Demenzratgeben Word-Dokument

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AG-Demenz
AG-Demenz, Leitung: Prof. Dr. Ursula Henke, Ev. Fachhochschule RWL
DemenzEin Ratgeber für Angehörige
Demenzkranker
in Bochum
7. Auflage 2013
© 2012 ev. Fachhochschule RWL
Evangelische Fachhochschule RWL
Immanuel-Kant-Strasse 18-20
44803 Bochum
http://www.demenzratgeber.info
E-mail: [email protected]
verantwortlich für den Inhalt:
Prof. Dr. Ursula Henke und die Teilnehmenden
der AG-Demenz seit Wintersemester 2005/2006
1
AG-Demenz
Inhaltsverzeichnis:
1 Einleitung:...........................................................................................................
3
2 Allgemeines über die Erkrankung Demenz ...................................................
2.1 Was ist eine Demenz? ......................................................................................
2.2 Stadieneinteilung der Demenz und ihre Symptome .........................................
2.3 Empfehlungen für den Alltag mit einem Demenzkranken: .............................
2.4 Weiterführende Links: .....................................................................................
4-6
4
5
6
6
3 Nicht-medikamentöse Therapien und Betreuungskonzepte: ......................
3.1 Allgemeine Hinweise:......................................................................................
3.2 Betreuungskonzepte und nicht-medikamentöse Therapien: ...........................
7-9
7
8
4 Wohnen..............................................................................................................
4.1 Wohnungsanpassungen...................................................................................
4.2 Ambulante Einrichtungen ..............................................................................
4.3 Stationäre Einrichtungen.................................................................................
10-13
11
11
12
5 Die Situation der Angehörigen .......................................................................
5.1 Eigene Belastungen erkennen.........................................................................
5.2 Finanzielle Hilfen für Angehörige...................................................................
13-16
13
15
6 Rechtliche Aspekte bei Demenz ......................................................................
6.1 Gut zu wissen! .................................................................................................
6.2 Die Patientenverfügung ..................................................................................
6.3 Die Betreuungsverfügung ...............................................................................
6.4 Die Gesundheitsvollmacht...............................................................................
6.5 Die Vorsorgevollmacht....................................................................................
6.6 Die Generalvollmacht .....................................................................................
6.7 Das Testament.................................................................................................
16-17
16
16
16
16
16
16
16
7 Abschließende Gedanken ...............................................................................
18
2
AG-Demenz
1 Einleitung
Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
vielleicht ist bei Ihrem nahen Angehörigen in der letzten Zeit die Erkrankung Demenz
diagnostiziert worden. Wenn es so ist, so hat sicherlich der Verdacht oder die Diagnose einer
Demenz bei Ihnen viele Fragen ausgelöst und Unruhe erzeugt.
Wir möchten Ihnen mit Hilfe dieser Broschüre in verständlicher Form einen ersten Überblick
über die Erkrankung Demenz und über Unterstützungsmöglichkeiten in Bezug auf
Betreuung, Wohnen, die Situation der Angehörigen und rechtliche Aspekte geben. Wir
stellen Ihnen Informationen vor, die dazu beitragen können, das Wohlbefinden der
erkrankten Person auch im fortschreitenden Krankheitsprozess zu erhalten. Wir nennen
Ihnen Ansprechpartner bzw. Adressen in Bochum zur effektiven Unterstützung.
Ziel ist es, Ihnen Hilfen anzubieten, die Sie die Veränderungen des Lebens mit der
Erkrankung leichter bewältigen lassen.
Die Broschüre ist jedoch nur der erste Teil unserer Arbeit.
Sie finden unter http://www.demenzratgeber.info die mit informativen Internetseiten
verknüpfte Version. Sie können neben den Links die im Text unterstrichenen Worte
anklicken und es erscheinen die von uns zusammengestellten Originalseiten im Internet, die
Sie über das Thema detaillierter informieren. Einige Seiten bauen sich langsam auf. Bitte
haben Sie etwas Geduld. Unsere Arbeit beruht auf einer intensiven Literatur- und
Internetrecherche, die Ihnen die neuesten Erkenntnisse zusammenfasst. Eine regelmäßige
Überarbeitung durch die AG-Demenz wird erfolgen.
3
AG-Demenz
2 Allgemeines über die Erkrankung Demenz
Dieses 2. Kapitel wird Ihnen die Erkrankung aus medizinischer Sicht näher bringen. Sie
finden hier Definitionen und Symptome, die charakteristisch sind für eine
Demenzerkrankung. Demenz umfasst als Oberbegriff eine Vielzahl von Erkrankungen, die
jedoch meist durch den schleichenden Verlust von Gedächtnisleistungen gekennzeichnet
sind.
2.1 Was ist eine Demenz?
Demenz ist nicht zu verwechseln mit altersgemäßer normaler geistiger Veränderung.
Krankhafte geistige Beeinträchtigungen treten als Störungen des Gedächtnisses, als Abbau
des Denkvermögens und als Veränderungen der Persönlichkeit auf. Diese Veränderungen
führen zu einer Beeinträchtigung der Selbständigkeit und gehen über normale
Alterungsvorgänge hinaus. Alois Alzheimer hat 1906 als Erster erkannt, dass es eine
Krankheit gibt, in deren Verlauf nach und nach Nervenzellen untergehen und Hirnleistungen
beeinträchtigt werden. Die sichtbaren Folgen dieses schleichenden Prozesses werden
Demenz genannt. Mittlerweile erforschen Wissenschaftler eine Vielzahl unterschiedlicher
Demenzerkrankungen. Die so genannten primären Demenzen (z.B. Alzheimer-Krankheit und
die durch Durchblutungsstörungen hervorgerufene vaskuläre Demenz) betreffen direkt das
Gehirn. Die Alzheimer Krankheit ist in ca. 60% der Fälle als Ursache für eine Demenz zu
benennen. Daneben können andere Grunderkrankungen (z.B. Parkinson) vorliegen, die eine
Demenz zur Folge haben können. In diesem Fall spricht man von sekundärer Demenz.
Falls Sie weitere Informationen wünschen, empfehlen wir Ihnen die folgenden Internetseiten:
Demenz-Definition der ICD-10. Informationen über Erkrankungen, die der Demenz ähneln,
erhalten Sie, indem Sie folgende Links anklicken: Durchblutungsstörungen des Gehirns,
Hormonstörungen, Depressionen oder auch erhöhter Alkoholkonsum. In der Bundesrepublik
Deutschland weisen z.Zt. ca. 1. Mio. Menschen Symptome auf, die auf eine Demenz
hindeuten, wobei Frauen häufiger erkranken als Männer. An Alzheimer erkrankt sind 0,1 %
der unter 65-Jährigen, bis zu 10 % der über 65-Jährigen und mehr als 47% der über 85Jährigen.
