bereich des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts eingeführt, vor
allem dank der Abschaffung der Pfeilerstruktur sowie der Integration der justiziellen
Zusammenarbeit in Strafsachen und der polizeilichen Zusammenarbeit (die bislang
noch zum „Dritten Pfeiler“ gehörte) in die „Gemeinschaftslogik“, und zwar mit Hilfe
einer Verallgemeinerung des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens und der
Abstimmung mit qualifizierter Mehrheit37. Ein gewisser institutioneller
Partikularismus bleibt dabei allerdings erhalten: Festlegung der strategischen
Leitlinien der legislativen und operativen Planung durch den Europäischen Rat (durch
einen Konsens), ohne dass das Europäische Parlament beteiligt würde; Aufteilung der
Gesetzgebungsinitiative zwischen der Kommission und einem Viertel der
Mitgliedstaaten (und nicht mehr, wie bislang, einem einzigen Mitgliedstaat) im
Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen und der polizeilichen
Zusammenarbeit; Stärkung der Rolle der nationalen Parlamente vor allem in Bezug
37
Mit der Verfassung wird die besondere Lage des Vereinigten Königreiches, Irlands und Dänemarks in Bezug
auf den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, wie sie in mehreren bereits bestehenden Protokollen
festgelegt wurde, die ihrerseits an den neuen Verfassungstext angepasst wurden, nicht in Frage gestellt.
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auf die Kontrolle der Wahrung des Grundsatzes der Subsidiarität (statt eines Drittels
kann nunmehr ein Viertel der nationalen Parlamente den frühzeitigen Alarm
auslösen).
2.
Die Zielsetzungen der Politiken in diesem Bereich werden deutlicher gefasst und ihre
Definition wird vertieft. Das entsprechende Handeln der Union wird ausdrücklich den
Grundrechten unterstellt. Der Zugang zur Justiz wird als allgemeines Ziel verankert.
Die gegenseitige Anerkennung der unterschiedlichen Systeme und die Annäherung
der Gesetzgebungen werden als zwei gleichwertige Mittel zur Verwirklichung der
Politiken anerkannt.
Die Asyl- und Einwanderungspolitik, die Politik der Grenzkontrollen und die VisaPolitik werden als gemeinsame Politikbereiche der Union anerkannt, die von den
Grundsätzen der Solidarität und der ausgewogenen Aufteilung der Verantwortung
zwischen den Mitgliedstaaten geleitet werden.
Die Verfassung verankert auch bemerkenswerte Fortschritte im Bereich der
justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen und in Strafsachen sowie im Bereich der
polizeilichen Zusammenarbeit, vor allem dank der Anwendung des ordentlichen
Gesetzgebungsverfahrens.
3.
So wird die justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen auf alle Bereiche ausgedehnt,
die grenzüberschreitende Auswirkungen haben, und sie beruht auf der gegenseitigen
Anerkennung der gerichtlichen und außergerichtlichen Beschlüsse, wobei mit
Ausnahme des Familienrechts, wo die Einstimmigkeit die Regel ist (Gesetz des Rates
mit einfacher Stellungnahme des Europäischen Parlaments), das ordentliche
Gesetzgebungsverfahren für mögliche Maßnahmen der Annäherung der
Gesetzgebungen gilt. Allerdings kann der Rat selbst - einstimmig - beschließen, das
ordentlichen Gesetzgebungsverfahren auf bestimmte Aspekte des Familienrechts mit
grenzüberschreitenden Auswirkungen auszudehnen.
4.
Im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen besteht die große
Neuerung darin, dass das ordentliche Gesetzgebungsverfahren (qualifizierte Mehrheit)
für die Annäherung der Gesetzgebungen sowohl im Verfahrensbereich
(Minimalbestimmungen im Hinblick auf eine gegenseitige Anerkennung der Urteile
und der gerichtlichen Beschlüsse usw.) als auch im Bereich des materiellen Strafrechts
vorgesehen ist: Minimalbestimmungen für die Definition von in der Verfassung
angeführten Schwerverbrechen mit grenzüberschreitendem Ausmaß sowie für die
Festlegung von Strafmaßen. Die Verfassung sieht sogar vor, dass der Rat einstimmig
weitere Bereiche des Strafverfahrens sowie weitere Bereiche der Kriminalität
bestimmen kann, für die das ordentliche Gesetzgebungsverfahren gelten soll.
Trotz der Zusage, dass die europäische Gesetzgebung in diesem Bereich die
grundlegenden Aspekte der Rechtssysteme der Mitgliedstaaten beachten muss, hat
diese Entwicklung zu erheblichem Widerstand bei einigen Mitgliedstaaten geführt. So
hat denn die Regierungskonferenz, um die Möglichkeit einer Einigung zu erhalten,
einen besonderen Mechanismus als eine Art Notbremse vorgesehen, die es ermöglicht,
jenen Mitgliedstaaten, die in diesem Bereich Schwierigkeiten haben, alle geforderten
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Garantien zu geben, ohne dadurch jedoch die Möglichkeit einer weiteren Vertiefung
völlig zu blockieren. Wenn demnach ein Mitgliedstaat der Ansicht ist, dass ein
Gesetzesvorschlag „grundlegende Aspekte seines Rechtssystems“ verletzt, so kann er
die Befassung des Europäischen Rates beantragen. Der Europäische Rat verfügt über
eine viermonatige Frist, um die Frage an den Rat zurückzuverweisen, damit das
Verfahren fortgesetzt wird oder um zu beantragen, dass die Kommission bzw. die
Gruppe von Staaten, die am Ursprung der Initiative stehen, einen neuen
Gesetzesvorschlag unterbreitet. Fasst der Europäische Rat innerhalb dieser Frist
keinen entsprechenden Beschluss oder führt das auf seinen Antrag hin eingeleitete
neue Gesetzgebungsverfahren nicht innerhalb von 12 Monaten zu einem Ergebnis, so
wird in diesem Punkt automatisch eine verstärkte Zusammenarbeit eingeleitet, sofern
ein Drittel der Mitgliedstaaten dies wünscht.
5.
Das Europäische Parlament kann ferner begrüßen, dass die Regierungskonferenz den
Vorschlag des Konvents zur Schaffung einer Europäischen Staatsanwaltschaft
angenommen hat, die für die Bekämpfung von Straftaten zum Nachteil der
finanziellen Interessen der Union zuständig ist und die Urheber dieser Straftaten
verfolgen kann. Diese Annahme erfolgte trotz des heftigen Widerstands mehrerer
Delegationen. Allerdings sieht die Verfassung für die Verabschiedung des
Europäischen Gesetzes des Rates über ihre Einführung nach der Zustimmung des
Europäischen Parlaments die Einstimmigkeit vor. Eine Art „Überbrückungsklausel“
sieht jedoch die Möglichkeit vor, dass mit Hilfe eines vom Rat einstimmig zu
fassenden Europäischen Beschlusses nach Zustimmung des Europäischen Parlaments
die Zuständigkeiten der Europäischen Staatsanwaltschaft auf die Bekämpfung der
schweren Kriminalität mit grenzübergreifender Dimension ausgeweitet werden
können.
6.
Schließlich ist im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit auch die Einführung des
ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens vorgesehen, wenn auch für die operative
Zusammenarbeit und das Eingreifen der zuständigen Behörden eines Mitgliedstaates
im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates weiterhin die Einstimmigkeit die
Regel sein wird.
9.2.
Sonstige interne Politikbereiche
1.
Neben der Einführung verschiedener neuer Rechtsgrundlagen, die den "neuen" - oder
eher besser definierten - Zuständigkeiten in Teil I entsprechen, sind die durch die
Verfassung eingeführten Änderungen im Bereich der übrigen sektoriellen
Politikbereiche im wesentlichen die Folge der Konsolidierung der Mitentscheidung
(und demnach auch der Abstimmung mit qualifizierter Mehrheit) als dem ordentlichen
Gesetzgebungsverfahren und der "Aufteilung" zwischen Gesetzgebungsakten und
Rechtsakten ohne Gesetzescharakter, gemäß der neuen Definition.
2.
Zu den wichtigsten Änderungen gehören zweifellos die Änderungen in Bezug auf die
Landwirtschaftspolitik und die Fischereipolitik. Für die Verabschiedung von
Gesetzgebungsakten zur Festlegung der Bestimmungen über die gemeinsamen
Organisationen der landwirtschaftlichen Märkte sowie für die Verabschiedung aller
sonstigen Bestimmungen, die zur Verfolgung der Ziele der gemeinsamen
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Landwirtschafts- und Fischereipolitik erforderlich sind, wird künftig das ordentliche
Gesetzgebungsverfahren gelten (zur Zeit verfügt das Europäische Parlament lediglich
über das Recht der Konsultation). Dies bedeutet, dass die Ausgestaltung der Leitlinien
der gemeinsamen Landwirtschafts- und Fischereipolitik künftig auch vom
Europäischen Parlament mitbestimmt wird und nicht länger in der ausschließlichen
Zuständigkeit der Landwirtschaftsminister verbleibt. Die Festlegung der Preise,
Abschöpfungen, Beihilfen und mengenmäßigen Beschränkungen sowie die Aufteilung
der Fischereimöglichkeiten betrifft dagegen den Bereich der Rechtsakte ohne
Gesetzescharakter und ist somit Sache des Rates im Sinne von Europäischen
Verordnungen oder Europäischen Beschlüssen.
3.
Zu der Politik in den Bereichen Forschung und technologische Entwicklung gesellt
sich ein neuer Teilaspekt hinzu, nämlich die Raumfahrtpolitik. Das Forschungsrahmenprogramm, bei dem es sich künftig um ein Europäisches Gesetz handelt, wird
mit qualifizierter Mehrheit angenommen werden. Parallel dazu soll mit Hilfe von
Gesetzen, die nach dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen werden, ein
europäischer Forschungsraum geschaffen werden, in dem die Forscher, die
wissenschaftlichen Erkenntnisse und die Technologien sich frei bewegen können. Ein
europäisches Raumfahrtprogramm wird per Gesetz oder Rahmengesetz verabschiedet
werden können. Es sei daran erinnert, dass die Wahrung der legislativen Rechte des
Europäischen Parlaments in diesem Bereich während der Regierungskonferenz durch
gewisse Vorschläge ernsthaft in Gefahr gebracht worden war.
4.
Das neue Kapitel über Energie bezweckt neben anderen Zielsetzungen die
Sicherstellung des Funktionierens des Energiemarktes und die Gewährleistung der
Energieversorgungssicherheit sowie die Förderung der Energieeffizienz und die
Entwicklung erneuerbarer Energiequellen. Die Regierungskonferenz hat dem Handeln
der Union allerdings eine Grenze gesetzt, wonach das Recht eines Mitgliedstaates, die
Bedingungen für die Nutzung seiner Energiequellen, seine Wahl unter verschiedenen
Energiequellen und die allgemeine Struktur seiner Energieversorgung selbst
festzulegen, nicht beeinträchtigt werden kann. Im übrigen sind zwar das ordentliche
Gesetzgebungsverfahren und die Abstimmung mit qualifizierter Mehrheit in diesem
Bereich die Regel, doch hat die Regierungskonferenz vorgesehen, dass alle
Maßnahmen überwiegend steuerrechtlicher Art nach Anhörung des Parlaments durch
einstimmig vom Rat angenommenes Gesetz verabschiedet werden müssen.
5.
Im Bereich der Volksgesundheit ist die Regierungskonferenz etwas weiter gegangen
als der Konvent und hat von den von der Union durchgeführten
Unterstützungsaktionen die Überwachung, die Warnung vor und die Bekämpfung
schwerwiegender grenzüberschreitender Gesundheitsbedrohungen zu der Bekämpfung
der "grenzüberschreitenden schweren Krankheiten" hinzugefügt. Die Union muss
ferner u.a. Maßnahmen zur Festlegung hoher Qualitäts- und Sicherheitsstandards
medizinischer Erzeugnisse sowie Maßnahmen zum Schutz der Volksgesundheit in
Bezug auf Tabak und Alkohol verabschieden. Es sei darauf hingewiesen, dass die
Verfassung bestimmt, dass die Aktion der Union in diesem Bereich unter Wahrung
der Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten in Bezug auf die Festlegung ihrer
Gesundheitspolitik durchgeführt wird, wobei diese Zuständigkeiten auch die
Verwaltung der Gesundheitsdienste und der ärztlichen Versorgung sowie die
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Zuweisung der hierfür vorgesehenen Mittel umfassen.
6.
Man mag bedauern, dass der letztlich vereinbarte Text nicht substantiellere
Änderungen im Bereich der Sozialpolitik festschreibt, insbesondere in Bezug auf die
Ausweitung der qualifizierten Mehrheit (keine Änderung in Bezug auf den derzeitigen
Stand). Es wäre jedoch falsch, behaupten zu wollen, dass die Verfassung einen wie
auch immer gearteten Rückschritt im Sozialbereich darstelle. Vielmehr sind einige
Fortschritte zu verzeichnen:
- die Anerkennung der "Vollbeschäftigung" und des "sozialen Fortschritts" als feste
Ziele der Union gleich zu Anfang der Verfassung;
- die Einführung einer "Sozialklausel" horizontaler Art zu Beginn von Teil III,
wonach die Union bei der Festlegung und Umsetzung all ihrer Politikbereiche die
Forderungen im Zusammenhang mit der "Förderung eines hohen
Beschäftigungsniveaus" und der "Gewährleistung eines angemessenen
Sozialschutzes", der "Bekämpfung von sozialer Ausgrenzung" sowie mit einem
"hohen Niveau an Bildung, Weiterbildung und Schutz der menschlichen
Gesundheit" berücksichtigen muss;
- die Schaffung einer Rechtsgrundlage zur Anerkennung und Wahrung der Dienste
von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse;
- die ausdrückliche Anerkennung der Rolle der "Sozialpartner" auf der Ebene von
Teil I und insbesondere des sozialen Dreiergipfels für Wachstum und
Beschäftigung, der zum Sozialdialog beiträgt.
Im übrigen darf nicht vergessen werden, dass die Einbeziehung der Charta der
Grundrechte in die Verfassung die umfassende Anerkennung der darin
festgeschriebenen sozialen Rechte in der gemeinschaftlichen Rechtsordnung bedeutet.
7.
Schließlich sei darauf hingewiesen, dass das ordentliche Gesetzgebungsverfahren
Anwendung im Bereich von Maßnahmen der sozialen Sicherheit in Bezug auf den
Anspruch von Leistungen nichtselbständiger und selbständiger Wanderarbeitnehmern
finden wird. Dies wird mit einer weiteren "Notbremse" kombiniert werden: Falls ein
Mitgliedstaat zu der Auffassung gelangt, dass diese Maßnahmen grundlegende
Aspekte seines Sozialversicherungssystems, insbesondere dessen
Anwendungsbereich, Kosten oder Finanzstruktur oder dessen finanzielle
Ausgewogenheit beeinträchtigen könnten, kann er beantragen, dass der Europäische
Rat mit der Frage befasst wird (was zu einer Aussetzung des Gesetzgebungsverfahrens
führt). Der Europäische Rat muss innerhalb einer Frist von vier Monaten entweder die
Frage an den Rat zur Fortsetzung des Verfahrens weiterleiten oder die Kommission
auffordern, einen neuen Vorschlag vorzulegen (wobei die Verfassung sich zu den
Folgen eines möglichen Nichttätigwerdens des Rates ausschweigt).
8.
Ebenso ist festzustellen, dass die Verfassung auch im Bereich des Steuerwesens keine
Änderungen einführt, da die Einstimmigkeit in diesem Bereich die allgemeine Regel
bleibt. Selbst die vom Konvent vorgeschlagenen (recht beschränkten) Übergänge zum
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ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (und damit zur qualifizierten Mehrheit) im
Bereich von Maßnahmen der Verwaltungszusammenarbeit sowie der Bekämpfung
von Betrug und illegaler Steuerflucht (mit Hilfe einer einstimmigen Feststellung des
Rates, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen zu diesen Fragen gehören) wurden von
der Regierungskonferenz nicht übernommen.
9.
Ein weiterer Bereich, der im Zentrum der Diskussionen stand, bei dem die
Änderungen aber eher bescheiden ausgefallen sind, ist derjenige des
wirtschaftspolitischen Handelns. Allerdings ist hervorzuheben, dass die Koordination
der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitiken auf der Ebene der Zuständigkeiten der
Union bestätigt wurde (obwohl die Regierungskonferenz den Text des Konvents
dahingehend abgeändert hat, dass der Schwerpunkt auf den Umstand gelegt wird, dass
die Mitglieder ihre Politiken nach den innerhalb der Union festgelegten Modalitäten
koordinieren), und dass die Bestimmungen für die Mitgliedstaaten, deren Währung der
Euro ist, gestärkt wurden. So muss beispielsweise einem Beschluss des Rates in Bezug
auf die (von der Kommission vorgeschlagene) Übernahme des Euro durch neue
Mitgliedstaaten eine Empfehlung der qualifizierten Mehrheit jener Mitgliedstaaten,
die den Euro bereits als Währung übernommen haben, vorangehen.
Außerdem werden die Einzelheiten für das Funktionieren der Euro-Gruppe in einem
Protokoll im Anhang zum Vertrag geregelt. Die Regierungskonferenz hat auch eine
Erklärung über den Stabilitäts- und Wachstumspakt angenommen. Der Pakt war im
übrigen Ursache heftiger Diskussionen zwischen verschiedenen Delegationen, die zur
Annahme verschiedener Änderungen am Text des Konvents geführt haben, die im
wesentlichen durch eine Schwächung der vorgeschlagenen Rolle der Kommission
beim Verfahren für übermäßige Defizite zum Ausdruck kommen (die Empfehlungen
des Rates an den betreffenden Mitgliedstaat müssen demnach, wie bislang, auf der
Grundlage einer einfachen Empfehlung der Kommission ausgesprochen werden, und
nicht auf der Grundlage eines Vorschlags, wie der Konvent vorgeschlagen hatte).
9.3
Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik
1.
Der Bereich der Außenbeziehungen hat ebenfalls tiefgreifende Änderungen erfahren,
stärker allerdings in institutioneller Hinsicht als hinsichtlich der Beschlussverfahren.
In der Logik der Schaffung des Amtes eines Außenministers (s. oben Ziff. 6.5) mit
seinen institutionellen „zwei Hüten“, der für die Leitung der Gemeinsamen Außenund Sicherheitspolitik und für die Koordination sämtlicher Außenbeziehungen der
Union zuständig ist, hat die Verfassung alle Bereiche des auswärtigen Handelns der
Union in einem eigenen Titel (Teil III Titel V) vereint.
In Bezug auf die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, die grundsätzlich ein
Bereich der Regierungszusammenarbeit bleibt, in dem die Rolle des Europäischen
Rates von vorrangiger Bedeutung ist, bleibt die Einstimmigkeit auch weiterhin die
Regel, wobei die qualifizierte Mehrheit nur für die Ausführung der vom Europäischen
Rat gefassten Beschlüsse (oder der vom Minister auf Antrag des Europäischen Rates
vorgelegten Vorschläge) oder der vom Rat gefassten Beschlüsse Anwendung findet.
Eine "Notbremse" ist allerdings für den Fall vorgesehen, dass ein Staat sich der
Annahme eines Beschlusses mit qualifizierter Mehrheit aus "vitalen politischen
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Gründen" widersetzt. Weder die Vorschläge des Konvents (qualifizierte Mehrheit für
die vom Minister mit der Unterstützung der Kommission vorgelegten Vorschläge)
noch diejenigen des italienischen Ratsvorsitzes (qualifizierte Mehrheit für alle
Vorschläge des Ministers) vermochten den Widerstand verschiedener Mitgliedstaaten
zu überwinden. Das Europäische Parlament hat allgemein das Recht erhalten,
unterrichtet oder gar angehört zu werden. Die Zuständigkeit des Gerichtshofs im
Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik ist begrenzt, wobei die
Verfassung immerhin vorsieht, dass der Gerichtshof dafür zuständig ist, die
Rechtmäßigkeit von Europäischen Beschlüssen zu überprüfen, die zu restriktiven
Maßnahmen gegen Einzelpersonen führen.
2.
Die meisten Fortschritte gewährt die Verfassung im spezifischen Bereich der
Gemeinsamen Sicherheitspolitik, wobei die Regierungskonferenz wichtige
Fortschritte verankert hat, die sogar über das hinausgehen, was vom Konvent
vorgeschlagen worden war.
So wird beispielsweise die Perspektive einer Gemeinsamen Verteidigung, wenigstens
aber die Definition einer Gemeinsamen Verteidigungspolitik, deren Grundsätze bereits
im Vertrag von Maastricht angenommen worden waren38, durchaus realistischer.
Diese Gemeinsame Verteidigungspolitik verleiht der Union eine operative Fähigkeit,
die auf zivilen und militärischen Mitteln beruht. Die wichtigsten Neuerungen in dieser
Hinsicht betreffen:
- die Aktualisierung der Ziele der sogenannten "Petersberg-Missionen"39;
- die Schaffung eines Europäischen Amtes für Rüstung, Forschung und militärische
Fähigkeiten40;
- die Möglichkeit zur Schaffung - durch Beschluss des Rates mit qualifizierter
Mehrheit - einer dauerhaften strukturierten Zusammenarbeit im Bereich der
Verteidigung zwischen jenen Mitgliedstaaten, die über die militärischen
Fähigkeiten und den politischen Willen verfügen, sich daran zu beteiligen (in einem
als Anlage beigefügten Protokoll werden die Bedingungen zur Umsetzung dieser
strukturierten Zusammenarbeit dargelegt);
- die Festlegung einer Verpflichtung der Mitgliedstaaten zum gegenseitigen Beistand
und zur gegenseitigen Unterstützung mit allen Mitteln für den Fall, dass ein
38
Der Beschluss zum Aufbau einer Gemeinsamen Verteidigung zu gegebener Zeit wird vom Europäischen Rat
einstimmig gefasst und erfordert außerdem die Zustimmung aller Mitgliedstaaten nach ihren jeweiligen
verfassungsrechtlichen Verfahren.
39
Durch die Einbeziehung von Entwaffnungs-Missionen, militärischer Beratung, Stabilisierung am Ende von
Konflikten, Bekämpfung von Terrorismus auch im Hoheitsgebiet von Drittstaaten, und somit von Maßnahmen,
die zu den bereits vorgesehenen humanitären und Evakuierungsmissionen hinzukommen, sowie Maßnahmen der
Konfliktvorbeugung und Friedenssicherung und die bereits vorgesehenen Missionen der Streitkräfte, der
Krisenbewältigung und der Wiederherstellung des Friedens.
40
Zu den wichtigsten Aufgaben dieses Amtes gehört die Förderung der Rationalisierung der militärischen
Fähigkeiten der Mitgliedstaaten, die Koordinierung der Forschungstätigkeiten im Bereich der
Verteidigungstechnologie und die Verbesserung der Effizienz der Militärausgaben.
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Mitgliedstaat einem bewaffneten Angriff auf seinem Hoheitsgebiet ausgesetzt ist,
und zwar gemäß der Charta der Vereinten Nationen und unter Wahrung der
Verpflichtungen des Nordatlantikvertrages für die betroffenen Mitgliedstaaten. In
der Verfassung wird darauf hingewiesen, dass diese Verpflichtung den besonderen
Charakter der Sicherheits- und Verteidigungspolitik verschiedener Mitgliedstaaten
nicht berührt, was eine wichtige Garantie für jene Mitgliedstaaten bedeutet, die
traditionell "neutral" sind;
- die Möglichkeit für den Rat, einer Gruppe von Staaten die Durchführung einer
Mission zum Schutz der Werte der Union anzuvertrauen;
- die Schaffung eines aus Beiträgen der Mitgliedstaaten gebildeten Anschubfonds für
die militärischen Ausgaben, die nicht zu Lasten des Haushalts der Union gehen;
- die Festlegung eines Verfahrens für einen raschen Zugriff auf die Mittel im
Haushaltsplan der Union.
3.
Die Verfassung sieht ferner eine Solidaritätsklausel zwischen den Mitgliedstaaten vor,
derzufolge die anderen Mitgliedstaaten einen Mitgliedstaat, in dem ein Terroranschlag
verübt wurde oder sich eine Naturkatastrophe ereignet hat, auf dessen Ersuchen hin
unterstützen. Die Bedingungen zur Umsetzung dieser Solidaritätsklausel werden auf
gemeinsamen Vorschlag der Kommission und des Ministers durch Beschluss des
Rates festgelegt. Der Rat beschließt einstimmig darüber, inwieweit dieser Beschluss
verteidigungstechnische Auswirkungen hat. Das Parlament wird hierüber unterrichtet.
4.
Es handelt sich hier demnach um erhebliche Fortschritte, die weder die
Besonderheiten der Sicherheits- und Verteidigungspolitik einiger Mitgliedstaaten noch
die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten, die dem Nordatlantikvertrag angehören, in
Frage stellen. Ebenso wenig laufen sie Gefahr, die Union in einen aggressiven
Militärblock zu verwandeln, wie dies verschiedentlich befürchtet zu werden scheint.
Manche wären zweifellos gern weiter gegangen, vor allem in Bezug auf die
qualifizierte Mehrheit. In Anbetracht des überaus zwischenstaatlichen Charakters
dieses Bereichs und der politischen Gegebenheiten, in die die Regierungskonferenz
eingebettet ist, kann jedoch davon ausgegangen werden, dass das endgültige Ergebnis
eher positiv ausgefallen ist.
9.4
Weitere Bereiche der Außenbeziehungen
1.
Im Bereich der Außenbeziehungen sind des weiteren die positiven Änderungen im
Bereich der gemeinsamen Handelspolitik zu erwähnen. Ihr Anwendungsbereich ist in
Bezug auf den Handel mit Dienstleistungen und geistiges Eigentum ausgeweitet
worden. Die Rolle des Europäischen Parlaments wurde verstärkt. Die Festlegung der
Maßnahmen zur Umsetzung der gemeinsamen Handelspolitik wird überwiegend durch
das ordentliche Gesetzgebungsverfahren erfolgen; dem Parlament wird regelmäßig
über die Verhandlungen zu internationalen Abkommen Bericht erstattet; derartige
Abkommen können nur mit dem Einverständnis des Parlaments abgeschlossen
werden. Schließlich sei darauf hingewiesen, dass die sogenannte "kulturelle
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Ausnahme" durch die Verfassung bestätigt wird41
2.
In Bezug auf die humanitäre Hilfe wird das Europäische Parlament die Schaffung
einer besonderen Rechtsgrundlage begrüßen, die dem ordentlichen
Gesetzgebungsverfahren unterliegt und die die Schaffung eines Europäischen
Freiwilligenkorps für humanitäre Hilfe vorsieht.
10.
Wichtige Flexibilitätselemente
Zu den wesentlichen Punkten gehört auch die Frage, inwieweit der neue Verfassungsrahmen
hinreichend flexibel ist, um es der Union zu gestatten, sich an die Entwicklung der
Gegebenheiten anzupassen und sich neuen künftigen Herausforderungen zu stellen.
Eine Antwort auf diese Frage ist auf zwei unterschiedlichen Ebenen möglich: zum einen auf
der Ebene der Revision der Verfassung, zum anderen auf der Ebene der
Entwicklungsmöglichkeiten des Systems innerhalb des Verfassungsrahmens, ohne dass die
Verfassung überarbeitet werden muss.
1.
Auf der Ebene des Revisionsverfahrens schlägt der neue Vertrag eindeutige
Verbesserungen vor. Zunächst erhält das Europäische Parlament ein Initiativrecht in
Bezug auf eine Verfassungsrevision und wird damit mit den Mitgliedstaaten oder der
Kommission gleichgestellt. Eine Verbesserung ist ebenso aber auch die
Institutionalisierung des Konvents als Instanz zur Vorbereitung einer Revision. Es
handelt sich hierbei um die Anerkennung der absolut entscheidenden Rolle des
Konvents bei der Ausarbeitung der Verfassung und um die Anerkennung der Grenzen,
die dem Verfahren der Regierungszusammenarbeit innewohnen. Das Europäische
Parlament, das als erstes die Anwendung des Konvent-Verfahrens vorgeschlagen
hatte, kann diese Änderung nur begrüßen, die zur Transparenz und Demokratisierung
des Revisionsverfahrens beiträgt und dafür sorgen wird, dass dieses Verfahren
effizienter wird.
Überaus positiv ist ferner der Umstand, dass die Zustimmung des Europäischen
Parlaments erforderlich ist, damit der Rat beschließen kann, keinen Konvent
einzuberufen, falls der Umfang der vorgeschlagenen Änderungen dies nicht
rechtfertigt.
2.
Leider ist die Regierungskonferenz in Bezug auf die Vereinfachung des
Revisionsverfahrens nicht so weit gegangen, wie das Europäische Parlament dies
wünschte. Der Text des Artikels IV-444 sieht nämlich ein vereinfachtes Verfahren zur
Revision des Inhalts der Bestimmungen des Titels III des Teils III über interne
41
Die Verfassung bestimmt, dass der Rat einstimmig über die Aushandlung und den Abschluss von Abkommen
im Bereich des Handels mit kulturellen und audiovisuellen Dienstleistungen beschließen muss, wenn diese die
kulturelle und sprachliche Vielfalt in der Union beeinträchtigen können. Diese "Ausnahme" wurde von der
Regierungskonferenz auf den Handel mit sozialen, Bildungs- und Gesundheitsdienstleistungen "ausgeweitet",
wenn derartige Abkommen die Organisation dieser Dienstleistungen auf nationaler Ebene stören können und die
Zuständigkeit der Mitgliedstaaten in Bezug auf die Bereitstellung dieser Dienste beeinträchtigen können. Ferner
muss der Rat einstimmig über Abkommen im Bereich von Dienstleistungen im allgemeinen und über Aspekte
des geistigen Eigentums beschließen, wenn solche Abkommen Bestimmungen enthalten, bei denen für die
Verabschiedung der internen Bestimmungen Einstimmigkeit erforderlich ist.
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Maßnahmen und Politikbereiche der Union vor - unter der Bedingung, dass durch
diese Revision nicht die Zuständigkeiten der Union ausgeweitet werden, diese
Vereinfachung besteht aber lediglich darin, dem Europäischen Rat die Möglichkeit zu
geben, den Konvent außer acht zu lassen (ohne auf die Zustimmung des Europäischen
Parlaments angewiesen zu sein), und behält in jedem Falle das Erfordernis der
Einstimmigkeit und der Ratifizierung durch alle Mitgliedstaaten bei.
3.
So wird eine Revision der Verfassung auch weiterhin in jedem Falle die
Einstimmigkeit und die Ratifizierung durch alle Mitgliedstaaten erfordern. Andere
Vorschläge dagegen, die eine breite Unterstützung beim Europäischen Parlament und
den nationalen Parlamenten fanden, hätten es ermöglicht, diese Forderung in Bezug
auf die Überarbeitung der Bestimmungen von Teil III (es handelt sich hierbei um recht
detaillierte Bestimmungen, deren Verfassungscharakter vielfach fraglich erscheint)
unter Wahrung des wesentlichen Grundsatzes, dass jede zusätzliche Ausweitung der
Zuständigkeiten der Union die Einstimmigkeit der Mitgliedstaaten erfordert, etwas
flexibler zu gestalten.
4.
Andererseits muss das Europäische Parlament die Beibehaltung der vom Konvent
vorgeschlagenen „Überbrückungsklauseln“ für den Übergang von der Einstimmigkeit
zur qualifizierten Mehrheit des Rates oder vom besonderen zum ordentlichen
Gesetzgebungsverfahren begrüßen. Der Umstand, dass ein solcher Beschluss vom
Europäischen Rat nur einstimmig mit Zustimmung des Europäischen Parlaments und
nur dann gefasst werden kann, wenn sich innerhalb einer Frist von sechs Monaten kein
nationales Parlament diesem Beschluss widersetzt, stellt hinsichtlich der Wahrung der
Rechte der einzelnen Mitgliedstaaten und hinsichtlich der Transparenz und
demokratischen Legitimation des Beschlusses eine ausreichende Garantie dar.
5.
Ein weiterer positiver Aspekt des neuen Verfassungstextes betrifft die Verbesserungen
im Bereich der verstärkten Zusammenarbeit, deren Bedeutung angesichts des
erheblichen Anstiegs der Anzahl von Mitgliedstaaten künftig wohl zunehmen wird.
Die Verfassung bewahrt die Voraussetzungen zur Gewährleistung des Zusammenhalts
der Union als Ganzes und seiner institutionellen Einheit, erweitert aber gleichzeitig
den Anwendungsbereich der verstärkten Zusammenarbeit (diese Formen der
verstärkten Zusammenarbeit können auf alle Bereiche Anwendung finden, die nicht in
die ausschließliche Zuständigkeit der Union fallen, wogegen der Verteidigungsbereich
derzeit ausgeschlossen bleibt) und erleichtert deren Einführung. Sie muss mindestens
ein Drittel der Mitgliedstaaten betreffen und der Rat fasst einen Beschluss mit
qualifizierter Mehrheit, außer im Bereich der Gemeinsamen Außen- und
Sicherheitspolitik, wo auch weiterhin die Einstimmigkeit gilt. Das Erfordernis der
Zustimmung des Europäischen Parlaments (außer im Bereich der Gemeinsamen
Außen- und Sicherheitspolitik) stärkt ebenfalls die demokratische Legitimation des
Beschlusses zur Aufnahme einer verstärkten Zusammenarbeit.
6.
Positiv ist schließlich auch der Umstand, dass die Regierungskonferenz es
fertiggebracht hat, eine Art Übergangsbestimmung hin zur qualifizierten Mehrheit
oder zum ordentlichen Gesetzgebungsverfahren innerhalb der verstärkten
Zusammenarbeit beizubehalten, wie dies vom Konvent vorgeschlagen worden war.
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7.
