Call for Papers - Deutsche Gesellschaft für Soziologie

Werbung
Call for Papers
Architekturen & Artefakte. Zur materialen Seite des Religiösen
Tagung der Sektion Religionssoziologie der DGS
15./16. Mai 2014, Universität Leipzig
Dr. Uta Karstein (TU Dresden) / Dr. Thomas Schmidt-Lux (Universität Leipzig)
In der Soziologie ist seit längerer Zeit ein zunehmendes Interesse an Architektur und
Artefakten beobachtbar. So erinnern die Vertreter des „material turn“ daran, dass nicht nur
immaterielle Zeichen, Symbole und Repräsentationen des Sozialen existieren, sondern auch
Orte, Stoffe und Dinge. Diesen wird eine höchst aktive Rolle im sozialen Geschehen
zugesprochen: Materiales erscheint als Träger von Erinnerungskulturen, als sozialer Akteur,
Heilsvermittler, Medien von Repräsentation – kurz: als Bedingung, Beschränkung und
Instrument sozialer Praxis.
Die Ausformulierung dieser Perspektive ist variantenreich. So betont Bruno Latour, dass
(natur-)wissenschaftliche Tatsachen nicht nur durch gesellschaftliche Praktiken und
sprachliche Diskurse, sondern auch durch die – durchaus widerständige – Materialität der
Dinge erzeugt werden. Auch die Ethnologie und verwandte Disziplinen erinnern schon seit
Jahren an die Bedeutsamkeit des Materialen – die mit den Begriffen „Ding“, „Sache“,
„materielle Kultur“ oder „Artefakt“ erfasst und konzeptualisiert werden. Plädiert wird dafür,
nicht nur die symbolischen und ästhetischen Implikationen dieser „Realien“ zu analysieren
oder den Umgang mit ihnen, sondern auch die Dinge selbst. Das Synästhetische, die sinnlich
multiple Kraft mache Dinge zu „Agentien“, deren soziale Relevanz nicht unterschätzt werden
dürfe. In diesem Sinne argumentiert auch die neuere Architektursoziologie, dass das
Gebaute nicht nur Ausdruck bestimmter Lebensweisen oder Repräsentationsbedürfnisse sei,
sondern eine eigene Wirkmächtigkeit aufweise, indem es beispielsweise für die
Aufrechterhaltung von Routinen sorge, die Vorstellungen eines Kollektivs in der Anschauung
verankere und die Gemeinsamkeiten einzelner erst sichtbar mache.
Vor diesem Hintergrund soll mit der Tagung die materiale Dimension des Religiösen in den
Blick genommen werden. Damit rückt eine Facette in den Blick, die oft eher nebenbei oder
nachrangig gegenüber ideellen oder handlungsbezogenen Aspekten der Religion behandelt
wird. Zugleich wird so der Anschluss an nicht originär religionssoziologische Debatten
hergestellt, denen wichtige theoretische wie empirische Impulse gegeben werden können.
Ansatzpunkte hierfür gibt es reichlich. Folgt man etwa der These, dass sich die Religion auf
die Kultivierung und Verwaltung der großen Transzendenz spezialisiert hat, muss sie Formen
finden, um diesen gesellschaftliche und lebenspraktische Relevanz zu verleihen. Der
landläufigen Auffassung der Religionssoziologie zufolge geschieht dies vor allem mit Hilfe
von Mythen, Kulten und Symbolen. Offenkundig spielen dabei aber auch Artefakte und
Architektur eine wichtige Rolle. Kirchen- oder Moscheebauten sind dabei das augenfälligste,
sicherlich aber nicht das einzige Beispiel. Auch für die konkrete religiöse Praxis sind
Artefakte von hoher Bedeutung, direkt oder indirekt. Nicht zuletzt können sie auch Ärgernis
und Gegenstand von Konflikten sein, gerade weil sie Ideen konkret machen, ihr Eigenleben
entfalten etc. Schließlich gibt das Materiale auch der Religion einen Ort, dessen
Ausgestaltung und Anlage oftmals eng verwoben ist mit konstitutiven religiösen Praktiken
und Ideen.
Die Tagung will an diese Überlegungen anschließen und zu einem produktiven Austausch
über die materiale Seite des Religiösen anregen. Willkommen sind nicht nur theoretischkonzeptionelle Beiträge, sondern auch empirische Studien, die das Wechselverhältnis von
Artefakten bzw. Architektur und Religion zu erhellen vermögen.
Von Interesse sind Beiträge, die sich bspw. mit folgenden Themen beschäftigen:
-
Konstitution religiöser Identität im Medium Architektur (Kirchen-, Moscheebau,
Yogastudios etc.)
-
Austragung religiöser oder religiös/säkularer Konflikte um Gebautes bzw.
Materielles (Kunstwerke)
-
Bedeutung und Funktion von Devotionalien und sog. religiösem Kitsch (bspw. bei
Pilgerstätten, auf Großveranstaltungen, in der Esoterik etc.)
-
De-/Rekontextualisierung religiöser Artefakte bzw. religiöse Anverwandlung
profaner Artefakte (Talismane, Amulette, Steine, Kerzen etc.)
-
Rolle von Kleiderordnungen für religiöse Selbst- und Rollenverständnisse
(Dienstkleidung von Geistlichen, Kopftuchdebatte)
-
Place-making mittels Artefakten (private Schreine, Erinnerungsorte etc.) oder
Architekturen (Stadionkapellen u.ä.)
-
Trennung von religiöser und säkularer Sphäre über Bauten, Stadtplanung o.ä.
Vorschläge in Form eines abstracts (max. 500 Worte) richten Sie bitte bis 30.12.13 an die
Veranstalter der Tagung.
Kontakt:
Dr. Uta Karstein
TU-Dresden
Institut für Soziologie
Chemnitzer Straße 46a
01062 Dresden
[email protected]
Dr. Thomas Schmidt-Lux
Universität Leipzig
Institut für Kulturwissenschaften
Beethovenstraße 15
04107 Leipzig
[email protected]
Herunterladen