(vgl. http://www.deutschealzheimer.de/fileadmin/alz/pdf/factsheets/FactSheet01_01.pdf)
Prognosen gehen davon aus, dass sich die Zahl der Demenzerkrankten bis zum Jahr 2050
auf ca. 2,3 Mio. erhöhen wird. Demenz ist schon jetzt die häufigste Ursache für eine
Pflegebedürftigkeit im Alter.
Hier in Bochum finden Sie ein ausgebautes Netzwerk, das Angehörige und demenzkranke
Menschen unterstützt. Bitte wenden Sie sich an:
Demenz Service Zentrum
Universitätsstr. 77
44789 Bochum
Tel.: 0234/337772
Alzheimerhilfe Bochum
An der Holtbrügge 8
44795 Bochum
Tel.: 0234/9445-145/147
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AG-Demenz
2.2 Stadieneinteilung der Demenz und ihre Symptome
Erinnerungslücken oder andere geistige Beeinträchtigungen müssen noch nicht auf eine
Demenz hindeuten, solange die Bewältigung von Alltagsaufgaben gewährleistet ist. Sollte
sich jedoch das subjektive Gefühl einstellen, dass die Person sich verändert hat bzw. die
normale Funktionsfähigkeit länger als 6 Monate eingeschränkt ist, sollte eine eingehende
Untersuchung eingeleitet werden. Eine frühe Diagnose kann eine rechtzeitige
medikamentöse und nicht-medikamentöse Behandlung ermöglichen, die den
Krankheitsverlauf positiv beeinflussen/verzögern kann. Zudem sollten der betroffenen
Person und ihrer Familie das Krankheitsbild und die damit verbundenen Veränderungen
nähergebracht. Die Erkrankung wird von der Medizin in drei Stadien eingeteilt, wobei jede
Erkrankung einen individuellen Verlauf nimmt und von der persönlichen Biographie und dem
betreuenden Umfeld abhängt.
Das Frühstadium geht meist mit Störungen des Kurzzeitgedächtnisses einher. Typisch für
dieses Stadium sind sich wiederholende Fragen, fehlende Erinnerungen an gerade
geschehene Situationen usw..
Im mittleren Stadium der Demenz sind die Symptome bereits deutlicher ausgeprägt. Der
betroffene Mensch findet sich innerhalb und außerhalb des Hauses nicht mehr zurecht.
Seine Sprache reduziert sich eventuell, die Sätze ergeben für Außenstehende oft keinen
Sinn. Meist ist der Demenzkranke auf Hilfe bei den Verrichtungen des täglichen Lebens
angewiesen, wie z.B. bei dem Gang zur Toilette, beim An- und Auskleiden und der
Einnahme von Mahlzeiten.
Im Spätstadium ist der betroffene Mensch auf permanente Unterstützung im Alltag
angewiesen. Seine Sprache ist auf wenige Worte reduziert, seine Gefühle kann er jedoch
wahrnehmen.
2.3 Empfehlungen für den Alltag mit einem Demenzkranken
Vermutlich erleben Sie im Alltag, dass sich das Verhalten des Demenzkranken verändert.
Vielleicht ist er/sie unruhiger als früher, vielleicht häufig deprimiert oder auch aggressiv,
wenn z.B. ein verlegter Gegenstand nicht gefunden werden kann. Diese Verhaltensweisen
sind Symptome der Erkrankung und nicht gegen die pflegende Person gerichtet!
Wir möchten Ihnen Empfehlungen geben, die Ihren Alltag im Miteinander erleichtern.
• Versuchen Sie sich den Vorlieben und verbliebenen Fähigkeiten der erkrankten Person
zuzuwenden und diese gezielt zu fördern.
Mit einer Hinwendung zu den Fähigkeiten nehmen Sie dem Demenzkranken seine Ängste
und Sie unterstützen seine Selbständigkeit. Dabei ist Anregung besonders wichtig. Schauen
Sie gemeinsam Fotoalben an (siehe auch Erinnerungstherapie), machen Sie Spaziergänge,
hören Sie Musik und bieten Sie dem Demenzkranken Tätigkeiten, wenn möglich aus seinem
beruflichen Alltag oder seinen früheren Hobbies an.
• Manchmal benötigen Demenzkranke bei der Ausführung einzelner Handlungen lediglich
eine kleine Starthilfe, bevor sie beispielsweise die Hose, Jacke usw. wieder allein anziehen
können. Führen Sie die Hand/das Bein des Erkrankten, dann erkennt er die Ausführung
selbst wieder. Manchmal jedoch ist regelrechtes geduldiges Training notwendig. Dieses
Training erhält dem Demenzkranken seine Selbständigkeit, es lohnt sich also sehr.
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AG-Demenz
• Sollte die erkrankte Person in der Wohnung unruhig hin- und herlaufen, so lassen Sie ihn
laufen oder begleiten Sie ihn. Achten Sie auf Stolperfallen und scharfe Ecken. Als kleine
Verhaltensempfehlung
kann
Ihnen
zusätzlich
dieser
Link
dienen:
http://www.alzheimerforum.de/trickkst/aktivieren.html
2.4 Weiterführende Links
Sie finden unter folgender Adresse sowohl eine detaillierte Darstellung der Erkrankung
als auch die Beschreibung der Untersuchung beim Arzt und wichtige Informationen
über die zu verabreichenden Medikamente.
Ebenso finden Sie unter folgender Adresse viele Informationen, zu Therapie/Pflege bei
Demenz.
Leitlinien Demenz - Home
Adressen über behandelnde Spezialisten finden Sie unter folgendem Link:
Gedächtnissprechstunden
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AG-Demenz
3 Nicht-medikamentöse Therapien und Betreuungskonzepte
3.1 Allgemeine Hinweise
Neben ärztlich verordneten Medikamenten, die den Verlauf der Erkrankung verlangsamen
können, haben sich in der Behandlung der Demenz verschiedene nicht-medikamentöse
Therapien bewährt. Auch diese können den Demenzkranken nicht heilen, sie können jedoch
ebenfalls helfen, den Verlauf zu verzögern und zum Wohlbefinden des Erkrankten
beizutragen. Viele dieser Betreuungskonzepte wurden aus den Bereichen der Ergotherapie,
der Physiotherapie oder der Verhaltenstherapie abgeleitet und zur Betreuung und Therapie
Demenzkranker weiterentwickelt. Einige können als Gruppenangebote, andere in Form einer
Einzelbetreuung angeboten werden.
