Kap.7.3 Somatoviscerales sensorisches System

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Physiologische Psychologie
Kapitel: 7.3 somatoviscerales sensorisches System
7.3 Das somatoviscerale sensorisches System
Somatosensorik:
somatische Sensibilität teilt sich in
 in oberflächliche Sensibilität
 in Tiefensensibilität
oberflächliche Sensibilität:
Sinnesmodalität aus Reizung der Haut
Haut [behaart & unbehaart]
cutaner Sinn
Tiefensensibilität [Kinesthesie]:
Skelettmuskeln
Sehnen
Gelenke
Viscerale Sensibilität:
Sinnesmodalität aus Rezeptoren
der inneren Organe
 Eingeweide
Magen Darm Leber Lunge Herz
Sensortypen & adäquate Reize:
Mechanosensor  Druck, Berührung, Spannung, Dehnung, Vibration
Thermosensor  Abkühlung, Erwärmung
Chemosensor  Metabolite: pH, pCO2; pO2, Glucose
Nozizeptor  Gewebeschädigung [Noxen], Hitze, Quetschung
Kinesthesie:
Wahrnehmung der über Körperposition
& Gelenksstellung
aus Rezeptoren in Gelenken
Sehnen und Muskeln
Kinesthetische Wahrnehmung :
unbewusst
mittels Dehnungsrezeptoren in Muskeln
 Veränderung der Muskellänge
Rezeptoren in den Gelenken
 Bewegungsrichtung von Gliedmaßen
chemische Rezeptoren  Dehnung, Temperatur
RezeptorInfo aus dem gastrointestianalen System
meist nur dehnungsempfindlich
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7.3.2 Anatomie der Haut und ihre rezeptiven Organe
Funktion der Haut:
Zellschutz
Thermoregulator
 Abkühlung – Schweiß
 Wärmekonservierung – Regulation der Durchblutung
psychogalvanische Reaktion [Messung elektrodermaler Aktivität]
Aufbau der Haut:
besteht aus subcutanem Gewebe
 Dermis & oberhalb Epidermis
Papillen – kleine Erweiterungen
in Dermis und Epidermis
enthält verschiedenartige Rezeptoren
glatte unbehaarte Haut:
Fingerspitzen
Handflächen
Zehen
Fußsolen
komplexe Mischung aus freien
Nervenendigungen & Axonen
enden in spezialisierte Rezeptoren
behaarte Haut:
enthält freie Nervenendigungen
Ruffini-Körperchen
Vater-Pacini-Lamellenkörperchen
Merkel’sche Tastscheiben
Schweißdrüsen
Ruffini-Körperchen:
Vibrationssensitive Rezeptoren
sprechen auf Vertiefung der Haut an
in der behaarten Haut
Vater-Pacini-Lamellenkörperchen:
spezialisierte eingekapselte
somatosensorische Nervenendigung
sensible für schnelle Vibrationen [kurze Berührungen]
entdecken schmerzhafte Reize &
Temperaturänderungen
 sind mit dem bloßen Auge sichtbar
[ 0.5 X 1 mm]
Meissner’sche Tastkörperchen:
berührungssensible Rezeptoren
in den Papillen glatter Haut
Merkel’sche Tastscheiben:
an der Basis der Epidermis
generell in der Nähe der Meissner’schen Tastkörperchen
in der Nachbarschaft von Schweißdrüsen
sprechen auf Einbuchtungen der Haut an
sensibel auf Berührungen
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Mechanorezeptoren:
Merkel’sche Tastscheiben
Ruffini-Körperchen
Meissner’sche Tastkörperchen
Vater-Pacini-Lamellenkörperchen
Kategorien von Mechanorezeptoren in unbehaarter glatter Haut:
Tabelle 7.1pg.267 Carlson
Merkelsche Tastscheiben
rezeptives Feld  kleine abrupte Kante
Adaption  niedrige Geschwindigkeit
Ruffini-Körperchen
rezeptives Feld  große diffuse Kante
niedrige Geschwindigkeit der Adaption
Meissner’sche Tastkörperchen
