EUROPÄISCHES PARLAMENT 2014 – 2019 Plenarsitzungsdokument 27.4.2015 B8-0394/2015 ENTSCHLIESSUNGSANTRAG eingereicht im Anschluss an eine Erklärung der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik gemäß Artikel 123 Absatz 2 der Geschäftsordnung zur Lage in Nigeria (2015/2520(RSP)) Jean Lambert, Maria Heubuch, Heidi Hautala, Judith Sargentini, Michèle Rivasi, Ernest Urtasun, Barbara Lochbihler, Tamás Meszerics, Jordi Sebastià, Davor Škrlec im Namen der Verts/ALE-Fraktion RE\1059419DE.doc DE PE555.168v01-00 In Vielfalt geeint DE B8-0394/2015 Entschließung des Europäischen Parlaments zur Lage in Nigeria (2015/2520(RSP)) Das Europäische Parlament, – unter Hinweis auf seine Entschließungen zur Lage in Nigeria, insbesondere die vom 15. März 20121, vom 4. Juli 20132 und vom 17. Juli 20143, – unter Hinweis auf die Erklärungen der Vizepräsidentin der Kommission / Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Catherine Ashton, zu Nigeria, insbesondere die vom 19. Juni 2014 zu den jüngsten Anschlägen in Nigeria und die vom 15. April 2014 zur Verurteilung der Entführung der Mädchen, – unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates zu der Entführung in Nigeria vom 9. Februar 2015, – unter Hinweis auf die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 583/2014 der Kommission vom 28. Mai 2014, mit der Boko Haram auf die Liste der juristischen Personen, Gruppen und Organisationen gesetzt wird, deren Gelder und wirtschaftliche Ressourcen eingefroren werden, – unter Hinweis auf die vorläufigen Schlussfolgerungen der Wahlbeobachtungsmissionen der EU und des EP, – unter Hinweis auf die Erklärungen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte zur möglichen Anklage von Mitgliedern von Boko Haram wegen Kriegsverbrechen, – unter Hinweis auf die Erklärungen des Generalsekretärs der Vereinten Nationen Ban Ki-moon vom 26. Juni 2014 und vom 30. Juni 2014 zu Nigeria, – unter Hinweis auf die politische Erklärung und gemeinsame Position zum Terrorismus der ECOWAS von 2013, in der eine regionale Antiterrorstrategie und ein Durchführungsplan beschlossen wurde, mit der die Mitgliedstaaten beim Kampf gegen den Terrorismus unterstützt werden sollten; – unter Hinweis auf die Erklärung des Präsidenten des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 19. Januar 2015, in dem das Ende der Feindseligkeiten von Boko Haram in Nigeria und die Freilassung der Geiseln gefordert wurden, während der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen am 14. Februar 2015 die Anschläge von Boko Haram, darunter die auf Zivilpersonen im Tschad sowie in Kamerun und Niger verurteilte, – unter Hinweis auf das 24. Gipfeltreffen der Afrikanischen Union vom Januar 2015, auf 1 ABl. C 251E vom 31.8.2013, S. 97. Angenommene Texte, P7_TA(2013)0335. 3 Angenommene Texte, P8_TA(2014)0008. 2 PE555.168v01-00 DE 2/9 RE\1059419DE.doc dem die Maßnahmen der Mitgliedstaaten der der Kommission für das Tschadseebecken und der Republik Benin zur Einrichtung eines gemeinsamen Militärhauptquartiers begrüßt wurden, von dem aus Militärschläge gegen die Terrorgruppe Boko Haram geführt werden sollten; – unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948, – unter Hinweis auf den von Nigeria am 29. Oktober 1993 ratifizierten Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte von 1966, – unter Hinweis auf das UN-Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW), das 1979 angenommen wurde, – unter Hinweis auf die Afrikanische Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker von 1981, die Nigeria am 22. Juni 1983 ratifiziert hat, – unter Hinweis auf die Erklärung der Vereinten Nationen über die Beseitigung jeglicher Form von Intoleranz und Diskriminierung aufgrund der Religion oder des Glaubens von 1981, – unter Hinweis auf das von Nigeria 1991 ratifizierte Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes, – unter