Im vorangegangenen Kapitel wurde die Einteilung der Demenzerkrankung in verschiedene
Stadien erläutert. Nicht medikamentöse Therapien und Betreuungskonzepte orientieren sich
an dieser Einteilung, sie sind also nicht in jedem Stadium der Erkrankung gleichermaßen
sinnvoll und anwendbar. Die Entscheidung für eines der vorgestellten Konzepte sollte
deshalb unter Berücksichtigung der Vorlieben und Interessen des erkrankten Menschen
sowie dessen Krankheitsstadium erfolgen.
3.2 Betreuungskonzepte und nicht medikamentöse Therapien
Auf den folgenden Seiten werden die bekanntesten Betreuungskonzepte und nichtmedikamentösen Therapien vorgestellt, zudem werden Tipps und Hinweise zur Anwendung
gegeben.
1. Realitätsorientierungstraining
Beim Realitätsorientierungstraining (kurz: ROT) werden den erkrankten Menschen
kontinuierlich Reize angeboten, die ihm bei der Orientierung helfen. Dazu gehört einerseits
der gezielte Einsatz von Uhren, Kalendern und anderen Hilfsmitteln, andererseits eine
orientierende Kommunikation seitens der Angehörigen und des betreuenden Umfeldes. Ziel
dieses Betreuungskonzeptes ist es, dem Betroffenen die aktuelle Realität zu erhalten und
damit Selbständigkeit und Wohlbefinden zu fördern. ROT ist im frühen Stadium der
Erkrankung sinnvoll, sollte jedoch in den folgenden Stadien nicht mehr zum Einsatz
kommen.
2. Validation
Ein grundlegend anderes Konzept und in allen weiteren Stadien der Erkrankung sinnvoll ist
die Validation. Validation kann mit Wertschätzung übersetzt werden. Darunter ist eine
Haltung dem Erkrankten gegenüber zu verstehen, die dessen Äußerungen und Handlungen
akzeptiert, ohne dass verbessernd oder korrigierend eingegriffen wird. Durch validierende
Kommunikation fühlt sich der Betroffene akzeptiert und verstanden, Stress und Ängste, die
die Erkrankung mit sich bringt, können abgebaut werden.
3. Erinnerungstherapie
Der Verlust des Gedächtnisses und der Merkfähigkeit ist eines der Leitsymptome der
Demenz. Bestimmte Therapien und Konzepte versuchen, auf spielerische Art und Weise
(zum Beispiel durch das Betrachten alter Fotos, das Erzählen vergangener Geschichten) das
Gedächtnis zu stabilisieren. Die Erinnerungstherapie soll, um Überforderung zu vermeiden,
dem Erkrankten nur angeboten werden, solange dessen Langzeitgedächtnis vorhanden ist.
Dies ist jedoch durchaus noch in fortgeschrittenen Stadien der Erkrankung der Fall.
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4. Gedächtnistraining
Dieses Konzept eignet sich, ebenso wie das Realitätsorientierungstraining (siehe Punkt 1.),
lediglich zur Betreuung Demenzkranker im Frühstadium der Erkrankung. Hier soll durch
Merkspiele und Konzentrationsübungen das schwindende Gedächtnis trainiert und
beweglich gehalten werden. Ähnlich wie die Erinnerungstherapie kann das
Gedächtnistraining als Gruppenangebot verstanden werden.
5. 10-Minuten-Aktivierung
Die Methode der 10-Minuten-Aktivierung ist eine weitere Form der Erinnerungsarbeit. Sie
beruht auf der Erkenntnis, dass der demenziell Erkrankte durch Gegenstände aus früherer
Zeit stimuliert und ins Gespräch gezogen werden kann. Mit vertrauten Gegenständen aus
unterschiedlichern Lebensbereichen (Küche, Büro, Handwerk...) werden Erkrankte befähigt,
sich zu interessieren, sich an Gesprächen zu beteiligen, sich zu erinnern und Kontakt mit
ihrer Umgebung aufzunehmen. Die 10-Minuten-Aktivierung eignet sich auch für Erkrankte in
fortgeschrittenen Stadien, auf die Gefahr einer Überforderung wird durch die zeitliche
Begrenzung (10 Minuten) reagiert.
6. Snoezelen
Der Begriff "Snoezelen" ist ein Kunstwort. Es leitet sich aus den beiden niederländischen
Worten snuffelen (schnüffeln, tun, was man will) und doezelen (dusseln, entspannen) ab.
"Snoezelen" beschreibt eine Methode, die Mitte der 70er Jahre in Holland als Freizeitangebot
für Schwerst- und Mehrfachbehinderte entwickelt wurde, jedoch auch in der Betreuung von
an Demenz erkrankten Menschen mittlerweile etabliert ist. "Snoezelen" erfolgt meist in
speziell ausgestatteten Räumen. In einer ruhigen, entspannten und stimmungsvollen
Atmosphäre werden dort die primären Sinne durch Musik, Lichteffekte, leichte Vibrationen,
taktile Stimulationen und angenehme Gerüche angesprochen. Sie fördern ein Gefühl von
Wohlbefinden, Sicherheit und Entspannung, ohne irgendwelche intellektuellen
Anforderungen zu stellen. "Snoezelen" kann somit auch Betroffenen in späten Stadien
angeboten werden.
7. Basale Stimulation
Viele demenzkranke Menschen im Spätstadium sind nicht mehr in der Lage, ihre Umwelt auf
die uns bekannte Weise wahrzunehmen. Basale Stimulation in der Pflege ist ein
Förderkonzept, in dessen Mittelpunkt der Aufbau einer Beziehung zum Demenzkranken
steht. Bei einer Demenzerkrankung tritt die Sprache in den Hintergrund, besonders in der
späten Krankheitsphase. Die Basale Stimulation regt
z.B. durch Aktivierung des
Gleichgewichtssinns, durch Körperkontakt (z. B. Massagen oder Einreibungen) oder durch
Vibrationsreize basale Sinne an. Dieser Ansatz kommt besonders dann zum Tragen, wenn
eine Kontaktaufnahme durch Sprache nicht mehr möglich ist.
8. Milieutherapie
Bei der Milieutherapie wird das Umfeld des Betroffenen genau betrachtet und unter dem
Aspekt des größtmöglichen Erhalts der Selbstständigkeit des Demenzkranken den
Gegebenheiten angepasst. Diese Anpassung kann Auswirkungen auf die räumliche
Gestaltung der Umgebung haben, aber auch auf die Tagesstruktur bzw. auf die soziale
Umgebung. Ziel ist es, die Fähigkeiten des Betroffenen zu erhalten, ihm Beständigkeit,
Ordnung und Geborgenheit zu vermitteln und Symptome wie Angst und Unruhe zu
reduzieren.
