Bericht

Werbung
TRASSEN UND FLUGPARABELN  BEARBEITET MIT DEM TIVOYAGE 200
ZUSAMMENFASSUNG: Trassierungssituationen lassen sich beliebig variieren und mit erweiternden Fragen anreichern.
Wir beginnen mit einer Standardsituation und thematisieren anschließend die „Glattheit“ der Übergänge (zweifache Differenzierbarkeit in den Anschluss-Stellen). Im Rahmen einer Standard-Flugparabel gibt es einen Exkurs zur näherungsweisen
Berechnung von Bogenlängen. Der v200 übernimmt dabei in diesen Zusammenhängen die z.T. längliche Rechenarbeit. Es
zeigt sich erneut, dass die „klassischen“ Schulbuchaufgaben unnötige Verzerrungen an den Sachsituationen vornehmen, da
sie den sonst notwendig werdenden Rechenaufwand  nicht: Denkaufwand!  vermeiden wollen.
Eine Straße wird auf einer Länge von 8 km verlassen, um zu einer Siedlung geleitet zu werden.
Die dortige Bundesstraße wird im rechten Winkel geschnitten. Dann wird die Umleitung zurück zur alten Straße geführt. Die Lageverhältnisse sind durch siedlungsgeschichtliche Parzellierungen festgelegt. Nebenstehend findet sich
eine grobe Skizze. Ermitteln Sie die Gleichung
für eine Kurve, die den Punkt P mit dem Punkt
Q verbindet. Wählen Sie das KOS geschickt. Die
Lösung des LGS sollten Sie mit einem CASystem durchführen.
Als Ursprung eines Koordinatensystems bieten sich u.a. an: P, Q, S, die Mitte zwischen P und Q, der
Punkt 2 km rechts von S. Wählt man S als Mittelpunkt (für andere Fälle: s. Anhang II), so erhält man
die folgenden sechs Bedingungen für den gesuchten Graphen G:
I
II
III
IV
V
VI
P(-2/ 2) liegt auf G.
Q(6/ 2) liegt auf G.
S(0/ 0) liegt auf G.
In P hat G eine waagerechte Tangente.
In Q hat G eine waagerechte Tangente.
In S steht G senkrecht auf der Geraden y = 0,5x.
Dies führt zu den folgenden Bedingungen an die Funktionsgleichung f(x):
I
II
III
IV
V
VI
f(-2) = 2
f(6) = 2
f(0) = 0
f '(-2) = 0
f '(6) = 0
f '(0) = -2, da mGraph  mStraße = -1
Sechs Bedingungen legen sechs Koeffizienten fest. Diese erzwingen eine (ganzrationale) Funktion
mindestens fünften Grades. Mit
f(x)
f '(x)
=
=
ax5 + bx4 + cx3 + dx2 +ex + f
5ax4 + 4bx3 + 3cx2 + 2dx + e
ergibt sich, dass für die Koeffizienten die folgenden Bedingungen gelten:
I
II
III
IV
V
VI
32a + 16b  8c + 4d  2e + f = 2
7776a + 1296b + 216 c + 36d + 6e + f = 2
f=0
80a  32b + 12c  4d + e = 0
6480a + 864b + 108c + 12d + e = 0
e = -2
Trassen und Flugparabeln
Wenn wir die Daten ohne „Vorbehandlung“ (vgl. die Anmerkung etwas weiter unten) in eine Koeffizientenmatrix kfz übernehmen, so erhalten wir:
16
 32