rezeptives Feld  kleine abrupte Kante
schnelle Adaption
Vater-Pacini-Lamellenkörperchen
rezeptives Feld  große diffuse Kante
schnelle Adaption
7.3.3 Wahrnehmung der Hautreizung
Zwei-Punkt-Diskrimination:
Fähigkeit Berührungsmerkmale zu unterscheiden [Zirkel]
Abstand der gerade noch als getrennter Stimulierkennung zulässt
Maß für das räumliche Auflösungvermögen der Haut für taktile Reize
Diskriminationsmaße:
hohe Diskrimination am Rücken Bauch [7 cm]
niedrige Diskrimination auf Finger & Hand
 5 und 15 mm
sehr hohe auf Oberarm Ellenbogen Unterarm
 zwischen 4 und 7 cm
Zehen circa 1cm
Lippen  2 bis 5 mm
laterale Inhibition:
Mechanismus zur Kontrastverstärkung im somatosensorischen System
benachbarte Zellen hemmen sich gegenseitig
Input wird erst verstärkt
bevor er die nachgeschaltete Zelle erreicht
durch eine andere benachbarte Zelle gehemmt
Übertragung taktiler Information:
myelinisierte Neurone
unmyelinisierte Neurone
vorwiegend von schnellen myelinisierten Neuronen
 A  Neuronen
auch über langsame unmyelinisierte Neurone
 unmyelinisierte C Neurone
Zielgebiet Insula
Neuronentypen für taktile Informationsübertragung:
Propiozeption  A Gruppe I 80-120m/sec
Mechanozeption  A Gruppe II 35-75m/sec
Schmerz  A gramma Gruppe III 5-30m/sec
Temperatur  C unmyelinisiert Gruppe IV 0.5-2m/sec
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Pfade der Weiterleitung:
Berührung & Vibration
 dorsal column medial lemniscus pathway
 Hinterseitenstrangbahn
Schmerz & Temperatur  Spinothalamic pathway
 Vorderseitenstrangbahn
Weiterleitung von Berührung & Vibration an den Cortex:
A  A und A- gamma Neurone
 dorsalen Kanal des Rückenmarks – ipsilateral
 dorsal column nuclei der Medulla – ipsilateral
 in medialen lemniscus
 VP Nucleus – Thalamus – contralateral
 Primärer somatosensorischer Cortex [S1]
Weiterleitung von Temperatur & Schmerz zum Cortex
A-gamma & C Neurone
dorsaler Pfad
 contralateral
 lateraler spinothalamischer Trakt
 Rückenmark & Medulla
 Thalamus
 primären somatosensorischen Cortex
primärer somatosensorischer Cortex:
Brodmann Areale 1 2 und 3 [3a 3b]
nach dem Sulcus centralis
somatosensorische Information & Thalamus:
Info von Thalamus
 meister Input in Areal 3a & 3b
& in die rezeptive Schicht 4 des Cortex
weiter projiziert in Areal 1 & 2
wieder zurück in 3a und 3b
Unterscheidung der Areale für somatosensorischen Input:
BA1 hauptsächlich für Oberflächenbeschaffenheit
BA 2 Größe & Form
BA3b Textur Größe & Form
Somatosensorischer Homunkulus:
somatotopische Repräsentation in Form eines Männleins
die Körperteile sind in Relation zur Repräsentation der Cortexareale
die sie einnehmen dargestellt
große Lippen große Hände großer Füße
kleine dünne Arme und Beine
Columnare Repräsentation / Organisation:
sprechen auf einen bestimmten Reiztyp
aus einer bestimmten Region des Körpers an
abwechselnde Säulen von
schnell und langsam adaptierende Rezeptoren
Muskellänge & Gelenke
Vater-Pacini-Lamellenkörperchen
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Patient G.L
Vollständiger Verlust der myelinisierten Fasern im N. suralis
keine Berührungssensibilität
keine Wahrnehmung von Kitzeln etc.