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AG-Demenz
9. Bewegungstherapie/Gymnastik/Tanz
Die Bewegungstherapie bei Demenz orientiert sich an der jeweils im Vordergrund
stehenden körperlichen Symptomatik der/des Erkrankten. So kann sie sich beispielsweise
auf die Verringerung des Sturzrisikos beziehen, das bei Demenzpatienten deutlich erhöht ist.
Vorrangiges Ziel ist jedoch der Erhalt der Beweglichkeit bei fortschreitendem Krankheitsverlauf. Bewegungstherapie kann mit den Schwerpunkten Gymnastik oder Tanz als
Gruppenveranstaltung angeboten werden.
10. Weitere Betreuungskonzepte
Die Demenzerkrankung ist durch den Verlust der kognitiven Fähigkeiten gekennzeichnet.
Das emotionale Erleben und die Gefühle des Erkrankten bleiben auch bei fortschreitender
Demenz erhalten. Deshalb sind Betreuungskonzepte, die sich mit der Gefühlswelt der
Betroffenen beschäftigen, auch in späten Stadien sinnvoll. Hierzu zählen die Musiktherapie
oder die Aktivierung durch Musik. Melodien und Texte von Volksliedern bleiben im
Gedächtnis der Erkrankten recht lange erhalten und die Beschäftigung damit (z. B. durch
gemeinsames Singen) ist eine Methode, Gruppenzugehörigkeit, Selbstvertrauen und
Wohlbefinden zu fördern.
Viele Erkrankte reagieren positiv auf Haustiere wie Hunde oder Katzen und beschäftigen
sich gern mit ihnen. In vielen stationären Einrichtungen werden bereits sogenannte
"Hunderunden" zur Betreuung demenziell erkrankter Bewohner eingesetzt.
Die Kunst- oder auch Mal-/Gestalttherapie bietet dem Demenzkranken über das Gestalten
eigener Bilder neue Sinneserlebnisse. Meist ist eine gesteigerte Konzentration zu
beobachten, ebenso Entspannung und Ruhe. Die Kunsttherapie kann dem Demenzkranken
in jedem Stadium angeboten werden. Sie sollte jedoch von einer ausgebildeten
Kunsttherapeutin ausgeführt werden.
11. Klangräume
Die Klang-Räume sind ein Kooperations-Projekt der Ev. Fachhochschule RWL und der DRKAlzheimerhilfe mit der Firma Klang-Räume aus Bergisch-Gladbach. Im DRK Altenheim
haben demenzkranke Menschen Gelegenheit, besonders schöne Klang-Objekte, wie z.B.
Gongs, zu spielen. Diese Instrumente lassen Klänge selbst bei geringem Kraftaufwand
entstehen und ermöglichen unterschiedliche sinnliche Erfahrungen. Ziele des
Angebots„Klang-Räume“ sind die Förderung der Wahrnehmung der eigenen Person, die
Stärkung des Selbstwertgefühls und die Verbesserung der Kommunikation. Das Konzept der
„Klang-Räume“ berücksichtigt in erster Linie das Hören und Spüren der Klänge.
Informationen zum Thema Klang-Räume erhalten Sie bei der DRK-Alzheimerhilfe unter
folgender Telefonnummer: 0234/9445147 (Frau Mäckmann/Frau Reekers).
3.3 Biografiearbeiten
Alle diese Konzepte und Angebote setzen, damit sie mit positivem Ergebnis angewandt
werden können, eine Berücksichtigung der Biografie des Erkrankten voraus. Das Wissen um
Interessen, Vorlieben, Ansichten und Charaktereigenschaften des Erkrankten ist ein
wichtiges Handwerkszeug in der Betreuung dementiell erkrankter Menschen.
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4. Wohnen
Da es den Betroffenen im Laufe der Demenzerkrankung zunehmend schwerfällt, sich in
ihrem täglichen Umfeld zu orientieren, ist es sehr wahrscheinlich, dass Sie sich im Laufe der
Erkrankung Gedanken über räumliche Veränderungen machen müssen. Sei es, dass Sie
sich überlegen, mit wem oder bei wem der demenziell Erkrankte bei einer Verschlechterung
des Zustandes wohnen kann oder wie die Wohnung den neuen Bedürfnissen anzupassen
ist. Auch in diesem Bereich ist eine rechtzeitige stufenweise Erweiterung des Hilfe- und
Unterstützungssystems unabdingbar, um Krisen oder eine vorzeitige Institutionalisierung
(Altenheim, Klinik) zu vermeiden und eine stadiengerechte Versorgung des Erkrankten zu
erreichen.
4.1. Wohnungsanpassungen
Vielleicht stellen Sie fest, dass es dem demenzkranken Menschen immer schwerer fällt, sich
in der eigenen Wohnung zurechtzufinden. Zwar bieten die gewohnte Umgebung und die
vertrauten Erinnerungsgegenstände dem Erkrankten ein gewisses Sicherheitsgefühl und
Geborgenheit, es kann aber sein, dass die vorhandenen Orientierungshilfen durch den
Erkrankten im Verlauf nicht mehr als solches wahrgenommen werden und Änderungen im
Wohnraum sinnvoll erscheinen. Allerdings sollte dabei berücksichtigt werden, dass sich
Veränderungen bzw. Neuerungen auch verwirrend oder sogar beängstigend auf den
demenziell Erkrankten auswirken können. Die Änderungen sollten deshalb schrittweise
eingeführt und nur durchgeführt werden, wenn diese wirklich notwendig sind.
Um der erkrankten Person die räumliche Orientierung zu erleichtert, sind folgende
Maßnahmen sinnvoll:






eine einfache und übersichtliche Gestaltung der Wohnung
auch nach einem Umzug sollte die gewohnte Ordnung von Erinnerungsstücken und
Möbeln erhalten bleiben bzw. ähnlich sein
eine „angemessene“ Ordnung, in der sich der demenziell Erkrankte zurecht findet
Reize, z.B. komplexe Teppichmuster (könnten als Hindernisse gedeutet werden),
sollten in ihrer Zahl und Vielfalt reduziert werden
Aufbewahrungsorte für persönliche Dinge sowie wichtige Räume, beispielsweise das
Badezimmer zum schnellen Auffinden der Toilette, sollten durch Schilder oder
Applikationen gekennzeichnet werden
auf eine helle, schattenfreie Beleuchtung sollte geachtet werden
Hilfreich kann bei diesen Fragen der Besuch einer Wohnberatungsstelle sein.
Zusätzlicher Link:
http://www.nullbarriere.de/wohnberater.htm
http://www.demenz-service-nrw.de/files/bilder/vereoffentlichungen/DSZ_10.pdf
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Sicherheit in der Wohnung des demenziell Erkrankten.