 7776 1296
 0
0
kfz = 
32
 80
 6480 864

0
 0
8
216
0
12
108
0
4
36
0
4
12
0
2
6
0
1
1
1
1
1
1
0
0
0
2
2
0
0
0
2









Die Eingabe dieser Daten als lineare Wertefolge
ist im Home-Bildschirm sehr unübersichtlich.
Daher bietet sich der Data/ Matrix-Editor (Apps 6)
an. Wir wählen einen neuen Datensatz des Typs
„Matrix“, wählen einen Namen aus, geben die
Zeilen- und Spaltenzahl an und geben die Daten
ein.
Im Home-Bildschirm rufen wir kfz auf und überprüfen die Daten. Hier ist der Überblick besser als
im Data/ Matrix-Editor.
Wir diagonalisieren die Matrix kfz und erhalten
die nebenstehende Gauß-Jordan-Form. Die Werte
für a bis e sind ablesbar. Der Wert für f befindet
sich unterhalb des sichtbaren Bereichs.
Holt man die Matrix in die Eingabezeile, lässt sich
auch der Wert für f (f = 0)ablesen.
Als Funktionsterm ergibt sich abschließend:
f(x) = 
1 5
5 4 4 3 1 2
x 
x 
x  x  2x .
216
216
27
3
Anmerkung: Wenn wir noch vor dem Aufstellen von kfz f = 0 und e = 2 in die obigen Gleichungen
einsetzen, müssen wir nur noch vier Variablen ermitteln. Unter Ernstbedingungen (im „wirklichen“
Leben) kann dies zu erheblichen Verkürzungen bei der Lösung eines LGS, also der Ermittlung von
rref(kfz), führen. U.U. wird das System sogar von Hand lösbar.
© 2004 Bernd Reckelkamm
2
Trassen und Flugparabeln
Wir geben den Funktionsterm im HomeBildschirm ein und benennen ihn, falls wir auf ihn
zurückgreifen müssen. Zudem geben wir die Bundesstraße mit an. Der Plot liefert das nebenstehende Ergebnis.
Will man den rechten Winkel in S sehen, wählt
man im Zoom-Menü(F2) den Eintrag 5:ZoomSqr.
Dann werden Quadrate als Quadrate (und Kreise
als Kreise etc.) dargestellt.
„Rund um P(-2/ 2)“ ist der Graph sehr undeutlich.
Man ahnt im zweiten Plot einen Tief- und einen
Hochpunkt. Im ersten Plot ist das nicht zu erkennen. Wir benutzen die ZoomBox (F2,
1:ZoomBox), um besser zu sehen, was dort los ist:
Der Befund ist eindeutig: P ist lokales Maximum.
Dies bestätigt auch die algebraische Überprüfung.
Wir bilden zunächst f '(x) und f ''(x). Beachte die
Möglichkeit, f''(x) direkt zu berechnen, indem
man eingibt:
d(f(x),x,2)
Die Ausgabe erfolgt auf die in der Physik üblichen Schreibweise.
Das Nachrechnen mit Hilfe der klassischen Bedingungen („Hinreichend für das Vorliegen eines
Hochpunkts an der Stelle x0 ist ...“) an der Stelle
x0 = 2 bestätigt den visuellen Eindruck.
© 2004 Bernd Reckelkamm
3
Trassen und Flugparabeln
Will man den links neben P liegenden Tiefpunkt
genauer lokalisieren, hilft die Nullstellenbestimmung mittels SOLVE.
Exkurs I: Arbeiten mit Rechenergebnissen
Hilfreich bei vielen Untersuchungen ist der Befehl
zeros( ). Er gibt die Nullstellen als Menge aus.
Auf deren Elemente kann man direkt zugreifen.
Nennen wir die Menge der Nullstellen (der Ableitungsfunktion) nst, dann wird mit nst[1] das 1.
Element, mit nst[2] das 2. Element usw. aufgerufen. Bringt man das Ergebnis von nst[1] zurück in
die Eingabezeile, so erhält man zusätzliche Stellen, mit denen der v 200 arbeitet.
Mit diesen Stellen kann man nun für den Tiefpunkt links von P direkt in die beiden algebraischen Bedingungen gehen.
Exkurs II: Umrechnen von Funktionstermen (Koordinatentransformation)
Je nach Wahl des Koordinatenursprungs erhält
man unterschiedliche Ergebnisse für den gesuchten Funktionsterm. Der Vergleich verschiedener
Terme ist von Hand fast unmöglich. Hier hilft die
folgende Idee: Wer statt des Punktes S den Punkt
P(-2/ 2) als Ursprung gewählt hat, der erhält  im
„Umkehrschluss“  denselben Graphen wie nebenstehend, nur so verschoben, dass P in „unserem“ Ursprung zu liegen kommt. Diese Verschiebung bauen wir nun algebraisch nach.
© 2004 Bernd Reckelkamm
4
Trassen und Flugparabeln
„Unser“ Graph zu f muss um 2 Einheiten nach
rechts und um 2 Einheiten nach unten geschoben
werden. Der Funktionsterm f*(x) zum neuen Graphen G* geht aus dem alten Term wie folgt hervor
 man vergleiche dazu die aus der 9.Klasse bekannte Scheitelpunktform! :
f*(x) = f(x  2)  2
Der v 200 führt diese Ersetzung (statt x trägt er x
 2 in den Funktionsterm f(x) ein) und Subtraktion (2) in einem Schritt aus. Die ausmultiplizierte
Form stimmt zuversichtlich: Man erkennt die
doppelte Nullstelle im Ursprung.
Der Plot bestätigt diesen Erkenntnis.
Wählt man für den Ursprung des KOS hingegen
den Mittelpunkt der Strecke PQ aus, so ergibt
sich:
f**(x) = f(x + 2)  2
Und als Plot:
An dieser Stelle kann eine erste Begegnung mit Trassierungsfragen enden. Andererseits scheint es
sinnvoll, zumindest die folgende Anschlussfrage aufzuwerfen: Sie thematisiert das Problem des „glatten“ Übergangs in den Anschluss-Stellen. In der Praxis ist die Bedingung „zweimal stetig differenzierbar“ üblich? Was ist der mathematische Hintergrund dieser Forderung? Bei der Antwort gewinnen
wir eine vertiefte Einsicht in den Ableitungsbegriff.
Die zweite Frage ergibt sich sofort aus der inhaltlichen Situation: Wie lang ist der Umweg, den wir
durch die neue Straßenführung in Kauf nehmen müssen? Die hierzu benötigte Berechnung einer Bogenlänge könnte an dieser Stelle näherungsweise durch Polygonzüge vorgenommen werden. Die
Überlegungen sind auf elementarem Niveau eine Vorbereitung für die entsprechenden Summierungen,
wie sie später im Rahmen des Integralbegriffs auftauchen. In der vorliegenden Sequenz bietet sich
aber an, die Bogenlänge im Rahmen der weiter unten folgenden Flugparabel aufzugreifen, da die entsprechende Aufgabe aus dem benutzten Lehrwerk danach geradezu schreit.
© 2004 Bernd Reckelkamm
5
Trassen und Flugparabeln
Erweiterung I: „Glatte“ Übergänge
In einem Lehrwerk der neuesten Generation findet
sich die folgende Fragestellung:
50 m
Zwei Straßenstücke sollen durch den Graphen
einerganzrationalen Funktion möglichst glatt
verbunden werden (vgl. nebenstehende Abb.).
Bestimmen Sie die Trasse unter der Bedingung,
dass die Straßenteile tangential ineinander übergehen.
50 m
50 m
100 m
50 m
Lambacher Schweizer Analysis Grundkurs NRW
Diese Aufgabe lässt sich problemlos rechnerfrei
lösen. Trotzdem bietet sich der Plot an, um den
tangentialen Übergang zu kontrollieren. Nebenstehend die v200-Lösung.
Anmerkung zur Eingabe: Die Einschränkung der
Graphen auf ausgewählte Intervalle nimmt man
im Y= - Editor vor (s. oberes Bild). Der senkrechte Strich befindet sich oberhalb des k auf der Tastatur. Schließt man sich dem Lösungsband nicht
an, sondern legt die y-Achse als Symmetrieachse
in die Figur, dann erhält man die nebenstehenden
Funktionen bzw. Graphen:
So weit, so gut. Nun findet sich in obigem Werk in der Randspalte die folgende Frage, die offensichtlich ein vertieftes Verständnis der Situation bewirken soll:
Welches Ergebnis erhalten Sie, wenn die Straßenteile zusätzlich an der AnschlussStelle auch in der 2.Ableitung übereinstimmen sollen?
Leider fehlt jeglicher Hinweis darauf, was der Gewinn innerhalb der vorgestellten Sachsituation sein
soll. Um den Hintergrund zu erarbeiten, berechnen wir die neue Funktionsgleichung, plotten dann alle
vier Funktionen und anschließend ihre Ableitungen. Mit Hilfe eines Gedankenexperimentes arbeiten
wir dann die inhaltliche Bedeutung der obigen Bedingung heraus.
© 2004 Bernd Reckelkamm
6
Trassen und Flugparabeln
Wir geben mit dem neuen Ansatz die Koeffizientenmatrix ein und diagonalisieren sie.
Die neue Trassenfunktion wird eingegeben.
Wir plotten alle vier Funktionen, beschränken
jedoch den Werteverlauf der neuen Trasse nicht.
Für 50  x  50 erkennen wir eine leicht größere
Auslenkung noch oben, rund um die AnschlussStellen gibt es offenbar eine „Durchdringung“.
Die Übergänge für jede der Trassen plotten wir
noch mal im Umfeld der Anschlüsse. Dabei heben
wir für die Trassenfunktionen die Einschränkung
der Definitionsbereiche auf.
70  x  10
30  y  70
Analysiert man alle drei Plotergebnisse, so erkennt man, dass die zweite Trasse rund um die Anschluss-Stelle „linearer“ ist, und dieses Verhalten über ein längeres Intervall zeigt.
Schauen wir uns nun ergänzend die Situation bei den vier Ableitungsgraphen an. Wieder plotten wir
zunächst die Ableitungen der Straßen mit der Ableitung der 1. Trassenfunktion, danach mit der 2.
Trassenfunktion. Auf die Einschränkung der Definitionsbereiche verzichten wir auch diesmal.
© 2004 Bernd Reckelkamm
7
Trassen und Flugparabeln
In der rechten Abbildung wird deutlich, dass die Steigungen, die die neue Trassenfunktion liefert, viel
besser an die beiden anderen Ableitungen anschließen. Obwohl also in der Ausgangssituation beide
Trassen stetige und differenzierbare Anschlüsse liefern, insofern also „glatt“ sind, hat die zweite Funktion eine zusätzliche „Schmiegeeigenschaft“. Lässt sich diese auch aus der Sachsituation heraus deutlich machen?
Um diese Frage nachzugehen wählen wir das folgende Gedankenexperiment: Wir durchfahren die
Straße, startend bei x = 100. Dabei steuern wir