Hinweis auf die zweite, überarbeitete Fassung des Cotonou-Abkommens, die Nigeria am 27. September 2010 ratifiziert hat, – unter Hinweis auf die am 29. Mai 1999 verabschiedete Verfassung der Bundesrepublik Nigeria, insbesondere auf die Bestimmungen in Kapitel IV über den Schutz der Grundrechte, darunter das Recht auf Leben, das Recht auf ein faires Verfahren, das Recht auf Menschenwürde und der Schutz der freien Meinungsäußerung, Pressefreiheit sowie Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit, – gestützt auf Artikel 123 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung, A. in der Erwägung, dass Nigeria das bevölkerungsreichste und ethnisch vielfältigste Land in Afrika ist und von regionalen und religiösen Spaltungen und einem starken wirtschaftlichen und sozialen Nordsüdgefälle geprägt ist; B. in der Erwägung, dass Boko Haram seit 2009 mit zunehmender Regelmäßigkeit Anschläge auf Polizei und Militär, Politiker, Schulen, Gebäude für die Religionsausübung, öffentliche Einrichtungen und Zivilpersonen in Nigeria verübt und Terroranschläge auf Zivilpersonen 2013 weiter eskalierten; C. in der Erwägung, dass im April 2014 mehr als 270 Mädchen aus einer staatlichen Schule in Chibok (Bundesstaat Borno) entführt wurden, von denen die meisten immer noch vermisst werden; in der Erwägung, dass seitdem Hunderte weiterer Menschen von Boko Haram entführt wurden; D. in der Erwägung, dass im Zuge der Angriffe von Boko Haram auf Baga und sechzehn umliegende Städte und Dörfer zwischen dem 3. und 8. Januar 2015 beinahe RE\1059419DE.doc 3/9 PE555.168v01-00 DE 3 700 Gebäude zerstört und Tausende Menschen getötet wurden; E. in der Erwägung, dass Boko Haram einen vollständig islamischen Staat in Nigeria – einschließlich Scharia-Strafgerichten im ganzen Land – errichten und westliche Bildung, vor allem für die weibliche Bevölkerung, verbieten will; F. in der Erwägung, dass gerade einmal zehn Jahre alte Mädchen für den Transport von Sprengstoff missbraucht wurden, der auf gut besuchten Märkten und an Bushaltestellen detonierte, und die Befürchtung wächst, Boko Haram könnte von den Hunderten Entführungsopfern einige für Bombenanschläge missbrauchen; G. in der Erwägung, dass der Blutzoll von Boko Haram zwischen Juli 2009 und Juli 2014 auf über 22 000 Todesopfer geschätzt wird und rund 1,5 Millionen Menschen aus ihren Häusern vertrieben wurden; H. in der Erwägung, dass dem Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) zufolge nicht weniger als sechs Millionen Einwohner von Borno, Adamawa und Yobe angeben, direkt von Boko-HaramAnschlägen betroffen zu sein; I. in der Erwägung, dass Nigeria eine nationale Immunisierungskampagne zur Ausrottung der Kinderlähmung beschlossen hat; J. in der Erwägung, dass Gesundheitseinrichtungen in den nordöstlichen Bundesländern Nigerias den Gewalttaten Boko Harams zum Opfer fielen und medizinische Fachkräfte gezwungen waren, entweder zu fliehen oder die Kliniken zu schließen; in der Erwägung, dass die Einwohner deshalb genötigt sind, in Kamerun, Tschad und Niger medizinische Versorgung in Anspruch zu nehmen, und dadurch der Druck auf die Gesundheitseinrichtungen in den Gastgemeinden weiter erhöht wird; K. in der Erwägung, dass sich Landwirte aufgrund der immer stärkeren Unsicherheit außerstande sehen, ihr Land zu bewirtschaften und ihre Ernte einzubringen, da sie Angriffe von Boko-Haram-Mitgliedern fürchten, wodurch sich die Ernährungsunsicherheit weiter verschärft; L. in der Erwägung, dass sich Boko Haram über internationale Verbindungen zu aschSchabab in Somalia und al-Qaida des islamischen Maghreb (AQMI) finanzielle Unterstützung, Schulungen und Ausrüstung besorgt, selbst jedoch eine derart diffuse Gruppierung ist, dass die beteiligten Kämpfer nicht unbedingt dem Salafismus anhängen; in der Erwägung, dass Boko Haram auch