Es ist oftmals schwierig, die richtigen Maßnahmen zur Unfallvermeidung herauszustellen,
und dabei das Risiko der Selbst- und Fremdgefährdung einerseits und die Würde der
erkrankten Person auf der anderen Seite abzuwägen. Es sollte darauf geachtet werden,
dass die Eigenständigkeit des Betroffenen so gering wie möglich eingeschränkt wird und der
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AG-Demenz
demenziell Erkrankte sich nicht überwacht oder überbehütet fühlt.
Gefahrenquellen im Wohnraum identifiziert und möglichst beseitigt werden.
Es
sollten
Unfälle lassen sich beispielsweise durch folgende Punkte vermeiden:
 Der Küchenherd sollte durch automatische Absperrventile,
Zeitschaltuhren oder Gas- und Temperaturmelder gesichert werden.
 Der Heißwasserboiler sollte niedrig eingestellt und der Regler in einer Warnfarbe
markiert werden.
 Um Stürze zu vermeiden, sollten Stolperfallen, wie Teppichränder, rutschende
Teppiche oder Läufer, gesichert bzw. entfernt werden.
 Gefährliche Elektrogeräte, wie z.B. Bügeleisen, sollten außerhalb der Reichweite des
demenziell Erkrankten aufbewahrt werden
 Haltegriffe und Handläufe sollten beispielsweise im Badezimmer oder Treppenhaus
angebracht werden.
 Sicherung von Fenstern und niedrigen Geländern. Ggf. kann eine Gittertür am oberen
Ende von Treppen installiert werden
 Medikamente, Haushaltschemikalien und Tabakwaren sollten unter Verschluss
gehalten werden.
Des Weiteren zeigen demenziell erkrankte Menschen, vor allem im mittleren Stadium der
Krankheit, häufig einen ausgeprägten Bewegungsdrang. Dieser kann besonders nach einer
Umgebungsveränderung gesteigert auftreten. Wenn die erkrankte Person auf der Suche
nach Vertrautem die Wohnung/das Haus verlässt, kann sich ein erhebliches Risiko für den
demenziell Erkrankten ergeben wenn dieser nicht wieder in die eigenen vier Wände
zurückfindet. Ein „Einschließen“ des Erkrankten sollte allerdings nach Möglichkeit vermieden
werden, weil die erkrankte Person dies als unverständliche Strafe oder Bedrohung
empfinden kann und darauf evtl. mit Wut oder Panik reagiert.
Folgende Maßnahmen können verhindern, dass die bzw. der demenziell Erkrankte
unbemerkt das Haus verlässt:
 Sie können die Haustür hinter einem Vorhang oder Wandschirm verbergen
 Auch das Verstecken von Gegenständen, ohne die die erkrankte Person ungern das
Haus verlässt, beispielsweise Hut, Spazierstock oder Straßenschuhe, kann hilfreich
sein
 Klangspiele an der Tür können auf ein Öffnen dieser durch den demenziell
Erkrankten aufmerksam machen
Folgende Maßnahmen helfen beim Auffinden der erkrankten Person:
 Informieren Sie Nachbarn und ggf. Geschäftsinhaber in der Umgebung über die
Krankheit des Angehörigen
 Armbänder oder Ketten, auf denen eine Telefonnummer vermerkt ist (auf die Angabe
der Adresse des Erkrankten sollte verzichtet, um einem möglichen Ausrauben der
Wohnung vorzubeugen)
 Durch beispielsweise das Verstecken der Straßenschuhe fällt dieser in Hausschuhen
eher auf
 Sie sollten ein aktuelles Foto der erkrankten Person bereithalten (vgl. BMG 2009, 4247)
Es gibt mittlerweile Alternativen zur Unterbringung des demenzerkrankten Menschen in
einem Pflegeheim. Die betreuten Wohngemeinschaften Demenzkranker haben sich zu einer
anerkannten Alternative entwickelt und sind in drei verschiedene Typen (Kapitel 4.2 und 4.3)
zu kategorisieren:
11
AG-Demenz
Wir möchten Ihnen den ambulanten Typus mit zentraler Bezugsperson, den ambulanten
Typus mit ausschließlicher Versorgung durch ambulante Pflegedienste und den stationären
Typus innerhalb eines Pflegeheims vorstellen.
4.2 Ambulante Einrichtungen
Unter ambulanten Einrichtungen werden in Deutschland auch neue Wohnformen für
Demenzkranke gefasst, die einer Wohngemeinschaft entsprechen. Hier kann der betroffene
Mensch ein Zimmer mieten. Als finanzielle Belastung ist die Miete für das Zimmer bzw. die
Nutzung der Gemeinschaftsräume zu entrichten, anteilig das Geld für die Betreuung der dort
lebenden Menschen, evtl. anfallende Kosten für die eigene pflegerische Versorgung durch
einen
ambulanten
Pflegedienst
und
das
Kostgeld.
Es
werden
zwei
Wohngemeinschaftsformen unterschieden:
Der ambulante Typus mit zentraler Bezugsperson ("Hausmutter"). Hiermit sind
Wohngruppen von pflegebedürftigen Menschen gemeint, die sich gemeinsam eine
Haushälterin anstellen, die als kontinuierliche Ansprechpartnerin (tagsüber) zur Verfügung
steht. Bei weniger hilfe- und pflegebedürftigen Bewohnerinnen kann das auch die
stundenweise Anwesenheit einer Sozialarbeiterin bedeuten. Darüber hinaus werden grundund behandlungspflegerische Verrichtungen im Rahmen der etablierten Regelversorgung
von selbst gewählten ambulanten Diensten erbracht. Bei diesem Modell des Wohnens
bestimmen die Bewohnerinnen mit ihren Angehörigen:
• wer Pflege und Betreuung bereitstellt
• wie Pflege und Betreuung strukturiert sein sollen
• mit wem die Wohnung geteilt wird (keine "Personenneutralität" wie im Heim)
• wie die Wohnung ausgestattet wird
• was gegessen und getrunken wird etc.
Der ambulante Typus mit ausschließlicher Versorgung durch ambulante
Pflegedienste
Die Versorgungsstruktur dieser Wohngemeinschaftsform orientiert sich am tatsächlichen
Pflegebedarf der einzelnen Mitbewohnerinnen. Die erforderliche pflegerische Versorgung der
Bewohnerinnen sichert so die Anwesenheit von Mitarbeiterinnen eines Pflegedienstes.