den „Wagen“, indem wir die Richtung mit Hilfe
eines Drehrades einstellen. Die Richtung geben
wir dabei als Steigung bzw. Richtung der Tangente im jeweiligen Punkt an. Der originale Kurvenverlauf verrät zunächst gar nichts. Daher schaun
wir nochmals auf die Ableitungen.
Wir fahren konstant in Richtung 1. An der
Stelle x = 50 beginnen wir, den Regler
kontinuierlich nach unten zu regeln. Genauso kontinuierlich wechseln wir von +
nach  und lasen ab der Stelle x = +50 den
Wert von 1 konstant.
Zunächst sieht in diesem Bild alles genauso aus wie eben. Aber an den AnschlussStellen ergibt sich bei genauerem Hinsehen ein ganz anderes Bild: Im linken Fall
müssen wir ruckartig von 1 auf die neue
Steigung drehen. Es gibt keine „Vorwarnung“ oder einen rechnerischen Hinweis.
Im rechten Bild erfolgt der jeweilige
Übergang „weich“. Die Differenzierbarkeit in diesen beiden Punkten ermöglicht
es dem Fahrer, sich auf die kommende
Steigung einzustellen.
Fazit Trassierungen:
Ist in einer Trassierung in den Anschluss-Stellen die Bedingung „zweimal stetig differenzierbar“ erfüllt, dann ist die Kurvenführung für den Fahrer deutlich besser beherrschbar, als wenn nur Stetigkeit
und einfache Differenzierbarkeit erfüllt ist. Man erkauf sich diese zusätzliche Anforderung mit der
Erhöhung des Grades der Trassenfunktion. Je nach Situation ist der Rechenaufwand dann nicht mehr
sinnvoll – es sei denn, man hat einen Knecht, der hilft. 
© 2004 Bernd Reckelkamm
8
Trassen und Flugparabeln
Flugparabeln I: Die Berechnung der Flugbahn
Unter dem Stichwort „Rodeo am Himmel“ präsentiert das benutzte Lehrwerk eine sehr hübsch gestaltete, farbige Abbildung, die den Kurs eines auf- und absteigenden Flugzeugs zeigt. Während der Parabelphasen herrscht Schwerelosigkeit. Der Aufgabentext lautet:
Astronauten werden durch so genannte „Parabelflüge“ auf die Schwerelosigkeit vorbereitet. Ein NASA-Pilot berichtet, wie
ein solcher Flug mit einer Boeing abläuft: „In 7000 m Höhe ziehe ich das Flugzeug in einem Winkel von 45° steil geradlinig
nach oben. In 9000 m Höhe nehme ich den Schub aus den Triebwerken und es beginnt der Flug entlang einer vorausberechneten Parabelbahn. Ab diesem Moment ist im Flugzeug dann alles schwerelos. Die maximale Höhe unserer Flugbahn bträgt
etwa 10200 m. Bei einer konstanten Geschwindigkeit von 800 km/h in horizontaler Richtung haben wir wieder die Ausgangshöhe von 9000 m erreicht. Dann fange ich die Maschine ab und die Schwerkraft setzt wieder ein.“
Bestimmen Sie die Gleichung der Parabelbahn. Wie lange dauert die Schwerelosigkeit?
Die Analyse des Textes Textes liefert vier Bedingungen. Wir wählen das KOS so, dass der Startpunkt
des Parabelflugs A(0/ 9000) ist. Dann ergibt sich für die gesuchte Funktion f:
I
II
III
IV
f(0) = 9000
f’ (0) = 1
f(5000) = 9000
f(2500) = 10200
Da Flugparabeln nur den Grad 2 haben, muss man auf eine der Bedingungen verzichten. Da der Lösungsband IV an keiner Stelle thematisiert, scheint es Gründe zu geben, nur auf I bis III zuzugreifen.
Dennoch sollte wenigstens geprüft werden, ob die gefundene Parabel den Wert in etwa einhält.
Mit f(x) = ax2 + bx + c erhalten wir:
I
II
III
f(0) = c = 9000
f (0) = b = 1
f(5000) = a  25000000 + 5000 +9000 = 9000,
also a = 1/5000 = 0,0002
Die Probe an der Scheitelstelle liefert f(2500) = 10250. Also wird der Parabelflug beschrieben durch
f(x) = 0,0002  x2 + x + 9000.
Nebenstehend ein v200-Plot. Der Cursor zeigt,
dass die Werte vernünftig sind.
Bis zu dieser Stelle ist die Aufgabe von der mathematischen Modellierung her recht banal, dafür inhaltlich und optisch nett aufbereitet. Bei der Anschlussfrage werden die Schüler dann allerdings unruhig: Die Frage nach der Dauer der Schwerelosigkeit ist entweder trivial: 5000 m : 800 km/h = 0,00625
h = 22, 5 s. Aber dafür muss man die Parabel nicht berechnet haben. Sinnigerweise ist die Geschwindigkeit ja auch „in horizontaler Richtung“ angegeben. Will man andererseits die Länge des tatsächliche geflogenen Parabelstücks berechnen, reichen die mathematischen Kenntnisse zur Zeit noch nicht.
Im Gegensatz zu den Lehrwerksautoren wollte die Schüler an dieser Stelle nicht einfach den Kopf in
den Sand stecken. Zumindest ein Überschlag für die real geflogene Strecke L ist möglich, wenn man
der die Parabel ein Dreieck einbeschreibt. Mit Hilfe des „Pythagoras“ folgt sofort:
L  2l=2
© 2004 Bernd Reckelkamm
 2500
2
 1250 2
9