Freiwilliger Austritt aus der Union: Mit Artikel I-60 führt die Verfassung erstmals
einen Mechanismus für einen "freiwilligen Austritt aus der Union" in die
grundlegenden Verträge der Europäischen Gemeinschaften und der späteren Union
ein, die ihrerseits - mit Ausnahme des ersten Vertrags zur Gründung der Europäischen
Gemeinschaft für Kohle und Stahl - ausdrücklich auf unbegrenzte Zeit angelegt waren
und kein Verfahren für einen gemeinsamen Austritt oder für den Austritt eines
einzelnen Mitgliedstaates vorsahen. Zwar sah das internationale Vertragsrecht in
Ermangelung einer entsprechenden besonderen Bestimmung eine solche Möglichkeit
für alle Fälle vor, doch ist die nunmehr ausdrückliche Aufnahme in den
Verfassungstext selbst neben der Tatsache, dass darin die genauen Einzelheiten zur
Erledigung einer solchen Möglichkeit festgelegt sind, auch ein deutliches und starkes
Signal dafür, dass kein Mitgliedstaat verpflichtet ist, sich weiterhin an dem
gemeinsamen Abenteuer zu beteiligen, wenn sein Volk dies nicht mehr wünscht.
Gemeinsam mit den Bestimmungen über die verstärkte und strukturierte
Zusammenarbeit zeigt dies, dass der Beitritt zur Union und die Mitwirkung an der
Entwicklung seiner Politiken eine auf freier Entscheidung und auf echtem politischem
Engagement beruhende Handlung darstellt.
11.
Verfahren des Inkrafttretens der Verfassung
11.1. Zunächst sei daran erinnert, dass die Regierungskonferenz auf der Grundlage von
Artikel 48 des Vertrags über die Europäische Union einberufen worden war,
demzufolge Änderungen, die von der Regierungskonferenz an den bestehenden
Verträgen vorgeschlagen werden (einschließlich gegebenenfalls deren Abschaffung,
was in Artikel IV-437 des Verfassungsentwurfs vorgesehen ist) unabhängig von ihrem
Umfang erst in Kraft treten, nachdem sie von allen Mitgliedstaaten gemäß ihren
verfassungsrechtlichen Vorschriften ratifiziert worden sind.
11.2. Somit kann das, was die Verfassung in Artikel IV-447 vorsieht, nur für die Zukunft
gelten. Dieser Artikel sieht vor, dass, falls nach Ablauf von zwei Jahren nach der
Unterzeichnung des Vertrags zur Änderung des Vertrags über die Verfassung ein
Fünftel der Mitgliedstaaten dieses Verfahren noch nicht abgeschlossen hat oder
Schwierigkeiten bei dessen Ablauf eingetreten sind (was die mögliche Ablehnung
durch einen oder mehrere von ihnen beinhaltet), der Europäische Rat sich mit der
Frage befasst.
11.3. Hinsichtlich der Ratifizierung dieses ursprünglichen Vertrags hat die
Regierungskonferenz eine politische Erklärung (Nr. 30) verabschiedet, die in seine
Schlussakte eingefügt werden soll und im wesentlichen die Bestimmungen des
genannten Artikels IV-447 übernimmt.
11.4
Selbstverständlich hat sich der Europäische Rat in der Vergangenheit mit der Frage
befasst, wenn Verfahren zur Ratifizierung früherer Verträge in einzelnen
Mitgliedstaaten auf Probleme gestoßen sind. Durch die Aufnahme einer solchen
Bestimmung - womit den Vorschlägen des Konvents entsprochen wurde - wollte die
Regierungskonferenz jedoch ein politisches Signal dahingehend geben, dass es nur
schwer hinnehmbar ist, dass eine kleine Minderheit von Mitgliedstaaten die übrigen
daran hindern soll, voranzuschreiten; dies gilt im übrigen auch unter Berücksichtigung
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der übrigen Modalitäten der Verfassung, die insbesondere die Möglichkeit eines
freiwilligen Austritts aus der Union vorsehen und die Möglichkeit einer Inanspruchnahme der verstärkten oder strukturierten Zusammenarbeit vorsieht, an der nicht alle
Mitgliedstaaten teilnehmen müssen. Ein solcher Sachstand dürfte zu Verhandlungen
führen, um eine Lösung zu finden, die es erlaubt, nicht nur die Lage des Mitgliedstaats
zu berücksichtigen, der sich außerstande sieht, die Verfassung zu ratifizieren, sondern
auch und vor allem die Lage der Mitgliedstaaten, die die Verfassung annehmen.
III.
Gesamtbewertung - Empfehlung zur Zustimmung zu der Verfassung
1.
In Anbetracht der vorgelegten Analyse kann das Gesamturteil des Europäischen
Parlaments zu den Ergebnissen der im Juni 2004 abgeschlossenen Regierungskonferenz nur
eindeutig positiv sein, da diese Ergebnisse ein ehrgeiziges Niveau belegen, dessen Erreichung
in dem geopolitischen Rahmen, in dem sich der ganze Vorgang seit der Erklärung von Laeken
seit Dezember 2001 über die Zukunft der Union abgespielt hat,42 vielfach angezweifelt
worden war.
2.
Der Verfassungsvertrag ist vom Konvent unter bislang einmaligen Bedingungen der
Beteiligung und der Transparenz verfasst worden. Anschließend haben die Staats- und
Regierungschefs den Text gebilligt, der allen Mitgliedstaaten zur Ratifizierung unterbreitet
werden wird. Das Dokument, das daraus hervorgeht, ist das Ergebnis eines Kompromisses, an
dem unterschiedliche Akteure beteiligt waren: die Regierungen und die nationalen Parlamente
als Träger der nationalen Legitimität, das Europäische Parlament und die Kommission im
Namen der europäischen Organe, die Bürger entweder individuell oder über Organisationen
der Zivilgesellschaft. Kompromiss bedeutet hierbei jedoch nicht Minimalvereinbarung, ganz
im Gegenteil. Trotz der erwähnten Mängel sind diese Bestimmungen Ausdruck eines
ehrgeizigen Anspruchs, was in Anbetracht des politischen Kontextes, in dem sich die
Arbeiten ab dem Zeitpunkt ihrer Aufnahme im Zuge der Erklärung von Laeken vom
Dezember 2001 abspielten, zunächst als utopisch erschien.
Die Konsolidierung der konstitutionellen Grundlagen der Union und ihres institutionellen
Gefüges und die Rationalisierung und Vereinfachung ihrer Instrumente können nach zwei
Jahrzehnten der ständigen Reformen endlich als dauerhaft angesehen werden.
Die Stabilität und Sicherheit, die jeden Verfassungstext kennzeichnen, werden durch die
Bestimmungen ergänzt, die die Entwicklung des Entscheidungsprozesses organisieren und
den Rückgriff auf die verstärkte und/oder strukturierte Zusammenarbeit ermöglichen und
damit die nötige Flexibilität gewährleisten, um eine Anpassung des Funktionierens der Union
an die Herausforderungen, denen sie sich in Zukunft wird stellen müssen, zu ermöglichen.
Vor allem aber muss darauf hingewiesen werden, dass die Verfassung mehr Demokratie in
der Europäischen Union einführt, dass sie eine größere Effizienz bei der Beschlussfassung
begünstigt, dass sie eine deutlichere Klärung als Garant eines besseren Verständnisses dafür
gewährleistet, wer in der Union wofür zuständig ist und welches Ausmaß an Verantwortung
bei der Union und bei den Mitgliedstaaten liegt. Bei der Pressekonferenz im Anschluss an den
Konvent hat dessen Vorsitzender Giscard d'Estaing festgestellt, dass das Europäische
42
Schlussfolgerungen des Vorsitzes, Europäischer Rat von Laeken vom 14. und 15. Dezember.2001 (Dokument.
des Rates: SN 300/1/01/REV1)
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Parlament der große Gewinner des Konvents sei. Die Berichterstatter sind der Auffassung,
dass die wirklichen Sieger die Bürger sind, weil diese Verfassung den größten Fortschritt seit
den Verträgen von Rom 1957 beinhaltet, weil sie unsere Werte und unsere Grundsätze in
einem auf ein Leben in Gemeinschaft ausgerichteten Projekt konsolidiert und weil sie die
beste Antwort zur Bewältigung der anstehenden Herausforderungen darstellt.
3.
Das Europäische Parlament muss daher eine Vorreiterrolle bei der Förderung und
beim Schutz der Verfassung wahrnehmen und dazu beitragen, den erforderlichen politischen
Willen für ihre umfassende Umsetzung zu wecken und wachzuhalten. Diese Aufgabe muss
bereits durch eine aktive Teilnahme an den Debatten, die den Ratifizierungsprozess begleiten
werden, zum Ausdruck kommen können.
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ANLAGE 1: Die Zuständigkeiten der Union43
Art der
Zuständigkeit
Definition
ausschließlich
geteilt
ergänzend
(erschöpfende Liste)44
(nicht erschöpfende
Liste)45
(erschöpfende Liste)
Nur die Union kann
rechtsverbindliche Akte
verabschieden; die
Mitgliedstaaten können nur
eingreifen, wenn sie von
der Union dazu ermächtigt
werden, oder um die
Rechtsakte der Union
umzusetzen
Die Union und die
Mitgliedstaaten haben die
Möglichkeit,
rechtsverbindliche Akte zu
verabschieden, wobei die
Mitgliedstaaten in dem
Maße tätig werden können,
wie die Union nicht tätig
geworden ist.
Zollunion
Binnenmarkt
Sozialpolitik
Wirtschaftlicher, sozialer und
territorialer Zusammenhalt
Landwirtschaft und Fischerei
(mit Ausnahme des Erhalts der
biologischen
Meeresressourcen)
Umwelt
Verbraucherschutz
Verkehr
Transeuropäische Netze
Energie
Raum der Freiheit, der
Sicherheit und des Rechts
Gemeinsame
Sicherheitsfragen im Bereich
der Volksgesundheit
Forschung und technologische
Entwicklung
Raumpolitik
Entwicklungszusammenarbeit
Erstellung der für das
Funktionieren des
Binnenmarkts
erforderlichen
Wettbewerbsbestimmungen
Bereiche
Währungspolitik für jene
Mitgliedstaaten, deren
Währung der Euro ist
Erhalt der biologischen
Meeresressourcen im
Rahmen der
Fischereipolitik
Gemeinsame
Handelspolitik
Die Union kann nur tätig
werden, um das Handeln der
Mitgliedstaaten zu
unterstützen (vor allem mit
Hilfe finanzieller
Interventionen); sie kann
Gesetze erlassen, jedoch
nicht die nationalen Rechtsund Verwaltungsvorschriften
angleichen.
Schutz und Verbesserung der
menschlichen Gesundheit
Industrie
Kultur
Fremdenverkehr
Bildung
Jugend
Sport
Berufliche Weiterbildung
Katastrophenschutz
Verwaltungszusammenarbeit
43
Die Verfassung erwähnt auch die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und die Koordination der
Wirtschaftspolitiken und der Beschäftigungspolitik, die aufgrund ihres besonderen Charakters keinen Eingang in
die drei Kategorien dieser Tabelle finden. Die in jeder Spalte unterstrichenen Zuständigkeitsbereiche entsprechen
Bereichen, für die in den Verträgen zur Zeit keine besonderen Bestimmungen vorgesehen sind, in denen die
Union aber schon tätig geworden ist, und zwar in erster Linie unter Rückgriff auf die Bestimmungen zum
Binnenmarkt oder Artikel 308 EGV.
44
Außer diesen Zuständigkeiten verfügt die Union auch über eine ausschließliche Zuständigkeit in Bezug auf
den Abschluss internationaler Abkommen, wenn dieser Abschluss in einem Rechtsakt der Union vorgesehen ist,
wenn er erforderlich ist, um ihr die Ausübung ihrer internen Zuständigkeit zu ermöglichen oder wenn dieser
Abschluss die gemeinsamen Bestimmungen beeinflussen oder deren Tragweite verändern kann.
45
Trotz der Tatsache, dass die Verfassung Politikbereiche behandelt, die in dieser Spalte in Schrägschrift in
Artikel I-14 über geteilte Zuständigkeiten angegeben sind, handelt es sich hierbei um Bereiche, in denen das
Handeln der Union nicht dazu führt, dass die Wahrnehmung nationaler Zuständigkeiten verhindert wird.
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ANLAGE 2: Liste der neuen Fälle von Abstimmung mit qualifizierter Mehrheit
I - Bestehende Rechtsgrundlagen, die auf die qualifizierte Mehrheit übergehen
(in Klammern und Schrägschrift das derzeitige Verfahren)
1.
Artikel I-24 Absatz 7: Reihenfolge des Vorsitzes im Rat – Beschluss des Europäischen
Rates ohne Vorschlag der Kommission (Artikel 203 EGV – Rat beschließt einstimmig)
2.
Artikel I-37 Absatz 3: Einzelheiten der Kontrolle der Wahrnehmung der
Durchführungsbefugnisse durch die Kommission (derzeitiger Komitologiebeschluss) –
ordentliches Gesetzgebungsverfahren (Artikel 202 EGV – einstimmiger Beschluss des
Rates nach Stellungnahme des EP)
3.
Artikel III-136: Freizügigkeit der Arbeitnehmer, Sozialleistungen – ordentliches
Gesetzgebungsverfahren46 (Artikel 42 EGV: Mitentscheidung – Rat beschließt
einstimmig)
4.
Artikel III-141: Niederlassungsfreiheit, Zugang zur Ausübung selbständiger Tätigkeiten –
ordentliches Gesetzgebungsverfahren, wenn die Ausführung der im Rahmen dieses
Verfahrens verabschiedeten Richtlinien eine Änderung der Rechtsgrundsätze in einem
Mitgliedstaat bedingt (Artikel 47 Absatz 2 EGV – Mitentscheidung – Rat beschließt
einstimmig)
5.
Artikel III-187 Absatz 3: Änderung verschiedener Bestimmungen der Satzung des ESZB
– ordentliches Gesetzgebungsverfahren (Vorschlag der Kommission mit Anhörung der
EZB oder Empfehlung der EZB mit Anhörung der Kommission) (Artikel 107 Absatz 5
EGV – im Falle eines Vorschlags der Kommission beschließt der Rat einstimmig nach
Anhörung der EZB; in allen Fällen muss das EP seine Zustimmung geben; im Falle einer
Empfehlung der EZB beschließt der Rat mit qualifizierter Mehrheit nach Anhörung der
Kommission)
6.
Artikel III-236 Absatz 2: Gemeinsame Verkehrspolitik (einschließlich in den in Absatz 3
genannten Fällen) – ordentliches Gesetzgebungsverfahren (Artikel 71 Absatz 2 EGV – der
Rat beschließt einstimmig nach Anhörung des EP nur im Falle der in diesem Absatz 2
aufgeführten Ausnahmen)
7.
Artikel III-263: Verwaltungszusammenarbeit im Raum der Freiheit, der Sicherheit und
des Rechts – Verordnung des Rates, Anhörung des EP (Artikel 66 EGV und 34 Absatz 1
EUV: Verfahren gemäß Artikel 67 Absätze 1 und 2 EGV: Einstimmigkeit im Rat nach
Dieses Verfahren ist mit einem „Notbrems“-Mechanismus ausgestattet: Ist ein Mitgliedstaat der Auffassung,
dass die betreffenden Maßnahmen „wesentliche Aspekte wie den Geltungsbereich, die Kosten oder die
Finanzstruktur seines Systems der sozialen Sicherheit verletzen oder dessen finanzielles Gleichgewicht
beeinträchtigen“ würden, so kann er beantragen, dass der Europäische Rat mit dieser Frage befasst wird (was zu
einer Aussetzung des Legislativverfahrens führt). Der Europäische Rat muss innerhalb einer Frist von vier
Monaten entweder die Frage an den Rat zurücküberweisen, damit das Verfahren fortgesetzt wird, oder die
Kommission um Vorlage eines neuen Vorschlags ersuchen (zu den Folgen eines möglichen Nichttätigwerdens
des Rates äußert sich die Verfassung nicht).
46
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Anhörung des EP – der Rat kann einstimmig nach Anhörung des EP beschließen, zur
qualifizierten Mehrheit überzugehen)
8.
Artikel III-265: Grenzkontrollen – ordentliches Gesetzgebungsverfahren (Artikel 62
EGV: Verfahren gemäß Artikel 67 EGV: Einstimmigkeit im Rat nach Anhörung des EP;
der Rat kann nach Anhörung des EP einstimmig beschließen, zur qualifizierten Mehrheit
überzugehen)
9.
Artikel III-266: Asyl und Schutz für Flüchtlinge und Vertriebene – ordentliches
Gesetzgebungsverfahren (Artikel 63 Absätze 1 und 2 EGV: Verfahren gemäß Artikel 67
Absatz 5 EGV: Einstimmigkeit und Anhörung des EP für bestimmte Aspekte; der Rat
kann einstimmig beschließen, nach Anhörung des EP zur qualifizierten Mehrheit
überzugehen)
10. Artikel III-267: Einwanderung – ordentliches Gesetzgebungsverfahren (Artikel 63
Absätze 3 und 4 EGV: Verfahren gemäß Artikel 67 EGV: Einstimmigkeit im Rat und
Anhörung des EP; der Rat kann einstimmig beschließen, nach Anhörung des EP zur
qualifizierten Mehrheit überzugehen)
11. Artikel III-270 Absätze 1 und 2: Justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen – ordentliches
Gesetzgebungsverfahren47 (Artikel 31 Absatz 1 Buchstaben a), b), c), d) EUV –
Einstimmigkeit im Rat und einfache Stellungnahme des EP)
12. Artikel III-271 Absätze 1 und 2: Angleichung der strafrechtlichen Rechtsvorschriften zur
Festlegung von Straftaten und Strafen48 (Artikel 31 Absatz 1 Buchstabe e) EUV –
Einstimmigkeit im Rat und einfache Stellungnahme des EP)
13. Artikel III-273: Eurojust – ordentliches Gesetzgebungsverfahren (Artikel 31 Absatz 2
EUV – Einstimmigkeit im Rat und einfache Stellungnahme des EP)
14. Artikel III-275 Absatz 2: nicht operative polizeiliche Zusammenarbeit – ordentliches
Gesetzgebungsverfahren (Artikel 30 Absatz 1 EUV – Einstimmigkeit im Rat und einfache
Stellungnahme des EP)
15. Artikel III-276: Europol – ordentliches Gesetzgebungsverfahren (Artikel 30 Absatz 2
EUV – Einstimmigkeit im Rat und einfache Stellungnahme des EP)
16. Artikel III-280 Absatz 5: Maßnahmen im Kulturbereich – ordentliches
Gesetzgebungsverfahren (Empfehlungen des Rates ebenfalls mit qualifizierter Mehrheit)
Dieses Verfahren ist mit einem „Notbrems“-Mechanismus ausgestattet: Ist ein Mitgliedstaat der Auffassung,
dass ein Legislativvorschlag in diesem Bereich grundlegende Aspekte seiner Strafrechtsordnung berühren
würde, so kann er beantragen, dass die Frage an den Europäischen Rat zurücküberwiesen und das Verfahren
ausgesetzt wird. Der Europäische Rat muss innerhalb einer Frist von vier Monaten die Frage an den Rat
zurücküberweisen, damit das Verfahren fortgesetzt wird, oder die Kommission bzw. die Gruppe von
Mitgliedstaaten, die die Initiative ergriffen hat, um Vorlage eines neuen Legislativvorschlags ersuchen. Falls der
Europäische Rat binnen vier Monaten den entsprechenden Beschluss nicht fasst oder das auf seinen Antrag hin
eingeleitete neue Legislativverfahren innerhalb einer Frist von zwölf Monaten nicht abgeschlossen ist, so wird
automatisch eine Verstärkte Zusammenarbeit in diesem Bereich begründet, sofern ein Drittel der Mitgliedstaaten
dies wünscht.
48
Ibidem.
47
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(Artikel 151 Absatz 5 EGV – Mitentscheidung mit Einstimmigkeit im Rat; Empfehlungen:
Rat einstimmig auf Vorschlag der Kommission)
17. Artikel III-382 Absatz 2: Ernennung der Mitglieder des Direktoriums der EZB –
Beschluss des Europäischen Rates auf Empfehlung des Rates nach Anhörung des EP und
des Rates der Europäischen Zentralbank (Artikel 112 EGV – einvernehmlicher Beschluss
der Staats- und Regierungschefs, ansonsten identisch)
II - Neue Rechtsgrundlagen mit qualifizierter Mehrheit
1.
Artikel I-9 (zusammen mit Artikel III-325 Absätze 6 und 8): Beitritt zur Europäischen
Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten – Beschluss des Rates
auf Vorschlag des Verhandlungsführers über den Abschluss der Übereinkunft
(grundsätzlich die Kommission) nach Zustimmung des EP
2.
Artikel I-24 Absatz 4: Liste der Zusammensetzungen des Rates – Beschluss des
Europäischen Rates (ohne Vorschlag der Kommission)
3.
Artikel I-32 Absatz 5: Überprüfung der Bestimmungen über die Art und
Zusammensetzung des Ausschusses der Regionen und des WSA – Beschluss des Rates
4.
Artikel I-47 Absatz 4: Bürgerinitiative im Hinblick auf den Vorschlag eines europäischen
Gesetzes – ordentliches Gesetzgebungsverfahren
5.
Artikel I-54 Absatz 4: Durchführungsmaßnahmen zu dem System der Eigenmittel –
Gesetz des Rates, Zustimmung des EP
6.
Artikel I-60 Absatz 2: Austritt eines Mitgliedstaates aus der Union – Beschluss des Rates
auf Vorschlag des Verhandlungsführers des Übereinkommens (grundsätzlich die
Kommission) nach Zustimmung des EP
7.
Artikel III-122: Grundsätze und Bedingungen für das Funktionieren der Dienste von
allgemeinem wirtschaftlichem Interesse – ordentliches Gesetzgebungsverfahren
8.
Artikel III-127: Maßnahmen zur Erleichterung des diplomatischen und konsularischen
Schutzes – Gesetz des Rates, Anhörung des EP
9.
Artikel III-176 Absatz 1: geistiges Eigentum – ordentliches Gesetzgebungsverfahren
10. Artikel III-196 Absätze 1 und 2: Mitgliedstaaten des Eurogebietes, Gemeinsamer
Standpunkt und einheitliche Vertretung auf internationaler Ebene – Beschluss des Rates,
Anhörung der EZB
11. Artikel III-254: Raumfahrtpolitik – ordentliches Gesetzgebungsverfahren
12. Artikel III-256 Absatz 2: Energie – ordentliches Gesetzgebungsverfahren49
49
Es sei darauf hingewiesen, dass die Union schon jetzt Maßnahmen im Energiebereich ergreift, sei es auf der
Grundlage der Bestimmungen, die bereits eine Abstimmung mit qualifizierter Mehrheit vorsehen, sei es auf der
Grundlage von Artikel 308 EGV.
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13. Artikel III-272: Fördermaßnahmen im Bereich der Kriminalprävention – ordentliches
Gesetzgebungsverfahren
14. Artikel III-278 Absatz 4 Buchstaben c) und d): Maßnahmen zur Bewältigung der
gemeinsamen Sicherheitsbedenken im Bereich der Volksgesundheit50
15. Artikel III-278 Absatz 5: Fördermaßnahmen zum Schutz der menschlichen Gesundheit,
insbesondere zur Bekämpfung weit verbreiteter schwerer grenzüberschreitender
Krankheiten sowie Maßnahmen zur Bekämpfung von Tabakkonsum und
Alkoholmissbrauch51
16. Artikel III-281: Tourismus – ordentliches Gesetzgebungsverfahren
17. Artikel III-282: Sport – ordentliches Gesetzgebungsverfahren
18. Artikel III-284: Katastrophenschutz52
19. Artikel III-285: Verwaltungszusammenarbeit – ordentliches Gesetzgebungsverfahren
20. Artikel III-300 Absatz 2 Buchstabe b): Initiativen des Außenministers im Bereich der
Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik auf Ersuchen des Europäischen Rates –
Beschluss des Rates
21. Artikel III-311 Absatz 2: Satzung und Sitz der Europäischen Verteidigungsagentur –
Beschluss des Rates ohne Vorschlag der Kommission
22. Artikel III-312 Absatz 2: Begründung einer Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit im
Bereich der Verteidigung – Beschluss des Rates ohne Vorschlag der Kommission,
Anhörung des Außenministers
23. Artikel III-312 Absatz 3: Beteiligung eines Mitgliedstaates an der Ständigen
Strukturierten Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich – Beschluss des Rates (nur die
teilnehmenden Mitgliedstaaten beteiligen sich an der Abstimmung) ohne Vorschlag der
Kommission, Anhörung des Außenministers
24. Artikel III-312 Absatz 4: Aussetzung der Teilnahme eines Mitgliedstaats an der
Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit im Bereich der Verteidigung – Beschluss des
Rates (nur die teilnehmenden Mitgliedstaaten beteiligen sich an der Abstimmung) ohne
Vorschlag der Kommission
25. Artikel III-321 Absätze 3 und 5: Humanitäre Hilfe53 und Schaffung des Europäischen
Freiwilligenkorps
50
Die unter Buchstabe c und d) vorgesehenen Maßnahmen sind in der Tat neu. Die unter Buchstabe a) und b)
vorgesehenen Maßnahmen waren bereits in Artikel 152 EGV vorgesehen und waren Gegenstand des Verfahrens
der Mitentscheidung.
51
Die in diesem Absatz vorgesehenen Rechtsgrundlagen sind völlig neu, mit Ausnahme derjenigen über die
Fördermaßnahmen zum Schutz der menschlichen Gesundheit, die bereits in Artikel 152 EGV vorgesehen war.
52
In diesem Bereich werden bereits Maßnahmen auf der Grundlage von Artikel 308 EGV ergriffen.
53
In diesem Bereich werden bereits Maßnahmen ergriffen, entweder auf der Grundlage von Artikel 179 (mit
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26. Artikel III-398: Verwaltung der Europäischen Union
qualifizierter Mehrheit) oder von Artikel 308 EGV (einstimmig).
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ANLAGE 3: Rechtsakte - Ordentliches Gesetzgebungsverfahren
Dieser Anhang enthält ein Verzeichnis der Rechtsgrundlagen, auf die das in der Verfassung
vorgesehene ordentliche Gesetzgebungsverfahren Anwendung finden wird (dieses
Gesetzgebungsverfahren entspricht im großen und ganzen dem derzeitigen als Verfahren der
Mitentscheidung bekannten Verfahren nach Artikel 251 EGV).
Bei den hervorgehobenen Bereichen handelt es sich um jene, deren Rechtsgrundlage entweder
völlig neu ist oder eine Verfahrensänderung erfährt und dem
„Mitentscheidungsverfahren“/ordentlichen Gesetzgebungsverfahren unterworfen wird.
Die entsprechenden Artikel des derzeit geltenden Vertrags und, in den Fällen, in denen das
entsprechende Verfahren durch die Verfassung abgeändert wird, das derzeit geltende
Verfahren werden in Schrägschrift angegeben.
1.
Modalitäten der Kontrolle der Durchführungsbefugnisse (Artikel I-37 Absatz 3) (Artikel
202 EGV: Einstimmigkeit im Rat und einfache Stellungnahme des Parlaments)
2.
Bürgerinitiative (Artikel I-47 Absatz 4)
3.
Einzelheiten des Rechts auf Zugang zu Dokumenten (Artikel I-50 Absatz 3) (Artikel 255
Absatz 2)
4.
Schutz personenbezogener Daten (Artikel I-51 Absatz 2) (Artikel 286 Absatz 2)
5.
Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (Artikel III-122) (Artikel 16 EGV)
6.
Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit
(Artikel III-123) (Artikel 12 EGV)
7.
Grundprinzipien für Fördermaßnahmen im Bereich der Nichtdiskriminierung (Artikel
III-124 Absatz 2) (Artikel 13 Absatz 2 EGV)
8.
Bestimmungen zur Erleichterung der Wahrnehmung des Rechts der Unionsbürger, sich
im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (Artikel III-125)
(Artikel 18 Absatz 2 EGV)
9.
Freizügigkeit der Arbeitnehmer (Artikel III-134) (Artikel 40 EGV)
10. Binnenmarkt – Maßnahmen der sozialen Sicherheit für Arbeitnehmer, die in der
Gemeinschaft zu- und abwandern54 (Artikel III-136 Absatz 1) (Artikel 42 EGV:
Mitentscheidung – der Rat beschließt einstimmig)
Dieses Verfahren ist mit einem „Notbrems“-Mechanismus ausgestattet: Ist ein Mitgliedstaat der Auffassung,
dass diese Maßnahmen grundlegende Aspekte seines Systems der sozialen Sicherheit, insbesondere dessen
Anwendungsbereich, Kosten oder finanzielle Struktur, oder dessen finanzielle Ausgewogenheit beeinträchtigen,
so kann er beantragen, dass der Europäische Rat mit der Frage befasst wird (was zur Aussetzung des
Gesetzgebungsverfahrens führt). Der Europäische Rat muss innerhalb einer Frist von vier Monaten die Frage an
den Rat zurücküberweisen, damit das Verfahren fortgesetzt wird, oder die Kommission um Vorlage eines neuen
Vorschlags ersuchen (zu den Folgen eines möglichen Nichttätigwerdens des Rates äußert sich die Verfassung
54
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11. Niederlassungsrecht (Artikel III-138 Absatz 1) (Artikel 44 EGV)
12. Ausschluss bestimmter Tätigkeiten des Anwendungsbereichs der Bestimmungen zum
Niederlassungsrecht in einem Mitgliedstaat (Artikel III-139 zweiter Absatz) (Artikel 45
zweiter Absatz EGV: qualifizierte Mehrheit im Rat ohne Beteiligung des EP)
13. Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die eine Sonderregelung für
Angehörige aus den anderen Mitgliedstaaten bei der Wahrnehmung des
Niederlassungsrechts vorsehen (Artikel III-140 Absatz 2) (Artikel 46 Absatz 2 EGV)
14. Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten in Bezug
auf den Zugang zu selbständigen Tätigkeiten und deren Ausübung sowie die gegenseitige
Anerkennung der Diplome (Artikel III-141 Absatz 1) (Artikel 47 EGV: Mitentscheidung
– der Rat beschließt einstimmig wenn der Beschluss eine Änderung der gesetzlichen
Bestimmungen der Mitgliedstaaten bewirkt)
15. Ausdehnung des Genusses der Bestimmungen über die Erbringung von Dienstleistungen
auf Staatsangehörige eines Drittlandes, die innerhalb der Union ansässig sind (Artikel
III-144 zweiter Absatz) (Artikel 49 zweiter Absatz EGV: qualifizierte Mehrheit im Rat
ohne Beteiligung des EP)
16. Liberalisierung der Dienstleistungen in bestimmten Bereichen (Artikel III-147)
(Artikel 52 Absatz 1 EGV: qualifizierte Mehrheit im Rat und einfache Stellungnahme des
EP)
17. Dienstleistungen (Artikel III-150) (Artikel 55 EGV)
18. Zusammenarbeit im Zollwesen (Artikel III-152) (Artikel 135 EGV)
19. Festlegung weiterer Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Kapitalverkehr mit
Drittländern (Artikel III-157 Absatz 2) (Artikel 57 Absatz 2 erster Satz EGV: qualifizierte
Mehrheit im Rat ohne Beteiligung des EP)
20. Verwaltungsmaßnahmen in Bezug auf Kapitalbewegungen im Bereich der Verhütung
und Bekämpfung von Kriminalität und Terrorismus (Artikel III-160) (Artikel 60 EGV)
21. Maßnahmen zur Angleichung der einzelstaatlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften,
die die Verwirklichung oder das Funktionieren des Binnenmarktes zum Gegenstand
haben, im Hinblick auf die Förderung der Verwirklichung der Ziele des Artikels III-130
(Artikel III-172 Absatz 1) (Artikel 95 Absatz 1 EGV)
22. Maßnahmen zur Beseitigung von Verfälschungen und Verzerrungen des Binnenmarkts
(Artikel III-174) (Artikel 96 EGV: qualifizierte Mehrheit im Rat ohne Beteiligung des EP)
23. Geistiges Eigentum der europäischen Rechtstitel ohne Sprachenregelungen (Artikel
III-176 erster Absatz)55
nicht).
55
In Ermangelung einer eigenen Rechtsgrundlage hat die Union bislang in diesem Bereich auf der Grundlage
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24. Multilaterale Überwachung (Artikel III-179 Absatz 6) (Artikel 99 Absatz 5 EGV:
Verfahren der Zusammenarbeit)
25. Änderung des Protokolls zur Satzung des ESZB und der EZB (Artikel III-187 Absatz 3)
(Artikel 107 Absatz 5 EGV: Einstimmigkeit im Rat oder, je nach Fall, qualifizierte
Mehrheit, und nach Zustimmung des Europäischen Parlaments)
26. Maßnahmen, die für die Verwendung des Euro erforderlich sind (Artikel III-191)
(Artikel 123 Absatz 4 EGV)
27. Anreizmaßnahmen zur Förderung der Beschäftigung (Artikel III-207) (Artikel 129 EGV)
28. Sozialpolitik (Artikel III-210 Absatz 1 mit Ausnahme der Buchstaben c), d), f) und g)
sowie Absätze 2 und 356 zweiter Unterabsatz (Artikel 137 Absätze 1 und 2 EGV)
29. Sozialpolitik (Chancengleichheit, Gleichheit in Arbeits- und Beschäftigungsfragen,
gleiches Entgelt) (Artikel III-214 Absatz 3) (Artikel 141 Absatz 3 EGV)
30. Europäischer Sozialfonds (Artikel III-219 Absatz 3) (Artikel 148 EGV)
31. Maßnahmen im Bereich des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts (Artikel
III-221 dritter Absatz) (Artikel 159 EGV)
32. Strukturfonds – ab 200757 - (Artikel III-223 Absatz 1 erster und dritter Unterabsatz und
Absatz 2) (Artikel 161 EGV: zur Zeit: Einstimmigkeit im Rat und Zustimmung des EP; ab
2007: qualifizierte Mehrheit des Rates und Zustimmung des EP)
33. Kohäsionsfonds – ab 2007 - (Artikel III-223 Absatz 1 zweiter und dritter Unterabsatz und
Absatz 2) (Artikel 161 EGV: zur Zeit: Einstimmigkeit im Rat und Zustimmung des EP; ab
2007: qualifizierte Mehrheit im Rat und Zustimmung des EP)
34. Europäischer Fonds für regionale Entwicklung (Artikel III-224) (Artikel 162 EGV)
35. Anwendung der Wettbewerbsregeln auf die gemeinsame Agrarpolitik (Artikel III-230
Absatz 1) (Artikel 36 EGV: qualifizierte Mehrheit im Rat und einfache Stellungnahme des
EP)
36. Gesetzgebung im Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik (Artikel III-231 Absatz 2)
(Artikel 37 Absatz 2: qualifizierte Mehrheit im Rat und einfache Stellungnahme des EP)
von Artikel 308 EGV gehandelt: Einstimmigkeit im Rat und einfache Stellungnahme des EP.