Es liegt am Geschick der beteiligten Akteure (und häufig am Verhalten des beteiligten
Sozialhilfeträgers), wieviel personelle Kapazitäten für die pflegebedürftigen Menschen zur
Verfügung stehen. Dieses Modell ist zugeschnitten auf bereits erheblich pflegebedürftige/demenzkranke Menschen, die mindestens einen Pflegebedarf der Pflegestufe II
nachweisen können.
4.3 Stationäre Einrichtungen
Für viele Angehörige ist neben der weiteren Versorgung des Kranken zu Hause die
Unterbringung in einem Pflegeheim die einzige Alternative. Oft ist die Entscheidung für den
Aufenthalt des Demenzkranken in einer stationären Einrichtung mit Ängsten und
Schuldgefühlen seitens der Angehörigen verbunden. Wir möchten an dieser Stelle Ihnen
unsere Anerkennung für die von Ihnen übernommene Sorge- und Pflegearbeit des
Demenzkranken aussprechen. Es ist kein Eingeständnis von Schwäche, wenn der erkrankte
Mensch in einer ambulanten oder stationären Einrichtung von Professionellen betreut wird.
Unter stationären Einrichtungen werden die Seniorenheime zusammengefasst. Einige
Einrichtungen haben bereits Wohnbereiche speziell für demenzkranke Menschen
eingerichtet. Diese Entwicklung wird als positiv erachtet, weil das Personal geschult werden
kann und sich der Alltag in einem Wohnbereich nur für Demenzkranke für diese weniger
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AG-Demenz
belastend darstellt. Fragen Sie innerhalb eines Informationsgesprächs in den
Seniorenheimen nach. Als besondere Dienstleistung bieten einige Pflegeheime innerhalb der
Einrichtung teilautonome Pflegeeinheiten (Wohngemeinschaft des stationären Typs) an,
die familienähnlichen Charakter haben (sollen) und sich weitgehend selbst versorgen.
Wichtig für eine gute pflegerische Betreuung Demenzkranker im stationären Bereich ist ein
Personalschlüssel der Einrichtung, der der Betreuung durch examinierte Pflegekräfte gerecht
wird. Außerdem kann für einen demenzkranken Menschen in einer stationären
Pflegeeinrichtung Bezugspflege von Vorteil sein. Bei der pflegerischen Versorgung ist somit
eine Pflegekraft speziell für eine bestimmte Gruppe der Bewohnerinnen da und kann evtl.
individueller auf die Bewohnerinnen eingehen. Wenn Demenzkranke ein dem Krankheitsbild
angepasstes Pflege- bzw. Betreuungskonzept vorfinden, haben sie leichter die Möglichkeit,
sich neu einzufinden.
Die folgenden Links zeigen die in Bochum existierenden Einrichtungen:
http://www.pflegehilfe.org/Suche/Pflegeheim/Bochum.aspx?gclid=CIaw6o_x7LMCFZHRzAod
UlsA1g
http://www.bochumer.net/pflegedienste.html
http://www.bochumer.net/altenheime.html
Quellenangaben für dieses Kapitel:
Kastner, U.; Löbach, R. (2007): Handbuch Demenz. Urban & Fischer: München, Jena.
BMG - Bundesministerium für Gesundheit (Hrsg.) (2009): Wenn das Gedächtnis nachlässt –
Ratgeber: von der Diagnose bis zur Betreuung. Publikationsversand der Bundesregierung:
Rostock.
5 Die Situation der Angehörigen
5.1. Eigene Belastungen erkennen und reduzieren
Diese Seite richtet sich speziell an Sie als pflegende Angehörige eines demenzkranken
Menschen. Studien über pflegende Angehörige haben eine Belastung von Körper und Seele
beschrieben. Daher ist es unser Anliegen, Ihnen bei Bedarf Hilfestellung zu geben, damit Sie
mit Ihren Kräften haushalten und wissen, dass es auch für Sie Hilfe geben kann. Die bereits
zuvor genannten Beratungsstellen der DRK-Alzheimerhilfe und der Alzheimer-Gesellschaft
bieten Ihnen als Angehörige Beratungsgespräche an, in denen Ihre Belastung besprochen
wird und Lösungswege erarbeitet werden.
Informieren Sie sich
Je besser Sie über die Krankheit informiert sind, desto leichter wird es Ihnen fallen, mit
schwierigen Situationen umzugehen. Neben dieser vorliegenden Broschüre sind die
regionalen Alzheimer-Gesellschaften oder die bundesweite Hotline (0180/3366633) der
Alzheimer-Hilfe wichtige Ansprechpartner. Es gibt viele Möglichkeiten, sich Rat zu holen oder
sich mit anderen Betroffenen auszutauschen. Angehörigen-Selbsthilfegruppen geben Ihnen
beispielsweise die Möglichkeit, sich mit anderen Menschen zu treffen, die in einer ähnlichen
Situation sind. Hier können Sie offen über Ihre Gefühle und Probleme reden und gemeinsam
nach Lösungen für bestimmte Probleme suchen.
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AG-Demenz
Achten Sie auf Ihre Bedürfnisse!
Bei aller Pflege und Sorge um den Demenzkranken möchten wir Ihnen empfehlen, auch Ihre
eigenen Bedürfnisse nicht zu vernachlässigen. Probleme treten nicht nur durch
Überforderung auf, sondern z.B. auch durch Veränderungen der eigenen Familien- und
Lebensplanung, das Gefühl des Angebundenseins, Zukunftsängste und fehlende
Anerkennung durch andere Personen. Nehmen Sie sich daher Zeit für sich selbst. Schaffen
Sie sich Freiräume, in denen Sie ausspannen und sich etwas Gutes tun können. Arrangieren
Sie sich mit anderen Familienmitgliedern oder Bekannten, dass diese die Betreuung zu
bestimmten Zeiten übernehmen.
Es gibt auch die Möglichkeit, Hilfe von institutioneller Seite anzunehmen. Pflegende
Angehörige können eine Pflegevertretung (Verhinderungspflege) in Anspruch nehmen, falls
sie erkranken oder einmal Urlaub machen wollen. Für den Zeitraum der Abwesenheit kann
die Betreuung an einen Pflegedienst, aber auch an andere übergeben werden. Die
entstehenden Kosten werden bis zu 1.510,- Euro pro Jahr von der Pflegekasse
übernommen. Information Verhinderungspflege
Zusätzlich zur Pflegevertretung können Angehörige einen Demenzkranken einmal im Jahr
für maximal vier Wochen in der Kurzzeitpflege unterbringen. Auch dafür zahlt die Kasse
1.510 Euro im Jahr.
Als teilstationäres Betreuungsangebot ist die Tagespflege (Tagesbetreuung) zu nennen. Je
nach Bedarf werden die an Demenz erkrankten Menschen an einem Wochentag, mehreren
oder allen Wochentagen in einer Tagespflege-Einrichtung tagsüber gepflegt, versorgt und
betreut. Inanspruchnahme teilstationärer Pflege in Form von Nachtpflege ist ebenfalls
möglich.