Intakt  Temperatur Schmerz & Jucken
unmyelinisierte Fasern reagieren auf diese Reize
ihr Zielgebiet ist Insula [System für Streicheleinheiten ]
somatosensorischer Cortex wird nicht aktiviert
unbehaarte Handfläche [glatte Haut] wird nur von myelinisierten Axonen versorgt
Patientin G.L nahm diese Berührung nicht wahr
Adaption in Zusammenhang mit Sensorik:
konstante Reize lösen nach einer längeren Darbietungsdauer
keine weiteren Empfindungen mehr aus [Armbanduhr]
 fehlende Aktionspotentiale
 physikalische Konstruktion der Rezeptoren
Desensibilisierung bei längerem Druck
konstante harmlose Reize sind kaum von Belang
also ist dieser Adaptionsmechanismus sehr nützlich
Temperatur
Wahrnehmung der Temperatur
Thermosensation durch freie Nervenenden
Natrium-Kalium-Pumpe vermutlich für
sensorische Transduktion an den Kälterezeptoren
zuständig [Spray 1986]
Rezeptoren für Wärme & Kälte liegen
unterschiedlich tief in der Haut
Kälterezeptoren eher im oberen Teil
Wärmerezeptoren in tiefen Gewebsschichten
[Bazett et al 1932]
Thermorezeptoren:
Wärmerezeptoren
reagieren bei Temperatur
zwischen 30° - 45 °
Kälterezeptoren
feuern bei 10°
manche reagieren auch wieder
bei Temp. über 45 °
Schmerz
Schmerzrezeption:
durch ein Netzwerk frier Nervenenden in der Haut
wie bei Thermosensation
Nociceptoren
Dektoren Gewebeschädigender schädlicher Reize
mindestens drei Arten von Nociceptoren
reagieren auf starken Druck oder Dehnung Schläge oder Kneifen
[Mechanorezeptoren]
Reaktion auf hohe Temperatur oder Säure
VR1 Rezeptor für Schärfe [Capsaicin Wirkstoff von Chili]
 Brennen der Haut oder Entzündungsschmerz
ATP sensible Rezeptoren  Tumorschmerz Angina Migräne
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7.3.4 Die somatosensorischen Bahnen:
somatosensorische Axone:
aus Haut Muskeln & inneren Organen
über Spinalnerven ins ZNS
Gesicht & Kopfbereich  Teil des Nervus trigeminus [V. Hirnnerv]
unipolare Neurone in dorsalen Ganglionwurzel
& in Ganglien des Hirnnervs
Pfad für genau lokalisierbare Information:
feine Berührung
Axone steigen über Hinterstrangbahnen
 in weiße Substanz des Rückenmarks
zu Kernen der unteren Medulla oblongata auf
kreuzen contralateral in  Lemniscus medialis
[mediale Schleifenbahn]
 zu ventralen posterioren Kernen des Thalamus
Axone aus dem Thalamus projizieren zum
 primären somatosensorischen Cortex
weiter zum sekundären somatosensorischen Cortex
Hinterstrangbahnen übertragen:
epikritische Sensibilität
Berührung
Vibration
Gelenksempfindungen
Pfad für schlecht lokalisierbare Information:
Schmerz oder Temperatur
grober Druck- Tastreiz
Axone aus dorsalen Ganglionwurzel
kreuzen zur Gegenseite des Rückenmarks
steigen über die Vorderseitenstrangbahn
 Tractus spinothalamicus
zu den ventral posterioren Thalamus-Kernen
protopathische Sensibilität
Schädigungen des somatosensorischen Cortex:
apperzeptive taktile Agnosie
assoziative taktile Agnosie
taktile Apraxie
apperzeptive taktile Agnosie:
Schädigung des linken Parietallappens
Unfähigkeit Objekte durch Tasten zu erkennen
obwohl taktile & Thermo-Schmerz Sensibilität intakt
assoziative taktile Agnosie:
bilaterale Läsion des Gyrus angularis [Abschnitt des PL]
kann Berührte Objekte zeichnen
 aber nicht identifizieren
intaktes Dreidimensionales Erkennen
 aber Analyse des Assoziationscortex defekt
 keine Integration von Sprache & Bewusstsein
taktile Apraxie:
gestörte Kooperation zw. motorischem & somatosensorischem System
Störung Absichtsgelenkter Bewegung [Abtasten]
desorganisiertes Abtasten
taktile Perzeption an sich intakt
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7.3.5 Schmerzwahrnehmung
Schmerzrezeptor:
VR1-Rezeptor
ionotroper Rezeptor
enthält nociceptive Fasern
sensibel für Capsaicin [Chili]
Hitze & Säure
Entzündungsschmerzen
ATP-sensible Rezeptoren
Nerventypen zu Schmerzweiterleitung:
Nociceptoren
myelinisierte  schnelle Schmerzweiterleitung
unmyelinisierte C Fasern  dumpfe Weiterleitung
perzeptive Verhaltenskomponenten von Schmerz [nach Price]
sensorische Komponente
 unmittelbare Empfindung der Stärke
 Schmerzsensation
unmittelbar emotionale Komponente
 unmittelbares Unlustempfinden
 unmittelbare emotionale Folgen
langzeitige emotionale Komponente
 chronische Schmerzen
 künftiges Wohlbefinden & Komfort
perzeptive Schmerzkomponenten & Hirnmechanismen:
rein sensorische Komponente
 über Tractus vom Rückenmark
 Thalamus ventral posteriore thalamische Kerne
 primär & sekundär somatosensorischen Cortex
unmittelbar emotionale Komponente
vordere Gyrus Cinguli
Cortex der Insula
langzeitige emotionale Komponente
durch Bahnen des präfrontalen Cortex
Schädigung des Frontallappens
 Uneinsichtigkeit über Konsequenzen
chronischer Schmerzen od. Schmerz als Warnsignal
Manipulation des Schmerzempfindens:
Elektro-Stimulation der Insula
 brennende & stechende Schmerzsensation
Schädigung der Insula
 Verringerung der emotionalen Reaktion
 Schmerz wird empfunden aber nicht als Schadenssignal erkannt
 kein Rückzugs- Vermeidungsverhalten
Hypnose
 Schmerzempfinden wird bei gleich bleibender Intensität geringe
 unangenehme Empfindung wird geringer
regionale Aktivierung des Gehirns bei Schmerzreizen – PET:
primärer somatosensorischer Cortex
& Gyrus Cinguli aktiv
bei Hypnose vermindert sich die Aktivität des Gyrus Cinguli
 verantwortlich für das Unlustgefühl [ACC]
Intensitätsempfinden  primäre somatosensorische Cortex
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Phantomglied
Phantomschmerz:
Sensation eines Gliedes das amputiert wurde
bis zu 70% erleben das amputierte Glied als existent
durch Bildung von Neurome an den Nervenenden
Phantomschmerzen der Hände treten oft im Gesichtsbereich auf
 somatosensorische Stimuli dieser Körperteile sind im Cortex [S1]
nebeneinander repräsentiert
Amputation und corticale Repräsentation:
benachbarte Repräsentationsbereiche
können sich auf den „amputierten“ Bereich ausdehnen
bei ausgiebigem Training dehnt sich die corticale Repräsentation
ebenfalls aus
Gate-theory of Pain nach Melzack & Wall:
Projektionsneurone im dorsalen Horn
die Axone in spinothalamischen Trakt weiterleiten
werden sowohl von Berührungssensitive als auch Schmerzsensitiven Axonen erregt
Berührungssensitive Neurone aktivieren Interneurone die Schmerz-Axone hemmen
Schmerz kann so durch Druck/ Reibung neben der Schmerzstelle unterdrückt werden
 aufsteigende Schmerzregulation
Modifikation der Schmerzwahrnehmung
endogene Modifikation der Schmerzsensibilität
neuronale Schaltkreise können Analgesie verursachen
 Freisetzung endogener Opioide
Analgetische Hirnstimulation
elektrische Stimulation des periaquaeductalen Höhlengraus
im rostral-ventralen Teil der Medulla oblongata [PAG]
dient auch der Verminderung von chronischen Schmerzen
Analgesie kann auch durch Akupunktur ausgelöst werden
allerdings durch Naloxon [Opiat-Rezeptor-Blocker] aufgehoben
Placeboanwendung ebenfalls
Wirkung endogener Opioide:
Analgesie
Opiate hemmen inhibitorische Neurone im PAG
Disinhibition der Neurone die auf Nc. Raphe Magnus projizieren
Raphe-Kern enthält Neurone die Serotonin freisetzen
projiziert auf graue Substanz des dorsalen Rückenmarks
Schmerzweiterleitung wird inhibiert
Placebo
Placebo-Effekt:
reduzierte Aktivität der schmerzsensitiven Areale
Ausschüttung endogener Opioide
erhöhte Aktivität im präfrontalen Cortex
& im medialen periaquaeductalen Hohlengrau
Aufhebung des Placebo-Effekts:
durch Injektion von Naloxon
 Blockade von Opiatrezeptoren
bei Akupunktur möglich bei Hypnose nicht
Frauen reagieren stärker auf blaue Placebos
Männer auf orange Tranquilliser Placebos
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