56
In den in diesen Punkten vorgesehenen Bereichen wird das Gesetz vom Rat im Wege der Einstimmigkeit nach
Anhörung des EP erlassen. Der zweite Unterabsatz von Absatz 3 enthält allerdings eine „Übergangsklausel“, der
zufolge der Rat einstimmig beschließen kann, dass für Absatz 1 Buchstaben d), f) und g) das ordentliche
Gesetzgebungsverfahren gilt.
57
In Artikel III-223 Absatz 2 wird bestimmt, dass die ersten Bestimmungen über die Strukturfonds und den
Kohäsionsfonds, die im Anschluss an die zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Vertrags über eine Verfassung
für Europa geltenden Bestimmungen erlassen werden, durch Europäisches Gesetz des Rates, der einstimmig
nach Zustimmung des Europäischen Parlaments beschließt, festgelegt werden. Das hier angegebene Jahr (2007)
hängt natürlich vom vorherigen Inkrafttreten der Verfassung ab.
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37. Umwelt (gemeinschaftliche Maßnahmen zur Erreichung der entsprechenden Ziele, außer
bei Bestimmungen steuerlicher Art) (Artikel III-234 Absatz 1) (Artikel 175 Absatz 1
EGV)
38. Allgemeines Aktionsprogramm im Umweltbereich (Artikel III-234 Absatz 3)
(Artikel 175 Absatz 3 EGV)
39. Verbraucherschutz (Artikel III-235 Absatz 3) (Artikel 153 Absatz 4 EGV)
40. Umsetzung der gemeinsamen Verkehrspolitik (Artikel III-236 Absatz 2) (Artikel 71
EGV)
41. Seeschifffahrt und Luftfahrt (Artikel III-245) (Artikel 80 Absatz 2 EGV)
42. Transeuropäische Netze (Artikel III-247 Absatz 2) (Artikel 156 EGV)
43. Forschungsrahmenprogramm (Artikel III-251 Absatz 1) (Artikel 166 Absatz 1 EGV).
44. Verwirklichung des Europäischen Raumes der Forschung (Artikel III-251 Absatz 4)
45. Verwirklichung des Forschungsrahmenprogramms: Regeln für die Beteiligung der
Unternehmen und für die Verbreitung der Forschungsergebnisse (Artikel III-252
Absatz 1) (Artikel 167 EGV)
46. Forschungs-Zusatzprogramme für bestimmte Mitgliedstaaten (Artikel III-252 Absatz 2)
(Artikel 168 EGV)
47. Beteiligung an Forschungsprogrammen mehrerer Mitgliedstaaten (Artikel III-252
Absatz 3) (Artikel 169 EGV)
48. Raumfahrtpolitik (Artikel III-254)
49. Energie mit Ausnahme steuerrechtlicher Maßnahmen (Artikel III-256 Absatz 2)58
50. Visa, Kontrollen an den Außengrenzen, Voraussetzungen, unter denen sich
Drittstaatsangehörige frei bewegen können, Sicherung der Außengrenzen, Abschaffung
der Kontrollen an den Binnengrenzen (Artikel III-265 Absatz 2) (Artikel 62 EGV:
Verfahren gemäß Artikel 67 EGV: Einstimmigkeit im Rat und einfache Stellungnahme
des EP mit der Möglichkeit zum Übergang auf das Verfahren der Mitentscheidung im
Anschluss an einen vom Rat einstimmig gefassten Beschluss nach Anhörung des EP)
51. Asyl, vorübergehender Schutz oder subsidiärer Schutzstatus für Personen (Artikel III-266
Absatz 2) (Artikel 63 Absätze 1 und 2 und Artikel 64 Absatz 2 EGV: Verfahren gemäß
Artikel 67 EGV: Einstimmigkeit im Rat und einfache Stellungnahme des EP mit der
Möglichkeit zum Übergang auf das Verfahren der Mitentscheidung im Anschluss an
einen vom Rat einstimmig gefassten Beschluss nach Anhörung des EP)
58
In Ermangelung einer besonderen Rechtsgrundlage hat die Union bislang in diesem Bereich auf der Grundlage
von Artikel 308 EGV gehandelt: Einstimmigkeit im Rat und einfache Stellungnahme des EP.
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52. Einwanderung und Bekämpfung des Menschenhandels (Artikel III-267 Absatz 2) (Artikel
63 Absätze 1 und 2 und Artikel 64 Absatz 2 EGV: Verfahren gemäß Artikel 67 EGV:
Einstimmigkeit im Rat und einfache Stellungnahme des EP mit der Möglichkeit zum
Übergang auf das Verfahren der Mitentscheidung im Anschluss an einen vom Rat
einstimmig gefassten Beschluss nach Anhörung des EP)
53. Fördermaßnahmen zur Unterstützung der Integration von Drittstaatsangehörigen (Artikel
III-267 Absatz 4)
54. Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen (außer Familienrecht)59 (Artikel III-269
Absatz 2) (Artikel 65 EGV: Verfahren gemäß Artikel 67 EGV: Einstimmigkeit im Rat und
einfache Stellungnahme des EP mit möglichem Übergang zur Mitentscheidung im
Anschluss an einen vom Rat einstimmig gefassten Beschluss nach Anhörung des EP)
55. Justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen – Verfahren, Zusammenarbeit, Weiterbildung,
Kompetenzkonflikte, Mindestvorschriften für die gegenseitige Anerkennung gerichtlicher
Urteile) (Artikel III-270 Absätze 1 und 2)60 (Artikel 31 EUV: Einstimmigkeit im Rat und
einfache Stellungnahme des EP)
56. Mindestvorschriften zur Festlegung von Straftaten und Strafen in Bereichen besonders
schwerer grenzüberschreitender Kriminalität (Artikel III-271 Absatz 1 und
gegebenenfalls Absatz 2) (Artikel 31 EUV: Verfahren gemäß Artikel 34 Absatz 2 und
Artikel 39 Absatz 1 EUV: Einstimmigkeit im Rat und einfache Stellungnahme des EP)
57. Fördermaßnahmen im Bereich der Kriminalprävention (Artikel III-272)
58. Eurojust (Artikel III-273 Absatz 1 zweiter Unterabsatz) (Artikel 31 EUV: Verfahren
gemäß Artikel 34 Absatz 2 und Artikel 39 Absatz 1 EUV: Einstimmigkeit im Rat und
einfache Stellungnahme des EP)
59. Einzelheiten für die Beteiligung des Europäischen Parlaments und der nationalen
Parlamente an der Bewertung der Tätigkeit von Eurojust (Artikel III-273 Absatz 1 dritter
Unterabsatz)
59
Die Buchstaben e), g) und h) von Absatz 2 dieses Artikels enthalten neue Rechtsgrundlagen; die übrigen
Punkte waren bereits durch Artikel 65 EGV abgedeckt. In Absatz 3 dieses Artikels III-269 wird außerdem die
Möglichkeit vorgesehen, dass der Rat einen Beschluss fassen kann, durch den die Aspekte des Familienrechts
mit grenzüberschreitenden Bezügen bestimmt werden, die Gegenstand von Rechtsakten sein können, die nach
dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen werden.
60
Die Absätze 3 und 4 dieser Artikel enthalten einen „Notbrems“-Mechanismus: Ist ein Mitgliedstaat der
Auffassung, dass ein entsprechender Gesetzesentwurf grundlegende Aspekte seiner Strafrechtsordnung berühren
würde, so kann er beantragen, dass die Frage an den Europäischen Rat zurücküberwiesen und das Verfahren
ausgesetzt wird. Der Europäische Rat muss innerhalb einer Frist von vier Monaten die Frage an den Rat
zurückverweisen, damit das Verfahren weitergeht, oder die Kommission bzw. die Gruppe von Mitgliedstaaten,
die den Entwurf vorgelegt hat, um Vorlage eines neuen Gesetzesentwurfs ersuchen. Hat der Europäische Rat
innerhalb der vier Monate keinen entsprechenden Beschluss gefasst, oder wurde das auf sein Ersuchen hin
eingeleitete neue Gesetzgebungsverfahren nicht innerhalb von zwölf Monaten abgeschlossen, so wird in diesem
Bereich automatisch eine Verstärkte Zusammenarbeit begründet, wenn mindestens ein Drittel der
Mitgliedstaaten dies wünscht.
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60 Polizeiliche Zusammenarbeit (bestimmte Aspekte) (Artikel III-275 Absatz 2) (Artikel 30
EUV: Verfahren gemäß Artikel 34 Absatz 2 und Artikel 39 Absatz 1 EUV: Einstimmigkeit
im Rat und einfache Stellungnahme des EP)
61. Europol (Artikel III-276 Absatz 2 erster Unterabsatz) (Artikel 30 EUV: Verfahren gemäß
Artikel 34 Absatz 2 und Artikel 39 Absatz 1 EUV: Einstimmigkeit im Rat und einfache
Stellungnahme des EP)
62. Einzelheiten für die Kontrolle der Tätigkeiten von Europol durch das Europäische
Parlament und die nationalen Parlamente (Artikel III-276 Absatz 2 zweiter Unterabsatz)
63. Öffentliche Gesundheit – Maßnahmen, um den gemeinsamen Sicherheitsanliegen im
Bereich der Volksgesundheit Rechnung zu tragen61 (Artikel III-278 Absatz 4)
(Artikel 152 Absatz 4 EGV)
64. Öffentliche Gesundheit – Fördermaßnahmen zum Schutz der menschlichen Gesundheit,
insbesondere die Bekämpfung weit verbreiteter schwerer grenzüberschreitender
Krankheiten sowie von Tabakkonsum und Alkoholmissbrauch (Artikel III-278
Absatz 562)
65. Industrie (Artikel III-279 Absatz 3) (Artikel 157 Absatz 3 EGV)
66. Kultur (außer den Empfehlungen) (Artikel III-280 Absatz 5 a) (Artikel 151 EGV:
Mitentscheidung - der Rat beschließt einstimmig)
67. Tourismus – Maßnahmen zur Ergänzung der Maßnahmen in den Mitgliedstaaten (Artikel
III-281 Absatz 2)
68. Bildung (außer die Empfehlungen) (Artikel III-282 Absatz 1 dritter Unterabsatz
Buchstaben a) bis f) und Absatz 3) (Artikel 149 Absatz 4 EGV)
69. Sport (Artikel III-282 Absatz 1 dritter Unterabsatz Buchstabe g) und Absatz 3)
70. Berufliche Bildung (Artikel III-283 Absatz 3) (Artikel 150 Absatz 4 EGV)
71. Katastrophenschutz zur Verhütung von Naturkatastrophen oder von vom Menschen
verursachten Katastrophen (Artikel III-284 Absatz 2)63
72. Verwaltungszusammenarbeit zur Durchführung
Mitgliedstaaten (Artikel III-285 Absatz 2)
des
Unionsrechts
durch
die
73. Handelspolitik - Umsetzungsmaßnahmen (Artikel III-315 Absatz 2) (Artikel 133 EGV:
qualifizierte Mehrheit im Rat ohne Anhörung des EP)
61
Die unter Buchstabe a) und b) von Absatz 4 dieses Artikels vorgesehenen Maßnahmen sind bereits in Artikel
152 EGV vorgesehen. Die unter Buchstabe c) und d) vorgesehenen Maßnahmen sind neu.
62
Alle in diesem Absatz vorgesehenen Rechtsgrundlagen sind neu, mit Ausnahme der Rechtsgrundlage
betreffend die Fördermaßnahmen zum Schutz der menschlichen Gesundheit, die bereits in Artikel 152 EGV
vorgesehen war.
63
In Ermangelung einer besonderen Rechtsgrundlage hat die Union in diesem Bereich bislang auf der Grundlage
von Artikel 308 EGV gehandelt: Einstimmigkeit im Rat und einfache Stellungnahme des EP.
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74. Entwicklungszusammenarbeit (Artikel III-317 Absatz 1) (Artikel 179 EGV).
75. Wirtschaftliche, finanzielle und technische Zusammenarbeit mit Drittländern (Artikel
III-319 Absatz 2) (Artikel 181a EGV: qualifizierte Mehrheit im Rat und einfache
Stellungnahme des EP)
76. Allgemeiner Rahmen für die Maßnahmen im Bereich der humanitären Hilfe (Artikel
III-321 Absatz 3)
77. Europäisches Freiwilligenkorps für humanitäre Hilfe (Artikel III-321 Absatz 5)
78. Satzung der politischen Parteien auf europäischer Ebene und Vorschriften über ihre
Finanzierung (Artikel III-331) (Artikel 191 EGV)
79. Einrichtung von Fachgerichten (Artikel III-359) (Artikel 225a EGV: Einstimmigkeit im
Rat und einfache Stellungnahme des EP)
80. Rechtsprechung des Gerichtshofs im Bereich des geistigen Eigentums (Artikel III-364)
(Artikel 229a EGV: Einstimmigkeit im Rat und einfache Stellungnahme des EP sowie
nationale Ratifizierung)
81. Änderung der Satzung des Gerichtshofs mit Ausnahme ihres Titels I und ihres
Artikels 64 (Artikel III-381) (Artikel 245 EGV: Einstimmigkeit im Rat und einfache
Stellungnahme des EP)
82. Europäische Verwaltung (Artikel III-398 Absatz 2)
83. Aufstellung der Haushaltsordnung [die Einstimmigkeit im Rat wird bis Ende 2006
beibehalten] (Artikel III-412 Absatz 1) (Artikel 279 Absatz 1 EGV: Einstimmigkeit im Rat
nach Anhörung des Europäischen Parlaments, später, ab 2007, qualifizierte Mehrheit im
Rat)
84. Bekämpfung von Betrug, der sich gegen die finanziellen Interessen der Union richtet
(Artikel III-415 Absatz 4) (Artikel 280 Absatz 4 EGV)
85. Statut der Beamten und Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der
Union (Artikel III-427) (Artikel 283 EGV: qualifizierte Mehrheit im Rat und einfache
Stellungnahme des PE)
86. Statistiken (Artikel III-429 Absatz 1) (Artikel 285 Absatz 1 EGV)
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ANLAGE 4: Rechtsakte – Besondere Gesetzgebungsverfahren
Diese Aufzeichnung enthält die Liste der Rechtsgrundlagen in Bezug auf besondere
Gesetzgebungsverfahren: Ad hoc-Verfahren, Gesetz des Europäischen Parlaments, Gesetz des
Rates. Die entsprechenden Artikel der derzeitigen Verträge werden, sofern vorhanden, in
Schrägschrift angegeben, ebenso das derzeit geltende Verfahren im Falle einer Änderung des
Verfahrens.
I - Ad hoc-Verfahren
1.
Jahreshaushaltsplan – Gemeinsamer Beschluss EP-Rat (Artikel III-404) (Artikel 272
EGV: Ad hoc-Verfahren)
II - Gesetze des Europäischen Parlaments
2.
Statut der Mitglieder des Europäischen Parlaments (Artikel III-330 Absatz 2): Beschluss
des Europäischen Parlaments aus eigener Initiative nach Zustimmung des Rates
(einstimmig in Bezug auf die Steuerregelung) und nach Anhörung der Kommission
(Artikel 190 Absatz 5 EGV)
3.
Einzelheiten der Ausübung des Untersuchungsrechts (Artikel III-333 dritter Absatz):
Beschluss des Europäischen Parlaments aus eigener Initiative nach Zustimmung des
Rates und der Kommission (Artikel 193 EGV: gegenseitiges Einvernehmen)
4.
Statut des Bürgerbeauftragten (Artikel III-335 Absatz 4): Beschluss des EP aus eigener
Initiative nach Zustimmung des Rates und nach Stellungnahme der Kommission
(Artikel 195 Absatz 4 EGV)
III -Gesetze des Rates
A. Einstimmigkeit und Zustimmung des Europäischen Parlaments
5.
Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierungen (Artikel III-124 Absatz 1)
(Artikel 13 Absatz 1 EGV: einfache Stellungnahme des EP)
6.
Ausweitung der Rechte im Zusammenhang mit der Unionsbürgerschaft (Artikel III-129) nationale Ratifizierung erforderlich (Artikel 22 EGV)
7.
Mehrjähriger Finanzrahmen (Artikel I-55 Absatz 2). In den Verträgen nicht erwähnt.
Unterliegt zur Zeit einer interinstitutionellen Vereinbarung
8.
Europäische Staatsanwaltschaft (Artikel III-274 Absatz 1)
9.
Einheitliches Wahlverfahren (Artikel III-330 Absatz 1): auf Initiative und mit
Zustimmung des EP - nationale Ratifizierung erforderlich (Artikel 190 Absatz 4 EGV)
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B. Einstimmigkeit und Anhörung des Europäischen Parlaments
10. Eigenmittel der Union – Obergrenze und Einführung neuer Kategorien von Eigenmitteln
(Artikel I-54 Absatz 3) - nationale Ratifizierung erforderlich (Artikel 269 EGV)
11. Maßnahmen in Bezug auf Pässe, Personalausweise und Aufenthaltstitel (Artikel III-125)
(Artikel 18 Absatz 3 EGV)
12. Staatsangehörigkeit: Aktives und passives Wahlrecht bei den Kommunalwahlen und bei
den Wahlen zum Europäischen Parlament im Wohnsitzmitgliedstaat (Artikel III-126)
(Artikel 19 EGV)
13. Festlegung von Maßnahmen, die im Rahmen des Unionsrechts für die Liberalisierung des
Kapitalverkehrs mit Drittländern einen Rückschritt darstellen (Artikel III-157 Absatz 3)
(Artikel 57 Absatz 2 in fine EGV: Einstimmigkeit im Rat ohne Stellungnahme des EP)
14. Harmonisierung der indirekten Steuern (Artikel III-171) (Artikel 93 EGV)
15. Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften (Artikel III-173) (Artikel 94 EGV)
16. Sprachenregelung für die europäischen Rechtstitel (Artikel III-176 zweiter Absatz)
17. Ersetzung des Protokolls über übermäßige Defizite (Artikel III-184 Absatz 13)
(Artikel 104 Absatz 14 EGV)
18. Besondere Aufgaben der Europäischen Zentralbank im Zusammenhang mit der Aufsicht
über Kreditinstitute und sonstige Finanzinstitute (Artikel III-185 Absatz 6) (Artikel 105
Absatz 6 EGV: Einstimmigkeit im Rat nach Anhörung der EZB und Zustimmung des EP)
19. Sozialpolitik: soziale Sicherheit und sozialer Schutz der Arbeitnehmer, Schutz der
Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsvertrags, Vertretung und kollektive
Wahrnehmung der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen und Beschäftigungbedingungen der Staatsangehörigen von Drittländern64 (Artikel III-210 Absatz 1
Buchstaben c), d), f) und g) und Absatz 3 erster Unterabsatz) (Artikel 137 Absatz 1
Buchstaben c), d), f) und g) und Absatz 2 Buchstabe b) zweiter Unterabsatz EGV)
20. Umwelt:
steuerrechtliche
Bestimmungen,
Maßnahmen
zur
Raumordnung,
Bewirtschaftung der Wasserressourcen und Bodennutzung sowie Maßnahmen, die die
Energieversorgung und die verschiedenen Energiequellen berühren (Artikel III-234
Absatz 2) (Artikel 175 Absatz 2 EGV)
21. Energie: steuerrechtliche Maßnahmen (Artikel III-256 Absatz 3)
64
Der Rat kann nach Anhörung des EP einstimmig beschließen, für die Buchstaben d), f) und g) (Artikel III-210
Absatz 3 zweiter Unterabsatz) auf das ordentliche Gesetzgebungsverfahren überzugehen.
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22. Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen in Bezug auf Maßnahmen zum Familienrecht
mit grenzüberschreitenden Bezügen65 (Artikel III-269 Absatz 3) (Artikel 67 Absatz 5
zweiter Spiegelstrich EGV)
23. Operative polizeiliche Zusammenarbeit (Artikel III-275 Absatz 3) (Artikel 30 Absatz 1
Buchstabe a): Verfahren gemäß Artikel 34 Absatz 2 und Artikel 39 Absatz 1 EUV)
24. Tätigwerden der Behörden eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen
Mitgliedstaats (Artikel III-277) (Artikel 32 EUV: Verfahren gemäß Artikel 34 Absatz 2
und Artikel 39 Absatz 1 EUV)
25. Assoziierung der überseeischen Länder und Hoheitsgebiete mit der Union – Verfahren
und Einzelheiten (Artikel III-291) (Artikel 187 EGV – ohne Anhörung des EP)
26. Änderung des Protokolls über die Satzung der Europäischen Investitionsbank (Artikel
III-393 vierter Unterabsatz) (Artikel 266 dritter Unterabsatz EGV)
C. Qualifizierte Mehrheit und Zustimmung des EP
27. Durchführungsmaßnahmen zu dem System der Eigenmittel der Union (Artikel I-54
Absatz 4)
D. Qualifizierte Mehrheit und Anhörung des EP
28. Maßnahmen zur Erleichterung des diplomatischen Schutzes (Artikel III-127 dritter
Unterabsatz) (Artikel 20 EGV – Vereinbarung zwischen den Mitgliedstaaten:
Regierungszusammenarbeit)
29. Forschung: Spezifische Programme zur Durchführung des Rahmenprogramms (Artikel
III-251 Absatz 3) (Artikel 166 Absatz 4 EGV)
30. Gebiete in äußerster Randlage (Artikel III-424 erster Unterabsatz) (Artikel 299 Absatz 2
zweiter Unterabsatz EGV)
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Der Rat kann nach Anhörung des EP einstimmig beschließen, auf das ordentliche Gesetzgebungsverfahren
überzugehen (zweiter Unterabsatz von Artikel 3 des Artikels III-210).
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MINDERHEITENANSICHT
gemäß Artikel 48 Absatz 3 der Geschäftsordnung
Jens-Peter Bonde, Wojciech Wierzejski, James Hugh Allister und Mogens N.J. Camre
Europa hat etwas Besseres verdient
MEHR DEMOKRATIE
In allen Mitgliedstaaten der EU werden die Gesetze durch gewählte Vertreter erlassen,
folglich können auch alle Gesetze auf demokratischem Wege abgeändert werden. Diese
Vertreter werden von den Wählern verantwortlich gemacht und können bei einer Wahl ersetzt
werden. Dies ist das eigentliche Wesen einer repräsentativen Demokratie.
Alle Mitgliedstaaten der EU sind Demokratien. Kernstück der Demokratie ist das Recht des
Wählers, seine Regierenden zu wählen.
Die vorgeschlagene EU-Verfassung stellt eine Gefahr für das gesamte Konzept der
Demokratie dar. Zwar hätten wir nach wie vor die Möglichkeit zu wählen, in vielen Bereichen
jedoch wäre eine Mehrheitsabstimmung in der EU ausschlaggebender als unsere eigenen
nationalen Gesetze.
Die EU-Kommission, deren Mitglieder eher ernannt als gewählt werden, verfügt als einzige
Institution über das ausschließliche Recht, Gesetzgebungsakte zu initiieren, bei denen
Bürokraten und der Ministerrat, nicht aber das gewählte Parlament, das letzte Wort haben.
Weshalb sollten wir demnach einem Abbau der Demokratie zustimmen und „Ja“ sagen?
Europa hat etwas Besseres verdient als den vorliegenden Entwurf eines Vorschlags für eine
europäische Verfassung. Wir lehnen die Verfassung in ihrer vorliegenden Form daher ab.
Stattdessen schlagen wir mehr Demokratie in Europa vor:






Jedes Land sollte ein Kommissionsmitglied ernennen, dem gegenüber es über eine
Prüfbefugnis verfügt.
Jedes Land sollte eine Stimme im Ministerrat haben, die vom nationalen Parlament
kontrolliert wird.
Zur Verabschiedung einer Gesetzesvorlage in der EU sollte eine 75%-Mehrheit
erforderlich sein, die mindestens 50% der Bevölkerung entspricht.
Alle EU-Gesetze müssen auch von den nationalen Parlamenten gebilligt werden.
Alle nationalen Parlamente sollten in lebenswichtigen Bereichen über ein Vetorecht
verfügen.
Das Europäische Parlament muss über das Vetorecht in allen Bereichen verfügen.
Wird eine Gesetzesvorlage blockiert, so sollten sämtliche Entscheidungsbefugnisse
auf die nationalen Parlamente übergehen.
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
Alle Gesetzgebungsverfahren sollten öffentlich sein und über Internet begleitet
werden können. Alle vorbereitenden Sitzungen und Dokumente sollten öffentlich sein,
es sei denn, 75% haben sich für ene Ausnahmeregelung in Bezug auf eine Sitzung
oder ein Dokument ausgesprochen, was vom Bürgerbeauftragten und dem Gerichtshof
kontrolliert werden kann.
WENIGER ZENTRALISIERUNG
Mit der europäischen Verfassung werden viele neue Bereiche eingeführt, in denen die EU
anstelle der nationalen Parlamente Gesetze erlassen kann. Kein lebenswichtiger Bereich wäre
vor einer Einmischung der EU geschützt.
In zahlreichen neuen Bereichen wird die Mehrheitsabstimmung eingeführt, wodurch die
nationalen Parlamente hier ausgeschaltet würden.
Außerdem wären die Regierungschefs in der Lage, noch weiter zu gehen und Bereiche zu
ändern, die heute noch die Einstimmigkeit erfordern, so dass derartige Beschlüsse künftig nur
noch eine Mehrheitsabstimmung erforderlich machen würden, wodurch andere Länder
überstimmt werden könnten.
Ebenso könnten die Regierungschefs die Befugnisse der EU auf neue Bereiche ausweiten,
ohne den Wählern Rechenschaft darüber abzulegen.
Die EU muss viel näher an ihre Bürger heranrücken. Die europäische Verfassung tut das
Gegenteil – sie zentralisiert noch mehr Macht in Brüssel.
Aus diesen Gründen empfehlen wir die Ablehnung der Verfassung.
Wir schlagen mehr Freiheit in den Mitgliedstaaten vor, nicht mehr Zentralisierung:





Alle Gesetze sollten ein integriertes Auslaufdatum enthalten, nach dem sie nicht mehr
gelten sollen, es sei denn, sie werden ausdrücklich neu verabschiedet.
Die 100.000 Seiten an bestehenden EU-Rechtsvorschriften sollten erneut überprüft
werden, damit die EU-Rechtsprechung auf grenzüberschreitende Fragen begrenzt
wird.
Ein echter Grundsatz der Subsidiarität sollte eingeführt werden. Die nationalen
Parlamente sollten den jährlichen Gesetzeskatalog annehmen und anschließend der
Kommission das Recht erteilen, eine Gesetzesvorlage vorzuschlagen.
Alle EU-Beschlüsse sollten auf zwei unterschiedliche Arten reduziert werden: Gesetze
und Empfehlungen. Gesetze sollten nur in grenzüberschreitenden Bereichen gelten, in
denen die Mitgliedstaaten nicht effizient alleine Gesetze erlassen können; die
Empfehlungen sollten für die Bereiche von nationalem Interesse gelten.
Der Europäische Gerichtshof sollte auf die gerichtliche Schlichtung
grenzüberschreitender Streitigkeiten begrenzt werden; er sollte davon abgehalten
werden, über den Wortlaut der Verträge hinaus Recht zu sprechen.
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KEINE NEUE SUPERMACHT
Die europäische Verfassung verleiht der EU eine „Rechtspersönlichkeit“, um die
Mitgliedstaaten in den Beziehungen mit der übrigen Welt zu vertreten; nach internationalem
Recht übernimmt die EU damit staatshoheitliche Aufgaben.
Alle Beschlüsse der EU haben Vorrang vor den demokratisch beschlossenen Gesetzen der
Mitgliedstaaten. Selbst unsere nationalen Verfassungen werden ignoriert, wenn sie mit einem
Beschluss aus Brüssel in Konflikt geraten.
Dieser Grundsatz der föderativen Zentralisierung ist nunmehr in Artikel 6 der neuen
Verfassung festgelegt, außerdem sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, alle Streitfälle vor den
Europäischen Gerichtshof zu bringen.
Die EU wird ihren eigenen Außenminister und eine gemeinsame Streitmacht haben. Ein
Präsident und ein gemeinsamer Außenminister werden zusammen mit einem gemeinsamen
Ministerpräsidenten, dem Präsidenten der Kommission, die EU in den Beziehungen mit den
übrigen Ländern der Welt vertreten.
Die 25 Mitgliedstaaten werden zu Teilstaaten nach US-Vorbild werden, allerdings mit
weniger Freiheit, um unabhängig Gesetze zu erlassen, als dies bei den amerikanischen
Bundesstaaten der Fall ist. Deshalb empfehlen wir eine Ablehnung der Verfassung.
Stattdessen schlagen wir eine Zusammenarbeit zwischen freien und unabhängigen Nationen
vor. Die Welt braucht keine neue Supermacht.

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

Die Zusammenarbeit der EU sollte nicht auf einer Verfassung beruhen, sondern auf
einem Übereinkommen zwischen unabhängigen Ländern; hierbei könnte es sich um
einen Vertrag handeln, der mit einer Vorankündigung von zwei Jahren aufgelöst
werden könnte.
Der Europäische Gerichtshof und die Behörden der EU müssen die Verfassungen der
Mitgliedstaaten nach Maßgabe der Auslegung dieser Verfassungen durch ihre
jeweiligen nationalen Obersten Gerichte oder Verfassungsgerichte beachten.
Eine gemeinsame europäische Außenpolitik darf die Mitgliedstaaten nicht daran
hindern, unabhängig auf internationaler Ebene tätig zu werden.
Das Militär muss aus der zivilen Zusammenarbeit in der EU herausgehalten werden.
Der Präsident der EU muss abgeschafft werden zugunsten eines praktischen Vorsitzes,
bei dem die Aufgaben im rotierenden Wechsel wahrgenommen werden.
DIE EU MUSS GESÄUBERT WERDEN
Wir haben immer noch einen Haushaltsplan, bei dem gut 10% der an Brüssel gezahlten
Gelder verloren gehen oder gestohlen werden.
Wir haben immer noch eine EU, in der der Rechnungshof und der Haushaltskontrollausschuss
des Europäischen Parlaments nicht in der Lage sind, die Verwendung der EU-Mittel effizient
zu kontrollieren. Der Bürgerbeauftragte hat nicht zu allen Dokumenten Zugang.
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Wir haben eine EU-Fischereipolitik, die den Interessen der Fischer schadet, und eine
Landwirtschaftspolitik, die für Verbraucher und Steuerzahler gleichermaßen hohe Ausgaben
bedeutet, die aber gleichzeitig die Landwirte bestraft, der Umwelt schadet und die dritte Welt
noch ärmer werden lässt.
Die Gelder verlieren sich in den Struktur- und Kohäsionsfonds und in schlecht verwalteten
Hilfsprojekten in Übersee.
Auch aus diesen Gründen empfehlen wir eine Ablehnung der Verfassung.
Wir möchten uns auf eine Verbesserung der Leistungen der EU bei der Ausübung der
Befugnisse, über die sie zur Zeit verfügt, konzentrieren, anstatt ihr neue Befugnisse zu
übertragen.
EIN FAIRES REFERENDUM



Volksabstimmungen über den Entwurf eines Vorschlags für eine europäische
Verfassung müssen nach Möglichkeit gleichzeitig in allen Ländern durchgeführt
werden, damit die Bürgerinnen und Bürger Europas bei der Entscheidung über die
Regeln, die unsere Zusammenarbeit bestimmen sollen, das letzte Wort erhalten.
Die Volksabstimmungen müssen gerecht und frei organisiert werden, wobei beide
Seiten in allen Ländern mit ausgewogenen Mitteln ausgestattet werden müssen.
Lehnt ein Land die Verfassung ab, so muss ein neuer und repräsentativerer Konvent
einberufen werden. Dieser Konvent würde Vorschläge für demokratischere Regeln
vorbereiten, die in der Lage sind, uns zu vereinen, statt die Europäer zu spalten, wie
dies bei den derzeitigen Vorschlägen der Fall ist.
RESPEKTIERUNG DES ERGEBNISSES
Sollten alle 25 Mitgliedstaaten die Verfassung nach ihren eigenen demokratischen Verfahren
ratifizieren, so werden wir das Verdikt des Volkes respektieren. Wir hegen allerdings die
Sorge, dass die andere Seite nicht die gleiche Absicht verfolgt:

Einige der neuen Kommissionsmitglieder haben darauf hingewiesen, dass sie Teile
dieser Verfassung mit oder ohne formelle Ratifizierung umsetzen werden.

MdEP haben als Vorbedingung für die Ernennung dieser Kommissionsmitglieder
ausdrücklich von ihnen gefordert, dass sie dies tun.

Die Arbeiten zur Schaffung eines EU-Außenministeriums und eines diplomatischen
Dienstes sind bereits in Angriff genommen worden.
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Noch vor einer Einigung auf den Wortlaut der Verfassung und erst recht vor deren
Ratifizierung hat der Gerichtshof der EU verlautbart, er werde auf der Grundlage der
Charta der Grundrechte arbeiten.