Pflegeberatung
Seit Januar 2009 haben Pflegebedürftige einen Rechtsanspruch auf kostenlose Hilfe durch
einen Pflegeberater. Dafür wurden Pflegestützpunkte eingerichtet, die von Pflegekassen,
Wohlfahrtsverbänden und Gemeinden getragen werden. Über einen Pflegestützpunkt in Ihrer
Nähe informiert Ihre Kranken- und Pflegekasse.
Pflegezeit
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die einen Angehörigen pflegen, können eine bis zu
sechsmonatige Freistellung von der Arbeit in Anspruch nehmen. In dieser Zeit beziehen sie
kein Gehalt, bleiben jedoch sozialversichert. Tritt die Pflegebedürftigkeit eines Verwandten
unvermittelt auf, kann sich der Angehörige kurzfristig bis zu zehn Tage von der Arbeit
freistellen lassen.
Information Pflegereform
Eigene Belastungen erkennen
Wenn Sie Interesse daran haben, Ihre Belastung zu messen, so möchten wir Ihnen die
Häusliche Pflege-Skala als Fragebogen zur Selbsteinschätzung empfehlen. Bitte
beantworten Sie die dort gestellten Fragen und zählen Sie die Werte zusammen. Sollte der
errechnete Wert hoch sein (d.h. zwischen 21 und 30 Punkten liegen), wenden Sie sich an
eine Beratungsstelle in Ihrer Nähe.
Denken Sie daran
Wenn Sie sich übernehmen, schadet das allen Beteiligten. Nur wenn Sie sich Ihre
persönlichen Freiräume schaffen und Zeit haben, sich zu regenerieren, so können Sie auch
die Pflege bewältigen.
Im Internet gibt es verschiedene Informationsseiten, die sich speziell an Angehörige
demenzkranker Menschen richten:
http://www.alzheimerinfo.de/service/faq/index.jsp
14
AG-Demenz
www.zukunftsforum-demenz.de
Beratungsstellen in Bochum finden Sie unter folgenden Links:
Demenzservicezentrum Ruhr
5.2 Finanzielle Hilfen für Angehörige
In diesem Kapitel soll die Ihnen gesetzlich zustehende finanzielle Unterstützung seitens der
Pflegekassen vorgestellt werden. Die Pflegeversicherung wurde 1996 für die Dämpfung des
Kostenaufkommens bei Pflegebedürftigkeit eingeführt, unabhängig ob die Versicherten privat
oder gesetzlich versichert sind. Pflegebedürftige Menschen haben Anspruch auf
Unterstützung durch die gesetzliche Pflegeversicherung. Ob und wieviel diese zahlt, hängt
vom Grad der Pflegebedürftigkeit ab. Information Pflegeversicherung
Über den Grad der Pflegebedürftigkeit und den Anspruch auf die entsprechenden Leistungen
entscheidet der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK), der den Erkrankten nach
einem Hausbesuch einer Pflegestufe zuordnet.
Eine Überprüfung der Einstufung findet jährlich statt. Bei Verschlechterung bzw.
Verbesserung der Pflegebedürftigkeit kann dem MDK auch zwischenzeitlich die
Veränderung mitgeteilt werden, die dann durch eine Veränderung der Pflegestufe
berücksichtigt wird.
Pflegestufen
Für die Zuordnung einer Pflegestufe ist nicht die Diagnose des Arztes entscheidend, sondern
der zeitliche Aufwand für die Grundpflege (Hilfe bei Körperpflege, Ernährung und Mobilität).
Je nach Schweregrad der Pflegebedürftigkeit werden drei Pflegestufen unterschieden. Die
Anleitung, Unterstützung bzw. die Durchführung der Hilfestellung wird in Pflegeminuten für
alltägliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen berechnet. Daraus ergibt sich die
Festlegung der Pflegestufe.
Die Broschüre „Was ist wenn…?“ der Landesstelle Pflegende Angehörige beantwortet 24
Fragen zum Thema häusliche Pflege und kann auch unter der Rufnummer 0251/27051767
bezogen werden.
Für Menschen mit einem besonderen Betreuungsbedarf kann die Pflegestufe 0 bewilligt
werden. Zu dieser Gruppe zählen vor allem Patienten mit einer Demenzerkrankung. Maximal
2.400,- Euro pro Jahr - je nach festgestelltem Bedarf - können Patienten der Pflegestufe 0
ihrer Versicherung in Rechnung stellen. Die Angehörigen dürfen das Geld flexibel einsetzen,
sei es für eine Haushaltshilfe, für ein Gruppenangebot außer Haus oder stundenweise
Betreuung durch Fremde daheim.
Die Leistungen der Pflegekasse
Die Leistungen der Pflegeversicherung werden für die häusliche Pflege sowie für die
stationäre Versorgung anteilmäßig gezahlt. Pro Pflegestufe gibt es drei unterschiedlich hohe
Vergütungen. Die geringste erhalten pflegende Angehörige (Pflegegeld), etwas mehr
bekommen professionelle Pflegedienste, die in Anspruch genommen werden
(Sachleistungen) und am höchsten vergütet ist die Unterbringung in einem Heim.
Die Kosten für Hilfsmittel, z.B. Rollstuhl, Toilettensitzerhöhung usw. bzw. für den Umbau der
Wohnung, werden gegebenenfalls von der Pflegekasse übernommen.
Einen detaillierten Überblick über die Leistungen der Pflegekasse erhalten Sie unter
folgendem Link:
15
AG-Demenz
http://www.nullbarriere.de/05pflege/001001main.htm
Zusätzlich zu den Leistungen der Pflegekasse besteht die Möglichkeit über das
Pflegeleistungsergänzungsgesetz Leistungen für „Pflegebedürftige mit erheblichem
allgemeinen Betreuungsbedarf“ zu erhalten. Auch das Sozialamt beteiligt sich an den
Pflegekosten nach entsprechender Prüfung des Vermögens des Demenzkranken und seiner
Familie. Des Weiteren besteht die Möglichkeit, einen Schwerbehindertenausweis mit den
damit verbundenen Vorzügen zu beantragen. Abschließend noch der Hinweis darauf, dass
pflegende Angehörige im erwerbstätigen Alter für ihre Pflegetätigkeit (ab einem Aufkommen
von 14 Stunden) von der Pflegekasse gezahlte Rentenbeiträge erhalten können. Außerdem
besteht für sie eine Unfallversicherung.