 2 2795.08 =5590,17
Trassen und Flugparabeln
Eine sehr grobe Abschätzung liefert also schon
eine Verlängerung des gegeben waagerechten
Werts um mehr als 10%. Nebenstehend ein Plot
des „geflogenen Dreiecks“ bzw. des Polygons.
Die schnelle Eingabe der beiden Polygonabschnitte ist nebenbei eine nette Übung zur Zwei-PunkteForm o.ä..
Naheliegend schein nun, das zweiteilige Polygon zu einem vielteiligen zu verfeinern, ein Verfahren,
das oft aus in Klasse 10 im Rahmen der Berechnung von  bekannt ist. Andererseits bringt die Form
der Parabel aber nicht den Kreis, sondern die Ellipse ins Spiel. Hat man Schüler, die die Cleverness
aufbringen, daraufhin ihre Formelsammlung zu befragen, so kommt schnell der Vorschlag, die Formel
L 
=

0,5  Umfang einer Ellipse
durch A(0/ 9000), S(2500/ 10250) und B(5000/ 9000)
0,5    (a + b) = 0,5    (2500 + 1250)
5890,49
Mittelt man die beiden bisherigen Werte, so erhält man 0,5  (5590,17 + 5890,49) = 5740,33.
Um eine Vorstellung zu bekommen, wie die Ellipse im Vergleich zur Flugparabel und zum Polygon
liegt, wird sie geplottet. Den Schülern ist in der Regel die Kreisgleichung
k:
(x  xS)2 + (y  yS)2 = r2
bekannt. Die Formelsammlung liefert als Gleichung einer Ellipse:
ell:
 x  x S  2  y  yS  2
a2