Die Arbeitsgruppe Referendum fordert die nationalen Regierungen auf, das Verdikt ihrer
Völker zu akzeptieren. Falls ein oder mehrere Mitgliedstaaten mit „Nein“ stimmen, so sollte
die Verfassung aufgegeben werden und man sollte damit beginnen, einen neuen
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Regierungsvertrag auszuarbeiten, der einen europäischen Wohlfahrtsverband nationaler
Demokratien regelt.
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24.11.2004
STELLUNGNAHME DES AUSSCHUSSES FÜR AUSWÄRTIGE
ANGELEGENHEITEN
für den Ausschuss für konstitutionelle Fragen
zu dem Vertrag über eine Verfassung für Europa
(2004/2129(INI))
Verfasser der Stellungnahme: Elmar Brok
VORSCHLÄGE
Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten ersucht den federführenden Ausschuss für
konstitutionelle Fragen, die folgenden Vorschläge in seinen Entschließungsantrag
einzubeziehen:
1. begrüßt die im neuen Verfassungsvertrag enthaltenen Verbesserungen auf dem Gebiet der
Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP):
(a) Definitionen der Grundsätze und Zielvorgaben des auswärtigen Handelns der Union
(Artikel I-3 und Artikel III-292), insbesondere jene, die die Übereinstimmung der
Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU mit dem Völkerrecht und die
Achtung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen betreffen;
(b) Einordnung der einschlägigen Artikel der gegenwärtigen Verträge, die die verschiedenen
Aspekte des auswärtigen Handelns der Union abdecken, unter dem neuen einzigen Titel V
von Teil III (Die Politikbereiche und die Arbeitsweise der Union);
(c) Zuerkennung der Rechtspersönlichkeit an die Union (Artikel I-7);
(d) insbesondere Schaffung des neuen Amtes des Außenministers der Union, der sowohl
gegenüber dem Europäischen Parlament als auch gegenüber dem Europäischen Rat
rechenschaftspflichtig ist (Artikel I-28); das Europäische Parlament wird gleichberechtigt
mit dem Rat über jeden künftigen Vorschlag unterrichtet, den der Vizepräsident der
Kommission/der Außenminister der Union im Zuge der Vorbereitung der Gemeinsamen
Außen- und Sicherheitspolitik vorlegt;
(e) Schaffung des Europäischen Auswärtigen Dienstes (Artikel III-296 Absatz 3); es wird
jedoch erwartet, dass dieser Dienst ein Eckpfeiler auf dem Gebiet des auswärtigen
Handelns sein und den Außenminister der Union unterstützen wird, jedoch unter der
Federführung der Kommission (wie dies der Fall bei den EG-Delegationen gewesen ist);
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auf jeden Fall sollten deshalb die vorrangige Bedeutung der integrierten gemeinsamen
Elemente des neuen Dienstes sowie seine demokratische Rechenschaftspflicht gegenüber
dem Europäischen Parlament unterstrichen werden;
2. begrüßt, dass der Verfassungsvertrag auf dem Gebiet der Europäischen Sicherheits- und
Verteidigungspolitik (ESVP) die folgenden wichtigen Verbesserungen enthält:
(a) Aktualisierung der Petersberg-Aufgaben (Artikel I-41 Absatz 1 und Artikel III-309);
(b) von den Mitgliedstaaten aufgestellte multinationale Kräfte, die für die ESVP
verfügbar sind (Artikel I-41 Absatz 3);
(c) die Verpflichtung, schrittweise die militärischen Fähigkeiten zu verbessern, und
Einrichtung einer Europäischen Agentur für die Bereiche Rüstung, Forschung und
Entwicklung der Verteidigungsfähigkeiten (Artikel I-41 Absatz 3 Unterabsatz 2 und
Artikel III-311),
(d) Europäische Beschlüsse als neues Instrument für die Umsetzung der GASP/ESVP
(Artikel I-40 Absatz 3, I-41, III-293 und III-297),
(e) Beauftragung einer Gruppe von Mitgliedstaaten mit der Durchführung einer ESVPMission im Rahmen der Union (Artikel I-41 Absatz 5 und Artikel III-310),
(f) eine ständige strukturierte Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, die
anspruchsvollere Kriterien in Bezug auf die militärischen Fähigkeiten erfüllen,
innerhalb des Rahmens der Union mit Blick auf die Missionen mit höchsten
Anforderungen (Artikel I-41 Absatz 6, Artikel III-312 und Spezifisches Protokoll),
(g) gegenseitige Solidaritätsklausel, mit der eine Verpflichtung dahingehend begründet
wird, dass die anderen Mitgliedstaaten im Falle eines bewaffneten Angriffs auf das
Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats alle in ihrer Macht stehende Hilfe und
Unterstützung leisten (wobei der besondere Charakter der Sicherheits- und
Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedstaaten bzw. die Rolle der NATO für
bestimmte andere Mitgliedstaaten unberührt bleiben) (Artikel I-41 Absatz 7),
(h) Solidaritätsklausel für gegenseitigen Beistand zur Abwendung terroristischer
Bedrohungen oder von Terroranschlägen oder im Falle einer Katastrophe (Artikel I-43
und Artikel III-329);
3. fordert, dass die Rolle der zivilen Dimension der ESVP durch Bereitstellung aller
erforderlichen Mittel gestärkt wird, und unterstreicht erneut die Notwendigkeit der
Errichtung eines Europäischen Zivilen Friedenskorps im Einklang mit den
Entschließungen, die das Europäische Parlament in der Vergangenheit bei mehreren
Gelegenheiten angenommen hat;
4. hält es für notwendig, dass das Kommissionsmitglied mit Zuständigkeit für die
Außenbeziehungen und der Hohe Vertreter für die GASP bereits jetzt neue Standards
anwenden, indem sie das Europäische Parlament umfassend über sämtliche Fragen der
GASP und der ESVP unterrichten und es dazu konsultieren;
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5. fordert den federführenden Ausschuss auf, in seiner Begründung eindeutig auf die
folgenden Mängel zu verweisen, die selbst nach dem Inkrafttreten des
Verfassungsvertrags auf dem Gebiet der GASP weiterhin bestehen werden und deshalb
bei der frühestmöglichen Gelegenheit behoben werden sollten:
(a) Versäumnis, die Gemeinschaftsverfahren uneingeschränkt auszuweiten und die Rolle
der Institutionen auf diesem Gebiet zu verbessern (siehe Artikel I-41),
(b) Bestätigung der Regel der Einstimmigkeit plus einer konstruktiven Enthaltung statt
einer Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit (BQM) als allgemeiner Regel für
die GASP (Artikel I-41 Absatz 4 und Artikel III-300),
(c) Finanzierung der gemeinsamen Kosten für militärische Operationen im Rahmen der
ESVP aus dem Gemeinschaftshaushalt (dies ist bereits im zivilen Bereich im Falle von
Polizeimaßnahmen der Fall) und nicht aus einem Nebenhaushalt oder einem
Anschubfonds der Mitgliedstaaten, wie dies gegenwärtig vorgesehen ist (siehe Artikel
III-313);
6. billigt die vom federführenden Ausschuss an den Rat und die Mitgliedstaaten
ausgesprochene befürwortende Empfehlung, den neuen Verfassungsvertrag so zügig wie
möglich zu ratifizieren, und bekundet in der Zwischenzeit den Wunsch, dass der Geist
(und der Inhalt) der Vorschriften des neuen Vertrags schon jetzt angewandt werden, wie
dies bereits der Fall bei der Schaffung der Europäischen Verteidigungsagentur war, die bis
Ende 2004 ihre Arbeit aufnehmen soll, dem „Kampfgruppen“-Konzept, der Schaffung der
Nachbarschaftspolitik der Union (Artikel I-57) und der Anwendung der Solidaritätsklausel
zur Vorbeugung terroristischer Bedrohungen oder terroristischer Anschläge, wie sie nach
den Terroranschlägen in Madrid vom 11. März 2004 beschlossen wurde.
7. unterstreicht, dass es notwendig ist, für alle von der Europäischen Verteidigungsagentur
durchgeführten Tätigkeiten eine demokratische Rechenschaftspflicht und Transparenz zu
gewährleisten;
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VERFAHREN
Titel
Vertrag über eine Verfassung für Europa
Verfahrensnummer
2004/2129(INI)
Federführender Ausschuss
Verstärkte Zusammenarbeit
Verfasser der Stellungnahme
Datum der Benennung
AFCO
JA
Elmar Brok
13.9.2004
Prüfung im Ausschuss
22.9.2004
Datum der Annahme der Vorschläge
23.11.2004
Ergebnis der Schlussabstimmung
Ja-Stimmen:
Nein-Stimmen:
Enthaltungen:
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Mitglieder
Elmar Brok (V), Geoffrey Van Orden (2. st.V.), Baroness Nicholson
of Winterbourne (3. st.V.), Angelika Beer, Bastiaan Belder, Monika
Beňová, Simon Coveney, Giorgos Dimitrakopoulos, Anna Elzbieta
Fotyga, Maciej Marian Giertych, Klaus Hänsch, Georgios
Karatzaferis, Ioannis Kasoulides, Helmut Kuhne, Francisco José
Millán Mon, Pierre Moscovici, Alojz Peterle, Tobias Pflüger, João de
Deus Pinheiro, Mirosław Mariusz Piotrowski, Paweł Bartłomiej
Piskorski, Raül Romeva i Rueda, Libor Rouček, José Ignacio
Salafranca Sánchez-Neyra, István Szent-Iványi, Konrad Szymański,
Inese Vaidere, Luis Yañez-Barnuevo García, Josef Zieleniec
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Stellvertreter(innen)
Giovanni Claudio Fava, Hélène Flautre, Milan Horáček, Doris Pack,
Athanasios Pafilis, Miguel Portas, Aloyzas Sakalas, Inger Segelström
11.10.2004
22.11.2004
27
9
1
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Stellv. (Art. 178 Abs. 2)
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STELLUNGNAHME DES ENTWICKLUNGSAUSSCHUSSES
für den Ausschuss für konstitutionelle Fragen
zu dem Vertrag über eine Verfassung für Europa
(2004/2129(INI))
Verfasser der Stellungnahme: Miguel Angel Martínez Martínez
VORSCHLÄGE
Der Entwicklungsausschuss ersucht den federführenden Ausschuss für konstitutionelle
Fragen, folgende Vorschläge in seinen Entschließungsantrag zu übernehmen:
1. begrüßt, dass auf der Tagung des Europäischen Rates in Brüssel vom Juni 2004 der
endgültige Wortlaut des Verfassungsvertrags angenommen wurde, der aus den
schwierigen und komplexen Arbeiten des Konvents zur Zukunft Europas und der
Regierungskonferenz hervorgegangen ist;
2. hält die Ausarbeitung des Verfassungsvertrags für einen historischen Schritt nach vorn im
Prozess der europäischen Integration, da darin erstmals Entwicklungshilfe und humanitäre
Hilfe als Prinzip und Verantwortung anerkannt werden, von denen die Natur und das
Wirken der Europäischen Union durchdrungen sind; sieht es als wichtigen Schritt nach
vorn an, dass die Zielvorgaben der Entwicklungspolitik jetzt in sämtlichen
Politikbereichen der Union berücksichtigt werden müssen;
3. weist darauf hin, dass die Rolle der Kommission bei den Verhandlungen über
Handelsabkommen gestärkt wird, wobei auch ein – allerdings begrenztes – Recht des
Europäischen Parlaments auf Information vorgesehen ist; beurteilt dies als Schritt nach
vorn hin zu mehr Effektivität und auch mehr Transparenz;
4. begrüßt, dass die Europäische Union mit der Annahme des Verfassungsvertrags die lang
erwartete Rechtspersönlichkeit erlangen wird, die ihr auf der Weltbühne und insbesondere
im Verhältnis zu den Vereinten Nationen und ihren verschiedenen Organisationen
stärkeres Gewicht verleihen wird; unterstreicht, dass die EU daher an Repräsentativität,
Verantwortung und Effizienz gewinnen und auch ihr Potenzial in ihren Beziehungen zu
den Entwicklungsländern erhöhen wird; betont ferner, dass sich durch die
Rechtspersönlichkeit der Europäischen Union der Status der derzeitigen Delegationen der
Kommission in der ganzen Welt, insbesondere der in den Ländern in Afrika, der Karibik
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und im Pazifik (AKP) sowie ganz allgemein in allen Entwicklungsländern tätigen
Delegationen, verbessern wird;
5. weist darauf hin, dass das Prinzip der Solidarität mit den Entwicklungsländern dank des
Verfassungsvertrags zu einem der grundlegenden Werte der Europäischen Union
geworden ist, aus denen sich ihre Identität definiert und von denen ihr Handeln getragen
ist;
6. erinnert daran, dass sich die innereuropäische Solidarität – als einer der grundlegenden
Werte – von Beginn des europäischen Integrationsprozesses an als Garant für Stabilität
und Frieden in Europa erwiesen hat; betont ferner, dass die EU vor diesem Hintergrund
der europäischen Solidarität nun einen wichtigen Schritt nach vorn gemacht hat, indem sie
in ihrem Verfassungsvertrag anerkannt hat, dass die Solidarität nicht auf ihr eigenes
Gebiet und ihre Bevölkerung begrenzt werden kann, sondern sich auch über ihre Grenzen
hinaus erstrecken sollte;
7. begrüßt die Anerkennung der weltweiten Solidarität als ein Leitprinzip der verschiedenen
EU-Politiken und begrüßt ferner, dass die weltweite Solidarität mit der Annahme des
Verfassungsvertrags die Maßnahmen der EU im Bereich Entwicklungshilfe und
humanitäre Hilfe prägen wird; glaubt, dass die Verlagerung der Solidarität auf die
weltweite Ebene zur Sicherstellung von weltweitem Frieden und Stabilität beitragen wird;
8. stellt fest, dass seine frühere Stellungnahme auf dem vom Konvent zur Zukunft Europas
ausgearbeiteten Basistext beruhte, und ist erfreut darüber, dass im endgültigen Wortlaut
der Verfassung die meisten seiner Errungenschaften in den Bereichen
Entwicklungspolitik, internationale Zusammenarbeit und humanitäre Hilfe beibehalten
wurden; bekräftigt daher, was bereits in der früheren Stellungnahme von Anders
Wijkman66 sowie in den vom Ausschuss im Juli 2003 angenommenen Schlussfolgerungen
gesagt wurde;
9. begrüßt sehr, dass die Beseitigung der Armut, der es größte Bedeutung beimisst, als ein
wesentliches Ziel der Entwicklungspolitik der EU in den Verfassungsvertrag
aufgenommen wurde; ist der Auffassung, dass die Berücksichtigung der
Millenniumsentwicklungsziele beim auswärtigen Handeln der Union in seiner Gesamtheit
als Querschnittsaufgabe äußerst wichtig ist;
10. bringt seine Zufriedenheit darüber zum Ausdruck, dass viele seiner Empfehlungen in den
endgültigen Wortlaut der Verfassung aufgenommen wurden, insbesondere die, die sich
auf den Bereich der humanitären Hilfe beziehen, in dem der Grundsatz der Neutralität zu
einem der wesentlichen Leitgedanken der Verfassung geworden ist;
11. bedauert jedoch, dass die Regierungskonferenz andere für die Entwicklungspolitik
wichtige Vorschläge wie die Aufnahme eines eigenen Titels „Gemeinsame Politik der
Entwicklungszusammenarbeit“ oder die ausdrückliche Bezugnahme auf einige
Grundprinzipien der EU-Politik der Entwicklungszusammenarbeit, nämlich die Gleichheit
66
Stellungnahme des Ausschusses für Entwicklung und Zusammenarbeit für den Ausschuss für konstitutionelle
Fragen zum Entwurf eines Vertrags über eine Verfassung für Europa und zur Stellungnahme des Europäischen
Parlaments zur Einberufung der Regierungskonferenz, angenommen am 10. Juli 2003 (2003/0902(CNS)) - PE
326.747
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zwischen den Partnern, die Eigenverantwortlichkeit der betroffenen Länder und
Bevölkerungen für ihre Entwicklungsstrategien sowie die Einbeziehung aller Bereiche der
Gesellschaft, einschließlich der Zivilgesellschaft, nicht aufgegriffen hat;
12. begrüßt die Anerkennung der „verantwortungsvollen Weltordnungspolitik“ als eines der
gemeinsamen Ziele des auswärtigen Handelns der Union in den auf das auswärtige
Handeln der Union allgemein anwendbaren Bestimmungen; bedauert jedoch, dass die
„Bereitstellung globaler Kollektivgüter“ nicht in diese Ziele aufgenommen wurde;
13. unterstreicht, wie wichtig es ist, dass die Entwicklungspolitik auch weiterhin ein Bereich
gemeinsamer Zuständigkeit der EU und der Mitgliedstaaten ist, und stellt fest, dass dies
bedeutet, dass die entwicklungspolitischen Maßnahmen der EU und der Mitgliedstaaten
einander ergänzen und sich gegenseitig stärken und dass die Verfahren der Umsetzung
dieser Politik für spezifische Länder oder Regionen harmonisiert werden müssen; begrüßt,
dass der Grundsatz der Komplementarität vom Verfassungsvertrag gefördert wird; betont,
dass die Programme und die Ressourcenallokationen der EU anhand einer langfristigen
und auf Entwicklungszielen beruhenden Strategie konzipiert und verwaltet werden sollten;
14. unterstützt mit Nachdruck die in der Verfassung festgeschriebene Verpflichtung, für
Kohärenz zwischen den verschiedenen Bereichen des auswärtigen Handelns der EU und
zwischen diesen und anderen Politikbereichen zu sorgen; ist der Auffassung, dass die
Kohärenz zwischen den verschiedenen Politikbereichen unerlässlich ist, um die
Zielvorgabe der Beseitigung der Armut zu verwirklichen, und bekräftigt das Engagement
des Parlaments zur Überwachung der Kohärenz;
15. stellt fest, dass der Verfassungsvertrag ein eindeutiges Signal für die Einbeziehung des
Europäischen Entwicklungsfonds in den Gesamthaushaltsplan der EU gegeben hat, was
das Europäische Parlament bereits seit langer Zeit gefordert hat; begrüßt die Absicht der
Kommission, diese Änderung in die Tat umzusetzen, und betont, wie wichtig es in diesem
Zusammenhang ist, dass sichergestellt wird, dass die derzeitigen EEF-Mittel nicht für
andere Regionen oder andere Zwecke abgezweigt werden;
16. nimmt zur Kenntnis, dass in den Verfassungsvertrag ein Passus über die Schaffung eines
Europäischen Freiwilligenkorps für humanitäre Hilfe aufgenommen wurde, was ein
eindeutiges Signal dafür ist, dass die Europäische Union im Bereich der Entwicklung
Interesse zeigt; unterstreicht jedoch, dass die EU gefordert ist, der Festlegung der
Modalitäten für den Einsatz des Korps besondere Aufmerksamkeit zu widmen und dafür
zu sorgen, dass nur erfahrene Freiwillige sich daran beteiligen dürfen; bekundet seinen
Standpunkt, dass diese Initiative den Prozess der Verbesserung der Qualität und des
professionellen Vorgehens der in humanitären Krisensituationen eingesetzten
Humanressourcen verstärken sollte, indem bereits vorhandene Ausbildungsprogramme in
enger Zusammenarbeit mit den NRO vervollständigt werden, ein Register der verfügbaren
Ressourcen erstellt wird und im Vorfeld ermittelte gute operationelle Praktiken verbreitet
werden; fordert die Kommission auf, Durchführbarkeitsstudien im Hinblick auf die
künftige Weiterentwicklung dieser Vorschrift durchzuführen; unterstreicht die
Notwendigkeit, im Rahmen von gemeinsamen Abrüstungsmaßnahmen, humanitären
Missionen, Aufgaben der Konfliktverhütung und der Erhaltung des Friedens sowie
Frieden schaffenden Maßnahmen – wie in Artikel III-309 Absatz 1 dargelegt – den
Unterschied zwischen zivilen und militärischen Umfeldern anzuerkennen;
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17. erinnert daran, dass ihm besonders an der Lage der Kinder in den Entwicklungsländern
gelegen ist, da junge Menschen die ersten Opfer von Krankheit, Analphabetismus,
Hunger, Menschenhandel und sexueller Ausbeutung sind und sogar gezwungen werden,
in einer Reihe bewaffneter Konflikte als Soldaten zu kämpfen;
18. begrüßt daher, dass im Verfassungsvertrag den Rechten der Kinder hohe Priorität
eingeräumt wird, indem anerkannt wird, dass die politischen Maßnahmen der EU in
diesem Bereich von den Grundsätzen des Übereinkommens der Vereinten Nationen über
die Rechte des Kindes geleitet werden;
19. bekräftigt ferner seine große Besorgnis angesichts der Lage der Frauen in den
Entwicklungsländern und sein Interesse an ihrer entscheidenden Rolle im
Entwicklungsprozess; begrüßt daher alle im Verfassungstext enthaltenen Punkte
zugunsten der Rechte der Frau und der Chancengleichheit, die – wie es die
Aktionsplattform von Peking67 und der Aktionsplan von Kairo vorsehen – für den
Fortschritt der Entwicklungsländer im Allgemeinen von besonderer Bedeutung sind; stellt
mit Genugtuung fest, dass die im ehemaligen Vertrag zur Gründung der Europäischen
Gemeinschaft vorgesehene Berücksichtigung der Gleichstellung der Geschlechter (gender
mainstreaming) in sämtlichen Politikbereichen dank der Integration der beiden Verträge
jetzt auch für das gesamte auswärtige Handeln der Union gilt;
20. vertritt die Ansicht, dass Buchstabe und Geist des Verfassungsvertrags aus der
Perspektive der Entwicklungspolitik und der Verantwortlichkeiten im humanitären
Bereich als äußerst positiv betrachtet werden können;
21. ist entschlossen, den Verfassungsvertrag zu unterstützen und vorbehaltlos alles zu
unternehmen, was es zur Unterstützung von dessen Annahme und Ratifizierung durch alle
Mitgliedstaaten und dessen möglichst baldigem Inkrafttreten tun kann.
67
Bericht der Vereinten Nationen über die Vierte Weltfrauenkonferenz, Erklärung und Aktionsplattform von
Peking – Peking, 4.-15. September 1995 (A/CONF.177/20)
http://www.un.org/esa/gopher-data/conf/fwcw/off/a--20.en
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VERFAHREN
Titel
Vertrag über eine Verfassung für Europa
Verfahrensnummer
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Federführender Ausschuss
Verstärkte Zusammenarbeit
Verfasser(in) der Stellungnahme
Datum der Benennung
AFCO
Nein
Miguel Angel Martínez Martínez
6.10.2004
Prüfung im Ausschuss
6.10.2004
Datum der Annahme der Vorschläge
17.11.2004
Ergebnis der Schlussabstimmung
Ja-Stimmen:
Nein-Stimmen:
Enthaltungen:
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Mitglieder
Alessandro Battilocchio, Margrietus van den Berg, Danutė
Budreikaitė, Marie-Arlette Carlotti, Thierry Cornillet, Fernando
Fernández Martín, Michael Gahler, Jana Hybášková, Filip Andrzej
Kaczmarek, Wolfgang Kreissl-Dörfler, Maria Martens, Miguel Angel
Martínez Martínez, Gay Mitchell, Toomas Savi, Pierre Schapira,
Frithjof Schmidt, Jürgen Schröder, Feleknas Uca, María Elena
Valenciano Martínez-Orozco
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Stellvertreter(innen)
John Bowis, Giovanni Claudio Fava, Ana Maria Gomes, Fiona Hall,
Raymond Langendries, Linda McAvan, Manolis Mavrommatis, Karin
Scheele, Anders Wijkman, Zbigniew Zaleski, Gabriele Zimmer
29
0
1
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Stellv. (Art. 178 Abs. 2)
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STELLUNGNAHME DES AUSSCHUSSES FÜR INTERNATIONALEN HANDEL
für den Ausschuss für konstitutionelle Fragen
zu dem Vertrag über eine Verfassung für Europa
(2004/2129(INI))
Verfasser der Stellungnahme: Jorgo Chatzimarkakis
VORSCHLÄGE
Der Ausschuss für internationalen Handel ersucht den federführenden Ausschuss für
konstitutionelle Fragen, folgende Vorschläge in seinen Entschließungsantrag zu übernehmen:
1. nimmt die Einigung über die Verfassung positiv zur Kenntnis und betont, dass der neue
Vertragstext ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem vereinten Europa, insbesondere
auch im Bereich des Außenhandels, ist; unterstreicht, dass es sich beim Außenhandel um
das „Auswärtige Gesicht“ des Binnenmarkts handelt;
2. bringt seine Befriedigung über mehrere entscheidende Verbesserungen in den die
gemeinsame Handelspolitik (GHP) betreffenden Bestimmungen zum Ausdruck,
insbesondere folgende:
a) die Anerkennung der GHP als ein Bereich, in dem die Union die ausschließliche
Zuständigkeit besitzt, was bedeutet, dass alle Organe der Union umfassend und auf
vergleichbarer Basis an der Beschlussfassung im Bereich der GHP beteiligt sind;
b) die Ausweitung des Geltungsbereichs der GHP auf alle handelsbezogenen Bereiche
einschließlich der ausländischen Direktinvestitionen;
c) die Anwendung des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens (d.h. Beschlussfassung mit
qualifizierter Mehrheit und Mitentscheidung mit dem Europäischen Parlament) auf die
unter die GHP fallenden Rechtsakte;
d) die Tatsache, dass – da das ordentliche Gesetzgebungsverfahren gilt – die
Zustimmung des Europäischen Parlaments jetzt generell für alle Abkommen im
Rahmen der GHP obligatorisch ist, unabhängig davon, ob Durchführungsmaßnahmen
erforderlich sind oder nicht;
3. unterstreicht, dass der Verfassungsvertrag aussagt, dass das Europäische Parlament dem
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Rat seine Zustimmung vor der Ratifizierung von Abkommen, die hauptsächlich den
Außenhandel betreffen, erteilen muss, und bedauert, dass dies bisher nicht immer der Fall
war;
4. bedauert, dass dem Europäischen Parlament in der Verfassung nicht ausdrücklich das
Recht zur Billigung des Mandats der Kommission für die Aushandlung eines
Handelsabkommens eingeräumt wird;
5. stellt mit Sorge fest, dass es weiterhin Einschränkungen für die Anwendung der
Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit gibt; hebt insbesondere hervor, dass
a) die Regierungskonferenz die Abkommen im Bereich der ausländischen
Direktinvestitionen in die Reihe der Fälle aufgenommen hat, in denen der Rat
einstimmig entscheiden kann (Artikel III-315 Absatz 4 - CIG 87/04);
b) die Regierungskonferenz die Fälle, in denen der Rat einstimmig entscheiden kann, auf
alle Abkommen im Bereich der Dienstleistungen ausgedehnt hat und hierzu nicht
mehr nur die Abkommen über den Dienstleistungsverkehr zählen, die mit einem
Grenzübertritt von Personen verbunden sind (Artikel III-315 Absatz 4 - CIG 87/04);
c) die Regierungskonferenz den Fällen, in denen der Rat einstimmig entscheiden kann,
eine „soziale Ausnahme“ hinzugefügt hat (Artikel III - 315 Absatz 4 Buchstabe b CIG 87/04);
6. begrüßt, dass die Verfassung bezüglich der Aushandlung und des Abschlusses
internationaler Abkommen im Rahmen der GHP vorsieht, dass die Kommission jetzt
rechtlich verpflichtet ist, das Europäische Parlament genauso wie den Sonderausschuss
des Rates über den Stand der Verhandlungen zu unterrichten;
7. weist jedoch darauf hin, dass einige Aspekte einer weiteren institutionellen
Implementierung bedürfen, wenn man dem Geist der Verfassung entsprechen und ihre
Bestimmungen voll ausgestalten will; fordert daher den Rat und die Kommission auf, die
Aushandlung einer Interinstitutionellen Vereinbarung in Erwägung zu ziehen, die dem
Europäischen Parlament im Einklang mit Wortlaut und Geist der Verfassung unter
anderem eine materiellrechtliche Definition seiner Zuständigkeiten und seiner Beteiligung
an den einzelnen dem Abschluss eines Abkommens vorausgehenden Phasen liefert;
8. fordert die Kommission auf, dem Parlament im Einklang mit dem Geist der Verfassung
alle Informationen, die die Gemeinsame Handelspolitik und die Aushandlung von
Handelsabkommen bzw. die Aushandlung handelspolitischer Aspekte in anderen
Abkommen betreffen, einschließlich aller Vorschläge und Entwürfe von Vorschlägen für
Verhandlungsmandate und/oder -richtlinien so frühzeitig zur Verfügung zu stellen, dass es
seinen Standpunkt darlegen und die Kommission diesen gebührend berücksichtigen kann;
9. fordert mit Blick auf die Transparenz der Tätigkeit des Ausschusses nach Artikel 133 die
Kommission auf, dem Ausschuss für internationalen Handel des Europäischen Parlaments
alle Dokumente zugänglich zu machen.
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DE
80/144
RR\550131DE.doc
VERFAHREN
Titel
Vertrag über eine Verfassung für Europa
Verfahrensnummer
2004/2129(INI)
Federführender Ausschuss
AFCO
Verstärkte Zusammenarbeit
–
Verfasser(in) der Stellungnahme
Datum der Benennung
Prüfung im Ausschuss
Jorgo Chatzimarkakis
28.7.2004
22.10.2004
Datum der Annahme der Vorschläge
16.11.2004
Ergebnis der Schlussabstimmung
Ja-Stimmen:
Nein-Stimmen:
Enthaltungen:
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Mitglieder
Enrique Barón Crespo, Peter Šťastný, Jean Daniel Varela SuanzesCarpegna, Daniel Caspary, Jan Christian Ehler, Georgios
Papastamkos, Godelieve Quisthoudt-Rowohl, Tokia Saïfi, Robert
William Sturdy, Zbigniew Franciszek Zaleski, Françoise Castex, Glyn
Ford, Erika Mann, David W. Martin, Javier Moreno Sánchez,
Pasqualina Napoletano, Giulietto Chiesa, Sajjad Haider Karim, Johan
Van Hecke, Alain Lipietz, Caroline Lucas, Jacky Henin und Helmuth
Markov
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Stellvertreter(innen)
Margrietus van den Berg, Jorgo Chatzimarkakis, Filip Andrzej
Kaczmarek, Jörg Leichtfried und Maria Martens
23
4
1
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Stellv. (Art. 178 Abs. 2)
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81/144
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DE
25.11.2004
STELLUNGNAHME DES HAUSHALTSAUSSCHUSSES
für den Ausschuss für konstitutionelle Fragen
zu dem Vertrag über eine Verfassung für Europa
(2004/2129(INI))
Verfasser der Stellungnahme: Kyösti Tapio Virrankoski
VORSCHLÄGE
Der Haushaltsausschuss ersucht den Ausschuss für konstitutionelle Fragen als federführenden
Ausschuss, folgende Vorschläge in seinen Entschließungsantrag zu übernehmen:
1. begrüßt die formelle Festschreibung des mehrjährigen Finanzrahmens im Vertrag, die - im
Falle der Abstimmung auf die Mandatsdauer des Parlaments ab 2013 - die Stabilität der
Haushaltsplanung und die Rechenschaftspflicht des EU-Haushalts verbessern würde; stellt
außerdem fest, dass der Rat nicht nur weiterhin die Zustimmung des Parlaments benötigt,
sondern dass in der Verfassung ein Mechanismus vorgesehen ist, der gewährleistet, dass
Verhandlungen zwischen dem Parlament und dem Rat stattfinden;
2. ist der Ansicht, dass die Änderungen an den Artikeln zu den Haushaltsvorschriften die
wichtige Rolle des Europäischen Parlaments bei der Festlegung des mehrjährigen
Finanzrahmens sowie im jährlichen Haushaltsverfahren bekräftigen;
3. unterstreicht die Bedeutung des Festhaltens am Flexibilitätsmechanismus als logischer
Folge der Haushaltsdisziplin im Hinblick auf die Deckung eines unvorhergesehenen
Bedarfs in der Zukunft;
4. begrüßt die Vereinfachung des Haushaltsverfahrens; ist der Auffassung, dass die
Aufhebung der Unterscheidung zwischen obligatorischen Ausgaben und
nichtobligatorischen Ausgaben lange überfällig ist und dass das Parlament endlich als
gleichberechtigter Teil der Haushaltsbehörde anerkannt werden muss;
5. bedauert, dass keine Forschritte im Hinblick auf die Ausweitung der Rolle des Parlaments
bei der Festlegung des Systems der Eigenmittel erzielt worden sind, ist jedoch der
Auffassung, dass das Recht auf Erteilung der Zustimmung zu den
Durchführungsmaßnahmen ein erster Schritt hin zu mehr Transparenz und Demokratie auf
der Einnahmenseite des Haushaltsplans ist;
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6. begrüßt, dass nach dem Inkrafttreten der Verfassung jedwede Änderung an der
Haushaltsordnung, die auf alle Gemeinschaftsausgaben Anwendung findet, dem
ordentlichen Gesetzgebungsverfahren unterliegen wird, was bedeutet, dass dem Parlament
die Befugnis der Mitentscheidung gewährt wird.