eigene Geldquellen hat, etwa in Form von Drogenhandel, Schmuggel, Waffenhandel, Entführungen und Bettelei, und außerdem Berichten zufolge direkt von bestimmten Politikern unterstützt wird; M. in der Erwägung, dass die nigerianische Regierung es bisher nicht geschafft hat, den Aufstand niederzuschlagen; in der Erwägung, dass sich nigerianische Soldaten Masseninhaftierungen, außergerichtlicher Hinrichtungen und anderer Menschen- und Völkerrechtsverletzungen in großer Zahl schuldig gemacht haben; N. in der Erwägung, dass Nigeria eine gemeinsame Einsatztruppe aus Militär- und PE555.168v01-00 DE 4/9 RE\1059419DE.doc Polizeieinheiten zusammengestellt hat, um Boko Haram zu bekämpfen, und im Mai 2013 in den drei nordöstlichen Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa den Notstand ausgerufen hat, dass die Kämpfer jedoch infolgedessen die Städte verließen und ihre Anschläge in den ländlichen Gebieten fortsetzten; O. in der Erwägung, dass sich der seit fast sechs Jahren dauernde Aufstand von Boko Haram 2013 nach Kamerun und danach in die Nachbarstaaten Tschad und Niger ausgebreitet hat; P. in der Erwägung, dass Tschad und Kamerun im Mai 2014 vereinbart haben, Tausende Soldaten an ihren Grenzen zusammenzuziehen, um mit der nigerianischen Armee zusammenzuarbeiten, da die Regierung Nigerias extreme Schwierigkeiten hat, der Krise Herr zu werden; Q. in der Erwägung, dass die Kapazitäten Nigerias, zur regionalen und internationalen Sicherheit und Stabilität beizutragen, durch den Aufstand von Boko Haram immer weiter untergraben werden; R. in der Erwägung, dass die Terroranschläge von Boko Haram deutlich gezeigt haben, dass die staatlichen Stellen nicht in der Lage sind, wirksam gegen die Unsicherheit vorzugehen; in der Erwägung, dass eine schlechte Staatsführung, eine allgegenwärtige Korruption und immer schlechtere sozioökonomische Bedingungen in Nordnigeria maßgebliche Faktoren für das Sicherheitsproblem sind; S. in der Erwägung, dass das Wirtschaftswachstum in Nigeria sehr ungleich verteilt ist und Nordnigeria erheblich mehr unter Armut und Arbeitslosigkeit leidet als der ölreiche Süden; T. in der Erwägung, dass Boko Haram die Jungen und Armen anzieht und diese aufgrund ihrer sozioökonomischen Situation besonders anfällig für Indoktrinierung und Radikalisierung durch religiösen Fanatismus sind; U. in der Erwägung, dass Investitionen in die nigerianischen Bildungs- und Sozialdienstleistungssysteme jahrzehntelang durch Misswirtschaft, Instabilität und Korruption erschwert wurden; V. in der Erwägung, dass Erdöl und Gas die Haupteinnahmequellen in Nigeria sind und dass diese Sektoren hauptsächlich im Süden des Landes angesiedelt sind; in der Erwägung, dass die landwirtschaftlich dominierte Wirtschaft im Norden auch unter den Auswirkungen des Klimawandels und Deindustrialisierung, u. a. aufgrund von Energieknappheit und der Zerstörung der Infrastruktur, leidet; W. in der Erwägung, dass manchen Schätzungen zufolge jedes Jahr nigerianisches Öl im Wert von 3 bis 8 Mio. USD gestohlen wird; in der Erwägung, dass die Autorität und Legitimität des Staates in Jahrzehnten der Korruption und des Missbrauchs der Staatsgewalt untergraben wurde; X. in der Erwägung, dass die nigerianischen Behörden im April 2014 einen entwicklungsorientierten Weg aus der Krise, einen „Marshallplan für den Norden“, RE\1059419DE.doc 5/9 PE555.168v01-00 DE angekündigt haben; Y. in der Erwägung, dass die Unabhängige Nationale Wahlkommission (CENI) die Wahlen vom 14. bzw. 28. Februar auf den 28. März und 11. April verschoben hat, damit die Regierung Militärschläge gegen Boko Haram einleiten konnte, und dass im März 2015 gemeinsam mit dem Tschad und Kamerun eine regionale Operation eingeleitet wurde, mit der Boko Haram zurückgedrängt werden konnte; Z. in der Erwägung, dass der Wahlkampf in einem angespannten Umfeld stattfand