b2
1
Wir vergleichen mit der „normierten“ Kreisgleichung:
k:
 x  x S  2  y  yS  2
r2

r2
1
(**)
Offenbar müssen wir in der Kreisgleichung (**) nur die Radien durch die entsprechenden „Radien“
der Ellipse ersetzen, um eine Ellipsengleichung zu erhalten.
Da xS, yS, a und b bekannt sind, erhalten wir für unsere Flug-Näherungs-Ellipse:
ell:
 x  2500 2  y  9000 2
25002

12502
1
Es ist nicht nötig, die Ellipsengleichung im engeren Sinne zu erarbeiten. Die Parallelität zur Kreisgleichung (und diese IST erarbeitet) darf ausreichen.
Plotten können wir nur die Darstellung als Funktion. Daher lösen wir die Ellipsengleichung nach y
auf. Die „negative Lösung“ benutzen wir zum
Plotten.
© 2004 Bernd Reckelkamm
10
Trassen und Flugparabeln
Der Plot zeigt, dass die Idee der Mittelung auch
anschaulich plausibel ist.
Flugparabeln II: Die Berechnung der Bahnlänge
Um die Übersicht zu erhöhen, schränken wir die
Plotbereiche ein. Dazu ist die Eingabe des senkrechten Strichs nötig (  , oberhalb des Buchstabens k), sowie die zu plottenden Intervall.  erhält
man als  +  oder durch  + .
Mit einer Veränderung der Fenstereinstellung
erhält man das nebenstehende Bild.
Im ersten Schritt der Verfeinerung (die aufgrund
der Symmetrie nur für den linken Parabelteil
durchgeführt wird) zerlegen wir das Intervall [0,
2500] in fünf Teilintervalle zu je 500 m Länge. Da
der Funktionsterm verfügbar ist, kann der v200
die benötigten Stellen berechnen. Dazu wechseln
wir zur Einstellung . Ohne weitere Maßnahmen
werden die Funktionswerte derjenigen Funktonen
angegeben, die im y-Editor z.Z. eingegeben sind.
Im Fenster  können die Parameter Startwert und
Laufweite eingestellt werden.
Wir verzichten bei der nun folgenden Rechnung darauf, mit der eingebauten CellSheet  Tabellenkalkulation zu arbeiten. Stattdessen analysieren wir die Termstruktur der Summanden, um zu ergründen,
wie man bei 10 (oder 20, oder 50) Summanden rechnen müsste.
L