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83/144
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DE
VERFAHREN
Titel
Vertrag über eine Verfassung für Europa
Verfahrensnummer
2004/2129(INI)
Federführender Ausschuss
AFCO
Verstärkte Zusammenarbeit
N
Verfasser(in) der Stellungnahme
Datum der Benennung
Kyösti Tapio Virrankoski
21.9.2004
Prüfung im Ausschuss
12.10.2004
Datum der Annahme der Vorschläge
24.11.2004
Ergebnis der Schlussabstimmung
Ja-Stimmen:
Nein-Stimmen:
Enthaltungen:
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Mitglieder
Simon Busuttil, Gérard Deprez, Brigitte Douay, Den Dover, Hynek
Fajmon, Markus Ferber, Salvador Garriga Polledo, Neena Gill, Louis
Grech, Nathalie Griesbeck, Anne Elisabet Jensen, Alain Lamassoure,
Janusz Lewandowski, Vladimír Maňka, Jan Mulder, Gérard Onesta,
Antonis Samaras, Esko Seppänen, László Surján, Helga Trüpel, Ralf
Walter, Marilisa Xenogiannakopoulou
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Stellvertreter(innen)
Mairead McGuinness, José Albino Silva Peneda, Margarita
Starkevičiūtė
26.10.2004
21
3
1
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Stellv. (Art. 178 Abs. 2)
PE 347.119v04-00
DE
84/144
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25.11.2004
STELLUNGNAHME DES HAUSHALTSKONTROLLAUSSCHUSSES
für den Ausschuss für konstitutionelle Fragen
zu dem Vertrag über eine Verfassung für Europa
2004/2129(INI))
Verfasser der Stellungnahme: José Javier Pomés Ruiz
VORSCHLÄGE
Der Haushaltskontrollausschuss ersucht den federführenden Ausschuss für konstitutionelle
Fragen, folgende Vorschläge in seinen Entschließungsantrag zu übernehmen:
1. Erwägung I - neue Absätze da) und db)
da)
die Einfügung einer Bezugnahme auf die Entlastungsbefugnis des Parlaments in
Bezug auf die Ausführung des Haushaltsplans in Titel VII von Teil I über die
Finanzen der Union, da die Feststellung des Abschlusses im Rahmen des
Entlastungsverfahrens auf derselben politischen Ebene angesiedelt ist wie die
Genehmigung von Ausgaben durch die Genehmigung des Haushaltsplans und
da die interinstitutionellen Beziehungen in jüngster Vergangenheit die
grundlegende Bedeutung des Entlastungsverfahrens unter Beweis gestellt haben;
db)
eine feste Anzahl der Mitglieder des Rechnungshofs und die Abschaffung des
Grundsatzes, dass jeder Mitgliedstaat das Recht hat, sein eigenes Mitglied des
Rechnungshofs zu ernennen;
2. Ziffer 4 - neuer Absatz fa)
fa)
im Vertrag wird die Einsetzung einer Europäischen Staatsanwaltschaft
vorgesehen (Artikel III -274), wobei zu befürchten ist, dass dies in der Praxis
nicht möglich sein wird, da ihre Einsetzung Einstimmigkeit im Rat erfordert und
weil es in jedem Falle nötig sein wird, die vage Bestimmung zu klären, derzufolge
die Europäische Staatsanwaltschaft ausgehend von Eurojust eingesetzt werden
soll;
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VERFAHREN
Titel
Vertrag über eine Verfassung für Europa
Verfahrensnummer
2004/2129(INI)
Federführender Ausschuss
Verstärkte Zusammenarbeit
Verfasser(in) der Stellungnahme
Datum der Benennung
AFCO
Nein
José Javier Pomés Ruiz
22.09.2004
Prüfung im Ausschuss
25.10.2004
Datum der Annahme der Vorschläge
23.11.2004
Ergebnis der Schlussabstimmung
Ja-Stimmen:
Nein-Stimmen:
Enthaltungen:
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Mitglieder
Herbert Bösch, Paulo Casaca, Szabolcs Fazakas, Dan Jørgensen,
Véronique Mathieu, Jan Mulder, István Pálfi, José Javier Pomés Ruiz,
Alexander Stubb, Terence Wynn
Jens-Peter Bonde, Simon Busuttil, Ashley Mote
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Stellvertreter(innen)
23.11.2004
12
1
0
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Stellv. (Art. 178 Abs. 2)
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23.11.2004
STELLUNGNAHME DES AUSSCHUSSES FÜR BESCHÄFTIGUNG UND SOZIALE
ANGELEGENHEITEN
für den Ausschuss für konstitutionelle Fragen
zu dem Vertrag über eine Verfassung für Europa
(2004/2129 –(INI)
Verfasser der Stellungnahme: Jan Andersson
VORSCHLÄGE
Der Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten ersucht den federführenden
Ausschuss für konstitutionelle Fragen, folgende Vorschläge in seinen Entschließungsantrag
zu übernehmen:
1. vertritt die Auffassung, dass mit der Verfassung (dem Verfassungsvertrag) zwar größere
Fortschritte in bestimmten Bereichen beabsichtigt waren, dass sie dennoch eine deutliche
Verbesserung der bestehenden Verträge darstellt, und begrüßt die darin enthaltenen
Neuerungen in Bezug auf ein Soziales Europa;
2. bedauert, dass es nicht gelungen ist, im Bereich der Sozialpolitik zu einem allgemeinen
Verfahren der Abstimmung mit qualifizierter Mehrheit im Ministerrat und des
ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens zu gelangen;
3. hebt die Bedeutung einer Verfassung hervor, die das Gleichgewicht zwischen sozialen
Rechten und dem Funktionieren des Binnenmarktes erleichtert und dabei die Grundlagen
für eine allmähliche Weiterentwicklung des Europäischen Sozialmodells legt; betont in
diesem Zusammenhang die Bedeutung der neuen Horizontalklausel im dritten Teil des
Verfassungsentwurfs, wonach die Union in all ihren Zuständigkeitsbereichen die höchsten
sozialen Zielsetzungen beachten und deren Verwirklichung anstreben muss;
4. bekundet seine Befriedigung darüber, dass die in der Verfassung enthaltenen Werte,
Grundsätze und Zielsetzungen einen soliden Unterbau für ein Soziales Europa
bereitstellen und dazu auf der Grundlage einer sozialen Marktwirtschaft mit
Vollbeschäftigung insbesondere die Förderung der sozialen Gerechtigkeit und des
Sozialschutzes, die Gleichheit zwischen Frauen und Männern und die Bekämpfung von
sozialer Ausgrenzung, Armut und Diskriminierung umfassen;
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DE
5. weist jedoch darauf hin, dass dem in Teil I angestrebten sozialen Zusammenhalt in Teil III
nicht der entsprechende notwendige Ausbau europäischer Handlungsmöglichkeiten zu
dessen Umsetzung folgt; ist enttäuscht darüber, dass das Arbeitsentgelt, das
Koalitionsrecht sowie das Streik- und Aussperrungsrecht weiterhin nicht der europäischen
Gesetzgebung unterliegen;
6. begrüßt die Einbeziehung der Charta der Grundrechte in die Verfassung und die damit an
die Bürger gesandte eindeutige Botschaft insbesondere in Bezug auf die Rechte der
Arbeitnehmer auf Information und Konsultation sowie deren Recht auf gemeinsame
Maßnahmen, vor allem das Streikrecht;
7.
bedauert, dass trotz der Stärkung der zentralen Rolle der Sozialpartner durch die
Anerkennung des Sozialdialogs und des Dreier-Sozialgipfels der soziale Dialog nicht
weiterentwickelt worden ist;
8.
begrüßt die Einführung des Instruments der "Europäischen Bürgerinitiative", bei der
durch eine Million Unterschriften ein Thema auf die Tagesordnung der EU-Kommission
gesetzt werden kann;
9.
weist nachdrücklich darauf hin, dass die Sozialpolitik ausdrücklich als geteilte
Zuständigkeit anerkannt wird, und betont die Einführung einer Verpflichtung der Union,
bei der Festlegung und Umsetzung ihrer Politikansätze die Förderung eines hohen
Beschäftigungsgrades, einen angemessenen Sozialschutz und den Kampf gegen soziale
Ausgrenzung und Diskriminierung gemäß Artikel 13 EGV zu berücksichtigen;
10. bekundet seine Befriedigung darüber, dass für Dienstleistungen von allgemeinem
wirtschaftlichen Interesse eine Rechtsgrundlage vorgesehen wird;
11. begrüßt die neue und ausgewogene Ausrichtung bei der Koordinierung der
makroökonomischen Politiken und der Beschäftigungspolitiken; begrüßt ebenso die
Aufnahme des Verfahrens der offenen Koordinierungsmethode für die Sozialpolitik,
wodurch bei der Koordination der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik dem Einsatz
für soziale Einbindung, nachhaltige Rentensysteme und eine qualitativ hochwertige
Versorgungssysteme in höherem Maße Rechnung getragen werden muss;
12. bekundet seine Befriedigung über die Ausweitung der Abstimmung mit qualifizierter
Mehrheit im Bereich der Sozialpolitik, auch wenn diese Ausweitung nur in begrenztem
Umfang erfolgt ist, insbesondere in Bezug auf die Dienste von allgemeinem
wirtschaftlichen Interesse und die soziale Sicherheit von Wanderarbeitnehmern; bedauert,
dass die Mitgliedstaaten das Recht haben, zu verlangen, dass die Angelegenheit an den
Europäischen Rat weitergeleitet wird;
13. bedauert, dass es keine Einigung in Bezug auf die Einführung grenzüberschreitender
Rechte für Arbeitnehmer und Gewerkschaften gegeben hat und dass das oberste Ziel der
Vollbeschäftigung nicht konsequent in allen Teilen der Verfassung verfolgt wird;
14. weist nachdrücklich darauf hin, dass die Maßnahmen der Union im Bereich der
Sozialpolitik die Mitgliedstaaten nicht daran hindern, ihre jeweiligen Bemühungen zur
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Wahrung und Förderung ihrer eigenen ambitiöseren Sozial- und Wohlfahrtsmodelle
fortzusetzen;
15. bekundet seine Befriedigung darüber, dass in der Verfassung (im Vertragsvertrag)
besondere Maßnahmen angeführt werden, die von den Organen der Europäischen Union
und von den Mitgliedstaaten im Bereich der Beschäftigung zu ergreifen sind.
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89/144
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DE
VERFAHREN
Titel
Vertrag über eine Verfassung für Europa
Verfahrensnummer
2004/2129(INI)
Federführender Ausschuss
Verstärkte Zusammenarbeit
Verfasser(in) der Stellungnahme
Datum der Benennung
AFCO
Jan Andersson
20.9.2004
Prüfung im Ausschuss
20.9.2004
Datum der Annahme der Vorschläge
23.11.2004
Ergebnis der Schlussabstimmung
Ja-Stimmen:
Nein-Stimmen:
Enthaltungen:
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Mitglieder
Jan Andersson, Roselyne Bachelot-Narquin, Jean-Luc Bennahmias,
Emine Bozkurt, Philip Bushill-Matthews, Milan Cabrnoch, Alejandro
Cercas, Ole Christensen, Derek Roland Clark, Luigi Cocilovo, Fausto
Correia, Jean Louis Cottigny, Ottaviano Del Turco, Harald Ettl,
Richard Falbr, Ilda Figueiredo, Stephen Hughes, Ona Juknevičienė,
Sepp Kusstatscher, Jean Denise Lambert, Raymond Langendries,
Bernard Lehideux, Elizabeth Lynne, Thomas Mann, Mario
Mantovani, Jan Tadeusz Masiel, Jiří Maštálka, Ria Oomen-Ruijten,
Csaba Őry, Marie Panayotopoulos-Cassiotou, Jacek Protasiewicz,
José Albino Silva Peneda, Jean Spautz, Anne Van Lancker, Gabriele
Zimmer
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Stellvertreter(innen)
Richard James Ashworth, Edit Bauer, Mihael Brejc, Marian Harkin,
Magda Kósáné Kovács, Jamila Madeira, Marianne Mikko, Elisabeth
Schroedter, Eva-Britt Svensson, Marc Tarabella, Patrizia Toia,
Georgios Toussas, Anja Weisgerber, Tadeusz Zwiefka
Carlos José Iturgaiz Angulo
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Stellv. (Art. 178 Abs. 2)
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6.10.2004
90/144
23.11.2004
36
8
0
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24.11.2004
STELLUNGNAHME DES AUSSCHUSSES FÜR UMWELTFRAGEN,
VOLKSGESUNDHEIT UND LEBENSMITTELSICHERHEIT
für den Ausschuss für konstitutionelle Fragen
zu dem Vertrag über eine Verfassung für Europa
(2004/2129(INI))
Verfasser der Stellungnahme: Vasco Graça Moura
VORSCHLÄGE
Der Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit ersucht den
federführenden Ausschuss für konstitutionelle Fragen, folgende Vorschläge in seinen
Entschließungsantrag zu übernehmen:
1. begrüßt die Tatsache, dass die Verwirklichung der drei Säulen der nachhaltigen
Entwicklung zu den Zielen der Europäischen Union gehört und dass die ökologische
Integration sowie ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit im
Verfassungsentwurf als für alle Politiken der Union allgemein anwendbare Grundsätze
anerkannt werden;
2. bedauert, dass Teil III des Verfassungsentwurfs über die Politikbereiche und die
Arbeitsweise der Union nicht aktualisiert und mit dem Grundsatz der nachhaltigen
Entwicklung in Einklang gebracht wurde, insbesondere in Bezug auf die Agrar-, die
Kohäsions-, die Verkehrs- und die Handelspolitik; bedauert außerdem, dass bestimmte
Umweltmaßnahmen, insbesondere solche steuerlicher Natur und betreffend die
Raumordnung, die quantitative Gewässerbewirtschaftung und die Bodennutzung nicht
dem üblichen Legislativverfahren unterliegen, sondern vom Rat einstimmig zu
verabschieden sind;
3. begrüßt die Tatsache, dass die Verabschiedung von Maßnahmen zur Festsetzung hoher
Standards für Qualität und Sicherheit von Arzneimitteln und Medizinprodukten sowie von
Maßnahmen im Hinblick auf die Überwachung, die frühzeitige Warnung vor und die
Bekämpfung von gravierenden grenzüberschreitenden Bedrohungen für die Gesundheit
unter die geteilten Zuständigkeiten der Europäischen Union aufgenommen und dem
üblichen Legislativverfahren unterworfen wurde;
4. begrüßt die Tatsache, dass in den Verfassungsentwurf ein Kapitel über das demokratische
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Leben der Union und der Grundsatz aufgenommen wurden, dass die Beschlüsse möglichst
transparent und bürgernah gefasst werden müssen; betont die Bedeutung der
Verantwortung der Gemeinschaftsinstitutionen gegenüber den Bürgern und die
Notwendigkeit des Zugangs der Bürger und ihrer Organisationen zu den Gerichtshöfen
und Gerichten, insbesondere im Umweltbereich gemäß dem UN-ECE-Übereinkommen
von Arhus.
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92/144
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VERFAHREN
Titel
Vertrag über eine Verfassung für Europa
Verfahrensnummer
2004/2129(INI)
Federführender Ausschuss
Verstärkte Zusammenarbeit
Verfasser(in) der Stellungnahme
Datum der Benennung
AFCO
Prüfung im Ausschuss
25.10.2004
Datum der Annahme der Vorschläge
24.11.2004
Ergebnis der Schlussabstimmung
Ja-Stimmen:
Nein-Stimmen:
Enthaltungen:
Vasco Graça Moura
20.9.2004
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Mitglieder
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Stellvertreter(innen)
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Stellv. (Art. 178 Abs. 2)
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93/144
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DE
23.11.2004
STELLUNGNAHME DES AUSSCHUSSES FÜR INDUSTRIE, FORSCHUNG UND
ENERGIE
für den Ausschuss für konstitutionelle Fragen
zu dem Vertrag über eine Verfassung für Europa
(2004/2129(INI))
Verfasser der Stellungnahme: Johannes (Hannes) Swoboda
VORSCHLÄGE
Der Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie ersucht den federführenden Ausschuss
für konstitutionelle Fragen, folgende Vorschläge in seinen Entschließungsantrag zu
übernehmen:
TEN, Industrie, Raumfahrt und Energie
1. begrüßt die Verbesserungen, die durch eine Klarstellung der Ziele und eine Vereinfachung
des Verfahrens im Bereich der transeuropäischen Netze (TEN) und im Bereich der
Industrie erzielt wurden;
2. begrüßt ferner die Tatsache, dass nun eine Europäische Raumfahrtpolitik geschaffen
werden kann, die in den Bereich der Forschung und technologischen Entwicklung und
damit in den Bereich der geteilten Zuständigkeit fällt und deren Ziele die Förderung des
wissenschaftlichen und technischen Fortschritts, die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie
und die Umsetzung der Politiken der Union sind; fordert die Kommission auf, die für die
Schaffung eines europäischen Raumfahrtprogramms erforderlichen
Rechtsetzungsmaßnahmen zu ergreifen;
3. nimmt mit Befriedigung zur Kenntnis, dass der Verfassungsvertrag eine Energiepolitik der
Union vorsieht, die mit einer eigenen Rechtsgrundlage ausgestattet ist, in der das
Verfahren festgelegt wird, d.h. Mitentscheidung und qualifizierter Mehrheitsbeschluss,
und die in den Bereich der geteilten Zuständigkeit fällt, während sie gleichzeitig darauf
abzielt, das effiziente Funktionieren des Energiemarkts und die
Energieversorgungssicherheit zu gewährleisten und die Energieeffizienz und erneuerbare
Energien zu fördern;
4. unterstützt als Interims-Maßnahme und im Hinblick auf das Auslaufen des EuratomVertrags dessen Abtrennung vom Verfassungsvertrag sowie die Trennung der
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Rechtspersönlichkeit der Euratom-Gemeinschaft von der neuen Rechtspersönlichkeit der
Europäischen Union;
5. wiederholt seine Auffassung, wonach der Euratom-Vertrag
a) aufgrund seines zwischenstaatlichen Charakters möglicherweise nicht mit der Logik
des Verfassungsvertrags in Einklang steht,
b) durch die Festsetzung eines eigenen Zolltarifs möglicherweise nicht mit der
ausschließlichen Zuständigkeit der Union in diesem Bereich vereinbar ist,
c) durch die Wahrnehmung eigener Außenbeziehungen nicht mit dem auswärtigen
Handeln der Union vereinbar ist,
d) durch die Beibehaltung eigener institutioneller Bestimmungen und getrennter
Aktionen und Politiken im Bereich der Forschung, Investitionen und Zusammenarbeit
möglicherweise nicht mit der Logik des Verfassungsvertrags in Einklang steht,
e) aufgrund der Aushandlung und des Abschlusses eigener internationaler Übereinkünfte
möglicherweise nicht mit dem für internationale Übereinkünfte vorgesehen Verfahren
(Art. III-325) vereinbar ist;
6. unterstreicht die Notwendigkeit, die Aspekte des Euratom-Vertrags, die die Forschung
betreffen, in den entsprechenden Teil des Verfassungsvertrags zu übertragen;
Forschung und technologische Entwicklung
7. ist der Auffassung, dass im Verfassungsvertrag die Gelegenheit versäumt wurde, die
einschlägigen Artikel der derzeitigen Verträge zu ändern und diesen Teil unter
Berücksichtigung der Logik der geteilten Zuständigkeit effizienter zu gestalten, da:
a) die Grundlagenforschung keine Priorität darstellt,
b) das Protokoll über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), das
dem Vertrag von Nizza als Anhang beigefügt ist, den neu geschaffenen
Forschungsfonds für Kohle und Stahl nicht mit dem unter das Legislativverfahren
fallenden Rahmenprogramm (d.h. Mitentscheidung und Beschluss mit qualifizierter
Mehrheit) verknüpft hat,
c) auch wenn das Rahmenprogramm unter die Mitentscheidung fällt, dies für die
spezifischen Programme nicht der Fall ist;
8. bedauert den fehlenden Verweis auf die generelle Konsultation des Ausschusses der
Regionen in Innovations- und Forschungsfragen; fordert, dass der regionale Aspekt von
Innovation und Forschung ausdrücklich erwähnt wird.
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VERFAHREN
Titel
Vertrag über eine Verfassung für Europa
Verfahrensnummer
2004/2129(INI)
Federführender Ausschuss
Verstärkte Zusammenarbeit
Verfasser(in) der Stellungnahme
Datum der Benennung
AFCO
[COOPNO]
Johannes (Hannes) Swoboda
13.9.2004
Prüfung im Ausschuss
7.10.2004
Datum der Annahme der Vorschläge
23.11.2004
Ergebnis der Schlussabstimmung
Ja-Stimmen:
Nein-Stimmen:
Enthaltungen:
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Mitglieder
Richard James Ashworth, Ivo Belet, Šarūnas Birutis, Jan Březina,
Pilar del Castillo Vera, Jorgo Chatzimarkakis, Giles Chichester,
Garrelt Duin, Lena Ek, Nicole Fontaine, Adam Gierek, Umberto
Guidoni, András Gyürk, Fiona Hall, David Hammerstein Mintz,
Rebecca Harms, Romana Jordan Cizelj, Werner Langen, Pia Elda
Locatelli, Eluned Morgan, Angelika Niebler, Reino Paasilinna, Pier
Antonio Panzeri, Umberto Pirilli, Miloslav Ransdorf, Vladimír
Remek, Herbert Reul, Teresa Riera Madurell, Mechtild Rothe, Paul
Rübig, Andres Tarand, Britta Thomsen, Patrizia Toia, Claude Turmes,
Nikolaos Vakalis, Alejo Vidal-Quadras Roca, Dominique Vlasto
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Stellvertreter(innen)
María del Pilar Ayuso González, Etelka Barsi Pataky, Zdzisław
Kazimierz Chmielewski, Dorette Corbey, Avril Doyle, Françoise
Grossetête, Malcolm Harbour, Satu Hassi, Erika Mann, Giovanni
Pittella
22.11.2004
33
5
3
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Stellv. (Art. 178 Abs. 2)
PE 347.119v04-00
DE
96/144
RR\550131DE.doc
26.11.2004
STELLUNGNAHME DES AUSSCHUSSES FÜR REGIONALE ENTWICKLUNG
für den Ausschuss für konstitutionelle Fragen
zu dem Vertrag über eine Verfassung für Europa
(2004/2129([INI]))
Verfasser der Stellungnahme: Carlos José Iturgaiz Angulo
VORSCHLÄGE
Der Ausschuss für regionale Entwicklung ersucht den federführenden Ausschuss für
konstitutionelle Fragen, folgende Vorschläge in seinen Entschließungsantrag zu übernehmen:
– unter Hinweis auf die territoriale Gliederung der einzelnen Mitgliedstaaten, wie sie in
ihrer jeweiligen Verfassung festgelegt ist,
A. unter Hinweis darauf, dass in der Präambel der Charta der Grundrechte, die in Titel II des
Verfassungsentwurfs aufgenommen wurde, die "nationale Identität der Mitgliedstaaten
und die Organisation ihrer staatlichen Gewalt auf nationaler, regionaler und lokaler
Ebene" anerkannt wird,
B. in der Erwägung, dass die Europäische Union gemäß Artikel I-1 des Verfassungsentwurfs
auf der zweifachen Legitimität der Staaten und der Bürger begründet ist,
C. unter Hinweis auf die Rolle der regionalen und lokalen Verwaltungen im europäischen
Aufbauwerk; in der Erwägung, dass in Artikel I-5 des Verfassungsentwurfs ausdrücklich
die lokale und regionale Selbstverwaltung als integraler Bestandteil der nationalen
Identität der Mitgliedstaaten erwähnt wird,
D. in der Erwägung, dass der Ausschuss der Regionen dazu aufgerufen ist, gemeinsam mit
dem Europäischen Parlament eine entscheidende Rolle bei der Einbindung der lokalen
und regionalen Körperschaften in die Arbeiten der Union zu übernehmen,
E. unter Hinweis darauf, dass das Subsidiaritätsprinzip eine der Grundlagen des europäischen
Aufbauwerks ist und im Verfassungsentwurf richtigerweise gestärkt wurde,
F. unter nachdrücklichem Hinweis darauf, dass die Politik des wirtschaftlichen, sozialen und
regionalen Zusammenhalts einer der Grundpfeiler des europäischen Aufbauwerks und der
wichtigste Ausdruck des Grundsatzes der Solidarität ist; in der Erwägung, dass es
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unerlässlich ist, dass sowohl die alten als auch die neuen Mitgliedstaaten der Europäischen
Union weiterhin Nutzen aus dieser Politik ziehen, um auf diese Weise eine geordnete
Entwicklung ihrer Volkswirtschaften und Gesellschaften zu fördern,
1. bekundet seine Genugtuung darüber, dass im Verfassungsentwurf die nationale Identität
der Mitgliedstaaten in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht anerkannt und
gewährleistet wird;
2. bekundet seine Genugtuung darüber, dass im Verfassungsentwurf die Mitwirkung der
nationalen Parlamente an der Kontrolle des Subsidiaritätsprinzips eingeführt wurde;
3. ist erfreut darüber, dass im Verfassungsentwurf ein Verfahren der frühzeitigen
Konsultation in der Phase vor der Ausarbeitung eines europäischen Rechtsakts eingeführt
wird, das im weiteren Verlauf der regionalen und lokalen Dimension der beabsichtigten
Maßnahmen Rechnung tragen soll;
4. unterstützt die Stärkung des Ausschusses der Regionen, dem die Möglichkeit zuerkannt
wird, Beschwerde gegen Rechtsakte, für deren Annahme seine vorherige Konsultation
erforderlich ist, und zur Wahrung seiner Vorrechte einzulegen; begrüßt ebenso die dem
Ausschuss der Regionen übertragene neue Aufgabe als einer der Hüter des
Subsidiaritätsprinzips;
5. bekundet seine Genugtuung darüber, dass der regionale Zusammenhalt - und nicht nur der
wirtschaftliche und soziale Zusammenhalt - als eines der Ziele und eine der geteilten
Zuständigkeiten der Union anerkannt worden ist; bedauert jedoch, dass die finanzielle
Dimension des Zusammenhalts nicht ausdrücklich anerkannt wird;
6. ist erfreut darüber, dass im Verfassungsentwurf der Grundsatz des Zugangs zu den
Diensten von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne der Förderung des
sozialen und regionalen Zusammenhalts der Union anerkannt und respektiert wird;
7. bedauert, dass im Verfassungsentwurf weder die Anwendung des ordentlichen
Gesetzgebungsverfahrens (Mitentscheidung) noch die Abstimmung mit qualifizierter
Mehrheit im Rat für die Annahme der Gesetze vorgesehen werden, in denen die
allgemeinen Vorschriften über die Strukturfonds und den Kohäsionsfonds ab 2007
festgelegt werden, wie dies im Text des Konvents zur Zukunft Europas vorgesehen war;
8. ist erfreut darüber, dass im Verfassungsentwurf unter den wesentlichen Zielen der Politik
des Zusammenhalts ausdrücklich die strukturell benachteiligten Regionen (Inseln,
Bergregionen, Grenzregionen und Gebiete mit geringer Bevölkerungsdichte) Erwähnung
finden;
9. ist erfreut darüber, dass die Vorschrift über die Vereinbarkeit der regionalen Beihilfen mit
einem spezifischen Verweis auf die Regionen der Union in äußerster Randlage
vervollständigt worden ist; hofft, dass der neue spezifische Status, der im
Verfassungsentwurf für die Regionen in äußerster Randlage konzipiert worden ist,
automatisch auf die Gesamtheit dieser Regionen Anwendung finden wird, da sie alle mit
strukturellen, wirtschaftlichen und sozialen Problemen konfrontiert sind, die unbedingt
bewältigt werden müssen;
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10. bedauert, dass in Abschnitt 3 des Kapitels III von Titel III des Entwurfs eines
Verfassungsvertrags betreffend den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen
Zusammenhalt unter den vorrangigen Begünstigten der Effekte der Politik zur
Verwirklichung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts nicht
ausdrücklich die Städte bzw. die städtischen Gebiete aufgeführt werden, die mit großen
wirtschaftlichen und sozialen Schwierigkeiten konfrontiert sind.
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DE
VERFAHREN
Titel
Vertrag über eine Verfassung für Europa
Verfahrensnummer
2004/2129(INI)
Federführender Ausschuss
AFCO
Verstärkte Zusammenarbeit
nein
Verfasser der Stellungnahme
Datum der Benennung
Carlos José Iturgaiz Angulo
31.8.2004
Prüfung im Ausschuss
28.9.2004
Datum der Annahme der Vorschläge
25.11.2004
Ergebnis der Schlussabstimmung
Ja-Stimmen:
Nein-Stimmen:
Enthaltungen:
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Mitglieder
Alfonso Andria, Stavros Arnaoutakis, Jean Marie Beaupuy, Adam
Jerzy Bielan, Jana Bobošíková, Graham Booth, Bairbre de Brún,
Giovanni Claudio Fava, Gerardo Galeote Quecedo, Iratxe García
Pérez, Eugenijus Gentvilas, Lidia Joanna Geringer de Oedenberg, Zita
Gurmai, Marian Harkin, Konstantinos Hatzidakis, Jim Higgins, Alain
Hutchinson, Carlos José Iturgaiz Angulo, Mieczysław Edmund
Janowski, Gisela Kallenbach, Tunne Kelam, Miloš Koterec,
Constanze Angela Krehl, Jamila Madeira, Sérgio Marques, Ioannis
Matsis, Miroslav Mikolášik, Francesco Musotto, James Nicholson,
Lambert van Nistelrooij, István Pálfi, Francisca Pleguezuelos Aguilar,
Elisabeth Schroedter, Alyn Smith, Grażyna Staniszewska, Catherine
Stihler, Margie Sudre, Salvatore Tatarella, Kyriacos Triantaphyllides
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Stellvertreter(innen)
Philip Bradbourn, Jan Březina, Ole Christensen, Mojca Drčar Murko,
Richard Falbr, Richard Seeber, Thomas Ulmer, Daniel Varela
Suanzes-Carpegna
34
4
8
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Stellv. (Art. 178 Abs. 2)
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23.11.2004
STELLUNGNAHME DES LANDWIRTSCHAFTSAUSSCHUSSES
für den Ausschuss für konstitutionelle Fragen
zu dem Vertrag über eine Verfassung für Europa
(2004/2129(INI))
Verfasser der Stellungnahme: Friedrich-Wilhelm Graefe zu Baringdorf
BEGRÜNDUNG
Das Europäische Parlament hat im Bereich der Agrarwirtschaft lange um die Mitentscheidung
kämpfen müssen. Seit Anbeginn der Gemeinsamen Agrarpolitik vor fast einem halben
Jahrhundert war das Europäischen Parlament und sein Ausschuss für Landwirtschaft und
ländliche Entwicklung nur als Anhörungsinstanz beteiligt. Der Rat der Agrarminister kann bis
auf den heutigen Tag die Meinung des Europäischen Parlaments ignorieren und ohne jegliche
demokratische Kontrolle über knapp die Hälfte des Haushalts der Union verfügen.
Dieses Demokratiedefizit hat notwendige Reformen über Jahrzehnte unmöglich gemacht und
große Krisen im Bereich der Volksgesundheit, der Umwelt und des Tierschutzes
heraufbeschworen. Die BSE-Krise hätte das katastrophale Ausmaß nicht erreicht, wäre das
Parlament damals im Rahmen der Mitentscheidung an Vorsorge- und
Bekämpfungsmaßnahmen beteiligt gewesen.
Das Europäische Parlament, insbesondere der Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche
Entwicklung, hat sich nie mit diesem Demokratiedefizit abgefunden. Informell hat es oft eine
Art Mitentscheidung gegen den Rat erzwungen, durch Aussetzen seiner Stellungnahmen und
Verhandlungen mit der Kommission. Es ist zu begrüßen, dass seit dem Amsterdamer Vertrag
die Mitentscheidungsrechte zumindest im Bereich des Umweltschutzes, der
Lebensmittelsicherheit und des Verbraucherschutzes Anwendung finden. Aber die
Gemeinsame Agrarpolitik mit ihren machtvollen Instrumenten der Marktordnung, der
Investitions- und Einkommensförderung steht immer noch nicht unter der Kontrolle der
einzigen durch direkte Wahlen demokratisch legitimierten europäischen Institution.
Erst der Verfassungsentwurf des Europäischen Konvents hat einen Zugewinn an
demokratischer Legitimation in Aussicht gestellt. Dies geschah trotz heftiger Gegenwehr von
Seiten einiger Mitgliedstaaten, die eine Reduzierung der nationalen Einnahmen aus dem EUHaushalt befürchteten. Nun unterliegen immerhin alle agrarpolitischen
Grundsatzentscheidungen der Mitbestimmung des EP. In bestimmten Fragen, insbesondere
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die Festsetzung von Quoten, Preisen und mengenmäßigen Beschränkungen, stellt der
Verfassungsentwurf jedoch eine Verschlechterung gegenüber der gegenwärtigen Situation
dar; in diesen Fragen soll nämlich der Rat ohne Beteiligung des Europäischen Parlaments
entscheiden. So ist im Ergebnis der Kompromiss der Regierungskonferenz von Brüssel ein
Schritt in die richtige Richtung, aber noch keine umfassende Mitentscheidung.
Ein ganz erhebliches Defizit des Kompromisses von Brüssel liegt weiterhin darin, dass in Teil
III, Artikel III-123 die vor einem halben Jahrhundert beschlossenen Ziele der Gemeinsamen
Agrarpolitik völlig unverändert in den Verfassungstext übernommen wurden. Sie stehen heute
im Widerspruch zu der inzwischen mehrfach reformierten Agrarpolitik und geben keinen
neuen Impuls für die dringend notwendige spezifische Förderung der ländlichen Wirtschaft
und die Integration der Umweltpolitik und des Tierschutzes. Auch ist es nicht sinnvoll, die
Gemeinsame Agrarpolitik von ländlicher Entwicklung und den Beziehungen zu den
Entwicklungsländern und anderen Handelspartnern getrennt zu behandeln.
Der Berichterstatter stellt deshalb fest, dass der im Rahmen des Verfassungstextes erreichte
Kompromiss ein Fortschritt mit Mängeln ist, die in Zukunft beseitigt werden müssen. Diese
Mängel stellen aber den großen Erfolg der europäischen Integration in der gemeinsamen
Verfassung nicht in Frage. Vielmehr sollte das Parlament im bevorstehenden
Ratifizierungsprozess alles unternehmen, um den Bürgern die Fortschritte nahe zu bringen,
die mit der Verabschiedung der Verfassung für sie konkret verbunden sind. Die Gemeinsame
Agrarpolitik war und ist ein Grundpfeiler der europäischen Integration und sie wird es
bleiben, wenn sie nach außen für faire internationale Handelsbeziehungen im Bereich der
Lebensmittel und Rohstoffe eintritt und sich nach innen den neuen Herausforderungen der
ländlichen Entwicklung und einer ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltigen
Landwirtschaft stellt. Dazu gehört insbesondere, dass unsere Ressourcen umweltschonend
genutzt werden, unsere landwirtschaftlichen Betriebe wirtschaftlich überlebensfähig bleiben,
die landwirtschaftlichen Produkte den Verbrauchern zu angemessenen Preisen zur Verfügung
gestellt werden, und die Agrarpolitik sowohl für die Landwirte als auch für die gesamte
Gesellschaft akzeptabel ist.