und landesweit, insbesondere im Süden und Südwesten, Gewalttaten im Zusammenhang mit den Wahlen, Angriffe von Boko Haram, mit denen Wähler eingeschüchtert werden sollten, Verstöße gegen die Wahlkampfvorschriften und die Beeinflussung von Wählern gemeldet wurden; AA. in der Erwägung, dass der Präsidentschaftskandidat der oppositionellen Partei All Progressive Congress (APC), General Muhammadu Buhari, am 31. März 2015 zum Wahlsieger erklärt wurde und der amtierende Präsident friedlich seine Niederlage eingeräumt hat; 1. verurteilt scharf alle von Boko Haram seit 2009 begangenen Menschenrechtsverletzungen, einschließlich der Gewalt gegen Zivilbevölkerungen, insbesondere gegen Frauen und Kinder, Entführungen, Morde, Geiselnahmen, Plünderungen, Vergewaltigungen, sexuelle Sklaverei und andere Formen von sexueller Gewalt, Anwerbung von Kindern als Selbstmordattentäter, Zerstörung von zivilem Eigentum sowie die Attacken im Raum des Tschadseebeckens entlang der Grenzen Nigerias zum Tschad und nach Kamerun und in den nördlichen Provinzen von Kamerun; 2. weist darauf hin, dass Boko Haram in einem Umfeld immer gewalttätiger wurde, in dem die Regierung hart durchgriff, unter anderem in Form einer durchdringend brutal agierenden Polizei, und in dem gewaltsame Zusammenstöße zwischen Christen und Muslimen der Gruppe eine weitergehende Radikalisierung ermöglichten; hebt vor allem hervor, dass die nigerianische Polizei jedes Jahr für hunderte außergerichtliche Hinrichtungen und Verschwindenlassen von Menschen verantwortlich war, die größtenteils weder juristisch verfolgt noch bestraft wurden; fordert, dass die Vorwürfe von Menschenrechtsverletzungen, die auch außergerichtliche Hinrichtungen, Folter, willkürliche Festnahmen und Misshandlungen als Erpressungsversuch betreffen, eingehend untersucht werden; 3. begrüßt die Entschlossenheit der Unabhängigen Nationalen Wahlkommission (CENI) in Nigeria, die trotz der inneren und äußeren Zwänge und des Drucks, denen sie ausgesetzt war, einen glaubwürdigen, transparenten und fairen Wahlprozess durchgeführt hat; 4. gratuliert Oppositionsführer Muhammad Buhairi zu seinem Sieg bei den Präsidentschaftswahlen und Präsident Jonathan zu dem löblichen Eingeständnis seiner Niederlage, mit dem nach den Wahlen eine friedliche Atmosphäre geschaffen wurde; 5. hebt hervor, dass der Aufstand von Boko Haram anfänglich als rein nigerianisches Problem aufgefasst wurde, sich inzwischen jedoch zu einer ernsthaften Bedrohung des PE555.168v01-00 DE 6/9 RE\1059419DE.doc Friedens und der Sicherheit in ganz Westafrika ausgeweitet hat; fordert die Regierung Nigerias demnach auf, eine umfassende Strategie zur Bekämpfung der Ursachen dieses Phänomens zu entwickeln, indem auf einen sanften Ansatz zurückgegriffen wird, mit dem die Anziehungskraft der Ideologie von Boko Haram und die darin liegenden Möglichkeiten für eine Anwerbung und Radikalisierung demontiert und seine Geldmittel gekappt werden; 6. ist insbesondere der Ansicht, dass entschlossene und zielgerichtete Interventionen zur Schaffung von Beschäftigung in Nigeria, vor allem im Norden des Landes und in den angrenzenden Gemeinden der Nachbarländer, eine Schlüsselpriorität der Staaten darstellen sollte, wenn sie verhindern wollen, dass Boko Haram weiterhin Menschen anwerben kann; 7. fordert den neu gewählten Präsidenten auf, seine Versprechen aus dem Wahlkampf einzuhalten und verfügbare Ressourcen zu nutzen, um die Gewalt von Boko Haram zu beenden und im ganzen Land Stabilität und Sicherheit wiederherzustellen; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass ein militärischer Ansatz alleine nicht ausreichen wird, um der Gewalt von Boko Haram Einhalt zu gebieten; ist jedoch der Ansicht, dass Frieden und Sicherheit in der Region nur durch einen multidimensionalen Ansatz erreicht werden können, mit dem berechtigte