2
5002  (9450  9000) 2 + ... +
5002  [f (1500)  f (1000)]2 + .... +
5002  450 2 + 5002  350 2 + 5002  250 2 + 5002  1502 +
 672.681 + 610.328 + 559.017 + 522.015 + 502,494
= 2866,54
=
5002  (10250  10200)2
5002  50 2
Damit erhalten wir als neue Näherung: L  5733 m. Der Vergleich mit dem oben berechneten Mittel
von 5740 m macht einen guten Eindruck.
© 2004 Bernd Reckelkamm
11
Trassen und Flugparabeln
In etwas verkürzter Darstellung passiert nun folgendes: Wir betrachten jetzt 10 statt 5 Abschnitte. Die
zugehörigen x-Stellen seien x0 = 0, x1 = 1250, ..., x9 = 9250, x10 = 10250. Die 500 wird ersetzt durch
250, die Differenzen der Funktionswerte durch f(xi+1)  f(xi). Dabei lautet die erste Differenz f(x1) 
f(x0), die letzte f(x10)  f(x9). Wir erhalten 10 Wurzelterme, die alle die folgenden Struktur haben:
2
2
 2500 
 10    f (x i )  f (x i 1 )  , mit 1  i  10.


Die Summe dieser 10 Terme schreiben wir „abkürzend“ als
2

10 
  2500    f (x i )  f (x i 1 ) 2  .

i 1   10 



Diese Schreibweise ist für Schüler eher ungewöhnlich. Als Lernhilfe mag die bekannte Geschichte vom kleinen Gauß dienen. Dabei ist die
100
Aufgabe: Berechne den Ausdruck
i .
Und
i 1
n
Gauß` Idee ist:
 i  2 n(n  1) .
1
Sowohl die
i 1
Summenschreibweise als die auch die konkreten
wie die symbolischen Berechnungen führt der
v200 durch.
Das Summenzeichen findet man unter Calc.
Beachte: i muss als Index ausdrücklich deklariert werden.
Die Eingabe des entsprechenden Summenterms in den v200 sollte in aller Ruhe vorgenommen werden, da es nicht leicht ist, in der Eingabezeile den Überblick zu bewahren. Insbesondere sind Fehler
nur schwer zu entdecken, wenn die Ausgabe als pretty-print-Ausdruck unterbleibt.
Um die Eingabe zu vereinfachen, legen wir fest:
2500/ 10  d. Wir könnten natürlich auch n als
Variable speichern. Aber zu bedenken ist: Wir
sind noch in der Einübungsphase mit dem Rechner.
Wir ändern d zu 2500/20 ab, rechnen also mit 20
Intervallen. Im Summenterm muss ebenfalls die
10 durch 20 ersetz werden.
Die Ergebnisse sind sehr stabil. Was ist noch drin,
wenn wir 50 Intervall wählen?
© 2004 Bernd Reckelkamm
12
Trassen und Flugparabeln
Ersetzen wir das sehr grobe Polygon über zwei Intervalle durch ein feines über 50 Intervalle, so erhalten wir für die Länge des Parabelbogens die folgenden Näherungswerte:
L  5590 m bzw. L  5739 m.
Verglichen damit war der oben berechnetet Mittelwert aus Dreieck und Ellipse (5740 m) nicht
schlecht! Die zugehörige Flugzeit in der Schwerelosigkeit beträgt nach diesem letzten Modell 25,8
Sekunden.
Fazit:
Alle hier behandelten Fragestellungen haben sich aus Standardaufgaben entwickelt, wie sie in allen
gängigen Lehrwehren auftreten. Der Einsatz des v200 liefert die Möglichkeit, Probleme zu thematisieren, vor denen manche Aufgaben zurückschrecken. Die Visualisierungen und Berechnungen setzen
jedoch voraus, dass die zugrundeliegende Mathematik verstanden wurde. Insbesondere zeigt sich beim
Einsatz des Summierungsbefehls bzw. des Summenzeichens die Nützlichkeit dieser Schreibweise, die
sich eben nicht nur auf den Abkürzungsaspekt beschränkt. Zudem ist ein kleiner Vorgriff auf später
anstehende Verfahren in der Integralrechnung getan.
© 2004 Bernd Reckelkamm
13
Trassen und Flugparabeln
Anhang: Eine [zu?] aufwändige Trassierung
Den Abschluss soll eine variierte Fragestellung der Ausgangssituation bilden, die u.a. die Forderung nach der Glättung in den
Anschluss-Stellen beinhaltet. Es ergibt sich eine Funktion achten Grades, die vom v200 problemlos berechnet wird. Allerdings muss man sehr konzentriert bei der Eingabe und dem „Transport“ der Daten vorgehen. Der v200 stellt eine Reihe von
Hilfen zur Verfügung, die das Problem entschärfen. Diese setzen jedoch eine gewisse Routine im Umgang mit dem Gerät
voraus, die  je nach Vorkenntnissen der Schüler  zu diesem Zeitpunkt im Kursverlauf noch nicht vorausgesetzt werden
kann. Beigegeben sind drei DERIVE-Plots, die die Ergebnisse in besserer Auflösung zeigen, als sie der v200 bietet.
In der nebenstehend gezeigten Situation soll die
Umgehungsstraße in den Anschluss-Stellen fahrtechnisch optimal ausgestaltet werden im Sinne
der doppelten stetigen Ableitbarkeit der Trassenfunktion. Zudem soll in S die Straße die Bundesstraße nicht nur senkrecht schneiden, sondern
auch von einer Rechts- in eine Linkskurve übergehen. Wenn diese Bedingungen erfüllt sind, ist zu
bestimmen, wie lang die Umgehungsstraße dann
wird.
[Nur das Ergebnis: Legt man den Ursprung des KOS in den Punkt S, so ergibt sich als Funktionsterm
für die Trassierungsfunktion: f(x) =