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VORSCHLÄGE
Der Landwirtschaftsausschuss ersucht den federführenden Ausschuss für konstitutionelle
Fragen, folgende Vorschläge in seinen Entschließungsantrag zu übernehmen:
1. begrüßt die Ausdehnung der Mitentscheidung des Europäischen Parlaments auf die
gemeinsame Organisation der Agrarmärkte sowie die anderen Bestimmungen, die für die
Verwirklichung der Ziele der Gemeinsamen Agrarpolitik notwendig sind; fordert jedoch,
dass im Rahmen einer künftigen Revision des Verfassungsvertrags die insbesondere in
den Artikeln III-230 Absatz 2 sowie III-231 Absatz 3 verbliebenen Lücken der
Mitentscheidung im Agrarbereich geschlossen werden;
2. bedauert in diesem Zusammenhang außerordentlich, dass Angelegenheiten, die bislang
der Konsultation unterworfen waren, insbesondere die Festlegung von Quoten, Preisen
und mengenmäßigen Beschränkungen in Artikel III-231 Absatz 3, nunmehr allein vom
Rat ohne Beteiligung des Parlaments beschlossen werden; hält dies für kontraproduktiv
angesichts der ansonsten im Verfassungsvertrag erkennbaren Tendenz zum Abbau des
demokratischen Defizits; weist den Rat insoweit darauf hin, dass es im Rahmen seiner
legislativen Kompetenz die Bedingungen für die Regelung der in Artikel III-231 Absatz 3
genannten Gegenstände inhaltlich so weit wie möglich festlegen wird; wiederholt seine
Forderung, dass Angelegenheiten, die bislang der Konsultation unterworfen waren und in
dem Verfassungsvertrag im Agrarbereich, insbesondere in Artikel III-231 Absatz 3,
bislang als Gegenstand von Verordnungen bzw. Beschlüssen des Rates betrachtet werden,
zukünftig nur dann unter die Durchführungsbefugnis der Kommission fallen dürfen, wenn
ihr diese Befugnis vom Parlament und vom Rat mit einem nach dem
Mitentscheidungsverfahren angenommenen Rechtsakt vorher übertragen worden ist;
3. weist darauf hin, dass die in Artikel III-227 genannten Ziele der Gemeinsamen
Agrarpolitik im Widerspruch zu den in Artikel I-3 formulierten Zielen der Europäischen
Union stehen; hält es auch aus diesem Grund für unerlässlich, dass die Ziele der
Gemeinsamen Agrarpolitik aktualisiert werden, um der jüngsten Entwicklung dieser
Politik und insbesondere ihrer multifunktionalen Rolle gegenüber den Landwirten selbst,
der ländlichen Entwicklung, der Umwelt und den Verbrauchern Rechnung zu tragen;
4. hält im Hinblick auf die Ziele der Gemeinsamen Agrarpolitik den folgenden Text für
angemessen:
"Ziel der Gemeinsamen Agrarpolitik ist es:
a) in der Europäischen Union eine multifunktionale, umwelt- und landschaftsgerechte
Landwirtschaft zu unterstützen, die die biologische Vielfalt fördert;
b) die Produktivität der Landwirtschaft durch Förderung und verantwortungsbewusste
Nutzung des technischen Fortschritts, Rationalisierung der landwirtschaftlichen
Erzeugung und bestmöglichen Einsatz der Produktionsfaktoren, insbesondere der
Arbeitskräfte, zu steigern;
c) der landwirtschaftlichen und ländlichen Bevölkerung, insbesondere durch
Weiterführung der Politik der ländlichen Entwicklung und durch Erhöhung des ProRR\550131DE.doc
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Kopf-Einkommens der in der Landwirtschaft tätigen Personen, vergleichbare Lebensund Einkommensbedingungen zu gewährleisten;
d) die Märkte zu stabilisieren;
e) die Versorgung sicherzustellen;
f) für die Belieferung der Verbraucher zu angemessenen Preisen Sorge zu tragen;
g) die Qualität und die Sicherheit der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und
Nahrungsmittel zu fördern“;
5. begrüßt die Aufhebung der im Haushaltsbereich bislang bestehenden Unterscheidung
zwischen obligatorischen Ausgaben, die bislang im Wesentlichen den Agrarbereich
betrafen, und nicht-obligatorischen Ausgaben; dies stellt eine substanzielle Erweiterung
der Haushaltsrechte des Europäischen Parlaments dar.
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VERFAHREN
Titel
Vertrag über eine Verfassung für Europa
Verfahrensnummer
2004/2129(INI)]
Federführender Ausschuss
AFCO
Verstärkte Zusammenarbeit
--
Verfasser(in) der Stellungnahme
Datum der Benennung
Friedrich-Wilhelm Graefe zu Baringdorf
26.7.2004
Prüfung im Ausschuss
2.9.2004
Datum der Annahme der Vorschläge
23.11.2004
Ergebnis der Schlussabstimmung
Ja-Stimmen:
Nein-Stimmen:
Enthaltungen:
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Mitglieder
Joseph Daul (Vorsitzender), Jean-Claude Fruteau (stellvertretender
Vorsitzender), Friedrich-Wilhelm Graefe zu Baringdorf
(stellvertretender Vorsitzender), Peter Baco, Katerina Batzeli, Niels
Busk, Albert Deß, Gintaras Didžiokas, Michl Ebner, Ioannis
Gklavakis, Lutz Goepel, María Esther Herranz García, Heinz
Kindermann, Albert Jan Maat, Mairead McGuinness, Rosa Miguélez
Ramos, Neil Parish, Agnes Schierhuber, Czesław Adam Siekierski,
Csaba Sándor Tabajdi, Marc Tarabella, Kyösti Tapio Virrankoski
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Stellvertreter(innen)
Ilda Figueiredo, Gábor Harangozó, Wolfgang Kreissl-Dörfler,
Antonio Masip Hidalgo, James Nicholson, Markus Pieper, Karin
Resetarits
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Stellv. (Art. 178 Abs. 2)
--
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5.10.2004
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28
-1
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24.11.2004
STELLUNGNAHME DES FISCHEREIAUSSCHUSSES
für den Ausschuss für konstitutionelle Fragen
zu dem Vertrag über eine Verfassung für Europa
(2004/2129(INI))
Verfasser der Stellungnahme: Ian Stewart Hudghton
VORSCHLÄGE
Der Fischereiausschuss ersucht den federführenden Ausschuss für konstitutionelle Fragen,
folgende Vorschläge in seinen Entschließungsantrag zu übernehmen:
1. begrüßt die im Verfassungsentwurf erfolgte Anerkennung des Grundsatzes der
Subsidiarität und stellt fest, dass im Fischereisektor die bevorstehende Einrichtung
Regionaler Beiräte als Ausfluss dieses wichtigen Verfassungsgrundsatzes und als
bedeutender Schritt für die Rückgabe des Fischereimanagements an überwiegend lokale
Entscheidungsträger betrachtet werden kann;
2. bedauert, dass der Verfassungsentwurf den Fischereisektor in weiten Teilen als
Nebensektor der Landwirtschaft betrachtet und dass in keiner Weise auf die besonderen
Merkmale des Fischereisektors hingewiesen wird, der von Natur aus in erster Linie für die
Gemeinschaften und Volkswirtschaften von bestimmten Regionen und Mitgliedstaaten
mit Seeküsten von Bedeutung ist;
3. bedauert ferner den Umstand, dass aufgrund dieser mangelnden Anerkennung der
besonderen Merkmale des Fischereisektors Gebiete und Mitgliedstaaten, die nicht von der
Fischerei abhängen, einen unverhältnismäßig großen Einfluss in Angelegenheiten des
Fischereimanagements erhalten;
4. vertritt die Auffassung, dass der Verfassungsentwurf die Mitgliedstaaten in keiner Weise
davon abhalten sollte, weitere Maßnahmen zum Erhalt der Fischereireserven zu ergreifen,
unter der Voraussetzung, dass entsprechende Maßnahmen ausschließlich für Schiffe unter
der jeweiligen Flagge gelten und dass sie mit den Bestimmungen der gemeinsamen
Fischereipolitik vereinbar und nicht weniger verbindlich als diese sind;
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106/144
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5. bedauert den Umstand, dass die ausschließliche Zuständigkeit der Europäischen Union im
Bereich der biologischen Meeresressourcen, die zuvor gemäß dem Urteil von 1976 im Fall
Kramer zum sekundären Gemeinschaftsrecht gehörte, durch den Verfassungsentwurf zu
einem Bereich des primären Verfassungsrechts werden soll;
6.
vertritt die Auffassung, dass im Zusammenhang mit den übrigen im Verfassungsentwurf
aufgeführten ausschließlichen Zuständigkeiten der EU die Einbeziehung des Erhalts der
biologischen Meeresressourcen anormal und nicht gerechtfertigt ist;
7.
begrüßt den Umstand, dass nach der Annahme der Verfassung für Europa das Verfahren
der Mitentscheidung für die Gesetzgebung im Fischereisektor gelten wird.
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107/144
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VERFAHREN
Titel
Vertrag über eine Verfassung für Europa
Verfahrensnummer
2004/2129(INI)
Federführender Ausschuss
Verstärkte Zusammenarbeit
Verfasser(in) der Stellungnahme
Datum der Benennung
AFCO
Nein
Ian Stewart Hudghton
22.9.2004
Prüfung im Ausschuss
4.10.2004
Datum der Annahme der Vorschläge
24.11.2004
Ergebnis der Schlussabstimmung
Ja-Stimmen:
Nein-Stimmen:
Enthaltungen:
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Mitglieder
Stavros Arnaoutakis, Elspeth Attwooll, Luis Manuel Capoulas Santos,
Giorgio Carollo, David Casa, Paulo Casaca, Zdzisław Kazimierz
Chmielewski, Antonio De Poli, Carmen Fraga Estévez, Ioannis
Gklavakis, Ian Stewart Hudghton, Heinz Kindermann, Rosa Miguélez
Ramos, Philippe Morillon, Seán Ó Neachtain, Neil Parish, Sérgio
Ribeiro, Struan Stevenson, Catherine Stihler, Margie Sudre, Daniel
Varela Suanzes-Carpegna
Simon Coveney, Duarte Freitas, Henrik Dam Kristensen
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Stellvertreter(innen)
24.11.2004
23
0
4
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Stellv. (Art. 178 Abs. 2)
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DE
108/144
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25.11.2004
STELLUNGNAHME DES RECHTSAUSSCHUSSES
für den Ausschuss für konstitutionelle Fragen
zu dem Vertrag über eine Verfassung für Europa
(2004/2129(INI))
Verfasserin der Stellungnahme: Maria Berger
VORSCHLÄGE
Der Rechtsausschuss ersucht den federführenden Ausschuss für konstitutionelle Fragen, die
folgenden Vorschläge in seinen Entschließungsantrag einzubeziehen:
Änderungsantrag 1
Erwägung I Buchstabe da) (neu)
da)
die Beseitigung von Widersprüchen zwischen den Zielen und Grundsätzen gemäß
Teil I der Verfassung und den Bestimmungen von Teil III, die aufgrund des
Umstands, dass dem Konvent auf dem Europäischen Rat von Thessaloniki teilweise
das Mandat entzogen wurde, in der Fassung des Präsidiumsentwurfs angenommen
werden musste, obwohl eine breite Mehrheit im Konvent weitreichende Änderungen
gefordert hatte;
Änderungsantrag 2
Ziffer 2 Buchstabe e)
e) die Rechtsakte der Union wurden vereinfacht und ihre Namen wurden abgeändert, um
sie an die Rechtsordnung und die Hierarchie der Mitgliedstaaten anzupassen; die
Rechtsakte bestehen aus folgenden Kategorien: Gesetzgebungsakte, nämlich das
Europäische Gesetz und das Rahmengesetz, und Rechtsakte ohne Gesetzescharakter,
nämlich Europäische Verordnungen und Beschlüsse; es wird klar unterschieden
zwischen Rechtsakten mit direktem Umfang und direkter Geltung einerseits und
Rechtsakten mit indirektem Umfang und indirekter Geltung andererseits;
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Änderungsantrag 3
Ziffer 3 Buchstabe g)
g) die Vielfalt der Gesetzgebungsinstrumente der Europäischen Union und der Verfahren für
ihre Annahme wird verringert; es wird eine Normenhierarchie eingeführt; die
Kommission kann mit Hilfe einer Befugnisübertragung und unter direkter Kontrolle
des Gesetzgebers die Gesetzgebungsakte zur Ausführung bringen oder vervollständigen,
was dazu beitragen wird, Qualität, Einfachheit und Anpassungsfähigkeit der
europäischen Gesetzgebung zu verbessern; außerdem wird die allgemeine Regelung, die
auf die Durchführungsrechtsakte anwendbar ist („Komitologie“), im Wege der
Mitentscheidung beschlossen;
Änderungsantrag 4
Ziffer 3 Buchstabe ja) (neu)
ja) die an der Funktionsweise und an den Zuständigkeiten des Gerichtshofes
vorgenommenen Änderungen werden es diesem gestatten, mit einer größeren Effizienz
zu handeln;
Änderungsantrag 5
Ziffer 4 ba) (neu)
ba) die Rechtsakte der Union können einer wirklichen Vorabkontrolle im Hinblick auf die
Subsidiarität unterzogen werden, an der sich die nationalen Parlamente und selbst die
regionalen Parlamente beteiligen können, sowie auf Betreiben der Parlamente oder des
Ausschusses der Regionen einer nachträglichen gerichtlichen Kontrolle;
Änderungsantrag 6
Ziffer 4 Buchstabe g)
g) obwohl die Befugnisse des Europäischen Parlaments in Bezug auf eine bessere
Regulierung und Überwachung der Ausübung von Durchführungsbefugnissen durch
die Kommission nicht ausdrücklich in der Verfassung festgelegt werden, erfolgt die
Ausübung der delegierten Gesetzgebungsbefugnisse und der Durchführungsbefugnisse
durch die Kommission mit Hilfe Europäischer Gesetze im Rahmen eines neuen Systems
der gemeinsamen Überwachung durch das Europäische Parlament und den Rat, wodurch
es jedem der beiden Organe ermöglicht werden sollte, die Umsetzung von
Kommissionsbeschlüssen, die sie ablehnen, zu verhindern;
Änderungsantrag 7
Ziffer 5 Buchstabe a)
a) alle Vorschriften des Rechts der Europäischen Union und alle Handlungen der
Institutionen der Europäischen Union oder solche, die auf dem Recht der Europäischen
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Union beruhen, müssen den im Verfassungsentwurf niedergelegten Grundrechtsnormen
entsprechen, insbesondere in Teil II des Entwurfs, mit dem die Charta der Grundrechte
übernommen wird, die damit rechtsverbindlich wird, obwohl die Erklärung zu den
Erläuterungen in Bezug auf die Charta der Grundrechte in der unter der
Verantwortung des Präsidiums des Konvents erfolgten Aktualisierung darauf abzielt,
die Auslegung der Charta durch die Gerichte der Union und der Mitgliedstaaten zu
beschränken;
Änderungsantrag 8
Ziffer 5 Buchstabe c)
c) durch die Einführung einer Europäischen Bürgerinitiative wird ein Instrument der
unmittelbaren Demokratie in die Verfassung aufgenommen, das es den Bürgern
ermöglicht, Vorschläge zu Fragen vorzulegen, bei denen zur Umsetzung der Verfassung
ihres Erachtens ein Rechtsakt der Union erforderlich ist;
Änderungsantrag 9
Ziffer 8 a (neu)
8a.
fordert die Organe auf, den Zeitraum der Ratifizierung dazu zu nutzen, das
Inkrafttreten der Verfassung so vorzubereiten, dass sie ihre Wirkung optimal und
innerhalb möglichst kurzer Zeit entfalten kann;
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111/144
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DE
VERFAHREN
Titel
Vertrag über eine Verfassung für Europa
Verfahrensnummer
2004/2129(INI)
Federführender Ausschuss
AFCO
Verstärkte Zusammenarbeit
Verfasser(in) der Stellungnahme
Datum der Benennung
Diana Wallis
14.9.2004
Prüfung im Ausschuss
21.9.2004
Datum der Annahme der Vorschläge
24.11.2004
Ergebnis der Schlussabstimmung
Ja-Stimmen:
Nein-Stimmen:
Enthaltungen:
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Mitglieder
Maria Berger, Marek Aleksander Czarnecki, Monica Frassoni, PiiaNoora Kauppi, Klaus-Heiner Lehne, Katalin Lévai, Antonio Masip
Hidalgo, Aloyzas Sakalas, Daniel Stroz, Andrzej Jan Szejna, Diana
Wallis, Rainer Wieland, Jaroslav Zvěřina
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Stellvertreter(innen)
Evelin Lichtenberger, Manuel Medina Ortega, Ingo Schmitt, József
Szájer
7.10.2004
26.10.2004
17
0
0
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Stellv. (Art. 178 Abs. 2)
PE 347.119v04-00
DE
112/144
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26.10.2004
STELLUNGNAHME DES AUSSCHUSSES FÜR BÜRGERLICHE FREIHEITEN,
JUSTIZ UND INNERES
für den Ausschuss für konstitutionelle Fragen
zu dem Vertrag über eine Verfassung für Europa
(2004/2129(INI))
Verfasser der Stellungnahme: Stefano Zappalà
VORSCHLÄGE
Der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres ersucht den federführenden
Ausschuss für konstitutionelle Fragen, folgende Vorschläge in seinen Entschließungsantrag
zu übernehmen:
Das Europäische Parlament:
1. bekundet seine Zustimmung zu dem Vertragsentwurf, mit dem die erste Verfassung für
Europa festgelegt wird, und vertritt die Ansicht, dass allein schon die im Raum der
Freiheit, der Sicherheit und des Rechts erzielten Fortschritte eine Ratifizierung des
Vertragsentwurfs durch die Mitgliedstaaten rechtfertigen würden;
2. vertritt die Auffassung, dass der Verfassungsvertrag den Erwartungen des Europäischen
Parlaments hinsichtlich der Schaffung eines echten und wirklichen gemeinsamen Raums
der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts in jeder Hinsicht entspricht;
3. begrüßt,
dass der Verfassungsvertrag das demokratische Defizit behebt, das den
Beschlussfassungsprozess bei der justiziellen und polizeilichen Zusammenarbeit in
Strafsachen gekennzeichnet hat, und dass das Aufgehen der Gemeinschaft in der
Union, die Ausweitung des Gesetzgebungsverfahrens auf die Bereiche des ehemaligen
dritten Pfeilers und die Anwendung der qualifizierten Mehrheit die Gewähr dafür
bieten, dass endlich eine echte „Rechtsunion“ verwirklicht werden kann;
dass die Charta der Grundrechte in den Verfassungsvertrag eingefügt worden ist,
wodurch als unabdingbare Voraussetzung für eine Vollendung des Raums der
Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ein tatsächlicher Schutz dieser Rechte in der
Europäischen Union gewährleistet wird;
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DE
dass der Vertrag vorsieht, dass die Europäische Union dem Europäischen
Übereinkommen zum Schutz der Menschenrechte und der Grundfreiheiten beitritt;
–
dass es dank der Abschaffung der Pfeilerstruktur endlich möglich sein wird, über eine
gemeinsame Rechtsgrundlage für den Datenschutz zu verfügen, wodurch eine
überfällige Angleichung der bestehenden Bestimmungen insbesondere im Bereich der
strafrechtlichen und polizeilichen Zusammenarbeit ermöglicht wird;
–
dass einem Viertel der Mitgliedstaaten das legislative Initiativrecht im Bereich der
justiziellen und polizeilichen Zusammenarbeit in Strafsachen gewährt wird; dass
damit die Mitgliedstaaten aktiv zur Verwirklichung des Raums der Freiheit, der
Sicherheit und des Rechts beitragen können, indem sie der Union Lösungen für
Probleme vorschlagen, die die einzelstaatlichen Grenzen überschreiten;
–
dass die Einwanderungspolitik zu einer echten und vollwertigen Politik der
Europäischen Union wird, wodurch der Ansatz des einfachen Schutzes der inneren
Sicherheit überwunden wird und die Solidarität sowie eine ausgewogene Verteilung
der entsprechenden Verantwortung unter den Mitgliedstaaten gefördert werden, und
dass eine besondere Rechtsgrundlage für die Integration von Bürgerinnen und Bürgern
aus Drittländern geschaffen wird, die sich dauerhaft in der Union niedergelassen
haben;
–
dass erhebliche Fortschritte mit Blick auf die Verwirklichung eines europäischen
Rechtsraumes und zur Förderung der Qualität der Justiz auf europäischer Ebene erzielt
worden sind;
–
dass der Verfassungsvertrag die Umrisse einer europäischer öffentlichen Ordnung
festlegt, in der nicht nur die Sicherheit der Mitgliedstaaten, sondern auch die
Sicherheit der Europäischen Union geschützt wird, und zwar die innere wie die äußere
Sicherheit, und dass dazu die Rolle der Kommission und diejenige von Agenturen wie
Eurojust und Europol gestärkt wird;
–
dass Europol fürderhin nicht mehr auf einer Übereinkunft zwischen Regierungen
beruht, sondern auf einem ordentlichen europäischen Gesetz und unter der Kontrolle
des Europäischen Parlaments, der nationalen Parlamente und des Gerichtshofs tätig
wird;
–
dass der Vertrag eine angemessene Rechtsgrundlage dafür bietet, dass der Rat den
Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts vertiefen kann, und dazu
insbesondere den Umfang der Harmonisierung des materiellen Strafrechts und die
Zuständigkeiten der Europäischen Staatsanwaltschaft ausweitet;
–
dass insbesondere die Rolle der nationalen Parlamente gestärkt wird, vor allem bei der
Kontrolle der Wahrung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit,
bei der Teilnahme am Prozess zur Beurteilung von Eurojust und bei der Ausführung
der Politiken in Bezug auf den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts durch
die Mitgliedstaaten;
-
dass der Kampf gegen den Menschenhandel und die sexuelle Ausbeutung von Frauen
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und Kindern durch den Verfassungsvertrag erleichtert wird (insbesondere durch
Artikel II-65 Ziffer 3, mit der Menschenhandel verboten wird, und Artikel III-271
Ziffer 1, womit Mindestvorschriften zur Festlegung von Straftaten und Strafen in
Bereichen besonders schwerer Kriminalität wie Menschenhandel und sexuelle
Ausbeutung von Frauen und Kindern festgelegt werden können);
4. stellt fest, dass in einigen Punkten eine größere Integration hätte angestrebt werden
können, und wirft insbesondere folgende Fragen auf:
–
die Beschränkungen aufgrund von Artikel III-267 Ziffer 5), mit der den einzelnen
Mitgliedstaaten die Möglichkeit zuerkannt wird, den Umfang der Einreise von
Bürgern aus Drittstaaten in ihr Hoheitsgebiet festzulegen, wodurch faktisch die
Möglichkeit ausgeschlossen wird, eine echte europäische Politik zur Verwaltung der
legalen Einreisen in die Europäische Union zu schaffen;
–
die Angemessenheit der Einfügung einer sogenannten „Emergency brake“-Klausel in
Artikel III-270 Absatz 3 im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen;
–
die Angemessenheit der Tatsache, dass einzelnen Mitgliedstaaten in Bezug auf die
Verfassung besondere Ausnahmeregelungen zugestanden werden;
–
die beschränkte Rolle des Europäischen Parlaments im Bereich der justiziellen
Zusammenarbeit in Zivilsachen in Bezug auf das Familienrecht;
–
den Umstand, dass die Bestimmungen über das Einfrieren von Kapital, von
finanziellen Gütern oder von wirtschaftlichen Gewinnen, wie sie für die Erreichung
der Zielsetzungen des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts unabdingbar
sind, sich im Gegensatz zu den im Wortlaut des Konvents enthaltenen Vorschlägen
auf die Vorbeugung und auf die Bekämpfung des Terrorismus beschränken, wodurch
die Vorbeugung und die Bekämpfung der organisierten Kriminalität und des
Menschenhandels ausgeschlossen werden;
–
die vorgesehenen Grenzen in Bezug auf die Zuständigkeit der Europäischen
Staatsanwaltschaft, verbunden mit dem Wunsch, dass diese Zuständigkeit
gegebenenfalls über den bloßen Schutz der finanziellen Interessen der Union
hinausgeht, wie dies in Artikel III-274 vorgesehen ist;
5. ersucht den Ausschuss für konstitutionelle Fragen, die Mitgliedstaaten aufzufordern, den
Verfassungsvertrag alsbald zu ratifizieren.
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VERFAHREN
Titel
Vertrag über eine Verfassung für Europa
Verfahrensnummer
2004/2129(INI)
Federführender Ausschuss
AFCO
Verstärkte Zusammenarbeit
nein
Verfasser(in) der Stellungnahme
Datum der Benennung
Stefano Zappalà
13.9.2004
Prüfung im Ausschuss
22.9.2004
Datum der Annahme der Vorschläge
25.10.2004
Ergebnis der Schlussabstimmung
Ja-Stimmen:
Nein-Stimmen:
Enthaltungen:
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Mitglieder
Alexander Nuno Alvaro, Roberta Angelilli, Edit Bauer, Kathalijne
Maria Buitenweg, Giusto Catania, Charlotte Cederschiöld, Carlos
Coelho, António Costa, Agustín Díaz De Mera García Consuegra,
Antoine Duquesne, Kinga Gál, Timothy Kirkhope, Ewa Klamt,
Wolfgang Kreissl-Dörfler, Barbara Kudrycka, Stavros Lambrinidis,
Henrik Lax, Sarah Ludford, Edith Mastenbroek, Jaime Mayor Oreja,
Claude Moraes, Hartmut Nassauer, Athanasios Pafilis, Martine Roure,
Michele Santoro, Luciana Sbarbati, Inger Segelström, Ioannis
Varvitsiotis, Manfred Weber, Stefano Zappalà, Tatjana Ždanoka
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Stellvertreter(innen)
Gérard Deprez, Luis Francisco Herrero-Tejedor, Sophia Helena In 't
Veld, Jean Denise Lambert, Marco Pannella, Vincent Peillon, Agnes
Schierhuber, Antonio Tajani
5.10.2004
25.10.2004
36
3
0
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Stellv. (Art. 178 Abs. 2)
PE 347.119v04-00
DE
116/144
RR\550131DE.doc
29.11.2004
STELLUNGNAHME DES PETITIONSAUSSCHUSSES
für den Ausschuss für konstitutionelle Fragen
zu dem Vertrag über eine Verfassung für Europa
(2004/2129(INI))
Verfasser der Stellungnahme: Marcin Libicki
VORSCHLÄGE
Der Petitionsausschuss ersucht den federführenden Ausschuss für konstitutionelle Fragen,
folgende Vorschläge in seinen Entschließungsantrag zu übernehmen:
Einleitung
Der Konvent zur Zukunft Europas wurde – wie es im Vorwort des neuen Entwurfs einer
Verfassung heißt – auf dem Gipfel in Laeken im Dezember 2001 ersucht, Vorschläge zu drei
Themen zu unterbreiten. Die erste der Fragen lautete. „Wie können dem Bürger das
europäische Projekt und die europäischen Organe näher gebracht werden?“
Der Petitionsausschuss ist innerhalb des Europäischen Parlaments am besten in der Lage, eine
Antwort auf diese Frage zu erteilen, weil er innerhalb der Ausschussstruktur des Parlaments
eine einzigartige Stellung innehat und regelmäßige und tägliche Kontakte zu Bürgern aus
sämtlichen Mitgliedstaaten der Union unterhält. Mehr als jeder andere Ausschuss bzw. jedes
andere Organ der Union wird er von den europäischen Bürgern selbst kontinuierlich auf ihre
individuellen Belange und Reaktionen auf europäische Themen verwiesen. Er ist deshalb in
der Lage, ein Urteil darüber zu fällen, was im alltäglichen Leben der Union funktioniert und
wo Defizite bestehen.
Doch der Petitionsausschuss ist nur eine kleine Spitze eines sehr großen europäischen
Eisbergs. Er kann zwar Bürgernähe für sich beanspruchen, doch gleichzeitig ist offenkundig,
dass die Methoden und Praktiken der nichtparlamentarischen Institutionen der Union
weiterhin als entfernt empfunden werden und unbekannt sind bzw. bestenfalls missverstanden
werden; Vertrauen bringt man ihnen nur selten entgegen. Es bedarf wahrscheinlich mehr als
einer Verfassung, um dieses Problem zu lösen.
Der Entwurf einer Verfassung enthält Vorschläge, die es dem europäischen Bürger erlauben
werden, den Rahmen, innerhalb dessen die EU und die Mitgliedstaaten handeln, besser zu
verstehen.
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DE
Rechte
Die Frage der Grundrechte und der Unionsbürgerschaft wird im Entwurf einer Verfassung
unmittelbar angesprochen, und die Charta der Grundrechte wird uneingeschränkt in Teil II in
den Text der Verfassung einbezogen.
Darüber hinaus verpflichtet sich die Union, der Europäischen Konvention zum Schutze der
Menschenrechte und Grundfreiheiten beizutreten, die gegenwärtig nur den Mitgliedstaaten im
Rahmen des Europarates offen steht.
Beim durchschnittlichen Petenten besteht gegenwärtig ein hohes Maß an Unverständnis
darüber, welche Rechte er nach welcher Vereinbarung genießt. Es ist besonders schwierig für
ihn zu verstehen, warum die Union jetzt über eine Grundrechtscharta verfügt, jedoch kein
praktisches Mittel an der Hand hat, um ihre Inkraftsetzung oder konkrete Durchführung sicher
zu stellen. Wenn den Bürgern bedeutet wird, dass sie sich mit ihren Belangen an den
Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wenden sollen und in ihren Mitgliedstaaten
den Rechtsweg beschreiten müssen, ist dies keineswegs eine Antwort auf die Probleme, mit
denen sie sich an den Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments gewandt haben.
Jeder Staatsbürger eines Mitgliedstaates wird Bürger der Union sein. Es gibt keine
Staatsbürgerschaft der EU. Zu den verbrieften Rechten der Bürger gehört das Recht, sich mit
Petitionen an das Europäische Parlament zu wenden; dieses vertragliche Recht steht ihnen seit
dem Vertrag von Maastricht zu.
Die vom Petitionsausschuss und vom Europäischen Parlament unternommenen Bemühungen,
die Abstellung von Rechtsverletzungen im Dienste der Bürger zu erreichen, sind oftmals
erfolgreich, insbesondere dann, wenn in Zusammenarbeit mit den (nationalen, regionalen oder
kommunalen) Behörden der Mitgliedstaaten eine Lösung gefunden wird oder wenn ein
eindeutiger Verstoß gegen die Rechtsvorschriften der EU vorliegt und die Kommission unter
Androhung eines Verstoßverfahrens Druck ausüben kann. Allerdings wird mit Hilfe des
Verstoßverfahrens – sofern es erfolgreich verläuft – lediglich die Einhaltung einer bestimmten
Richtlinie durch den Mitgliedstaat sichergestellt. Für den individuellen Petenten schafft das
Verfahren selten direkte Abhilfe.
Deshalb sind in der Verfassung, in den Durchführungsvorschriften oder im Kontext einer
Interinstitutionellen Vereinbarung klar festgelegte Verfahren erforderlich, die
außergerichtliche Rechtsbehelfe vorsehen, mit deren Hilfe die in Titel II enthaltenen
Vorschriften praktische Wirkung entfalten würden.
Partizipative Demokratie
In Titel VI wird die Teilnahme der Bürger am demokratischen Leben der Union vorgesehen
und bekräftigt; außerdem werden die Befugnisse des Europäischen Bürgerbeauftragten
spezifiziert, der „Beschwerden über Missstände bei der Tätigkeit der Organe, Einrichtungen
und sonstigen Stellen der Union entgegennimmt“. Außerdem enthält der fragliche Titel
Vorschriften über personenbezogene Daten und den Status von Kirchen und
nichtkonfessionellen Organisationen. Es werden verbesserte Regeln für die Transparenz
festgelegt.
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DE
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Solche Vorschriften sind wichtig für den Bürger und damit für den Petitionsausschuss, der die
Tätigkeit des Bürgerbeauftragten überwacht und seine Wahl organisiert.
Artikel 46 geht noch weiter und gibt „den Bürgerinnen und Bürgern und den repräsentativen
Verbänden in geeigneter Weise die Möglichkeit, ihre Ansichten in allen Bereichen des
Handelns der Union öffentlich bekannt zu geben und auszutauschen“. Diese Möglichkeit
haben sie seit geraumer Zeit im Rahmen des Petitionsverfahrens wahrgenommen.
In Artikel 46 Absatz 4 wird jedoch eine völlig neue Möglichkeit für den Bürger bzw. – um
genauer zu sein – für eine Million Bürger geschaffen. Es geht hierbei um die Vorschrift, dass
die Bürger die Initiative zu einem Rechtsakt der Union ergreifen können. Dies stellt eine
große Chance für die Union selbst dar, denn sie kann zeigen, dass sie mit dem Erlass von
Rechtsakten unmittelbar auf die Belange der Bürger reagiert. Diese Möglichkeit sollte jedoch
nicht zum Mittel werden, das Parlament zu umgehen, das die demokratische Vertretung
sämtlicher Bürger der EU ist. Die Möglichkeit sollte – mit anderen Worten – als Ergänzung
zum Handeln des Parlaments und nicht als Ersatz dafür angesehen werden. Deshalb sollte der
Weg über das Parlament eingeschlagen werden, ehe die Kommission aufgefordert wird,
offiziell einen Vorschlag zu unterbreiten.
