Rubrik: Unkraut des Monats - LVHS

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Ackerschachtelhalm
Ein Unkraut, das recht lästig werden kann, aber längst nicht jeden Garten
befällt, ist der Schachtelhalm. Ein komisches Pflänzchen ohne erkennbare
Blätter oder Blüten. Und wirklich, es handelt sich gar nicht um eine
„moderne“ Blütenpflanze, sondern um einen späten Vertreter einer UrPflanzengruppe, die bereits seit einigen hundert (!) Millionen Jahren
existiert. Damals, als sich die Tierarten langsam zu entwickeln begannen,
bildeten die Schachtelhalmarten zusammen mit Farnen hohe dichte
Wälder. Sie sahen die Entwicklung der Dinosaurier und ihr Aussterben
und bildeten mit ihrem Untergang die Grundlage der heutigen
Kohlevorkommen. Als der Mensch vor nur etwa 4 Millionen Jahren auf
den Erdplan trat, waren fast alle Schachtelhalmarten bereits ausgestorben.
Nur eine Handvoll kleiner Arten erinnert noch an die frühere
Formenvielfalt. Und während im Garten alles blüht, vermehrt sich der
Schachtelhalm (wie auch der Farn) noch nach der alten Sporen-Methode.
Von der „richtigen“ Pflanze fallen Sporen, die zu kleinen grünen, meist
völlig übersehenen „Blättchen“ auswachsen. Diese bilden dann männliche
– oder weibliche- Keimzellen, die sich im Wasser finden müssen (Deshalb
brauchen Schachtelhalme und Farne stets einen etwas feuchten Standort).
Der befruchtete Keim wächst schließlich wieder zu einer großen Pflanze
heran. Um die Sache noch etwas unübersichtlicher zu machen, gibt es
beim Acker-Schachtelhalm noch eine Besonderheit. Die „richtige“ Pflanze
kommt in zwei Formen vor. Aus dem großen und bis zu 5 Meter tief
reichenden „Wurzel“-stock treiben zuerst die Sporenträger, die gar nicht
grün, sondern bleich-bräunlich sind. Sie erscheinen für kurze Zeit im
April und ähneln Spargel mit braunen Köpfchen, nur viel dünner. Ein
paar Wochen später treibt aus dem unterirdischen Geflecht eine neue
Variante aus: die bekannten grünen Wedel, die aussehen wie kleine
Tannenbäumchen. Sie bleiben bis in den Spätsommer und sorgen durch
Photosynthese für eine Ausbreitung des Wurzelwerks.
Aufgrund des Aussehens dieser Wedel kommt die Pflanze zu ihren Namen:
Equisetum (lat) heißt so viel wie Pferdeschwanz. Schachtelhalm wiederum
beschreibt einleuchtend ihren Aufbau: Es lassen sich einzelne
Sprossabschnitte auseinander ziehen und wieder ineinander stecken. Sie
sind „geschachtelt“. Das Synonym „Zinnkraut“ gründet sich auf die
frühere Verwendung der Wedel zum Putzen von Zinngeschirr.
Einige Schachtelhalmarten wie der Sumpfschachtelhalm sind giftig, weil
sie einen Stoff enthalten, der das lebenswichtige Vitamin B1 abbaut.
Vergiftungen kommen eigentlich nur bei Tieren vor, die das frische Kraut
fressen (Taumelkrankheit; Vit B-haltige Bäckerhefe hilft hier!). Durch
Kochen oder Trocknen wird das Gift zerstört. Dennoch sollte man sich
lieber auf den völlig ungiftigen Acker-Schachtelhalm konzentrieren, den
man schnell und sicher bestimmen kann. Dazu zieht man den grünen
Wedel auseinander und betrachtet beide „Schnittstellen“. Beim AckerSchachtelhalm zeigt das glatte Ende ein mittiges, rundes Loch. Am anderen
Ende bleibt dort eine „Krone“ stehen (die einzigen Blätter des
Schachtelhalms, alles andere sind sozusagen Zweige), die deutlich kürzer
ist als die ersten Seitensprossabschnitte (s. Abb.). Auch hat er nie braune
Sporenköpfchen auf den grünen Wedeln. Man sammelt die grünen Wedel
von Ende Mai bis Ende August und verwendet sie frisch, oder man trocknet
sie für den Wintervorrat rasch im Schatten (sollten grün bleiben).
Als Heilpflanze wurde der Acker-Schachtelhalm schon früh zur Festigung
des Bindegewebes und zur Nierenaktivierung herangezogen. Er enthält sehr
viel Kieselsäure, die Pflanzen, Tiere und der Mensch als Stützsubstanz in
Haut, Nägel und Haaren brauchen. Kieselsäure macht diese Strukturen fest.
Spritzt man Schachtelhalmbrühe (Wedel über Nacht kalt ansetzen, dann
1-2 Stunden köcheln lassen; 1:5 bis 1:10 mit Wasser verdünnt ausbringen)
auf Rosen, so beißen sich Blattläuse regelrecht „die Zähne“ aus. Nimmt der
Mensch Schachtelhalmtee zu sich, so verbessern sich Haut und Fingernägel,
generell das Bindegewebe. Das Schüsslersalz Nr. 11- Silicea
(Hautverjüngungssalz) ist nichts anderes als Kieselsäure. Da auch die
Blutgefäße ihre Festigkeit der Kieselsäure verdanken, wundert es nicht, dass
Schachtelhalm als wichtiges Blutstillungsmittel dient, das rissige Adern zu
verschließen hilft (Nasenbluten, Hämorrhoiden). Auch bei zu schwachem
Lungengewebe, etwa nach jahrelanger Bronchitis oder beim
Lungenemphysem ist eine Gewebefestigungskur mit Schachtelhalmtee
ratsam. Um die Kieselsäure aus der Pflanze zu lösen weicht man sie
zunächst über Nacht in kaltem Wasser ein. Dann kocht man das Ganze
noch ein paar Minuten auf und seiht ab. Den Tee kann man dann
trinken, für Umschläge nutzen oder dem Bad zufügen. Man nimmt 2-3
Teelöffel pro Tasse Tee, etwa 10g Pflanze pro Liter für Umschläge, etwa 2g
pro Liter für Bäder. So ein Vollbad ist nicht nur gut für das Bindegewebe,
es aktiviert zudem die Nieren (oft Ursache unklarer Rückenschmerzen).
Denn das zweite Anwendungsgebiet für den Schachtelhalm sind ja die
Harnwege. Der Tee durchspült Nieren und Blase und schwemmt Bakterien
und auch kleinere Nierensteinchen mit aus. Dabei verlassen viele
Schlackenstoffe den Körper. Nur bei echter Nieren- oder Herzinsuffizienz
verbietet sich eine Teekur.
Hat man also Acker-Schachtelhalm im Garten, so kann man sich jetzt auf
wohltuende Tees und nette Wannenbäder mit der Urzeitpflanze freuen!
Steckbrief
Schachtelhalm-Bad
Name: Acker-Schachtelhalm
auch Zinnkraut
Herkunft: Europa, Asien,
Nordamerika
Für Rücken, Niere und Haut
200-400g Schachtelhalm sammeln
kurz waschen, grob schneiden
in einem großen Topf in kaltes
Wasser einlegen
über Nacht einweichen lassen
vor dem Baden alles etwa 10 Minuten
köcheln lassen
den heißen Sud ins Badewasser gießen
Evt. einige Wedel zum Abrubbeln
während des Bades zugeben
mindestens 20 min bei angenehmer
Temperatur baden,
nicht abduschen, nur trockenreiben
danach ausruhen
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