6 Rechtliche Aspekte bei Demenz
Wenn Sie sich mit der Demenzerkrankung auseinandersetzen müssen, so ist es besonders
wichtig, dass Sie sich über die rechtlichen Aspekte bei Demenz informieren. Erst dann
können gesundheitliche und finanzielle Angelegenheiten im Sinne des Erkrankten
entschieden werden. Im Verlauf des Krankheitsprozesses geht die Fähigkeit,
eigenverantwortliche Entscheidungen zu treffen, verloren. Daher ist es erforderlich, dass
Angehörige bzw. vertraute Personen eine Entscheidungsvollmacht vom demenzkranken
Menschen erhalten. Verständlicherweise fällt es jedem Menschen schwer, die
Entscheidungsgewalt einem anderen Menschen, selbst wenn es der Ehepartner oder das
eigene Kind ist, zu übertragen. Mit Hilfe der folgenden Vollmachten kann ein Mensch seinen
Willen bekunden und sich dennoch durch eine Person des persönlichen Vertrauens vertreten
lassen. Wichtig ist aber die frühzeitige Auseinandersetzung mit diesem Thema!
6.1 Gut zu wissen!
Ehegatten, Kinder oder nahe Angehörige von Betroffenen sind keine gesetzlichen
Vertreter und gelten auch nicht automatisch als Bevollmächtigte!
Eventuell ist es ratsam, dass vor dem Erstellen einer Vollmacht die Geschäftsfähigkeit bzw.
Testierfähigkeit des Ausstellenden vom Facharzt attestiert und vom Notar beglaubigt wird. Im
Falle der Testamentserstellung ist die uneingeschränkte Geschäftsfähigkeit des Erblassers
erforderlich. Hier stellt der Notar die Testierfähigkeit seines Mandanten fest. Bei Vollmachten
und Patientenverfügungen beugt es Zweifel an getroffenen Entscheidungen vor. Das Attest
sollte den Formularen beigefügt werden.
6.2 Die Patientenverfügung
Mit der Patientenverfügung wird der eigene Wille bezüglich gewünschter oder
unerwünschter medizinischer Behandlungsmaßnahmen festgehalten. Diese Verfügung sollte
möglichst alle sechs bis zwölf Monate erneuert werden, um aktuell zu sein. Sie sollte mit
einer Vorsorgevollmacht kombiniert werden, in der eine Person des Vertrauens als
Entscheidungsträger eingesetzt ist. So haben Ärzte bei lebensbedrohlichen Eingriffen oder
lebensverlängernden Maßnahmen eine Entscheidungshilfe, wenn die betroffene Person
keine eigenen Entscheidungen treffen kann.
Muster einer Patientenverfügung finden Sie hier:
http://www.aerztekammer-hamburg.de/patienten/patientenverfuegung.pdf
http://www.xmarks.com/site/www.bmj.bund.de/media/archive/694.pdf
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AG-Demenz
6.3 Die Betreuungsverfügung
Durch eine Betreuungsverfügung wird eine Person des eigenen Vertrauens von einem
Vormundschaftsgericht benannt. Diese Verfügung regelt die Aufgaben eines Betreuers.
Ohne eine Betreuungsverfügung wird im Falle der Betreuung vom Vormundschaftsgericht
ein gesetzlicher Betreuer beim Amtsgericht bestellt. Mit einer Betreuungsverfügung hat das
Vormundschaftsgericht jedoch eine Entscheidungshilfe, wer im Falle einer Betreuung als
Betreuer eingesetzt oder sogar ausgeschlossen werden soll.
http://www.sitzwache.de/Vorsorge_Marz2010.pdf
http://www.jm.nrw.de/Gerichte_Behoerden/ordentliche_gerichte/FGG/Einzelverfahren/Betreu
ungsverfahren/betreuungsverfuegung/index.php
http://www.buntstifte-ev.de/vorsorge.htm
http://www.familienratgeber.de/recht/betreuungsverfuegung.php
http://www.mdj.brandenburg.de/sixcms/media.php/4055/mdj-formularbetreuungsverfuegung.pdf
6.4 Die Gesundheitsvollmacht
Mit einer Gesundheitsvollmacht wird eine Person des Vertrauens beauftragt, den eigenen
Willen gegenüber den Ärzten durchzusetzen. Sie ist gültig in Bezug auf gesundheitliche
Fragen
http://www.bielefeld.de/ftp/dokumente/Gesundheitsvollmacht.pdf
6.5 Die Vorsorgevollmacht
Während die Gesundheitsvollmacht die Durchsetzung gesundheitlicher Belange regelt, tritt
die Vorsorgevollmacht in Kraft, wenn finanzielle und rechtliche Angelegenheiten entschieden
werden müssen. Mit der Vorsorgevollmacht ist der Bevollmächtigte in der Lage,
rechtswirksam zu agieren.
http://www.janolaw.de/vorlagen/konfigurator/ehe_familie_erben/krankheit_pflege/vorsorgevoll
macht.html
http://www.caritas.de/21161.html
6.6 Die Generalvollmacht
Wenn die Aufgaben der oben genannten Vollmachten in die Hand einer einzigen Person
gegeben werden sollen, dann kann eine Generalvollmacht erstellt werden. Was bei der
Verfassung einer Generalvollmacht zu beachten ist, finden Sie unter folgenden Links:
http://www.vollmacht-muster.de/vollmacht-recht/general-vollmacht/
6.7 Das Testament
In einem Testament hält der Erblasser fest, wie sein Vermögen im Falle seines Todes zu
verteilen ist (Erbeinsetzung). Durch ein Testament ist sichergestellt, dass die gesetzliche
Erbfolge außer Kraft gesetzt wird, die evtl. gegen den Willen des Verfassers steht. Man
unterscheidet ein öffentlich abgefasstes Testament von einem eigenhändig abgefassten
Testament.
Und hier finden Sie den Anwalt in Ihrer Nähe:
http://www.anwalt.de/
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* Diese Empfehlungen wurden sorgfältig erstellt. Gerichte können im Einzelfall aufgrund besonderer Umstände anders
bewerten. Es wird keine Haftung übernommen. Eine individuelle Rechtsberatung kann grundsätzlich nicht durch einen
Mustertext ersetzt werden.
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AG-Demenz
7 Abschließende Gedanken
Sollten Sie Fragen und Anregungen haben, so können Sie diese direkt an uns richten:
AG-Demenz
Prof. Dr. Ursula Henke
Studiengang Pflege
Ev. Fachhochschule
Immanuel-Kant-Straße 18-20
44803 Bochum
Tel.:0234-36901-167
oder per e-mail: [email protected]
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