In dem betreffenden Absatz wird spezifiziert, dass die Bestimmungen über die Verfahren und
Bedingungen, die für eine solche Bürgerinitiative gelten, durch ein europäisches Gesetz
festgelegt werden. Es ist zwingend notwendig, dass derartige Verfahren einfach, klar und
transparent sind und den Bürgern ein effektives Initiativrecht verleihen und eine
kontinuierliche Beteiligung an dem Prozess sicherstellen, der zur Formulierung eines
Legislativvorschlags führt.
Eine solche Maßnahme sollte deshalb als – sehr praktische – Ausweitung des
Petitionsrechts der Bürger in positivem Sinne angesehen werden. Es handelt sich hier in
der Tat um den Kern des Petitionsrechts, das seine logische Konsequenz erhält.
Zu gegebener Zeit möchte der Petitionsausschuss natürlich als federführender Ausschuss –
vielleicht zusammen mit den übrigen zuständigen Ausschüssen des Parlaments, je nach
Thema – in die Vorbereitung des fraglichen Europäischen Gesetzes eingebunden werden.
Der Ausschuss nimmt für sich das Recht und die Verantwortung in Anspruch, integraler
Bestandteil des Prozesses zu sein, der den Bürger direkt in die Ausarbeitung eines
Europäischen Gesetzes einbindet. Es handelt sich hier um eine Frage der Kohärenz und
eine Grundsatzfrage, zu der außerdem praktische Gründe hinzukommen.
Schlussbemerkungen
Der Entwurf eines Vertrags über eine Verfassung für Europa enthält viele spezifische
Vorschriften zu individuellen Rechten und Politikbereichen, die aufgrund der damit
zusammenhängenden Petitionen regelmäßig im Ausschuss erörtert werden. In diesem Kontext
sollte ganz einfach darauf verwiesen werden, dass das Petitionsverfahren vom Grundsatz der
Zusammenarbeit geprägt wird, so dass die Fähigkeit des Parlaments verbessert wird, die
Tätigkeit der Union im Namen der Bürger zu überwachen und zu kontrollieren. Sollten
angemessenere außergerichtliche Rechtsbehelfe vorgesehen werden, würde der Prozess der
Inkraftsetzung des EU-Rechts, dem das Parlament und alle Mitgliedstaaten über den Rat
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DE
zugestimmt haben, noch effizienter gestaltet werden.
Ähnlich ist der Petitionsausschuss der geeignete parlamentarische Rahmen dafür, die
Gesetzesinitiativen der Bürger zu fördern und sie erforderlichenfalls mit Hilfe der direkten
und öffentlichen Beteiligung der Initiatoren weiterzuentwickeln, ehe die Kommission befasst
wird. In nächster Zeit müssen mehr Diskussionen über die letztgenannte Frage stattfinden, um
die Verfahren noch detaillierter auszuarbeiten.
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VERFAHREN
Titel
Vertrag über eine Verfassung für Europa
Verfahrensnummer
2004/2129(INI)]
Federführender Ausschuss
AFCO
Verstärkte Zusammenarbeit
Ja
Verfasser der Stellungnahme
Datum der Benennung
Prüfung im Ausschuss
Marcin Libicki
29.9.2004
29.9.2004
7.10.2004
Datum der Annahme der Vorschläge
23.11.2004
Ergebnis der Schlussabstimmung
Ja-Stimmen:
Nein-Stimmen:
Enthaltungen:
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Mitglieder
Marcin Libicki, Michael Cashman, Marie Panayotopoulos-Cassiotou,
Maria Matsouka, Manolis Mavrommatis, Robert Atkins, Proinsias De
Rossa, Rainer Wieland, Mario Borghezio, Carlos José Iturgaiz
Angulo, David Hammerstein Mintz, Alexandra Dobolyi
22.11.2004
11
0
0
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Stellvertreter(innen)
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Stellv. (Art. 178 Abs. 2)
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DE
STELLUNGNAHME DES EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND
SOZIALAUSSCHUSSES
Brüssel, den 28. Oktober 2004
STELLUNGNAHME
des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses
zu dem
Vertrag über eine Verfassung für Europa
______________
Das Europäische Parlament beschloss am 29. September 2004, den Europäischen Wirtschaftsund Sozialausschuss gemäß Artikel 262 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu folgender
Vorlage zu ersuchen:
Vertrag über eine Verfassung für Europa.
Angesichts der Dringlichkeit der Arbeiten beschloss der Ausschuss auf seiner
411. Plenartagung am 15./16. September 2004, Herrn MALOSSE zum Hauptberichterstatter
zu bestellen. Auf seiner 412. Plenartagung am 27./28. Oktober 2004 (Sitzung vom
28. Oktober) verabschiedete er mit 166 gegen 4 Stimmen bei 6 Stimmenthaltungen folgende
Stellungnahme:
1.
Einleitung
1.1
In seiner Stellungnahme vom 24. September 200368 hat der Europäische Wirtschaftsund Sozialausschuss den Entwurf des Verfassungsvertrags unterstützt. Dabei hob er hervor,
dass es nach der gewünschten Einigung zwischen den Mitgliedstaaten vor allem darum gehen
müsse, dass der Verfassungsvertrag von den Unionsbürgerinnen und -bürgern und von der
Zivilgesellschaft der Mitgliedstaaten der Union stärker mitgetragen wird.
1.2
Wir befinden uns nunmehr in dieser Phase, denn die Debatte über die Ratifizierung
des Vertrags hat unabhängig vom Verfahren für die Ratifizierung – Annahme durch das
Parlament oder Referendum – in allen Staaten der Union begonnen.
1.3
Im Hinblick auf diesen entscheidenden Schritt für die Zukunft des europäischen
Einigungswerks sollten die Bürgerinnen und Bürger darin bestärkt werden, von ihren
persönlichen Interessen und von den Interessen ihrer Bevölkerungs- oder Berufsgruppe, ihrer
Kommune oder ihres Staates, einmal abzusehen: Der Vertrag muss unter dem Blickwinkel
68
Siehe ABl. Nr. C20 vom 14.1.2004, S. 43.
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seiner politischen Bedeutung insgesamt in dem Prozess gesehen werden, den die
Gründerväter der Europäischen Gemeinschaften vor nunmehr über 50 Jahren eingeleitet
haben.
1.4
Der Ausschuss begrüßt in diesem Zusammenhang die Initiative des Ausschusses für
konstitutionelle Fragen des Europäischen Parlaments, ihn um Stellungnahme zu dem
Verfassungsvertrag zu ersuchen. Er beabsichtigt, die ihm dadurch gebotene Möglichkeit in
vollem Umfang zu nutzen:

klare Botschaften an die organisierte Zivilgesellschaft über Inhalt und Tragweite des
Verfassungsvertrags und

Empfehlungen zur Kommunikationsstrategie, die zur Mobilisierung der Zivilgesellschaft
für den Verfassungsvertrag anzunehmen ist.
2.
Klare Botschaften
2.1
Die Methode des Konvents - ein Schritt nach vorn bei der Demokratisierung des
europäischen Einigungswerks
2.1.1 Die Art und Weise, wie der Verfassungsvertrag ausgearbeitet wurde, ist an sich ein
Fortschritt und verdient, gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern hervorgehoben zu werden:
die Verfassung wurde von einem Konvent erarbeitet, der sich mehrheitlich aus Vertretern der
nationalen Parlamente und des Europaparlaments zusammensetzte. Die Bemühungen um die
Einbeziehung der organisierten Zivilgesellschaft im Rahmen von Anhörungen, Konsultationen und der Mitwirkung von Beobachtern, die von den Sozialpartnern und vom Europäischen
Wirtschafts- und Sozialausschuss ausgewählt wurden, waren ein erheblicher Schritt nach
vorn, auch gegenüber der üblichen Praxis in Verfassungsfragen in den meisten Mitgliedstaaten. Der EWSA hat im Übrigen in seiner Stellungnahme vom 24. September 200369 Anregungen dazu vorgelegt, wie die Zivilgesellschaft noch stärker einbezogen werden kann.
2.1.2. Zwar hat es einige Rückschritte gegeben, aber die Regierungskonferenz hat den vom
Konvent vorgelegten Wortlaut des Vertrags nicht grundlegend geändert. Der
Verfassungsvertrag beruht auf einem Konsens zwischen allen politischen Formationen: er ist
das Ergebnis einer wahrhaft demokratischen Debatte.
2.1.3 Zwar hatte der Konvent keine verfassunggebende Gewalt, aber im Hinblick darauf,
dass die Europäische Union nicht nur eine Union der Staaten, sondern auch der Völker
Europas ist, stellt er doch einen entscheidenden Einschnitt gegenüber früheren
Vorgehensweisen dar, bei denen die parlamentarische Vertretung und die Zivilgesellschaft in
keiner Weise einbezogen wurden.
2.1.4 Den Verfassungsvertrag fallen zu lassen würde auch bedeuten, dass das Verfahren zu
seiner Erarbeitung gescheitert wäre. Folglich ist es von fundamentaler Bedeutung, für eine
dauerhafte Verankerung dieser Methode einzutreten (die im Übrigen in dem
Verfassungsvertrag selbst vorgesehen ist).
69
Siehe die Fußnote auf S.1.
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DE
2.1.5 Aus diesem Grunde unterstützt der an den Arbeiten des Konvents beteiligte EWSA die
Legitimität dieses Vertrags, und er fordert alle Konventteilnehmer und Beobachter, die ihre
Unterschrift unter den Vertragstext gesetzt haben, auf, dies ebenfalls zu tun.
2.2
Eine Verfassung - eine "Revolution" in der Geschichte des europäischen
Einigungswerks
2.2.1 Die Verfassung bietet einen neuen Rahmen für die Tätigkeit der Union. Sie enthält
drei Hauptteile, wobei die beiden ersten Teile eine absolute Innovation darstellen: im ersten
Teil werden die Grundsätze und Werte definiert, auf die sich die Union stützt, im zweiten Teil
die Grundrechte der Unionsbürgerinnen und -bürger. Im dritten Teil werden die in den
früheren Verträgen verankerten Politikbereiche der Gemeinschaften übernommen.
2.2.2 Mit der Verfassung werden die geltenden Verträge durch einen einheitlichen und
umfassenden Text ersetzt, sodass die Arbeitsweise der Union für alle verständlicher und
leichter zugänglich wird.
2.2.3 Die Verfassung ersetzt nicht die nationalen Verfassungen, sondern tritt neben diese.
Sie wird für das ganze Hoheitsgebiet der Europäischen Union gelten.
2.2.4 Der Inhalt der Verfassung ist zwar nicht wirklich "revolutionär", aber dass es sich bei
dem neuen Vertrag um eine Verfassung handelt, muss als ein Einschnitt im kollektiven
Bewusstsein der europäischen Völker gelten, die sich nun um ein Ziel scharen und ein
gemeinsames Schicksal haben. Der EWSA ist es sich schuldig, den Bürgerinnen und Bürgern
diesen Fortschritt des europäischen Einigungswerkes nahe zu bringen.
2.3
Eine demokratischere Union, die die Bürgerinnen und Bürger als Souveräne des
europäischen Einigungswerkes anerkennt (Teil I des Vertrags)
2.3.1 Der Zweck des Verfassungsvertrags wird klar genannt: es geht darum, eine politische
Union im Namen der Bürgerinnen und Bürger und der Staaten Europas zu schaffen.
2.3.2 Die wichtigsten Erwartungen der Unionsbürgerinnen und -bürger werden in den
Mittelpunkt der Leitsätze der Union gestellt. So werden "Vollbeschäftigung, eine in hohem
Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft sowie ein hohes Maß an Umweltschutz und
Verbesserung der Umweltqualität" ausdrücklich als Ziele der Union aufgeführt. Die Union
soll zudem "den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt und die Solidarität
zwischen den Mitgliedstaaten" fördern und den Bürgern einen "Raum der Freiheit, der
Sicherheit und des Rechts" bieten.
2.3.3 Die demokratische Legitimität des europäischen Entscheidungsprozesses wird
deutlich gestärkt:
2.3.3.1 Die Kompetenzen des Europäischen Parlaments als Mitgesetzgeber werden
ausgeweitet. Diese Entwicklung kann dazu beitragen, die Wahrnehmung der Bedeutung
dieses EU-Organs durch die Bürgerinnen und Bürger zu verbessern.
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2.3.3.2 Die den nationalen Parlamenten übertragene neue Rolle bietet eine Gewähr gegen
mögliche Exzesse bei der Regelung auf europäischer Ebene. Die Kommission ist verpflichtet,
sie über jede neue Initiative zu unterrichten, und das "Frühwarnsystem" verleiht ihnen die
Befugnis zur Überwachung der Subsidiarität.
2.3.4 Die Bürgerinnen und Bürger werden sich von nun an über die Standpunkte
informieren können, die ihre Regierung im Rat eingenommen hat, denn für den Rat wird eine
Transparenzverpflichtung gelten, sobald er als Gesetzgeber tätig wird.
2.3.5 Erstmals wird die partizipative Demokratie als Grundsatz, als unverzichtbare
Ergänzung zur repräsentativen Demokratie für die Arbeitsweise der Union anerkannt:
2.3.5.1 Durch die Pflege eines offenen und regelmäßigen Dialogs mit den repräsentativen
Verbänden der Zivilgesellschaft dürften die Organe kohärenter und transparenter agieren. Vor
allem besteht die Hoffnung, dass pedantische und vor Ort nicht praktikable Regelungen durch
eine Konsultation der Betroffenen verhindert werden. Die Kommission wird zudem
verpflichtet sein, die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen ihrer Vorschläge - auch auf
regionaler und lokaler Ebene - besser abzuschätzen.
2.3.5.2 Eine der wichtigen Neuerungen der Verfassung ist die Einführung eines Initiativrechts
für die Bürgerinnen und Bürger. Unionsbürgerinnen und Unionsbürger, deren Anzahl
mindestens eine Million betragen und bei denen es sich um Staatsangehörige einer
erheblichen Anzahl von Mitgliedstaaten handeln muss, können nunmehr die Europäische
Kommission auffordern, einen ihren Erwartungen entsprechenden Gesetzesvorschlag
vorzulegen.
2.3.6 Die Rolle der Sozialpartner wird als ein Schlüsselelement des demokratischen Lebens
der Union unter Wahrung ihrer Selbstständigkeit beim sozialen Dialog anerkannt.
2.3.7. Die Aufnahme dieses neuen Teils (I) sollte es ermöglichen, das demokratische Defizit
in einer sich erweiternden Union zu verringern.
2.4
Eine Union, die die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger der Union besser
schützt (Teil II des Vertrags)
2.4.1 Die Charta der Grundrechte der Union wurde von einem Konvent ausgearbeitet,
dessen demokratische Legitimität allgemein anerkannt wurde. Die Beiträge der
Organisationen der Zivilgesellschaft waren von großer Bedeutung für den Wortlaut der
Charta.
2.4.2 Die Charta ist als ein Fortschritt zu werten, denn sie umfasst alle Arten individueller
und kollektiver Rechte: die bürgerlichen und politischen Rechte sowie die wirtschaftlichen
und sozialen Rechte; und mit der Verfassung wird insofern eine Neuerung eingeführt, als den
Bürgerinnen und Bürgern "zeitgemäßere" Rechte zuerkannt werden (im Zusammenhang mit
der nachhaltigen Entwicklung, dem Verbraucherschutz, der Gleichheit von Männern und
Frauen, der Bioethik, dem Schutz personenbezogener Daten usw.).
2.4.3 Die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger der Union sind Bestandteil des
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Verfassungsvertrags und nicht in einer Präambel niedergelegt.
2.4.4 Diese Aufnahme der Charta der Grundrechte der Europäischen Union in den Vertrag,
die von zahlreichen europäischen Organisationen der Zivilgesellschaft gefordert wurde, hat
enorme Bedeutung, denn damit wird die Charta rechtlich bindend.
2.4.5 In der Praxis bedeutet dieser Fortschritt, dass die Bürgerinnen und Bürger einen
besseren Rechtsschutz genießen werden. So werden sie sich vor jedem einzelstaatlichen
Gericht auf die Charta berufen können, wenn sie gegen Entscheidungen klagen, die von den
Organen und Einrichtungen der Europäischen Union und von den Mitgliedstaaten bei der
Durchführung des Gemeinschaftsrechts getroffen wurden.
2.4.6 Der EWSA war an der Ausarbeitung der Charta der Grundrechte der Europäischen
Union beteiligt und er betrachtet deren Aufnahme in den Vertrag als einen erheblichen
Fortschritt für den Schutz der Rechte natürlicher und juristischer Personen.
2.5
Eine Union, die mit der Gemeinschaftsmethode und den gemeinschaftlichen
Politikbereichen den Erwartungen ihrer Bürgerinnen und Bürger besser
entsprechen kann (Teil III des Vertrags)
2.5.1 Die geltenden Verträge und insbesondere die Gemeinschaftsmethode haben sich
bestens bewährt. Daher werden in Teil III des Verfassungsvertrags die wichtigsten
Bestimmungen der derzeit geltenden Verträge über die gemeinschaftlichen Politikbereiche der
Union aufgenommen, wobei die Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit auf 20 Bereiche
ausgedehnt wird, in denen bisher Einstimmigkeit vorgeschrieben war. Zudem wird in der
Verfassung das Mitentscheidungsverfahren als "das ordentliche Gesetzgebungsverfahren"
bezeichnet, und die Befugnisse des Europäischen Parlaments werden so gestärkt. Die meisten
Beschlüsse der Union werden folglich in den gemeinschaftlichen Politikbereichen effizienter
und demokratischer gefasst werden können.
2.5.2 In Teil III werden die allgemeinen Grundsätze für diejenigen Bereiche aufgestellt, in
denen die Mitgliedstaaten beschlossen haben, ihre Mittel zusammenzulegen oder aber
zusammenzuarbeiten. Der Inhalt der Politikbereiche wird jedoch nicht festgeschrieben: er ist
abhängig von den Beschlüssen und somit vom Willen der Regierungen und der Mehrheiten
im Europäischen Parlament.
2.5.3 Dies ist beispielsweise in der Sozialpolitik der Fall: Hier wurde eine allgemeingültige
Bestimmung (sogenannte "Sozialklausel") aufgenommen, der zufolge die Union bei der
Festlegung und Durchführung der Politik und der Maßnahmen "den Erfordernissen im
Zusammenhang mit der Förderung eines hohen Beschäftigungsniveaus, der Gewährleistung
eines angemessenen sozialen Schutzes, der Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung sowie mit
einem hohen Niveau der allgemeinen und beruflichen Bildung und des Gesundheitsschutzes"
Rechnung tragen muss. Gleiches gilt für den Kampf gegen jede Form der Diskriminierung
und Ausgrenzung, für die Anerkennung der Rolle der Dienstleistungen von allgemeinem
Interesse bei der Förderung des sozialen und territorialen Zusammenhalts der Union sowie für
die – im Vertrag bereits verankerte – Einbeziehung der Umweltaspekte und der Erfordernisse
des Verbraucherschutzes."
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2.5.4 Die Schwierigkeit, den Bürgerinnen und Bürgern den Verfassungsvertrag zu
vermitteln, liegt gerade darin, dass sie es gewohnt sind, zu geplanten Maßnahmen oder zu
einem politischen Vorhaben konsultiert zu werden, nicht aber zu Rahmenbestimmungen über
die Arbeitsweise. Damit sie mobilisiert werden können, muss eine Debatte darüber eingeleitet
werden, was die Bürgerinnen und Bürger und die Mitgliedstaaten vorhaben, nun da die
Grundsätze, die Wertvorstellungen, die Ziele und die Regeln für die Arbeitsweise in der
Verfassung klar vorgegeben sind.
2.5.5 Deshalb wünscht der EWSA in dieser Phase eine Verbindung zwischen dem
Verfassungsvertrag und der Lissabon-Strategie herzustellen, deren Halbzeitüberprüfung
binnen kurzem erfolgen wird. In den Debatten sollte diese Strategie vorgestellt werden, denn
sie gibt jeder einzelnen Bürgerin, jedem Bürger eine Zukunftsperspektive:
Wettbewerbsfähigkeit, Vollbeschäftigung, geteiltes Wissen, Investitionen in Humankapital
und Wachstum aber auch Erhaltung des Umfelds und der Lebensqualität im Wege einer
nachhaltigen Entwicklung. Derzeit liegt diese Strategie brach, denn es fehlt an den
Instrumenten zu ihrer Umsetzung, und es besteht ein chronischer Mangel hinsichtlich der
Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger und der Zivilgesellschaft. Ein neuer Impuls mit
neuen Gemeinschaftsinitiativen ist daher in dieser Phase unverzichtbar, um das wirtschaftliche und soziale Projekt der Union glaubhaft zu machen.
2.5.6 In seiner an den Europäischen Rat gerichteten Stellungnahme70 fordert der EWSA, die
Halbzeitüberprüfung solle den Bürgerinnen und Bürgern und den Akteuren der Zivilgesellschaft die Lissabon-Strategie wieder in die eigenen Hände geben. Diese Gelegenheit sollte
unbedingt wahrgenommen werden, um ihnen eine klare politische Botschaft zum Inhalt des
Projekts der Union zu vermitteln.
2.5.7 Den Bürgerinnen und Bürgern muss bewusst gemacht werden, dass ihnen durch die
demokratischen Fortschritte in der Verfassung Mittel an die Hand gegeben wurden, um selbst
über den Inhalt der Politikbereiche und der Maßnahmen zu entscheiden, die die Union zur
Erfüllung ihrer Erwartungen treffen muss. "Nein" zum Verfassungsvertrag zu sagen, hieße
nichts anderes, als die Verträge in ihrem jetzigen Zustand erstarren zu lassen.
2.6
Mobilisierung der europäischen Zivilgesellschaft für die Fortschritte im
Verfassungsvertrag, um dessen Mängel zu überwinden
2.6.1 Es kann nicht darum gehen, die Mängel des Verfassungsvertrags in dem angenommenen Wortlaut zu verschweigen. Eine große Zahl Forderungen der Zivilgesellschaft wurden
bei den Arbeiten des Konvents und noch weniger im Rahmen der Arbeiten der
Regierungskonferenz berücksichtigt. In seiner Stellungnahme vom 24. September 200371, hat
der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss eine ganze Reihe von Schwächen in dem
Verfassungsvertrag herausgehoben, unter anderem:
2.6.1.1 Das Fehlen geeigneter Bestimmungen, um den Grundsatz der partizipativen
Demokratie umzusetzen. Die Rolle des EWSA wurde nämlich nicht ausreichend gestärkt, um
einen wirksamen zivilen Dialog zu gewährleisten.
70
71
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses über die Halbzeitbewertung der
Lissabon-Strategie (Nr.1438/2004).
Siehe die Fußnote auf S.1.
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2.6.1.2 Das Fehlen von Bestimmungen im Protokoll über die Anwendung des
Subsidiaritätsprinzips, in denen die Rolle der organisierten Zivilgesellschaft bei der
Verwirklichung dieses Prinzips (insbesondere der funktionalen Subsidiarität) anerkannt wird.
2.6.1.3 Die Schwäche des Regierens auf Gemeinschaftsebene in Bezug auf die Wirtschaftsund Beschäftigungspolitik sowie das Fehlen von Vorschriften, in denen eine Anhörung des
Europäischen Parlaments und des EWSA in diesen Bereichen vorgesehen ist, welche die
Akteure der Zivilgesellschaft ganz unmittelbar betreffen.
2.6.1.4 Das Fehlen einer obligatorischen Befassung des EWSA in den Bereichen Anwendung
des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung, gemeinsame Asyl- und Einwanderungspolitik
sowie auch Kultur, trotz des in diesen Bereichen im EWSA vorhandenen Sachverstands.
2.6.2 Sollte deshalb der Vertrag abgelehnt werden? Der EWSA ist der Auffassung, dass ein
solcher fataler Schritt ein negatives Signal für das europäische Einigungswerk geben würde,
sowohl nach innen als auch außerhalb der Union, wo eine solche Niederlage feindlich gesinnten
bzw. im Wettbewerb mit der Union stehenden Kräften in jedem Falle Genugtuung bereiten
würde. Seiner Ansicht nach sollte es ganz im Gegenteil möglich sein, den vorgeschlagenen
institutionellen Rahmen positiv zu nutzen und ihn durch konkret umsetzbare Maßnahmen zu
verbessern:
2.6.2.1 Die Bestimmungen über die partizipative Demokratie sollten Gegenstand einer Reihe
von Mitteilungen werden, in denen die Verfahren für die Anhörung und die Rolle des EWSA
festgelegt werden.
2.6.2.2 Der Inhalt des Europäischen Gesetzes zur Festlegung der Verfahren für die
Verwirklichung des Initiativrechts für die Bürgerinnen und Bürger sollte Gegenstand von
Anhörungen der Zivilgesellschaft werden. Der EWSA könnte damit im Rahmen eines
Ersuchens um Abgabe einer Sondierungsstellungnahme befasst werden. Er könnte des
Weiteren aus der Zivilgesellschaft kommende Initiativen unterstützen.
2.6.2.3 Den Grundsatz der partizipativen Demokratie sollte auf die großen Strategien der
Union angewandt werden, um Wachstum, Beschäftigung und nachhaltige Entwicklung zu
fördern!
2.6.3 Im Übrigen kommt es auch darauf an, die Bürgerinnen und Bürger - auch hier wieder
im Rahmen des angenommenen Verfassungsvertrags - über die Mechanismen zu unterrichten,
die Flexibilität ermöglichen und den Weg zu Fortschritten ohne Änderung dieses Vertrags
eröffnen können:
2.6.3.1 Diejenigen Mitgliedstaaten, die im Prozess der europäischen Integration weiter voranschreiten wollen, können leichter als bisher eine verstärkte Zusammenarbeit untereinander
einleiten.
2.6.3.2 Wird ein politischer Wille aller Mitgliedstaaten deutlich, so wird es möglich sein, die
Integration in sensiblen Bereichen zu vertiefen, in denen die Einstimmigkeit beibehalten
wurde, wie etwa im Steuerrecht oder in der Sozialpolitik. Mit einer "Brückenklausel" kann die
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Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit nämlich auf solche Bereiche ausgedehnt werden.
2.6.4 Die Zivilgesellschaft wird, indem sie sich für eine engagierte, kritische und
konstruktive Haltung entscheidet, zu einer guten Information der Bürger beitragen und den
Druck gegenüber den Regierungen aufrechterhalten. Das Schlimmste, was passieren könnte,
wäre eine Bestätigung der in der Politik leider weit verbreiteten Idee, dass das europäische
Einigungswerk die Bürgerinnen und Bürger nicht interessiert. Dieser Gedanke ist völlig
falsch, denn die Bürgerinnen und Bürger erwarten viel von Europa, vor allem einen Beitrag
zur Verbesserung ihres alltäglichen Lebens, indem ihnen eine Zukunftsperspektive gegeben
wird.
2.6.5 Nach Auffassung des EWSA ist die Annahme des Verfassungsvertrags kein
Selbstzweck. Er ebnet den Weg für eine Stärkung der partizipativen Demokratie. Den Vertrag
ablehnen hieße, auf die Fortschritte verzichten, die die Zivilgesellschaft durch die
konventionelle Methode erreicht hat.
3.
Eine effizientere Kommunikation
Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss ist der Auffassung, dass die
Qualität der Kommunikationsstrategie entscheidend dafür sein wird, ob der
Verfassungsvertrag von den Völkern der Union angenommen wird. Es empfiehlt sich daher
ein pragmatisches und professionelles Herangehen, um die Wirksamkeit dieser Strategie zu
gewährleisten. Der EWSA empfiehlt, die Kommunikationsstrategie in die vier folgenden
Maßnahmen zu gliedern.
3.1
Schaffung der Instrumente: Mittel für Information und Finanzierung
3.1.1 Die Komplexität des Verfassungsvertrags macht es erforderlich, Informationsinstrumente zu schaffen, die noch vor dem Prozess der Kommunikation selbst eingesetzt werden,
um Kampagnen einzuleiten bzw. Debatten zu organisieren.
3.1.2 Es wäre somit Sache der Mitgliedstaaten, mit Unterstützung der Informationsbüros
des Europäischen Parlaments und der Vertretungen der Kommission in den Mitgliedstaaten
diese Informationsinstrumente zu konzipieren und sie zugänglich zu machen.
3.1.3 Diese Instrumente könnten in Form von Rastern für die Lektüre des
Verfassungsvertrags an die Erwartungen der einzelnen Bevölkerungsschichten in jedem
Mitgliedstaat angepasst werden. Je besser die Instrumente auf diese Erwartungen
zugeschnitten sind, umso wirksamer werden sie von den Medien, den Organisationen der
Zivilgesellschaft, den politischen Parteien und den regionalen und lokalen
Gebietskörperschaften eingesetzt werden können, um Informationen zu verbreiten und die
Bürgerinnen und Bürger zu mobilisieren.
3.1.4 Die Bereitstellung ausreichender Finanzmittel ist erforderlich, um eine Kommunikationsstrategie umzusetzen, die den Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger entspricht.
3.2
Einleitung von Kommunikationskampagnen gestützt auf die Medien und die den
Bürgern nahe stehenden Kommunikationsträger
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DE
3.2.1 Sobald ihnen diese Mittel zur Verfügung stehen, werden die Medien, die lokalen und
regionalen Gebietskörperschaften, die politischen Parteien und die Organisationen der zivilen
Gesellschaft in der Lage sein, ihre Aufgabe bei der Weitergabe von Informationen zu erfüllen.
Sie werden klare Botschaften abgeben können, die auf die Erwartungen ihrer Zielgruppen vor
Ort hinsichtlich der Tragweite des Verfassungsvertrags zugeschnitten sind.
3.2.2 Zunächst wird es zweckmäßig sein, für jeden Mitgliedstaat zu ermitteln, wie der
Verfassungsvertrag von den einzelnen Bevölkerungsschichten aufgenommen wird, um
anschließend über den Inhalt der zu bringenden Botschaften nachzudenken. Ausgehend von
den Schlussfolgerungen dieser Analyse werden die Botschaften dazu dienen, bei den Bürgern
bestehende Befürchtungen abzubauen und ihnen Antworten auf die jeweiligen Fragen zu
liefern.
3.2.3 Auch die Überbringer der Botschaften und die Kommunikationsträger müssen sehr
sorgfältig ausgewählt werden. In die Kampagne müssen verschiedenartige Akteure
eingebunden werden, um ihren Pluralismus zu gewährleisten. Zudem wird die Nähe der
Akteure zu den Bürgerinnen und Bürgern der Glaubwürdigkeit der Botschaften förderlich
sein und ihre Akzeptanz begünstigen. Deshalb ist es wichtig, dass Aktionen auf lokaler und
regionaler Ebene durchgeführt werden.
3.2.4 Der EWSA empfiehlt dem Europäischen Parlament die Einrichtung von
Arbeitsgruppen mit Fachleuten der Kommunikation zu institutionellen Fragen in jedem
Mitgliedstaat. Diese Arbeitsgruppen sollten den Regierungen konkrete Vorschläge zu den
Aktionen und Instrumenten vorlegen, die zur Einleitung einer effizienten
Kommunikationskampagne in den Mitgliedstaaten benötigt werden. Der EWSA ist bereit,
sein eigenes Sachwissen auf diesem Gebiet und die Unterstützung durch seine Schaltstellen in
den Mitgliedstaaten, in den nationalen Wirtschafts- und Sozialräten und in vergleichbaren
Einrichtungen einzubringen.
3.3
Einleitung von Debatten, die den Bürgerinnen und Bürgern offen stehen, in
denen Ideen ausgetauscht und Überzeugungen geschmiedet werden können
3.3.1 Die Kommunikationskampagnen dürften zur Einleitung eines echten Dialogs mit den
Bürgerinnen und Bürgern führen. Diese müssen die Gelegenheit erhalten, Fragen zu stellen
und mit unterschiedlichen Argumenten konfrontiert zu werden, um sich ihre eigene Meinung
bilden und zum Ausdruck bringen zu können.
3.3.2 Ein solcher Dialog wird nur möglich sein, wenn die Debatten dezentral stattfinden.
Die so den Bürgerinnen und Bürgern unmittelbar nahe gebrachten Informationen werden
deren Erwartungen entsprechen, ihre Fragen besser beantworten und so den demokratischen
Charakter der Debatten gewährleisten.
3.3.3 Solche Initiativen müssen seitens der nationalen und europäischen Institutionen
logistische Unterstützung erfahren. Die nationalen Wirtschafts- und Sozialräte bzw. die
vergleichbaren Einrichtungen könnten die Debatten auf nationaler Ebene koordinieren, indem
sie einen Zeitplan der Veranstaltungen erstellen und als Schaltstelle zum EWSA fungieren.
Der EWSA könnte ihnen Dokumentation bereitstellen und sie mit Referenten in Verbindung
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setzen.
3.3.4 Im Sinne einer gewissen Kohärenz zwischen diesen Initiativen ersucht der EWSA das
Europäische Parlament und die Europäische Kommission, den Initiativen der Vertreter der
organisierten Zivilgesellschaft die gleiche Unterstützung wie den gewählten Vertretern der
Organe auf europäischer, nationaler, regionaler und lokaler Ebene im Rahmen der Maßnahme
"1000 Debatten über Europa" zuteil werden zu lassen. Der Zivilgesellschaft darf ihre
Mitwirkung nicht versagt werden.
3.3.5 Der EWSA ersucht das Europäische Parlament, einen Großteil der Haushaltsmittel für
Kommunikation der Union für die Debatten über den Verfassungsvertrag einzusetzen und so
die Ressourcen der staatlichen Stellen und der Kommunen sowie die eigenen Mittel der
Organisationen der Zivilgesellschaft zu ergänzen.
3.4
Den Debatten und der Ratifizierung eine europäische Dimensionen verleihen!
3.4.1 Unbedingt zu verhindern ist eine einseitige Beeinflussung der Annahme des Verfassungsvertrags durch die Völker der Union durch innenpolitische Fragen.