20651
1
237
122263 5
7349
14402389 3
x8 
x7 
x6 
x 
x4 
x  2x
36460800000
22500
8440000
26465000
50640000
94950000
Der v200 berechnet diese Werte genau, aber nur um den Preis geduldiger Dateneingabe und –
übertragung. Es gibt einige Hilfen, z.B. ein vom PC bekanntes „copy & paste“-Verfahren: +C,  + V.
Benutzt man zusätzlich den Data/Matrix-Editor, kann man die berechneten Daten komfortabel übertragen. Fast unumgänglich ist es, zu Beginn die Zielfunktion zunächst mit den allgemeinen Koeffizienten zu speichern. Nur so lassen sich die Daten für die Koeffizientenmatrix mit sinnvollem Zeitaufwand berechnen. Man wird dieses Beispiel also mit dem v200 nur erfolgreich bearbeiten können,
wenn ein routinierter Umgang mit dem Rechner gewährleistet ist.
Nebenstehend das Ergebnis, einschließlich der
Anschlussgeraden.]
Die folgenden Plots zeigen deutlich die Grenzen des erarbeiteten Verfahrens: Ganzrationale Funktionen höheren Grades sind wenig geeignet, die gewünschten Trassierungen vorzunehmen, da sie zu viele Extrema und Wendepunkte produzieren. Sie haben zwar die geforderten Eigenschaften, sind ansonsten aber sehr „wild“. Das Thema Trassierungen müsste nochmals mit einer anderen Modellierungsidee bearbeitet werden.
Plots 1 - 5: DERIVE-Plots mit der ermittelten Trasse zur letzten Aufgabe, den Ableitungsfunktionen
zur Überprüfung der zweifachen Differenzierbarkeit in den Anschluss-Stellen und einer Gesamtübersicht über den Lösungsgraphen.
© 2004 Bernd Reckelkamm
14
Trassen und Flugparabeln
PLOT 1 UND 2: DIE TRASSENFÜHRUNG UND DIE ABLEITUNGSFUNKTIONEN
© 2004 Bernd Reckelkamm
15
Trassen und Flugparabeln
PLOT 3  5: DER LÖSUNGSGRAPH ÜBERSICHT UND DETAILS
© 2004 Bernd Reckelkamm
16
Herunterladen