Anliegen, Menschenrechtsverletzungen in der Vergangenheit und Gegenwart und die Ursachen des Konflikts angegangen werden; 8. weist darauf hin, dass Nigeria zwar die größte Volkswirtschaft, der größte Erdölproduzent und das bevölkerungsreichste Land in Afrika ist, seine Indikatoren der menschlichen Entwicklung jedoch zu den niedrigsten weltweit gehören und die Mehrheit der Bevölkerung in extremer Armut lebt; 9. weist darauf hin, dass die Ursachen für die Entstehung von Boko Haram in aus einer schlechten Regierungsführung resultierenden Missständen, der grassierenden Korruption und der eklatanten Ungleichheit innerhalb der Gesellschaft Nigerias zu finden sind; fordert den neu gewählten Präsidenten im Zusammenhang mit der Tatsache, dass die Armuts- und Arbeitslosenquote im Norden Nigerias erheblich höher ist als im ölreichen Süden nachdrücklich auf, den sogenannten Marschall-Plan für den Norden umzusetzen; fordert die Behörden Nigerias insbesondere auf, der Korruption, Misswirtschaft und Ineffizienz innerhalb der öffentlichen Einrichtungen ein Ende zu bereiten, für eine bessere Bildung und Gesundheitsversorgung im Norden zu sorgen und eine gerechte Verteilung der Erträge aus dem Erdöl sicherzustellen, um eine angemessene regionale Entwicklung zu fördern; 10. fordert die Behörden in Nigeria und ausländische Unternehmen auf, die Governance im Rohstoffsektor zu stärken, indem die Initiative für die Transparenz in der Rohstoffindustrie eingehalten wird und Zahlungen von Unternehmen an die Regierung Nigerias öffentlich gemacht werden; 11. betont, dass es in einem Umfeld, in dem brutale Polizeieinsätze und Straflosigkeit die Spannungen und die Eskalation der Gewalt verstärken, von entscheidender Bedeutung ist, die Menschenrechtsbilanz der nigerianischen Sicherheitskräfte zu verbessern, um Boko Haram zu bekämpfen, da hiermit das öffentliche Vertrauen in die nigerianischen RE\1059419DE.doc 7/9 PE555.168v01-00 DE Sicherheitskräfte gestärkt werden könnte und Bürger dazu ermutigt werden könnten, Informationen über die Aufständischen und ihre Unterstützer preiszugeben; 12. fordert den neu gewählten Präsidenten nachdrücklich auf, die Ursachen für die Radikalisierung zu bekämpfen; ist der Ansicht, dass hierbei Maßnahmen getroffen werden sollten, um der etablierten Straflosigkeit und den Menschenrechtsverletzungen ein Ende zu bereiten, z. B. indem rigorose Reformen des Rechtssystems durchgeführt werden; ist der Auffassung, dass er sich aktiv dafür einsetzen sollte, die Defizite in der Regierungsführung und die Korruption auf allen Ebenen zu bekämpfen; fordert die nigerianische Regierung auf, Maßnahmen zu ergreifen, um die illegalen Einnahmequellen von Boko Haram durch Zusammenarbeit mit den Nachbarländern insbesondere in den Bereichen Schmuggel und illegaler Handel auszutrocknen; fordert, dass Maßnahmen ergriffen werden, um sozioökonomische Ungleichheiten auszugleichen und dass der Dialog zwischen sämtlichen Bundesstaaten Nigerias, seinen ethnischen Gruppen und Religionsgemeinden gefördert und erleichtert wird, damit ein umfassender Reformprozess zur Dezentralisierung in Gang gebracht werden kann; 13. wiederholt seine Forderung, alle Personen, die entführt wurden, umgehend frei zu lassen, einschließlich der Mädchen aus Chibok; betont, dass diejenigen, die für Menschenrechtsverletzungen und Verstöße gegen die Menschenrechte sowie für Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht verantwortlich sind, zur Rechenschaft gezogen werden müssen; 14. fordert nachdrücklich, dass Mädchen und Frauen, die im Zusammenhang mit bewaffneten Konflikten Opfer von Vergewaltigungen geworden sind, gemäß Artikel 3 der Genfer Konvention, in dem die notwendige medizinische Versorgung der Verwundeten und Kranken vorgesehen ist, umfassenden Zugang zu Dienstleistungen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit, einschließlich