3.4.2 Vor diesem Hintergrund empfiehlt der EWSA, den Debatten und der Ratifizierung des
Verfassungsvertrags eine echte transnationale Dimension zu verleihen:
3.4.2.1 Zum Einen sollten die EU-Institutionen einen Beitrag zur Koordinierung der Kommunikationsmaßnahmen der politischen Bewegungen, der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und der Organisationen der Zivilgesellschaft leisten. So wäre es angebracht, den
Austausch über die besten Verfahren in diesem Bereich zu fördern und sich in den Anstrengungen gegenseitig zu unterstützen. Der EWSA könnte beispielsweise den Austausch über die
besten Verfahren (und das Know-how) auf europäischer Ebene zwischen den Organisationen
der Zivilgesellschaft, die Kommunikationsmaßnahmen treffen, erleichtern. Er könnte
weiterhin ein System für den Rückfluss der Informationen einführen, um eine Bewertung der
Anregungen, Kritiken und Empfehlungen auf europäischer Ebene zu ermöglichen, die von
den Bürgern im Rahmen der von der Zivilgesellschaft veranstalteten Debatten vorgebracht
werden. Er könnte schließlich auch grenzüberschreitende bzw. multinationale Initiativen
unterstützen.
3.4.2.2 Des Weiteren unterstützt der EWSA den Vorschlag des Ausschusses für
konstitutionelle Fragen des Europäischen Parlaments, die Ratifizierung so weit wie möglich
um ein symbolisches Datum (etwa den 8. bzw. 9. Mai) zu konzentrieren.
3.4.3 Der EWSA spricht sich folglich für eine aktivere Mitwirkung der EU-Institutionen bei
der Erarbeitung und Umsetzung der Kommunikationsstrategie zum Verfassungsvertrag aus.
Es ist wichtig, ergänzend zu den Mitgliedstaaten tätig zu werden und den Bürgern von Europa
aus ein starkes und positives Signal zu geben.
3.4.4 Der EWSA erklärt sich seinerseits bereit, der europäischen Zivilgesellschaft klare
Botschaften zu den demokratischen Fortschritten des Verfassungsvertrags, insbesondere zur
Unionsbürgerschaft und zur Partizipation zu übermitteln.
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PE 347.119v04-00
DE
Brüssel, den 28. Oktober 2004
Die Präsidentin
des Europäischen Wirtschafts- und
Sozialausschusses
Der Generalsekretär
des Europäischen Wirtschafts- und
Sozialausschusses
Anne-Marie SIGMUND
Patrick VENTURINI
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STELLUNGNAHME DES AUSSCHUSSES DER REGIONEN
CONST-019
Brüssel, den 22. November 2004
STELLUNGNAHME
des Ausschusses der Regionen
vom 17. November 2004
zu dem
Vertrag über eine Verfassung für Europa
_____________
DER AUSSCHUSS DER REGIONEN gestützt auf den Entwurf eines Berichts des Ausschusses für konstitutionelle Fragen des
Europäischen Parlaments zum Vertrag über eine Verfassung für Europa (PE 347.119);
aufgrund des Beschlusses des Europäischen Parlaments vom 14. September 2004, den
Ausschuss gemäß Artikel 265 Absatz 4 des Vertrags zur Gründung der Europäischen
Gemeinschaft um Stellungnahme zu ersuchen;
gestützt auf den von den Staats- und Regierungschefs am 29. Oktober 2004 unterzeichneten
Vertrag über eine Verfassung für Europa (CIG 87/2/04 rev. 2, CIG 87/04 Add. 1 rev. 1 und
Add. 2 rev. 2);
gestützt auf die Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates von Laeken vom
14./15. Dezember 2001, insbesondere auf die Erklärung von Laeken zur Zukunft der
Europäischen Union;
gestützt auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Brüssel vom 17./18. Juni
2004;
gestützt auf seine Stellungnahme zum Thema "Vorschläge des AdR für die Regierungskonferenz" (CdR 169/2003 fin72), seine Entschließung zu den Empfehlungen des Konvents (CdR
198/2003 fin73), seine Entschließung über die Ergebnisse der Regierungskonferenz (CdR
22/2004 fin74) sowie seine Erklärung über den Verfassungsprozess der Union (CdR 77/2004);
72
ABl. C 23 vom 27.1.2004, S. 1.
73
ABl. C 256 vom 24.10.2003, S. 62.
ABl. C 109 vom 30.4.2004, S. 52.
74
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gestützt auf seine Stellungnahme zum Thema "Die Teilnahme der Vertreter der Regionalregierungen an den Arbeiten des Rates der Europäischen Union und die Beteiligung des AdR an
den informellen Ratstagungen" (CdR 431/2000 fin75);
gestützt auf seinen von der Fachkommission für konstitutionelle Fragen und Regieren in
Europa am 21. September 2004 angenommenen Entwurf einer Stellungnahme (CdR 354/2003
rev. 1) (Berichterstatter: Herr Schausberger, Vertreter des Landes Salzburg beim Ausschuss
der Regionen (AT-EVP), und Lord Tope, Greater London Authority (UK-ELDR);
IN ERWÄGUNG FOLGENDER GRÜNDE:
1)
Gemäß der Erklärung von Laeken und den von den Staats- und Regierungschefs
eingegangenen Verpflichtungen soll die Union eine Verfassungsgrundlage erhalten,
die mehr Demokratie, Legitimität, Transparenz und Effizienz gewährleistet, um die
demokratischen Herausforderungen eines erweiterten Europas bewältigen zu können;
2)
Die Europäische Kommission stellt in ihrem Weißbuch "Europäisches Regieren" fest,
dass die Europäische Union zu einem Regieren auf verschiedenen Ebenen
übergegangen ist und die lokale und regionale Regierungs- bzw. Verwaltungsebene
und deren Zuständigkeiten daher stärker beachtet werden müssen;
3)
Der Verfassungsvertrag schafft eine Verfassungsgrundlage für die Anwendung und
Gewährleistung der Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips, wobei die Rechte der
Mitgliedstaaten wie auch der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften geschützt
und die administrativen und finanziellen Auswirkungen der gemeinschaftlichen
Rechtsvorschriften auf die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften
berücksichtigt werden;
4)
Die Schaffung eines neuen politischen Ex-ante-Kontrollmechanismus, der zum ersten
Mal in der Geschichte der europäischen Integration die nationalen Parlamente - und
ggf. auch die regionalen Parlamente mit Gesetzgebungsbefugnissen - in den
europäischen Rechtsetzungsprozess einbezieht, sowie die Einbeziehung des
Ausschusses der Regionen in den Prozess der Ex-post-Überwachung stellen die
wichtigsten Neuerungen dar, die mit dem Protokoll über die Anwendung der
Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit eingeführt werden sollen;
5)
Die Einhaltung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit muss
ausgewogen mit der Notwendigkeit eines wirkungsvollen Handelns der Union in
Einklang gebracht werden;
6)
Die Befassung durch das Europäische Parlament stellt eine Anerkennung des Beitrags des
AdR zum Verfassungsprozess und insbesondere seiner Befähigung zur Vertretung der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften im Rahmen des Europäischen Konvents dar.
75
ABl. C 107 vom 3.5.2002, S. 5.
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verabschiedete auf seiner 57. Plenartagung am 17./18. November 2004 (Sitzung vom
17. November) folgende Stellungnahme:
1. Standpunkte des Ausschusses der Regionen
Der Ausschuss der Regionen
(a)
Verfassungsgebungsprozess
1.1
beglückwünscht den irischen Ratsvorsitz, der die Regierungskonferenz (RK)
während seiner Amtszeit mit Erfolg geleitet und zum Abschluss gebracht hat;
1.2
verweist auf seine Beiträge zum Verfassungsgebungsprozess, die dem Europäischen
Konvent von den mit Beobachterstatus teilnehmenden Mitgliedern der AdRDelegation unterbreitet wurden, sowie die gemeinsam mit den europäischen
Verbänden der Regionen und Gemeinden ergriffenen Maßnahmen und Initiativen, die
sich vorrangig auf die Subsidiaritätsmechanismen und die Berücksichtigung der
regionalen und lokalen Dimension in der Verfassung konzentrierten; er begrüßt, dass
die diesbezüglichen Vorschläge des Europäischen Konvents auf der
Regierungskonferenz angenommen wurden;
1.3
bekräftigt seine Unterstützung für den Verfassungsgebungsprozess und lobt
insbesondere die Vorbereitungsphase im Konvent, die sich durch ein offenes,
partizipatives und integratives Vorgehen auszeichnete; er vertritt den Standpunkt,
dass der Konvent - wie insbesondere die Tatsache belegt, dass diesem Thema ein
halber Sitzungstag gewidmet wurde - die Rolle und Bedeutung der lokalen und
regionalen Gebietskörperschaften im europäischen Integrationsprozess zwar
anerkennt, aber nicht hoch genug einstuft; er bedauert, dass dem Konvent nicht mehr
Zeit zur Verfügung stand, um die Bestimmungen für die Politikbereiche von Teil III
der Verfassung in aller Ausführlichkeit zu erörtern, was dazu geführt hat, dass Teil III
nicht immer der Systematik für die Festlegung der Zuständigkeiten in Teil I folgt;
1.4
begrüßt die im Rahmen der Erarbeitung des Verfassungsvertrags vom Europäischen
Parlament gewährte Unterstützung für eine stärkere Anerkennung der institutionellen
und politischen Rolle der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften im
gemeinschaftlichen Entscheidungsprozess (siehe den Bericht von Herrn Napolitano
über "Die Rolle der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften im europäischen
Aufbauwerk" sowie den Bericht von Herrn Lamassoure über "Die Abgrenzung der
Befugnisse zwischen der EU und den Mitgliedstaaten");
(b)
Der Vertrag
1.5
ist der Meinung, dass der Vertrag einen deutlichen Fortschritt für die Europäische
Union bedeutet und viele der notwendigen Voraussetzungen für ein effektives
Regieren der Union schafft;
1.6
ist der Ansicht, dass sowohl durch die ausdrückliche Verknüpfung der Koordinierung
der Wirtschafts- mit der Beschäftigungspolitik [Artikel I-14 und I-15] als auch durch
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die Einführung einer horizontalen Sozialklausel, der zufolge die Union bei der
Festlegung und Durchführung ihrer Politiken Erfordernisse im Zusammenhang mit der
Förderung eines hohen Beschäftigungsniveaus, der Gewährleistung eines
angemessenen sozialen Schutzes, der Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung sowie
mit einem hohen Niveau der allgemeinen und beruflichen Bildung und des
Gesundheitsschutzes berücksichtigen muss [Artikel III-117], eine angemessene
rechtliche Grundlage für die Verfolgung der Ziele des europäischen Sozialmodells und
der Nachhaltigkeit geschaffen wird, die in der Präambel zur Charta der Grundrechte
der Union und unter den Zielen der Europäischen Union aufgeführt sind [Artikel I-3
Absatz 3];
1.7
begrüßt, dass die Charta der Grundrechte in den Vertrag aufgenommen werden soll,
da dies für die Bürger mehr Klarheit und Sicherheit hinsichtlich ihrer mit der
Unionsbürgerschaft verbundenen Rechte schafft und den Weg für ein gerechteres und
sozialeres Europa bereitet;
1.8
bedauert die Verankerung des nationalen Vetos in verschiedenen Bereichen, da dies
seiner Meinung nach eine effiziente Beschlussfassung unnötig behindern wird;
1.9
begrüßt jedoch die Bestimmung, dass der Rat über den Abschluss internationaler
Abkommen betreffend den Handel mit kulturellen und audiovisuellen Dienstleistungen sowie mit Dienstleistungen des sozialen, des Bildungs- und des Gesundheitssektors einstimmig beschließen muss [Artikel III-315];
1.10
befürwortet ebenfalls, dass für Teil III der Verfassung die Anwendung des
ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens vorgesehen ist [Artikel IV-445];
1.11
ist der Auffassung, dass durch den Vertrag eine klarere Festlegung und Verteilung der
Befugnisse innerhalb der Union, eine Vereinfachung ihrer Instrumente und eine
Stärkung der demokratischen Legitimität, der Transparenz des
Entscheidungsfindungsprozesses sowie der Effizienz der Institutionen bewirkt wird
und die Union die notwendige Flexibilität gewinnt, um sich in verschiedene neue
Richtungen weiterzuentwickeln;
(c)
Subsidiarität und die Rolle der subnationalen Regierungs- und
Verwaltungsebene
1.12
begrüßt die neue Definition des Subsidiaritätsprinzips und die Beteiligung des
Ausschusses der Regionen an der Ex-post-Überwachung seiner Einhaltung [SubsidArtikel 8]; er nimmt auch befriedigt zur Kenntnis, dass er zusammen mit den
anderen Institutionen und den nationalen Parlamenten den Bericht der Kommission
über die Anwendung des Artikels I-11 der Verfassung (Subsidiarität und
Verhältnismäßigkeit) erhalten wird [Subsid-Artikel 9]; er bedauert jedoch, dass die
Bestimmungen über den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz weniger umfassend sind als
die über die Subsidiarität;
1.13
vermerkt erfreut den Hinweis auf die regionale und kommunale Selbstverwaltung
[Artikel I-5 & Teil II-Präambel], die Anerkennung der Bedeutung einer bürgernahen
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Demokratie in der Union [Artikel I-46 Absatz 3] und die Rolle der repräsentativen
Verbände im demokratischen Leben der Union [Artikel I-47 Absatz 2]; er bedauert
allerdings, dass in Titel VI ("Das demokratische Leben der Union") [Artikel I-46] über
den Grundsatz der repräsentativen Demokratie der AdR nicht erwähnt wird, wo doch
seine Mitglieder den für die Union zentralen Grundsatz der Bürgernähe verkörpern;
1.14
ist der Auffassung, dass durch die stärkere Anerkennung der lokalen und regionalen
Dimension innerhalb der neuen Architektur der Union sowohl ihre Effizienz als auch
ihre Bürgernähe verbessert wird: die europäische Integration sollte einen
Entscheidungsfindungsprozess mit sich bringen, bei dem die Standpunkte der lokalen
und regionalen Regierungs- und Verwaltungsebene berücksichtigt werden, da sie für
die Umsetzung und Durchführung eines Großteils der Rechtsvorschriften und
politischen Maßnahmen der EU zuständig sind und die größte Bürgernähe besitzen,
weshalb sie maßgeblich zu einer guten Rechtsetzung der EU beitragen können [Artikel
I-5]; diese Konsultation darf jedoch keinesfalls an die Stelle der Zuständigkeiten und
Verantwortlichkeiten der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften in ihren
jeweiligen Befugnisbereichen treten, die gewahrt werden müssen; den regionalen und
lokalen Gebietskörperschaften muss die Möglichkeit gegeben werden, zu beweisen,
dass sie gemäß den jeweiligen innerstaatlichen Bestimmungen die Ziele der in
Betracht gezogenen Maßnahmen ausreichend erreichen können;
1.15
begrüßt die Bestimmung, dass die Union die nationale Identität der Mitgliedstaaten,
die in deren grundlegender Struktur einschließlich der regionalen und kommunalen
Selbstverwaltung zum Ausdruck kommt, und ihre grundlegenden staatlichen
Funktionen zu achten hat [Artikel I-5, insbesondere die Wahrung der territorialen
Unversehrtheit, die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der
nationalen Sicherheit], da dies von maßgeblicher Bedeutung für die Wahrung der
Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten der demokratisch legitimierten lokalen und
regionalen Gebietskörperschaften sein könnte;
1.16
nimmt mit Befriedigung zur Kenntnis, dass im Verfassungsvertrag das Recht von
Regionalministern festgeschrieben wird, als Vertreter ihres Mitgliedstaats an den
Ratstagungen teilzunehmen, indem in Artikel I-23 Absatz 2 der Wortlaut von Artikel
203 des EG-Vertrags übernommen wird; er appelliert an die Mitgliedstaaten, intern
die entsprechenden Strukturen und Mechanismen für die Einbindung der regionalen
und lokalen Gebietskörperschaften in die Gestaltung der Europapolitik der
Mitgliedstaaten zu schaffen und die regionale Beteiligung auf den Gebieten, die in die
Zuständigkeit der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften fallen, auch bei der
Neuregelung der Ratsformationen zu gewährleisten;
1.17
unterstützt die Forderung nach einer umfassenderen Anhörung in der prälegislativen
Phase: damit die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften voll an der Fassung
der Beschlüsse der Gemeinschaft mitwirken können, für deren Umsetzung bzw.
Durchführung sie verantwortlich sind, müssen sie gut über die aktuellen
Entwicklungen informiert sein, und eine angemessene vorherige Konsultation ist von
entscheidender Bedeutung; dies ist ein in beide Richtungen ablaufender Prozess, bei
dem die Konsultation der Kommission einen besseren Einblick in die lokale und
regionale Dimension ermöglichen und dadurch zu einer besseren Rechtsetzung führen
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dürfte [Subsid-Artikel 2];
1.18
fordert, dass gleich zu Beginn der Amtszeit der neu besetzten Kommission ein echter
Dialog aufgenommen und auf Schlüsselthemen ausgeweitet werden sollte;
1.19
dringt auf eine Verbesserung der direkten Konsultation in den Mitgliedstaaten
zwischen den nationalen Parlamenten und den lokalen und regionalen
Gebietskörperschaften, die für die Umsetzung bzw. Durchführung der
gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften zuständig sind;
1.20
begrüßt die Forderung des Vertrags, dass die Europäische Kommission vor der
Unterbreitung von Legislativvorschlägen zuvor deren finanzielle und administrative
Auswirkungen prüfen muss, und ist der Meinung, dass hierbei auch die Auswirkungen
auf die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften berücksichtigt werden müssen, da
sehr häufig diese Regierungs- und Verwaltungsebene letztendlich für die Umsetzung
und Durchführung neuer EU-Initiativen zuständig ist; er ersucht das Europäische
Parlament, die Auswirkungen seiner Abänderungen zu Legislativvorschlägen in
ähnlicher Weise zu berücksichtigen [Subsid-Artikel 4];
1.21
würdigt die breite und nützliche Debatte, die auf der vom AdR veranstalteten
Konferenz zum Thema Subsidiarität am 27. Mai 2004 in Berlin geführt wurde; er
verweist darauf, dass die Anwendung und Bewertung der Grundsätze der
Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit in einer künftigen AdR-Stellungnahme
eingehender behandelt werden wird;
(d)
Politikbereiche
1.22
begrüßt, dass der territoriale Zusammenhalt in die Ziele der Union aufgenommen
wird und die verschiedenen Arten von Gebieten, die durch eine schwierige Lage
gekennzeichnet sind, in die Regionen einbezogen werden, denen besondere
Aufmerksamkeit geschenkt wird; er bedauert jedoch, dass in dem Vertrag nicht auf
die grenzüberschreitende, transnationale und interregionale Zusammenarbeit
eingegangen wird und weder ein klares Rechtsinstrument noch ein Rahmen für die
finanzielle Unterstützung von Städtepartnerschaften oder ähnlichen Formen einer
derartigen Zusammenarbeit geschaffen wird [Artikel III-220-224], wo doch Europa
auf eine lange Tradition der grenzüberschreitenden, transnationalen und
interregionalen Zusammenarbeit zurückblickt, die eine der soziokulturellen Grundlagen der europäischen Integration darstellt und im Kontext der neuen
Nachbarschaftspolitik noch größere Bedeutung gewinnt. Eine entsprechende
Rechtsgrundlage ist daher unverzichtbar, um der Union eine derartige
Zusammenarbeit zu ermöglichen;
1.23
hält es für positiv, dass dem Vertrag zufolge Dienstleistungen von allgemeinem
wirtschaftlichen Interesse von den Mitgliedstaaten – und ihren jeweiligen Regierungsund Verwaltungsebenen – zur Verfügung gestellt, in Auftrag gegeben und finanziert
werden;
1.24
begrüßt die Anerkennung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt, da dies zur
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Erhaltung und Entfaltung der lokalen and regionalen Tradition und Identität beitragen
und kultureller Gleichmacherei in Europa entgegenwirken wird [Artikel I-3 &
III-280];
1.25
nimmt die Aufnahme unterstützender, koordinierender oder ergänzender Maßnahmen
auf Gemeinschaftsebene in den Bereichen Sport [Artikel III-282], Tourismus [Artikel
III-281] und Katastrophenschutz [Artikel III-284], in denen die lokalen und regionalen
Gebietskörperschaften eine wichtige Rolle spielen, zur Kenntnis und ersucht die
Kommission, als Instrument generell europäische Rahmengesetze zu verwenden;
1.26
vertritt den Standpunkt, dass aufgrund der Übertragung von Befugnissen betreffend
den Handel mit kulturellen Dienstleistungen sowie mit Dienstleistungen des sozialen,
des Bildungs- und des Gesundheitssektors an die Union streng über die Einhaltung der
Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit gewacht werden muss, und
empfiehlt, dass die Europäische Kommission generell das Instrument europäischer
Rahmengesetze verwenden sollte, wobei es den nationalen, regionalen und lokalen
Behörden überlassen bleibt, wie und mit welchen Mitteln sie die angestrebten
Ergebnisse erzielen;
(e)
Ausschuss der Regionen
1.27
bedauert, dass die Regierungskonferenz den institutionellen Status des Ausschusses
der Regionen nicht dahingehend gefestigt hat, dass die Bereiche für seine
obligatorische Befassung innerhalb der konstitutionellen Architektur genau festgelegt
wurden und seine beratende Rolle gestärkt wurde, z.B. in Bereichen der geteilten
Zuständigkeit, bei Maßnahmen zur Koordinierung der Wirtschafts- und
Beschäftigungspolitik und bei unterstützenden, koordinierenden und ergänzenden
Maßnahmen;
1.28
vermerkt mit Befriedigung, dass dem Ausschuss der Regionen das Recht zuerkannt
wird, zur Wahrung seiner Rechte und bei Verletzung des Subsidiaritätsprinzips vor
dem Gerichtshof Klage zu erheben [Artikel III-365]. Gleichwohl bedauert der
Ausschuss, dass die Regierungskonferenz den Regionen mit
Gesetzgebungsbefugnissen nicht die Möglichkeit der Klageerhebung vor dem EuGH
zuerkannt hat, damit diese ihre Gesetzgebungsbefugnisse verteidigen können;
1.29
nimmt erfreut die Bestätigung zur Kenntnis, dass seine Mandatsperiode auf 5 Jahre
verlängert wird, da sie dann auf die des Parlaments und der Kommission abgestimmt
werden kann [Artikel III-386].
2.
Empfehlungen des Ausschusses der Regionen
Der Ausschuss der Regionen
(a)
Ratifikation des Vertrags
2.1
bittet das Europäische Parlament, dem Verfassungsvertrag zuzustimmen und begrüßt
die Initiative des EP-Ausschusses für konstitutionelle Fragen, den AdR um eine
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Stellungnahme zum Vertragsentwurf über eine Verfassung für Europa zu ersuchen;
2.2
teilt die Auffassung des Europäischen Parlaments, dass der Vertrag über eine
Verfassung für Europa einen unleugbaren Fortschritt hin zu mehr Demokratie
darstellt;
2.3
ersucht die nationalen und ggf. die regionalen Parlamente, den Verfassungsvertrag zu
ratifizieren;
2.4
trägt die politischen Bemühungen des Europäischen Parlaments zur Konsolidierung
des Verfassungsprozesses durch die Hervorhebung der Vorzüge dieser Verfassung
und insbesondere der Vorschläge des Ausschusses für regionale Entwicklung des EP
mit;
2.5
fordert den Abschluss eines interinstitutionellen Abkommens, um eine gemeinsame
Kommunikationsstrategie zu erarbeiten mit Blick darauf, den Bürgern insbesondere in
Anbetracht des bevorstehenden Ratifizierungsprozesses den Entwurf des
Verfassungsvertrags zu vermitteln;
2.6
verpflichtet sich, sich an dieser Strategie zu beteiligen, und übernimmt die Aufgabe,
in der breiten Öffentlichkeit auf ein besseres Verständnis des Vertrags und eine
größere diesbezügliche Akzeptanz hinzuarbeiten, und wird auch seine Mitglieder
sowie deren Behörden und Vertretungsgremien dazu anhalten;
2.7
begrüßt die Initiative "1000 Diskussionen über Europa" und bekräftigt seine
Bereitschaft, sich über sein Netzwerk der lokalen und regionalen
Gebietskörperschaften aktiv daran zu beteiligen, den europäischen Bürgern mit dieser
Kampagne die Verfassung näherzubringen und ruft die Mitglieder des Europäischen
Parlaments sowie die gewählten Vertreter der regionalen und lokalen Ebene dazu auf,
ihre Kräfte zu bündeln, um für die künftige Europäische Verfassung zu werben und im
Rahmen des Ratifizierungsprozesses einen gemeinsamen Beitrag zur politischen und
demokratischen Debatte zu leisten;
(b)
Durchführung des Vertrags
2.8
erwartet, dass das Inkrafttreten des Verfassungsvertrags einen echten Mehrwert für
das demokratische Leben und die Tätigkeit der Union darstellen wird;
2.9
verpflichtet sich, seine neuen Rechte und Pflichten zu bewerten und die notwendige
Vorbereitung und interne Reorganisation durchzuführen, um seine erweiterten
Zuständigkeiten auch tatsächlich effizient wahrnehmen zu können;
2.10
weist das Europäische Parlament auf einige Auswirkungen des Verfassungsvertrags
hin und ruft es dazu auf, dem Ausschuss der Regionen insbesondere in den folgenden
Bereichen seine Unterstützung zu gewähren:
 qualitative Einbindung des AdR in das politische Leben der Union sowie in den
gemeinschaftlichen Entscheidungsprozess;
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 effiziente und erfolgreiche Umsetzung der Bestimmungen des "Protokolls über die
Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit" sowohl
hinsichtlich des politischen Ex-ante-Konsultationsprozesses als auch der
rechtlichen Ex-post-Überwachung;
 Wahrung der Zuständigkeiten der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften in
Übereinstimmung mit der neuen Definition des Subsidiaritätsprinzips und der
neuen Verteilung der Zuständigkeiten innerhalb der EU;
 Anerkennung des territorialen Zusammenhalts als neue Zielsetzung der Union und
Einhaltung der im Rahmen des neuen Protokolls über den wirtschaftlichen,
sozialen und territorialen Zusammenhalt eingegangenen Verpflichtungen;
 trotz des Fehlens einer Rechtsgrundlage Förderung der grenzüberschreitenden und
interregionalen Zusammenarbeit als fester Bestandteil der Politik der Europäischen
Union, insbesondere im Hinblick auf die Bestrebungen der EU im Bereich der
Nachbarschaftspolitik;
 Respekt der kulturellen und sprachlichen Vielfalt als einer neuen
gemeinschaftlichen Zielsetzung.
2.11
bittet das Europäische Parlament, die im Verfassungsvertrag [Artikel III-388]
verankerte Möglichkeit der Anhörung des AdR stärker zu nutzen, um zu einem
besseren Verständnis der lokalen und regionalen Dimension zu gelangen;
2.12
fordert, dass in den Fällen, in denen der Verfassungsvertrag die obligatorische
Anhörung des Ausschusses vorsieht, dasjenige Organ, das den Ausschuss konsultiert
hat, stichhaltig begründen muss, warum es den Empfehlungen des Ausschusses nicht
folgt;
2.13
dringt darauf, dass er im Rahmen der Wahrung des Subsidiaritätsprinzips zusammen
mit den nationalen Parlamenten an der sechswöchigen Frühwarnphase beteiligt wird,
bei einem Verstoß gegen das Subsidiaritätsprinzip eine begründete Stellungnahme
abgeben kann und diese Stellungnahme berücksichtigt wird [Subsid-Artikel 6];
2.14
fordert die nationalen Parlamente auf, einen regelmäßigen und funktionierenden
Dialog mit Vertretern der lokalen und regionalen Ebene, die mit der Vielfalt vertraut
sind und für die Auswirkungen der Überwachung der Einhaltung des
Subsidiaritätsprinzips verantwortlich sein werden, aufzubauen;
2.15
appelliert an die nationalen Regierungen und Parlamente, den Geist und die
Philosophie des "systematischen Dialogs" der EU in ihren innerstaatlichen
Regierungsstrukturen umzusetzen, soweit dies noch nicht der Fall ist, indem Vertreter
der regionalen und lokalen Regierungs- und Verwaltungsebene an der Prüfung von
Legislativvorschlägen beteiligt werden;
2.16
ersucht die Europäische Kommission, dem Ausschuss der Regionen über die
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DE
Anwendung des Artikels I-10 (Unionsbürgerschaft) Bericht zu erstatten, insbesondere
da in diesem Artikel das aktive und passive Wahlrecht bei Kommunalwahlen geregelt
ist [Artikel III-129];
2.17
Angesichts der Ablehnung des Vorschlags, die gegenwärtige beratende Funktion des
AdR durch eine horizontale Bestimmung zu stärken, die vorsieht, dass der AdR in den
Bereichen geteilter Zuständigkeit, zu Maßnahmen zur Koordinierung der Wirtschaftsund Beschäftigungspolitik sowie im Bereich der Unterstützungs-, Koordinierungsund Ergänzungsmaßnahmen zu konsultieren ist, fordert der AdR die Europäische
Kommission auf, ihn zu sämtlichen Initiativen in Bereichen mit einer eindeutigen
lokalen oder regionalen Dimension oder Zuständigkeit zu konsultieren, in denen der
Vertrag keine obligatorische Befassung vorsieht. Diese Bereiche umfassen unter
anderem Rechtsetzungsakte zur Festlegung der vor allem wirtschaftlichen und
finanziellen Grundsätze und Bedingungen, die es den Dienstleistungen von
allgemeinem wirtschaftlichem Interesse gestatten, ihren Aufgaben nachzukommen
[Artikel III-122], nämlich: Liberalisierung von Dienstleistungen [Artikel III-147];
Harmonisierung der Rechtsvorschriften über indirekte Steuern [Artikel III-171];
Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften im Bereich des Binnenmarkts
[Artikel III-172, III-173]; staatliche Beihilfen [Artikel III-167, III-168, III-169];
Landwirtschaft, ländliche Entwicklung und Fischereipolitik [Artikel III-231];
Forschung und technologische Entwicklung [Artikel III-251, III-252 und III-253],
Tourismus [Artikel III-281] und Katastrophenschutz [Artikel III-284];
2.18
dringt darauf, dass die Europäische Kommission den Ausschuss bei künftigen
Änderungen seiner Zusammensetzung im Zuge der Ausarbeitung eines
diesbezüglichen Vorschlags für einen Beschluss des Rates konsultieren sollte [Artikel
I-32 und Artikel III-386];
(c)
Überprüfung des Vertrags und seiner Bestimmungen
2.19
hält es für notwendig für die Weiterentwicklung der EU, kontinuierlich zu prüfen,
welche Aufgaben in einer beträchtlich erweiterten Union gemeinsam wahrgenommen
werden können;
2.20
bekräftigt seinen Willen, an künftigen Überprüfungen der Verfassung aktiv und
umfassend mitzuwirken, und regt an, dass die Mitgliedstaaten in ihre Delegationen für
Regierungskonferenzen [CdR 198/2003, 3.7], in denen Vertragsänderungen mit
Auswirkungen auf die subnationale Ebene behandelt werden, sowie in die
Delegationen für einen künftigen Konvent Vertreter der regionalen und lokalen
Gebietskörperschaften aufnehmen sollten;
(d)
Schlussbemerkung
2.21
beauftragt seinen Präsidenten, diese Stellungnahme dem Rat der Europäischen
Union, dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission zu
übermitteln.
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DE
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Brüssel, den 17. November 2004
Der Präsident
des Ausschusses der Regionen
Der Generalsekretär
des Ausschusses der Regionen
Peter Straub
Gerhard Stahl
_____________
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DE
VERFAHREN
Titel
Vertrag über eine Verfassung für Europa
Bezugsdokumente – Verfahrensnummer
2004/2129(INI)
Rechtsgrundlage
Federführender Ausschuss
Datum der Bekanntgabe der
Genehmigung im Plenum
Mitberatende(r) Ausschuss/Ausschüsse
Datum der Bekanntgabe im Plenum
Artikel 45
Nicht abgegebene Stellungnahme(n)
Datum des Beschlusses
ECON
21.9.2004
AFCO
16.9.2004
Alle
16.9.2004
IMCO
28.9.2004
TRAN
7.10.2004
CULT
13.9.2004
FEMM
22.9.2004
Verstärkte Zusammenarbeit
Datum der Bekanntgabe im Plenum
In den Bericht aufgenommene(r)
Entschließungsantrag / -anträge
Berichterstatter
Datum der Benennung
Íñigo Méndez de Vigo
Richard Corbett
27.7.2004
Ersetzte(r) Berichterstatter(in)
Prüfung im Ausschuss
26.7.2004
25.10.2004
1.9.2004
16.11.2004
29.9.2004
25.11.2004
5.10.2004
29.11.2004
Datum der Annahme
30.11.2004
Ergebnis der Schlussabstimmung
Ja-Stimmen:
Nein-Stimmen:
Enthaltungen:
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Mitglieder
James Hugh Allister, Jens-Peter Bonde, Carlos Carnero González,
Richard Corbett, Jean-Luc Dehaene, Panayiotis Demetriou, Andrew
Duff, Maria da Assunção Esteves, Ingo Friedrich, Bronisław
Geremek, Genowefa Grabowska, Ignasi Guardans Cambó, SylviaYvonne Kaufmann, Jo Leinen, Íñigo Méndez de Vigo, Borut Pahor,
Rihards Pīks, Sérgio Sousa Pinto, Alexander Stubb, Johannes
Voggenhuber
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Stellvertreter(innen)
Mercedes Bresso, Ashley Mote, Gérard Onesta, Georgios
Papastamkos, Reinhard Rack, Joachim Wuermeling
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung
anwesende Stellv. (Art. 178 Abs. 2)
Datum der Einreichung – A6
9.12.2004
20
3
3
A6-0070/2004
Anmerkungen
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DE
144/144
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