Abtreibung, in von der EU finanzierten humanitären Einrichtungen bekommen; 15. bekräftigt seine Forderungen nach der Abschaffung des Gesetzes über das Verbot der Heirat von gleichgeschlechtlichen Partnern sowie der Artikel 214, 215 und 217 des nigerianischen Strafgesetzbuchs, das Lesben, Schwule, Bi- und Transsexuelle sowohl nigerianischer als auch ausländischer Staatsangehörigkeit eines ernsten Risikos aussetzt, Opfer von Gewalt oder verhaftet zu werden; 16. betont, dass Nigeria sein Potenzial als stabile Regionalmacht nicht vollständig nutzen kann, solange es das Problem mit Boko Haram nicht löst; begrüßt die auf dem regionalen Gipfeltreffen vom 20. und 21. Januar 2015 in Niamey von den 13 teilnehmenden Staaten zum Ausdruck gebrachte Entschlossenheit, darunter insbesondere die militärischen Zusagen des Tschad sowie von Kamerun und Nigeria, die auf die Bekämpfung der von Boko Haram ausgehenden terroristischen Bedrohungen abzielen; fordert dazu auf, die regionale Zusammenarbeit in dieser Form zu stärken; 17. begrüßt die Initiativen des Friedens- und Sicherheitsrates der Afrikanischen Union und fordert die Afrikanische Union auf, gemeinsam mit allen beteiligten Ländern dringend konkrete Schritte zur Koordinierung des Kampfes gegen Terrorgruppen in der SahelRegion einzuleiten; weist erneut darauf hin, dass Maßnahmen zur Bekämpfung der terroristischen Bedrohung durch Boko Haram im Einklang mit den internationalen PE555.168v01-00 DE 8/9 RE\1059419DE.doc Menschenrechtsnormen, dem humanitären Völkerrecht und dem Flüchtlingsrecht getroffen werden sollten; 18. fordert die ECOWAS auf, ihre neue Strategie zur Bekämpfung des Terrorismus weiterhin umzusetzen und den Schwerpunkt dabei insbesondere auf die Eindämmung des grenzüberschreitenden illegalen Waffenhandels, des Austausches von Kämpfern und des Schmuggels zu legen; fordert, dass die Strategie der ECOWAS einen sanften Ansatz umfassen sollte, in dem staatliche Dienste verbessert, die Governance und die humanitäre Hilfe für Opfer von Terrorismus verbessert werden; fordert die EU auf, intraregionale Initiativen zu erleichtern; 19. zeigt sich zutiefst besorgt über die Zunahme der humanitären Krisen durch die Aktivitäten von Boko Haram, die zu massiven Vertreibungen von Nigerianern innerhalb des Landes und in die benachbarten Länder Kamerun, Tschad und Niger geführt haben; fordert die Länder in der Region auf, dem Schutz der Flüchtlinge, der Rückkehrer und der Binnenvertriebenen die höchste Priorität einzuräumen; 20. fordert die VP/HR und die EU auf, an ihren diplomatischen Bemühungen in Nigeria festzuhalten, indem sie den von der Krise betroffenen Bevölkerungsgruppen humanitäre Hilfe zur Verfügung stellt und die langfristige Entwicklungszusammenarbeit fortführt, um Frieden, Sicherheit, verantwortungsvolle Staatsführung und die Achtung der Menschenrechte zu erzielen; fordert insbesondere nachdrücklich, den politischen Dialog mit Nigeria gemäß Artikel 8 des geänderten Cotonou-Abkommens fortzusetzen und sich in diesem Zusammenhang der Probleme in Bezug auf die allgemeinen Menschenrechte, wie etwa die Gewissens-, Gedanken- und Religions- bzw. Glaubensfreiheit sowie das Verbot von jedweder Diskriminierung, die in universalen, regionalen und nationalen Instrumenten im Bereich der Menschenrechte verankert sind, anzunehmen; 21. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission, der der Vizepräsidentin der Kommission / Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, der Bundesregierung von Nigeria, den Organen der Afrikanischen Union und der ECOWAS, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, der Generalversammlung der Vereinten Nationen, den Ko-Präsidenten der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU sowie dem Panafrikanischen Parlament (PAP) zu übermitteln. RE\1059419DE.doc 9/9 PE555.168v01-00 DE